Sudetendeutsche Zeitung 21. Mai 2021 Ausgabe 20

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Pfingst-Interview: Ein deutscher Pfarrer in Nord-Böhmen (Seite 3)

Sudetendeutsche Zeitung Neudeker Heimatbrief

Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft

Reicenberger Zeitung 160. Jahrgang

HEIMATBOTE

Jahrgang 73 | Folge 20 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 21. Mai 2021 Die Heimat im Ohr

1 CZK = 0,0393 EUR 1 EUR = 25,616 CZK

Neuer Museumsdirektor Stefan Planker nach München

wechselt Seite 9

Mährische Indianer

300. Geburtstag von David Zeisberger Seite 11

Subventions-Streit

B 6543

„Der lange Marsch zum Dialog“: 71 Jahre Sudetendeutscher Tag

KURSE

Neues von Musikkabarettist André Hartmann Seite 8

Postvertriebsstück · Deutsche Post AG · Entgelt bezahlt Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH · Hochstraße 8 · D-81669 München · eMail zeitung@sudeten.de

Die Pfingsttreffen der Sudetendeutschen Landsmannschaft sind immer auch ein Gradmesser der deutsch-tschechischen Beziehungen

Sudetendeutsche Mundarten aufgezeichnet Seite 5

SL-Förderpreisträger

VOLKSBOTE

„Es geht um die Gedächtniskultur des ‚Nie wieder‘ auch über die Generation der direkt Betroffenen hinaus. Es geht darum, daß Menschen, die das gleiche Schicksal verbindet, Grenzen überwinden. Es geht darum, daß Tschechen und Sudetendeutsche wieder zueinander finden. Die Sudetendeutschen Tage an Pfingsten sind seit über sieben Jahrzehnten die nachhaltigste Plattform für die Völkerverständigung im Herzen Europas und damit ein wichtiges Element deutscher Nachkriegsgeschichte“, erklärt Bernd Posselt, Sprecher der sudetendeutschen Volksgruppe.

Sudetendeutscher Tag 1954 auf der Theresienwiese in München. Bilder: Fischer/Archiv

Prag will Geduld der EU „testen“ A Im EU-Subventionsstreit um den Konzern Agrofert des tschechischen Premierministers Andrej Babiš geht die tschechische Regierung ungewöhnliche Wege. Man teste, so Wirtschaftsminister Karel Havlíček, wie weit die EU gehen werde.

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ine halbe Million Kronen, umgerechnet rund 20 000 Euro, hat die Tschechische Republik aus europäischen Mitteln an die Firma Fatra überwiesen, ein kleines Tochterunternehmen des Konzern Agrofert. Man wolle, so Wirtschaftsminister Karel Havlíček, der als rechte Hand von Babiš bekannt ist, testen, ob die Europäische Kommission die Summe zurückfordern wird.

Weiter unter Druck: Andrej Babiš. Der Hintergrund: Babiš hat die Kontrolle über seinen Konzern zwar an zwei Treuhandfonds übertragen, zieht aber nach Ansicht der Rechnungsprüfer der EU-Kommission im Hintergrund immer noch die Fäden. Als Firma eines Regierungsmitgliedes hätte Agrofert damit zu Unrecht mehrere Milllionen Euro EU-Subventionen erhalten. Sollte die EU die vergleichsweise geringe Summe bei Fatra zurückfodern, werde die Tschechische Republik vor den Europäischen Gerichtshof ziehen, erklärte der Minister. Ein Urteil hätte dann Signalwirkung für alle Subventionen an Agrofert. JŠ

n diesem Pfingstwochenende hätte der 70. Sudetendeutsche Tag in Hof stattfinden sollen. Das Treffen mußte aber auf Grund der Corona-Pandemie verschoben werden und findet jetzt vom 16. bis 18. Juli in München statt. „Im Sommer haben wir mehr Möglichkeiten, auch unter Corona-Bedingungen Veranstaltungen durchzuführen. Eine Absage, wie im Vorjahr, wollten wir unbedingt verhindern“, so Posselt. Als „der lange Marsch zum Dialog“ hat vor Jahren die Frankfurter Allgemeine Zeitung die Sudetendeutschen Tage beschrieben – eine durchaus treffende Charakterisierung, da die Pfingsttreffen ein Gradmesser der jeweils aktuellen Nachbarschaftsbeziehungen sind.

Phase 0: Das Fundament Der erste Sudetendeutsche Tag findet 1950 in Kempten statt. Das Motto „Gebt uns die Heimat wieder“ unterstreicht die Gefühlslage vieler Betroffenen. Aber trotz der millionenfachen Traumata durch die völkerrechtswidrige Vertreibung und der zehntausenden Toten unterzeichnen die Sudetendeutschen im selben Jahr die „Charta der Heimatvertriebenen“ und bekennen sich darin zum Verzicht auf Rache und Vergeltung. In der Charta wird erstmals ein „Recht auf Heimat“ postuliert, das ein von „Gott geschenktes Grundrecht der Menschheit“ ist. „Vor Kempten hatte es bereits regionale Treffen gegeben“, erinnert sich Peter Hucker, der sich auch mit 88 Jahren weiterhin engagiert für die Sudetendeutschen einsetzt. „Wir sind bereits 1949, ich war damals in Bayreuth auf dem Gymnasium, auf Anregung einiger Lehrer, die ebenfalls Sudetendeutsche waren, zu einem Treffen in den Park der Eremitage gegangen“, erzählt Hucker, der ab dem zweiten Sudetendeutschen Tag 1951 in Ansbach jedes Jahr (bis auf eine krankheitsbedingte Ausnahme) teilgenommen hat. „Die Pfingsttreffen sind fester Teil unseres Jahreszyklus. Für die Älteren waren die Pfingsttreffen damals eine Möglichkeit, Freunde und Be-

Als erstes Mitglied einer tschechischen Regierung spricht Kulturminister Daniel Herman 2016 auf dem Sudetendeutschen Tag. Ministerpräsident Horst Seehofer (kleines Foto mit Bernd Posselt) lobt die Rede als „historisch“

Ministerpräsident Dr. Hans Ehard 1954 in München (rechts).

men. 1984 spricht mit Karl Carstens der erste Bundespräsident auf dem Pfingsttreffen. Und 1986 folgt Helmut Kohl als erster Bundeskanzler – was in der damaligen Tschechoslowakei zu heftigen Diskussionen führt. „So ein Auftritt ist Wasser auf die Mühlen derer, die unbelehrt von der Geschichte die Staatsgrenzen angreifen, die aus dem Zweiten Weltkrieg entstanden sind“, empört sich Rudé právo, das Zentralorgan der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei.

treibung zu gedenken. 2013 hält Premierminister Petr Nečas eine für die Sudetendeutschen historische Rede im Bayerischen Landtag. Der Regierungschef: „Wir bedauern, daß durch die Vertreibung und zwangsweise Aussiedlung der Sudetendeutschen nach Kriegsende aus der ehemaligen Tschechoslowakei, die Enteignung und Ausbürgerung, unzähligen Menschen viel Leid und Unrecht angetan wurde.“ 2016 folgt Kulturminister Daniel Herman. Als erstes Mitglied einer tschechischen Regierung nimmt er offiziell am Sudetendeutschen Tag in Nürnberg teil und spricht gleich zu Beginn seiner Rede die anwesenden Vertriebenen mit „Liebe Landsleute“ an. Anschließend drückt Herman in Deutsch sein tiefstes Bedauern über die Vertreibung aus, die das jahrhundertelange Zusammenleben von Deutschen und Tschechen zerstört hat. Ministerpräsident Horst Seehofer nennt den Auftritt Hermans „historisch“ und sieht darin eine „Sternstunde in den bayerischtschechischen Beziehungen“. „Das gleiche Schicksal zu haben, eine Einheit zu sein, das prägt die Sudetendeutschen Tage noch immer“, erklärt Dr. Günter Reichert, der ehemalige Landesvorsitzende der Sudetendeutschen Landsmannschaft in Nordrhein-Westfalen und Vorstandsvorsitzende der Heiligenhof-Stiftung Sudetendeutsches Sozial- und Bildungswerk. Hinzu käme aber heute auch ein gewisser Kongreßcharakter. „Es gibt viele interessante Vorträge und Diskussionen. Und seit zehn bis 15 Jahren sind auch sehr viele Tschechen mit eigenen Informationsständen dabei. Da hilft man sich dann gegenseitig, so wie es unter guten Nachbarn üblich ist.“ Torsten Fricke

kannte wieder zu sehen. Für uns Jüngere ging es darum, die Erinnerung weiterzutragen. Wir wollten zeigen, daß unsere Volksgruppe noch lebt, und auch politisch ein Zeichen setzen.“

Phase 1: Bayern und der vierte Stamm 1954 hält auf dem Sudetendeutschen Tag der bayerische Ministerpräsident Dr. Hans Ehard die Festrede in München und gibt eine ungewöhnliche Zusage: „Eingedenk auch der Tatsache, daß mehr als die Hälfte der Heimatvertriebenen in Bayern Sudetendeutsche sind, habe ich mich bereit erklärt, der an mich ergangenen Bitte zu entsprechen, namens der bayerischen Staatsregierung die Schirmherrschaft über die große Gemeinschaft der sudetendeutschen Volksgruppe zu übernehmen.“ Die Sudetendeutschen sind damit der Vierte Stamm Bayerns. 1959 findet der Sudetendeutsche Tag erstmals in Österreich statt. Über 300 000 Menschen nehmen daran teil. In den 1970er Jahren stehen die Ostverträge im Mittelpunkt der bundesdeutschen Politik. Dabei werden die Anliegen der Vertriebenen von der Bundesregierung eher als störend wahrgenommen. 1973 wird im Prager Vertrag die sudetendeutsche Frage ausgeklammert, aber immerhin einigen sich Bonn und Prag auf die Aufnahme diplomatischer Beziehungen.

