Fokus Rechtsguide 2019

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Ihre Begleiter für Ausbildung und Praxis Weitere Publikationen und bestellen: www.ofv.ch/juristische-medien

Textausgabe Bereits erschienen 978-3-280-07439-8 CHF 39.90

Jugendarbeit Bereits erschienen 978-3-280-07380-3 CHF 39.00

IKS Erscheint Ende August 978-3-280-07446-6 CHF 69.00

Politsystem Bereits erschienen 978-3-280-07392-6 CHF 59.00

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APR 19

RECHTSGUIDE 2019

Interview

STEFAN BREITENSTEIN Der Managing Partner bei Lenz & Staehelin über die Auswirkungen der Digitalisierung auf den Rechtsbereich und den «Virtual Lawyer» Lesen Sie mehr auf fokus.swiss.

Auf dem neusten Stand: unsere Textsammlungen

www.hep-ius.ch Juristische Literatur für Studium und Praxis


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EDITORIAL

WWW.FOKUS.SWISS

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LESEN SIE MEHR... 06 Insolvenz & Sanierungsrecht

18 Arbeitsrecht

10 Patent- & Markenrecht

24 Ehe- & Familienrecht

12 Digitale Transformation 14 Gerichtskosten 16 Interview: Stefan Breitenstein

Juristische Unterstützung als Erfolgsfaktor

20 Mietrecht 25 Verkehrsrecht 26 Aus- & Weiterbildung

FOKUS RECHTSGUIDE 2019. PROJEKTLEITER: Kristina Nadjarian COUNTRY MANAGER: Pascal Buck PRODUKTIONSLEITUNG: Miriam Dibsdale

Liebe Leserinnen, liebe Leser Sehr geehrte Damen und Herren

TEXT: Gerold Brütsch-Prévôt, Adrian Georg Seidl, Moreno Oehninger, Nathalie Ehrenzweig, Marija Cuk

A

TITELBILD:

nwälte und Anwältinnen sind in einer Vielzahl von unterschiedlichen Rechtsgebieten tätig. Das zeigen auch die Beiträge und Porträts im vorliegenden Rechtsguide 2019. Einzelne Anwälte und Kanzleien haben sich auf gewisse Spezialgebiete fokussiert, andere treten als Allgemeinpraxis auf. Alle Anwälte und Anwältinnen haben jedoch gemeinsame, einheitliche Grundlagen, auf die Sie zählen dürfen, wenn Sie für sich selber oder für die Unternehmung, für die Sie tätig sind, juristische Unterstützung benötigen. Der Beizug eines Anwalts, einer Anwältin setzt Vertrauen voraus. Unsere Rechtsordnung stellt durch verschiedene Massnahmen sicher, dass Sie Vertrauen in Ihren Anwalt oder Ihre Anwältin haben dürfen. Erstens hat jede Anwältin, jeder Anwalt nach einem rechtswissenschaftlichen Studium an einer Hochschule ein Anwaltspraktikum bei einem Gericht oder in einer Anwaltskanzlei absolviert und in einer anspruchsvollen Prüfung das Anwaltspatent erworben. Damit wird das Vorhandensein von rechtlichem Fachwissen und praktischer Erfahrung gewährleistet.

Zweitens untersteht Ihr Anwalt, Ihre Anwältin der Verschwiegenheitspflicht. Das anwaltliche Berufsrecht und auch das allgemeine Strafrecht sehen vor, dass der Anwalt keine Informationen offenbaren darf, die ihm in Ausübung seines Berufes bekannt geworden sind. Art. 321 des Strafgesetzbuches sieht bei einem Bruch der Schweigepflicht, die auch gegenüber Behörden und Gerichten gilt, eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe vor. Entsprechend

Streitigkeiten lassen sich häufig besser gütlich erledigen, wenn die Parteien anwaltlich vertreten sind, als wenn sie alleine handeln.

kann der Klient das nötige Vertrauen haben, seiner Anwältin alles anzuvertrauen, was zur Wahrung seiner Interessen erforderlich ist.

Drittens haben alle Anwälte das Verbot von Interessenkonflikten einzuhalten. Sie dürfen den Anwaltsberuf nur unbeeinflusst ausüben und sind einzig den Interessen des Klienten verpflichtet. Eigene Interessen oder Interessen von Dritten dürfen der korrekten Erfüllung des Mandats mit dem Klienten nicht entgegenstehen.

iStock

Viertens unterstehen die Anwältinnen und Anwälte einer behördlichen Aufsicht, welche die Einhaltung der anwaltlichen Berufsregeln überwacht und bei Verstössen Sanktionen aussprechen kann.

DZZ Druckzentrum AG

Es darf auch darauf hingewiesen werden, dass Streitigkeiten sich häufig besser gütlich erledigen lassen, wenn die Parteien anwaltlich vertreten sind, als wenn sie alleine handeln. Dies lässt sich auch statistisch belegen, wie sich dem alljährlich erscheinenden Rechenschaftsbericht des Zürcher Obergerichts entnehmen lässt. Vor dem Inkrafttreten der Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO) im Jahr 2011 als im Kanton Zürich grundsätzlich noch keine Anwälte und Anwältinnen an der Schlichtungsverhandlung bei den Friedensrichterämtern teilnehmen durften, wurden jeweils rund 50 Prozent der Fälle beim Friedensrichteramt erledigt. Seitdem an der Schlichtungsverhandlung auch Anwälte und Anwältinnen teilnehmen dürfen, hat sich diese Erledigungsquote Jahr für Jahr bei rund 66 Prozent eingependelt. Es erscheint daher empfehlenswert, sich frühzeitig zu überlegen, einen Anwalt oder eine Anwältin beizuziehen.

info@smartmediaagency.ch

TEXT LIC.IUR. DANIEL MARITZ, LL.M. PRÄSIDENT ZÜRCHER ANWALTSVERBAND

LAYOUT: Anja Cavelti DISTRIBUTIONSKANAL: Tages-Anzeiger, April 2019 DRUCKEREI:

SMART MEDIA AGENCY AG Gerbergasse 5, 8001 Zürich, Schweiz Tel +41 44 258 86 00

Viel Spass beim Lesen! Kristina Nadjarian Senior Project Manager

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Nur Compliance Theorie Bla Bla? Compliance: Konkret & Praxisorientiert! Kompetenzzentrum Compliance: Von Praktikern für Praktiker – MAS & CAS Compliance-Weiterbildung – Compliance Branchenveranstaltungen – Beratung für Unternehmen und Verbände Building Competence. Crossing Borders. Zürcher Fachhochschule


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WALDER WYSS BRANDREPORT

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«Man muss jedes Joint Venture individuell betrachten» Will ein Unternehmen wettbewerbsfähiger werden, stehen ihm verschiedene Wege offen. Einer davon ist das «Joint Venture»: Dafür bündeln zwei oder mehr Firmen ihre Kräfte – beispielsweise um neue Geschäftsfelder zu erschliessen oder Ressourcen effizienter zu nutzen. Die Komplexität solcher Kooperationen setzt eine gute Planung und sorgfältige Vertragsgestaltung voraus. Worauf man dabei achten muss, erklärt Ramona Wyss, Anwältin und Mandatsleiterin bei Walder Wyss, im Interview. INTERVIEW SMA

Ramona Wyss, als Mandatsleiterin bei Walder Wyss haben Sie unter anderem auch mit Joint Ventures zu tun. Was darf man sich genau darunter vorstellen? Von einem Joint Venture spricht man dann, wenn es um eine – typischerweise auf eine gewisse Dauer angelegte – Zusammenarbeit zwischen zwei oder mehreren Partnern geht. Die Beweggründe der einzelnen Unternehmen, um an einem Joint Venture zu partizipieren, sind vielfältig. Es lassen sich damit beispielsweise komplementäre Leistungen und Kompetenzen zu neuen Angeboten bündeln, Ressourcen effizienter nutzen oder Entwicklungsprojekte realisieren. Joint Ventures stehen entsprechend für ein breites Spektrum an Wirtschaftsbeziehungen. Welche Arten von Joint Ventures gibt es? Die aus rechtlicher wie operativer Sicht wichtigste Unterscheidung ist diejenige zwischen rein vertraglichen  Joint Ventures einerseits und Joint Ventures durch Beteiligung an einer gemeinsamen Gesellschaft, sogenannten «Equity Joint Ventures», andererseits. Bei Equity  Joint Ventures wird ein eigenständiges Haftungs- und Steuersubjekt geschaffen, das selbstständig am Markt auftreten kann, in der Regel über ein eigenes Management und Personal verfügt und grundsätzlich auch bei Dritten Fremdkapital aufnehmen kann. Vertragliche  Joint Ventures lassen sich dafür einfacher errichten, anpassen und wieder auflösen. Gibt es auch Joint Ventures mit einem kurzen Zeithorizont? Equity Joint Ventures sind, was die Strukturierung und Errichtung, die Führung wie auch die Auflösung und Entflechtung betrifft, deutlich aufwendiger als vertragliche Joint Ventures und eignen sich daher vor allem für langfristige Projekte. Im Übrigen hängt die «richtige» Dauer eines Joint Ventures stark von der damit verfolgten Zielsetzung und dem Investitionsaufwand bzw. den Investitionszyklen ab. Bei vertraglichen Joint Ventures, welche keinen gemeinsamen Marktauftritt anstreben, können kürzere Laufzeiten bzw. flexiblere Beendigungsregelungen durchaus Sinn machen. Was ist bei der rechtlichen Umsetzung zu beachten? Gerade Equity Joint Ventures bestehen aus einem Geflecht aus Vertragsbeziehungen, welches nicht nur die  Joint Venture Partner selbst, sondern auch die Joint Venture Gesellschaft und unter Umständen weitere Konzerngesellschaften und Drittparteien umfasst. Die verschiedenen Vertragsbeziehungen müssen aufeinander abgestimmt und Abhängigkeiten adressiert werden, damit das von den Parteien angestrebte Gleichgewicht von Rechten und Pflichten erhalten bleibt. Hinzu kommen regulatorische Fragen, sei es, weil eines oder mehrere der

Ramona Wyss Anwältin und Mandatsleiterin Walder Wyss

beteiligten Unternehmen oder das Joint Venture selbst in einem regulierten Bereich tätig sind. Sie sehen: Kein Joint Venture gleicht genau dem anderen, man muss jedes individuell betrachten. Das macht die Arbeit in diesem Feld auch so spannend. Gibt es dennoch gewisse Fragen, die man im Vorfeld jedes Joint Ventures klären muss? Absolut. Neben steuerlichen gehören dazu auch kartellrechtliche Fragen. Je nach Art, Grösse und Geschäftstätigkeit des Joint Ventures sowie der daran beteiligten Unternehmen muss dieses wie eine Fusion oder Übernahme den Wettbewerbsbehörden in den betroffenen Märkten gemeldet, bzw. von diesen genehmigt werden. Liegt aus kartellrechtlicher Sicht kein Zusammenschluss vor, entfallen die Meldungen. Bei der Vertragsgestaltung ist jedoch sicherzustellen, dass die Bestimmungen über die Zusammenarbeit keine unzulässigen Wettbewerbsabreden enthalten. Die Sanktionen hierfür können einschneidend sein. Und natürlich muss man nicht nur den Aufbau und die Geschäftstätigkeit des Joint Ventures, sondern auch den Umgang mit im Verlauf der Zusammenarbeit auftretenden Pattsituationen und Differenzen sowie das Ende der Partnerschaft adressieren. Was bedeutet das genau? Joint Ventures sind zwar oft langfristig angelegte Projekte, aber trotzdem endlich. Für das Funktionieren von Joint Ventures sind Anreize für die unkomplizierte, einvernehmliche Lösung von Problemen vorteilhaft; bei fundamentalen Differenzen oder schweren Vertragsverletzungen ist die vorzeitige Auflösung jedoch manchmal der einzige Ausweg. Teil unserer Aufgabe als Anwälte ist es, diese Eventualitäten bestmöglich zu antizipieren und im Joint Venture Vertrag eine Balance zu schaffen. Zudem sind für den Fall der Auflösung – ähnlich wie bei einem Ehevertrag – die Modalitäten der wirtschaftlichen und rechtlichen Entflechtung zu regeln, wobei die während der Dauer des Joint Venture geschaffenen Werte natürlich nach Möglichkeit erhalten bleiben sollen.

Wie darf man sich den «klassischen» Mandatsverlauf genau vorstellen? Auch das ist sehr unterschiedlich. Manchmal kommen unsere Klienten lediglich mit einer Geschäftsidee auf uns zu, manchmal haben sie ihre Partner bereits gefunden und sich mit ihnen auch bereits auf die Eckwerte und Struktur des geplanten Joint Ventures geeinigt – etwa in Form einer Absichtserklärung. Sind diese Fragen geklärt, wird ein erster Entwurf des Joint Venture Vertrags erstellt, welcher den Rahmen für die spätere Zusammenarbeit und die Basis für die weiteren Verhandlungen bildet. Parallel hierzu sind auch die weiteren unter dem Dach des Joint Venture Vertrags abzuschliessenden Verträge und Dokumente wie Statuten zu erstellen und zu verhandeln, technische und operative Fragen zu klären etc. Wie laufen die Verhandlungen ab? Es gilt, die verbleibenden Differenzen und offenen Fragen Schritt für Schritt zu bereinigen. Die Erfahrung zeigt, dass Extrempositionen hierbei selten hilfreich sind, zumal die Parteien ja eine dauerhafte Zusammenarbeit anstreben. Wir unterstützen und begleiten unsere Klienten bei allen rechtlichen Fragen. Oft werden in Verhandlungen aber auch kommerzielle, technische oder operative Fragen aufgeworfen, welche die Parteien zunächst intern klären müssen und daher in den Verhandlungen auch einmal zurückgestellt werden. Sind sich die Parteien einig und die notwendigen internen Genehmigungen eingeholt, folgt in der Regel die Vertragsunterschrift. Und dann kann das Joint Venture loslegen? Noch nicht ganz - auf die Unterschrift folgt meistens eine Aufbauphase, bevor das Joint Venture operativ werden kann. Beim Equity Joint Venture muss zum Beispiel die gemeinsame Gesellschaft gegründet und mit Kapital, Personal und sonstigen Ressourcen ausgestattet werden. Allenfalls muss das Joint Venture auch noch zuerst von den Wettbewerbsbehörden abgesegnet oder andere Genehmigungen, wie beispielsweise eine Baubewilligung für die gemeinsamen Produktionsanlagen, eingeholt werden. Eine Art der Zusammenarbeit, die man aktuell häufig sieht, sind Corporate Venture Capital-Projekte. Worin sehen Sie deren Vorteile? Kooperationen zwischen etablierten Unternehmen und Start-Ups, welche über eine reine Finanzbeteiligung am Start-Up hinausgehen, können für beide Parteien vorteilhaft sein: Das Start-Up erhält einen finanzstarken Partner, der jedoch nicht nur Kapital, sondern auch Know-How und Erfahrung sowie u.U. Zugang zu einer viel breiteren Kundenbasis mitbringt, und kann seine Ideen dadurch deutlich rascher umsetzen.

Die Grossunternehmung wiederum kann Agilität und Innovationskraft des Partners nutzen, um die eigenen Produkte oder Dienstleistungen zu verbessern und neue Geschäftsmodelle zu testen. Derartige Kooperationen können zu spannenden Resultaten führen – wenn die Chemie zwischen den Parteien stimmt. Hier kommt uns Anwälten manchmal auch eine Rolle als Vermittler zwischen den Unternehmenskulturen zu. Da wir gerade von Innovationen sprechen – wie verändert die Digitalisierung Ihre Arbeit? Die Digitalisierung ist in meiner Wahrnehmung ein Treiber für Joint Ventures; viele Unternehmen gehen die damit verbundenen Herausforderungen zusammen mit Partnern an. Sie ist aber auch im Begriff, die Arbeit der Anwälte zu verändern. Ich werte die Entwicklung positiv, die technologische Unterstützung, etwa bei der Analyse grosser Datenmengen und der Standardisierung gewisser Transaktionen und Verträge setzt Ressourcen für Neues frei. TEXT SMA

ZUR PERSON. Ramona Wyss ist Mandatsleiterin im Transaktionsteam von Walder Wyss. Sie berät Klienten bei Joint Ventureund Outsourcing-Projekten, Akquisitionen und Kapitalmarkttransaktionen mit speziellem Fokus auf den Energie- sowie den Versicherungs- und Finanzsektor. Als Spezialistin für regulatorische Fragestellungen prozessiert sie zudem regelmässig im Bereich des Wirtschaftsverwaltungs- und Vergaberechts.

ÜBER WALDER WYSS. Wachstum und Nähe sind die zentralen Erfolgsfaktoren der Walder Wyss AG. Die Kanzlei wurde im Jahr 1972 in Zürich gegründet und wächst seither kontinuierlich. Heute unterhält Walder Wyss zusätzliche Standorte in Genf, Basel, Bern, Lausanne und Lugano. Die mehr als 200 juristischen Expertinnen und Experten des Unternehmens arbeiten standortübergreifend, sprechen verschiedene Sprachen und betreuen nationale und internationale Kunden in allen Sprachregionen der Schweiz. Weitere Informationen unter www.walderwyss.ch


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BRANDREPORT felderspälti Rechtsanwälte AG

Wie ist mit einer Liegenschaft im Nachlass umzugehen? Die Anwaltskanzlei felderspälti Rechtsanwälte AG fokussiert sich vorwiegend auf Erbrecht und Immobilien. Ihr ist die Felder Immobilientreuhand AG angegliedert, die über 1 500 Mietobjekte sowie diverse Stockwerk- und Miteigentümergemeinschaften verwaltet. Dank dieser Kombination verfügt die felderspälti Rechtsanwälte AG über eine vertiefte Expertise in beiden Sachgebieten. Andreas Felder, Sie sind Partner der felderspälti Rechtsanwälte AG und zudem auch Inhaber der Felder Immobilientreuhand AG. Können Sie durch die beiden Tätigkeitsbereiche Synergieeffekte erzielen? Ganz klar ja. Indem wir in der Felder Immobilientreuhand AG Renditeliegenschaften und Eigentumswohnungen verwalten, kennen wir in der Anwaltskanzlei natürlich die Fragen, die unsere Kunden bewegen. Bei der Frage der Erbteilungen kommt es nicht selten auch zu Konflikten unter den Beteiligten – oder handelt es sich bei dieser Annahme nur um ein Klischee? Die Kunden bzw. die Familien, deren Liegenschaften wir bereits vor einem Todesfall betreuen, können wir lebzeitig beraten und helfen so, nach einem Todesfall eine Auseinandersetzung zu verhindern. Die Beratung von Erbengemeinschaften kann schon schwierig sein, da der Tod eines Menschen bei den Hinterbliebenen starke Emotionen auslöst. Diese Gefühle finden dann Eingang in der erbrechtlichen Auseinandersetzung. Eine Besonderheit des Entscheidfindungsprozesses in der Erbengemeinschaft ist das Einstimmigkeitsprinzip für alle Entscheide. Was empfehlen Sie im Falle eines solchen Erbstreits? Wenn der Streit bereits da ist oder absehbar ist, empfehle ich die erbrechtliche Auseinandersetzung anzugehen und nicht aufzuschieben. Sinnvoll ist dann der Beizug von Fachpersonen, welche bei den Erben keine falschen Erwartungen wecken und sich der Sachfragen professionell annehmen. Als noch besser erachte ich es, wenn der Erblasser das Gespräch mit den Erben vor dem Tod sucht und den Erben die Gelegenheit gibt, ihre Wünsche zu äussern. Die Erben nehmen die Entscheidungen des Erblassers nach meiner Erfahrung besser an, wenn er ihnen diese lebzeitig mitteilt.

Andreas Felder LL.M., Rechtsanwalt und Fachanwalt SAV Erbrecht, Partner

Kann eine gesetzliche Erbfolge abgeändert werden? Die gesetzliche Erbfolge kann innerhalb der Grenzen des Gesetzes teilweise den individuellen Bedürfnissen der Parteien angepasst werden. Am meisten verbreitet ist eine Meistbegünstigung des überlebenden Ehegatten zu Lasten der gemeinsamen Kinder. Im Zusammenhang mit Liegenschaften kann dies die Einräumung eines Wohnrechtes an den überlebenden Ehegatten an einer selbst bewohnten Liegenschaft sein oder beispielsweise die Nutzniessung an einer Renditeliegenschaft, dies bedarf der Beratung. Welche Besonderheiten gibt es in Erbteilungen? Ehepaare machen sich häufig Gedanken, wie sie mit ihren selbst bewohnten Liegenschaft im Alter umgehen wollen. Hier ist die Tragbarkeit der Kosten im Alter ein Thema aber auch die Mietzinse, die nach dem Verkauf der selbst bewohnten Liegenschaft anfallen. Dieser Fragenkomplex bewegt viele Ehepaare dazu, ihre Vermögenssituation bereits jetzt nach ihren Wünschen und Möglichkeiten zu regeln.

Eine Besonderheit ist sicherlich auch, dass sich Liegenschaften praktisch nicht aufteilen lassen und daher unverteilt bleiben. Da die Menschen heute sehr alt werden und die Erben oft bereits pensioniert sind und zum Zeitpunkt, in dem sie die Liegenschaft erhalten selbst daran sind, ihren eigenen Nachlass aufzuteilen, kann dies dazu führen, dass eine Liegenschaft dann durch eine vielköpfige Erbengemeinschaft gehalten wird, was bei anstehenden Investitionen meist doch zum Verkauf der Liegenschaft führt. Weitere Möglichkeiten wären, einer der Erben übernimmt die Liegenschaft und zahlt die übrigen aus oder die Liegenschaft gelangt von Anfang an in den Verkauf. Bei Familien, die Renditeliegenschaften besitzen, stellt sich die Situation ein wenig anders dar. Diesen empfehlen wir als Vorbereitung auf den Erbgang eine Analyse der Liegenschaft vorzunehmen, die technische und wirtschaftliche Aspekte umfasst. Der Erblasser kann so die Weitergabe seiner Liegenschaft an die Erben vorbereiten; Es ist beispielsweise nicht sinnvoll, wenn der Erblasser lebzeitig eine Liegenschaft saniert, wenn eine höhere Ausnutzung des Grundstückes möglich ist und die Erben sich einig sind, dass sie das Kapital besser in einen Neubau auf dem Grundstück investieren wollen. Oft begegnet uns auch der Fall, dass ein Erbe seit Jahren zu einem deutlich reduzierten Mietzins in einer Liegenschaft des Erblassers wohnt. In der erbrechtlichen Auseinandersetzung muss diese Reduktion als Erbvorbezug berücksichtigt werden, sofern der Erblasser keinen anderen Willen geäussert hat. Die rückwirkende Berechnung eines korrekten Mietzinses ist aber meist möglich. Wie wird der Wert einer Liegenschaft bestimmt und welcher Bewertungszeitpunkt ist dafür massgeblich?

Das Gesetz sieht vor, dass der Verkehrswert einer Liegenschaft im Zeitpunkt der Teilung des Nachlasses ausschlaggebend ist. Der Verkehrswert ist der Wert, den ein unabhängiger Dritter für die Liegenschaft zahlen würde. Für die Bewertung einer Liegenschaft einer Erbengemeinschaft wird oft ein Schätzer beigezogen. Heute stellt sich die Marktsituation im Grossraum Zürich aber so dar, dass der Schätzwert von Investoren meist überboten wird. Wir schlagen den Erbengemeinschaften in diesen Fällen vor, das Verkaufsobjekt auf den Markt zu bringen. Kaufwillige Erben können in diesem Verfahren mitbieten und die Liegenschaft auf diesem Weg erwerben, dies macht die Preisbildung für alle Erben transparent und führt zu einem höheren Verkaufspreis, der wiederum allen Erben zu Gute kommt. Angenommen, man wird selbst zum Erbe einer Liegenschaft – wie sieht der nächste Schritt aus? Freuen Sie sich darüber und nehmen Sie das Notwendige vor. Budgetieren Sie künftige Ausgaben/Einnahmen und planen Sie, was mit der Liegenschaft geschieht, wenn Sie sterben oder urteilsunfähig werden.

felderspälti Rechtsanwälte AG Badenerstrasse 41 (am Stauffacher), 8004 Zürich T 044 297 19 19, felder@felderspaelti.ch www.felderspaelti.ch

BRANDREPORT DAVATZ LEGAL

Notfallplanung zu Lebzeiten und im Todesfall: So lassen sich unliebsame Überraschungen vermeiden Debra Davatz ist Rechtsanwältin und Fachanwältin SAV Erbrecht mit Schwerpunkt auf nationale und internationale Nachlassplanung für Privatpersonen und Unternehmerfamilien mit eigener Kanzlei in Zürich. Wir haben mit ihr darüber gesprochen, welche Massnahmen und Vorkehrungen unbedingt getroffen werden sollten, damit im Notfall oder bei einem Todesfall keine rechtlichen und praktischen Probleme auftauchen. Ein klassisches Beispiel: Ein Ehepartner verstirbt und man geht davon aus oder hofft, dass die Kinder zugunsten des noch lebenden Ehepartners auf ihren Erbteil verzichten. Dies damit der Ehepartner so weiterleben kann wie bisher. Doch es kommt immer wieder vor, dass die Kinder oder deren Partner Druck ausüben und zumindest auf ihren Pflichtteil bestehen. Das kann zur Folge haben, dass der Ehepartner seine Wohnung oder sein Haus verkaufen muss, um die Kinder auszuzahlen. Deshalb ist es sinnvoll, in der Familie frühzeitig die Themen Meistbegünstigung des überlebenden Ehegatten oder Erbschaftsverzicht anzugehen. Oftmals geht auch vergessen, dass Erbschaften je nach Verwandtschaftsgrad und Kanton steuerliche Konsequenzen haben. Es kommt daher vor, dass Personen, die beispielsweise Liegenschaften oder teure Kunstgegenstände erben, die Steuer dafür nicht bezahlen können und daher das Erbe entweder ausschlagen oder sogleich verkaufen müssen. Zudem vergisst man häufig, dass im Todesfall das Güterrecht eine sehr wichtige Rolle spielt.

Man sollte unbedingt einen Vorsorgeauftrag aufsetzen. Darin bestimmt man die Personen, die für einen entscheiden und handeln dürfen, wenn man selber nicht mehr handlungs- und urteilsfähig ist, ohne dass sich die Behörden – insbesondere die KESB – einmischen dürfen. Zudem sollte man auch eine Patientenverfügung ausfüllen, damit im Notfall nicht die engsten Angehörigen über die Anwendung lebensverlängernder Massnahmen und die Behandlung von Schmerzen entscheiden müssen oder ob und welche Organe gespendet werden dürfen.

Welche Situationen sind das? Wenn man alleinstehend ist und keine Kinder hat, sollte man sich unbedingt mit den Folgen seines Versterbens oder eines Unfalls auseinandersetzen. Dasselbe gilt für Paare, die im Konkubinat leben, da für diese Form der Partnerschaft das automatische Erbrecht nicht greift. Das bedeutet, dass im Todesfall der Partner keinen Anspruch auf das Erbe hat. Zudem macht es auch Sinn, sich mit der Nachlassplanung auseinanderzusetzen, wenn man in Patchwork-Familien lebt oder wenn ein Teil des Vermögens in Liegenschaften oder in der eigenen Firma steckt.

Was bedeutet das? Wenn jemand stirbt, der verheiratet war, wird zuerst eine güterrechtliche und dann eine erbrechtliche Auseinandersetzung durchgeführt, sofern keine Gütertrennung vereinbart wurde. Ein Testament oder Erbvertrag regelt dabei nur die erbrechtliche Seite. Und das reicht oftmals nicht, denn meistens steckt ein Grossteil des Vermögens im Güterrecht der Ehegatten. Dazu zählen unter anderem der Arbeitserwerb und daraus gemeinsam erworbene Liegenschaften. Wie diese Vermögensteile im Erbfall zugeordnet werden, sollte in einem kurzen Ehevertrag festgehalten werden.

Was müssen diese Personen zusätzlich beachten? Als erstes ist es wichtig, dass man die richtige Rechtsform für seine Firma wählt. Zudem sollte man unbedingt einen Notfallplan einrichten, damit bei einem längeren Ausfall die nötigen Stellvertreterregelungen und Vollmachten vorhanden sind oder im Todesfall die Nachfolge geklärt ist. Ohne Regelung in entsprechenden Verträgen und Dokumenten kann das fatale Folgen für die Firma und auch für die Familie haben.

Welche Probleme tauchen am häufigsten auf, weil man sich nicht genügend um seinen Nachlass oder die Regelung von Notfallsituationen gekümmert hat?

Man sollte sich aber nicht nur auf den Todesfall vorbereiten, sondern auch auf Notfälle wie Krankheit oder Unfall. Worauf muss man dabei achten?

Debra Davatz Rechtsanwältin & Fachanwältin SAV Erbrecht

Debra Davatz, wie gut sind wir Schweizer aus rechtlicher Sicht auf Notfälle und den Tod vorbereitet? Nur sehr wenige Leute machen bewusst eine Notfall- und Nachlassplanung. In vielen Fällen ist das kein Problem, da unser Ehe- und Erbrecht die Standardsituationen in der Regel gut abdeckt. Es gibt jedoch Situationen, in denen es unerlässlich ist, sich um diese Thematik zu kümmern.

Zusammenfassend kann man also sagen: Wenn man das Güter- und das Erbrecht geregelt und einen Vorsorgeauftrag und eine Patientenverfügung hat, ist man für die allermeisten Fälle gewappnet. Das ist richtig. Man darf allerdings die berufliche Seite nicht vergessen. Das gilt insbesondere für Selbständigerwerbende und Personen, die hohe Firmenbeteiligungen besitzen.

Werfen wir zum Schluss noch einen Blick in die Zukunft. Voraussichtlich 2021 soll in der Schweiz ein modernisiertes Erbrecht in Kraft treten. Was hat dies für Auswirkungen? Vereinfacht gesagt werden unter anderem die Pflichtteile gekürzt und die verfügbare Quote bei der Nutzniessung erhöht, sodass man freier über sein Vermögen

verfügen kann. Im Hinblick auf das neue Gesetz lohnt es sich daher zu überprüfen, ob die bereits getroffenen Vorkehrungen noch immer den eigenen Wünschen entsprechen oder ob man allenfalls kleinere Anpassungen vornehmen sollte. Checkliste für Notfall- und Nachlassplanung (privat und beruflich)

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Vorsorgeauftrag Patientenverfügung Mitteilung an die KESB bei unmündigen Kindern Ehe- / Konkubinats- / Vermögensvertrag Erbvertrag / Testament Spezifische Regelungen für Selbstständigerwerbende Nachfolgeplanung in Unternehmen Weisungen für den Todesfall / Digitaler Nachlass Planung 2. & 3. Säule / Versicherungen Prüfung Steuerkonsequenzen

Über DAVATZ LEGAL DAVATZ LEGAL verfügt über die notwendigen Spezialkenntnisse in den Bereichen Ehe- und Erbrecht sowie Gesellschaftsrecht und unterstützt gerne und kompetent bei der Umsetzung der in diesem Gespräch erwähnten Themen. Weitere Informationen unter: www.davatzlegal.ch


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SWISSLEGAL BRANDREPORT

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Sammelklagen in der Schweiz? Während das Zivilprozessrecht auf das klassische Zweiparteienverfahren ausgelegt ist, häufen sich Fälle, in denen eine Vielzahl von Geschädigten einem Beklagten gegenübersteht. Dieser Artikel zeigt, wie Haftungsprozesse bei Massenschäden künftig konzentrierter und effizienter abgewickelt werden könnten.

