RunUp Ausgabe Herbst/Winter 2021

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(Un)bewegte Mädchen-Jahre Schön und schlank ist das Körperideal, das jugendlichen Mädchen vermittelt wird. Das erzeugt nicht nur enormen Druck, Selbstzweifel und fordert ungesundes Verhalten, sondern wirft auch die Frage auf, ob Gesundheit in diesem Selbstoptimierungswahn überhaupt eine Rolle spielt. TEXT_Doris Mair//FOTO_Salzburger Frauenlauf/Alexander Schwarz

„Hauptsach gsund“, sagen die Eltern

den gesündesten Lebensjahren eines Menschen. Nicht nur kurz-

und blicken stolz auf das Neugeborene.

fristig, sondern langfristig wirkt sich diese Bewegung auf die

„Hauptsach gsund“, diesen allbekann-

Gesundheit aus. Eine aktive Kindheit ist das Fundament eines

ten Satz, sagen auch die Großeltern, die

gesunden Lebens.

sich ab dem Schulalter deutlich weniger

In dieser sensiblen Phase, in der Mädchen ihren neuen Körper

als ihre männlichen Altersgenossen. Das

kennenlernen und sich mit ihm zurechtfinden müssen, werden

liegt mitunter daran, dass Mädchen selte-

sie permanent bewertet und mit Schönheitsidealen konfrontiert.

ner bei Sportvereinen aktiv sind oder zu

Besonders Social Media und darin agierende Influencerinnen

Sportkursen angemeldet werden, ihnen

üben einen starken Einfluss und Druck auf junge Mädchen aus,

körperlich weniger zugetraut und ihnen

indem sie ihnen eine inszenierte Scheinwelt als Ideal vermitteln.

oftmals sportliche Freundinnen zum

Dass Schlankheits- und Schönheitswahn wenig mit Gesundheit

gemeinsamen Sporttreiben fehlen.

zu tun haben, zeigt das Beispiel der Fitness-Influencerin Sophia Thiel. Auf unzähligen perfekt inszenierten Fotos präsentierte

Bin ich richtig, wie ich bin?

die 26-jährige ihren schlanken, durchtrainierten Körper und

Die Pubertät ist ein besonders einschnei-

propagierte ihren von Disziplin geprägten Lebensstil hin zur

dender Lebensabschnitt im Leben eines

absoluten Selbstoptimierung. Bis sie schließlich untertauchte

Mädchens. Während der pubertäre Mus-

und nach langer Funkstille ihren Fans mitteilte, aufgrund einer

kelzuwachs Burschen stärker und männ-

Essstörung in Therapie gewesen zu sein.

licher wirken lässt, führen die natürliche Gewichtszunahme und die körperlichen

Heiß genug fürs Podest

Rundungen dazu, dass Mädchen in die-

Bekannte Sportlerinnen könnten Mädchen als Vorbilder die-

ser Phase häufig mit ihrem Körper unzu-

nen, um das Bild der sportlichen Frau zu stärken und die Mäd-

frieden sind, da er nicht dem weiblichen

chen zu mehr Bewegung zu motivieren. Zahlreiche prominente

Schlankheitsideal entspricht.

Läuferinnen schöpfen dieses Potenzial bei Auftritten bei heimi-

Schlankheits- und Schönheitswahn haben wenig mit Gesundheit zu tun.

Verwandten und Bekannten am Anfang

Konventionelle Stereotype hemmen bei Mädchen die Freude an der Bewegung.

eines neuen Lebens. Die kleine Brust hebt

Drei Stunden Bewegung am Tag empfiehlt der Fonds Gesundes

und senkt sich bei jedem Atemzug. Das

Österreich für die Drei- bis Sechs-jährigen. Ein gesundes Kind

Herz des kleinen Mädchens schlägt. Ein

schafft das spielerisch. Kinder haben von Natur aus Spaß an

Großteil der Kinder kommt gesund auf

der Bewegung und Freude an ihrem Körper. Vielmehr werden

die Welt. Sie haben die Basis ein gesundes

sie von ihrem Umfeld gebremst und eingeschränkt. Besonders

Leben zu führen. Ein komplexer Vorgang,

Mädchen werden nach wie vor mit konventionellen Stereotypen

ein perfektes Zusammenspiel aller Kör-

konfrontiert, die ihre Freude an Bewegung hemmen.

perfunktionen machen es möglich. Ein Wunder der Natur in seiner Perfektion!

Brave Mädchen toben nicht Ruth Mayr vom Mädchenbeirat setzt sich für Empowerment

Die gesündesten Lebensjahre

von Mädchen ein und sieht in vielen Bereichen große Unter-

Drei Jahre später flitzt das kleine Mäd-

schiede, wie Verhalten in der Gesellschaft beurteilt wird: „Wenn

chen lachend über die Wiese. Es läuft,

Burschen toben, wird das häufiger akzeptiert, weil das als ihr

klettert, rutscht und springt vergnügt

Naturell angesehen wird. Wenn ein Mädchen sich so verhält,

über den Spielplatz. Es dreht sich im

wird es oft als ungezogen angesehen. Von ihnen wird erwartet,

Kreis. Es prustet, es schnauft, es schwitzt.

dass sie brav und ruhig sind und sich nicht schmutzig machen“.

Und ganz nebenbei verbessert es seine Ausdauer, kräftigt seine Muskeln, stärkt

Das bleibt nicht ohne Auswirkung. Indem Mädchen dafür

seine Knochen und fördert seine kör-

gelobt werden, dass sie stillsitzen und sich so wenig wie möglich

perliche und mentale Gesundheit. Der

bewegen, sprich „brav sind“, wird ihr natürlicher Bewegungs-

große natürliche Bewegungsdrang von

drang reguliert. Obwohl Mädchen vor der Pubertät den gleich-

Kindern macht das Kindergartenalter zu

altrigen Burschen körperlich nicht unterlegen sind, bewegen sie

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