Phase 2: Nationale Anerkennung In den 1980er Jahren wendet sich das Blatt, und die Sudetendeutschen Tage werden erstmals auch von den Spitzenvertretern der Bundesrepublik Deutschland wahrgenom-

Phase 3: Erste Signale aus Prag 1990 eröffnet dann die „samtene Revolution“ die Möglichkeit, das Unrecht auf beiden Seiten aufzuarbeiten. „Gemeinsam die Zukunft gestalten!“ lautet dazu das treffende Motto des Sudetendeutschen Tages. Bereits Wochen vor seiner Wahl zum Staatspräsidenten am 29. Dezember 1989 hat Václav Havel in einem persönlichen Brief an Bundespräsident Richard von Weizsäcker die Vertreibung bedauert und das Kollektivschuld-Prinzip verurteilt. Havel betonte, die beiden Länder könnten sich nur dann auf friedliche Weise annähern, wenn sich Tschechen und Slowaken zu dem brutalen Vorgehen gegen ihre eigenen deutschsprachigen Mitbürger bekennen würden.

Phase 4: Rückfall in die Eiszeit Mit der Wahl von Miloš Zeman zum Premierminister verschlechtert sich das deutschtschechische Verhältnis rapide. So bezeichnet Zeman im Januar 2002 die Sudetendeutschen als „fünfte Kolonne Hitlers“, um dann – mehr als ein halbes Jahrhundert nach dem Ende des

Zweiten Weltkriegs – die rhetorische Frage zu stellen, ob „man jetzt wirklich Versöhnung für Verräter fordern“ könne. Nur Monate später, am 24. April 2002, verabschiedet das tschechische Abgeordnetenhaus einstimmig einen Beschluß, in dem die Beneš-Dekrete für „unantastbar“ erklärt werden – ein Tiefpunkt in der Beziehung zwischen den beiden Nachbarn. Die Sudetendeutsche Landsmannschaft nutzt daraufhin die Sudetendeutsche Tage an Pfingsten, um immer wieder auf das Unrecht der Vertreibung aufmerksam zu machen. 2003 heißt das Motto in Augsburg „Vertreibung trennt – Heimat und Recht verbinden“, 2004 in Nürnberg „Menschenrechte achten – Vertreibung ächten“, 2005 in Augsburg „Vertreibung überwinden – Ausgleich schaffen“ und 2006 in Nürnberg „Vertreibung ist Völkermord – dem Recht auf Heimat gehört die Zukunft“.

Phase 5: Endlich ein Durchbruch Im Jahr 2010 glückt ein diplomatischer Durchbruch. Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer besucht zum ersten Mal die Tschechische Republik und spricht vom „Beginn einer neuen Epoche“. Vorbereitet wird diese Reise in enger Abstimmung mit der Sudetendeutschen Landsmannschaft, und zur offiziellen Delegation gehört mit Bernd Posselt auch der höchste Vertreter der sudetendeutschen Volksgruppe. Die Reise ist ein politischer Erfolg. Nur elf Monate später fährt der bayerische Ministerpräsident zum zweiten Mal in die Tschechische Republik, um gemeinsam mit Bernd Posselt an mehreren historischen Orten der Opfer der Nazi-Diktatur sowie der Ver-


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AKTUELL · MEINUNG

Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 21.5. 2021

AUS DER ARBEIT DES PRAGER BÜROS

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ie Jerusalemer Synagoge befindet sich in der Jerusalemgasse nicht weit vom Prager Hauptbahnhof. Gebaut wurde sie in den Jahren 1905 bis 1906 und damals trug sie den Namen „Jubiläumssynagoge des Kaisers Franz Josef I.“, genauso wie der ganz nahe „FranzJosef-Bahnhof“, der in der Ersten tschechoslowakischen Republik „Wilson-Bahnhof“ hieß. In der Zeit der deutschen NS-Besetzung bekam dieser Bahnhof den Titel „Hauptbahnhof“, und so ist es

bis heute geblieben. Die besonders schön im Jugendstil ausgestattete Synagoge wird gerade vollständig renoviert. Dem SL-Büroleiter Peter Barton fiel die deutsche Inschrift auf, die die äußerst bewegenden Zeiten des 20. Jahrhunderts überlebt und die angesichts der Konflikte, manchmal auch zwischen den verschiedenen Religionen, bis heute nichts von ihrer Aktualität verloren hat: „Haben wir nicht alle einen Vater? Hat nicht ein Gott uns geschaffen?“

Torsten Fricke und Nadira Hurnaus

PRAGER SPITZEN

Sudetendeutsche Zeitung: Chefredakteure stellen sich vor Doppelspitze: Seit 1. April 2021 leiten Torsten Fricke und Nadira Hurnaus als Chefredakteu-

re die Sudetendeutsche Zeitung. In dieser Pfingstausgabe stellen sich die beiden engagierten und

Torsten Fricke

erfahrenen Journalisten den Leserinnen und Lesern vor und erklären, welche thematischen

Schwerpunkte sie für die Sudetendeutsche Zeitung setzen wollen.

Nadira Hurnaus

„Ich weiß, was „Das entscheidende Heimat bedeutet“ Kriterium ist Relevanz“ V W olontariat beim Münchner Diese Worte seien heute akMerkur, Journalismus-Stu- tueller denn je, so Fricke: „Das dium an der Ludwig-Maximili- entscheidende Kriterium für ans-Universität in München, Lo- die Sudetendeutsche Zeitung ist kalchef der Passauer Neuen Pres- Relevanz. Es gilt, die sudetense sowie der tz in München und deutsche Kultur an die nachstellvertretender Chefredakteur folgenden Generationen weider Abendzeitung sind einige be- terzutragen und die politischen rufliche Stationen von Torsten Entwicklungen in der TscheFricke. chischen Republik als Europä„Meine Mutter ist in Schle- er konstruktiv zu begleiten. Versien geboren, wo meine Groß- söhnung und gutes Miteinander eltern bis zur Flucht ein großes bedingen aber auch immer die Gut betrieben. Meine Schwie- ehrliche Aufarbeitung der gegermutter ist eine Prager Deut- meinsamen Geschichte. Die milsche. Das Thema Flucht und Ver- lionenfache Vertreibung bleibt treibung sind Teil auch über 75 Jahmeiner Familiengere danach ein histoschichte. Ich kann risches und völkermich noch gut erinrechtswidriges Unnern, wie meine Elrecht.“ tern und Großeltern Diese Erkenntnis in den 1970er Jahren würden auch viele die Ostverträge komTschechen teilen, so mentiert haben“, erFricke. „Erst in der zählt Fricke. vergangenen AusSpäter an der Unigabe haben wir über versität studierdie Enthüllung eite Fricke unter an- Torsten Fricke nes Mahnmals in Roderem bei Profeswensko bei Turnau sor Władysław Bartoszewski, der berichtet, das an ein Massaker später polnischer Außenmini- an 365 Deutschen nach Kriegsster wurde. „Daß ein Holocaust- ende erinnert. Dies zeigt, daß Überlebender und hochgeehrter viele Menschen bereit sind, die polnischer Nationalheld in Mün- gemeinsame Geschichte aufzuchen Vorlesungen vor deutschen arbeiten.“ So sei es für die SuStudenten hält, hat mich tief be- detendeutsche Zeitung auch Enwegt. Aus seinem Hauptseminar de April ein Pflichtthema gewe,Journalismus unter Diktaturen‘ sen, in einem großen Nachruf an habe ich für mein weiteres Leben „Das Mädchen von Lidice“, Maviel mitgenommen.“ rie Šupíková, zu erinnern, die eiAls Fricke nach dem Studium ne der wenigen Überlebenden zur Passauer Neuen Presse wech- des Massakers war, das die SS im selte, begann in Prag die samte- Juni 1942 verübt hatte. ne Revolution. „Eine spannende Die gemeinsame AufarbeiZeit, da die Verlagsgruppe Pas- tung der Geschichte und die sau intensiv in die tschechischen Fortschritte in der Annäherung Medien investierte. Da wir Zei- belegen auch die Sudetendeuttungsmacher plötzlich sehr viele schen Tage (siehe Seite 1). Bei Kontakte zu den tschechischen der Recherche sei vor allem ein Kollegen hatten, habe ich sogar Satz bei ihm hängen geblieben: versucht, Tschechisch zu lernen, „Wir wollten zeigen, daß unsere bin ich aber über die allgemei- Volksgruppe noch lebt, und auch nen Begrüßungsformeln nicht politisch ein Zeichen setzen“, hat hinaus gekommen.“ Peter Hucker erklärt, warum er Die Sudetendeutsche Zeitung seit über 70 Jahren an den Sudeist für Fricke ein Herzensprojekt. tendeutschen Tagen teilnimmt. „Ich habe einige historische AusFricke: „Dieses große Engagaben aus den 1950er Jahren ge- gement vieler Sudetendeutscher lesen. Da wurde Zeitgeschich- ist für die Landsmannschaft te geschrieben. Das ist Ansporn schlechthin konstituierend. Und und Verpflichtung zu gleich.“ dies gilt für die Sudetendeutsche In der ersten Ausgabe, die vor Zeitung ebenso. Deshalb kann 70 Jahren am 7. April 1951 er- ich nur alle ermuntern, unseschien, hieß es: „Die Sudeten- rer Zeitung weiterhin die Treue deutsche Zeitung hat als Organ zu halten. Als Redakteure werunserer Landsmannschaft die den wir die Zeitung kontinuierAufgabe, der Gesamtheit der Su- lich weiter entwickeln, um noch detendeutschen Volksgruppe zu mehr Leser zu gewinnen. Unser dienen. Sie hat eine gesamtdeut- Ziel ist es, daß die Sudetendeutsche und im verantwortlichsten sche Zeitung auch in Zukunft eiSinne des Wortes eine europä- ne relevante Stimme in der Meische Aufgabe zu erfüllen.“ dienlandschaft ist.“

