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Seminare: Learning never ends

„Lernen ist wie rudern gegen den Strom. Sobald man aufhört, treibt man zurück.“

(Benjamin Britten, England)

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„Wer aufhört besser zu werden, hat aufgehört, gut zu sein.“

(Philipp Rosenthal, Unternehmer)

Seminare: learning never ends

Schon mit 30 kann der landwirt das vor Jahren erworbene wissen nicht mehr voll anwenden. Der kurze wissenszyklus und die dauernden Veränderungen in der erzeugung und Verarbeitung landwirtschaftlicher produkte erfordern eine permanente aktualisierung des wissens.

Von Rolf Leicher

Dipl. Betriebswirt Rolf leicher, heidelberg w egen der rasanten Entwicklung bei der Düngung, im Pflanzenschutz, und bei der Fütterung ist es schon für den jungen Landwirt ein Muss, lebenslanges Lernen zu akzeptieren. Es ist wie im Sport, wo nur regelmäßiges Training Voraussetzung für gute Ergebnisse ist.

Hindernisse überwinden

Wissensaneignung ist auf verschiedene Weise möglich: Seminarbesuche, Teilnahme an Kongressen, Fachlektüre und Erfahrungsaustausch mit Kollegen. Seit einiger Zeit macht sich eine gewisse Seminarmüdigkeit breit. Geplante Seminarbesuche werden immer wieder verschoben, die Arbeit auf dem Feld und im Stall ist wichtiger. Der Landwirt u-25 argumentiert, dass er gerade erst seine Ausbildung abgeschlossen hat und jetzt nicht wieder „auf die Schulbank“ gehen möchte. Wer eine ausgeprägte Lernbereitschaft hat, wird sich der permanenten Weiterbildung nicht verschließen. Mangelndes Interesse an Fortbildung des Einzelnen beruht

„Eine Fähigkeit, die nicht immer wieder zunimmt, geht allmählich zurück.“

(aus China)

Foto: © Adobe Stock – gustavofrazao

gelegentlich auf Selbstüberschätzung eigener Fähigkeiten. Die Meinung, man wisse doch (fast) alles, ist ein echter Seminarkiller.

Ist die Ehefrau oder Partnerin des Landwirts im Betrieb tätig, dann nimmt sie auch an Seminaren teil, sodass sie den gleichen Wissenstand hat, und beide miteinander auf Augenhöhe diskutieren und entscheiden können.

Über die Fachpresse und das Internet kann man sich über Tagungen und Seminare informieren, unabhängig von den Einladungen, die regelmäßig eintreffen. Es gibt auch Seminarbewertungen auf Facebook oder in Bewertungsportalen. Teilnehmergebühren dürfen nicht im Mittelpunkt der Überlegungen stehen. Das Seminarergebnis ist wichtiger als die Kosten.

Weiterbildung langfristig planen

Der Seminarmarkt ist komplex, die Angebote vielfältig, der Landwirt verliert schnell den Überblick. Wissensgebiete sollten unterschiedlich bewertet werden: Tiergesundheit, Ökolandbau, Agrartechnik, Milchvieh und Rinder, Geflügelhaltung, Ackerbau und Grünland und Betriebsführung sowie Marketing. Die Landwirtschaft ist komplexer geworden, bestimmte Themen stehen besonders im Fokus. Der Landwirt hat bestimmte Kernkompetenzen, hat sich auf Alleinstellungsmerkmale seines Betriebs festgelegt. Er muss seine Fachkompetenz ständig aktualisieren. Bildung durch Seminarbesuche misst sich an der Zukunft, nicht an der Gegenwart. Für den fortschrittlichen Landwirt gilt die Überlegung: Welche Seminarinhalte sind für meine Kompetenz zukünftig wichtig? Je näher neu zu lernende Kenntnisse an der Schnittstelle zwischen Wissen

Beurteilungskriterien

1. Passgenauigkeit des Seminarthemas (Trifft auf voll auf mich zu) 2. Termin der Veranstaltung (passt mir sehr gut) 3. Persönliche Voraussetzung zur Weiterbildung (ist vorhanden) 4. Veranstaltungsort ( kurze Entfernung zum Wohnort)

5. Teilnehmergebühr (entspricht meiner Vorstellung, dem Budget) 6. Eigenes Zeitbudget (durch Planung gut möglich) 7. Identifikation mit dem Teilnehmerkreis (passt sehr gut) 8. Bekanntheitsgrad des Anbieters/Referenten ( ist groß)

9. Zertifizierung des Lehrgangs (wird angeboten) 10. Gesamteindruck der Seminarausschreibung (beeindruckend) 11. Programmpunkte des Seminars (entsprechen meinem Interesse) 12. Transfermöglichkeiten in die betriebliche Praxis (gute Chancen)

Punkte: je günstiger, desto mehr 1 2 3 4

und Nichtwissen liegen, desto leichter und schneller können sie nach dem Seminar in die Praxis integriert werden. Eine weitere Überlegung gilt der Frage, welche Seminarinhalte wichtig sind und welche dringend. Dringendes Wissen wird bevorzugt, Wichtiges kann später realisiert werden. Wissen anzunehmen verlangt vom Teilnehmer eine ausgeprägte Lernbereitschaft und den nötigen Veränderungswillen.