E

in aktuelles Beispiel bietet der VW-Abgasskandal, bei dem eine Vielzahl von geschädigten Fahrzeugeigentümern (deren Fahrzeuge abgastechnisch manipuliert wurden) einem Grosskonzern als Beklagten gegenübersteht. Hier verhindert nach geltendem Recht meistens schon das mit der Klage verbundene Kostenrisiko die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen. Oder die Geschädigten schrecken davor zurück, einen Prozess gegen einen wirtschaftlich übermächtigen Beklagten zu führen. Kollektiver Rechtsschutz als Ziel In der Praxis gibt es erste Versuche, mittels Bündelung von Ansprüchen die Stellung der Betroffenen zu verbessern. Ein Beispiel dafür ist die Schadenersatzklage der Stiftung für Konsumentenschutz gegen VW und AMAG, die am 29. Dezember 2017 beim Handelsgericht Zürich für rund 6 000 Geschädigte eingereicht wurde. Und auch in der Politik verlangen Konsumentenschützer seit längerem die Schaffung prozessualer Instrumente des kollektiven Rechtsschutzes. So forderte am 30. September 2011 Frau Prisca Birrer-Heimo, Nationalrätin und Präsidentin der Stiftung für Konsumentenschutz, den Bundesrat in einer Motion auf, eine Vorlage auszuarbeiten, welche es einer grossen Anzahl gleichartig Geschädigter erleichtern soll, ihre Ansprüche gemeinsam vor Gericht geltend zu machen. Bei Streuschäden liegt es im Interesse der Allgemeinheit, dass diese verfolgt und ersetzt werden sowie dass der Schädiger nicht insgesamt vom erheblichen Unrechtsgewinn profitieren kann. Auch bei Massenschäden besteht ein öffentliches Interesse an der Schaffung geeigneter Instrumente, weil es in solchen Fällen aufgrund der

Vielzahl von Ansprüchen zu einer starken Inanspruchnahme der Gerichte kommen und damit die Funktionsfähigkeit des Justizsystems gefährdet werden könnte. Auch im Ausland ein Problem Es gibt im geltenden Recht bereits prozessuale Möglichkeiten zur Bündelung von Ansprüchen. Ebenso sehen einzelne Spezialgesetze gruppenklageähnliche Instrumente vor. Bei der Koordination von Verfahren mit diesen Instrumenten ergeben sich in der Praxis aber häufig Schwierigkeiten: So ist es bisher einem Kläger nicht möglich, stellvertretend für eine Mehrzahl von Geschädigten Ansprüche geltend zu machen, ohne diese direkt ins Verfahren zu involvieren. Weiter stellen die geltenden Vorschriften über die Höhe und Verteilung der Prozesskosten ebenfalls empfindliche Hürden für die Rechtsdurchsetzung dar, weshalb der Zugang zum Gericht als verfassungsmässig garantiertes Recht bei Streu- und Massenschäden in der Realität oft als zu hindernisreich betrachtet wird. Dies ist freilich nicht nur ein schweizerisches Problem, denn kollektiver Rechtsschutz wird auch im Ausland debattiert. Revision der Schweizerischen Zivilprozessordnung Die Europäische Kommission gab 2013 eine Empfehlung zur Einführung kollektiver Rechtsschutzverfahren im Bereich von Unterlassungs- und Schadenersatzverfahren ab, während eine beträchtliche Anzahl europäischer Länder damals bereits über Instrumente des kollektiven Rechtsschutzes verfügte. Auch in der Schweiz verfolgte der Bundesrat 2013 mit seinem Bericht zum «Kollektiven Rechtsschutz in der Schweiz» das Ziel, mittels Kollektivierung von Interessen und

Ressourcen eine im Vergleich zum Individualrechtsschutz effizientere und effektivere Rechtsdurchsetzung zu ermöglichen und dabei die Kompensation und Prävention bestimmter unrechtmässiger Verhaltensweisen zu gewährleisten. Dabei soll im Rahmen der Revision der Schweizerischen Zivilprozessordnung neu auch die kollektive Rechtsdurchsetzung durch Schaffung eines allgemeinen Gruppenvergleichsverfahrens und einer reparatorischen Verbandsklage gestärkt und damit eine Rechtsschutzlücke geschlossen werden. Während das Gruppenvergleichsverfahren die einvernehmliche kollektive Streiterledigung ermöglichen soll, bezweckt die Verbandsklage die Durchsetzung von Ersatzansprüchen für Streu- und Massenschäden.

erheblich verbessern, zu begrüssen, während die Schaffung von Gruppen- oder Sammelklagen nach US-amerikanischem Vorbild hohe Missbrauchsgefahr und wirtschaftspolitische Risiken bergen würden, welche sich rechtsstaatlich kaum rechtfertigen liessen.

Walter Fellmann Prof. Dr. iur., Rechtsanwalt SwissLegal Fellmann Rechtsanwälte AG T: +41 (0)41 267 02 20 E: fellmann@swisslegal.ch

Nach Meinung der Autoren sind die Bestrebungen des Bundesrates, welche den verfassungsmässig garantierten Zugang zum Gericht bei Streu- und Massenschäden

Karin Müller Prof. Dr. iur., Rechtsanwältin SwissLegal Fellmann Rechtsanwälte AG T: +41 (0)41 267 02 20 E: mueller@swisslegal.ch

ÜBER SWISSLEGAL. Dominik Baeriswyl

Die SwissLegal-Gruppe ist ein Verbund unabhängiger Anwaltskanzleien und derzeit an 14 Standorten in der Schweiz präsent. Ihre Anwälte und Steuerexperten beraten und vertreten Unternehmen und Privatpersonen insbesondere in wirtschaftsrechtlichen, privatrechtlichen sowie steuerrechtlichen Fragen mit weiteren, unterschiedlichen Spezialisierungen an den jeweiligen Standorten.

lic. iur., MAS, LL.M., Rechtsanwalt SwissLegal (Zürich) AG T: +41 (0)44 395 44 40 E: baeriswyl@swisslegal.ch

Weitere Informationen unter www.swisslegal.ch

ALTENBURGER LTD LEGAL + TAX BRANDREPORT

Der Anwalt – zwischen Veränderung und Beständigkeit Globalisierung, die zunehmende Verflechtung von Wirtschaft, Recht und Politik sowie technologische Fortschritte stellen die Rolle des Rechts und somit des Anwalts immer mehr in Frage. Es ist immer öfters die Rede vom Ende der Anwälte oder anderen düsteren Prognosen. Was ist da dran?

P

eter Altenburger, Birgit Sambeth Glasner und Clarisse von Wunschheim – drei Generationen - blicken zurück auf die Vergangenheit bzw. blicken in die Zukunft des Anwaltsberufes. Der Anwalt, Vertrauensberater und Autoritätsperson Als Peter Altenburger vor 40 Jahren die Kanzlei gründete, galten als Haupteigenschaften eines guten Anwalts solide Rechtskenntnisse, ein guter Ruf und ein breites Netzwerk. Hatte man den richtigen Anwalt gefunden, meist durch persönliche Empfehlungen, so suchte man seinen Rat und stellte diesen kaum in Frage. Der Anwalt galt als ein Vertrauensberater und sogar als Autoritätsperson.

Vergleich zu ultra-intelligenten mit Algorithmen und Big Data gefütterten Maschinen noch zu bieten?

um Talente und strukturieren ihre Angebote in der Form von Legal Services und sogar LegalTech Produkten.

Der Anwalt, Teamplayer und Stratege Die erwähnten Entwicklungen führen dazu, dass sich der Anwalt in den letzten 20 Jahren vom Berater zum Mit-Entscheidungsträger entwickelt hat. War damals vor allem Expertise und Wissen verlangt und «weiser» Rat erwartet, geht es nun darum innerhalb kürzester Zeit, Lösungen zu finden, die geschäftlich, finanziell und auch menschlich Sinn machen. Dies in einem globalen Kontext jedoch innerhalb des vorgegebenen lokalen rechtlichen Rahmens.

Dies mag den Eindruck erwecken, dass der Anwalt nicht mehr der gleiche ist. Das ist eine Täuschung.

Der Beruf des Anwalts war, innerhalb des damals noch lockeren gesetzlichen Rahmens, gekennzeichnet durch viel Freiheit seine Kreativität ins Spiel zu bringen und unkonventionelle Lösungen zu finden.

Das Recht bleibt dabei fundamental. Es genügt jedoch nicht mehr. Rechtliche Spezialisierung muss durch interdisziplinare Kompetenzen und sogenannte «soft skills» ausgeglichen und ergänzt werden. Auch neue Technologien gehören dazu. Sie erlauben es dem Anwalt mit der erhöhten Komplexität und Vernetzung der Sachverhalte zu Schlag zu kommen.

Mit der zunehmenden Reglementierung aller möglichen Lebens- und Geschäftsbereiche hat sich dieser Spielraum verkleinert. Zudem schieben moderne Kommunikations- und Informationstechnologien die persönliche Beziehung immer mehr in den Hintergrund. Alles muss schnell gehen, immer schneller, immer «effizienter». Da kann man sich schon fragen: Was hat der Anwalt im

Geschäftsmodel im Wandel Die zunehmende Einbeziehung des Anwalts in der Geschäftswelt hat auch Konsequenzen auf die Natur des Anwaltsberufs. War er vor 40 Jahren noch weitgehend ein Einzelgänger, ist der Anwalt heute selbst ein Unternehmen. Anwaltskanzleien werden dementsprechend organisiert und geführt, betreiben Marketing, kämpfen

Der Jurist, der nicht mehr ist als ein Jurist, ist ein arm Ding. - MARTIN LUTHER

Die Rechtskenntnis, die Erfahrung und das Netzwerk des Anwalts, bzw. seines Unternehmens, sein persönlicher Einblick in die Situation seines Klienten, dessen Wünsche, aber auch Grenzen und die entsprechende Beratung, alle zusammen genommen «big data» überlegen, werden ihn, solange er seinen unabhängigen Geist und seine Kreativität pflegt, vorderhand nicht ersetzen können.

Peter Altenburger Of Counsel

Über Altenburger Ltd legal + tax Birgit Sambeth Glasner

Altenburger Ltd legal + tax wurde in 1978 durch Peter Altenburger als eine der ersten Taxlaw Boutiques in Zürich gegründet. Heute ist Altenburger eine «full service» Kanzlei mit 40 Mitarbeitern, drei Standorten in der Schweiz (Zürich, Genf und Lugano) und einer internationalen Ausrichtung mit besonderem Fokus auf Italien, CIS und China. Trotz ihres langjährigen Bestehens ist Altenburger eine junge und dynamische Kanzlei: 60 Prozent der Partner sind unter 45 Jahre alt und der Frauenanteil beträgt 30 Prozent (bald 40 Prozent) in der Partnerschaft und 50 Prozent in der ganzen Kanzlei. www.altenburger.ch

Partner

Clarisse von Wunschheim Partner


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INSOLVENZ- UND SANIERUNGSRECHT

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Sanierungsrecht wird nicht immer voll genutzt Das seit über vier Jahren gültige revidierte Sanierungsrecht erleichtert in der Schweiz Sanierungen. Nicht immer wird es aber optimal genutzt – oft auch, weil Verwaltungsräte die verschiedenen Möglichkeiten gar nicht kennen. TEXT GEROLD BRÜTSCH-PRÉVÔT

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och nie wurden in den ersten zwei Monaten eines Jahres so viele Firmen neu im Handelsregister eingetragen wie 2019. Seit Jahresbeginn wurden gemäss dem Gläubigerverband Creditreform 7641 Firmen neu gegründet. Zieht man davon die Löschungen ab, ergibt sich per Saldo ein Nettowachstum von 2531 Firmen. Immer mehr Neugründungen Gegenüber diesem Neugründungsboom nehmen aber auch die Firmenpleiten zu. So gingen allein im Februar dieses Jahres in der Schweiz 564 Firmen in Konkurs, das sind gut zwei Prozent mehr als im Vorjahr. Der Grossteil davon entfiel auf Insolvenzen. Bestätigt sich der Trend, könnten die Insolvenzen im Gesamtjahr einen Rekordwert nahe der Marke von 5000 erreichen. Ebenfalls eine steigende Tendenz zeigen daneben auch die Privatkonkurse. Während viele kleine Firmen und Start-ups still und leise sterben, geht bei den grossen Firmenpleiten jeweils ein Schrei durchs Land. Und vor allem wird in der Bevölkerung die Frage gestellt: Wie ist das möglich, dass ein in der Öffentlichkeit gut aufgestelltes Unternehmen plötzlich ins Trudeln gerät, Insolvenz erklären muss und es als Folge davon auch zu Massenentlassungen kommt? Der Verwaltungsrat im Visier Für RA Balthasar Wicki, Partner bei Wicki Partners AG, Rechtsanwälte, ist klar, dass die Schuld dafür in den meisten Fällen beim Verwaltungsrat liegt. «Vielen ist gar nicht bewusst, dass jedes Unternehmen einen Überblick über den Planungshorizont der kommenden zwölf Monate haben muss. Ist die Liquidität gesichert?

Wie entwickelt sich der Markt? Können die Bankkredite bedient werden?» Nur wenn das Unternehmen diese Zeitspanne im Fokus habe, könne es auch rechtzeitig reagieren. Wichtig sei das Lesen von schwachen Anzeichen, das frühzeitige Erkennen von Gefahren und Bedrohungen. Zudem seien viele Verwaltungsräte in der Schweiz zu konsensorientiert. Es werde zu wenig gegenseitig gefordert und in Frage gestellt – und das im positiven Sinn, damit man nicht alles abnicke, sondern das Unternehmen vorwärtsbringe und eben auch Gefahren erkenne. Sanierungsrecht mit mehr Möglichkeiten Das revidierte Sanierungsrecht, das seit dem 1. Januar 2014 in Kraft ist, hat die Lehren aus den grossen Swissair-Crash gezogen, deshalb wird es auch Lex-Swissair bezeichnet. Es erleichtert in der Schweiz die Sanierung von Unternehmen, die in Schieflage geraten sind. Nicht jeder Liquiditätsengpass muss zwingend zum Konkurs führen. Grundsätzlich sind nach altem und neuen Recht zwei verschiedene Sanierungsverfahren möglich: Der Konkursaufschub und das Nachlassverfahren. Nach neuem Recht ist meist das Nachlassverfahren das

geeignete Instrument, weil es im Vergleich zum Konkursaufschub mehrere Möglichkeiten offenlässt und flexibler eingesetzt werden kann. Das Nachlassverfahrensrecht lehnt sich an das «Chapter 11» des amerikanischen Insolvenzrechts an. Während der provisorischen Nachlassstundung von maximal vier Monaten kann im Rahmen eines Gläubiger-Schutzmoratoriums keine Betreibung gegen das Unternehmen eingeleitet oder fortgesetzt werden. Diese Nachlassstundung kann einem Unternehmen eine Verschnaufpause gewähren, innerhalb der im besten Fall bereits die Sanierung gelingt. Als sehr effizientes Sanierungsinstrument hat sich das ausserordentliche Kündigungsrecht für Dauerverträge herausgestellt. So können beispielsweise Miet- und Leasingverträge vorzeitig gekündigt werden, wenn nachgewiesen werden kann, dass sonst die Sanierung gefährdet wäre. Nachlassstundung als Verschnaufpause Während dieser Verschnaufpause können auch die Verhandlungen mit der Bank geführt werden, um die weitere Finanzierung zu planen und sicherzustellen. Ist die Rettung des Gesamtunternehmens aussichtslos, können

Wie ist das möglich, dass ein in der Öffentlichkeit gut aufgestelltes Unternehmen plötzlich ins Trudeln gerät, Insolvenz erklären muss und es als Folge davon auch zu Massenentlassungen kommt?

unter gewissen Bedingungen auch einzelne Betriebsteile verkauft werden, die noch rentabel sind. Allerdings drängt dafür die Zeit, damit Mitarbeitende oder Kunden nicht verunsichert abwandern. «Vielen Verwaltungsräten ist aber gar nicht bewusst, welche Möglichkeiten das Sanierungsrecht heute bietet und was damit möglich ist, um ein Unternehmen zu retten. So kennen viele beispielsweise die Möglichkeit der provisorischen Nachlassstundung nach dem Vorbild des amerikanischen <Chapter 11> nicht in allen Details oder es ist ihnen teilweise sogar völlig unbekannt», sagt RA Balthasar Wicki dazu. Verwaltungsrat in der Pflicht Es hat sich längst herumgesprochen, dass Verwaltungsräte bei Pflichtwidrigkeiten solidarisch mit ihrem Privatvermögen haften. Die Übernahme eines Mandats bringt neben der Würde auch Bürde – und die Zeiten sind vorbei, in denen Prominente nur einfach ihres Namens wegen in einen Verwaltungsrat berufen wurden. Heute wird betriebswirtschaftliches Verständnis vorausgesetzt, und nur wer eine Bilanz lesen kann, kann auch die entsprechende Verantwortung übernehmen und beurteilen, wie es einem Unternehmen geht. Für unternehmerische Entscheide allerdings, die nach bestem Wissen und Gewissen gefällt wurden und dann doch zur Insolvenz führen, kann der Verwaltungsrat nicht behaftet werden. Eine anfänglich als erfolgreich eingeschätzte Strategie kann auch einmal nicht aufgehen. Wichtig sei es deshalb, dass über die Entscheidungsfindung ein aussagekräftiges Sitzungsprotokoll verfasst werde, sagt RA Balthasar Wicki. Ein reines Beschlussprotokoll, wie es noch allzu oft verfasst wird, sei dafür aber ungenügend.

BRANDREPORT KÄMPFEN RECHTSANWÄLTE

Fallstricke bei Rohbau-Geschäftsmiete vermeiden

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ei Geschäftsmietern besteht oft der Wunsch, das Mietobjekt nach dem eigenen Marketing- und Designkonzept auszubauen. Solche Mieterausbauten können technisch und finanziell sehr anspruchsvoll werden. Zu denken ist nebst qualitativ hochstehenden Ladeneinrichtungen etwa an teure Gastronomieküchen, welche auch einer Vielzahl von behördlichen Vorschriften genügen müssen. Umgekehrt hat der Geschäftsvermieter ein Interesse, den Ausbau nicht selber vornehmen und unterhalten zu müssen. Gibt es Möglichkeiten, um solchen Interessen von Mietern und Vermietern Rechnung zu tragen? Ja, die sogenannte Rohbau- oder Leerraum-Miete kann hier die passende Lösung bieten. Dabei vereinbaren die Vertragsparteien, dass der Mieter das Mietobjekt im nicht oder nicht voll ausgebauten Zustand übernimmt und es auf eigene Kosten selber entsprechend seinen Bedürfnissen aus- oder umbaut. Ergeben sich die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien bei einer Rohbaumiete aus dem Gesetz? Die Rohbaumiete ist als solche im Gesetz nicht geregelt. Sie ist vielmehr eine praktische Erscheinung des Rechtsalltags. Aber aufgrund der Tatsache, dass

Geschäftsmieter oft beträchtliche Summen in den Objektausbau investieren, kommt dem Mietvertragsinhalt eine massgebende Bedeutung zu.

wichtige Grundlage für die Aufteilung der vertraglichen Unterhaltspflichten, welche an die jeweilige Zugehörigkeit eines Bauteils anknüpfen.

Welche Punkte verdienen besondere Aufmerksamkeit? Zuerst ist es zentral, dass der vermieterseitig versprochene Grundausbau definiert wird. Sodann sind die vom Mieter vorzunehmenden Aus- oder Umbauarbeiten vertraglich festzuhalten, die notwendig sind, um die Mietsache dem vereinbarten Verwendungszweck entsprechend gebrauchen zu können. In der Praxis wird die Abgrenzung zwischen Grundausbau, welcher der Vermieter zu erstellen hat, und Mieterausbauten, welche vom Mieter zu erstellen sind, oft in einem detaillierten Schnittstellenpapier festgehalten. Dieses bildet eine

Im Mietvertrag sollte nicht nur festgehalten werden, wer für die Einholung von allfälligen für den Ausbau notwendigen Bewilligungen zuständig ist, sondern auch, welches die Folgen bei Nicht-Erteilung solcher Bewilligungen sind.

©Hugentobler Schweizer Kochsysteme AG, 3322 Schönbühl

Und weil es leider in der Natur der Sache liegt, dass mit grösseren Mieterausbauten auch das Risiko von Schäden einhergeht, ist es wichtig, diesbezüglich die Haftung vertraglich zu regeln. Nicht zu vergessen ist auch die angemessene Sicherstellung allfälliger Bauhandwerkerpfandrechte. Schliesslich ist bereits beim Abschluss des Mietvertrages an dessen Beendigung zu denken: Hat der Mieter dannzumal den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen oder kann er den Ausbauzustand belassen? Bei Verzicht auf eine Rückbaupflicht des Mieters sind die Kriterien zu bestimmen, nach welchen sich eine allfällige Entschädigung des Mieters bemisst. Um dereinst keine unliebsamen Überraschungen zu erleben, ist der professionellen Vertragsgestaltung höchste Priorität einzuräumen.

Dr., LL.M. Eliane E. Ganz Rechtsanwältin bei KÄMPFEN Rechtsanwälte

Dr. iur. Peter P. Theiler Rechtsanwalt bei KÄMPFEN Rechtsanwälte

Kämpfen Rechtsanwälte versteht sich als modernes Rechtsdienstleistungsunternehmen. Es unterstützt national und international tätige Unternehmen, öffentlichrechtliche Körperschaften sowie Privatpersonen vorwiegend in wirtschaftsrechtlichen, aber auch in zivil- und strafrechtlichen Belangen beratend und prozessierend. Ein Schlüssel des Erfolges seit 1973 liegt in den oftmals langjährigen persönlichen Kundenbeziehungen. KÄMPFEN Rechtsanwälte Gerechtigkeitsgasse 23, CH-8001 Zürich Tel.: +41 44 202 50 22, Fax: +41 44 201 38 02 www.kaempfenlegal.ch


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EY BRANDREPORT

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«Unsere Klienten profitieren von unserem riesigen Netzwerk» Das Fachwissen von EY im Bereich der Wirtschaftsprüfung, Steuer- und Unternehmensberatung wird von Unternehmen auf der ganzen Welt geschätzt und dazu verwendet, ihr Business nachhaltig weiterzuentwickeln. Doch das Know-how von EY umfasst noch mehr: So bietet das Unternehmen auch die gesamte Palette an Rechtsberatung im Wirtschaftsbereich an. Warum man dabei im Vergleich zu klassischen Anwaltskanzleien viele Vorzüge bieten kann, erklärt Managing Partner Legal Services Oliver Blum im Interview. INTERVIEW SMA

Oliver Blum, Sie sind seit drei Jahren bei EY Switzerland tätig und als «Managing Partner Legal Services» für die Rechtsberatung des Unternehmens verantwortlich. Vorher waren Sie Partner einer bekannten Anwaltskanzlei. Wo liegen die Unterschiede? In den vergangenen Jahren hat EY den Bereich «Legal» weltweit sehr stark ausgebaut. Zu diesem Zweck wurden erfahrene Anwälte ins Unternehmen geholt. Das war ein bewusster strategischer Entscheid, einerseits, um den traditionellen Kanzleien ernsthafter Konkurrenz machen zu können, andererseits aber auch, um neue Rechtsdienstleistungen anzubieten, die Kanzleien gar nicht im Angebot haben. Für mich selber war der Wechsel ideal und ich schätze meine Aufgaben bei EY sehr. Wir bieten die gleichen Dienstleistungen an wie jede «klassische» Grosskanzlei – ausser, dass wir fokussierter sind. Die Anwälte in Kanzleien sind zwar ebenfalls kompetent, aber in der Regel verfolgen sie einen eher akademischen Ansatz. Wir hier bei EY legen aufgrund unserer Firmenkultur grossen Wert auf Effizienz und versuchen daher, so kunden- und lösungsorientiert wie möglich zu agieren. Das ist allerdings nicht der grösste Vorteil, den Legal-Kunden von EY geniessen. Welcher wäre das? Auf den Punkt gebracht verfügen wir, als einer der «Big Four», über zwei entscheidende Netzwerkvorteile: unsere Internationalität sowie unsere Interdisziplinarität. Der erste Vorteil liegt auf der Hand: EY Legal ist in 84 Jurisdiktionen vertreten. Dadurch können wir unsere Legal Services nicht nur in den «grossen Märkten» anbieten, sondern auch in Ländern wie Brasilien, Kasachstan, Litauen oder Venezuela. Die Interdisziplinarität innerhalb der Firma ist ein weiteres wichtiges Differenzierungsmerkmal. Bei EY Schweiz arbeiten z.B. über 300 Steuerexpertinnen und -experten. Ebenso steht uns das

Auf den Punkt gebracht verfügen wir, als einer der ‹Big Four›, über zwei entscheidende Netzwerkvorteile: unsere Internationalität sowie unsere Interdisziplinarität.

Fachwissen unserer Transaktions- und Unternehmensberater jederzeit zur Verfügung, Damit kann schlicht und einfach keine Anwaltskanzlei mithalten. Und da wir eine Kultur der kurzen Wege und offenen Türen pflegen, findet der Austausch kontinuierlich und effizient statt.

Kunden wissen, dass solche komplexen Projekte, die immer unter grossem Zeitdruck stattfinden, nur erfolgreich umgesetzt werden können, wenn Rechts- und Steuerberater sowie die Bewertungsexperten und Integrationsfachleute Hand in Hand zusammenarbeiten.

Ein zentrales Legal-Thema sind Umstrukturierungen. Wie geht EY in diesem Segment vor? Konzerne sind heute kontinuierlich daran, sich umzustrukturieren, sei es, um neu erworbene Geschäftseinheiten zu integrieren oder bestehende Tätigkeiten abzuspalten, sei es, um auf neue, insb. steuerliche, Herausforderungen zu reagieren. Wir stellen fest, dass v.a. bei multi-jurisdiktionalen Umstrukturierungen selbst die ganz grossen internationalen Anwaltskanzleien gar nicht mehr zur Offertstellung eingeladen werden, sondern nur noch die Legal Services der Big Four, weil die

Wie viele Juristen arbeiten bei EY Switzerland – und welche Themen beschäftigen diese vornehmlich? EY Law beschäftigt in der Schweiz knapp 100 Rechtsberater. Rund die Hälfte davon ist im Bereich «Financial Services» tätig (unter der Leitung von Christian Röthlin). Dort beschäftigen sie sich vornehmlich mit Beratungen zu regulatorischen Fragestellungen. Wichtig sind zudem M&A, Umstrukturierungen sowie diverse «klassische» juristische Themen. Entscheidend ist für uns, dass die Nähe zu unseren Kundinnen und Kunden

trotz der Grösse des Unternehmens jederzeit gegeben ist. Denn in einer persönlichen Beratung liegt für uns der Schlüssel zu einer guten juristischen Begleitung. Zur Person Oliver Blum (51) trat vor drei Jahren als Partner und Leiter M&A Transaktionen im Bereich Rechtsberatung bei EY Schweiz ein. Kurz darauf übernahm er zudem die Leitung der gesamten schweizerischen Legal Services. Zuvor war Blum seit 1995 bei der CMS von Erlach Poncet AG tätig gewesen, seit 2002 als Partner. Er leitete zuletzt die Fachgruppe Gesellschaftsrecht und M&A bei CMS Schweiz und agierte als Mitglied des Management Committees der weltweiten CMS-Fachgruppe Private Equity.

Über EY Switzerland Die globale EY-Organisation ist eine Marktführerin in der Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Transaktionsberatung und Rechtsberatung sowie in den Advisory Services. Sie fördert mit ihrer Erfahrung, ihrem Wissen und ihrer Dienstleistungen weltweit die Zuversicht und die Vertrauensbildung in die Finanzmärkte und die Volkswirtschaften. Für diese Herausforderung ist sie dank gut ausgebildeter Mitarbeitender, starker Teams sowie ausgezeichneter Dienstleistungen und Kundenbeziehungen bestens gerüstet. Building a better working world: Ihr globales Versprechen ist es, gewinnbringend den Fortschritt voranzutreiben – für ihre Mitarbeitenden, ihre Kunden und die Gesellschaft. Die EY-Organisation ist in der Schweiz durch die Ernst & Young AG, Basel, an zehn Standorten sowie in Liechtenstein durch die Ernst & Young AG, Vaduz, vertreten. Weitere Informationen unter www.ey.com



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VOILLAT FACINCANI SUTTER + PARTNER BRANDREPORT

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Alles für eine reibungslose Übergabe des eigenen Lebenswerks Gründung, Aufbau, Expansion – dies sind die Meilensteine, die jede Unternehmerin und jeder Unternehmer anstrebt. Irgendwann kommt aber ein weiterer, ebenso wichtiger hinzu: das Abgeben. Damit das eigene Lebenswerk in die passenden Hände übergeben werden kann, sollte man sich frühzeitig mit der Nachfolgeregelung auseinandersetzen. Was es dabei zu beachten gilt, erläutern die Experten von Voillat Facincani Sutter + Partner. Die Nachfolgeregelung stellt für viele Unternehmen eine grosse Herausforderung dar. Welches sind die gängigsten Problempunkte, die Ihnen immer wieder begegnen? Reto Sutter: Jeder Fall ist individuell und birgt dementsprechend seine eigenen Herausforderungen. Das Thema «Nachfolge» ist darum so komplex, weil viele Faktoren berücksichtigt werden müssen – persönliche, familiäre, zeitliche sowie finanzielle. Aber auch rechtliche und steuerliche Aspekte können eine entscheidende Rolle spielen. Leider vermeiden es viele Unternehmer, sich mit diesem Thema frühzeitig auseinanderzusetzten und geraten dann in Bedrängnis. In einer solchen Ausgangslage ist es oft schwierig, die beste Lösung zu wählen, nicht zuletzt deshalb, weil einem häufig nicht mehr alle Optionen offenstehen. Nicht selten muss nicht nur ein Nachfolger gefunden und vielleicht aufgebaut werden, sondern auch das Unternehmen finanziell, rechtlich sowie steuerlich in die richtige Position gebracht werden. Um derartige Schwierigkeiten zu vermeiden, sollte das Thema «Nachfolge» also möglichst frühzeitig angegangen werden. Welchen Zeitpunkt erachten Sie als ideal? Nicolas Facincani: Häufig wird hier ein Zeitraum von mindestens fünf Jahren empfohlen. Diesen gilt es allerdings zu relativieren, denn je nach Situation sollte ein längerer Zeitraum von acht bis zehn Jahren ins Auge

gefasst werden. So besteht ausreichend Spielraum, um eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger zu finden und in die neuen Aufgaben einzuweisen – sowie um das Unternehmen in die richtige Position zu bringen und «fit» für die Nachfolge zu machen. Häufig kommen bei Umstrukturierungen fünfjährige Sperrfristen zum Zug. Diese einzuhalten bringt für den Verkäufer steuerliche Vorteile mit sich. Natürlich kann auch bei kurzfristigeren Unternehmensübergängen noch viel optimiert werden, je nachdem stehen aber nicht mehr alle Optionen offen. Welche steuerrechtlichen Aspekte gilt es im Zusammenhang mit der Nachfolgeregelung denn besonders zu beachten? Reto Sutter: Abhängig davon, ob es sich beim Unternehmen um eine Personengesellschaft, eine AG oder eine GmbH handelt, gibt es unterschiedliche Strukturierungen, die ihre individuellen steuerlichen Vorteile mit sich bringen. Je nachdem lohnt es sich bspw., ein Personenunternehmen in eine Kapitalgesellschaft umzuwandeln. So können die Beteiligungsrechte (und damit faktisch das Unternehmen) nach fünf Jahren grundsätzlich steuerfrei verkauft werden. Zudem ist es häufig sinnvoll, dass der Käufer die Beteiligungsrechte über eine Übernahmeholding erwirbt, damit er den Kaufpreis schneller amortisieren kann. In sämtlichen Fällen lauern aber einige «Steuerfallen» wie die indirekte Teilliquidation, Transponierung und Steuerumgehung, die man im Auge behalten

muss. Darüber hinaus können gewisse Fälle aus steuerlicher Sicht delikat sein, in denen Mitarbeiter das Unternehmen kaufen (MBO) oder der abtretende Unternehmer noch weiterhin im Unternehmen mitarbeiten möchte. Die Nachfolge in Kombination mit «Mergers and Acquisitions» dürfte rechtlich eine besonders komplexe Angelegenheit darstellen. Welches sind die zentralen Punkte? Nicolas Facincani: Neben der normalen rechtlichen, finanziellen und steuerlichen Due Diligence spielt das Erbrecht (Pflichtteile, etc.) eine grosse Rolle. Denn häufig möchte der Patron die Führung noch nicht ganz aus der Hand geben. Zudem sind familieninterne Spannungsfelder zu berücksichtigen – etwa, wenn die Tochter oder der Sohn den Betrieb übernehmen könnte, dies aber nicht möchte. Oder wenn die Bereitschaft zur Übernahme von Seiten der Kinder zwar gegeben ist, der Inhaber aber andere Pläne hat. Häufig besteht auch das Bedürfnis, angeheiratete Familienmitglieder vom Unternehmen fernzuhalten. Die Nachfolgeregelung ist also rechtlich und «menschlich» komplex. Welchen Einfluss hat dies auf Ihre Beratung– und wodurch zeichnet sich Ihre Kundenbegleitung aus? Michael Bopp: Uns interessiert das Unternehmen als Gesamtes. Hierbei spielt – neben den bereits genannten

Reto Sutter

Nicolas Facincani

Michael Bopp

Partner, Rechtsanwalt und Steuerexperte

Partner und Rechtsanwalt

Partner, Rechtsanwalt und Experte für Regulatory und Compliance

Due Dilligence-Themen – die oft nicht ausreichend beachtete allgemeine Compliance des Unternehmens eine entscheidende Rolle. Bestehende Compliance-Risiken wie bspw. die fehlende Einhaltung von gesetzlichen, regulatorischen sowie internen Vorgaben, bergen häufig ein ungeahnt hohes Schadenspotential. Diese Gefahren werden ohne die entsprechende Due Dilligence im Rahmen von M&A oft nicht erkannt. Darum legen wir besonderen Wert darauf, Unternehmen länger zu begleiten und dadurch auch die Historie im Bereich «Compliance» genau erfassen und gegebenenfalls bereinigen zu können.

VOILLAT FACINCANI SUTTER + PARTNER

RECHTS- UND STEUERANWÄLTE

Über Voillat Facincani Sutter + Partner Voillat Facincani Sutter + Partner ist eine wirtschaftsrechtlich ausgerichtete Anwaltskanzlei mit Sitz in Zürich und Rüti. Das Unternehmen bietet eine ganzheitliche Beratung und Vertretung in unternehmensrelevanten Rechtsgebieten und betreffend Steuern und Compliance an; sowohl national wie auch grenzüberschreitend. Die einzelnen Experten verfolgen die Interessen der Mandanten mit hohem Einsatz, beharrlich und kompetent. Dies immer mit dem Ziel, hochwertige und transparente Dienstleistungen zu erbringen, die den tatsächlichen Bedürfnissen der Klienten zeitnah gerecht werden und pragmatisch sind. Weitere Informationen unter vfs-partner.ch

BELLERIVE RECHTSANWÄLTE BRANDREPORT

«Eine unsorgfältige Nachlassplanung kann zu bösen Überraschungen und ungeahnten Steuerfolgen führen» Eine vorausschauende Nachlassplanung stellt sicher, dass für die Erben die beste Lösung gefunden wird. Worauf in steuerrechtlicher Hinsicht besonders zu achten ist, sagt lic. iur. Isabelle Chassé, LL.M. Tax, Rechtsanwältin bei Bellerive Rechtsanwälte, im Interview. Quote ihrer Erbanteile) zu versteuern und zwar sowohl für Vermögens-, als auch für Einkommenssteuerzwecke. Liegenschaftenerträge oder der anteilige Eigenmietwert müssen von den Erben versteuert werden.

