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3.3. Kernaussagen

3.3. Kernaussagen

Aus der Verkehrsnachfragemodellierung können folgende Kernaussagen abgeleitet werden:

3.3.1. Referenzfall

• Im Referenzfall ist gegenüber dem Bestand mit einer Vervierfachung der Leistungskilometer eine massive Ausweitung des Bahn-Angebots hinterlegt. Die Realisierung erfordert sowohl infrastrukturell als auch in Form der Leistungsbestellung große Anstrengungen. Die dadurch realisierte verkehrliche Wirkung ist bei allen Konzepten ebenfalls unterstellt, die dafür erforderlichen Kosten werden jedoch nicht dargestellt.

3.3.2. Modal Split und Fahrgastzahlen

• Keines der Konzepte erreicht für die Grazer Wohnbevölkerung auf Wegeebene den angestrebten ÖV-Anteil von 30 %. Am stärksten ist das Konzept Metro mit 24,6 % und am zweitstärksten das Konzept S-Bahn-Tunnel – lang 23,8 %; die anderen Konzepte liegen etwas abgesetzt dahinter und die Straßenbahn Maximalvariante erreicht mit 21,3 % den geringsten Anteil (die Aufspreizung zwischen allen Konzepten beträgt 3,3 %P). • Im gesamten auf Graz bezogenen Verkehr erreicht ebenfalls das Konzept Metro mit 25,2 % den höchsten ÖV-Anteil, gefolgt von den beiden S-Bahn-Konzepten mit langem (24,7 %) und kurzem Tunnel (23,6 %). • Im Quelle-Zielverkehr erreicht das Konzept S-Bahn-Tunnel – kurz mit einem deutlicheren Unterschied den höchsten ÖV-Anteil mit 26,4 %, am zweitstärksten ist das Konzept

S-Bahn-Tunnel – lang mit 25,2 %, am drittstärksten das Konzept Metro mit 24,8 %. • Gemessen in Personenkilometer erreicht das Konzept S-Bahn-Tunnel – kurz sowohl für den Quelle-Ziel-Verkehr Graz (26,4 %) als auch für den gesamten auf Graz bezogenen

Verkehr (27,2 %) die höchsten ÖV-Anteile. Dahinter liegen jeweils die Konzepte S-Bahn-

Tunnel – lang und Metro. • Im Grazer Binnenverkehr gemessen in Personenkilometer erreicht das Konzept Metro den höchsten ÖV-Anteil mit 32,7 %, etwas dahinter liegen die beiden S-Bahnkonzepte (Tunnel – lang 30,9 %, Tunnel – kurz 29,2 %); deutlich geringer ist der ÖV-Anteil für das

Konzept City-S-Bahn mit 28,6 % und die Straßenbahn Maximalvariante mit 27,2 % (die

Aufspreizung über alle Konzepte beträgt 5,0 %P). • Die beiden S-Bahn-Konzepte generieren neben der Verbesserung für den stadtgrenzüberschreitenden Verkehr auch stärkere Nutzen für Verkehre außerhalb der Stadt Graz (Gesamteinsteigende steigen gegenüber dem Referenzfall mit 115.000 auf 179.000 bzw. 174.000 pro Werktag). • Über die ÖV-Modi Bus, Straßenbahn und Metro weist das Konzept Metro mit 511.000

Fahrgästen die meisten Einsteiger pro Tag auf. Die beiden S-Bahn Konzepte und das

Konzept City-S-Bahn liegen mit ca. 490.000 bis 493.000 Fahrgästen eng beieinander.

Nur die Straßenbahn Maximalvariante liegt mit 463.000 Fahrgästen deutlich niedriger, aber höher als im Referenzfall (438.000).

3.3.3. Erreichbarkeit und Reisezeiteinsparung

• Alle Konzepte führen zu einer deutlichen Verbesserung der Erschließungsqualität mit schienengebundenen Öffentlichen Verkehrsmitteln, insbesondere ab der Klassifizierung „hochrangige Erschließungsqualität“. Das Konzept Metro erreicht darüber hinaus bei der höchstrangigen Kategorie und über alle Strukturgrößen (Einwohner, Arbeits-, Schul- und

Ausbildungsplätze) die höchsten Anteile. • Aus dem Vergleich der Reisezeitveränderungen und der Modal Split-Anteile der Konzepte ist abzuleiten, dass für die Attraktivitätssteigerung des Öffentlichen Verkehrs Konzepte mit konkurrenzfähigen Gesamtreisezeiten (Fahrzeiten, optimierte Umsteigebedingungen, Netzdichte) erforderlich sind. • Durch die Steigerung der ÖV-Anteile (Verlagerung von Pkw-Fahrten auf den Öffentlichen Verkehr) sinkt insbesondere zur Hauptverkehrszeit gegenüber dem Referenzfall die Auslastung im Straßennetz, wodurch die Pkw-Fahrzeiten sinken und die Attraktivität des Pkw-Verkehrs relativ betrachtet zunimmt, sofern keine Kfz-beschränkenden verkehrspolitischen Maßnahmen gesetzt werden. • Bei allen Konzepten sowie im Referenzfall kommt es zu den Hauptverkehrszeiten an einzelnen Abschnitten bei etlichen Linien zur Überschreitung der Auslastung gemäß

VDV-Empfehlung.