Planung umfasst vor allem langfristige Überlegungen. Üblich ist ein festes Budget für Weiterbildung, das sich am Gewinn des Betriebs orientiert. Im Familienbetrieb wird dieser Satz verdoppelt, wenn die Ehefrau des Landwirts an Veranstaltungen teilnimmt. Seminare konzentrieren sich auf wenige Themen, Kongresse sind umfassender und es gibt meist mehrere Referenten mit ganz unterschiedlichen Themen. Die größere Teilnehmerzahl erschwert es, persönliche Fragen in der Veranstaltung zu stellen, andererseits kann der Kontakt zu anderen Teilnehmern bei Kongressen intensiver wahrgenommen werden.

Das Seminarergebnis ist wichtiger als die Kosten. Was viel kostet, schafft auch berechtigte Erwartungen, man verpflichtet sich selbst zu Ergebnissen. Je mehr der Landwirt sich für die Weiterbildung motivieren kann, desto größer ist die Chance auf eine erfolgreiche Teilnahme.

Fazit

Was heute noch aktuell ist, kann morgen schon veraltet sein. Es kommt darauf an unter den Ersten zu sein, die eine neue Entwicklung erkennen und sich beteiligen.

Referenten bei Tagungen sind Experten auf ihrem Fachgebiet, beschäftigen sich mit Zukunftstrends, wagen den Blick auf Morgen. Dabei darf es nicht stören, dass es bei Veranstaltungen auch um Visionen geht.

Webinar – die Alternative zum Präsenzseminar ?

Ob Tagesseminar oder Live-Vortrag über das Web, die neue Lernform steht im Blickpunkt. Durch die Digitalisierung wurde schon vor Jahren das „Web-Se-

Je mehr wir lernen, desto mehr wissen wir.

Je mehr wir wissen, desto mehr vergessen wir.

Je mehr wir vergessen, desto weniger wissen wir.

Je weniger wir wissen, desto weniger vergessen wir.

Je weniger wir vergessen, desto mehr wissen wir.

Warum also ein Seminar?

minar“ entwickelt, jetzt ist es aus dem Dornröschenschlaf erwacht und steht im Wettbewerb mit der althergebrachten Seminarform. Die Vorteile des Webinars werden immer wieder betont: Der Seminarteilnehmer spart Reisekosten und die Übernachtung. Der Landwirt sitzt in der guten Stube und erlebt das Onlineseminar am Bildschirm Ein Webinar lässt sich aufzeichnen, so kann der Teilnehmer die Aufnahme zu einem späteren Zeitpunkt nochmal ansehen.

Lässt sich das herkömmliche Bildungssystem also ersetzen? Im Vergleich zu den Präsenzseminaren bieten Seminare im Netz sowohl Vorteile als auch Nachteile. Der Anteil des Präsenztrainings ist augenblicklich noch recht hoch. Seminare am Bildschirm verlangen vom Landwirt eine besondere Konzentration. Bei Befragungen haben sich über die Hälfte der Webinar-Teilnehmer zunächst noch skeptisch geäußert und nur eine Seminardauer von zwei bis drei Stunden täglich für sinnvoll gehalten. Teilnehmer müssen bei Onlineseminaren sehr diszipliniert auf Bewegungen achten und Hintergrundgeräusche vermeiden. Je mehr Personen an einer Schulung teilnehmen, desto kleiner ist der Bildausschnitt. Der Landwirt muss sich erst mit der Technik der digitalen Wissensvermittlung beschäftigen, benötigt auch die technische Ausstattung. Als Teilnehmer muss er sich daran gewöhnen, dass die „Tuchfühlung“ zu anderen Teilnehmern und dem Referenten entfällt, dass eine gewisse Distanz im Webinar nicht zu überwinden ist. Der Erfahrungsaustausch ist kaum möglich, der Kontakt in der Pause entfällt, man spricht von „sozialer Isolierung“.

Die Pausengespräche untereinander und das „Get-together“ nach der Veranstaltung werden von Teilnehmern geschätzt. Digitale Seminare erschweren den Erfahrungsaustausch in der Gruppe. Für den Landwirt als Teilnehmer an Seminaren und Tagungen ist der Seminarort auch ein Tapetenwechsel, kann für die Wissensaufnahme eine Chance sein. Für den Mitarbeiter ist es ein Ausdruck der Wertschätzung, wenn er die Kosten für Reise und Übernachtung übernimmt und nicht nur die Ersparnis durch Webinare in den Vordergrund stellt. Die Kritik von Teilnehmern: „Es ist schon ziemlich eintönig, den ganzen Tag am PC zu sitzen, es fehlt mir die Gruppendynamik im Seminar.“ Die Seminaratmosphäre lässt sich nicht digital umsetzen. Im Präsenzseminar können sich die Teilnehmer anschauen und beschnuppern.

Vorteile Webinar-Besuche aus teilnehmersicht

Nachteile

1. Einsparungen von Reise- und

Übernachtungskosten 2. Freie Wahl über den Raum und

Umgebung 3. Meist etwas preisgünstigere

Teilnahmegebühren 4. Kompakte Wissensvermittlung in kurzer Zeit möglich 5. Digitalisierung in der Weiterbildung liegt im Trend 6. Attraktivität des E-Learnings Soziale Isolierung des Teilnehmers mit der Gruppe Ablenkungen durch Telefon und sonstige Störungen, weniger Konzentration Weil Webinare weniger kosten, werden sie nicht so ernst genommen Besonders hohe Konzentration erforderlich, erschwerte Wissensaufnahme

Die Umstellung auf online ist nicht jedermanns Sache Teilnehmeraktivität durch Moderation des Referenten ist eingeschränkt

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