Isabelle Chassé Lic. iur., LL.M. Tax Rechtsanwältin

Welches sind aus Ihrer Erfahrung heraus die häufigsten Stolpersteine, wenn es um Erbschaften und Steuern geht? Häufig anzutreffen sind fehlende, unvollständige oder falsche Deklarationen von Anteilen an unverteilten Erbschaften, was bei den betroffenen Erben zu teuren Nachund Strafsteuerverfahren führen kann. Auch eine fehlende oder unsorgfältige Nachlassplanung kann nach dem Ableben des Erblassers zu bösen Überraschungen und unliebsamen Erbschaftsteuerfolgen führen. Mit einem Abgleich der letzten Steuererklärung des Erblassers mit der Vermögenssituation per Todestag lässt sich oftmals verhindern, dass die Erben nicht oder zu spät auf vorhandene Steuerprobleme reagieren. Zu denken ist beispielsweise an die Möglichkeit der Einreichung einer Selbstanzeige in Erbfällen, wenn der Erblasser über nicht deklarierte Vermögenswerte im In- oder Ausland verfügt hat. Wenn drei Kinder ein Haus erben und es sofort verkaufen: Kann es dann erst nach dem Verkauf versteuert werden? Nein, die Erben sind ab dem auf den Todestag folgenden Tag steuerpflichtig; auf das Nachlassvermögen und die Erträge darauf. Dies gilt insbesondere auch bei Liegenschaften. Bis zum Verkauf der Liegenschaft ist diese anteilsmässig von den Erben (d.h. entsprechend der

Und was geschieht, wenn über die Erbanteile noch gestritten wird? Auch strittige Erbanteile und fehlende Klarheit über die Erbteilung entbindet die Erben nicht von der Deklaration der unverteilten Erbschaft in ihrer Steuererklärung. Je nach Konstellation ist es empfehlenswert, mit dem Steueramt die anteilige Steuerdeklaration vorzubesprechen und für die Zeit der unverteilten oder partiell unverteilten Erbschaft eine Lösung vorzuschlagen. Diese kann im Einzelfall von der Aufteilung der Erbanteile gemäss gesetzlicher oder testamentarisch vorgesehener Erbfolge abweichen. Was muss beachtet werden, wenn neben dem Haus plötzlich noch nicht deklarierte Vermögenswerte auftauchen? Entdecken die Erben bisher vom Erblasser nicht deklarierte Vermögenswerte, haben sie die Möglichkeit eine «Selbstanzeige in Erbfällen» einzureichen. Dabei handelt es sich um eine privilegierte Selbstanzeige, bei welcher die Nachsteuern – im Gegensatz zu einer ordentlichen Selbstanzeige – nur für einen Zeitraum von drei Jahren vor dem Tod des Erblassers (anstatt von 10 Jahren) erhoben werden. Wer im Kanton Bern oder Luzern wohnt, hat Pech und bezahlt mehr Erbschaftsteuer als in anderen Kantonen. Was empfehlen Sie Ihren Klienten? Die kantonalen Unterschiede was die Erbschafts- und Schenkungssteuern anbelangt, sind erheblich. Massgebend für die anwendbar kantonale Erbschaftsteuer ist grundsätzlich der Wohnsitzkanton des Erblassers (bzw. bei Immobilien deren Lageort). Es bestehen signifikante Unterschiede, was die Steuersätze, Freibeträge (je nach Verwandtschaftsgrad

des Erben zum Erblasser) oder gänzliche Steuerbefreiungen für gewisse Kategorien von Erben (Konkubinatspartner, Stiefkinder, Kinder, Geschwister) anbelangt. Wohnsitzverlegungen nur aus steuerlich motivierten Gründen sind immer mit Vorsicht zu geniessen und müssen der Gesamtsituation – unter Einbezug aller, auch steuerlich nicht relevanter Aspekte – erfolgen. Natürlich lässt sich aber im Einzelfall mit einer Wohnsitzverlegung eine teils erhebliche Steuerersparnis – oder je nach Situation sogar die gänzliche Vermeidung von Erbschaftssteuerfolgen – erzielen. Wäre eine Schenkung vor dem Tod sinnvoll, um Steuern zu sparen? Mit gestaffelten Erbvorbezügen und Schenkungen zu Lebzeiten lassen sich je nach Konstellation positive Steuereffekte erzielen. Was die kantonalen Schenkungssteuern anbelangt, ist jedoch zu beachten, dass diese grundsätzlich in allen Kantonen dem gleichen System folgen wie die Erbschaftsteuern und zwar sowohl was die Steuersätze als auch die Freibeträge (je nach Verwandtschaftsgrad) und Steuerbefreiungen anbelangt. Was muss bei der Erbschaftssteuer bei Konkubinatspaaren beachtet werden? Was aufgrund der Faktorenaddition bei verheirateten Paaren oftmals als «Heiratsstrafe» bei der Einkommensund Vermögenssteuer bezeichnet wird, kann sich bei der Erbschaftssteuer als «Konkubinatsstrafe» herausstellen: Beim Ableben des Konkubinatspartners können je nach Wohnsitzkanton Erbschafsteuern zum Maximalsteuersatz resultieren: Eine Erbschaft von einer Million Franken kann je nach Wohnsitzkanton zu Erbschaftsteuern in der Höhe von 0 bis ca. 540 000 Franken führen. Wenn die Erben Anteile an Liegenschaften im Ausland erwerben, was müssen sie beachten? Auch Anteile an Liegenschaften im Ausland müssen

von den Erben in ihrer Steuererklärung ab dem Todestag des Erblassers deklariert werden und zwar für Vermögens- und Einkommensteuerzwecke. Ausländische Immobilien werden für die Satzbestimmung (Progression) berücksichtigt, jedoch aufgrund einer sogenannten internationalen Steuerausscheidung dem Ausland zugewiesen. Bei der Bewertung der Liegenschaften und Ermittlung der massgebenden Steuerwerte besteht ein gewisses Ermessen und ein Verhandlungsspielraum mit dem Steueramt. Hatte der Erblasser Liegenschaften im Ausland, sind oftmals auch ausländische Bankkonti vorhanden (Abwicklungskonten für Liegenschaften). Diese sind im Falle einer Selbstanzeige nicht deklarierter Vermögenswerte ebenfalls zu berücksichtigen.

BELLERIVE RECHTSANWÄLTE. Bellerive Rechtsanwälte sind ein Team von sechs erfahrenen Anwälten mit verschiedenen Spezialisierungen in Beratung und Prozessführung. Eine Boutique-Kanzlei, in der die Anwälte (fast) rund um die Uhr persönlich erreichbar sind und Anliegen nicht hierarchieabwärts delegiert werden. Das Team setzt die Interessen seiner Mandanten durch - charmant, wo möglich, bissig, wo nötig und in jedem Fall hartnäckig. Bei Isabelle Chassé ist richtig, wer einen starken Verhandlungspartner gegenüber dem Steueramt benötigt und ohne schlechtes Gewissen Steuern optimieren möchte. Bellerivestrasse 7, CH-8008 Zürich isabelle.chasse@bellerive.com


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PATENT- UND MARKENRECHT

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Die Versicherung für Erfinder und Selbständige Der Boom bei Neugründungen von Unternehmen in der Schweiz hält an. Der Traum der Selbständigkeit bringt aber nebst der Verwirklichung der eigenen Idee und finanzieller Unabhängigkeit auch rechtliche Stolpersteine, welche es zu beachten gilt. TEXT ADRIAN GEORG SEIDL

E

ndlich der eigene Chef sein. Ein Traum vieler Schweizerinnen und Schweizer. Im vergangenen Jahr gab es in der Schweiz 43 220 Neueinträge ins Handelsregister. Im Jahr 2017 verzeichnete man sogar ein Rekordhoch, wie das Institut für Jungunternehmen (IFJ) mitteilt. Um den Traum zu leben, braucht es nebst der genialen Idee und der Wahl einer passenden Unternehmensform vor allem auch Vorkehrungen im Bereich Patent- oder Markenrecht. Gute Ideen werden geklaut Wer seine Erfindung oder seine Marke nicht schützen lässt, sieht sich im Erfolgsfall schnell von Nachahmern und Konkurrenten umzingelt. Nun hat aber nicht jeder Gründer das dafür benötigte juristische Fachwissen oder einen Marken- oder Patentanwalt zum «Buddy». Um in diesen Bereichen dennoch gut aufgestellt und im Notfall abgesichert zu sein, empfiehlt es sich, frühzeitig Informationen einzuholen und nötige Schritte einzuleiten. Zentrale Anlaufstelle in der Schweiz, ist das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum (IGE). Investition in die Zukunft Das Patent- und Markenrecht verhält sich wie eine Versicherung, die man vorsorglich bezahlt und gleichzeitig hofft, dass kein Schaden entsteht. In diesem Fall handelt es sich aber nicht um monatliche Prämien, sondern um Gebühren der zuständigen Ämter. Kommt dann noch ein ordentliches Honorar einer spezialisierten Rechtsanwaltskanzlei hinzu, ist das meist schon arg gebeutelte Startup Budget um ein weiteres Kapitel ärmer. Viele angehende Selbständige wagen sich aufgrund dieser finanziellen Aspekte alleine in den unübersichtlichen

Dschungel des Rechtswesens und verlieren sich neben dem eigentlichen «Workload» einer Firmengründung in der Hülle und Fülle an Informationen. Im Zweifelsfall kann es sich aber tatsächlich lohnen, juristische Unterstützung in Anspruch zu nehmen, um keine bösen Überraschungen zu erleben. Worst Case Im Optimalfall passiert die nächsten 30 Jahre nichts und die Firma reitet auf der Erfolgswelle. Es gab aber auch schon umgekehrte Fälle: Etablierte Firmen wurden abgemahnt und durften von heute auf morgen den imagebehafteten Firmennamen nicht mehr nutzen bzw. ein erfolgreiches Produkt nicht mehr verkaufen. Ein solches Horrorszenario kann für eine Unternehmung schnell das Aus bedeuten. Noch ärgerlicher: Mit einer vergleichsweise geringen, anfänglichen Investition wären viele solcher existenzbedrohenden Fälle vermeidbar. Seine Marke schützen lassen Das Markenrecht ist grundsätzlich nichts, worum man sich aus später kümmern kann. Es gilt: «First come, first

served». Eine gute Marke lebt heutzutage vom Image und ihrem Wiedererkennungswert. Diese «Assets» werden teilweise über mehrere Jahre hart erarbeitet und haben daher einen unschätzbaren Wert für jedes Unternehmen. Dabei gibt es drei zentrale Aspekte zu beachten: Erstens, wer ist «Inhaber einer Marke» und hält somit das Markenschutzrecht? Dies können natürliche oder juristische Personen sein, sowie Vereine oder Verbände. Zweitens, das «Markenzeichen» oder Logo. Dieses kann als Wortmarke, Bildmarke oder kombinierte WortBild-Marke angegeben werden. Als letzten Punkt gilt es die entsprechenden «Schutzbereiche» zu wählen, welche die Marke in Verbindung mit bestimmten Waren und Dienstleistungen schützen soll. Die insgesamt 45 verschiedenen Schutzbereiche werden in der sogenannten Nizza-Klassifikation geregelt. Daniel Düsentrieb und Co Als die Mesopotamier 3000 vor Christus das Rad erfanden, gab es noch keine Patente. Sie veränderten damit die darauf folgende Geschichte und brachten

Um sicherzustellen, dass sich kein Konkurrent der eigenen Marke annähert, gilt es die erlangten Schutzrechte einer Marke in regelmässigen Abständen zu überprüfen.

die technische Kultur, wie wir sie heutzutage kennen, überhaupt ins «Rollen». Im heutigen, auf Konkurrenzkampf basierendem «Free-Trade»-Zeitalter, sollte bei jeder Erfindung oder Weiterentwicklung die Möglichkeit einer Patentierung geprüft werden. Patente sind nationale Schutzrechte und müssen für jedes Land einzeln bei den zuständigen Ämtern angemeldet und geprüft werden. Wird das Patent schlussendlich erteilt, muss dieses durch die Zahlung von Gebühren in bestimmten Zeitabständen – meistens jährlich – aufrechterhalten werden. Dritte haben zudem die Möglichkeit, ein bereits erteiltes Patent mittels eines Einspruchs oder ähnlichem anzufechten, was jedoch in der Praxis sehr selten vorkommt. Der Prozess einer Patentanmeldung kann somit langwierig sein und sich über mehrere Jahre hinziehen. Abwehr gegenüber Dritten Oftmals kommt es vor, dass innovative Produkte ohne Patentanmeldung öffentlich gemacht werden. Ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung ist die Erfindung nicht mehr patentierbar und für lachende «Trittbrettfahrer» kopierbar. Auch der Prozess einer Markenanmeldung ist – trotz Urkunde – längst nicht abgeschlossen. Um sicherzustellen, dass sich kein Konkurrent der eigenen Marke annähert, gilt es die erlangten Schutzrechte einer Marke in regelmässigen Abständen zu überprüfen. Um potenziell kostspielige und unter Umständen nicht zu korrigierende Fehler zu vermeiden, empfiehlt es sich bereits in einem sehr frühen Stadium, einen qualifizierten Spezialisten hinzuzuziehen, welcher bei zentralen Themen beratend unterstützt oder Gründer bei Bedarf während des gesamten Prozesses als Sparringspartner kompetent begleitet.

BRANDREPORT FREIGUTPARTNERS IP LAW FIRM

Geistiges Eigentum – Wer zuerst kommt, mahlt zuerst Im Interview erklären die Recht- und Patentanwälte der Kanzlei freigutpartners IP Law Firm «Intellectual Property» (IP) zur Chefsache: Es handle sich, unabhängig der Unternehmensgrösse, um ein absolut zentrales und strategisch wichtiges Thema. freigutpartners IP Law Firm ist eine auf Immaterialgüterrecht spezialisierte Kanzlei mit Sitz in Zürich und Baden. Wie sind Sie in den Kernbereichen Patent- und Markenrecht aufgestellt? Im Marken- wie im Patentrecht betrachten wir uns als «Full-Service»-Kanzlei. Von der Erstellung einer Strategie bis zur Durchsetzung, von der Konkurrenzanalyse bis zur Abwehr von Ansprüchen Dritter. Wir sind in der Lage weltweit zu agieren und verfügen über ein internationales Netzwerk an Korrespondenzanwälten. Unsere Patentanwälte bekleideten verantwortliche Positionen in der Industrie und decken sehr weite Teile der Technik ab. Unsere Stärken sind die strategische Beratung sowie bedarfsweise die Begleitung gesamter Entwicklungsprojekte. Für welche Art von Unternehmen sind Investitionen im Bereich IP sinnvoll und empfehlenswert? Die Wichtigkeit von IP ist nicht abhängig von der Unternehmensgrösse. Grosskonzerne haben aufgrund ihres breiteren Produkt-Portfolios zwar in der Regel mehr Bedarf, aber auch KMU sollten sich damit auseinandersetzen.

Ziel unserer Beratung ist es herauszufinden, wie weit man in die Tiefe geht, um eine technische Innovation bzw. eine neu geschaffene Marke zu schützen. IP Schutz ist immer mit Kosten verbunden, welche gerade KMU manchmal zu Unrecht abschrecken. Die Kosten lassen sich durch geschickte Verfahrensführung häufig in einem angemessenen Rahmen halten. Der geschaffene Mehrwert durch eine eingetragene Marke bzw. ein patentiertes Produkt übersteigt die aufgewandten Kosten um ein Vielfaches.

(v.l.n.r.) Sebastian Saissi, LL.M., Dr. Rolf Dittmann, Hans-Peter Rüfli, E.M.B.L.-HSG, Dr. Thomas Körner

Wo sehen Sie bei Ihren Kunden den grössten Handlungsbedarf im Bereich Markenrecht? Es gilt das Prinzip Aktion vor Reaktion. Wir erkennen bei unseren Mandanten frühzeitig, was genau und in welchem Umfang schutzfähig ist. Weiter muss festgestellt werden, wo der Schutzbedarf herrscht und wie genau der Markenschutz beansprucht wird. Mit einem passenden Setting kann man auf diese Weise späteren Nachahmern den Wind aus den Segeln nehmen. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Diese prioritäre Handhabung ist mit Sicherheit einer der wichtigsten Faktoren. Wie beraten Sie Ihre Kunden im Bereich Patentrecht und Know-How-Schutz? Gerade beim Patentrecht und Know-How-Schutz ist es für uns als Kanzlei wichtig, das Produkt eines Mandanten, seinen Markt sowie das Wettbewerbsumfeld zu verstehen. Unsere Patentanwälte haben den nötigen technischen und naturwissenschaftlichen Background und operative Erfahrung, um dies zu gewährleisten. Wir agieren mit unseren Mandanten auf Augenhöhe. Eine fundierte Entscheidung kann am Ende auch sein, kein

Patent anzumelden und mit entsprechenden Massnahmen das «geheime» Wissen zu schützen. Zusammengefasst. Welche «Do’s and Don'ts» bilden die optimale Absicherung – und gibt es diese überhaupt? Verbindliche «Do’s and Don'ts» gibt es nicht, eine optimale Absicherung hingegen schon. Es gilt, diese individuell auf die Bedürfnisse eines jeden Mandanten abzustimmen, um einen optimalen Schutz zu gewährleisten. Weitere Informationen: freigutpartners.ch

INTERVIEW ADRIAN GEORG SEIDL


E I N E P U B L I K AT I O N V O N S M A R T M E D I A

HAFNER & HOCHSTRASSER AG BRANDREPORT

011

Plötzlich im Fokus der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) In letzter Zeit lesen wir vermehrt vom Einschreiten der FINMA gegenüber Banken und Finanzinstituten. Sei es, dass die FINMA solchen Instituten die Bewilligung entzieht, Gewinne einzieht, sie zwangsliquidiert oder Mitarbeiter mit einschneidenden Berufsverboten belegt. Es ist die Aufgabe der FINMA, Anleger und Gläubiger vor «schwarzen» Schafen im Finanzsektor zu schützen und darüber zu wachen, dass der schweizerische Kapitalmarkt funktioniert. Sie hat dann einzuschreiten, wenn angebliche Verstösse gegen das Aufsichtsrecht vorliegen. Was bedeutet «Enforcement» im Finanzsektor? Von «Enforcement» spricht man bei der verwaltungsrechtlichen Durchsetzung des Aufsichtsrechts durch die FINMA, so beispielsweise bei einer möglichen Verletzung von Geldwäschereibestimmungen durch Finanzmarktteilnehmer. Wer kann von einem Enforcementverfahren betroffen sein? Die FINMA überwacht diejenigen Institute, denen sie eine Bewilligung für eine Tätigkeit im Finanzmarkt erteilt hat. Weiter schreitet sie ein, wenn Marktteilnehmer ohne Bewilligung im Finanzmarkt tätig sind. Das betrifft namentlich Banken, Versicherungen und andere Finanzdienstleister wie Vermögensverwalter, Fonds und Fondsleitungen sowie deren Mitarbeiter. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass dem Einzelnen jeweils die Aufsichtsrechtsverletzung durch das Institut vorgeworfen wird. Man würde davon ausgehen, dass es vor allem Mitglieder der Geschäftsleitung trifft. Das ist in der Praxis aber nicht immer so. Die FINMA kann auch ein Enforcementverfahren gegen Personen eröffnen, die nicht sogenannte Gewährspersonen sind. Nicht etwa nur der jeweilige Head eines Bereichs ist exponiert; wirklich jede Person, die im Finanzbereich in leitender Stellung tätig ist, kann grundsätzlich von einem Enforcementverfahren betroffen sein. In einem neueren Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts wird sogar festgehalten, dass trotz fehlender Entscheidbefugnis eine Mitverantwortung an der Verletzung des Aufsichtsrechts vorliegen kann. In jenem Gerichtsentscheid wird einer Person das Unterlassen einer Geldwäschereimeldung (MROS) vorgeworfen, die gar nicht entscheidberechtigt war.

Was sind mögliche Folgen eines Enforcementverfahrens für die Betroffenen? Die einschneidendste Sanktion der FINMA gegenüber einer Einzelperson ist ein Berufsverbot von bis zu fünf Jahren. Zudem kann die FINMA formell feststellen, dass jemand für eine schwere Aufsichtsrechtsverletzung verantwortlich ist. Sie kann diese Verfügung mit Angabe der Personendaten veröffentlichen, was den Ruf sehr schädigt. Ausserdem kann sie den Gewinn einziehen, der durch schwere Verletzung aufsichtsrechtlicher Bestimmungen erzielt wurde. Schliesslich muss der Betroffene die Verfahrenskosten tragen, falls ihm eine Pflichtverletzung angelastet wird, welche rasch einige zehntausend Franken betragen können.

Was ist bei internationalen Konzernen zu beachten? Man muss sich bewusst sein, dass inländische Gesellschaften verpflichtet sind, dafür zu sorgen, dass ihre ausländischen Zweigniederlassungen und Gruppengesellschaften geldwäschereirechtliche Vorschriften der Schweiz auch im Ausland einhalten. Daher können Angestellte in der Schweiz für Verletzungen des Schweizer Rechts durch ausländische Gruppengesellschaften verantwortlich gemacht werden. Stellen Sie sich das vor: ein Schweizer Banker könnte z.B. für das Verhalten einer monegassischen Tochtergesellschaft «bestraft» werden – wohlgemerkt, auch wenn die Tochtergesellschaft nicht gegen monegassisches Recht verstossen hat.

Gibt es noch weitere Nachteile? Z.B. am Arbeitsplatz? Es besteht durchaus das Risiko eines Stellenverlusts. Auch ist es oft so, dass der Anspruch auf aufgeschobene Vergütungen, Boni etc. der betroffenen Person untergeht, wenn ein Fehlverhalten festgestellt wird. Ebenso gravierend ist eine Abmachung, dass die Anwaltskosten für das Enforcementverfahren von der Rechtsschutzversicherung des Instituts übernommen werden, jedoch nur wenn kein Fehlverhalten des Betroffenen festgestellt wird. Diese Kosten können aufgrund des hohen Aufwands schnell einen siebenstelligen Betrag erreichen. Zudem hat der Reputationsverlust sehr einschneidende Folgen für Betroffene. Während des Verfahrens besteht oft ein faktisches Berufsverbot. Ausserdem ist es je nach Ausgang des Verfahrens und dessen Publizität schwierig, wieder eine Stelle im Finanzsektor zu finden. Ferner kann die Bundesanwaltschaft zusätzlich ein Strafverfahren einleiten.

Muss also die Pflichtverletzung des Instituts bereits erwiesen sein, damit ein Enforcementverfahren gegen den Einzelnen eröffnet werden kann? Nein. Es ist zwar normalerweise so, dass zuerst ein Enforcementverfahren gegen das Institut, also beispielsweise die Bank, durchgeführt wird. Dies ist jedoch gesetzlich nicht vorgeschrieben. Die FINMA hat in der Vergangenheit auch schon gegen natürliche Personen Enforcementverfahren eröffnet, bevor der Entscheid gegen das Institut rechtskräftig war. Das Ermessen der FINMA, wann und gegen wen sie ein Enforcementverfahren eröffnet, ist sehr gross und wird durch die FINMA auch entsprechend ausgenützt.

sehr einschneidende Konsequenzen haben, sind die verfassungsmässigen Garantien des Strafverfahrens nicht anwendbar. Stellen Sie sich ein Verfahren gegen einen Mitarbeiter einer grösseren Bank vor. Die FINMA befragt die betroffene Person und diese muss auch antworten. Danach stellt die FINMA mehrere tausend Seiten Akten und ihre Darstellung der Ereignisse zur Stellungnahme zu. Nur ein Anwalt, der sich mit Enforcementverfahren auskennt, sollte eine solche Stellungnahme verfassen. Denn die FINMA muss sich weder zur rechtlichen Lage äussern, noch angeben, welche Sanktionen sie anordnen möchte. Daher muss man abschätzen können, was relevant ist und vor allem, was noch in den Sachverhalt aufgenommen werden muss. Die frühe Kontaktaufnahme mit dem Anwalt ist daher in jedem Falle zu empfehlen. Weitere Informationen: www.h-h.ch

Mirjam Holdener

Benno P. Hafner

Was ist konkret Ihre Aufgabe als Anwalt in einem Enforcementverfahren? Es geht darum, Betroffene von einem Enforcementverfahren dabei zu unterstützen, ihre Rechte bestmöglich zu wahren. Obwohl Enforcementverfahren

BIHRER RECHTSANWÄLTE AG BRANDREPORT

Juristische Fallstricke bei Start-ups und Joint Ventures «Darum prüfe, wer sich ewig bindet», dass die Bindung auf solidem Grund steht. Start-ups und Joint Ventures entsprechen einer Ehe unter Geschäftspartnern. Damit diese reibungslos verläuft, müssen die Geschäftspartner bereits vor der Trauung weitsichtig ihre Zusammenarbeit und vor allem auch eine mögliche Trennung regeln. Unterlassen sie das oder schieben sie es auf, kann es während der Zusammenarbeit zu unliebsamen Überraschungen und allenfalls einer wüsten Scheidung kommen.

D

ie Gründung eines Start-ups und der Beginn eines Joint Ventures weisen zahlreiche vergleichbare Merkmale auf, weshalb die nachfolgenden Ausführungen auf beide Formen der Zusammenarbeit anwendbar sind: in beiden Fällen schliessen sich verschiedene Personen zusammen, um gemeinsam ein geschäftliches Ziel zu verfolgen. In der Vorbereitungsphase sehen die zukünftigen Partner die Zusammenarbeit gerne durch eine rosa Brille und vergessen dabei, dass auch schwierige Zeiten auf sie zukommen werden, in welchen sie sich allenfalls nicht mehr einig sind. Damit in diesen schwierigen Phasen die Zusammenarbeit weiter gedeiht oder diese beendet werden kann, ohne dass gemeinsam geschaffene Werte zerstört werden, muss die Zusammenarbeit auf eine solide rechtliche Grundlage in Form eines durchdachten Vertragswerks gestellt werden.

Die richtige Gesellschaftsform Eine der entscheidendsten Fragen der Regelung der Zusammenarbeit ist diejenige nach der passenden Gesellschaftsform. Dabei relevante Entscheidungskriterien sind Haftungsrisiken für die Gesellschafter, Vor- und Nachteile bei der Kapitalbeschaffung, die geplante Rollenverteilung in der Gesellschaft, um nur ein paar Aspekte zu nennen. Die zukünftigen Geschäftspartner müssen dabei auch ihre eigenen Stärken und Schwächen berücksichtigen. Bereits bei der Wahl der Gesellschaftsform ist sodann an Wachstumsmöglichkeiten, die Aufnahme neuer Partner oder Investoren sowie aber auch an den Ausstieg aller oder einzelner Geschäftspartner aus der Zusammenarbeit zu denken. Schliesslich ist die richtige Gesellschaftsform auch wichtig für die Festlegung der Willensbildung der Gesellschaft und die Parteien müssen sich darüber einigen, welche Entscheidungen mit welchen Quoren gefasst werden und ob gewisse Entscheidungen zwingend der Zustimmung gewisser Gesellschafter bedürfen.

diese Probleme entschärft und Lösungsmechanismen bereitgestellt werden, um zu verhindern, dass die Geschäftsbeziehung an diesen Differenzen zerbricht und geschaffene Werte unnötig zerstört werden. Da eine Beziehung auch immer eine Frage des richtigen Partners ist, hilft eine Diskussion der Grundlagen der Beziehung auch, festzustellen, ob der ins Auge gefasste Partner tatsächlich der oder die Richtige ist. Andreas R. Bihrer

Niklaus Kunz

lic.iur., LL.M., Rechtsanwalt

lic.iur., Rechtsanwalt

Die Finanzierung der Gesellschaft Bei der Festlegung der Finanzierung der Gesellschaft geht es ums Eingemachte. Die Finanzierung der Gesellschaft ist entsprechend dem Business- und dem Investitionsplan festzulegen. Mit der Festlegung der Finanzierung wird zum einen festgelegt, wer in welchem Masse in die Gesellschaft investiert und wie sich die Beteiligungsstruktur bei zukünftigen Finanzierungsrunden ändern kann. Zum anderen ist dabei zu regeln, wie die weitere Zusammenarbeit finanziert wird, wenn das initiale Kapital aufgebraucht ist, ob solche Nachschüsse von den Gesellschaftern oder von Dritten kommen, und in welcher Form bzw. zu welchen Konditionen diese geleistet werden.

im Vertrag zur Regelung ihrer Zusammenarbeit unbedingt auf Problemlösungsmechanismen einigen. Diese sollten mehrere Eskalationsstufen mit entsprechenden Abläufen enthalten und den Rollen der Geschäftspartner in der Gesellschaft Rechnung tragen. Da das Schweizer Gesellschaftsrecht nur rudimentäre Regelungen zur Scheidung der Geschäftspartner resp. zum Ausscheiden eines Gesellschafters enthält, muss auch die Beendigung der Zusammenarbeit und der Austritt aus resp. allenfalls die Auflösung der Gesellschaft geregelt werden. Dabei darf nicht vergessen werden, dass die Geschäftspartner nicht nur in der neuen Gesellschaft verbunden sind, sondern immer auch noch unter sich eine weitere Gesellschaft bilden.

Problemlösungsmechanismen Da es auch in der besten Beziehung zu Problemen kommen kann, sollten sich die zukünftigen Geschäftspartner

Wie jede Beziehung bietet auch die Geschäftsbeziehung viel Zündstoff für Auseinandersetzungen. Mit einem durchdachten und klaren Vertragswerk können

Da es auch in der besten Beziehung zu Problemen kommen kann, sollten sich die zukünftigen Geschäftspartner im Vertrag zur Regelung ihrer Zusammenarbeit unbedingt auf Problemlösungsmechanismen einigen.

Über Bihrer Rechtsanwälte AG Bihrer Rechtsanwälte AG berät Unternehmen und Unternehmer in allen Fragen des Wirtschaftsrechts. Die Anwälte von Bihrer Rechtsanwälte AG decken mit ihren jeweiligen Spezialgebieten ein weites Feld von Fachwissen ab und durch die überschaubare Grösse der Kanzlei ist eine persönliche Beratung sichergestellt.

Bihrer Rechtsanwälte AG Bahnhofstrasse 28a/Paradeplatz Postfach CH-8022 Zürich T +41 44 212 30 00 F +41 44 212 30 30 info@bihrerlaw.ch www.bihrerlaw.ch


E I N E P U B L I K AT I O N V O N S M A R T M E D I A

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DIGITALE TRANSFORMATION

WWW.FOKUS.SWISS

Let’s go digital! Die Digitalisierung schürt Ängste und ist doch eine Chance für uns alle. Denn Arbeit, Nachhaltigkeit, Big Data und persönliches Glück gehören unbedingt zusammen.

D

as knapp 45 Sekunden dauernde Video ging Anfang 2017 viral: Professor Robert Kelly sitzt während einer BBC-Livesendung in seinem häuslichen Arbeitszimmer, als nacheinander zwei Kinder in den Raum stürzen und das Interview «crashen». 30 Millionen Klicks machen die Mini-Tragikomödie exemplarisch für unsere Epoche der Digitalisierung. Gleicht die digitale Revolution nicht einem ins Zimmer platzenden Kind, das unsere bequeme Routine unterbricht? Flexible Arbeitsmodelle sind die Zukunft In vielen Unternehmen herrscht hinsichtlich des D-Wortes zwar noch immer Unsicherheit, aber auch Aufbruchstimmung. Im Rahmen der jüngsten Oliver Wyman-Studie «Switzerland's Digital DNA» wurden im Juli letzten Jahres 2000 Schweizerinnen und Schweizer nach ihrer Einstellung zur Digitalisierung gefragt. Das Urteil fällt ähnlich optimistisch aus, wie schon im Vorjahr: Rund 70 Prozent der Befragten sehen in ihr sowohl positives Entwicklungspotenzial für das Land, als auch für ihr Privatleben. Diese Ergebnisse lassen vermuten, dass Schweizerinnen und Schweizer bereit sind für Umstellungen, wie beispielsweise die Einführung flexiblerer Arbeitsmodelle. Jetzt müssten nur noch die Chefs mitziehen. Gemäss einer Studie der ETH Zürich von 2018 nämlich, erlauben zurzeit nur knapp die Hälfte der befragten Schweizer Unternehmen ihren Angestellten, die Arbeit von zu Hause aus. Es wird aber erwartet, dass sich dies in naher Zukunft ändern wird. Dank der Digitalisierung also, werden künftig immer mehr Menschen ortsunabhängig arbeiten, sich in Cloud-Workingspaces einloggen und feste Home-Office-Stunden haben.

Der Umgang mit der neuen Transparenz Nebst Flexibilität bringt Digitalisierung auch eine nie dagewesene Transparenz. Das birgt Vor- und Nachteile. Im besten Falle bedeutet die neu gewonnene Transparenz, dass Arbeitgeber genauer wissen, was, wo im Unternehmen geschieht. Es kann aber ebenfalls zum Gefühl des gläsernen Angestellten führen und zur Angst, sich auch privat, zum Beispiel in den sozialen Medien, nicht frei äussern zu können. Eine mögliche Herangehensweise für beide Parteien wäre: Social Media mit Augenmass verwenden, seine Klicks mit Bedacht vornehmen und eine Diskussions- und Offlinekultur beibehalten oder neu entwickeln. Den Kunden verstehen «Wo und wann erreiche ich den Kunden am besten?» Das ist die zentrale Frage aller Digitalisierungsabläufe.