enn einer spricht, müssen die anderen zuhören – das ist deine Gelegenheit. Mißbrauche sie.“ Das schrieb Journalisten-Kollege Kurt Tucholsky 1930 unter dem Titel „Ratschläge für einen schlechten Redner“. Das gilt auch für die Gelegenheit zu schreiben. Ich habe endlich die Gelegenheit, mich nach 16 Jahren Arbeit bei der Sudetendeutschen Zeitung vorzustellen. Das ist meine Gelegenheit. Und ich mißbrauche sie. Vor 16 Jahren heuerte mich Bernd Posselt für die Sudeten-

tendeutschen Zeitung obliegt. Seit 1995 gestaltet sie ihre eigenen Kulturseiten. Sie kennt wirklich jeden Sudetendeutschen, der irgend etwas mit Kultur zu tun hat. Am Sudetendeutschen Tag 2019 in Regensburg holte Herbert Fischer die junge Regensburger Journalistin Lexa Wessel an Bord. Sie ist verantwortlich für den Heimatruf und den Neudeker Heimatbrief in unserem Regionalteil. Dort tummle auch ich mich. Der Heimatbote für Bischofteinitz und Tachau

Kunden stürmen die Geschäfte

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ositive Bilanz vom ersten Wochenende: Nachdem Geschäfte wieder öffnen hatten dürfen, war das Interesse der Kunden groß. Nach Angaben des Verbandes für Handel und Fremdenverkehr (SOCR) kamen am Samstag und Sonntag 20 Prozent mehr Kunden in die Läden als an einem normalen Wochenende im Jahr 2019, also vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Damit habe sich bestätigt, daß Online-Einkäufe in einigen Bereichen den Besuch eines Geschäftes nicht ersetzen könnten. Dies beträfe vor allem Bekleidung, Schuhe, Möbel und Haushaltseinrichtungen, so SOCR-Chef Tomáš Prouza.

Weitere Öffnungen ab Montag

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b der kommenden Woche werden Kulturveranstaltungen in der Tschechischen Republik für bis zu 500 Personen auch in Innenräumen wieder möglich sein, hat Kulturminister Lubomír Zaorálek (Sozialdemokraten) angekündigt. Unter freiem Himmel erhöht sich die erlaubte Besucherzahl auf 1000. Der Minister für Industrie und Handel, Karel Havlíček (parteilos), geht davon aus, daß die Innenräume von Restaurants und Cafés in der ersten Juni-Hälfte wieder geöffnet sein dürfen.

Gemüse-Importe nehmen zu

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n die Tschechische Republik wird immer mehr Gemüse importiert. Mit der eigenen Land-

Nadira Hurnaus ist seit 16 Jahren für die Sudetendeutsche Zeitung tätig. deutsche Zeitung an. Zuvor war ich Chefredakteurin eines politischen Monatsmagazins, das mit dem Tod seines Herausgebers auch starb. Als erstes führte ich die „Prager Spitzen“ ein. Wie ein Nachrichtenticker informieren sie allwöchentlich über Aktuelles aus Politik, Wirtschaft, Kultur, Religion und Sport in Prag. Stolz bin ich, daß ich Pater Martin Leitgöb im April vor ei- Pater Martin nem Jahr ge- Leitgöb winnen konnte, uns mit seiner Kolumne in Corona-Zeiten seelsorgerisch zur Seite zu stehen. Damals war er im zehnten Jahr Seelsorger der Deutschsprachigen Katholischen Pfarrei Prag. Jetzt betreut der niederösterreichische Redemptoristenpater Gemeinde und Wallfahrtskirche Schönenberg in Baden-Württemberg. Wenige wissen, daß Susanne Habel bereits seit 1992 die Kulturberichterstattung der Sude-

sowie die Reichenberger Zeitung oder Nordböhmische Umschau sind mein Terrain. Außerdem verantworte ich die Seite 6 mit den Personalien und die Verbandsnachrichten. Naturgemäß sind diese Nachrichten gegenwärtig spärlich. Doch das wird sich wohl bald ändern. Deshalb appelliere ich an die Landsleute, uns weiter über ihre Aktivitäten zu informieren. Schließlich ist die Sudetendeutsche Zeitung ein Dienstleister für die Sudetendeutschen und ihre Institutionen. Als Tochter eines Mährisch Schönbergers und einer Rußlanddeutschen kam ich in Amman zur Welt, habe einen persischen Vornamen und heiratete mir einen bayerischen Nachnamen an. Ich lebte in Jordanien, Indonesien, bei den Benediktinerinnen auf Frauenchiemsee, in England, in Irland, in Liberia und in China. Ich weiß, was Heimat bedeutet. Vergangenheit und Zukunft, Heimat und Fremde: Diese Symbiose will diese Zeitung leben. Nicht zuletzt mit der tätigen Hilfe der sudetendeutschen Landsleute.

wirtschaft könne man nur rund 30 Prozent des Bedarfs decken, sagte der Vorsitzende des Verbandes der Gemüsebauern Böhmens und Mährens, Petr Hanka. Ein Grund: Die Kunden wünschen sich eine große Sortenvielfalt, und viele Gemüsesorten können im eigenen Land nicht angebaut werden.

Superbike-WM im Autodrom bei Brüx

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ollgas in Brüx: Der Autodrom Most wird für die nächsten fünf Jahre einer der Austragungsorte der Motorradrennserie Superbike-WM. Ein entsprechender Fünfjahresvertrag wurde in Prag unterzeichnet. Vom 6. bis 8. August werden die weltbesten Motorradrennfahrer erstmals über die 4,2 Kilometer lange Strecke fahren. Das Autodrom Most bei Brüx wurde im Jahr 1983 gebaut und war die erste permanente Rennstrecke in der Tschechoslowakei.

Bilder von fröhlichen Biertrinkern

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ier statt Muskeln: Mit der Öffnung der Biergärten und der Außengastronomie sind die tschechischen Medien voll von Bildern mit Biertrinkern, die begeistert ihr Glas heben und auf die Corona-Lockerungen anstoßen. Daß gleichzeitig auch Fitneßstudios geöffnet haben – wenngleich unter starken Restriktionen – erwähnen die Medien dagegen nur am Rande. In den vergangenen Wochen ist die Zahl der Neuinfektionen massiv zurückgegangen. So wurden am Montag nur noch 257 Fälle gemeldet. Zu Hochzeiten der Pandemie waren es über

Sudetendeutsche Zeitung

ISSN 0491-4546 Erscheint wöchentlich freitags. Redaktionsschluß: Montag 18.00 Uhr. Chefredaktion und verantwortlich für den Inhalt: Torsten Fricke, Nadira Hurnaus. Kulturredaktion: Susanne Habel. Korrespondent in Prag: Dr. Jaroslav Šonka; Korrespondentin in Teplitz-Schönau: Jutta Benešová; Korrespondenten im Isergebirge: Stanislav Beran, Petra Laurin; Korrespondent in Berlin: Ulrich Miksch. Ständige Mitarbeit: Peter Barton, Markus Bauer, Josef Grimm, Professor Dr. Rudolf Grulich, Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Kathrin Hoffmann, Peter Pawlik, Herbert Ring, Karl Reitmeier, Hildegard Schuster, Lexa Wessel. Verlagsassistentin: Birte Rudzki. Anschrift für alle: Hochstraße 8, 81669 München. Redaktion: eMail zeitung@sudeten.de; Verlag: Telefon (0 89) 48 00 03 80, eMail svg@sudeten.de. Jahres-Abonnement 2021 Inland als Postvertriebsstück im Lastschriftverfahren 125,00 EUR einschließlich 7 Prozent Mehrwertsteuer. Ausland 154,00 EUR, Luftpost auf Anfrage. Reichenberger Zeitung (24 Ausgaben jährlich) 62,50 EUR, Neudeker Heimatbrief (12 Ausgaben jährlich) 31,25 EUR. Je Rechnung 2,00 EUR Aufschlag. Bankverbindung: Postbank München – IBAN: DE13 7001 0080 0005 7278 08, BIC: PBNKDEFF; Abbestellungen mit einer Frist von vier Wochen zum Vierteljahresschluß schriftlich an den Verlag. Anzeigenpreisliste Nr. 13 vom 1. Januar 2021; Anzeigengestaltung erst nach Auftrag. © 2021 Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft. Diese Zeitung ist mit allen Texten und Bildern urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, Vervielfältigung und Verwertung – insbesondere auch Weitergabe in Form von Kopien oder Einstellen ins Internet – sind ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urheberrecht nichts anderes ergibt. Mit vollem Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder der Sudetendeutschen Landsmannschaft wieder. Gerichtsstand und Erfüllungsort München. Kein Entschädigungsanspruch bei Nichterscheinen oder Nichtlieferung infolge Streik oder höherer Gewalt. Keine Gewähr für nicht angeforderte Manuskripte, Bilder, Dokumente, Datenträger und Daten. Alle datenschutzrechtlichen Vorschriften werden beachtet; Einzelheiten dazu im Internet unter www.sudeten.de Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH, HRB München 3796. Geschäftsführer und verantwortlich für Anzeigen: Herbert Fischer. Alleiniger Anteilseigner: Sudetendeutsche Landsmannschaft, Hochstraße 8, 81669 München. Druck und Versand: Presse-Druck- und Verlags-GmbH, 86167 Augsburg.