3.3.4. Pkw-Fahrleistung und direkte Emissionen

• In allen Konzepten werden die in Graz zurückgelegten Pkw-km gegenüber heute aufgrund des Bevölkerungswachstums steigen. Die Zunahme fällt bei den Konzepten Metro und S-Bahn-Tunnel – lang mit ca. 4,85 Mio. Pkw-km/Werktag gegenüber 4,76 Pkwkm/Werktag heute am geringsten aus; im Referenzfall steigt die Pkw-Fahrleistung auf 5,11 Pkw-km/Werktag an. • Aufgrund der technologischen Entwicklung in der Antriebstechnik sowie bei den Kraftstoffen und dem prognostizierten Flottenmix werden die spezifischen Emissionen pro

Pkw-km bis 2040 deutlich sinken (CO2 -44 %, NOx -88 %). Damit sinken die direkten

Verkehrsemissionen deutlich stärker, als die Pkw-Fahrleistungen infolge der Verkehrsverlagerung zurück gehen. • Das Konzept S-Bahn-Tunnel – kurz führt mit -10.000 Tonnen pro Jahr zur stärksten Einsparung an direkten CO2-Emissionen des Pkw-Verkehrs. Durch die Konzepte Metro und

S-Bahn-Tunnel – lang können 6.300 bis 5.900 Tonnen pro Jahr eingespart werden. • Mit dem Konzept Metro können mit 6,6 Tonnen pro Jahr die stärksten Einsparungen an

Stickoxidemissionen innerhalb der Stadt Graz erreicht werden. Dahinter liegt das Konzept S-Bahn-Tunnel – lang mit -5,8 und das Konzept S-Bahn-Tunnel – kurz mit 5,0 Tonnen pro Jahr.

3.3.5. Allgemein

• Aus der verkehrlichen Wirkung ist kein Konzept als bestgereihtes zu werten, sie wirken in den innerstädtischen und stadtgrenzüberschreitenden Verflechtungen unterschiedlich und greifen die Potentiale der Raumnutzung unterschiedlich gut ab. Allerdings weisen alle drei Konzepte mit einem unterirdischen Linienanteil sowohl bezogen auf die

Wegeanzahl als auch auf die Verkehrsleistung einen etwas höheren ÖV-Anteil auf als die rein oberirdisch geführten Konzepte. • Für den Grazer Binnenverkehr besteht neben der Attraktivität des Pkw-Verkehrs vor allem eine starke Konkurrenz zwischen Radverkehr und Öffentlichem Verkehr. Sollen sowohl Radverkehrs- als auch ÖV-Anteil gesteigert werden, sind begleitend verkehrs- und ordnungspolitische Maßnahmen erforderlich, um die relative Attraktivität des Pkw-Verkehrs einzuschränken (aktiv gesetzte „Push-Maßnahmen“). • Des Weiteren sind neben der Angebotsverbesserung für den Umweltverbund begleitend

Öffentlichkeitsarbeit, Marketing und Bewusstseinsbildung erforderlich. • Beim Konzeptvergleich wurde jeweils dieselbe Strukturdatenverteilung unterstellt und nicht alle Konzepte nutzen die Potentiale in gleicher Weise aus. • Künftig sollen Stadtentwicklung und die Entwicklung des Verkehrsangebots Hand-in-

Hand geplant und umgesetzt werden. Nach Möglichkeit soll schon am Beginn der Besiedelung neuer Stadteile ein attraktives und leistungsfähiges Angebot für den Umweltverbund zur Verfügung stehen (vgl. Reininghaus in Graz oder Aspern in Wien). • Die vorliegenden Ergebnisse aus den fünf untersuchten Konzepten sollten der Ausgangspunkt für die Optimierung eines hierarchisch strukturierten ÖV-Netzes unter Einbindung der Stadt(teil)entwicklung für Graz gesehen werden. Es geht im ersten Schritt nicht so sehr um eine Systementscheidung (Metro, S-Bahn), sondern um die Entwicklung eines effizienten, attraktiven und integrierten Gesamt-ÖV-Systems.

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