Das Verständnis für den Kunden von heute und morgen bedeutet: One-to-One-Beziehungen aufbauen, Teil der On-Demand-Economy werden. In einem zweiten Schritt müssen Arbeitsprozesse wie das Beschwerdemanagement und alltägliche Geschäftsvorgänge digitalisiert werden. Das Digital Commerce-Zeitalter folgt der E-Commerce-Ära und lenkt den Fokus auf Social Media, schichtet zugleich aber auch Verwaltungsaufgaben um. Die Aufgaben und Anforderungen verändern sich. Niemand muss mehr in den Keller, um Vorgänge in verstaubten Aktenordnern auszugraben. Dafür müssen gesammelte und verarbeitete Daten überprüft und geschützt werden. Rechtlich müssen Unternehmen die Verarbeitung aller Daten so in den Griff bekommen, dass sie auch externe Speicherplätze unter Kontrolle haben und nationalem Recht gehorchen. Das erfordert ein ständiges Dazulernen und eine enge Zusammenarbeit mit Experten.

Besitz und Wissen im Wandel All diese Veränderungen wecken auch bei den Kunden andere Bedürfnisse. Berater sehen zwei grosse Trends, die das Kundenverständnis beeinflussen. Erstens: Der Besitz wird unwichtiger. Unsere Mobilitätsgewohnheiten werden auf den Prüfstand gestellt, Sharing-Modelle werden auch bald die Firmenwelt ergreifen. Wozu noch teure Auto- oder LKW-Flotten kaufen, wenn man sie genauso gut teilen und lediglich bei Bedarf anfordern kann? Die spannende Frage: Inwieweit wird das Teilen auch bei der alltäglichen Arbeit, bei rechtlichen Fragen, neuen Vergütungsmodellen und Kunden als Influencern interessant? Zweitens: Wissen wird zum neuen Allgemeingut. Welche Aufgaben und Bedeutung werden im Online-Zeitalter Universitäten und Fachhochschulen haben? Wie sieht Wissensvermittlung in der Zukunft aus? Was bedeutet es für die Unternehmenskommunikation, wenn im Sekundentakt Bewertungen in die Welt gepustet werden, die vom Unternehmen Verantwortlichkeit und angemessene Reaktionen einfordern? Während einige Führungspersonen noch immer allein bei der IT nach Lösungen suchen, ist vielen längst klar: Digitalisierung bedeutet vor allem ein Umdenken. Veränderungen können positiv sein. Wer spielerisch agiert und Fehler als Teil des Lernprozesses akzeptiert, wird sein Unternehmen erfolgreich in die Zukunft führen. Ganz im Geiste des sagenumwobenen Königs TschingTschang, auf dessen Badewanne stand: «Erneuere dich selbst jeden Tag. Tue es wieder und wieder und in Ewigkeit wieder.» TEXT SMA

BRANDREPORT MV LEGAL PARTNERS INC.

SLAs bei EDV- und anderen Dienstleistungsverträgen – Merkpunkte und «Do’s» Auf einen Zeitraum ausgerichtete Dienstleistungsverträge und insbesondere solche im EDV-Umfeld sind aus unserem täglichen Leben kaum mehr wegzudenken, seien es solche für die einfache Installation des privaten Internetzugangs mit Wartungsleistungen, für unternehmensnotwendige EDV-Gesamtlösungen oder auch für den allgemeinen Gebäudeunterhalt; kurzum: es werden Dienstleistungen, die man nicht als Kernkompetenz betrachtet, per Dienstleistungsvertrag an einen externen Dienstleister vergeben.

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ft gehen mit derartigen Verträgen auch gleich sogenannte Service Level Agreements (SLAs) einher; vereinfacht ausgedrückt sind dies Abmachungen zwischen einem Dienstleister und dem Kunden für wiederkehrende Dienstleistungen, die mehr oder weniger regelmässig erbracht werden sollen oder bei welchen der Dienstleister in Stand-By-/Warteposition auf die Unterstützungsanfrage des Kunden «wartet». Diese SLA sollen zwischen dem Kunden und dem Dienstleister klären, in welcher Qualität eine bestellte Dienstleistung erbracht werden muss – daher auch die verdeutschte Bezeichnung von «Dienstgüte-Vereinbarung». SLAs haben ihre Herkunft im ureigensten IT-Bereich, werden mittlerweile jedoch auch für andere Dienstleistungen verwendet, wie etwa Buchhaltung, Finanzmanagement, Instandhaltungs- und Unterhaltsleistungen oder Gebäudereinigung sowie natürlich beim immer populärer werdenden Cloud Computing. Die Absicht hinter dem SLA Ziel derartiger SLAs ist es, die Kontrollmöglichkeit für den Kunden transparent zu machen, indem zugesicherte Leistungseigenschaften wie etwa Leistungsumfang, Reaktionszeit und Schnelligkeit der Bearbeitung genau und messbar beschrieben werden. Wichtiger Bestandteil ist hierbei das Service-Level, welches die vereinbarte Leistungsqualität beschreibt und Angaben zum Leistungsspektrum (z.B. Zeit und Umfang), zur Verfügbarkeit oder zur Reaktionszeit des Dienstleisters, die Beschreibung von Art, Quantität und Qualität operativer und technischer vereinbarter Dienstleistungen wie auch akzeptable Ausfallquoten enthält. Aus diesen anvisierten Zielen ergibt sich, dass es bei SLAs auf eine hohe Regelungsdichte ankommt, da es

Oftmals ist selbst im Streitfall aufgrund der andauernden Vertragsbeziehung zwischen Kunde und Dienstleister der Gang ans Gericht unvorteilhaft. Dr. Marco S. Marty Rechtsanwalt, LL.M., Partner, MV Legal Partners Inc.

sich um gesetzlich nicht klar geregelte (oft zusammengesetzte) Verträge handelt und somit die Gerichte im Streitfall bei der Beurteilung des Vertragsinhaltes einen grossen Spielraum haben. Merkpunkte und «Do's» Doch worauf ist nun beim Abschluss eines SLA – sei dies im IT- oder in einem sonstigen Bereich – hauptsächlich zu achten? Die Regelung des Vertragsgegenstandes muss klar sein (was ist genau gewollt?). Dies tönt nach einer Selbstverständlichkeit. Ist es aber leider oftmals nicht, da der Kerngehalt des Vertrages unklar beschrieben wird. Sodann hat die Spezifikation der Leistungskriterien sowie des Messverfahrens zu erfolgen. Die Konsequenzen der Nichteinhaltung der Leistungskriterien sind ebenfalls zu regeln (z.B. Malus-System), genauso wie die im Laufe der Zeit notwendigen vertraglichen Anpassungen (einschlägig als «Change-Management» bezeichnet). Weiter ist an die Mitwirkungspflichten des Kunden zu denken, die Entschädigungsregelung des Dienstleisters und auch die Vertragsdauer (feste Dauer,

Mindestlaufzeit, lange Kündigungsfrist) mit Regelung der Vertragsbeendigung. Dann noch ein Wort zur Beschreibung der Leistungskriterien des Dienstleisters: zu regeln ist seine Verfügbarkeit; was geschieht bei seinem Ausfall, wie sieht es mit der Geschwindigkeit bzw. Antwort- und Reaktionszeiten aus? Ein weiteres Augenmerk ist schliesslich der Messung der Erfüllung eben dieser Leistungskriterien zu widmen (Stichworte: Messverantwortlichkeit, -methode, -intervall, Berichterstattung und Review - also Prüfung der Messresultate durch Parteien). Eine Klärung allfälliger Vertragsprobleme ist ebenso vorteilhaft wie auch die Regelung des Eskalationsprozederes. Denn oftmals ist selbst im Streitfall aufgrund der andauernden Vertragsbeziehung zwischen Kunde und Dienstleister der Gang ans Gericht unvorteilhaft, weil nebst der Zeit- und Kostenintensität die Kundenbeziehung irreparabel geschädigt wird. Zu guter Letzt sind auch die Folgen der Nichterfüllung der Leistungskriterien zu bestimmen. Denn Haftungsprobleme bei SLAs sind mannigfaltig, auch aufgrund

unklarer Haftungsbeschränkungsregelungen. Soll nur für sog. «direkten» Schaden, nicht aber für «indirekten» gehaftet werden (Nota: das Schweizer Recht kennt diese Definition in diesem Zusammenhang so nicht)? Liegt eine Beschränkung der Gewährleistung des Dienstleisters vor oder haben die Parteien «nur» eine Definition von besonderen Leistungskriterien vorgenommen? Ist ein Malus-System kumulativ zu den gesetzlichen Ansprüchen anwendbar oder nicht? Eine einfache pauschale Lösung gibt es – auch – für SLAs nicht. Weitere Informationen: mvlegalpartners.ch


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WEBLAW AG BRANDREPORT

Die Zukunft mitgestalten Die Verschmelzung von Technologie und juristischer Arbeit verändert den juristischen Markt. Themen wie Artificial Intelligence (AI), Document Automation, Blockchain oder Smart Contracts treiben Innovationen in der ganzen Branche voran. Franz Kummer, Gründer und Mitinhaber der Weblaw AG, über die Chancen und Möglichkeiten der aktuellen LegalTech-Entwicklungen. ist natürlich nicht Selbstzweck, denn wir geben unsere Erfahrungen und unser Wissen gezielt weiter. Einerseits natürlich mittels unserer Produkte und Dienstleistungen, andererseits aber auch in Form von Weiterbildungen. Sei es durch kostenlose Brown Bags LegalTech, in denen wir aktuelle Themen und Entwicklungen aufgreifen, oder mit gezielten Präsenz- (Weblaw Forum LegalTech) oder Online-Kursen (sogenannten Webinare). Mit den Webinaren setzen sich die Kursteilnehmer gleichzeitig mit webbasierten Applikationen und Tools auseinander – und lernen bereits dadurch, sich mit aktueller Technik auseinanderzusetzen.

Franz Kummer lic. iur. CEO, Founder

Franz Kummer, was kommt auf die Juristen zu? Die gesamte Branche steckt bereits jetzt im Umbruch, jede und jeder sollte sich Gedanken dazu machen, wie die Zukunft mitgestaltet werden kann. So bereiten wir bspw. Studierende in St. Gallen im Rahmen der Vorlesung LegalTech und Bern jetzt schon gezielt auf diese Veränderungen vor. Im Fokus dieser Ausbildung steht Interdisziplinarität. Recht, IT, Business, Marketing, Geschäftsmodelle etc. werden fächer- und themenübergreifend zusammengeführt. Die Studierenden machen beispielsweise auch erste Schritte in Richtung Programmierung und Automatisierung von Prozessen und Geschäften. «Digitalisierung» ist eines der aktuellen Buzz Words – bei Ihnen auch? Bei Weblaw dreht sich bereits seit 20 Jahren alles um die Themen Recherchieren, Automatisieren und Programmieren in einem juristischen Umfeld. Immer im Kontext der Digitalisierung und Optimierung. Das Ganze

Und wie funktioniert der Austausch zwischen den Juristen zu diesen Themen? Zum einen in den angesprochenen Weiterbildungsangeboten, in der Auseinandersetzung mit spezifischen Themen in Form von Autoren- bzw. Fachbeiträgen in unseren (Online-)Publikationen und nicht zuletzt auch in unserem alljährlich stattfindenden Weblaw LegalTech-Fachforum. Im diesjährigen Forum werden wir am 5. Juni im Kursaal in Bern wiederum auf die aktuellen Themen in den Bereichen AI, Document Automation, Blockchain und Smart Contracts eingehen. Immer mit dem Fokus «Menschen und Maschinen» – also welche Veränderungen bringt uns die Technik und wie geht der Mensch damit um, bzw. welche Auswirkungen haben diese Technologien auf den Menschen. Für uns ist es dabei wichtig, fachorientiert und praxisnah zu diskutieren. Um selbst auch einen Impuls zu Weiterentwicklungen zu geben, führen wir im Vorfeld den ersten Legal Engineer Run durch und stellen die herausragenden Projekte im Rahmen des Forums vor.

Sie sind seit 20 Jahren im LegalTech-Bereich tätig – was hat sich in dieser Zeit getan? Die wichtigste Änderung ist wohl, dass der Fachbereich Rechtsinformatik, den es noch deutlich länger gibt, neu LegalTech heisst. Im Ernst, wir haben nie etwas anderes getan und ich denke, dass wir die Entwicklung durchaus mitgeprägt haben. Ich erlaube mir ein paar Beispiele aufzuführen: • Mit unseren juristischen Internet-Recherchekursen haben wir 1999 gestartet. Das Gefäss heisst mittlerweile Academy und umfasst eine Vielzahl von Kursen in den unterschiedlichsten Formaten (www.weblaw.ch/academy). • Am 8. Mai 2000 ging mit Jusletter die erste juristische Online-Zeitschrift der Schweiz an den Start. Seitdem publizieren wir im Wochenrhythmus, das Gefäss zählt 24 000 Abonnentinnen und Abonnenten und hat sich zur auflagenstärksten juristischen Zeitschrift der Schweiz entwickelt. • Lawjobs existiert seit 2001 und ist die bekannteste juristische Stellendatenbank der Schweiz, selbstverständlich existiert auch diese rein digital. • Bereits 2007 konnten wir die erste interne juristische Suchmaschine (Lawsearch Enterprise) bei einer Grosskanzlei implementieren. Das Tool hat sich durchgesetzt und wird nun von vielen Kanzleien, Gerichten und Rechtsdiensten verwendet und unterstützt die Mitarbeitenden bei ihrer täglichen Arbeit.

• 2017 und 2018 haben wir einen Fokus auf Dokumentautomatisation (DocEngine) und die Erstellung einer juristischen Arbeitsumgebung in der Cloud (LawDesk) gelegt. Beide Produkte sind gut gestartet, sind Ausdruck der «Weblaw-Digitalisierung und -Automatisierung» und haben bereits tolle Kunden gefunden. Es freut uns besonders, mit unseren Kunden gemeinsam an massgeschneiderten Lösungen zu arbeiten. Die LegalTech-Fachwelt trifft sich am 5. Juni im Kursaal in Bern um sich zu Zukunftsthemen auszutauschen.

Early

5. Weblaw Forum

Jetzt

Bird für CHF 4 50.– statt CHF 6 50.–

Leg al Tech

«Menschen und Maschinen» 5. Juni 2019, Kursaal Bern www.weblaw.ch/forum

Weblaw AG CyberSquare Laupenstrasse 1 3008 Bern T +41 31 380 57 77 E-Mail info@weblaw.ch www.weblaw.ch

WICKI PARTNERS AG BRANDREPORT

Sicherung von IP-Rechten im IT-Umfeld Im IT-Umfeld ergeben sich immer wieder Probleme bei der Frage, wie eigene IP-Rechte (Immaterialgüterrechte) gesichert werden sollen oder können. Neben technischen Lösungen wie Downloadsperren steht die vertragliche Sicherung der Rechte in den entsprechenden Softwareverträgen im Vordergrund. Nachfolgend soll kurz umschrieben werden, was Unternehmen vertraglich unternehmen sollten, um ihre eigenen IP-Rechte zu sichern und gegebenenfalls durchsetzen zu können.

I

Urheber-Persönlichkeitsrechte verzichten kann. Dadurch erhält der Erwerber eine dem Urheber ähnliche Position und kann darüber entscheiden, was mit den Rechten geschieht.

P-Rechte gewähren dem Inhaber insbesondere Ausschliesslichkeitsrechte. Der Inhaber kann folglich jeder anderen Person verbieten, seine IP-Rechte zu nutzen. Ein Anwender darf demnach eine Software nur dann nutzen, wenn ihm der Inhaber der IP-Rechte eine entsprechende Befugnis dazu erteilt hat. An Software können folgende IP-Rechte bestehen: • Urheberrechte (Copyright): wenn die Software ein gewisses Mass an Individualität erreicht • Patentrechte: sehr selten, können unter gewissen Umständen aber angemeldet werden • Markenrechte • Designrechte: Schützen ausschliesslich graphische Elemente einer Software Neben dem Schutz der IP-Rechte besteht ein zusätzlicher Schutz über die lauterkeitsrechtlichen Vorschriften (UWG; Schutz der unautorisierten Verwertung, Schutz vor Nachahmern etc.). Was schützen IP-Rechte und wer ist der Urheber? Schutzvoraussetzungen für ein Urheberrecht an Software sind, dass es sich um eine geistige Schöpfung handeln muss, die einen individuellen Charakter hat. Eine Software muss von Menschenhand geschaffen werden, automatisierte Tools, welche Software erzeugen können, erfüllen dieses Erfordernis nicht und das Urheberrecht entsteht somit beim Programmierer des entsprechenden Tools, da der neue Code eine blosse Bearbeitung des ursprünglichen darstellt. Eine Software muss einmalig sein, wobei es jedoch nicht auf ihre Qualität ankommt. Sie muss also lediglich ein Resultat einer schöpferischen Eigenleistung sein und sich von bereits bestehenden unterscheiden. Geschützt ist die Software über den Source- oder Objectcode, ob sie irgendwo integriert ist (z.B. als

Sergio Leemann lic. iur., Rechtsanwalt,Partner Wicki Partners AG

Firmware), ist unerheblich. Weitere Details der Software (z.B. Struktur und Aufbau) sowie deren Entwurfsmaterialien sind ebenso geschützt wie die zur Software gehörigen Schnittstellendefinitionen und Benutzerdokumentationen (diese jedoch als sog. Sprachwerke). Nicht schützenswert demgegenüber ist die blosse Idee, welche einer Software (-entwicklung) zugrunde liegt. Urheber einer Software sind jeweils eine oder mehrere natürliche Personen, juristische Personen haben sich die Urheberrechte jeweils vom Schöpfer übertragen zu lassen, was gemäss Art. 17 URG bei Arbeitsverhältnissen im Bereich von Software jedoch automatisch der Fall ist. Wie werden IP-Rechte übertragen? IP-Rechte können auf andere Personen übertragen werden, wobei der Urheber auf seine

Die im IT-Bereich weiter verbreitete Variante ist die Lizenzierung einer Software, also die Einräumung von Nutzungsbefugnissen. Eine Lizenz kann sehr unterschiedlich ausgestaltet sein. Software kann auf Dauer («für immer») oder Zeit (bestimmte Laufzeit), ausschliesslich (keine anderen Nutzer dürfen die Software nutzen) oder nicht-ausschliesslichen lizenziert werden. Die Lizenz kann eine «einfache» sein (Lieferant kann die Software selber nutzen), und der Lieferant kann dem Lizenznehmer erlauben, die Software unterlizenzieren zu dürfen. Die Unterscheidung zwischen einer Übertragung von Urheberrechten und der Einräumung von Nutzungsrechten ist enorm wichtig, weil nur der Inhaber der Nutzungsrechte berechtigt ist, Urheberrechtsverletzungen gegenüber Dritten geltend zu machen, und nur er selbst kann Nutzungsrechte an Dritte übertragen. Der Gebrauch einer Software zum reinen Genuss, wie es beispielsweise beim Hören von Musik oder dem Lesen eines Buchs der Fall ist, ist nicht möglich. Dies deshalb, weil Software bei ihrer Nutzung systembedingt kopiert wird (z.B. im Arbeitsspeicher) oder installiert werden muss. Das URG erteilt dem rechtmässigen Erwerber einer Software deshalb auch

Eine Software muss also lediglich ein Resultat einer schöpferischen Eigenleistung sein und sich von bereits bestehenden unterscheiden.

verschiedene Befugnisse, welche an sich nur dem Urheber selbst zustehen (z.B. Erstellen von Sicherungskopien, vorübergehende Vervielfältigung etc.). Welche Form ist für mich am sinnvollsten? DAS sinnvolle Modell gibt es leider nicht. Es kommt vielmehr im Einzelfall auf das Businessmodell des Urhebers (oder Vertreibers) an. Es spielt eine grosse Rolle, in welchem Stadium sich ein Software-Anbieter befindet und was die Ziele der jeweiligen Software sind, und ob es sich z.B. um eine On-premise-, eine SaaS- oder eine andere Lösung handelt. Mit ihrer langjährigen Erfahrung und guten Kenntnissen beider Seiten (Anbieter wie auch Anwender) von Softwarelizenzverträgen sowie allen anderen rechtlich relevanten IT-Problemen unterstützt die Wicki Partners AG bei der Wahl und Ausgestaltung der besten Lösung für jedes Businessmodell.

WICKI PARTNERS AG. Rechtsanwälte / Attorneys-at-Law Stockerstrasse 44 8002 Zürich Tel. +41 43 322 1500 www.wickipartners.ch


E I N E P U B L I K AT I O N V O N S M A R T M E D I A

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FACHARTIKEL GERICHTSKOSTEN

WWW.FOKUS.SWISS

Gerechtigkeit darf nicht unerschwinglich sein Recht haben heisst noch lange nicht, Recht bekommen. In der Schweiz wird diese Diskrepanz immer grösser. Seit im Jahre 2011 die Schweizerische Zivilprozessordnung eingeführt wurde, haben die Richter der klagenden Partei massiv höhere Vorschüsse abverlangt.

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Fazit ist, dass - ohne Police bei einer seriösen Rechtsschutzversicherung - der gesamte Mittelstand sich einen Prozess nicht leisten kann und selbst gutsituierte Personen sich aufgrund der Risiken und der langen Prozessdauer gegen Prozesse entscheiden werden.

in Kläger muss kurz nach Einleitung der Klage meist innert zehn Tagen einen massiven Kostenvorschuss bezahlen. Bei einer Klage über CHF 30 000 sind das häufig mehr als CHF 5000. Von einem schwerverletzten Kind, welches nun erwachsen ist, hat das Regionalgericht Oberaargau-Emmental kürzlich bei der Klage auf Ausgleich der lebenslang zu erwartenden Einbussen einen Vorschuss von CHF 144 000 verlangt. Hallo!? Und dann sind da noch die Anwälte, die für ihre Arbeit auch nicht kleinlich entschädigt werden möchten. Eine Klageschrift für ein Unfallopfer mit dauerhaften gesundheitlichen Schäden zum Beispiel umfasst kaum weniger als 50 Seiten. Denn, was nicht minuziös beschrieben oder behauptet wird und sich erst aus dem Beweisverfahren ergibt, berücksichtigt der Richter in seinem Urteil nicht. Der Gegenanwalt bestreitet alle Punkte mit der gleichen Akribie, worauf der Richter in der Regel einen zweiten Schriftwechsel anordnen wird. Nachdem sich die Parteien dann noch detaillierter über alle Rechtsfragen und Sachumstände äussern, liegen in diesem Verfahrensstadium Anwaltsschriften im Umfang eines voluminösen Sachbuches vor. Bis dahin sind seit der Klageeinleitung meist etwa zwei Jahre verstrichen. Wird in der Folge ein gerichtliches Gutachten zum Beispiel über den Gesundheitszustand oder die mutmassliche berufliche Entwicklung eingeholt, so verlangt das Gericht von den Parteien den nächsten Vorschuss im fünfstelligen Betrag. Die renommierte Gutachterstelle des Universitätsspitals Zürich hat für ein solches Gutachten aus mehreren Fachrichtungen auch schon Rechnungen über CHF 60 000 gestellt. Die Bestimmung des Beweisthemas, das Beauftragen einer beiden Parteien genehmen Gutachterstelle, das Erstellen des Gutachtens und die Beantwortung von Ergänzungsfragen der Parteien und des Gerichts, beanspruchen regelmässig ein weiteres Prozessjahr. Der Umstand, dass zwischenzeitlich mindestens einmal der federführende Gerichtsschreiber gewechselt hat, verzögert die Sache zusätzlich. Das ca. 80 - 100-seitige medizinische Gutachten, als Beispiel, liegt nun mit all seinen Ergänzungen vor und die Anwälte sollten dazu, ebenfalls nicht zu kurz gefasst, Stellung nehmen. Danach prüft der Richter vielleicht, ob er jetzt, was bestimmt mehr Sinn macht, die Parteien nochmals zu Vergleichsgesprächen einladen möchte. Hält er solches oder das Abnehmen von weiteren Beweisen (Zeugen, unfalltechnische Analysen, Berufsgutachten etc.) nicht für nötig, so erlässt er ein Urteil. Er

Heisst das nun: Kopf in den Sand stecken und zusehen, wie einem die Rechte die Limmat, die Aare, die Reuss oder den Rhein hinunter treiben? Wir sagen nein! Unser Motto ist: Nicht Jammern, sondern (dennoch) klagen!

instruiert seinen Gerichtsschreiber und mit ein bisschen Glück für die Parteien wird ein halbes Jahr später das schriftliche Urteil eröffnet. Weil es eben im echten Leben - anders als in den meisten amerikanischen Fernsehserien - vor Gericht nur selten Recht und Unrecht oder Gewinner und Verlierer gibt, sondern gemäss Urteil beide Parteien Abstriche machen müssen, ist die Gefahr gross, dass eine oder beide Parteien Berufung gegen das Urteil einlegen. Der Leser ahnt jetzt bereits, dass dabei die Gerichte und Anwälte den Rechtssuchenden erneut erhebliche weitere Vorschüsse abverlangen. Weniger bekannt ist wohl, dass die Urteile der kantonalen Obergerichte und des Bundesgerichts mehrheitlich nicht zu einem Prozessende führen. Weit häufiger wird die Sache nämlich an das Bezirksgericht zurückgewiesen, weil weitere Sachverhalte abzuklären, neue Gutachten einzuholen oder die Schadenersatzleistungen neu zu berechnen sind. Mit anderen Worten also, zurück auf Feld eins! Geht nicht einer Partei die Geduld, der Schnauf oder das Geld aus, so vergehen weitere Jahre und es verfliessen weitere Unsummen an Prozess- und Anwaltskosten, bis irgendwann das Bundesgericht das letzte Wort gesprochen hat. Oder doch nicht? Vielleicht besteht ja noch Hoffnung, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Sache positiver beurteilt. Beschwerden werden zwar in den allerwenigsten Fällen (weniger als 3 Prozent) gutgeheissen; die Prozessdauer beträgt weitere vier bis sechs Jahre. Wer aber diesen Test besteht (so geschehen im Fall der Angehörigen des Asbestopfers Moor gegen die Schweiz im März 2014), der hat das Glück (?), dass die Sache neu aufgerollt wird. Er steht nun wieder

vor dem Bezirksgericht, also vor der Instanz, vor der der Streit zehn Jahre früher eingeklagt wurde. Nun treffen diese Rechtsbarrieren anscheinend nur wenige Menschen und viele betonen gerne, dass sie noch nie einen Anwalt benötigten. Bei Alltagsgeschäften und in der Wirtschaftswelt kann man sich immerhin durch Vorsicht und Treffen von klaren Vereinbarungen gegen grössere Überraschungen erwehren. Verunfallte Personen zum Beispiel, die plötzlich ihre Gesundheit, ihren Job, ihr Einkommen verlieren, brauchen aber Fürsprecher und Instanzen, die ihre Rechte gegen andere Verkehrsteilnehmer, gegen die Verursacher, gegen die Privat- und Haftpflichtversicherungen verteidigen. Sie verfügen häufig nur über geringe finanzielle und gesundheitliche Ressourcen und verzweifeln an langwierigen und komplexen rechtlichen Auseinandersetzungen. Weniger dramatisch ist es für Mittellose, die ohnehin nichts mehr zu verlieren haben, denn sie gelangen in den Genuss der unentgeltlichen Rechtspflege. Das heisst, dass sie keine Gerichtskosten zu bezahlen haben und ihnen ein Rechtsvertreter bestellt wird. Jene, die über eine Rechtsschutzversicherung verfügen, haben geringere Risiken. Solange ein Prozess nicht aussichtslos erscheint, werden die Anwalts- und Gerichtskosten durch die Versicherung gedeckt. Deckungssummen von häufig bis CHF 250 000 für einen Rechtsfall setzen aber auch rechtsschutzversicherte Personen der Gefahr aus, dass am Ende doch Kosten anfallen oder Prozesse vorzeitig beendet werden müssen. Hinzu kommt, dass die schwarzen Schafe unter den Rechtsschutzversicherungen praktisch jeden Streit als aussichtslos beurteilen, damit sie nicht zahlen müssen.

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Es empfiehlt sich, frühzeitig Rat bei spezialisierten und erfahrenen Anwaltskanzleien zu suchen. Der Sachverhalt soll exakt abgeklärt werden. Danach sind die relevanten Rechtsfragen zu klären und auf dieser Basis sind optimale Lösungen mit den Gegenparteien oder den Versicherungen zu suchen. Denn wenigstens eines ist gewiss: auch die beklagte Partei und deren Versicherung zahlt im Prozess einen hohen Preis und auch sie möchte die Sache irgendwann ad acta legen. Und weil jedes Volk seinen Herrscher verdient, verdienen vielleicht auch wir nur die Zivilprozessordnung, die uns der Gesetzgeber vorsetzt. Der Bundesrat ist jetzt immerhin daran, die Praxistauglichkeit der noch acht Jahre jungen Schweizerischen Zivilprozessordnung zu prüfen. Es sieht aber aus, als würden nicht viel mehr als kosmetische Eingriffe vorgeschlagen; dazu gehört zum Beispiel die Halbierung der Gerichtskostenvorschüsse ohne aber die Gerichtskosten generell zu senken. Wir setzen uns zusammen mit dem Verband der demokratischen Juristen dafür ein, dass die Gerichtskosten massiv gesenkt und die Verfahren effizient gestaltet und verkürzt werden. Gleichartige Fälle von Opfern (z.B. nach Katastrophen oder Massenunfällen oder betroffene Konsumenten beispielsweise von mangelhaften Medikamenten, Implantaten, Fahrzeugen oder Finanzprodukten) sollen gemeinsam eingeklagt werden können. Wir verlangen, dass Hindernisse und Formalitäten abgebaut werden und an den Beweis nicht zu hohe Anforderungen gestellt werden. Die Richter sollen die Entscheide auf Basis der Fakten, des Sachwissens von Experten und ihrer eigenen Lebenserfahrung fällen. Es ist nicht so, dass wir nicht gerne seitenfüllende Prozessschriften schreiben. Aber wir sind der Meinung, dass kürzere Rechtsschriften, geringere Kosten, raschere Prozesse und pragmatische Lösungen allen dienen. TEXT MARTIN HABLÜTZEL, SCHADENANWALT


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JURAPLUS AG BRANDREPORT

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Rechtsgleichheit schaffen – durch den Abbau finanzieller Hürden Der Gang vor Gericht birgt sowohl für Privatpersonen als auch für KMU grosse monetäre Risiken. In vielen Fällen sind diese zu hoch – weswegen auf legitime Rechtsansprüche verzichtet werden muss. Da Zivilprozesse für viele Akteure mittlerweile zu teuer sind, hat sich hierzulande die Prozessfinanzierung etabliert. Wie die Entwicklung weitergehen wird und welche Vorteile diese Investitionsform für Anspruchsinhaber und Juristen bietet, erklärt Lars Heidbrink, CEO der JuraPlus AG, im Interview. TEXT SMA

Lars Heidbrink, die Prozessfinanzierung ist in der Schweiz stark etabliert. Worauf führen Sie dies zurück? Es sind mehrere Faktoren, die dazu beitragen. Der zentrale Grund liegt aber sicherlich in der Tatsache, dass der Zugang zu einem Zivilprozess in der Schweiz mit sehr hohen finanziellen Hürden belegt ist. Betroffen davon sind vor allem Privatpersonen in durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen sowie KMU. Diese tun sich häufig schwer, die für das Prozessieren notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen oder diese finanziellen Rücklagen über einen längeren Zeitraum – unter Umständen gar Jahre – durch ein laufendes Verfahren zu blockieren. Hier schafft die Prozessfinanzierung Abhilfe, indem sie es diesen Akteuren ermöglicht, für ihr Recht einzustehen – und zwar ohne eigenes finanzielles Risiko. Erläutern Sie uns bitte, wie eine Prozessfinanzierung konkret abläuft. Bei dieser Art der Investition übernimmt der Prozessfinanzierer als unabhängige Partei für eine der prozessierenden Seiten die kompletten Kosten; sprich die Prozess-, Anwalts- sowie auch allfällige Gutachten-Kosten. Da Privatpersonen häufig nicht in den Genuss von «unentgeltlicher Prozessführung» kommen, ist es für sie natürlich attraktiv, wenn ein Unternehmen wie die JuraPlus AG die Prozessfinanzierung übernimmt. Doch wie gesagt ist der Gang vor Gericht nicht nur für Privatpersonen zeitlich und finanziell äusserst aufwändig und damit riskant, sondern auch für kleine und mittelgrosse Unternehmen. Diese müssen das Einschlagen des juristischen Wegs ebenfalls genau abwägen. Dank der Prozessfinanzierung können sie nicht nur ihre Rechte wahrnehmen, sondern haben den zusätzlichen Vorteil, dass sie das Kostenrisiko für den Prozess nicht in die Erfolgsrechnung aufnehmen müssen. Inwiefern profitiert Ihr Unternehmen von der Übernahme der Prozesskosten? Wie der Name «Prozessfinanzierung» sagt, handelt es sich hierbei um eine Form des Investments. Wir von der JuraPlus AG investieren in Fälle, bei denen Anspruchsinhaber gute Chancen haben, zu gewinnen. Der Mindeststreitwert beläuft sich dabei auf 300 000 Franken. Hinzu kommen verschiedene zusätzliche Voraussetzungen: Nebst überwiegenden

Erfolgsaussichten muss die Gegenseite liquide und das Urteil vollstreckbar sein. Sind diese Kriterien erfüllt, übernehmen wir die Kosten der von uns gewählten Partei. Ist der Fall gewonnen oder konnte ein Vergleich erzielt werden, werden aus dem Bruttoertrag die uns entstandenen Kosten rückvergütet. Von dem verbleibenden Nettoertrag wiederum erhalten wir 30 Prozent, die restlichen 70 Prozent gehen an den Anspruchsinhaber, sprich das prozessierende Unternehmen oder die prozessierende Privatperson. Wie lange dauert es bis klar ist, ob Sie einen Fall übernehmen oder nicht? Wir agieren da relativ schnell. Den ersten Aufschluss gibt unser «Quickcheck», bei dem wir einen Fall auf die erwähnten Kriterien durchleuchten. Das dauert in der Regel nicht mehr als drei bis fünf Arbeitstage. Die vertiefte Prüfung eines Falles, zusammen mit dem Anwalt des Anspruchsinhabers, nimmt dann je nach Komplexität sechs bis acht Wochen in Kauf. Für diese Zeit binden wir den Anspruchsinhaber mit dem Prozessfinanzierungsvertrag exklusiv an uns. 2017 hat sich die Jura Plus AG neu aufgestellt und das «Kompetenzzentrum Prozessfinanzierung» geschaffen. Worum geht es dabei und wie hat sich das Kompetenzzentrum in den letzten zwei Jahren entwickelt? Die Gründung des Zentrums geschah aus der Erkenntnis sowie unserer Überzeugung heraus, dass in der Schweiz noch ein gewaltiges Wachstumspotenzial im Bereich der Prozessfinanzierung existiert. Und dies, obschon der Markt kontinuierlich gewachsen ist: Hierzulande wurde die Zulässigkeit der Prozessfinanzierung im Jahr 2004 durch das Bundesgericht bestätigt. Eine starke Entwicklung mit hoher Zunahme an Fällen stellen wir seit 2012 fest. Daher haben wir uns sowohl personell als auch fachlich verstärkt. Wir sind mit der Entwicklung unseres Kompetenzzentrums sehr zufrieden – wir sind der primären Ansprechpartner in Sachen Prozessfinanzierung in der Schweiz. Unser Anspruch muss dementsprechend lauten, das Potenzial dieser Finanzierungsform aufzuzeigen und Verständnis sowie Transparenz zu schaffen. Dazu sind interessanterweise mittlerweile auch die Richter angehalten, wodurch dieses Thema zusätzlich an Relevanz gewinnt.