Dieses Projekt wird aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales gefördert.


Ein deutscher Pfarrer in Nordböhmen: Vor 17 Jahren ist Philipp Irmer von Münster nach Maria Ratschitz gezogen, um den Menschen den Glauben nahezubringen – in einer Gegend, in der es nur wenige Gläubige und fast ausschließlich Atheisten gibt. Seinem Engagement für die Botschaft Gottes tat dies bis heute keinen Abbruch.

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AKTUELL

Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 21. 5. 2021

Interview mit Pfarrer Philipp Irmer, der seit 17 Jahren als Deutscher in Nordböhmen lebt und arbeitet

„Pfingsten ist das lebendigste Fest, das die Kirche feiert“

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err Pfarrer, was hatte Sie dazu bewogen, von Münster nach Maria Ratschitz zu ziehen, wo es kaum Christen gibt? Pfarrer Philipp Irmer: 1996 war ich als Diakon in Ahaus an der niederländischen Grenze tätig. Wir planten damals ein Sommer-Zeltlager und hörten, daß Abt Bernhard Thebes Jugendliche einlud, nach Ossegg ins Kloster zu kommen, um dort bei der Renovierung zu helfen. Wir Organisatoren sind dann Ostern nach Ossegg gefahren, um uns das Kloster vorab anzuschauen. Als wir dort abends ankamen, war es sehr dunkel und wirklich kalt. Der Pförtner richtete uns aus, daß am nächsten Tag Messe sei und der Abt sich freue, wenn wir daran teilnähmen. So erlebten und feierten wir in einer unglaublich kalten Kirche den Dienstag der Osteroktav. Es war ein unvergessenes Ereignis, das alle schwer beeindruckte. Wir sind dann auch zur Wallfahrt nach Maria Ratschitz eingeladen worden. Zu Fuß und mit dem Kreuz voran pilgerten wir mit einer kleinen Schar mitten durchs Braunkohlegebiet. Diese Ereignisse und die folgenden Besuche mit Jugendgruppen ließen mein Engagement für Nordböhmen immer mehr wachsen. 2002 hat mich der Abt schließlich gefragt, ob ich nicht nach Ossegg kommen und Maria Ratschitz übernehmen möchte. Ich habe ihm mit der Erlaubnis meines Bischofs Reinhard Lettmann zugesagt und habe dann am 1. September 2003 hier angefangen. Wie wurden Sie als deutscher katholischer Pfarrer aufgenommen? Irmer: Ich bin sehr herzlich aufgenommen worden. Das Pfarrhaus war heruntergekommen, aber mit Hilfe eines dafür in Gronau gegründeten Freundes- und Förderkreises, mit Mitteln von Renovabis und vielen individuellen Spenden gelang es, das Haus wieder herzurichten. In der ersten Zeit habe ich noch in Ossegg gewohnt, gearbeitet und die tschechische Sprache gelernt. Gibt es heute noch Vorbehalte

Pfarrer Philipp Irmer bei der Heiligen Messe gegen Deutsche? Irmer: Ich persönlich habe nie Ablehnung oder Vorbehalte gespürt, weil ich ein Deutscher bin. Das ist bis heute so geblieben. Wenn es Vorbehalte gegenüber Deutschen gibt, hat das aber sicher andere Gründe als die Zugehörigkeit zu einer Nation. In einer TV-Reportage über Sie hieß es, die Gegend sei die größte Diaspora Europas. Was unternehmen Sie, damit wieder mehr Menschen in Ihr Gotteshaus kommen? Irmer: Es war wichtig, einfach loszulegen, präsent zu sein und Gottesdienste zu feiern. Aber es ist auch wichtig, außerhalb dieser gottesdienstlichen Feiern den Menschen zu begegnen. Gerade in Maria Ratschitz läuft das in Zusammenarbeit mit der Ortsgemeinde sehr gut. In den inzwischen acht anderen Gemeinden machen wir das ähnlich. Wir öffnen die Kirchen und zeigen uns

mit ortsgemeindlichen Aktionen, wie Musikfestivals, Krippenspielen oder Wallfahrten. Was schätzen Sie an Ihrer neuen Heimat, an Ihren Mitmenschen. Was ist der Unterschied zu Deutschland? Irmer: Ganz besonders schätze ich den unkomplizierten Umgang untereinander. Ich schätze die Art, sich unvoreingenommen auf Neues einzulassen. Gäste und Besucher, die erstmals an unseren Gottessdiensten teilnehmen, sagen uns oft danach, daß sie die Feiern als lebhaft und stimmig empfunden haben. So etwas macht mich froh und dankbar. All das, was ich gerade über uns erzählt habe, habe ich so auch in Deutschland erlebt. Es liegt nicht nur an den Strukturen, sondern es liegt an den Menschen, an den Gläubigen und an den Hauptamtlichen, wie sie ihre gemeinsame Sendung verste-

Zur Person: Pfarrer Philipp Irmer Geboren am 18. August 1968 in Lüdinghausen. 1988 bis 1994 Studium der Theologie in Münster und Salzburg. 18. Mai 1997 Priesterweihe in Münster. 1997 bis 2000 Kaplan in Emsdetten Sankt Marien. 2000 bis 2003 Kaplan in Gronau Sankt Antonius. Seit 2003 Administrator in Maria Ratschitz. Seit 2004 Administrator in Graupen und Mariaschein und bis 2010 Spiritual am bischöflichen Gymnasium in Mariaschein. Seit 2008 Administrator in Ossegg. Seit 2015 Pfarrer in Mariaschein. Seit 2017 Administrator in Dux und Dlaschkowitz. Seit 2020 Administrator in Niklasberg.

hen und ihr Christsein glaubwürdig und lebendig leben. Vermissen Sie Deutschland, und wie oft besuchen Sie Ihre alte Heimat Münster? Irmer: Ich wohne nicht weit von der Grenze und kann nach Deutschland fahren, um Freunde oder Verwandte zu besuchen. Mein Vater lebt noch in Lüdinghausen, und so bin ich bis zu viermal im Jahr auch in Münster. Wie sieht eine typische Ar-

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aria Ratschitz liegt an der Grenze zu Sachsen und ist mit der Wallfahrtskirche zur schmerzhaften Mutter Gottes einer der ältesten Wallfahrtsorte in Böhmen. Erste Zeugnisse gehen auf das Jahr 1280 zurück. Heute werden die angrenzenden Gebäude auch in den Sommermonaten als Jugendbegegnungsstätte genutzt.

beitswoche bei Ihnen aus ? Irmer: Eine typische Woche gibt es so nicht. Was allen Wochen gleich ist, sind das Gebet, die Meßfeiern und Kasualien, die so anfallen. Dann gibt es noch verschiedene Treffen mit Architekten und Bauleuten. Planungen und Anträge für Zuschüsse für unsere Gebäude und Kirchen. Jugendarbeit und Katechese spielen auch eine Rolle, aber gerade in der Jugendarbeit bin ich froh, noch unseren Diakon Christopher Cantzen hier zu haben, der am 3. Juli 2021 zum Priester geweiht wird. Christopher stammt auch aus Deutschland. Ich habe ihn während meiner Kaplanszeit in Gronau kennengelernt. Nach seinem Abitur hat er bei uns sein freiwilliges soziales Jahr verbracht und sich danach entschieden, in Münster Theologie zu studieren. In den warmen Monaten haben wir au-

ßerdem viele Gruppen und Einzelgäste im Haus, die versorgt und betreut werden müssen. Welche Hobbys haben Sie? Irmer: Mein größtes Hobby habe ich zu meinem Beruf gemacht. Ich habe aber auch den ein oder anderen Hund und mehrere Aquarien. Wir haben hier einen großen Garten, der gepflegt werden muß, und den ich gerne mit einem Bier aus der Klosterbrauerei Ossegg genieße. Welches war Ihr schönstes Erlebnis als Pfarrer in Nordböhmen? Irmer: Ich habe im letzten Jahr begonnen, einen 60jährigen Mann auf seinem Weg zu seiner Taufe zu begleiten. In der Osternacht habe ich ihn getauft. Da hat er sich zur Gemeinde umgedreht und der Gemeinde und mir gedankt. Er sagte, daß er nun zu uns gehöre, sei das Schönste, was ihm bisher widerfahren sei. Das ging unter die Haut. Sie sind seit 17 Jahren in Nordböhmen tätig, wird es für immer Ihre neue Heimat bleiben? Irmer: Ich bin kein Prophet. Vor zwei Jahren bin ich von meinem Bischof Felix Genn gefragt worden, ob ich wieder ins Bistum Münster zurückkehren wolle. Ich habe ihm gesagt, daß das nicht allein meine Entscheidung sei. Darauf entgegnete er mir, daß er zu dem Schluß gekommen sei, ich sei in Nordböhmen angekommen. Damit kann ich gut leben. Was ist Ihre Botschaft zu Pfingsten? Irmer: Der Geist des Herrn durchweht das All. Pfingsten ist für mich persönlich das lebendigste Fest, das die Kirche feiert. Die Worte Jesu, daß ER uns seinen Geist schenken wird, sind Wirklichkeit geworden und erneuern sich immer wieder. Die Kirche, die Welt braucht lebendige und be-Geist-erte Menschen, die die Botschaft Jesu leben und authentisch weitertragen. Durch den Geist Gottes ist ER in jedem, der sich auf IHN einläßt, lebendig. Sein Geist ist es, der die Kirche erst lebensfähig macht. Begeisterung für und in der Kirche Gottes steckt an, gibt Zuversicht, zeigt neue Wege auf und gibt echte Perspektive. Begeisterung für die Sache Jesu ist etwas anderes als Fanatismus. Begeisterung ist Bereicherung, Fanatismus ist Abgrenzung. Gott ist die Liebe, die niemanden ausschließt, diese Liebe sollen wir in Kirche und Gesellschaft durch unser Lebenszeugnis sichtbar, ja spürbar machen. Sein Geist befähigt uns dazu. Viele Eltern stehen an diesem Wochenende vor der Herausforderung, ihren Kindern Pfingsten zu erklären. Was raten Sie? Irmer: Einem Kind würde ich das nicht erklären wollen, sondern spüren lassen. Kinder haben ein intuitives Gefühl für Begeisterung. Sie leben noch mit dem Herzen und nicht ausschließlich mit dem Kopf. Dieses Kindsein ist bei uns durchaus positiv besetzt. Nicola Fricke

