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5.2. Kernaussagen inkl. Meta-Ereignisse
5.2. Kernaussagen inkl. Meta-Ereignisse
5.2.1. Zeithorizont der Umsetzung der Teilwirksamkeiten
• Die Umsetzung des Referenzfalles wird für alle Konzepte als gegeben vorausgesetzt. • Darüber hinaus besteht über alle Konzepte hinweg Konsens zu Maßnahmen, die die
Wirksamkeit aller Konzepte verbessern. • Bei allen Konzepten wird der weitere Ausbau des Straßenbahnnetzes hinterlegt. Die
Teilwirksamkeiten sind jeweils mit Inbetriebnahme der Erweiterungen gegeben. Je größer der Anteil des Straßenbahnausbaus bei den Konzepten ist, desto wichtiger ist die
Hinterlegung mit zusätzlichen Ressourcen für den gesamten Prozess von der Planung über die Genehmigung bis zur Umsetzung, um die Netzwirksamkeiten zu erreichen. Die derzeitige Ausbaugeschwindigkeit des Straßenbahnnetzes beträgt ca. 0,5 Kilometer pro
Jahr. Mit diesen derzeitigen Ausbaukapazitäten ist kein einziges ÖV-Konzept umsetzbar! Es sind daher jedenfalls massive Erhöhungen der logistischen und personellen Kapazitäten für die Planung und Umsetzung erforderlich. • Die Realisierung der Metro-Strecken ist bis 2040 möglich, wobei die nötigen Verfahren für die M2 parallel zum Bau der M1 abgewickelt werden sollen. • Die Bahntrassen der S-Bahn-Konzepte sind inklusive der Haltestellen bis 2040 realisierbar, beim Konzept City-S-Bahn ist eine frühere Teilrealisierung möglich. • Die Innenstadttunnel der S-Bahn bieten keine Möglichkeit einer Teilinbetriebnahme.
5.2.2. Einschränkungen/Auswirkungen während der Bauphase durch Transporte • Der Transportbedarf ist über die Tunnellänge und Querschnittsfläche für das Konzept
Metro am größten, gefolgt von den Konzepten S-Bahntunnel lang und S-Bahntunnel kurz. Durch Anschlussgleise an das ÖBB-Netz ist der Transport weitestgehend über die
Schiene und im innerstädtischen Bereich unterirdisch abwickelbar. • Die oberirdischen Abschnitte der City-S-Bahn sollten sich in der Bauphase ähnlich den unten genannten Straßenbahnausbauten verhalten. • Im Verhältnis ist der Transportbedarf für die Straßenbahnausbauten gering und skaliert sich über die zu errichtende Netzlänge; in der Regel wird der Transport über die Straße abgewickelt.
• Durch das Konzept Metro wird für den innerstädtischen Verkehr die höchste Verkehrswirksamkeit im Öffentlichen Verkehr bei gleichzeitig geringsten konzeptimmanenten Kapazitätseinschränkungen für den Kfz- und Radverkehr erreicht. • Bei unterirdischen Verkehrsanlagen beschränken sich die Einschränkungen für den Kfz-
Verkehr (ruhend und fließend) auf die Platzbedarfe durch den jeweiligen Straßenbahnausbau, die sich über die Ausbaulängen skalieren (Metro: 13,1 km, S-Bahntunnel lang: 29,6 km, City-S-Bahn: 38,5 km, S-Bahntunnel kurz: 47,2 km und Straßenbahn-Maximalvariante: 62,1 km).
• Im Sinne der Mobilitätswende sind jedoch Kapazitätsreduktionen für den Kfz-Verkehr (fließend und ruhend) sowie eine faire Verteilung des Straßenraums umzusetzen (aktive
Push-Maßnahmen). • Im Zuge des Straßenbahnausbaus wird in der Regel der gesamte Querschnitt inkl. unterirdische Einbauten, Fußgänger- und Radverkehrsflächen neu geplant und gebaut. Somit ergeben sich beim Straßenbahnausbau Synergien und bei allen drei Konzepten mit unterirdischen Streckenführungen fallen dafür zusätzliche (in der Kostenberechnung nicht berücksichtigte) Kosten und Bauarbeiten inkl. der Beeinträchtigungen in der Bauphase an. • Bei beengten Platzverhältnissen ist der ÖV-Ausbau zu priorisieren und die Radachsen (abschnittsweise) in Parallelstraßen zu planen.