Wie meinen Sie das? Im Rahmen der im Frühjahr 2018 eingeleiteten Anpassung der Zivilprozessordnung (ZPO), zu deren Schwerpunkten die Erleichterung des Zugangs zum Gericht gehört, will der Bundesrat noch einen Schritt weitergehen: So sollen Gerichte inskünftig nicht nur über die Prozesskosten, sondern auch über die Möglichkeit der Prozessfinanzierung aufklären. Der Vorschlag des Bundesrates für die Revision der Zivilprozessordnung enthält deshalb eine ausdrückliche Aufklärungspflicht. Zitat: «Das Gericht klärt die Parteien über die mutmassliche Höhe der Prozesskosten sowie über die unentgeltliche Rechtspflege auf und weist sie auf die Möglichkeiten der Prozessfinanzierung hin.» Wir sind natürlich sehr erfreut über die Tatsache, dass die Gerichte künftig dazu verpflichtet sein sollen, den Anspruchsinhabern diese Möglichkeit aufzuzeigen. Denn je mehr Menschen die ihnen zustehenden Ansprüche geltend machen können, desto besser. Wie kommt es zur Kontaktaufnahme mit den Anspruchsinhabern? Und gibt es typische Fallgruppen oder Rechtsgebiete, bei denen die Prozessfinanzierung regelmässig zum Tragen kommt? In den meisten Rechtsstreitigkeiten, die uns unterbreitet werden, hat der potenzielle Kläger bereits einen Anwalt mandatiert, so dass sehr häufig die erste Kontaktaufnahme über ihn erfolgt. In anderen Fällen, bei denen sich potenzielle Anspruchsinhaber ohne anwaltliche Vertretung bei uns melden, setzen wir fast immer voraus, dass der Anfrager den entsprechenden Fall auf seine Kosten einem Anwalt zur Abklärung vorlegt, bevor wir

SAVE THE DATE. 3. Praxisseminar der JuraPlus AG in Zürich Das dritte Praxisseminar der JuraPlus AG wird am Mittwoch, dem 20. November 2019, im Park Hyatt Zürich stattfinden. Wie schon bei den Veranstaltungen der Vorjahre dürfen sich Teilnehmende auf interessante Keynote-Speeches rund um das Thema der Prozessfinanzierung freuen.

uns tiefergehend damit auseinandersetzen. Sind die Voraussetzungen für eine Finanzierung von unserer Seite gegeben, investieren wir grundsätzlich in alle Rechtsgebiete. Häufig haben wir es mit dem Erbrecht zu tun, dem Schadensersatz- und allgemeinen Vertragsrecht sowie mit dem Auftragsrecht für Banken.

Lars Heidbrink CEO der JuraPlus AG

ÜBER DIE JURAPLUS AG. Die JuraPlus AG ist der führende Schweizer Prozessfinanzierer mit Sitz in Zürich. Gegründet im Jahr 2008, gehört das Unternehmen zu den Pionieren der Prozessfinanzierung – überzeugt davon, dass es mit diesem Angebot den Rechtssuchenden ein wichtiges Instrument zur Minimierung ihres Prozesskostenrisikos anbieten kann. Unterstützt werden sowohl Privatpersonen wie auch Unternehmen bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche vor staatlichen Gerichten und Schiedsgerichten. Die JuraPlus AG hat sich als finanzstarker, unabhängiger und verlässlicher Partner in der Zivilrechtspflege etabliert. Das Team verfügt über umfangreiche Erfahrung und das einschlägige Know-how, um Anspruchsinhaber sowie deren Anwälte im Rahmen einer Prozessfinanzierung professionell zu unterstützen. Bei Bedarf kann die JuraPlus AG zudem auf ein eingespieltes Netzwerk von Spezialisten zurückgreifen. Weitere Informationen unter www.jura-plus.ch

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INTERVIEW STEFAN BREITENSTEIN

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«Digitalisierung ist ein Megatrend – aber den Virtual Lawyer wird es nicht geben» Die Rechtsbranche ist ein Spiegel der Gesellschaft: Sie verändert sich analog zu den Entwicklungen und Trends, die das Berufs- und Privatleben der Menschen bestimmen. Welche Themen das aktuell sind, welche Veränderungen die Finanzbranche gerade durchläuft und wie die Digitalisierung den Beruf des Juristen verändert, erläutert Stefan Breitenstein, Managing Partner bei Lenz & Staehelin, im Interview. INTERVIEW SMA

Stefan Breitenstein, als Experte für Banken- und Finanzrecht beraten Sie bei Lenz & Staehelin Klienten u.a. im Bereich internationaler Transaktionen. Aus aktuellem Anlass: Wie viel schwieriger gestaltet sich diese Aufgabe in jüngster Zeit angesichts der anhaltenden Brexit-Thematik? Der Brexit ist in der Schweiz gegenwärtig kein grosses Rechtsberatungsthema. Der Brexit wird für den englischen Finanzsektor nachhaltige Veränderungen verursachen, da die englischen Finanzinstitute den EU-Passport verlieren werden, der ihnen erlaubt, grenzüberschreitend in Europa Finanzdienstleistungen zu erbringen. Das wird zu Verlagerungen von Finanzdienstleistungen in die EU führen. Die Fondsverwaltungsdienstleistungen werden sich noch stärker auf Irland und Luxemburg konzentrieren. Versicherungen werden möglicherweise vermehrt nach Luxemburg verlagert und Bankdienstleistungen werden neu häufiger aus Frankfurt, Paris und Madrid angeboten. Die Schweiz wird von diesen Verlagerungen nicht profitieren. Frankreich hat der UBS aufgrund vermeintlicher Steuerdelikte im Februar eine rekordhohe Busse aufgebrummt – die Grossbank hat Einspruch erhoben. Welche Auswirkungen wird dieser Fall Ihres Erachtens auf den Banken- und Finanzsektor haben? Der Prozess erscheint dem schweizerischen Betrachter als teilweise politisch. In der Vergangenheit hat die UBS in solchen Situationen die Strategie verfolgt, früh einen Vergleich abzuschliessen. Sie ist mit dieser Strategie gut gefahren, besser als andere Schweizer Banken. In Frankreich gab es wohl gute Gründe, von dieser Strategie abzuweichen. Es hat sich nun gezeigt, dass diese Strategie mit sehr hohen Risiken verbunden ist und es fragt sich, ob ein solch politischer Prozess in einem Land wie Frankreich überhaupt gewonnen werden kann. Ob nun ein negativer Prozessausgang auf andere schweizerische Finanzinstitute Auswirkungen haben kann, ist allerdings schwer zu sagen. Die der UBS vorgeworfenen Sachverhalte betreffen die Jahre 2004 bis 2012. Seitdem ist das Doppelbesteuerungsabkommen mit Frankreich angepasst und der automatische Informationsaustausch eingeführt worden. Welche Themen beschäftigen die hiesige Finanzbranche aktuell?

Der schweizerische Finanzsektor befindet sich gegenwärtig in einer schwierigen Umbruchsphase, die durch die Zinspolitik der Zentralbanken zusätzlich verschärft wird. Der Umbruch und insbesondere die neuen Technologien werden zum Umbau der bestehenden Geschäftsmodelle führen. Ich bin zuversichtlich, dass dieser Umbau rechtzeitig gelingen wird. Und welche aktuellen Entwicklungen stellen Sie bezüglich M&A in der Schweiz und im Ausland fest? Global gibt es gegenwärtig weniger Megadeals. Dies ist auf drei Faktoren zurückzuführen. Erstens besteht eine grosse Unsicherheit im heutigen politischen Umfeld wegen Brexit und den Handelsstreitigkeiten. Zweitens ist das regulatorische Umfeld schwieriger geworden. Insbesondere Wettbewerbsbehörden sind bei Megadeals kritischer geworden. Schliesslich zeigt der M&A-Protektionismus Folgen z.B. in den USA, Deutschland, dem Vereinigten Königreich und der EU. In der Schweiz hat sich der Bundesrat gegen solche protektionistischen Massnahmen ausgesprochen. In der Schweiz stellen wir gegenwärtig eine rege M&A-Tätigkeit fest, z.B. die Übernahme von UPC durch Sunrise, bei der wir Sunrise vertreten konnten. Weiter gibt es grosse Aktivitäten im Logistikbereich, wo derzeit ein hoher Veränderungsdruck besteht, z.B. CEVA, Panalpina. Kürzlich durfte Lenz & Staehelin in London den «Law firm of the year – Switzerland»Award entgegennehmen. Erneut. Solche Awards sind wichtig für uns. Sie reflektieren die Anerkennung unserer guten Arbeit durch unsere Klienten und den Markt im Allgemeinen. Sie sind seit 2015 «Managing Partner» bei Lenz & Staehelin. Welches sind die grossen Veränderungen gegenüber Ihrer vorherigen Stellung im Unternehmen? Bei uns werden die Managing Partner durch die Partnerschaft für vier Jahre gewählt. Die Wahl stellt einen grossen Vertrauensbeweis dar. Sie verändert den bisherigen Aufgabenbereich sehr stark. Ich verwende nur noch 50 Prozent meiner Arbeitszeit für die Beratung von Klienten. Die anderen 50 Prozent verwende ich für Managementaufgaben. Der Managing Partner einer Anwaltskanzlei ist kein CEO, da alle Partner gleichberechtigte Partner sind.

Der Führungsstil basiert deshalb auf Konsens und Überzeugung. Die Teamarbeit steht im Vordergrund. Die Digitalisierung verändert klassische Industrien, schafft neue Unternehmensfelder und krempelt unser Verständnis von Privatsphäre um. Das führt auch zu neuen Rechtsfragen. Vergangenes Jahr war hierzu bspw. die DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) ein grosses Thema. Welches sind die zentralen rechtlichen Themen, die aufgrund der Digitalisierung noch auf Sie und Ihre Kollegen zukommen werden? Die Digitalisierung ist in der Tat einer der Megatrends in der Rechtsentwicklung. Die europäische Datenschutz-Grundverordnung hat direkte Auswirkungen auf alle international ausgerichteten schweizerischen Unternehmen, vor allem solche mit einem Geschäftsmodell, das auf Daten basiert. Deshalb beraten wir heute Klienten direkt zu europäischem Recht. Datenschutz wird in der Zukunft das grosse zentrale Thema sein. Die dynamische Rechtsentwicklung und die hohe Komplexität verlangen ein Team von Spezialisten, das wir natürlich bei unserer Grösse haben. Und inwiefern wird eine Kanzlei wie die Ihre von der Digitalisierung erfasst – werden wir z.B. bald den «Virtual Lawyer» haben? Den «Virtual Lawyer» wird es nicht geben. Das Thema ist der «Enhanced Lawyer». Anwälte werden vermehrt die neuen Technologien einsetzen. Wir konzentrieren uns auf Suchtechnologien, die wir jetzt schon bei internen Untersuchungen für Klienten einsetzen. Daneben wird es «Drafting Tools» geben, die sich primär an Inhouse-Juristen und allgemein praktizierende Anwälte richten. Hier steht mit Approovd.com der erste Schweizer Anbieter am Start. Blockchain-Technologie sowie Kryptowährungen sind in aller Munde, verursachen aber auch viel Unsicherheit. Welches Vorgehen empfehlen Sie Mandanten hierzu? Wir müssen Blockchain-Technologie und Kryptowährungen auseinanderhalten. Kryptowährungen sind ein Anwendungsfall der Blockchain-Technologie. Kryptowährungen haben meiner Ansicht nach schon aus regulatorischen Gründen wenig Zukunft. Dagegen hat die Blockchain-Technologie sicherlich langfristig Chancen. Wir konzentrieren uns sehr stark auf diese Themen. So sind

wir Gründungspartner der Capital Market and Technology Association (CMTA), in der die École Polytechnique Fédéral de Lausanne (EPFL) und Industriepartner vertreten sind und sich zum Ziel gesetzt haben, die Verwendung der Blockchain-Technologie im Finanzmarkt zu erleichtern. Präsident der Vereinigung ist mein Partner Jacques Iffland. Wie stellen Sie sicher, dass Sie über die besten Nachwuchskräfte verfügen – gerade angesichts der Tatsache, dass sich der Rechtsbereich wandelt? Bei der Rekrutierung von Nachwuchskräften ist die Attraktivität des Arbeitgebers zentral. Wir bieten unseren Juristinnen und Juristen die Möglichkeit, in modernen Büros mit den neuesten technologischen Mitteln in einem internationalen Umfeld an aktuellen Rechtsfragen zu arbeiten und im Team belastbare Lösungen für Klienten effizient zu erarbeiten. Wir wurden durch das Institut Universum zum attraktivsten privaten Arbeitgeber für Juristen gewählt. Welche Ratschläge haben Sie für junge Menschen, die mit dem Gedanken spielen, eine Anwaltskarriere einzuschlagen? In der Vergangenheit haben viele Maturanden den Juristenberuf durch negative Auswahl gewählt. Das geht heute für Anwälte nicht mehr. Es braucht Interesse an der Rechtsordnung, Passion und Einsatzbereitschaft. Wenn sie das mitbringen, können sie auch heute getrost den Anwaltsberuf wählen.

ÜBER LENZ & STAEHELIN Lenz & Staehelin gilt als die führende Anwaltskanzlei der Schweiz. Mit mehr als 200 Juristen ist die Kanzlei in der Lage, innovativ zu sein und sich an die sich ständig verändernden rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen anzupassen, sowohl in der Schweiz als auch international. Aus diesem Grund vertrauen viele der weltweit führenden Unternehmen sowie Privatpersonen ihre Rechtsangelegenheiten den Expertinnen und Experten von Lenz & Staehelin an. Weitere Informationen finden Sie unter www.lenzstaehelin.com


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BRATSCHI AG BRANDREPORT

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«Ziel ist es, bereits bei den Vertragsverhandlungen dafür zu sorgen, dass Streitigkeiten gar nicht auftreten» Bei «Dispute Resolution» geht es darum, Streitigkeiten zu lösen – aber auch zu verhindern. Dazu sei wichtig, den Rechtsbeistand möglichst früh zu involvieren, sagt Sandra De Vito Bieri, LL.M. Rechtsanwältin und Partnerin bei Bratschi AG, Rechtsanwälte. Frau De Vito Bieri, wofür steht «Dispute Resolution»? Darunter subsumieren wir alle Aspekte, welche wir für unsere Klienten abdecken, um eine Streitigkeit zu lösen. Von Vorteil werden wir dabei bereits früh involviert, also am besten noch während der Vertragsverhandlungen. Wenn sich zum Beispiel bei der Abwicklung eines Vertrages ein Problem abzeichnet und uns dies der Klient sogleich meldet, können wir die weiteren Handlungen des Klienten so steuern, dass er im Falle einer Eskalation sowohl in Vergleichsgesprächen als auch vor Gericht – sei dies vor einem staatlichen oder vor einem Schiedsgericht – die bestmöglichen Karten hat. Was ist der Unterschied zwischen einem Schiedsgericht und einem staatlichen Gericht? Im Vergleich zu einem staatlichen Gericht wird ein Schiedsgericht durch Parteivereinbarung eingesetzt. Nehmen wir ein Beispiel: Eine Partei A aus Spanien und eine Partei B aus der Schweiz schliessen einen Joint Venture Vertrag für die gemeinsame Erstellung und den Betrieb von Wasserkraftwerken in Spanien. Im Falle eines Streites möchte nun aber weder die Partei A diesen vor einem staatlichen Gericht in der Schweiz austragen, noch möchte die Partei B vor ein Gericht in Spanien vorgeladen werden. Bei Vertragsabschluss einigen sie sich demnach auf die Einsetzung eines Schiedsgerichts mit zum Beispiel Sitz in Zürich. Der grösste Unterschied zum staatlichen Gericht besteht darin, dass die Parteien die Schiedsrichter selbst auswählen können. Ein weiterer wichtiger Unterschied ist, dass die Parteien das Verfahren selber festlegen können, sodass sie die einzelnen Schritte, die Sprache, die Beweismittel etc. den konkreten

Umständen ihres Falles anpassen können. Dies ergibt eine grosse Flexibilität, welche insbesondere in internationalen Kontexten sehr wichtig ist, um möglichst schnell und effizient die Lösung des Streites herbeizuführen. Und welche Kriterien sind bei der Wahl des Verfahrens massgebend? Sobald eine ausländische Partei involviert ist, lohnt sich eine genauere Analyse. Dann kommt es auch darauf an, in welcher Sprache der Vertrag verfasst ist. Denn vor einem staatlichen Gericht zum Beispiel in Zürich, müssen die Verfahren auf Deutsch geführt werden, was zu erheblichen Übersetzungskosten führen kann. Grundsätzlich empfehle ich bei Verträgen zwischen zwei Schweizer Gesellschaften keine Schiedsklausel, da diese handelsrechtlichen Streitigkeiten sehr gut zum Beispiel vor dem Handelsgericht Zürich verhandelt werden können. Lohnt sich eine Einigung über ein Schiedsgericht, wenn ein Unternehmen im Recht ist und dieses auch von jedem staatlichen Gericht zugesprochen bekäme? Das ist die Crux: Bei Abschluss eines Vertrages wie zum Beispiel eines Lizenz-, Agentur- oder Werkvertrages, wissen Sie nicht, ob Sie bei auftretenden Streitigkeiten im Recht sein werden oder nicht. Das heisst als Unternehmen haben Sie ein Interesse, dass Sie einen Streitbeilegungsmechanismus wählen, welcher Ihnen die grösstmögliche Flexibilität lässt und dennoch innert nützlicher Frist eine Lösung herbeiführt. Häufig ist es sogar so, dass der Streit unternehmerisch gesehen nur eine Momentaufnahme darstellt, und die Parteien die Vertragsbeziehung eigentlich weiterführen möchten. Deshalb bedeutet Dispute Resolution auch immer,

sämtliche Interessen des Unternehmens zu berücksichtigen und in die strategischen Überlegungen einzubauen. Gemäss der International Chamber of Commerce (ICC) wird in einem Mediationsverfahren in rund 75 Prozent der Fälle der Streit mittels Vergleich beendet. Wie sehen Sie das? Die Mediation ist ebenfalls ein wichtiges Instrument in der «Dispute Resolution». Sie unterscheidet sich von Gerichtsverfahren dadurch, dass der Streit vor einem Mediator diskutiert wird. Dabei werden zwar rechtliche Aspekte ebenfalls vorgebracht, aber sie bilden nicht den alleinigen Fokus der Verhandlungen. Vielmehr versucht der Mediator im Gespräch mit den Parteien eine Einigung zu erzielen. Der Mediator hat aber keine Spruchbefugnis und kann den Streit schlussendlich nicht entscheiden. Mangels Einigung müssen die Parteien dann den Gerichtsweg beschreiten. Ist denn ein Vergleich im Rahmen eines Schiedsgerichts rechtlich durchsetzbar? Ein Vergleich braucht häufig keine Durchsetzungsmassnahmen, wenn er richtig aufgesetzt ist. Abgesehen davon können die Parteien den Vergleich im Schiedsurteil festhalten lassen. Dieses Schiedsurteil ist, gestützt auf das New York Übereinkommen, praktisch weltweit durchsetzbar. Was empfehlen Sie einem Schweizer Unternehmen, das mit einem Lieferanten aus China Probleme hat? Grundsätzlich adressieren wir mögliche Probleme bereits während der Vertragsverhandlungen. Nach gut 20 Jahren in der Dispute Resolution habe ich viel Know-how erworben, wie man Streitigkeiten und Probleme schon gar nicht

Sandra De Vito Bieri «One of the best laywers in Switzerland» (Who's Who Legal 2018) Partnerin, Mitglied des Verwaltungsrats Co-Leiterin Schiedsverfahren

auftreten lässt. In der von Ihnen erwähnten Konstellation würde ich dem Klienten im Vertrag mit der Chinesischen Partei wohl zu einer Schiedsklausel raten aus den vorher erwähnten Vorteilen. Aber genauso wichtig ist es, sich bei Vertragsabschluss über die Vermögenslage des Vertragspartner Klarheit zu verschaffen und über die Staaten, in welchen der Vertragspartner über Vermögen verfügt. Entsprechend gut ausgerüstet ist man dann im Falle eines Streites. Und damit zeigt sich, weshalb es so wichtig ist, «Litigators», also Streitbeilegungsspezialisten, möglichst früh zu involvieren: Weil sie Streit verhindern bzw. den Klienten in die Pole Position versetzen können. Ein entscheidender strategischer Vorteil in jedem Streit.

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HÖHERE WIRTSCHAFTSSCHULE GRAUBÜNDEN BRANDREPORT

Dipl. Rechtsfachfrau HF/Dipl. Rechtsfachmann HF – die Schnittstelle zu Juristen «Das Bedürfnis nach internem juristischem Fachwissen nimmt ständig zu», bestätigt Anton Rettich, der bei einer Gemeindebehörde in Chur tätig ist. Er hat vor fünf Jahren den «HF Recht» absolviert und beantwortet Fragen zu Rechtsthemen und zum neuen Bildungsgang «HF Recht» an der Höheren Wirtschaftsschule Graubünden. Anton Rettich, sind Verwaltungen und Unternehmen zunehmend mit rechtlichen Fragestellungen konfrontiert? Vor allem die Gemeindebehörden sind es, die sich im Vergleich zu früher mit einer sich häufenden Anzahl rechtlicher Fragestellungen auseinandersetzen müssen. Ich glaube, dass dieser Trend einem gesellschaftlichen Wandel entspricht. Früher konnte ein Gespräch am Stammtisch, auf dem Dorfplatz oder im Verein die Lösung bringen. Diese sozialen Möglichkeiten sind heute weniger vorhanden. Man geht daher rascher zur Anwaltschaft, um persönliche Interessen zu wahren. Werden (behördliche) Entscheide oder Anordnungen kritischer hinterfragt als früher? Ja, ich glaube schon. Dinge zu hinterfragen ist grundsätzlich auch richtig für eine gut funktionierende Gesellschaft. Hinzukommt, dass eine viel grössere Informationstransparenz herrscht, als früher. Man findet im Netz viele Informationen und Tipps zu Rechtsfragen. Aber ohne juristisches Hintergrundwissen nützt diese Transparenz nicht viel. Aus meiner beruflichen Erfahrung kann ich sagen, dass die Menschen immer besser über ihre Rechte Bescheid wissen. Dies führt automatisch dazu, dass Unternehmen und Verwaltungen ihre Handlungen vermehrt juristisch prüfen und absichern, bevor sie diese umsetzen. Was macht ein Betrieb, der kein juristisch ausgebildetes Personal hat? Bei rechtlichen Fragestellungen wendet man sich üblicherweise an eine/n externe/n Juristen-/in und versucht die betriebliche Fragestellung mit ihm/ihr zu klären. Das kann zeit- und kostenintensiv sein. Oftmals wendet man sich erst dann an eine Anwaltskanzlei, wenn es brenzlig wird. Schliesslich verfügt nicht jedes Unternehmen oder jede Verwaltung über eine interne Rechtsabteilung, dies schon rein aus Kostengründen. Ich frage mich manchmal, wie andere eine professionelle Schnittstelle zu externen Juristen-/innen

sicherstellen. Was oft intern fehlt, sind erfahrene Berufsleute mit einem fundierten rechtlichen Wissen. Denn gut ausgebildete Berufsleute stellen schon am Anfang die «Weichen», damit ein Geschäft/Verfahren den gewünschten Verlauf nimmt. Damit kann verhindert werden, wie man so schön sagt, dass das «Pferd von hinten aufgezäumt wird». Sie haben vor einigen Jahren die Weiterbildung zum dipl. Rechtsfachmann HF absolviert. Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit mit Juristen-/innen? Ich fühle mich heute als kompetenter Ansprechpartner um mit einem Juristen/einer Juristin rechtliche Fragestellungen zu besprechen. Ich stelle auch fest, dass die Arbeitsaufteilung zwischen intern rechtlich ausgebildetem Personal, d.h. mir, und beispielsweise einem externen Juristen-/in beide Seiten wirksam entlastet. Ich bringe quasi das branchenspezifische Wissen, die betriebliche

Erfahrung und juristische Mitsprachekompetenz ein. Die Anwaltschaft das juristische Fachwissen und Prozesserfahrung. Wäre z.B. für meine alltägliche Arbeit kein internes juristisches Know-how vorhanden, müssten sich Externe mühsam durch die Details kämpfen. Dank meiner Ausbildung kann ich rechtliche Fragestellungen ganzheitlicher betrachten und komplexe Fälle frühzeitig bearbeiten. Ich betrachte mich als eine professionelle Schnittstelle zu Juristen und Anwälten. An der Höheren Wirtschaftsschule Graubünden startet am 23. August der Bildungsgang «HF Recht». Sie sind als «HF-Recht»-Absolvent involviert. Wieso? Ich wurde von den Verantwortlichen der Höheren Wirtschaftsschule Graubünden vor einiger Zeit angefragt, ob ich meine Erfahrung im Aufbau einbringen könne, weil sie den Praxisbezug bereits im Aufbau sicherstellen wollen.

Zudem bin ich überzeugt, dass dieses Angebot im Kanton Graubünden einem wachsenden Bedürfnis entspricht – für Unternehmen, wie die Verwaltung. Und aus eigener Erfahrung weiss ich es zu schätzen, wenn die Reisezeit nicht mehr über zwei Stunden in Anspruch nimmt und freue mich, dass es dieses Angebot neu auch in Chur gibt. Welche Voraussetzungen muss jemand für diese Ausbildung mitbringen? Wichtig ist die Bereitschaft, ein praxisorientiertes Verständnis im Zivilrecht, Strafrecht, Handels- und Wirtschaftsrecht, im Staats- und Verwaltungsrecht sowie im Prozessrecht zu erwerben. Es spielt weniger eine Rolle ob man in führender oder in operativen Funktionen in einem Unternehmen, resp. in der Verwaltung arbeitet. Man sollte im Berufsalltag rechtliche Fragestellungen bearbeiten und regelmässig mit internen oder externen Juristen-/innen zu tun haben. Die formellen Voraussetzungen sowie die Zulassung werden in Beratungsgesprächen abgeklärt. INTERVIEW MARTIN BUNDI, VRP DER HWSGR

HF Recht in Chur An der Höheren Wirtschaftsschule Graubünden startet der Lehrgang am 23. August 2019 und dauert 3 Jahre. Die Unterrichtstage sind am Freitag von 13:15 – 20:30 und am Samstag von 09:00 – 12:15 Uhr. Erfolgreiche Absolventen führen den Titel dipl. Rechtsfachmann HF/dipl. Rechtsfachfrau HF. www.hwsgr.ch, info@hwsgr.ch, 081 258 40 00


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ARBEITSRECHT

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Müssen ältere Arbeitnehmende gesetzlich geschützt werden? Wer im Alter zwischen 50 und 60 Jahren seine Arbeitsstelle verliert, ist nicht mehr vermittlungsfähig, so die weitläufige Meinung. Muss man diese Altersgruppe rechtlich schützen?

TEXT GEROLD BRÜTSCH-PRÉVÔT

S

o selbstbewusst, lebensfreudig und zufrieden über 50-Jährige grundsätzlich mit ihrem Leben sind, so kritisch stehen sie ihrem Alter gegenüber, wenn es um den Job geht. Und das, obwohl man auch mit 70 Jahren noch Präsident der USA werden, mit bald 80 Jahren die Strategie der stärksten Schweizer Partei vorgeben kann und das durchschnittliche Alter der CEOs in der Schweiz bei rund 53 Jahren liegt. Und auch die Arbeitslosigkeit ist in diesem Alterssegment tiefer als bei den 20 bis 30-Jährigen. Ausserdem entschärft die Überalterung der Gesellschaft das Problem mehr und mehr – ganz einfach, weil in ein paar Jahren junge Fachkräfte immer rarer werden. Kündigungsschutz gefordert Tatsächlich werden die älteren Stellensuchenden immer noch oft ausgeschlossen, obwohl die Bundesverfassung eine Diskriminierung wegen Herkunft, Rasse, Geschlecht oder Alter verbietet. Das beispielsweise, wenn in einer Stellenanzeige ein Mitarbeiter zwischen 30 und höchstens 40 Jahren gesucht wird. Braucht es deshalb Gesetze, die ältere Arbeitnehmer schützen? Gewerkschaften, Interessenvertreter der Generation 50 plus und auf das Arbeitsrecht spezialisierte Anwälte fordern einen besonderen Schutz für die ältere Generation. Konkret meinen sie damit einen Kündigungsschutz oder wenigstens längere Kündigungsfristen. Könnte sich das nicht als Bumerang erweisen, weil die Unternehmen dann gar kein älteres Personal mehr einstellen, weil man sie nicht mehr los wird? Die Arbeitgeber lehnen den Ausbau des Kündigungsschutzes auf gesetzlicher Ebene ab. Es wird darauf hingewiesen, dass das Bundesgericht bereits bei mehreren Entscheiden festgehalten hat, dass für langjährige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schon heute ein spezieller Schutz gelte. Auch der Bund findet einen gesetzlichen Kündigungsschutz nicht nötig und verweist auf Beispiele in der Wirtschaft. So sei seit rund zehn Jahren im Gesamtarbeitsvertrag (GAV) der Basler Chemie- und Pharmaindustrie eine Kündigungsfrist ab 45 Jahren von sechs statt drei Monaten festgehalten, die ab 55 auf zwölf Monate erhöht werden könne.

Auf eigene Stärken setzen Von Gesetzes wegen wird sich in den nächsten Jahren nicht viel ändern – ein besonderer Schutz wird es für ältere Arbeitnehmende auch in Zukunft eher nicht

geben. In den liberalen Wirtschaftskreisen sind staatliche Vorgaben und Regeln nicht gerne gesehen. Der Markt soll es richten. Abwarten und auf gesetzlichen Schutz warten ist also nicht die richtige Strategie. Besser ist es, sich auf die Stärken zu besinnen, auf die

immense berufliche Erfahrung und die Sozialkompetenz. Ältere sind ungebundener als Jüngere, haben die Familienplanung abgeschlossen und sind deshalb entspannter. Allzu oft resignieren ältere Arbeitssuchende zu früh und bewerben sich gar nicht erst auf

In den liberalen Wirtschaftskreisen sind staatliche Vorgaben und Regeln nicht gerne gesehen.

eine ausgeschriebene Stelle, weil sie denken, sie seien dafür sowieso zu alt. Dabei haben sie gerade in KMU gute Chancen auf Anstellung. Wichtig ist bei der Jobsuche, die positiven Eigenschaften und die eigenen Vorteile herauszustreichen. Denn Arbeitgeber wissen genauso, dass es nicht primär die Lebensjahre sind, die einen motivierten Mitarbeiter ausmachen. Das zeigt auch die Statistik: Es sind nicht in erster Linie ältere Arbeitnehmende, die stellenlos sind. Entscheidend für den Arbeitsverlust sind andere Faktoren wie Branche, Geschlecht und vor allem die Ausbildung. Ältere Akademiker sind zum Beispiel die Gruppe mit der geringsten Arbeitslosenrate. Babyboomer sind nun 50 plus Auch das SECO (Staatssekretariat für Wirtschaft) beschäftigt sich mit älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und hat dieses Thema letztes Jahr an einer nationalen Konferenz aufgegriffen. Dabei wurde davon ausgegangen, dass die Bedeutung von älteren Arbeitskräften für den Schweizer Arbeitsmarkt in den kommenden Jahren weiter wachsen wird. Hinter diesem Trend steht einerseits die demografische Entwicklung – der bevölkerungsstärkste Jahrgang der Schweiz hat 2014 das 50. Altersjahr erreicht und die sogenannten Babyboomer gehören nach und nach zu den älteren Arbeitnehmenden. Hinzu kommen auch qualitative Veränderungen. Die älteren Arbeitskräfte sind besser ausgebildet als noch vor zehn Jahren. So kommt auch das SECO zum Schluss, dass ältere Arbeitskräfte insgesamt einen sehr wichtigen Beitrag zur Deckung der wachsenden Fachkräftenachfrage in der Schweiz leisten. Eine Frage des Willens Alles kann nicht dem Staat überlassen werden. Natürlich kann er Druck aufsetzen, dass die Sozialpartner mehr in ältere Arbeitnehmende investieren. Doch über allen Gesetzen und Regelungen steht der Wille, für dieses Segment Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen. Die Vermittlungsversuche der Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) fruchten nicht, wenn sich keine Unternehmen finden lassen, die auch ältere Arbeitnehmende einstellen und entsprechend fördern. Es muss Teil der Unternehmensstrategie sein, diese einzugliedern und damit vorzubeugen, dass Fachkräfte nicht unfreiwillig aus dem Arbeitsprozess ausscheiden müssen oder sich vorzeitig pensionieren lassen.