Erzbischof Ludwig Schick würdigt den Heiligen Johannes von Nepomuk

„Vorbild für den Brückenbau zwischen allen Europäern“ Bamberg gedenkt dem Heiligen Nepomuk: Bei einem Gottesdienst in der St. Martins-Kirche hat Erzbischof Ludwig Schick an den unbeugsamen Priester aus Böhmen erinnert.

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eben Kreuzen und Mariendarstellungen sind Skulpturen des heiligen Nepomuk die in freier Landschaft am häufigsten anzutreffenden christlichen Steinfiguren. Besonders auf Brücken ist dieser Mann aus Böhmen anzutreffen. Wurde der um 1350 geborene Johannes von Nepomuk, Priester und Generalvikar, doch am 20. März 1393 von den Schergen des Königs Wenzel IV. gefoltert

Zu Ehren des Heiligen Nepomuk wurde am Sonntag in Bamberg ein Gottesdienst mit Erzbischof Ludwig Schick gefeiert. Bilder: Krüger-Hundrup und von der Prager Moldaubrükke in den Fluß geworfen, weil er sich standhaft geweigert hatte, das Beichtgeheimnis zu brechen. So gilt der vor 300 Jahren

(1721) erst selig, dann 1729 heilig gesprochene Johannes von Nepomuk als Schutzpatron der Beichtväter, Priester und Schiffer. Am Gedenktag des Heili-

gen am Sonntag, 16. Mai, erinnerte Erzbischof Ludwig Schick an den Priester aus Böhmen: „Johannes von Nepomuk ist ein Vorbild für den Brückenbau zwischen allen Europäern in Ost und West.“ Nepomuk rufe dazu auf, weiterhin Brücken zwischen den Völkern und Nationen zu bauen, sagte der Erzbischof in dem Gottesdienst, zu dem die Ackermann-Gemeinde der Erzdiözese Bamberg eingeladen hatte. Als Kantorin gestaltete die Diözesanvorsitzende Ursula Lippert mit ihrem Ehemann Christoph den Gottesdienst mit, begleitet von Bläsern des Katholischen Posaunenchores Heilig Geist aus Veitsbronn. Mit dem

Erzbischof zelebrierten der Geistliche Beirat der Ackermann-Gemeinde, Domvikar Andreas Müller, und Monsignore Anton Otte. Da die Eucharistiefeier im Rahmen der Renovabis-Pfingstaktion für die Menschen in Mittel- und Osteuropa zum Thema „Umwelt- und Klimaschutz“ stattfand, gaben auch Predigt, Gebete, Fürbitten entsprechende Impulse: „Gott, weise uns den Weg zu nachhaltigem Wirtschaften, damit wir die Schöpfung bewahren“, hieß es etwa. Und: „Wir müssen sorgsamer und vernünftiger mit der Natur umgehen. Wir sind dazu fähig, wie wir auch fähig sind, auf Nachbarn zuzugehen über die Grenzen hinweg,

Diözesanvorsitzende Ursula Lippert mit ihrem Ehemann Christoph. um Beziehungen zu knüpfen für Frieden, Gerechtigkeit, Solidarität, Wohlwollen“, so Erzbischof Schick. Marion Krüger-Hundrup


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TERMINE . AKTUELL

Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 21. 5.2021

Wanderausstellung Gerettete Denkmale – Zeugen der deutschen Kulturgeschichte

Wenn Kunst Kirchen vor dem Verfall rettet „Gerettete Denkmale – Zeugen der deutschen Kulturgeschichte in der Tschechischen Republik“ lautet der Titel einer Wanderausstellung, die pandemiebedingt derzeit nicht an öffentlichen Orten gezeigt werden kann. Als Ersatz stellt die Sudetendeutsche Zeitung einige Erinnerungen in den kommenden Ausgaben vor.

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Die Kirche in Bilin-Ugest ist einer der Veranstaltungsorte des Kulturfestivals Bílinale, das vom 30. Juli bis 1. August stattfindet.

as erste internationale Art Festival Bílinale, ein Begegnungsprojekt tschechischer und deutscher Künstlerinnen und Künstler zur Wiederbelebung nicht genutzter und verlassener Kirchen in der Umgebung von Bilin, trug 2019 den Titel „Einatmen. Ausatmen / Breath in. Breath out“. Die Mitwirkenden stellten ihre Installationen zu diesem Thema in den Kirchen in Bilin-Ugest, Kautz und Hrobschitz aus. Alle drei Kirchen sind seit 2017 im Besitz des Vereins Omnium, der sie schrittweise renoviert und in das regionale Kulturleben integriert. Der Titel ist eine Lebensmetapher, und er steht für die Wiederbelebung. Gleichzeitig impliziert er die rhythmische Auf- und Abbewegung des Atmens, die wir

mit dem wechselhaften Schicksal der Kirchen und der Denkmäler im Allgemeinen assoziieren können. Aus dem Lebensmittelpunkt einer Gemeinde, aus den höchsten geistigen und künstlerischen Sphären sind die Kirchen in Vergessenheit geraten. Das 2. Art Festival Bílinale findet unter dem Titel „Sag mir, wo die Blumen sind? / Where have all the flowers gone?“ vom 30. Juli bis zum 1. August statt. Das Motto entstammte dem Antikriegslied von Pete See-

ger von 1955. Das Lied thematisiert die ewige Wiederholung des Krieges und der Kriegsverbrechen. In seinem Lied stellt der US-amerikanische Sänger die Frage, wann die Menschen endlich aus ihren Fehlern lernen. Die Wanderausstellung „Gerettete Denkmale“ wird von der Heimatpflegerin der Sudetendeutschen, Christina Meinusch, unterstützt. Wenn Sie die Wanderausstellung in Ihrer Region zeigen wollen, wenden Sie sich bitte an meinusch@sudeten.de Freitag, 30. Juli, 17.30 Uhr, Kautz: Eröffnung mit Barbora Větrovská und Susan Donath, Performances Katrin Schmidt; 18.30 Uhr, Hrobschitz: Performance Martin Janíček; 20.00 Uhr, Bilin: Konzert Katrin Schmidt. Samstag, 31. Juli, 16.00 Uhr, Bilin: Konzertoktett Speinsharter Harmoniemusik. Sonntag, 1. August: 11.00 Uhr, Bilin: Lesung und Performance Kateřina Tučková „Gerta. deutsches Mädchen“; 14.30 Uhr, Bilin Konzert des Kammerchors Neustadt.

Hiltraud Knoben-Schartl, Dieter Marschoun und Freisings Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher

Aufnahme vor 75 Jahren

Gedenken in Freising

A

n der Gedenkstele am Veitshof haben Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher und Vertreter der Sudetendeutschen Landsmannschaft an die Aufnahme von 3300 Vertriebenen durch die Stadt Freising vor 75 Jahren erinnert. Das Stadtoberhaupt sagte, daß die Vertriebenen beim Wiederaufbau der im Krieg zerbombten Stadt entscheidenden Anteil gehabt hätten. Professor Erhard Ernst Korkisch erklärte, die Symbolik der im Jahr 2000 eingeweihten Stele sei eine Mahnung an die nachfolgenden Generationen. Die Idee für dieses Gedenken hatte Heinz Marschoun. Anwesend waren außerdem Hiltraud Knoben-Schartl, Dieter Marschoun, Horst Heinz, Felix Vogt (SL Schwaben) und Edith Mages.