5.2.4. Mögliche Zukunftskapazitäten
• Die Metro und die S-Bahnlinien haben systemimmanente Kapazitätsreserven, wobei die
Metro gemäß den Modellergebnissen für 2040 zur Hauptverkehrszeit mit Doppelgarnituren geführt werden muss, um die maximale Auslastung nach VDV-Empfehlung nicht zu überschreiten. Diese Möglichkeit besteht beim derzeitigen Straßenbahnbetrieb nicht. • Außer beim Konzept Metro kommt es bei allen Konzepten auf einzelnen Abschnitten im
Straßenbahnnetz zu Überlastungen gemäß VDV-Empfehlung.
Über das vorgestellte Grundkonzept hinausgehende Leistungssteigerungen müssen je
Konzept geprüft werden und erfordern ggf. Maßnahmen bei der Netzdichte, den Haltestellen und Betriebsanlagen.
• Bei den Konzepten mit Tunnelanteilen treten in der Bauphase die höchsten CO2-Emissionen auf und skalieren sich im Wesentlichen über die Tunnellänge und die Ausbruchsfläche sowie die Anzahl der Stationen. • Durch die City-S-Bahn und die Straßenbahnausbauten treten deutliche geringere CO2-
Emissionen auf, auch durch einfachere und leichte Masse-Feder-Systeme • Detailliertere Aussagen zur CO2 Belastung durch den Bau erfordern eine vertiefende Untersuchung und kann im Rahmen dieser Arbeit nicht geleistet werden. • Bei der im Konzept S-Bahntunnel kurz vorgeschlagenen Deckelbauweise ist mit längeren Sperren wichtiger Straßenzüge mit Verlagerung des Kfz-Verkehrs und Provisorien für den Öffentlichen Verkehr während der Bauphase zu rechnen. Damit ergeben sich in den jeweiligen Phasen auch starke Einschränkungen für die Anrainer (Bevölkerung, Geschäfte), was begleitende Maßnahmen erfordert. • Besonders lärmintensive Maßnahmen sind der Aufbruch von Oberflächen und das Errichten von Spundwänden. Letzteres trifft vor allem auf die Konzepte mit Abschnitten und Stationen in offener Bauweise zu. • Nicht untersucht wurden die Belastungen durch Deponien für die teilweise doch sehr großen Aushubmengen bei den Tunnelprojekten.
• Durch die Metro und die S-Bahnen sind im Betrieb bei entsprechender baulicher Vorsorge keine Beeinträchtigungen durch Lärm oder Erschütterung zu erwarten. Durch den
Einsatz einer einheitlichen Flotte ist bei der Metro eine gezielte Optimierung zwischen
Fahrzeug und Infrastruktur möglich. • Bei der Straßenbahn werden die bekannten Maßnahmen zur Reduktion eingesetzt, vereinfacht skalieren sich die Beeinträchtigungen über die Netzlänge und Taktdichte. Es wird eine linienbezogene Flottenvereinheitlichung empfohlen, die jedoch mit Einsatzflexibilität abgewogen werden muss.
5.2.7. Straßenraumgestaltung
• Beim Konzept Metro sind mit Ausnahme der Straßenbahnerweiterungen und der Stationsbereiche keine Straßenraum-Neugestaltungen erforderlich. Im Sinne der Mobilitätswende sind sie jedoch vorzusehen; die dafür erforderlichen Aufwände sind in der Kostenschätzung nicht berücksichtigt. Die größten Freiheiten bei der Gestaltung des Straßenraums bieten die Konzepte mit Tunnellösungen. • Die Konzepte Metro und die S-Bahn-Konzepte bieten die Möglichkeit, den Stadtraum im direkten Umfeld der Stationen zu gestalten. • Die Straßenbahnausbauten erfordern einen hohen Bedarf an Straßenraum-Neugestaltung und bieten im Sinne der Mobilitätswende auch gleichzeitig die Chance, den öffentlichen Raum zu gestalten; die monetären Aufwände dafür sind in den Kostenschätzungen der Straßenbahnausbauten bereits berücksichtigt. • Bei allen Straßenbahnprojekten wird der Straßenraum neugestaltet. Es ist je nach Platzverhältnissen immer auf die Anforderungen der jeweiligen Verkehrsteilnehmer Rücksicht zu nehmen. • Bei eigenem Gleiskörper für Straßenbahnen sind Rasengleise eine Option, auch zur
Verringerung der Bodenversiegelung.
5.2.8. Stadtentwicklung
• Der Straßenbahnausbau und die City-S-Bahn können, ähnlich wie in französischen
Städten erfolgreich umgesetzt, als Instrument der Stadtentwicklung (z. B. Neubau der
Nordwestlinie, Rudersdorf) und Aufwertung von Stadtteilen bzw. Vierteln genutzt werden. • Das Konzept Metro und auch die S-Bahn-Konzepte bieten die Möglichkeit der Nachverdichtung um die Stationen, im Linienverlauf besteht Stadtentwicklungspotential (positives Beispiel U2 in Aspern). • Metrostationen und S-Bahn-Haltestellen gelten als besonders attraktiv und führen zu einer Aufwertung ihres Umfeldes. Sie haben das Potenzial lokale Zentren zu werden. Bei der Straßenbahn gelingt dies an besonders attraktiven Standorten wie beispielsweise
Umsteigeknoten.