E I N E P U B L I K AT I O N V O N S M A R T M E D I A

ZUERICH LAW RECHTSANWÄLTE BRANDREPORT

019

Die Tücken des Arztzeugnisses Die Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers spielt im Arbeitsrecht eine bedeutende Rolle. Ihr Nachweis obliegt dem Arbeitnehmer, der zu diesem Zweck in aller Regel ein Arztzeugnis vorlegt. Dieses wirft allerdings oftmals mehr Fragen auf, als es beantwortet.

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ie Arbeitsunfähigkeit zieht verschiedene Rechtsfolgen nach sich. Wer ohne sein Verschulden arbeitsunfähig ist, hat Anspruch auf Lohnfortzah lung (Art. 324a und b OR). Der Arbeitgeber darf sodann nach Ablauf der Probezeit das Arbeitsverhältnis während einer bestimmten von der Dauer des Arbeitsverhältnisses abhängigen Frist nicht kündigen, wenn der Arbeitnehmer ohne sein eigenes Verschulden an der Arbeitsleistung ganz oder teilweise verhindert ist (Art. 336c Abs. 1 lit. b OR). Auch Ferien müssen eventuell nachgewährt werden, wenn der Feriengenuss aufgrund einer während der Ferien auftretenden Arbeitsunfähigkeit nicht gewährleistet ist. Definition der Arbeitsunfähigkeit Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn die Erbringung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung unmöglich (z.B. im Falle einer Grippe) oder unzumutbar ist (z.B. keine Verpflichtung des Arbeitnehmers, einen zwar aufschiebbaren, aber notwendigen medizinischen Eingriff in die Ferien zu verlegen). Die Arbeitsunfähigkeit ist stets funktionsbezogen, mit Blick auf die konkret geschuldete Arbeitsleistung, zu beurteilen. Ein Büroangestellter kann seine Arbeitsleistung auch mit einem verstauchten Fuss erbringen, der Bauarbeiter dagegen nicht. Spezialfall arbeitsplatzbezogene Arbeitsunfähigkeit Eine arbeitsplatzbezogene Arbeitsunfähigkeit ist gegeben, wenn der Arbeitnehmer an der Erbringung seiner konkret geschuldeten Arbeitsleistung bei seinem Arbeitgeber verhindert ist, aber an einem anderen Einsatzort oder bei einem anderen Arbeitgeber vollständig einsatzfähig wäre. Demgegenüber liegt eine generelle Arbeitsunfähigkeit dann vor, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung unabhängig vom Arbeitgeber und vom Einsatzort nicht erbringen kann.

Die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers wird durch eine arbeitsplatzbezogene Arbeitsunfähigkeit nicht tangiert (von Leistungen der Krankentaggeldversicherungen einmal abgesehen). Im Gegensatz zu einer generellen Arbeitsunfähigkeit löst die arbeitsplatzbezogene Arbeitsfähigkeit aber keinen zeitlichen Kündigungsschutz aus. Begründet wird das Ausbleiben des Kündigungsschutzes mit der Fähigkeit des Arbeitnehmers, während der Kündigungsfrist bei einer bloss arbeitsplatzbezogenen Arbeitsunfähigkeit problemlos eine andere Anstellung zu suchen und anzutreten. Nachweis der Arbeitsunfähigkeit durch den Arbeitnehmer / Zweifel an Arztzeugnissen Die Beweislast für das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit obliegt vollumfänglich dem Arbeitnehmer, der zu diesem Zweck ein Arztzeugnis vorlegt. Die Gerichte stellen in der Regel darauf ab, sofern nicht begründete Zweifel bestehen. Solche begründeten Zweifel können dann auftauchen, wenn nacheinander Arztzeugnisse von verschiedenen Ärzten eingereicht werden («Doc shopping»), bei Ferndiagnosen (z.B. aufgrund eines Telefonats, ohne Untersuchung des Arztes), wenn das Zeugnis keine Mindestdauer der Arbeitsunfähigkeit enthält («bis auf Weiteres»), wenn das Zeugnis keine eigenhändige Unterschrift des Arztes und/oder kein Behandlungsbzw. Untersuchungsdatum trägt oder wenn eine übermässige Rückdatierung vorliegt (mehr als sieben Tage). Die Ärztegesellschaft Zürich empfiehlt, rückwirkende Zeugnisse mit dem Vermerk «nach Angabe des Patienten» zu versehen und längstens für eine Woche rückwirkend auszustellen unter Angabe des Zeitpunktes der Behandlung. Allerdings kann im Einzelfall eine längere Rückdatierung durchaus plausibel sein, etwa wenn der Arbeitnehmer bereits seit längerem arbeitsunfähig ist

und bei demselben Arzt in Behandlung ist oder bei schweren Krankheiten. Rückfragen beim Arzt und vertrauensärztliche Untersuchung Ärzte sind an das Arztgeheimnis gebunden und dürfen keine Diagnose bekannt geben. Arztzeugnisse sind deshalb nicht besonders aussagekräftig. Es fehlen brauchbare Angaben über die Verwertung einer allfälligen Restarbeitsfähigkeit und darüber, was unter eine Teilarbeitsunfähigkeit wirklich zu verstehen ist. Solche Unklarheiten können durch Rückfragen beim Arzt beseitigt werden. Der Arzt darf dem Arbeitgeber z.B. mitteilen, ob eine generelle oder eine arbeitsplatzbezogene Arbeitsunfähigkeit vorliegt, wie eine 50-prozentige Arbeitsunfähigkeit tatsächlich zu verstehen ist und ob er den Arbeitnehmer klinisch untersucht oder lediglich eine Ferndiagnose gestellt hat. Wenn begründete Zweifel an der Richtigkeit eines Arztzeugnisses bestehen, ist der Arbeitgeber berechtigt, auf eigene Kosten eine vertrauensärztliche Untersuchung zu verlangen. Die Anordnung einer solchen Untersuchung

beim Vertrauensarzt ist nach Lehre und Rechtsprechung sogar dann zulässig, wenn sie vertraglich nicht explizit vorgesehen ist (Treuepflicht des Arbeitnehmers). Falls sich der Arbeitnehmer der Untersuchung verweigert, kann sich der Arbeitgeber auf den Standpunkt stellen, dass die Arbeitsunfähigkeit – trotz Arztzeugnis – nicht belegt ist, und den Arbeitnehmer zur Arbeit auffordern. Kommt der Arbeitnehmer dieser Aufforderung nicht nach, darf der Arbeitgeber die Lohnzahlung einstellen.

Rahel Bächtold lic. iur. Rechtsanwältin Fachanwältin SAV Arbeitsrecht E: baechtold@zuerichlaw.ch

Harry F. Nötzli Dr. iur. Rechtsanwalt Fachanwalt SAV Arbeitsrecht E: noetzli@zuerichlaw.ch

Über Zuerich Law Rechtsanwälte Einer der Schwerpunkte von Zuerich Law Rechtsanwälte ist die Beratung und die Prozessführung im Bereich privates und öffentliches Arbeitsrecht. Drei Fachanwälte SAV Arbeitsrecht betreuen die Klientinnen und Klienten kompetent und umfassend.

Susanne Raess Dr. iur. Rechtsanwältin Fachanwältin SAV Arbeitsrecht E: raess@zuerichlaw.ch

www. zuerichlaw.ch Limmatquai 52, 8001 Zürich

NIEVERGELT & STOEHR ADVOKATUR AG BRANDREPORT

«Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie Ausländer Wohneigentum in der Schweiz erwerben können» Wer als Ausländer in der Schweiz Wohneigentum erwerben will, muss sich mit der Lex Koller und dem Zweitwohnungsgesetz auseinandersetzen. Worum es geht und welche Ausnahmefälle es gibt, erklären Claudia Nievergelt Giston und Andrea-Franco Stöhr, Rechtsanwälte bei Nievergelt & Stoehr Advokatur AG, im Interview. Ganz kurz zur Einführung in das Thema für unsere Leser und Leserinnen: Was regelt die Lex Koller? Die Lex Koller regelt im Grundsatz die Zulässigkeit des Erwerbs von Wohneigentum durch Personen im Ausland. Dazu kommt das Zeitwohnungsgesetz (ZWG), das die Zulässigkeit neuer Wohnungen und Änderungen bestehender Wohnungen in Gemeinden mit einem Zweitwohnungsanteil von über 20 Prozent regelt. Gibt es in diesem Gesetz Widersprüche zur Lex Koller oder ist es eine Ergänzung? Im Grundsatz regeln die Gesetze unterschiedliche Sachverhalte. Zum einen regelt die Lex Koller den Erwerb von Liegenschaften durch Personen im Ausland und zum andern das ZWG den Zweitwohnungsanteil in den Gemeinden. Die Lex Koller soll eine Überfremdung des einheimischen Bodens (Stichwort: Ausverkauf der Heimat!) verhindern, während ZWG die Erstellung von weiteren Zweitwohnungen in Gemeinden mit mehr als 20 Prozent Zweitwohnungsanteil verbietet. Trotzdem kommt es bei den Gesetzen zu Überschneidungen. Ein erstes Problem besteht darin, dass sich der im Bewilligungsgesetz (Lex Koller) verwendete Begriff der Zweitwohnung (und auch der Ferienwohnung) nicht mit dem im ZWG verwendeten Begriff der Zweitwohnung deckt. Die Lex Koller versteht unter einer Zweitwohnung eine Wohnung, die ein Staatsangehöriger eines EU-/EFTA-Mitgliedstaates als Grenzgänger in der Region des Arbeitsortes erworben hat. Solche Wohnungen können aber unter Umständen auch als den Erstwohnungen gleichgestellte Wohnungen im Sinne des ZWG gelten und sind damit nicht Zweitwohnungen im Sinne des ZWG. Zudem unterscheiden sich die beiden Gesetze auch in der Berechnung der massgebenden Wohnfläche. So ist im ZWG jeweils von der Hauptnutzfläche (HNF), in der

Lex Koller bzw. in der Verordnung zum Bewilligungsgesetz jedoch von der Nettowohnfläche (NWF) die Rede. Möchte nun eine Person im Ausland eine neue Ferienwohnung (eine Zweitwohnung im Sinne des ZWG) kaufen, ist ein solcher Erwerb bei einer Wohnung mit einer NWF von bis zu 200 m2 grundsätzlich bewilligungsfähig. Wenn nun aber ein Ausländer eine Ferienwohnung (=Zweitwohnung i.S. des ZWG) erwerben möchte, stellt sich die Frage, ob sich die Wohnfläche nach der Lex Koller oder aber nach dem ZWG berechnet. In St. Moritz beispielsweise geht man davon aus, dass neben der Tourismuskrise vor allem die Annahme Zweitwohnungsinitiative zu Abwanderungen geführt hat. Was sagen Sie zu dieser Aussage? Diese Aussage trifft nicht wirklich zu. Seit der Annahme der Zweitwohnungsinitiative im 2012 hatte sich der Immobilienmarkt abgekühlt. Deshalb ist es beispielsweise in der Baubranche zu Entlassungen gekommen ist. Von einer eigentlichen Abwanderung zu sprechen, scheint aber übertrieben. Vorerst darf festgestellt werden, der Tourismus in der Region Oberengadin hat sich wieder erholt. Zudem wird die bestehende Bausubstanz renoviert und es wird in Hotels und touristisch bewirtschaftete Wohnungen investiert. Die Nachfrage für solche touristisch bewirtschaftete Wohnungen ist aber gering, da die damit einhergehenden Einschränkungen (in der Regel nur 3-wöchgige Eigenbelegung während der Hochsaison. Vermietungspflicht etc.) viele Käufer abschrecken. Überspitzt gesagt wollen viele potentielle Käufer nicht mehrere Millionen für eine Wohnung ausgeben, in welcher dann Fremde übernachten. Wie kommt es, dass im Oberengadin beispielsweise in St. Moritz immer noch Wohnungen an Personen im Ausland verkauft werden?

In St. Moritz hat man beispielsweise die Einschränkung des zur Verfügung stehenden Kontingents für Wohnungen, die an Ausländer verkauft werden dürfen, aufgehoben. Das in der Hoffnung, dass der Immobilienmarkt dadurch wieder anzieht. Auch hier zieht der Markt, insbesondere im Luxussegment, wieder an. Das hängt wohl einerseits damit zusammen, dass sich die finanzielle Situation von vielen potenziellen Käufern verbessert hat. Anderseits spielt aber auch die Klimaerwärmung eine Rolle. Denn im Sommer sind die Temperaturen im Engadin angenehm, im Winter hat man Schneesicherheit – immer mehr Ausländer haben das erkannt, was dazu führt, dass die Nachfrage nach Immobilien wieder ansteigt. Welchen Bedingungen müssen erfüllt sein, damit der Erwerb von Wohneigentum durch Personen im Ausland in der Schweiz möglich ist? Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Eine ist, dass der Ausländer eine Ferienwohnung mit einer Nettowohnfläche bis 200 m2 erwirbt, ohne einen Wohnsitz in der Schweiz zu begründen. Ein solcher Erwerb ist grundsätzlich bewilligungsfähig. Eine weitere Option besteht darin, dass der EU/ EFTA-Ausländer Wohnsitz in der Schweiz nimmt. Dadurch ist er grundsätzlich frei, Wohneigentum zu erwerben. Andere Ausländer müssen für den bewilligungsfreien Erwerb von Wohneigentum zudem über eine Niederlassungsbewilligung C verfügen. Schliesslich haben die Gemeinden noch die Möglichkeit, VIP-Bewilligungen zu erteilen. Damit wird es einem Ausländer ermöglicht, eine Zweitwohnung ohne Wohnsitznahme in der Schweiz zu erwerben. Erforderlich dafür ist, dass der Ausländer aussergewöhnliche enge und schutzwürdige Beziehungen zum betreffenden Ort

unterhält. Eine solche Bewilligung wird jedoch nur noch in seltenen Fällen erteilt.

Claudia Nievergelt Giston Rechtsanwältin

Andrea-Franco Stöhr Rechtsanwalt

NIEVERGELT & STOEHR

ADVOKATUR UND NOTARIAT Nievergelt & Stoehr Advokatur AG | Thomas Nievergelt Notariat AG

Nievergelt & Stoehr Advokatur AG Crappun 8 Via Maistra 7 7503 Samedan 7500 St. Moritz T: + 41 81 851 09 10 nievergeltundstoehr.ch


E I N E P U B L I K AT I O N V O N S M A R T M E D I A

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MIETRECHT

Mieten will gelernt sein Worauf muss man besonders achten? Für welche Schäden haftet der Mieter selbst? Und muss ich das Wohnungsprotokoll unterschreiben? Dies sind nur einige Fragen, die sich vor allem Neumieter vor dem Abschluss des Mietvertrages stellen.

N

ur jeder Dritte besitzt ein Eigenheim. Die restlichen Schweizerinnen und Schweizer leben in einem Mietverhältnis. Miteinher gehen diverse Rechte und Pflichten, an welche es sich zu halten gilt. Dass es dennoch Unklarheiten und Fragen gibt, bestätigen die 20 000 Anfragen, welche der Mieterinnen und Mieterverband Zürich jährlich erhält. Hier finden Sie die wichtigsten Fragen und Antworten zum Mietrecht. Auf was muss ich bei der Vertragsunterzeichnung achten? Wichtig ist, dass man die Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) genau durchliest. Wenn Bedingungen von den zwingenden Gesetzbestimmungen abweichen, sind diese nichtig. Trotz ihrer Unterschrift sind diese Bestimmungen ungültig und können vom Mieter zurückgewiesen werden. Aufpassen soll man auch bei der Übernahme der Wohnung, so Walter Angst vom Mieterinnen und Mieterverband Zürich. «Mängel müssen im Protokoll erwähnt werden. Es ist auch möglich, beim Einzug nicht erkannte Mängel in den Tagen danach der Verwaltung zu melden.» Des Weiteren solle man sich vom Vermieter keine Möbel aufschwatzen lassen, die man gar nicht brauche. Darf ich an der Mietwohnung Änderungen vornehmen? Gemäss Obligationenrecht sind Änderungen an der Mietwohnung nur zulässig, wenn der Vermieter schriftlich sein Einverständnis gibt. Wenn ohne Erlaubnis umgebaut wird, darf der Vermieter verlangen, dass die Änderung auf Kosten des Mieters wieder rückgängig gemacht wird. Wenn die vorgenommene Änderung des Mieters in einen Mehrwert der Wohnung resultiert, hat

er nach Beendigung des Vertrages ein Anrecht auf eine angemessene Entschädigung. Kleinere Änderungen, ohne Eingriff in die Bausubstanz, die sich leicht rückgängig machen lassen, dürfen jedoch auch ohne Zustimmung des Vermieters gemacht werden. Beispielsweise ein neues Duschschlauchmodell. Darf man Haustiere verbieten? Wenn ein Mietvertrag die Einwilligung des Vermieters vorsieht, kann dieser Tiere nach Belieben verbieten und braucht keinen spezifischen Grund dazu. Jedoch ist die Haustierhaltung grundsätzlich zulässig, wenn im Mietvertrag keine Bestimmungen zur Haltung mit dabei sind. Dies gilt nicht für Tiere mit hohem Stör- oder Gefährdungspotenzial wie beispielsweise Giftschlangen, Vogelspinnen oder Papageien. Die Ausnahme bilden Kleintiere. Hamster, Meerschweinchen, aber auch Fische und Wellensittiche sind unabhängig des Mietvertrages erlaubt, solange sie nicht in Vielzahl gehalten werden. Falls dem Vermieter Klagen der Nachbarn eingereicht werden, kann er in jedem Fall verlangen, dass das störende Tier weggegeben wird. Wer sich weigert, dem droht die Kündigung. Muss ich eine Erhöhung des Anfangsmietzinses tolerieren? Jein. Die Mietzinse können zwar seitens des Vermieters jederzeit erhöht werden, müssen aber zwingend bestimmte Regeln wie beispielswiese ein vom Kanton genehmigtes Formular einreichen oder eine rechtmässige Frist einhalten und auch vom Vermieter klar begründet werden. Diese Gründe können von neuen Investitionen,

welche den Wert der Wohnung vermehren, bis zu höheren Unterhaltskosten reichen. Hegen Mieter Zweifel, können sie sich mit einer Anfechtung an die zuständige Schlichtungsbehörde wenden. Fechtet man eine Mietzinserhöhung fristgerecht innert 30 Tagen an, ist man gesetzlich vor einer Kündigung geschützt. Der Mietzins muss aber weiterhin bezahlt werden.

verhältnismässig sind, gelten diese trotz Hausordnung nicht. Beispielsweise fallen Verbote, die den Mieter in seinem Privatleben einschränken in diese Kategorie. Unter anderem trifft dies auf das Duschverbot nach 22 Uhr zu. Auch ein Besuchs- oder Übernachtungsverbot sowie Temperaturbeschränkungen, oder Heizrestriktionen sind nichtig.

Bei der Wohnungsübernahme ist es sogar erlaubt nach den Mietzinsen der vorherigen Mieter zu fragen. Bei einer Erhöhung von über zehn Prozent, ohne Sanierungen, ist es ratsam, abzuklären, ob der Anfangsmietzins missbräuchlich ist.

Für welche Schäden muss der Mieter bei der Wohnungsabgabe aufkommen? Für die normale Abnützung, sprich Spuren von Bildern oder Möbeln, Dübellöcher in den Wänden oder ähnliches haben Mieter nicht zu haften. Für eine übermässige Abnützung, also starke Gebrauchsspuren oder kleinere Schäden, haftet er jedoch. Kratzspuren von Haustieren aber auch Wasserschäden gehören dieser Kategorie an. Achtung: Nikotinschäden, die durch Rauchen in der Wohnung entstehen, gehen zu Lasten der Mietenden.

Kann die Untermiete verboten werden? Als Untermieter gilt, wer regelmässig Miete bezahlt, aber nicht als Hauptmieter den Mietvertrag unterschrieben hat. Für die Untermiete muss der Hauptmieter beim Vermieter die Zustimmung einholen. Die Zustimmung kann vom Vermieter nur verweigert werden, wenn beispielsweise der Hauptmieter eine übermässig hohe Miete verlangt. Der Vermieter darf nach den Mietbedingungen der Untermiete fragen und bei Nichtauskunft die Untermiete verbieten. Airbnb und Couchsurfing fallen auch in die Kategorie Untermiete und können vom Vermieter verboten werden. Beispielsweise sind geltende Gründe hierfür, dass es für die anderen Hausbewohner als störend empfunden werden kann. Muss ich die Hausordnung tolerieren? An die Hausordnung muss man sich grundsätzlich halten. Wenn aber Verbote erlassen werden, welche nicht

Wer muss allfällige Mängel beseitigen? Für kleinere Reparaturen sind die Mietenden jeweils selbst zuständig. Dies reicht vom undichten Duschschlauch bis hin zum kaputten Backblech. Reparaturen, die spezielles Fachwissen benötigen und vom Mieter nicht selbst behoben werden können, sind Aufgabe des Vermieters. Normalerweise reicht es, wenn die Mängel telefonisch oder via E-Mail dem Vermieter zugetragen werden. Passiert jedoch nichts, haben Mieter das Recht, dem Vermieter einen eingeschriebenen Brief zuzustellen und die Behebung der Mängel zu verlangen. TEXT MORENO OEHNINGER

BRANDREPORT PESTALOZZI RECHTSANWÄLTE AG

Umweltrechtliche Risiken für Gewerbemieter Immobilien können vielfältige umweltrechtliche Risiken aufweisen, unter Umständen mit erheblichen Kostenfolgen. Bei Mietliegenschaften kann dies nicht nur den Eigentümer, sondern auch den Mieter treffen, selbst wenn dieser die betreffenden Kosten nicht verursacht hat. Weist eine Liegenschaft ein entsprechendes Risikopotential auf, ist auch für den Mieter Vorsicht geboten. Bei solchen Risiken denkt man primär an Altlasten im Mietobjekt. Ist nicht immer der Eigentümer bzw. Vermieter dafür haftbar? Andrea P. Rohrer: Nein, so einfach ist das nicht. Zunächst kommt es im Rahmen des umweltrechtlichen Verursacherprinzips darauf an, wer eine Belastung verursacht hat. Aber auch wenn ein Mieter eine Belastung nicht selbst verursacht hat, ist es denkbar, dass er dafür zumindest vorübergehend haftbar wird und als Inhaber des betreffenden Standorts gewisse Untersuchungs-, Überwachungs- und Sanierungskosten vorschiessen muss. Von welchen Belastungen sprechen wir? Michael Lips: In der Praxis sehen wir verschiedene Arten von Belastungen eines Mietobjekts, zum Beispiel das Vorhandensein von Bauschadstoffen, wie etwa Asbest, oder Belastungen, die mit dem Gebrauch des Mietobjekts zusammenhängen, wie etwa Bodenverschmutzungen durch ausgelaufenes Motorenöl. Vorliegend relevant sind primär Belastungen, die auf den Gebrauch des Mietobjekts durch den Mieter, einen Vormieter oder den Eigentümer zurückzuführen sind. Aber auch Bauschadstoffe können für den Mieter zu unerwarteten Kosten führen, namentlich bei einem Mieterausbau. Und weshalb trägt ein Mieter Haftungsrisiken für etwas, das er gar nicht verursacht hat? Andrea P. Rohrer: Hier wird die Unterscheidung zwischen vertragsrechtlicher und umweltrechtlicher Haftung relevant. Unter dem Mietvertrag haftet der Mieter grundsätzlich nur für Schäden am Mietobjekt, die er selbst verursacht hat, insbesondere durch dessen nicht vertragsgemässe Nutzung. Zudem haftet er für die übermässige Abnutzung der Mietsache während der Vertragsdauer. Verursacht ein Mieter eine umweltrechtlich relevante Belastung des Mietobjektes, dann ist das in aller Regel keine vertragsgemässe Nutzung und der Mieter ist für die entsprechenden Kosten haftbar. Für vorbestehende Belastungen hingegen haftet er unter dem Mietvertrag

nicht, sofern diese klarerweise dem Eigentümer oder einem Dritten zuzuschreiben sind und der Mieter nicht diesbezügliche Kosten verursacht, wie zum Beispiel bei einem Mieterausbau. Michael Lips: Etwas anders sieht es aus umweltrechtlicher Sicht aus. Der Mieter ist unter Umständen der Inhaber des betreffenden Standorts. Als solcher hat er bei belasteten Standorten im Sinne der Altlastenverordnung allfällige Untersuchungs-, Überwachungs- und Sanierungsmassnahmen durchzuführen und in der Regel zumindest vorläufig die entsprechenden Kosten zu tragen. Dabei handelt es sich um eine Vorschusspflicht des Mieters. Diese greift, bis die endgültige Kostenregelung gemäss Verursacherprinzip getroffen wird, was mitunter Jahre dauern kann. Inwiefern sind Asbest und andere Bauschadstoffe ein Sonderfall? Andrea P. Rohrer: Solche Schadstoffe in Gebäuden sind keine Altlasten im engeren Sinn, denn es handelt sich dabei weder um Deponien, noch um Unfallstandorte und auch nicht um Betriebsstandorte. Trotzdem gehören Bauschadstoffe bei älteren Objekten zu den wichtigen Themen. Sie können die Nutzung der betreffenden Gebäude beeinträchtigen und auch für den Mieter zu unerwarteten Kosten führen, insbesondere beim Mieterausbau.

Kann sich der Mieter vor solchen Risiken schützen? Andrea P. Rohrer: Ja, der vorsichtige Mieter prüft das Mietobjekt bereits bei der Standortevaluation bezüglich vorbestehender, umweltrechtlich relevanter Belastungen. Bei Liegenschaften mit kritischen Nutzungen in der Vergangenheit kann der Beizug technischer Experten angezeigt sein. Die entsprechenden Erkenntnisse müssen in die Vertragsverhandlung einfliessen. Nach dem Vertragsabschluss ist das Mietobjekt bei Mietbeginn nochmals zu prüfen, um neue Belastungen zu erkennen, die seit der Standortevaluation entstanden sind. Der Zustand des Mietobjekts ist im Übernahmeprotokoll genau festzuhalten. Michael Lips: Die Redaktion entsprechender Vertragsklauseln ist anspruchsvoll. So ist beispielsweise nicht jede Belastung eines Mietobjekts auch eine Altlast im rechtlichen Sinn. Je nach Interessenlage sind Vertragsklauseln mit engem oder weitem Anwendungsbereich gewünscht. Von besonderer Bedeutung ist die vertragliche Schadloshaltung des Mieters durch den Vermieter. Denn die erwähnte Vorschusspflicht des Mieters lässt sich zwar vertraglich nicht wegbedingen, aber durch eine Schadloshaltung mildern. Ohne ausdrückliche vertragliche Regelung muss sich der Mieter mit allgemeinen Vermieterpflichten bzw. Grundsätzen behelfen. TEXT DR. IUR. MICHAEL LIPS, LL.M., ANDREA P. ROHRER-LIPPUNER

Umweltrechtliche Risiken von Immobilien können auch den Mieter treffen. Vertragliche Massnahmen mindern solche Risiken.

Dr. iur. Michael Lips, LL.M. Rechtsanwalt und Fachanwalt SAV Bau- und Immobilienrecht

Andrea P. Rohrer-Lippuner Rechtsanwältin

Über Pestalozzi Rechtsanwälte AG Pestalozzi ist eine der führenden Schweizer Anwaltskanzleien mit Büros in Zürich und Genf und bietet in sämtlichen Gebieten des Wirtschaftsrechts massgeschneiderte und zielgerichtete Lösungen für schweizerische und internationale Klienten. Im Bereich des Baurechts verfügen die ausgewiesenen Spezialistinnen und Spezialisten von Pestalozzi über langjährige, beratende und prozessierende Erfahrung. www.pestalozzilaw.com


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TSCHUDI THALER RECHTSANWÄLTE BRANDREPORT

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Anerkannte Regeln der Baukunde – Mindestmass geforderter Bauqualität und zentrales Haftungskriterium bei Immobilien Wird im Einzelfall nichts anderes vereinbart, bestimmt sich die Soll-Beschaffenheit eines Bauwerks und die von den Baubeteiligten einzuhaltende Sorgfalt nach den anerkannten Regeln der Baukunde.

A

bgesehen von Normen des Bau- und Umweltrechts sowie behördlichen Auflagen ist diejenige Bauqualität einzuhalten, welche die Baubeteiligten (Bauherr, Planer, Handwerker) untereinander vereinbaren. Baumängel sind somit primär Abweichungen vom Vertrag. Praxisrelevant wird dies vor allem dann, wenn mehr als «Minimalanforderungen» zu erfüllen sind. Insoweit aber nichts spezifiziert wurde, besteht nur Anspruch darauf, dass ein Bauwerk «normal» beschaffen sowie gebrauchstauglich ist, mithin den Zweck erfüllt, der im konkreten Fall erwartet werden darf. Ein Bauwerk hat «kunstgerecht» zu sein. Es muss in aller Regel mindestens die anerkannten Regeln der Baukunde oder aber einen gleichwertigen Standard zur Zeit der Werkausführung einhalten. Ausnahmen können unter Vorbehalt von Sicherheitsrelevantem im Einzelfall vereinbart werden und zudem bei Altbausanierungen oder Denkmalschutzobjekten gerechtfertigt sein, wobei die massgeblichen technischen Regeln soweit möglich umzusetzen sind. Der Verweis auf Regeln der Technik in einem Werkvertrag dispensiert nicht von der Einhaltung anerkannter Regeln der Baukunde, sondern bedeutet die Miterfassung technischer Weiterentwicklungen. Was sind «anerkannte Regeln der Baukunde» und wo sind sie geregelt? Als «anerkannt» gelten technische Regeln, wenn sie sich als theoretisch richtig erwiesen haben, etabliert sind und sich nach klarer Mehrheit der Fachleute praktisch bewährt haben. Sie können, müssen aber nicht, in Regelwerken (z.B. in Publikationen des SIA und VSS, von electrosuisse, in Richtlinien der SUVA, des BAFU oder von Cercle bruit) kodifiziert sein. Insbesondere die

technischen Normen des SIA können bezogen auf ihren Anwendungsbereich anerkannte Regeln der Baukunde sein, denn nach der Rechtspraxis besteht für sie eine entsprechende tatsächliche Vermutung. Jedoch ist wie folgt zu relativieren: Das Fehlen einer Normierung in den SIA-Regelwerken bedeutet nicht, dass keine Baukunstregeln bestehen. Sodann ist die erwähnte tatsächliche Vermutung durch Gegenbeweis entkräftbar, und sie gilt zudem nur für den Zeitpunkt der Veröffentlichung. Möglich ist somit, dass geschriebene Regeln noch nie oder nicht mehr anerkannt waren bzw. sind. Aufgrund der technischen Entwicklung müssen sich Architekten, Unternehmer und professionelle Bauherren laufend fortbilden, oder es sind bei Fehlen projektspezifischer Fachkenntnis ausgewiesene Spezialisten, z.B. Haustechnikingenieure, Bauphysiker, Geologen oder Akustiker beizuziehen. Erfahrungsgemäss erweisen sich häufig Fragen der fachgerechten Dichtigkeit der Gebäudehülle und der Haustechnik als besonders fehleranfällig. Die Gesetzgebung enthält nur sehr wenige Regeln zur Baukunde. Manchmal enthält sie direkte Verweise und verleiht dadurch Rechtsnormcharakter wie beim dynamischen Verweis auf die SIA Norm 181 (Schallschutz im Hochbau) in Art. 32 LSV. Öfters erfolgt ein allgemeiner Verweis auf die anerkannten Regeln der Baukunde, die demnach einzuhalten sind (z.B. § 239 Abs. 1 PBG ZH) oder es werden einzelne Normen für verbindlich erklärt, im Kanton Zürich gemäss BBV I z.B. die Norm SIA 500:2009 (Hindernisfreie Bauten). Der Kanton Basel-Stadt ist weiter gegangen: das dortige Bau- und Gewerbeinspektorat hat eine umfangreiche Liste von Normen und Richtlinien publiziert, die als Stand der Baukunde anerkannt werden.