VERANSTALTUNGSKALENDER Montag,

31. Mai, 19.00 Uhr, Adalbert Stifter Verein, Volkshochschule Linz und Institut für Geschichte und Zeitgeschichte der Universität Linz: „Zum transkulturellen Charakter böhmischer Literatur“ – Vortrag von Dr. Peter Becher, Vorsitzender des Adalbert Stifter Vereins, in Linz, Wissensturm (Saal E 09), Kärntner Straße 26. Donnerstag, 17. Juni, 9.30 Uhr, SL Ortsgruppe Königsbrunn / Wehringen / Klosterlechfeld: Mitgliedertreff. 9.30 Uhr: Heimatstüble im Lechfeld-Museum Königsbrunn 10.30 Uhr: Treff beim Sudetendeutschen Mahnmal am Friedhof Königsbrunn. 11.00 Uhr: Sitzung im Gasthof „Krone“ in der Bürgermeister-Wohlfarth-Straße 44 in 86343 Königsbrunn. 12.00 Uhr: Mittagessen. 13.30 Uhr: Besuch des Museums Schlacht auf dem Lechfeld beim Gymnasium Königsbrunn. Anmeldung bis spätestens 10. Juni bei Obmann Kurt Aue (08 21) 8 85 37 56 oder sudetenaue@koenigsau.de Freitag, 18., bis Sonntag, 20. Juni, Paneuropa-Union Deutschland: Paneuropa-Tage in Trier, Echternach und Schengen unter der Schirmherrschaft von Jean-Claude Juncker, ehemaliger Präsident der EU-Kommission, mit Festabend, Hauptkundgebung, Gottesdiensten und Delegiertenversammlung. Festredner sind neben Juncker der Präsident der PaneuropaUnion Deutschland, Bernd Posselt, der österreichische Vizepräsident des Europäischen Parlaments, Othmar Karas, und der Internationale Präsident der Paneuropa-Union, Alain Terrenoire. Die 47. Paneuropa-Tage stehen unter dem Motto „Europa gestalten, nicht bloß verwalten“. Programm und Anmeldung unter www.paneuropa.org Samstag, 19. Juni, 9.00 Uhr, Ackermann-Gemeinde Bistum Bamberg: „Verfolgte Christen in der Welt –Herausforderung für uns?“ – Studientag mit Bischof Bertram Meier (Augsburg), Zeit-Redakteur Ulrich Ladurner und weiteren Referenten in Nürnberg, Caritas-Pirckheimer-Haus, Königstraße 64. An-

meldung: Akademie CPH, Königstraße 64, 90402 Nürnberg, Telefon (09 11) 2 34 61 45, eMail akademie@cph-nuernberg.de Samstag, 19. Juni, 10.30 Uhr, SL-Landesgruppe Bayern: Landesfrauentagung 2021 in Regensburg, Kolpinghaus, AdolphKolping-Straße 1. Mittwoch, 7. Juli, 15.00 Uhr, SL-Ortsgruppe Königsbrunn / Wehringen / Klosterlechfeld: Mitgliederversammlung in der Gemeindehalle Wehringen. Samstag, 10. Juli, 14.00

Gisela von Ungarn

Uhr, SL-Ortsgruppe Königsbrunn / Wehringen / Klosterlechfeld: Muttertagfeier (Wir feiern auch die Väter), Fischerheim Wehringen, In der Aue 5. Samstag, 17. Juli, oder Sonntag, 18. Juli, 7.00 Uhr, SL-Ortsgruppe Königsbrunn / Wehringen / Klosterlechfeld: Fahrt zum Sudetendeutschen Tag nach München (mit dem Bayernticket). Treffpunkt Augsburg Hauptbahnhof vor der Treppe um 7 Uhr. Ob wir am 17. oder 18. fahren, erfahren Sie bei der Anmeldung,

Hedwig Jagiellonica

Vortrag von Prof. Dr. Andreas Otto Weber:

Von Gisela von Ungarn zu Hedwig Jagiellonica HDOnline direkt: 10. Juni, 19.00 Uhr: „Von Gisela von Ungarn zu Hedwig Jagiellonica – Dynastische Verbindungen zwischen Fürstenhäusern im Heiligen Römischen Reich und den östlichen Nachbarreichen vom Mittelalter bis in die Frühe Neuzeit“ Referent: Prof. Dr. Andreas Otto Weber, Direktor des HDO. Veranstaltungsort: Online und Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg, 5, 81669 München. Anmeldung erforderlich unter Telefon (0 89) 44 99 93 0 oder per eMail unter poststelle@hdo.bayern.de

HDOnline direkt: 6. Juni, 10.00 Uhr: „Zum 75. To-

destag Gerhart Hauptmanns: ,Wiesenstein‘ (2018)“. Referent: Hans Pleschinski. Moderation: Paul Hansel. Grußwort: Professor Dr. Andreas Otto Weber, Direktor des Hauses des Deutschen Ostens. In Kooperation mit der Stiftung Kulturwerk Schlesien. „Bin ich noch in meinem Haus?“ – das sollen die letzten Worte von Gerhart Hauptmann gewesen sein, der vor 75 Jahren, am 6. Juni 1946, in Agnetendorf im Riesengebirge gestorben ist.

die bis spätestens 15. Juli 2021 bei Obmann Kurt Aue erfolgen muß. Telefon: (08 21) 8 85 37 56 oder per eMail sudetenaue@ koenigsau.de. Samstag, 28., bis Sonntag, 29. August, Heimatkreisverein Tachau: 32. Heimatkreistreffen in Weiden. Programm: Samstag, 8.00 Uhr: Abfahrt nach München und Besuch des Sudetendeutschen Museums. 18.00 Uhr: Gemütlicher Abend im Ratskeller bei Egerländer Wirtshausmusik. Sonntag, 9.00 Uhr: Feier am Gedenkstein in der Kurt-Schumacher-Allee. 10.15 Uhr: Vereinssitzung und Neuwahlen im Kultursaal des Hans-Bauer-Kulturzentrums. 12.00 Uhr: Ausstellungseröffnung. 13.00 Uhr: Mittagessen im Ratskeller, Einladung der Patenstadt Weiden. Sonntag, 12. September, 15.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Kassel: Gedenkstunde für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation, Kassel-Hauptfriedhof (Nähe Eingang Heckershäuser Straße), Auskunft: Dietmar Pfütz, Telefon: (05 61) 51 43 59, eMail: dietmar@pfuetz.de Donnerstag, 16. September, 10.30 Uhr, SL-Kreisgruppe Augsburg-Land: Kreisdelegiertenversammlung im Sudetendeutschen Haus in München mit einem Besuch des Sudetendeutschen Museums. Als Ehrengäste zugesagt haben Staatsministerin Carolina Trautner, Schwabens Bezirkstagspräsident Martin Sailer, Bayerns SL-Landesvorsitzender Steffen Hörtler und Schwabens BdV-Bezirksvorsitzender Andreas Jäckel (MdL). Es wird ein Bus eingesetzt, der über Meitingen, Gersthofen, Königsbrunn, Bobingen, Wehringen und Klosterlechfeld nach München fährt. Anmeldung bis 1. September bei Kreisobmann Kurt Aue. Telefon: (08 21) 8 85 37 56 oder eMail sudetenaue@koenigsau.de Samstag, 18. September, 9.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Roth-Schwabach: Ab Thalmässing, Hilpoltstein, RothEckersmühlen, Roth und Schwabach-Vogelherd Fahrt zu sieben Vertriebenendenkmalen. Anmeldung: Dieter Heller, Telefon (0 91 71) 6 00 85, eMail heller_dieter@t-online.de

Dienstag, 25. Mai, 18.00 Uhr bis 20.00 Uhr: „Die unsichtbare Gefahr in der Erde – Landminen“, Online-Seminar auf Zoom. Geschätzte 100 Millionen Minen lauern weltweit auf ihre Opfer! Der Vortrag thematisiert die Ursprünge der Verwendung von „Minen“ bis hin zu den Anstrengungen, die bis heute unternommen werden, um die Gefahr durch Minen zu beseitigen. Die Verwendung der Minen in den zwei Weltkriegen und im Kalten Krieg wird ebenso dargestellt wie die Entstehung des Ottawa-Abkommens zur Ächtung von Antipersonenminen, das inzwischen von 162 Staaten unterzeichnet wurde. Dienstag, 1. Juni, 18.00 Uhr bis 20.00 Uhr: „Was ist geblieben vom Ethos der Solidarność im Polen des 21. Jahrhunderts?“, Online-Seminar auf Zoom. In der Danziger Werft begann die größte und letzte Massenbewegung von Arbeitern im 20. Jahrhundert. Im Vortrag wirft der Referent die Frage auf, was ihr Kampf für Mitbestimmung vierzig Jahre später bedeutet. Gdańsk steht für den Höhepunkt der Solidarität im 20. Jahrhundert, als Millionen Polen in der Lage waren, ihre Regierung an einen Runden Tisch zu zwingen und das Ende des Kalten Krieges in Europa einläuteten. Heute ist die Solidarność eine regierungsnahe Gewerkschaft, die nur für partikulare Interessen bestimmter Arbeitergruppen kämpft. Die Regierungskoalition um die Partei Recht und Gerechtigkeit nimmt in Anspruch, das Erbe der Freiheitsbewegung zu verkörpern. Sie nutzt aber die Pandemie, um die Grundrechte der Bürger in Polen einzuschränken und die Gewaltenteilung zu schwächen. In der Corona-Pandemie stellt sich in besonderer Weise die Frage, wie solidarisch eine Gesellschaft ist. Was das 2021 bedeutet, wird auch in Polen vehement diskutiert. Dienstag, 8. Juni, 18.00 Uhr bis 20.00 Uhr: „Flucht. Eine Menschheitsgeschichte. Veranstaltung mit dem Historiker Dr. Andreas Kossert“, Online-Seminar auf Zoom. Ob sie aus Ostpreußen, Syrien oder Indien flohen, Flüchtlinge sind Akteure der Weltgeschichte. Andreas Kossert gibt ihnen mit seinem jüngsten Buch eine Stimme. Anhand bewegender Einzelschicksale und im großen geschichtlichen Zusammenhang zeigt er die existientiellen Erfahrungen, die mit Flucht und Vertreibung einhergehen – von der Entwurzelung durch den Verlust der alten Heimat bis zu den Anfeindungen, denen Flüchtlinge und Vertriebene in den Ankunftsgesellschaften oftmals ausgesetzt sind, unser Umgang mit ihnen spiegelt dabei oft auch die Ängste der Seßhaften wider, selbst entwurzelt zu werden. Die Teilnahme ist kostenfrei. Weitere Hinweise und Anmeldung auf der Webseite www.heiligenhof.de. Heiligenhof · Alte Euerdorfer Straße 1 · 97688 Bad Kissingen Telefax (09 71) 71 47 47 info@heiligenhof.de · www.heiligenhof.de

SUDETENDEUTSCHER TAG Aufgrund der Corona-Pandemie ist der traditionell für Pfingsten terminierte Sudetendeutsche Tag in diesem Jahr auf Freitag, 16. bis Sonntag, 18. Juli, verschoben worden. Neuer Austragungsort ist die Landeshauptstadt München mit dem Sudetendeutsche Museum.