5.2.9. Abhängigkeiten/Maß der eigenen Beeinflussbarkeit/Steuerungsmöglichkeiten (Partner Finanzierung, Finanzierungsmodelle, die für die Stadt interessant sind) (Partner Planung und Bau), (Partner Betrieb)
• Bei Straßenbahnen und Metro liegen der Betrieb in der Verantwortung der Stadt Graz, bei den S-Bahn-Verkehren sind sowohl Besteller wie auch Betreiber einzubinden. Dies führt zu komplexen Abläufen.
5.2.10.Personalanforderungen/Personalbedarf
• Die Verfügbarkeit an Fahrpersonal wird als kritisch angesehen. • Zur Abschätzung des Personalbedarfs wird der Bedarf an Fahrer:innen auf Basis der zusätzlichen Fahrplankilometer der verschiedenen Verkehrssysteme abschätzt. • Die Metro wird fahrerlos betrieben. Der zusätzliche Personalbedarf in Stationen etc. wird mit 30% des eingesparten Fahrpersonals angesetzt.
5.2.11.Soziale Komponenten
• Die soziale Ausgestaltung der Tarifsysteme ist von den technischen Lösungen der ÖV-
Konzepte unabhängig. • Auch Barrierefreiheit ist heute selbstverständlich. • Die Erreichbarkeit der Stationen ohne sonstige Verkehrsmittel stellt eine wichtige soziale
Komponente dar (siehe Grafiken "Erschließungsqualität" bei den einzelnen Konzeptbeschreibungen.) • Im Bereich unterirdischer Verkehrsanlagen sind Videoüberwachungen zur Erhöhung des
Sicherheitsempfindens Stand der Technik, ebenso wie einfach erfassbare Leitsysteme zur Unterstützung der Orientierung. • Die Zuverlässigkeit ist bei von anderen Verkehrssystemen getrennten Lösungen (Tunnellösungen, durchgehend eigener Gleiskörper) am höchsten. • Ein partizipativer Planungsprozess sowie Unterstützung und Einbeziehung der Betroffenen während der Bauphase sichert eine breite Berücksichtigung der Anliegen aller Beteiligten.
Meta-Ereignisse
Da zuletzt schwerwiegende Folgen von Entwicklungen der letzten Jahre auch auf die zivilisierte Menschheit durchschlagen sollte dieser Aspekt in unserer Arbeit zumindest erwähnt werden und diesen Meta-Ereignissen Rechnung getragen werden:
Allgemeine Kernaussagen
Zukunftsaussagen werden durch größere Unsicherheiten als bisher angenommen maßgeblich beeinflusst. Davon ist jetzt bereits bekannt: • Die extrem zunehmenden direkten und indirekten Abhängigkeiten der arbeitsteiligen
Wirtschaft der letzten Jahre lassen auch Kriege fern von Österreich bis zu uns stark durchspüren. Ressourcenknappheiten in der Herstellung und im Betrieb des ÖV sind eine direkte und indirekte Folge davon. Komplexe Steuerungssysteme des ÖV werden davon stärker betroffen werden als einfache Systeme und energieintensivere Verkehrsmittel werden früher in Versorgungskrisen schlittern als energiesparendere Formen. • Die Klimakrise als Folge unserer Lebensweise (Ernährung, energieintensive Produktionen und Dienstleistungen) macht eine Dekarbonisierung der Abläufe notwendig und erfordert einerseits eine höhere Effizienz der eingesetzten Energie und andererseits auch neue Energiegewinnungs, -speicherungs- und Verbrauchsstrategien, um unseren Planeten langfristig für uns bewohnbar zu erhalten. • Durch die starke Globalisierung, Bevölkerungszunahme und gleichzeitige Urbanisierung werden (trotz eines hohen Hygienestandards der zivilisierten Welt) Pandemien häufiger einen wirksamen Nährboden zu ihrer Verbreitung finden. Die Auswirkungen auf den ÖV sind mitunter drastisch (Homeoffice, Ausweichen auf nicht motorisierten und motorisierten Individualverkehr), wenn dem nicht durch mehr Bewusstseinsbildung, Raum pro
Fahrgast, Lüftung und grundsätzlich große Disziplin begegnet wird.