Haftungsrisiken Wer eine Immobilie plant, erstellt oder realisieren lässt, ist gehalten, die Regeln der Baukunde zu beachten. Bei Missachtung drohen eine vertragliche Haftung für Planungs- oder Ausführungsmängel sowie weitergehende zivilrechtliche Schadenersatzfolgen. Daneben kann öffentlich-rechtlich die Verweigerung einer Baubewilligung oder ein Baustopp ergehen. Allerdings wird keine Perfektion verlangt. Vielmehr bestehen verschiedene Möglichkeiten der Umsetzung eines Bauvorhabens und mithin Ermessenspielräume. Eine Haftung entfällt, wenn nicht die objektiv beste, aber eine nach dem Wissensstand vertretbare Lösung gewählt wurde. Nur kann dies, namentlich wenn unter Zeitdruck zu handeln und Risiken abzuwägen sind, Schwierigkeiten bereiten. Bei neuartigen Konstruktionen und Materialien sowie nach Veröffentlichung neuer technischer Regeln sollen Risiken dargelegt, beschrieben und baurelevante Entscheide dokumentiert werden. Es besteht die Gefahr, dass Gerichte bei Kenntnis negativer Folgen ex post strenge Sorgfaltsanforderungen stellen. Im Streitfall wird das fachkompetente Vorgehen durch gerichtlich angeordnete Fachexpertisen ermittelt. Planer und Handwerker sind grundsätzlich verpflichtet, Bauherrenweisungen zu befolgen, und eine ausdrückliche Abmahnung schützt sie vor Haftung. Solche Konstellationen kommen häufig im Zusammenhang mit der Einsparung von Baukosten im Rahmen von Projektoptimierungen vor. Jedoch darf eine Weisung sicher dann nicht befolgt werden, wenn sie gefährlich wäre, gegen klare Sicherheitsregeln oder in krasser Weise gegen die Regeln der Baukunde verstösst. In solchen Fällen droht gar strafrechtliche Verfolgung. Eine vorsätzliche Regelverletzung

zieht zudem gewöhnlich den Deckungsausschluss bei der Haftpflichtversicherung nach sich.

Daniel Thaler

Matthias Tschudi

Dr. iur. Rechtsanwalt

Dr. iur. Rechtsanwalt

TSCHUDI THALER R E C H T S A N W Ä LT E

Über TSCHUDI THALER RECHTSANWÄLTE. Die in Zürich ansässige Kanzlei berät und vertritt ihre Klienten in sämtlichen Belangen des Immobilien-, Miet- und Baurechts inkl. Erb- und Rechtsnachfolge. Über die klassische Anwaltstätigkeit hinaus ist die Kanzlei aufgrund ihrer Erfahrung und personellen Ressourcen zudem in der Lage, Klienten bei Immobilienprojekten, -transaktionen und -entwicklungen jeder Grösse umfassend zu unterstützen und zu begleiten. www.ttlegal.ch

GERBER SÉCHY & PARTNER KLG BRANDREPORT

Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts: Häufige Stolpersteine Handwerker und Unternehmer, die auf einem Grundstück Bauarbeiten erbringen, können ihre Vergütungsforderung unter gewissen Voraussetzungen mittels Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts sichern lassen (Art. 837 Ziff. 3 ZGB). Damit ein solcher Anspruch vor Gericht erfolgreich durchgesetzt werden kann, gibt es einiges zu beachten. Stockwerkeigentumsanteile? Falls Letzteres: In welchem Verhältnis?) die Pfandsumme zu legen und gegebenenfalls aufzuteilen ist.

Michael Wolff lic. iur., Rechtsanwalt, MCIArb

1. Pfandberechtigte Leistungen Pfandberechtigt sind lediglich Material und Arbeit oder Arbeit allein für Bauten oder andere Werke, inkl. Gerüstbau oder Baugrubensicherung und dergleichen (sowie als Spezialfall Abbrucharbeiten). Es hat sich dabei also um physische und objektspezifische Arbeiten zu handeln. Nicht pfandberechtigt sind daher beispielsweise Projektierungsarbeiten eines Architekten oder Arbeiten eines Ingenieurs, reine Materiallieferungen von Handelsware als Werkstoff (d.h. nicht objektspezifisch hergestellten Materials ohne Arbeitsleistung) oder Schadenersatzansprüche (wie z.B. der Ersatz entgangenen Gewinns bei einem vorzeitigen Vertragsrücktritt des Bestellers). 2. Belastete Grundstücke / passivlegitimierte Grundeigentümer Das Bauhandwerkerpfandrecht ist auf dem oder den betroffenen Grundstücken einzutragen, auf welchen die Arbeiten geleistet wurden. Beklagter ist dabei der jeweilige Grundeigentümer. Bei Stockwerkeigentum ist besonders zu prüfen, auf welche Grundstücke im Rechtssinn (das Stammgrundstück oder die einzelnen

Voraussetzung für ein Bauhandwerkerpfandrecht ist zudem, dass die Eigentümer für die Vergütung (noch) keine hinreichende Sicherheit geleistet haben. Schliesslich darf es sich beim Grundstück nicht um Verwaltungsvermögen der öffentlichen Hand (wie z.B. typischerweise Schulhäuser und Spitäler) handeln. Sollte Letzteres der Fall sein, so haftet der Eigentümer stattdessen gemäss Art. 839 Abs. 4 ZGB als einfacher Bürge, sofern er nicht auch selber der Auftraggeber des klagenden Unternehmers ist und die übrigen Voraussetzungen (inkl. der rechtzeitigen Anzeige der Forderung unter Hinweis auf die gesetzliche Bürgschaft) erfüllt sind. 3. Viermonatige Eintragungsfrist Die Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts ist grundsätzlich ab dem Zeitpunkt der Vertragsunterschrift möglich, muss aber spätestens innert vier Monaten nach «Vollendung der Arbeiten» (bzw. dem Zeitpunkt der vorzeitigen Vertragsbeendigung) erfolgt sein. Andernfalls ist der Anspruch verwirkt. Zur sicheren Fristwahrung ist zu beachten, dass der Zeitpunkt der «Vollendung der Arbeiten» juristisch umstritten ist und sich gegebenenfalls

Abgrenzungsschwierigkeiten stellen können. Nicht mehr unter Vollendungsarbeiten im Sinne von Art. 839 Abs. 2 ZGB fallen beispielsweise Nachbesserungsarbeiten, Aufräum- und Reinigungsarbeiten, nachträgliche intellektuelle Arbeitsleistungen wie die Lieferung von Revisionsplänen, sowie im Zweifelsfall Einregulierungen, Inbetriebnahmen und Funktionstests (strittig). 4. Getrennter Fristenlauf Besonders zu beachten ist dabei, dass – ungeachtet der vertraglichen Ausgestaltung – in gewissen Konstellationen für verschiedene Arbeiten ein getrennter Fristenlauf beginnen kann. Ob von einem getrennten Fristenlauf auszugehen ist, empfiehlt sich insbesondere dann zu prüfen, wenn auf einer Parzelle Arbeiten an mehreren Gebäuden erbracht werden, wenn ein Unternehmer Arbeiten in verschiedenen Gewerken erbringt, oder wenn am betroffenen Gebäude Stockwerkeigentum begründet wurde und die Pfandsumme auf die verschiedenen Stockwerkeinheiten aufzuteilen ist. Sorgfältige Abklärung im Einzelfall Obige Voraussetzungen für eine erfolgreiche Eintragung präsentieren sich in simpler Form. Sie erfordern aber in der Praxis eine sorgfältige Abklärung sowie eine

Eine erfolgreiche und wohlbegründete Eintragung stärkt auch die Verhandlungsposition des Unternehmens für Vergleichsgespräche.

den prozessualen Anforderungen genügende Darstellung und Dokumentation. Die angesprochenen Themen verstehen sich sodann nicht abschliessend. Das Übersehen eines Stolpersteins kann ein Unterliegen im Gerichtsverfahren und damit erhebliche Kostenund Entschädigungsfolgen nach sich ziehen, welche gerade für Unternehmen mit Liquiditätsengpässen bei grösseren Aufträgen schnell existenzbedrohend werden können. Eine erfolgreiche und wohlbegründete Eintragung stärkt dagegen auch die Verhandlungsposition des Unternehmens für Vergleichsgespräche, sodass sich häufig weitere prozessuale Schritte erübrigen. Gerber Séchy & Partner KLG hilft Unternehmen, die rechtlichen Möglichkeiten zu evaluieren und ihre Ansprüche erfolgreich durchzusetzen.

KONTAKT. Gerber Séchy & Partner KlG Dufourstrasse 60 CH-8702 Zollikon-Zürich Tel: +41 44 286 96 96 Fax: +41 44 286 96 97 E-Mail: info@gspattorney.ch www.gspattorney.ch


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022

BRANDREPORT BELLERIVE RECHTSANWÄLTE

Unterhaltsrecht – erleichterte Väter und enttäuschte Mütter Gleichstellung ehelicher und unehelicher Kinder? Von wegen! Rechtsanwältin Maria Clodi kommt dann ins Spiel, wenn eine Beziehung nicht mehr gerettet werden kann. «Fokus Rechtsguide» hat mit ihr über das neue Unterhaltsrecht gesprochen. Maria Clodi, worum geht es beim «Neuen Unterhaltsrecht»? Seit 1. Januar 2017 sollte es dem hauptsächlich betreuenden Elternteil nicht nur bei Scheidung einer Ehe, sondern auch bei Auflösung des Konkubinats finanziell möglich sein, seine Kinder weiterhin persönlich zu betreuen. Man sprach von Gleichstellung ehelicher und unehelicher Kinder. Das Gegenteil ist der Fall: Die ledige Hauptbetreuungsperson muss mehr arbeiten und kann ihre Kinder weniger persönlich betreuen, es sei denn, sie begnügt sich mit dem Existenzminimum. Der geschiedene Elternteil schwebt dagegen weiterhin in höheren finanziellen Sphären, unabhängig vom Grad der persönlichen Kinderbetreuung. Grund dafür ist, dass nur das Kinderunterhaltsrecht geändert wurde, nicht aber das Ehegattenunterhaltsrecht. Sprechen Sie nun von den Eltern oder den Kindern? Von beiden. Die Berechnung der rein kindbezogenen Lebenskosten (Ausgaben für Nahrung, Gesundheit, Hobbies...) folgt nach altem und neuem Recht ähnlichen Grundsätzen. Die finanzielle Gleichstellung müsste aber für den gesamten Eltern-Kind-Haushalt zivilstandsunabhängig verwirklicht werden. Aus welcher Perspektive betrachten Sie die Situation? Aus der einer Prozessanwältin. Meine Arbeit beginnt mit der Trennung oder Scheidung, im Zuge derer die Eltern oft um die Kinder(zeit) und fast immer um die finanziellen Mittel streiten. Wie wurde denn der Unterhalt nach altem Recht berechnet? Das lässt sich am besten anhand eines Beispiels erklären: Nehmen wir eine Mutter mit zwei Kindern in der Stadt Zürich. Sie arbeitet als Lehrerin und verdient vor der Geburt des ersten Kindes bei einem Pensum von 100 Prozent CHF 7 250. Nach der Geburt des zweiten Kindes arbeitet sie wieder 40 Prozent an vier Vormittagen pro Woche und verdient nun CHF 2 900. Der Lohn des Vaters beträgt CHF 8 300. Als ihre Kinder fünf und sieben Jahre alt sind, trennen sich die Eltern. In unserem Beispiel in der Stadt Zürich wäre die Unterhaltstabelle aus der Grafik 1 zur Anwendung gekommen. Diese Tabelle umfasste nebst Bedarfspositionen wie Ernährung, Bekleidung, Unterkunft und weiteren Kosten, einen sogenannten «Beitrag für Pflege und Erziehung» für die persönliche Betreuung. In unserem Beispiel hätte die Mutter für das jüngere Kind CHF 1 707 (Zeile 4) und für das ältere Kind CHF 1 668 (Zeile 5) erhalten, zusammen somit CHF 3 375. Dem Haushalt wären mit dem Eigenverdienst CHF 6 275 pro Monat zur Verfügung gestanden. Bei Aufgabe der Erwerbstätigkeit oder Reduktion des Arbeitspensums der Mutter wäre der

Maria Clodi mag. iur. et lic. oec. publ. Rechtsanwältin, Mediatorin SAV

Beitrag für Pflege und Erziehung nicht erhöht worden, aber ein höheres Erwerbseinkommen hätte ihn auch nicht wegfallen lassen, solange die Mutter die Kinder selbst betreut. Was ändert sich für die ledige Mutter nach dem neuem Unterhaltsrecht? Zunächst ändert sich die Zusammensetzung des Unterhalts. Nach neuem Recht erhält ein Kind nun einen sogen. «Barunterhalt» und einen sogen. «Betreuungsunterhalt». Der «Barunterhalt» hat nichts mit Bargeld zu tun, sondern umfasst ähnliche Positionen wie die alte Unterhaltstabelle (z.B. Ernährung, Kleidung, Wohnen etc.). Allerdings sind die Beträge teilweise tiefer und teilweise etwas anders aufgeschlüsselt als in der alten Tabelle. Einen Beitrag für Pflege und Erziehung sieht der Barunterhalt nicht vor. Die Tabelle, die den «Barunterhalt» in unserem Beispiel regelt, heisst jetzt «Zürcher Kinderkostentabelle» (Grafik 2). Man sieht, dass die Mutter in unserem Beispiel nun für dieselben Kinder nur noch CHF 995 für das jüngere (Zeile 4) bzw. CHF 1 250 für das ältere Kind (Zeile 5), zusammen also CHF 2 245 anstatt CHF 3 375 pro Monat erhält. Das sind CHF 1 130 weniger als vorher. Ersetzt denn nicht der Betreuungsunterhalt den bisherigen Beitrag für Pflege und Erziehung? Tatsächlich tritt der sogenannte «Betreuungsunterhalt» grundsätzlich an die Stelle des früheren «Beitrags für Pflege und Erziehung». Er wird dem Kind (für die Mutter) aber nur zugesprochen, wenn die Mutter ihren Existenzbedarf wegen der Kinderbetreuung nicht selbst decken kann. In unserem Beispiel kann sich die Mutter selbst erhalten und geht daher leer aus. Wie hoch ist denn der Existenzbedarf der Mutter und wie wird er berechnet? Mit dem Existenzbedarf der Mutter ist der Betrag gemeint, den die Mutter – für sich – unbedingt zum Überleben braucht. Dazu gehören der auf sie entfallende Wohnkostenanteil, eine Pauschale für ihr Essen, Kleidung, die Krankenkassenprämien sowie gewisse Auslagen für Mobilität und Kommunikation der Mutter, aber alles in bescheidenem Rahmen, ohne Beträge für Ferien, Hobbies und dergleichen, weit entfernt vom Lebensstandard der Mutter vor der Geburt der Kinder.

Grafik 1 Durchschnittlicher Unterhaltsbedarf (ohne Pflegekosten) per 1. Januar 2016 Anzahl Kinder

Einzelkind

1 von 2 Kindern

1 von 3+ Kindern

Alter

1.-6. 7.-12. 13.-18. 1.-6. 7.-12. 13.-18. 1.-6. 7.-12. 13.-18.

Ernährung

Bekleidung

Unterkunft

Weitere Kosten

Pflege und Erziehung

Total Bedarf

Fr./Mt.

Fr./Mt.

Fr./Mt.

Fr./Mt.

Fr./Mt.

Fr./Mt. 1999 1900 2074 1707 1668 1835 1466 1481 1643

306 326 415 266 281 350 232 247 321

89 114 138 74 89 118 64 89 109

360 360 336 331 331 306 301 301 281

528 646 859 454 577 799 415 518 740

716 454 326 582 390 262 454 326 192

Grafik 2 Zürcher Kinderkostentabelle (Quelle: ajb.zh.ch) Anzahl Kinder

Alter

Einzelkind

1.-6. 7.-12. 13.-18. 1.-6. 7.-12. 13.-18. 1.-6. 7.-12. 13.-18.

1 von 2 Kindern

1 von 3+ Kindern

Ernährung

Kleidung

Fr./Mt.

Fr./Mt. 260 340 380 215 250 350 190 215 350

90 135 145 60 80 100 55 70 100

Wohnen & Haushalt

Gesundheit

Telefon und Internet

Fr./Mt. Fr./Mt. Fr./Mt. 560 275 560 150 560 270 480 190 480 140 480 260 395 185 395 135 395 260

Total Bedarf

Freizeit

Fr./Mt.

Fr./Mt. 0 0 70 0 0 45 0 0 45

50 300 360 50 300 360 50 300 360

1235 1485 1785 995 1250 1595 875 1115 1510

Kann der Lohnausfall nicht mittels Betreuungsunterhalts gedeckt werden? Nein, der Betreuungsunterhalt soll nur den Existenzbedarf der Mutter plus pauschale Steuern von CHF 100 pro Monat sichern. Das Bundesgericht nennt diesen Betrag seit dem Entscheid BGE 5A_454/2017 die «Lebenshaltungskosten». Sie liegen häufig irgendwo zwischen CHF 2 000 und CHF 3 300 pro Monat. Reicht das Einkommen der Mutter aus, um diese Kosten zu decken, muss der Vater gar keinen Betreuungsunterhalt bezahlen. Mütter, die eine gute Ausbildung haben und vor der Geburt der Kinder schon länger erwerbstätig waren, können ihre Lebenshaltungskosten nach der Geburt meist schon mit einem (geringen) Teilzeitpensum decken. So auch die Mutter in unserer Beispielfamilie. Sie verdient mit CHF 2 900 bei einem 40-Prozent-Pensum wahrscheinlich genug, um aus Sicht der Gerichte kein Manko zu erleiden - allerdings nur im Vergleich zum Existenzminimum. Dass diese Mutter sich mit ihrem früheren Einkommen viel mehr leisten konnte, erhöht den Betreuungsunterhaltsanspruch genauso wenig wie das (vergleichsweise hohe) Einkommen des Vaters. Mit dem Wegfall des (einkommensunabhängigen) Beitrages für «Pflege und Erziehung» erhält unsere Beispiel-Mutter jetzt CHF 1 130 pro Monat weniger als früher. Ihrem Haushalt stehen CHF 5 145 statt CHF 6 275, also rund 18 Prozent weniger zur Verfügung. Der Vater muss nur die Kinderunterhaltsbeiträge i.H.v. CHF 2 245 bezahlen. Ihm bleiben unter neuem Recht CHF 6 055 für sich selbst, während er sich unter altem Recht mit CHF 4 925 hätte begnügen müssen. Die Doppelbelastung bzw. Doppelleistung der Mutter wird finanziell nicht honoriert. Dürfte die Mutter weniger arbeiten, um Betreuungsunterhalt zu erhalten? Nein. Das Bundesgericht verlangt seit dem Entscheid BGE 5A_384/2018 sogar, dass die Mutter bei Schuleintritt des jüngsten Kindes 50 Prozent, bei dessen Eintritt in die Oberstufe (d.h. ab 7. Klasse) 80 Prozent und bei dessen Erreichen des 16. Altersjahres 100 Prozent arbeitet. Tut eine Mutter dies nicht, so kann sie zwar nicht zur Mehrarbeit gezwungen werden. Das Gericht muss die Mutter aber seit dem neuen Entscheid so behandeln, wie wenn sie im geforderten Pensum arbeiten würde. In unserem Beispiel würde der effektive Lohn von CHF 2 900 bei einem 40-Prozent-Pensum wegen des bereits erfolgten Schuleintritts des jüngeren Kindes auf 50 Prozent entsprechend CHF 3 625 hochgerechnet (hypothetisches Einkommen). Betreuungsunterhalt käme deshalb erst recht nicht in Frage. Was kann die Mutter tun, um sich finanziell besser zu stellen? Die Mutter kann sich finanziell nur noch besserstellen, wenn sie mehr arbeitet, und das geht zu Lasten ihrer Kinderbetreuungszeit. Paradoxerweise muss sich der Vater dann an den Fremdbetreuungskosten beteiligen. Das Absinken des Lebensstandards der selbst betreuenden Mutter auf das Existenzminimum muss er dagegen nicht verhindern helfen. Der unverheiratete Vater unseres Beispiels ist in einer komfortablen Situation. Ganz im Gegensatz zum Ehemann. Was wäre denn der Unterschied für die Beispielfamilie, wenn die Mutter verheiratet gewesen wäre? Gilt das neue Unterhaltsrecht dann nicht? Doch, der Barunterhalt für die Kinder wird gleich berechnet und Betreuungsunterhalt wäre in unserem Beispiel ebenfalls nicht geschuldet. Aber: Die geschiedene Mutter erhält aber von ihrem Exmann, wenn sein Einkommen reicht, einen persönlichen, kinderunabhängigen sogenannten nachehelichen Unterhaltsbeitrag. Dieser bemisst sich am während der Ehe gelebten Standard inkl. aller Luxuspositionen. Man nennt das den «gebührenden Unterhalt». Je mehr der nicht erwerbstätige Ehepartner während der Ehe vom Familieneinkommen für sich selbst verbraucht, umso grösser ist sein «gebührender Unterhalt» im Falle einer Scheidung. Ein sparsamer Ehepartner wird bei der Ehescheidung bestraft und ein verschwenderischer belohnt. Ein seltsamer Anreiz. Die Frau eines Arztes gab einmal vor Gericht zu Protokoll, sie wolle

«das Leben der Frau Doktor» weiterleben «einfach ohne den Herrn Doktor». Wie hoch wäre der nacheheliche Unterhalt in unserem Beispiel? Darüber entscheidet das Gericht mit weitem Ermessensspielraum. Oft wird der nacheheliche Unterhaltsbeitrag so berechnet, dass beide Ex-Ehegatten am Ende etwa gleich viel Geld für sich zur Verfügung haben. Im Beispiel bleiben dem Mann nach der Zahlung der Kinderunterhaltsbeiträge von CHF 2 245 noch CHF 6 055. Dem stehen die CHF 2 900 Eigenverdienst der Frau gegenüber. Aus der Halbierung dieser Differenz resultiert ein Betrag von CHF 1 577.50. Wird der Mann zu einem Unterhaltsbeitrag in entsprechender Höhe verurteilt, bleiben beiden Ex-Ehegatten CHF 4 477.50. Das ist ein realistisches Beispiel. Können Sie die Kernpunkte nochmals zusammenfassen? Gerne. Das neue Unterhaltsrecht hat die finanziellen Unterschiede verheirateter und unverheirateter Eltern nach der Scheidung bzw. Trennung entgegen dem (zumindest erklärten) Willen des Gesetzgebers verstärkt statt verringert. In unserem Beispiel hätte die ledige Mutter früher CHF 3 375 für die beiden Kinder erhalten. Nach dem neuen Unterhaltsrecht muss der Vater, ob verheiratet oder nicht, für die beiden Kinder nur noch CHF 2 245 an (Bar-)Unterhaltsbeiträgen bezahlen. Weitere Ansprüche hat die ledige Mutter nach neuem Unterhaltsrecht nicht. Sie lebt mit bloss CHF 2 900 am Existenzminimum. Dem unverheirateten Vater bleiben CHF 6 055 für sich, also mehr als früher. Wäre die Mutter in unserem Beispiel verheiratet gewesen, erhielte sie auch unter neuem Unterhaltsrecht nebst dem Barunterhalt für die Kinder weiterhin einen nachehelichen Unterhaltsbeitrag von (mindestens) CHF 1 577.50. Dadurch würde sie zusammen mit ihrem eigenen Einkommen von CHF 2 900 über CHF 4 477.50 und somit über gleich viel wie ihr geschiedener Mann verfügen. Die Differenz von CHF 1 577.50 pro Monat zum Haushalt der unverheirateten Mutter ist durch nichts gerechtfertigt. Wie könnte die Ungleichheit beseitigt werden? Die Ungleichheit entsteht, weil für die Zahlungen unter den Eltern immer noch auf den Zivilstand abgestellt wird, und sie wird grösser, weil besserverdienende, ledige Mütter jetzt noch weniger Unterhalt durchsetzen können als früher. Um die Mängel des neuen Unterhaltsrechts zu beseitigen, sollte die ledige Mutter (wieder) einen einkommensunabhängigen Beitrag für die persönliche Betreuung ihrer Kinder erhalten. Zugleich sollte die ungerechtfertigte Besserstellung der geschiedenen Ehefrau gegenüber der getrennten ledigen Mutter beseitigt werden. Der nacheheliche Unterhaltsbeitrag gehört folglich abgeschafft. Verheiratet zu sein ist per se keine Leistung. Die Doppelbelastung von Beruf und Kinderbetreuung zu meistern dagegen schon.

BELLERIVE RECHTSANWÄLTE. Bellerive Rechtsanwälte sind ein Team von sechs erfahrenen Anwälten mit verschiedenen Spezialisierungen in Beratung und Prozessführung. Eine Boutique-Kanzlei, in der die Anwälte (fast) rund um die Uhr persönlich erreichbar sind und Anliegen nicht hierarchieabwärts delegiert werden. Das Team setzt die Interessen seiner Mandanten durch - charmant, wo möglich, bissig, wo nötig und in jedem Fall hartnäckig. Zu Maria Clodi kommt, wer das Ende seiner Beziehung mit Schrecken einer schrecklichen Beziehung ohne Ende vorzieht. Bellerivestrasse 7, CH-8008 Zürich maria.clodi@bellerive.com


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AH4 AG FAMILY LAW EXPERTS BRANDREPORT

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Ehekrise – strategische Tipps für stürmische Zeiten Die Scheidungsquote in der Schweiz ist rückläufig. Nach wie vor werden jedoch 40 Prozent aller Ehen geschieden. Natürlich glaubt niemand, dass es ihn trifft. Wenn sich doch eine Krise abzeichnet, sollte man sich mit dem Worstcase auseinandersetzen.

D

ie Folgen einer Scheidung sind vom Gesetz weitgehend vorgegeben: die Kinderbelange sind zu regeln, Unterhaltsbeiträge festzulegen, das während der Ehe gebildete Vermögen ist zu teilen und auch vom Pensionskassenguthaben profitieren beide Ehegatten. In vielen Fragen besteht jedoch ein weiter Ermessensspielraum. Durch geschickte und vor allem rechtzeitige Weichenstellung können Sie das Ergebnis einer Scheidung daher durchaus beeinflussen. Kluges Risikomanagement durch klare Vereinbarungen Die Aufgabenteilung in der Familie hat weitreichende Konsequenzen. Legen Sie unbedingt gemeinsam fest, wer welchen Betrag ans Familieneinkommen leistet. Sprechen Sie über die Organisation der Kinderbetreuung. Prüfen Sie auch periodisch, ob das gelebte Modell noch den Bedürfnissen entspricht. Vielen jungen Eltern ist nicht bewusst, wie die gewählte Rollenteilung ihre Rechte und Pflichten im Falle einer Trennung beeinflusst. Sie tun gut daran, auch Geldfragen im Idealfall gleich zu Beginn der Ehe offen zu diskutieren. Je nach Rollenteilung und Vermögenstruktur macht es Sinn, in einem Ehevertrag eine massgeschneiderte Regelung zu treffen. So kann zum Beispiel verhindert werden, dass im Rahmen der Scheidung das Unternehmen des Ehemannes verkauft werden muss. Auch werden auf diese Weise klare Verhältnisse geschaffen. Dies verhindert einen komplizierten und kostspieligen Rechtstreit. Ernsthafte Ehekrise Gerät die Beziehung in Schieflage, lässt sich die Möglichkeit einer Trennung irgendwann nicht mehr ausschliessen.

Auch wenn es schmerzt, ist eine frühzeitige Auseinandersetzung mit der Frage ratsam, wie das Familienleben nach einer Trennung aussehen soll. Lassen Sie sich beraten und informieren Sie sich, welche Konsequenzen eine Scheidung haben könnte. Ein Familienrechtsspezialist kann Ihnen Best- und Worstcase-Szenarien darlegen und Handlungsoptionen aufzeigen. So können Sie Ihre Situation realistisch einschätzen. Wenn Sie sich tatsächlich zur Trennung entscheiden, sollten Sie die nächsten Schritte überlegt angehen. Ihr Familienrechtsspezialist erarbeitet mit Ihnen eine Strategie. Es kommt zur Trennung Der wertvollste Tipp: Bewahren Sie Ruhe! Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen. Die Entscheidungen, welche nach einer Trennung getroffen werden, haben langfristige und einschneidende Konsequenzen. Verlassen Sie nicht Hals über Kopf die eheliche Wohnung. Unterschreiben Sie nichts, bevor Sie Ihre Rechte kennen. Überstürzte Handlungen schaffen Fakten, welche später nur noch schwer rückgängig gemacht werden können. Wenn Ihnen die Trennungssituation zu schaffen macht, holen Sie sich frühzeitig Unterstützung. Es ist völlig normal, dass die Trennung belastend ist und manchmal überfordert. Ein guter Freund, ein Psychologe oder Anwalt kann Ihnen den Rücken stärken und verhindern, dass Sie aus den falschen Gründen einen schlechten Kompromiss eingehen. Die Erfahrung zeigt, dass die Ausarbeitung einer langfristig tragfähigen Lösung Zeit braucht. Falls sich der Rosenkrieg nicht verhindern lässt Nicht immer lässt sich ein Streit vor Gericht verhindern. Wenn sich ein Rosenkrieg abzeichnet, zahlen sich gewisse Vorkehrungen aus:

In einem Gerichtsverfahren geht es darum, den eigenen Standpunkt beweisen zu können. Nach der Trennung ist der Zugang zu Unterlagen und Informationen eingeschränkt. Wer die notwendigen Dokumente zur Verfügung hat und sich diese nicht erst mühselig erkämpfen muss, hat einen entscheidenden Vorteil. Sie sollten daher frühzeitig Kopien von relevanten Unterlagen (z.B. Kontoauszüge) erstellen. Stefanie Althaus

Wird vor Gericht gestritten, kommen zwangsläufig auch allfällige Leichen im Keller zum Vorschein. Wenn immer möglich, sollten diese vorgängig beseitigt werden: Zum Beispiel empfiehlt es sich, die Ferienwohnung im Ausland oder das geerbte Schwarzgeld zu deklarieren und die nicht gemeldete Putzfrau bei der AHV anzumelden. So sind Sie in einem strittigen Verfahren nicht erpressbar.

Fachanwältin SAV Familienrecht

Inhaber einer Firma tun gut daran, die Buchhaltung in einem vorzeigbaren Zustand zu halten. Es wird schnell unangenehm, wenn aufgrund von schwer nachvollziehbaren Bezügen die gesamte Buchhaltung offengelegt werden muss.

Silvano Arpino Fachanwalt SAV Familienrecht

Schliesslich sollte auch die Liquiditätsplanung nicht vernachlässigt werden. Die Gerichts- und Anwaltskosten können schnell hoch werden. Wenn die Liquidität fehlt, lässt sich auch der aussichtsreichste Prozess nicht gewinnen. Wer finanziell den längeren Schnauf hat, ist also klar im Vorteil. www.ah4.law TEXT AH4 AG FAMILY LAW EXPERTS

ONLINESCHEIDUNG.CH BRANDREPORT

Die finanziellen Aspekte der Scheidung Über die Jahre wurde die Prozedur der Scheidung vereinfacht und standardisiert. Douglas Hornung, Gründer und Betreiber der Webseite Onlinescheidung.ch, beantwortet einige Fragen.

Douglas Hornung Rechtsanwalt

Wieviel kostet eine Scheidung in der Schweiz? Eine Scheidung durch gemeinsames Begehren kostet CHF 550 wenn man die Dienstleistungen der Webseite www.onlinescheidung.ch benützt. Dazu muss man Gerichtskosten zahlen, die jeder Kanton erhebt, damit das Gericht sich um das Dossier kümmert. Diese Gerichtskosten sind sehr hoch, da sie zwischen CHF 300 (für Appenzell Innerrhoden, der billigste) und bis zu CHF 2 700 (für Zürich) liegen. Für eine halbestündige Verhandlung ist es unverhältnismässig, aber es ist nun mal so! Wer eine Scheidung durch gemeinsames Begehren mit einem Anwalt macht, zahlt hohe Kosten und Honorare, die von der Qualität des Anwalts und seinem Arbeitsort abhängen. Man muss mit Beträgen zwischen CHF 2 500 und CHF 6 000 rechnen. Aber man vergisst zu oft, dass eine Scheidung, vor allem eine «gestrittene» Scheidung, nicht nur finanzielle Kosten hat, sondern auch emotionale und psychologische Kosten mit sich trägt. Und wenn es Kinder gibt, werden sie in ein Loyalitätskonflikt hineingezogen und sogar manchmal verstört. Dieses Jahr hat das Bundesgericht zwei neue Entscheide bezüglich der Berechnungsmethode der Lebensunterhaltungskosten und der Arbeitspflicht bei finanziellen Beiträgen getroffen. Können Sie erklären, welchen Einfluss diese Entscheidungen auf die Scheidung haben?

Diese Entscheide sind wichtig, weil sie die Regeln klären und vereinheitlichen. Zuvor konnte die Mutter sich entscheiden, weniger als 50 Prozent zu arbeiten, bis das jüngste Kind zehn Jahre alt war. Der Beschluss ermöglicht es nun, dass man von der Mutter verlangen kann, Halbzeit zu arbeiten, sobald das jüngste Kind zur Schule geht, und sogar, dass sie auf 80 Prozent erhöht, wenn das Kind die Sekundarstufe erreicht. Im sechszehnten Lebensjahr des Sprösslings kann dann eine Vollzeitbeschäftigung von ihr verlangt werden. Die zweite Entscheidung klärt und vereinheitlicht die Festlegung der Beiträge für Kinder. Früher war die angewandte Methode von Kanton zu Kanton unterschiedlich. Alle Erklärungen sind auf der Webseite detailliert. Auch die Beiträge eines Vaters (oder Mutter) für Kinder in einer geteilten Obhut?