AKTUELL

Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 21. 5. 2021

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Bundesjugendtag fand online statt

Sudetendeutsche Jugend wählt neuen Vorstand Mehr als zwei Jahre sind seit dem letzten Bundesjugendtag der Sudetendeutschen Jugend – Jugend für Mitteleuropa e.V. vergangen. Jetzt fand die Mitgliederversammlung mit den turnusmäßigen Vorstandswahlen pandemiebedingt nur online statt.

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Der neue Vorstand der Sudetendeutschen Jugend (von oben im Uhrzeigersinn): Mario Hierhager (Vorsitzender), Claudia Beikircher (Beisitzerin), Marcus Baier (Geschäftsführer), Peter Polierer (stellv. Vorsitzender), Dorothea Hägele (Beisitzerin), Jennifer Neuberger (Schatzmeisterin), Alexander Sven Stegmaier (Beisitzer), Stefanie Januschko (stellv. Vorsitzende).

ls Vorsitzender wurde Mario Hierhager in seinem Amt bestätigt, genauso wie seine Stellvertreterin Stefanie Januschko, Musik- und Mathematikstudentin aus Frankfurt am Main, und der ehemalige Vorsitzende Peter Polierer aus Landshut als zweiter stellvertretender Vorsitzender. Neu im Amt als Schatzmeisterin ist die Physiotherapeutin Jennifer Neuberger aus Ellenberg. Die beiden langjährigen Beisitzerinnen Dorothea Hägele und Claudia Beikircher führen ihr Ämter ebenfalls fort. Neu im Vorstand der SdJ ist der Bundesvorsitzende der Egerlandjugend, Alexander Stegmaier aus Aalen. Marcus Baier aus Ergolding wird weiterhin als Geschäftsführer fungieren. Obwohl der Bundesjugendtag nur digital stattfinden konnte, deckten die Teilnehmer die große Spannbreite der SdJ ab. So waren Mitgliedsgruppen ver-

schiedener Arbeitsschwerpunkte zugeschaltet. Der Vorsitzende Mario Hierhager dankte für deren Arbeit und zeigte sich begeistert über die kreativen Maßnahmen während des Lockdowns. Der Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, Bernd Posselt, war ebenfalls virtuell anwesend und sprach ein Grußwort an die Delegierten der SdJ. In Anlehnung an das Motto „Alles Leben ist Begegnung“ des Heiligenhofes lobte auch er das Engagement in diesen schwierigen Zeiten und betonte aber auch die Chancen, die aus der Krise erwachsen. Besonders schwer trafen die coronabedingten Einschränkungen naturgemäß die Kulturgruppen. So wußte Wolfram Harder zu berichten, daß auch zahlreiche Auslandskonzerte von Moravia Cantat dem kulturellen Lockdown zum Opfer fielen. Als Ausgleich wurde vieles in sozialen Netzwerken publiziert und auf die Lage im kulturellen Bereich aufmerksam gemacht. Die Aktion „2020 – (K)ein Jahr ohne Tracht“ der Egerlandjugend sei hier als Beispiel erwähnt. Mehr Informationen über die Sudetendeutsche Jugend unter www.sdj-online.de RR

Neues Projekt der Heimatpflegerin der Sudetendeutschen, Christina Meinusch:

Die Heimat im Ohr: Sudetendeutsche Mundarten für die Nachwelt sichern Donald Duck auf Wienerisch, Asterix in Fränkisch, Max und Moritz auf Kölsch – Bücher in Mundart haben Konjunktur. Wenn man versucht, diese Bücher Buchstabe für Buchstabe zu lesen, hat man verloren. Hat man aber den Klang der Worte, den Sprachduktus im Ohr, taucht man ein in die Geschichte und erlebt ein Gefühl von Daheimsein.

S

o ist es auch mit den Sudetendeutschen Mundarten. Egal, ob sie in der Kindheit in der Heimat oder nach der Vertreibung durch Eltern oder Großeltern erlernt wurden, allein der Klang der Aussprache oder ein mundartspezifischer Ausdruck kann uns ein Gefühl von Heimat, von Geborgensein, von Verbundenheit mit einem Landstrich und seinen Bewohnern vermitteln. Um dieses Heimatgefühl und die sprachlichen Zeugnisse der Vorfahren zu erhalten und zwischen den Landsleuten für eine andauernde Verbundenheit zu sorgen, hatte die Heimatpflegerin der Sudetendeutschen, Christina Meinusch, mehrere Landsleute zur Aufzeichnung ins Sudetendeutsche Museum nach München eingeladen. Damit durch Sagen, Märchen oder Gedichte ein möglichst breites Bild der sudetendeutschen Dialekte gezeichnet werden kann, waren unter den Mundart-Sprechern Frauen und Männer, Angehörige der Erlebnis- und der Bekenntnisgeneration. Auch wenn sie alle einen unterschiedlichen Bezug zu ihrer Mundart haben, so eint sie doch die Liebe zur Muttersprache.

Eghalandrisch ist ein Stück „Daheimsein“ Ingrid Deistler, geboren 1957, spricht Egerländer Mundart. Obwohl sie in Bamberg geboren ist, ist das Eghalandrische ein Stück „Daheimsein“, mit dem sie Dinge ausdrücken kann, wofür es im Schriftdeutsch kein Wort gibt. Rosina Reim kam 1941 noch in Rosternitz in der Wischauer Sprachinsel zur Welt. Für sie ist die Wischauer Mundart, die sie als Kind in der Familie gesprochen hat, inzwischen Teil ihrer Geschichte. Josef Grimm hat die Erzgebirger Mundart von seinen Eltern gelernt und trotz Schwäbisch nicht vergessen. Durch das Arzgebarchisch kann er die Verbindung zu den heimatverbliebenen Landsleuten besonders gut halten. Obwohl Leo Schön 1937 in Braunau geboren wurde, kam er erst während seiner Gymnasialzeit im niederbayerischen

Heimat ist auch Sprache: Im Sudetendeutschen Museum wurden verschiedene sudetendeutsche Mundarten aufgenommen, wie der Vortrag von Urd Rothe-Seliger. Bilder: Schuster Rohr mit der Braunauer Stadt-Mundart in Kontakt. Da er die dortigen Benediktiner nicht verstand, ließ er sich von einem Pater die Mundart beibringen. Angela Zumstein, ebenfalls gebürtige Braunauerin, spricht sudetenschlesische Mundart. Diese ist für sie Teil der reichen Kultur aus der alten Heimat, die sie mit Hingabe pflegt. Oswin Dotzauer kam zwar erst fast 30 Jahre nach der Vertreibung zur Welt,

spricht aber dennoch Egerländer Mundart. Sie ist für ihn wie kaum etwas anderes ein identitätsstiftendes Merkmal. Auch Harry Höfer gehört zur mundartsprechenden Bekenntnisgeneration. Die Iglauer Mundart ist für ihn mit zahlreichen Heimattreffen verbunden und findet ihren stärksten Ausdruck in seiner Iglauer Stubn-Musi. Die Reichenberger Mundart pflegt Urd Rothe-Seliger. Auch sie gehört zur

„Die Sudetendeutschen“ auf YouTube

Mundart-Aufnahmen im Netz

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ie Aufnahmen (hier mit Harry Höfer, Iglauer Sprachinsel) werden auf dem YouTube-Kanal der Sudetendeutschen Landsmannschaft veröffentlicht, um ein Stück sprachliche Heimat zu erhalten. Gefördert wird das Projekt durch das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales. Der YouTube-Kanal ist unter www.youtube.com, Suchbegriff „Die Sudetendeutschen“ erreichbar.