Natürlich! Eine geteilte Obhut kann vom Gericht entschieden werden, auch im Fall, dass der andere Elternteil sich dagegenstellt. Die alternierende Obhut heisst, dass beide Elternteile sich für vergleichbaren Zeiträumen um die Kinder kümmern. Öfters denkt man an eine Woche bei Papa und eine Woche bei Mama, aber es gibt verschiedene Möglichkeiten. Wenn beide Elternteile gleichmässige finanzielle Einnahmen haben, gibt es keine Lebensunterhaltskosten für die Kinder, da jeder die gleiche Zeit mit den Kindern verbringt und logischerweise dasselbe Budget hat. Im Gegensatz ist es notwendig ein Lebensunterhalt für die Kinder vorzusehen, im Falle, dass ein Elternteil mehr verdient als der andere. Überspitzt formuliert wäre es ungerecht, wenn die Kinder die Woche bei Mama Pasta essen und die Woche bei Papa Kaviar mit Hummer, mit der Begründung, dass die Eltern sich gleich viel um die Kinder kümmern. Um in

diesem Fall die richtigen Beiträge auszurechnen, hängt von dem Unterschied der Arbeitslöhne und, vor allem, der Bedürfnisse der Kinder ab. Mit ein bisschen gutem Willen und Zusammenarbeit, ist es einfach eine gerechte und angemessene Summe auszurechnen. Und wie sieht es mit der Teilung der beruflichen Vorsorge aus? Es ist das Gesetz: Wenn es erhebliche Unterschiede zwischen den Anwartschaften der beruflichen Vorsorge gibt, welche während der Ehe angesammelt wurde, ist ein Ausgleich gesetzlich erforderlich. Es ist unnötig sich gegen ein gesetzliches Prinzip zu wehren. Man muss beachten, dass ein Verzicht auf einen Ausgleich möglich ist, wenn jeder Ehepartner eine angemessene Vorsorge nach der Scheidung hat, was ein wenig Spielraum lässt. Alle Erklärungen sind auf der Webseite www.onlinescheidung.ch. Im Ganzen ist die Scheidung einfach und günstig geworden. Tatsächlich. Über 90 Prozent der Scheidungen in der Schweiz sind Scheidungen durch gemeinsames Begehren. Ausser im Fall von Gewalttätigkeiten oder Böswilligkeit (z.B. hartnäckige Weigerung die üblichen Beiträge zu zahlen) ist es unnötig, sich zu streiten oder Unmengen Geld auszugeben für ein Ergebnis, das schon feststeht. Die Schuld spielt hier keine Rolle und ein(e) Geliebte/Geliebter zu haben oder die gemeinsame Wohnung zu verlassen, hat keine Auswirkungen auf die Scheidung. Die Folgen einer Scheidung sind rein finanziell und regeln die Beziehungen zu den Kindern, wenn die Eltern nicht erwachsen genug sind es selbst zu entscheiden. Kann man von «Sieg» reden nach jahrelanger Prozedur? Das einzige Ergebnis ist die Kinder zu verstören, manchmal lebenslang!


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EHE- & FAMILIENRECHT

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Alle für Ehe und Ehe für alle Der europäische und globale Aufwärtstrend zur Öffnung der «Ehe für alle» ist eindeutig und die Erscheinungsform der Institution «Familie» unterliegt einem steten Wandel. Bietet das gegenwärtige Schweizer Recht genug Repertoire für die modernen, facettenreichen Familienkonstellationen?

TEXT MARIJA CUK

D

ie imposante LGBT-Bewegung manifestiert sich aktuell in einem Umbruch in der Schweizer Politlandschaft. Die Aufmerksamkeit, Akzeptanz und Toleranz der LGBTs wächst und stellt das Schweizer Rechtssystem vor eine grosse Herausforderung. Nebst zahlreichen westeuropäischen Staaten wie Österreich oder Irland haben in den letzten Jahren auch Australien und alle Bundesstaaten in den USA die Möglichkeit der Eheschliessung für gleichgeschlechtliche Paare als gültig anerkannt. Was passiert währenddessen in der Schweiz? Aus historischen und traditionellen Gründen wird in der Schweiz die Institution der Ehe immer noch als «Bündnis zwischen einem Mann und einer Frau unter den vom Gesetz festgelegten Bedingungen» definiert. Gleichgeschlechtliche Paare müssen auf andersartige Beziehungsformen wie die «eingetragene Partnerschaft» ausweichen. Unsere Tradition und Historie spiegelt sich derweil nur bedingt in der gesellschaftlichen Realität wieder und zwingt den Gesetzgeber, aktiv zu werden. Ehe für alle? Über eine Million Menschen in der Schweiz wohnen in einem Einpersonenhaushalt, fast die Hälfte aller Ehen endet in einer Scheidung und gut ein Fünftel aller Kinder wird ausserehelich geboren. Nichtsdestotrotz: Laut Bundesamt für Statistik ist die Ehe wieder im Trend. In den vergangenen Jahren gab es in der Schweiz wieder mehr Eheschliessungen und weniger Scheidungen und dies obwohl die Eheschliessung gefühlt immer bürokratischer und aufwändiger wird. Neu ist beispielsweise nur noch ein Familienname pro Ehepaar zulässig – Doppelund Allianznamen sind nicht mehr erlaubt. Ende 2013 reichten die Grünliberalen die Initiative «Ehe für alle» ein. Die Initiative fordert, dass die gesetzlich geregelten Lebensgemeinschaften Paaren unabhängig von ihrem Geschlecht oder ihrer sexuellen Orientierung offenstehen und der Begriff der «Lebensgemeinschaft» in der Bundesverfassung verankert wird. Die «Ehe für alle» wäre insbesondere ein bürokratisch riesiger Brocken, den es zu bewältigen gäbe, da mit der Öffnung der Ehe weitgehende gesetzliche Anpassungen nötig wären. Familie heute Familien heute sehen anders aus als noch vor 20, 30 Jahren. Mit dem soziodemographischen Bild der Bevölkerung hat sich auch der Anspruch an das Ehe- und

Familienrecht verändert. Die Erscheinungsform der Familie unterliegt einem Wandel: Von der Kernfamilie bestehend aus Vater, Mutter und Kind zu Single-Parent, Stief- und Patchwork-Familien. Ein weiteres Phänomen ist die bewusste Planung einer Co-Elternschaft.

Die biologischen Eltern übernehmen dabei gemeinsam, aber unabhängig voneinander die Rolle der Elternschaft eines Kindes, ohne dass sie eine romantische Beziehung eingehen – also getrennt, aber irgendwie doch zusammen. Dies bietet beispielsweise vielen Homosexuellen

Die Erscheinungsform der Familie unterliegt einem Wandel: Von der Kernfamilie bestehend aus Vater, Mutter und Kind zu SingleParent, Stief- und Patchwork-Familien.

eine Möglichkeit, biologischen Nachwuchs zu zeugen und einen Teil der Erziehung ihrer Kinder mitzubestimmen, ohne dabei mit dem anderen Elternteil zusammenwohnen zu müssen. »Allein-und-doch-zusammen-Elternschaft» - die Nachfrage scheint jedenfalls da zu sein. Vergangenes Jahr hat das Bundesgericht die Stiefkindadoption – also die Adoption des Kindes des Partners/der Partnerin – für alle Paarbeziehungen geöffnet. Zuvor war die Stiefkindadoption nur den gegengeschlechtlichen Partnern – in einer bestehenden Ehe lebend und ab einer gewissen Dauer der manifestierten Partnerschaft – vorenthalten. Neu ist die Stiefkindadoption unabhängig vom Zivilstand oder der sexuellen Orientierung des Adoptivelternteils möglich. Anders handhabt der Gesetzgeber die Adoption fremder Kinder: Die gemeinschaftliche Adoption von fremden Kindern durch gleichgeschlechtliche Paare ist explizit nicht erlaubt. Gleiches gilt für Konkubinatspartner. Ein Wandel braucht Zeit Die gesellschaftliche Realität hat sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend verändert. Das Ehe- und Familienrecht muss sich dieses Wandels annehmen und kann ihn nicht weiter ignorieren. Eine gesetzliche Anpassung an die Änderungen in der Gesellschaft bedarf aber Zeit. Mit der Revision des Adoptionsrechts hat der Bund bereits eine Massnahme zur Angleichung des Rechts an die bestehenden Verhältnisse geschaffen – Adoption wurde damit zeitgemässer, einfacher und transparenter. Das Familienrecht ist in vielerlei Hinsicht überholt und bedarf in einigen Teilen einer Reform. Die Ehe, wie wir sie heute kennen, würde mit einer Revision weder abgewertet, noch abgeschafft. Nicht-Verheiratete und vor allem deren Kinder würden aber geschützt, damit sie bei ihrer Geburt nicht in einen rechtsfreien Raum fallen.

Eine gesetzliche Anpassung an die Änderungen in der Gesellschaft bedarf aber Zeit.


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VERKEHRSRECHT

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Können Raser bald etwas aufatmen? Im Jahre 2013 ist das Verkehrssicherheitspaket Via sicura in Kraft getreten, um Schweizer Strassen sicherer zu machen. Nebst vieler positiver Effekte sorgt insbesondere die Anwendung des Rasertatbestandes für teils heftige Diskussionen. TEXT MOHAN MANI

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eine Frage: Die bisherige Via-sicura-Bilanz ist positiv. Das Massnahmenpaket hat die Sicherheit auf Schweizer Strassen massgeblich erhöht. Zwischen 2013 und 2015 konnten gemäss dem Bundesamt für Strassen (ASTRA) mindestens 100 schwere Unfälle (Tote und Schwerverletzte) verhindert werden. Auch in den Folgejahren konnte im Vergleich zum langjährigen Trend eine überproportionale Abnahme bei den Verkehrstoten verzeichnet werden. «Abstrakte Gefährdung» zentral Was Viele nicht wissen: Das Strassenverkehrsrecht richtet sich nicht nach der Gefahr eines Verkehrsmanövers oder der Höhe eines Sach- oder Personenschadens. Zentral ist vielmehr die sogenannte «abstrakte Gefährdung». So soll etwa das Lichtobligatorium am Tag für Motorfahrzeuge verhindern, dass gefährliche Verkehrssituationen überhaupt entstehen – mit positivem Effekt. So hat die bessere Sichtbarkeit der Fahrzeuge zu einem Rückgang der Unfallzahlen geführt. Das Verbot etwa für Berufschauffeure, unter Alkoholeinfluss zu fahren, diverse Infrastrukturmassnahmen sowie die strengere Bestrafung bei Raserdelikten tragen ebenfalls zur Verbesserung der Verkehrssicherheit bei.

Sorgenkind Rasertatbestand Gerade die Anwendung des sogenannten Rasertatbestandes sorgt jedoch immer wieder für heftige Diskussionen und juristische Querelen. So werden viele Verkehrsteilnehmende heutzutage vorschnell als Raser eingestuft. Um hier Abhilfe zu schaffen, stellt mittlerweile sogar

der Bundesrat punktuelle Anpassungen zur Diskussion. Demnach könnte bei der Regelung von Raserdelikten auf eine Mindestfreiheitsstrafe verzichtet, die Mindestdauer des Führerausweisentzuges auf sechs Monate gesenkt und den Gerichten bei der Anwendung des Rasertatbestandes ein grösserer Ermessensspielraum eingeräumt werden. «Der Bundesrat hat bisher keinen neuen Gesetzesentwurf zu diesem Thema in die Vernehmlassung geschickt», sagt ASTRA-Sprecher Guido Bielmann auf Anfrage von SmartMedia. Aber: «Er plant im Rahmen des nächsten Vernehmlassungsverfahrens zur Änderung des Strassenverkehrsgesetzes die betreffenden Massnahmen zum Raserdelikt zur Diskussion zu stellen. Wann diese Vernehmlassung erfolgen wird, wissen wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht.» Mehr richterlicher Ermessensspielraum Raserdelikte sind heutzutage in Artikel 90 Absätze 3 und 4 des Strassenverkehrsgesetzes (SVG) so geregelt, dass die im Gesetz aufgeführten Geschwindigkeitsüberschreitungen in jedem Fall mit einer Freiheitsstrafe von einem bis vier Jahren geahndet werden müssen. Ein richterlicher Ermessensspielraum liegt nur in beschränktem Umfang vor. Es hat sich seit Einführung dieser Regelung jedoch gezeigt, dass es Fälle gibt, in denen die Überschreitung ohne Vorsatz erfolgt und das Strafmass von mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe als unverhältnismässig angesehen werden kann. In diesem Fall könnte es einem Richter oder einer Richterin ermöglicht werden, in ihrem Ermessen zu beurteilen, ob die betroffene Person im konkreten Fall vorsätzlich gehandelt hat – und

damit das hohe Risiko eines Unfalls mit Toten und Schwerverletzten einging – oder, ob der Rasertatbestand nicht erfüllt ist, weil nur Fahrlässigkeit vorlag. Kein Automatismus mehr Insbesondere der Automatismus, wonach Personen, die eine der im Gesetz definierten Geschwindigkeitsüberschreitungen begehen, von Gesetzes wegen als Raser gelten, könnte aufgehoben werden. In diesen Fällen würde die Rechtssprechung demnach neu prüfen können, ob die betroffene Person vorsätzlich so schnell gefahren ist oder ob sie dies nur fahrlässig tat. Liegt Fahrlässigkeit vor, könnte ein Richter von der Anwendung des Rasertatbestandes absehen. Aber was bringt diese Änderung ganz konkret für einen Autofahrer, der etwa bei einem Überholmanöver auf der Autobahn zwischenzeitlich mit 160km pro Stunde unterwegs ist? – «Künftig könnte im Gesetz explizit stehen, dass der Richter bei einem solchen Delikt die konkreten Umstände der Tat berücksichtigen kann», erklärt Guido Bielmann. Die heutige Rückgriffspflicht würde demnach wieder in ein Rückgriffsrecht umgewandelt, wie dies vor Via sicura der Fall war. Nach wie vor kann im Zweifelsfall ein spezialisierter Anwalt Klarheit schaffen und die Rechte von Betroffenen etwa vor dem Strassenverkehrsamt vertreten. Der Vollzug der Vorschriften im Strassenverkehr obliegt jedoch den kantonalen Behörden.

der Führerausweisentzüge und Administrativmassnahmen ADMAS zeichnen ein klares Bild über das einheimische Fehlverhalten im Strassenverkehr: So war im Jahre 2018 das Missachten der Geschwindigkeit der häufigste Grund für Ausweisentzüge, gefolgt von der Trunkenheit am Steuer. Die starke Verkehrszunahme, das Bevölkerungswachstum sowie der wachsende Anteil von schlecht geschützten Verkehrsteilnehmenden und verletzungsanfälliger Senioren werden aber fast gezwungenermassen zu mehr Unfällen führen. Strassenverkehrsrecht hin oder her. Top 3: Die häufigsten Irrtümer von Temposündern Keine Tacho-Reserve Obschon die Tacho-Anzeige im Durchschnitt rund fünf Prozent höher liegt als die effektiv gefahrene Geschwindigkeit, kann man sich nicht darauf berufen. Keine Ausroll-Toleranz Eine Geschwindigkeitstafel gilt exakt ab ihrem jeweiligen Standort. Fürs Anpassen der Geschwindigkeit etwa mittels Ausrollen besteht keine Toleranz. Radarwarnungen sind verboten Die Verwendung von Radarwarngeräten und GPS-Navis mit eingebauter Radarwarnung ist hierzulande seit dem Jahre 2013 strikt verboten.

Sorgenkinder Tempo und Alkohol Über die häufigsten Irrtümer von Verkehrsteilnehmenden im heutigen Schweizer Strassenverkehr (siehe Box) führt das ASTRA zwar keine Statistik, aber die Zahlen

SCHWÄRZLER RECHTSANWÄLTE BRANDREPORT

Die Kanzlei kämpft für das Recht von tausenden Geschädigten Als Ende 2015 bekannt wurde, dass der Automobilkonzern VW bewusst die Abgaswerte seiner Dieselfahrzeuge manipulierte, löste dies weltweite Empörung aus. Den betroffenen Fahrzeugbesitzern entstand durch den Wertverlust ihrer Wagen massiver finanzieller Schaden. Auch in der Schweiz gibt es zahlreiche Geschädigte. Für deren Recht setzt sich die Kanzlei Schwärzler Rechtsanwälte mit einer Sammelklage vor Gericht ein. Wie stehen die Chancen? Simon Fricker, Sie sind Jurist bei der Kanzlei «Schwärzler Rechtsanwälte» und vertreten im Zusammenhang mit dem Abgasskandal Geschädigte aus der Schweiz vor Gericht gegen AMAG und VW. Wie gross ist die entstandene Schadenssumme, um wie viele betroffene Fahrzeuge geht es – und seit wann arbeiten Sie an diesem Mandat? Total sind in der Schweiz etwa 180 000 Fahrzeuge betroffen, davon sind etwa 6 000 dem Klageverfahren angeschlossen, welches Schwärzler Rechtsanwälte zusammen mit der Stiftung für Konsumentenschutz aufgebaut hat. Gemäss dem uns vorliegenden Gutachten liegt die Schadenssumme bei rund 15 Prozent des Kaufpreises bzw. der Leasingkosten der betroffenen Fahrzeuge. Dies ergibt einen Schadensbetrag von ca. 33.7 Millionen Franken. Hochgerechnet auf sämtliche betroffene Fahrzeuge in der Schweiz kommt beinahe eine Milliarde Franken zusammen. Wir haben Mitte 2017 mit der Arbeit an diesem Projekt begonnen. Der Abgasskandal hat VW bereites einen Milliardenschaden beschert. Doch in der Schweiz und Liechtenstein sind rechtliche Folgen bisher ausgeblieben. Warum ist das so – und inwiefern könne das Engagement von Schwärzler den Status Quo verändern? Die Folgen des Abgasskandals sind auch in der Schweiz spürbar. So sind die Preise für Dieselfahrzeuge gemäss unseren Recherchen gesunken und der Markt für die betroffenen Fahrzeuge ist spürbar zurückgegangen. Aufgrund der zunehmenden Berichte, dass auch das Softwareupdate die Werte nicht oder nur geringfügig verbessere und zudem für zusätzliche Schäden verantwortlich sei, ist dies auch absolut nachvollziehbar. Die Schadenersatzklage

Wir erachten einen Vergleich ebenfalls als erstrebenswert, solange den betroffenen Kunden eine angemessene Entschädigung zukommt. Simon Fricker MLaw, Rechtsanwalt Fachanwalt SAV Arbeitsrecht

bietet den betroffenen Fahrzeugeigentümern oder Leasingnehmern die einmalige Möglichkeit, dank der Beteiligung der Rechtsschutzversicherungen sowie eines Prozessfinanziers zu ihrem Recht zu gelangen. Mit dem zu erwartenden Urteil wird zudem erstmals in der Schweiz die Frage beantwortet, ob der Abgasskandal für die Schweizer Fahrzeugeigentümer und Leasingnehmer einen Schaden verursacht hat oder nicht. Die Klärung dieser Frage hat für VW und die AMAG vor allem finanzielle Auswirkungen. Weiter betrachtet sendet diese Klage jedoch auch ein klares Signal an alle Marktteilnehmer: Sie zeigt, dass auch geringfügige Schäden geltend gemacht werden können und so der Anreiz für unlautere Wettbewerbspraktiken zum Schaden der Kunden entfällt. Die Klage erfolgte zweistufig, einmal in Form einer Verbands- und einmal in Form einer Schadensersatzklage. Warum? Das Verbandsklageverfahren und die Schadenersatzklage sind vollständig getrennte, voneinander unabhängige Verfahren. Mit der Verbandsklage sollte die Frage der Widerrechtlichkeit des marktrelevanten Verhaltens von

VW und AMAG dem Grundsatz nach geklärt werden. Dazu kam es leider nicht, weil das Bundesgericht die Voraussetzungen für eine Verbandsklage als nicht erfüllt sah. Wie lange wird es dauern, bis die ersten Entschädigungen bei den Betroffenen eingehen? Wir rechnen im Schadenersatzprozess etwa per 2022 mit einer rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts. Der Verfahrensablauf und die Dauer sind jedoch schwierig abzuschätzen. Als wie realistisch erachten Sie einen Vergleich – und wie müsste dieser aussehen, damit er für Sie akzeptabel wäre? Vergleichende Lösungen werden heute von den Gerichten in vielen Fällen angestrebt. Wir erachten einen Vergleich ebenfalls als erstrebenswert, solange den betroffenen Kunden eine angemessene Entschädigung zukommt. Die Manipulation von Abgaswerten hat im Fall von VW die Welt schockiert. Hatten Sie in der Vergangenheit jemals mit vergleichbaren Vergehen zu tun? Schwärzler Rechtsanwälte vertritt regelmässig Geschädigte. Zuletzt engagierten wir uns stark für die Rückvergütung von unrechtmässig vereinnahmten Retrozessionen durch die Banken. Auch in Fällen von

Prospekthaftung, Anlageberater- und Vermögensverwaltungshaftung, bis hin zum Anlagebetrug hat Schwärzler Rechtsanwälte die Vertretung von Geschädigten übernommen. Einzigartig am Fall des Abgasskandals ist allerdings die Vielzahl sowie die breite Streuung von betroffenen Personen. Die gesamte Gesellschaft ist von diesem Skandal betroffen.

Über Schwärzler Rechtsanwälte Schwärzler Rechtsanwälte ist eine in der Schweiz und in Liechtenstein verankerte und international vernetzte Rechtsanwaltskanzlei. 2005 von Dr. Helmut Schwärzler gegründet, vertreten Schwärzler Rechtsanwälte internationale Mandanten und sind unter anderem auf Schadenersatz-, Straf- und Gesellschaftsrecht und die Vertretung von Anlegerinteressen spezialisiert. www.s-law.com


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AUS- UND WEITERBILDUNG

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Immer mehr juristisches Wissen gefragt Die Rechtswissenschaft ist sehr vielseitig. Genauso vielseitig präsentieren sich Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten in dem Gebiet. Interessierte müssen nicht immer Absolventen eines Hochschulstudiums sein. TEXT NATALIE EHRENZWEIG

«D

urch die zunehmende Verrechtlichung der Gesellschaft braucht es mehr Menschen, die über juristisches Wissen verfügen, ohne dass sie Anwalt sein müssen. Zum Beispiel bei der KESB, im Grundbuchamt, in einem Notariat, in der Compliance-Abteilung eines Unternehmens oder bei der Schulpflege ist durchaus juristisches Wissen vonnöten», betont Vito Roberto, Professor für Privat-, Handels- und Wirtschaftsrecht an der Universität St.Gallen. Deshalb begrüsst der Professor die Ausbildungsmöglichkeiten, die an verschiedenen Fachhochschulen den Berufsmaturanden offenstehen. «Die ZHAW in Winterthur bietet zum Beispiel einen Bachelor (FH) in Wirtschaftsrecht. Die Ausbildung dauert drei beziehungsweise vier Jahre», sagt er. Das Studium soll für die Aufgaben «an der Schnittstelle von Wirtschaft und Recht» vorbereiten, verspricht die Webseite der ZHAW. Dabei lege die Fachhochschule den Fokus auf Rechtsfragen mit einem praktischen Bezug zur Geschäftswelt. Als weiterführendes Studium könnte der Master in Management and Law ins Auge gefasst werden. Neben den langjährigen Studiengängen für Nichtjuristen gibt es zahlreiche kurze CAS-Angebote, wie zum Beispiel das CAS Wirtschaftsrecht der Berner Fachhochschule. In CAS-Lehrgängen wird Wissen etwa zu Baurecht, Arbeitsrecht, Sozialversicherungsrecht oder Sozialrecht vermittelt. «Diese Weiterbildungen dienen dazu, einen Überblick über ein Hauptrechtsgebiet zu bekommen. Zum Beispiel ist es sinnvoll, wenn ein

Ingenieur Aspekte des Vertragsrechts und Bestimmungen des Baurechts kennt», erklärt Vito Roberto. Der klassische Weg führt über Universitäten Doch noch immer ist das Studium der Rechtswissenschaft der klassische Weg in einen juristischen Beruf. Die Universitäten St.Gallen, Zürich, Genf, Lausanne, Neuenburg, Freiburg, Bern, Basel und Luzern bieten Interessierten Rechtswissenschaften als Studienfach an. «Leider haben wir es aber nicht geschafft, uns im Bachelor-Studium in der Schweiz auf ein gemeinsames Programm zu einigen. Das wäre natürlich für die Mobilität im Studium der Idealfall», bedauert Vito Roberto. Wer sich für die Rechtswissenschaften interessiert, sollte, davon ist Vito Roberto überzeugt, Argumentationsfähigkeit mitbringen. «Und man muss in der Lage sein, ein Thema aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Wir wissen schliesslich nicht, wer in Zukunft unser Klient ist. Wenn man den Kläger vertritt, muss man eine andere Perspektive einnehmen, als wenn man Anwalt des Beklagten ist», erläutert der ehemalige Prorektor für den Bereich Studium und Lehre. Eher zur Philosophie möchte er diejenigen Interessierten schicken, die sich mit dem Thema Gerechtigkeit auseinandersetzen wollen: «Bei uns geht es um rechtsstaatliche Verfahren, die zu einem Urteil führen, die aber deshalb noch nicht gerecht sein müssen». Bachelor-Studierende bekommen in den verschiedenen Universitäten eine solide Grundlage in privatem

und öffentlichem Recht. An welcher Universität das Studium absolviert werden soll, hängt von verschiedenen Aspekten ab. So gebe es Fakultäten, die im ersten Studienjahr selektiver seien, dafür im Rest des Studiums weniger, oder eben umgekehrt. «Bei uns nennen wir das erste Jahr das Assessmentjahr. Diejenigen, die das bestehen, bleiben meist bis zum Abschluss», so Vito Roberto. In St.Gallen gehören ausserdem VLW und BWL zum Studium der Rechtswissenschaften – das sei nicht überall so. Die Qual der Wahl Entscheidend kann auch sein, ob jemand lieber an einer grossen Uni mit mehr Freiheiten oder an einer kleinen, strukturierten studieren möchte. «Bezüglich Ausrichtung gibt es keine klaren Schwerpunkte in der Schweizer Universitätslandschaft. Statistiken sagen aber, dass Bern und St Gallen an der Spitze sind, wenn es darum geht, zwei, drei Jahre nach dem Studium einen gut bezahlten Arbeitsplatz zu haben», weiss der Professor. Das liege wohl daran, dass die St. Galler Absolventen oft in Zürcher Wirtschaftskanzleien unterkämen, und die Berner Absolventen in der öffentlichen Verwaltung anfangen. Im Masterstudium absolvieren die Studierenden Pflichtund Wahlveranstaltungen. Vito Roberto rät aber davon ab, sich bei den Wahlfächern schon auf eine Richtung zu spezialisieren. «Nach dem Studium ist genug Zeit dafür. Gerade für die Anwaltsprüfung muss man ja sowieso alle Rechtsgebiete abdecken», sagt er. Fast die Hälfte

der Masterabsolventen legen heute die Anwaltsprüfung ab. Bevor die Anwaltsprüfung in Angriff genommen werden kann, müssen Juristen aber erst ein Praktikum absolvieren. Die Länge und die erforderlichen Arbeitgeber, zum Beispiel Gericht oder Anwaltskanzlei, sind kantonal unterschiedlich geregelt. «Man will ja mal mit der Ausbildung fertig sein, deshalb empfehle ich, die Anwaltsprüfung zügig nach dem Masterabschluss anzugehen», so Vito Roberto. Nach der Prüfung geschehe die Spezialisierung auf ein Fachgebiet durch die Wahl der Kanzlei. «Anwälte können ja nicht überall Experten sein. Sie wählen ein Gebiet, das ihnen nahe liegt. Dann gibt es natürlich auch fachliche Weiterbildungen wie Tagungen, CAS-Lehrgänge oder die Ausbildung zum Fachanwalt», erklärt der Professor. Fachanwaltsgebiete sind Bau- und Immobilienrecht, Erbrecht, Familienrecht, Haftpflicht- und Versicherungsrecht sowie Strafrecht. Die Liste der juristischen Weiterbildungsmöglichkeiten ist lang. Dazu gehört natürlich auch die Möglichkeit einer Dissertation, um eine akademische Laufbahn einzuschlagen. Die Notariatsausbildung ist wiederum kantonal unterschiedlich. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten so vielseitig sind, wie das Feld der Rechtswissenschaften an und für sich. Und je komplexer die Gesellschaft wird, umso mehr Regelungen müssen wir treffen, und umso mehr juristische Kompetenz in verschiedensten Gebieten ist gefragt.

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UNIVERSITÄT ST.GALLEN BRANDREPORT

Führungskräfte müssen sich mit juristischen Fragen auseinandersetzen Eine umsichtige Unternehmensführung verlangt den kompetenten und sorgfältigen Umgang mit Rechtsfragen. Kann eine Person, die juristisch nicht geschult ist, ein Problem nicht selber lösen, muss sie Rechtsexperten richtig instruieren und effizient steuern können, um nützliche Lösungen zu fairen Preisen zu erhalten. Hier setzt die Universität St.Gallen mit ihrem Studiengang «Wirtschaftsrecht für Manager» an. zu realisieren, wann rechtliche Fragen relevant sind und genauer geprüft werden müssen, um präventiv empfindliche finanzielle und Reputationsschäden zu verhindern und Haftungsfälle zu vermeiden. Welche weiteren Ziele verfolgen Sie? Uns ist es wichtig, dass eine Führungskraft auch selbständig einfache rechtliche Fragen beantworten und für die anderen Fälle Rechtsexperten effektiv und effizient beauftragen kann. Das bedeutet, dass sie diese richtig instruiert, um eine nützliche Antwort zu erhalten und diese auch effizient steuert, um die Kosten unter Kontrolle zu halten.

Prof. Dr. Bruno Mascello Vizedirektor, Law & Management an der Universität St.Gallen

Schuster bleib bei deinen Leisten, heisst es ja normalerweise. Warum soll sich ein Manager im Wirtschaftsrecht auskennen, wenn er dafür ausgewiesene Rechtsexperten konsultieren kann? Mit der zunehmenden Verrechtlichung der Gesellschaft, die auch das ganze Unternehmen durchdringt, haben sich die Unternehmerpflichten erweitert. Eine umsichtige Unternehmensführung konzentriert sich schon lange nicht mehr nur auf die Finanzlage, sondern hat vor allem auch die rechtlichen Rahmenbedingungen laufend auf dem Radar. Von Verantwortlichen wird verlangt, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen. Dann ist es ein Ziel des Studienganges «Wirtschaftsrecht für Manager», dass eine Führungskraft die Fähigkeit erlangt, überhaupt zu realisieren, dass beispielsweise in einem Projekt ein rechtliches Problem auftreten könnte? Genau, das ist eines der Ziele, das wir verfolgen. Eine Führungskraft soll die Sensibilisierung dafür entwickeln,

Regulatorische Vorschriften, verschärfter Datenschutz, EU-Recht, Digitalisierung, um nur ein paar Stichworte zu nennen: Sind umgekehrt die Unternehmen nicht immer mehr auf Wirtschaftsanwälte angewiesen, um rechtliche Risiken zu erkennen? Die laufende Zunahme von Rechtsvorschriften ist eine leider nicht mehr bestreitbare Tatsache. Das verlangt von Unternehmen und Privaten, diese Stolpersteine rechtzeitig zu erkennen. Natürlich sind auch juristisch versierte Fachpersonen zur Unterstützung nötig. Jedoch zu glauben, dass Wirtschaftsanwälte zwingenderweise immer auch das unternehmerische Umfeld der konkreten Kunden verstehen, ist ein Trugschluss. Um diese Lücke zu schliessen sollte eine Führungskraft vielmehr aktiv versuchen, die Welt des Rechts etwas besser zu verstehen. Denn letzten Endes kann sie ihre Verantwortung nicht auslagern und bleibt auch nach Beizug einer Anwältin oder eines Anwalts in der Pflicht, dass das Unternehmen die relevanten Rechtsfragen vollständig und richtig adressiert hat.

Welches sind die wichtigsten Gebiete des Wirtschaftsrechts, in denen sich ein Manger auskennen sollte? Wir orientieren uns dafür am St.Gallen Managementmodell. Es zeigt übersichtlich, wie ein Unternehmen in einem ständigen Austausch mit der Umwelt steht und in seinem Lebenszyklus verschiedenen Bezugsgruppen begegnet. Je nachdem werden andere Rechtsgebiete relevant. Dazu gehören zunächst das Vertrags- und Gesellschaftsrecht. Dann werden Themen wie Corporate Governance, Arbeitsrecht, Konkurs- und Sanierungsrecht sowie das Verfahrensrecht wichtig. Und schliesslich gelangen auch Bereiche wie das Verwaltungsrecht, die Compliance und professionelles Verhandeln auf die Agenda. Es versteht sich von selbst, dass Personen, die sich damit auskennen, einen wichtigen Beitrag für den Erfolg eines Unternehmens leisten können.

und praxiserprobte Professorinnen und Professoren, sondern auch qualifizierte Anwältinnen und Anwälte, Richter, Behördenmitglieder und Unternehmensjuristen. Kann man nach Absolvierung dieses Studienganges in einzelnen «einfachen Fällen» den Gang zum Rechtsanwalt und damit auch die entsprechenden Kosten sparen? Auf jeden Fall! Die Ausbildung ermächtigt die Teilnehmenden, erste Fragen selber und sicher zu beantworten. Mit der neu erworbenen Kompetenz können zudem im Internet verfügbare Quellen zuverlässiger gefunden, beurteilt und viel besser genutzt werden. lam.unisg.ch/wrm

An wen richtet sich der Studiengang «Wirtschaftsrecht für Manager», bzw. welche Vorkenntnisse oder Basisausbildung ist dafür nötig? Der Lehrgang richtet sich an Personen ohne juristische Vorbildung mit Interesse an rechtlichen Fragen. Es braucht weder spezielle Vorkenntnisse noch eine bestimmte Basisausbildung. Bei berufsbegleitenden Studiengängen ist es wichtig, dass sie praxisorientiert sind und der Lernstoff sofort nutzbringend ist. Wie wird diese Anforderung umgesetzt bzw. sichergestellt? Die Universität St.Gallen legt grossen Wert darauf, dass ihre Referentinnen und Referenten in der Praxis verankert sind. So unterrichten bei uns nicht nur erfahrene ANZEIGE

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