Bekenntnisgeneration und sieht die Mundart als Teil der Kulturpflege der Heimat ihrer Vorfahren. Alois Kuschel ist mit dem Baierischen Dialekt aufgewachsen und hat seine Eltern relativ spät dazu gebracht, mit ihm die angestammte Böhmerwälder Mundart zu sprechen. Nun pflegt er in der Böhmerwald Sing- und Volkstanzgruppe München regelmäßig den großen Musikschatz dieser wunderschönen Landschaft in Wort, Musik und Tanz. Professor Dr. Ulf Broßmann ist im Kuhländchen geboren und fühlt sich dem Erbe seiner Heimat verpflichtet. Die Kuhländler Mundart hilft ihm beim Kontakt zu den tschechischen Kuhländlern, mit denen er schon viele schöne Projekte auf den Weg gebracht hat. Für die technische Seite der Aufnahmen verantwortlich zeichnete Rolf Pietschmann, Sudetendeutscher in zweiter Generation mit einem großen Interesse für die Mundarten sudetendeutscher Vorfahren. Der in Plochingen an der Fils geborene examinierte Erzieher war schon fast auf der ganzen Welt unterwegs – teils beruflich, teils privat, so bereiste er 1978 bis 1980 Westafrika und hielt sich vier Monate bei den Tuaregs im Norden Nigers auf. Nach München gekommen, fing er bei den Bavaria Studios an, wechselte dann zu Eureka, das nach dem Ankauf durch die Kirchgruppe zu Pro 7 wurde, und weiter zu Tele 5. Nach dessen Abwicklung zum DSF machte Pietschmann sich selbstständig und bekam ein eigenes, wöchentliches Magazin („Fit mit

„Man muß den Blick nach vorne richten“ DSF“). Er begann eigene Berichte und Filme zu drehen. „Höhepunkt waren die Dreharbeiten und ein Film über den Weltrekord von 85 Fallschirmspringern über dem Nordpol“, sagt er über diese Zeit. Nach vielen Großproduktionen wie den ersten Red-Bull-Flugtagen oder Inlineskaterennen in der Bobbahn am Königsee verlagerte Pietschmann sein Geschäft auf die Berichterstattung über Sportmessen. Die Erfolge führten 2013 zur Gründung der Mediabox TV GmbH zusammen mit Markus Kink. Auch die Coronakrise konnte Pietschmann nicht seinen Optimismus nehmen – getreut dem Lebensmotto seiner Mutter Ilse: „Man muß nicht nur auf das sehen, was hinter einem liegt, sondern den Blick nach vorne richten.“ Hildegard Schuster

Mut tut gut

Vergiß deine Seele nicht

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iel Glück und viel Segen auf all deinen Wegen, Gesundheit und Frohsinn seien auch mit dabei.“ Immer, wenn ich Geburtstag habe, freue ich mich, wenn Mitbrüder, Freunde oder Verwandte dieses kleine Lied singen. Ebenso stimme ich mit diesem Wunsch freudig in den Gratulationschor für andere ein. Das Pfingstfest, welches wir Jahr für Jahr 50 Tage nach Ostern feiern, wird gern als Geburtstag der Kirche bezeichnet. Das ist richtig. Zwar begann die Kirche bereits zwu keimen, als Jesus am See Genezareth entlangging und Fischer zu seinen Jüngern berief. Doch diese Jünger waren noch nicht in die Tiefe all dessen eingeweiht, was Gott der Welt durch seinen Sohn offenbaren wollte. Es brauchte die Erfahrung von Tod und Auferstehung Jesu als unüberbietbares Ereignis der Liebe Gottes, und es bedurfte der Ausgießung des Heiligen Geistes am 50. Tag nach der Auferstehung. Da bekamen die Jünger die Gewißheit geschenkt, eine Gemeinschaft bilden zu sollen, die einen besonderen Auftrag hatte, nämlich ein Zeichen der Liebe Gottes in der Welt zu sein. So also wurde die Kirche an Pfingsten geboren und begann ihren Weg durch die Geschichte. Wenn wir jemandes Geburtstag feiern, freuen wir uns aufrichtig, daß es diesen jemand gibt. Kein Mensch hat ausschließlich helle Seiten, aber am Geburtstag stehen die hellen Seiten im Vordergrund. Dafür sind wir dankbar. Das sollte auch mit Blick auf die Kirche so sein. Vielfach steht die „liebe Mutter Kirche“ heute in der Kritik. Nicht wenige Kritikpunkte sind berechtigt. Doch wer bloß lamentiert, hat einen zu kurzsichtigen und oberflächlichen Blick, erst recht, wenn er sich als Christ bezeichnet. „Woher hättest du denn deinen Glauben, deine im Glauben begründete Zuversicht, deine Motivation zur christlichen Nächstenliebe, wenn es die Gemeinschaft der Kirche nicht gäbe“, möchte ich immer wieder fragen, wenn jemand an der Kirche nichts Gutes findet. Anläßlich des Pfingstfestes gratuliere ich der Kirche zu ihrem Geburtstag, und ich verwende dafür das oben zitierte Lied. „Viel Glück!“, wünsche ich, wissend, daß es zum größten Glück gehört, zu lieben und geliebt zu werden sowie Fähigkeiten und Begabungen sinnbringend einsetzen zu können. Ebenso sage ich der Kirche: „Viel Segen!“ Dies möge sich ausdrükken in Fruchtbarkeit und Wachstum, aber auch darin, daß die Kirche nicht knausrig ist mit dem Schatz des Segens, der ihr anvertraut ist. Wer gesegnet ist, gibt den Segen gerne an andere weiter. Schließlich: „Gesundheit und Frohsinn seien auch mit dabei!“ Als Menschen wissen wir, daß beides zu einem beträchtlichen Teil mit einer lebendigen Seele zusammenhängt. Deswegen wünsche ich der Kirche: „Vergiß deine Seele nicht, den Heiligen Geist, der tief drinnen in dir wohnt. Dann werden auch deine äußeren Organe gesunden und an Lebendigkeit gewinnen, dann wirst du mit froher Gesinnung der Welt verkünden, daß Gott die Welt in seinem Sohn Jesus Christus unsterblich liebt.“ Dr. Martin Leitgöb CSsR Seelsorger der Katholischen Pfarrei Ellwangen-Schönenberg


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Bin zweisprachig, zweistaatlich, zweiheimatlich, betreibe zwei Firmen und lebe (meistens) am Landgut in Böhmen. Bin fleißig, konservativ, pflichtbewusst, mit Sinn für Tradition. Auf mich ist Verlass. Suche eine kluge, selbstbewusste Partnerin, die den Mut hat, das Leben mitzugestalten, die bereit ist, Mitverantwortung zu übernehmen. Eine zweisprachige Frau mit Hochschulausbildung passend zu den Geschäftsfeldern Gesundheit, Ernährung und Chemie für Menschen, Tiere und Pflanzen sowie Jura, LM-Chemie, Pharmazie, Ernährungs- oder Wirtschaftswissenschaft. Eine Frau, die die Freiheit der festen Bindung zu schätzen weiß. Wir möchten gemeinsam in gegenseitiger Achtung und freiwillig konservative Werte der deutsch-tschechischen Tradition pflegen, bewahren und entwickeln. Die Aufgaben sind vielfältig. Packen wir sie gemeinsam an – in dieser herrlichen Zeit voller Möglichkeiten. Antworten unter Chiffre 210132 an die Sudetendeutsche Zeitung, Hochstraße 8, 81669 München.

KURZ NOTIERT n  München. Die tschechische Filmemacherin Helena Trestiková erhielt für ihren Film „Anny“ über eine Sexarbeiterin in Prag auf dem Internationalen Dokumentarfilmfestival in München den Hauptpreis. Sie erzählt darin von einer Frau, die mit 46 Jahren beginnt, ihren Lebensunter-

halt mit Prostitution aufzubessern. Der Film folge Anny über 16 Jahre und sei wunderbar intim und handwerklich hervorragend, begründete die Jury. Die Regisseurin behandle ihre scheinbar gewöhnliche und doch facettenreiche Protagonistin mit großem Respekt und Behutsamkeit.

Hiermit abonniert man diese Zeitung Ich/wir bestelle/n zum Bezug per Postzustellung die m   Sudetendeutsche Zeitung mit Reichenberger Zeitung · Heimatbote · Heimatruf Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft wöchentlich (125,00 EUR im Jahr) m   Reichenberger Zeitung Nordböhmische Umschau 24 Ausgaben (62,50 EUR im Jahr) m   Neudeker Heimatbrief für die Heimatfreunde aus Stadt und Landkreis Neudek 12 Ausgaben (31,25 EUR im Jahr)

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und wähle/n folgenden Zahlungszeitraum:

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� Leo Slezak

PERSONALIEN � Hochverdienter Braunauer

Alfred Schwanse † Am 26.  April starb Alfred Schwanse, der langjährige und hochverdiente ehemalige Stellvertretende Betreuer des Heimatkreises Braunau, knapp drei Monate nach seinem 90.  Geburtstag im oberfränkischen Forchheim.

A

lfred Schwanse kam am 1. Februar 1931 in dem kleinen Ort Wiesen im Braunauer Ländchen im Nordosten Böhmens zur Welt. Dort besuchte er die Grundschule und knapp vier Jahre lang die Staatliche Oberschule. Nach der Vertreibung trat er in das Internat des damaligen humanistischen Gymnasiums der ebenfalls heimatvertriebenen Braunauer Benediktiner im Kloster Rohr in Niederbayern ein. Dem Abitur im Jahr 1951 schlossen sich die Lehrzeit auf einem landwirtschaftlichen Betrieb in Inning am Ammersee und ein Studium an der Fakultät für Landwirtschaft der Technischen Hochschule München in Weihenstephan mit der Diplom-Hauptprüfung an. Dann folgten die Vorbereitungsdienste für den höheren landwirtschaftlichen Staatsdienst einschließlich des Lehramtes und im Jahr 1958 die Anstellung beim Landwirtschaftsamt mit Landwirtschaftsschule in Forchheim. Seit 1967 war er Leiter der Landwirtschaftsschule und seit 1975 als Landwirtschaftsdirektor der Stellvertretende Leiter des Amtes für Landwirtschaft in Forchheim. Im Jahr 1996 trat er in den wohlverdienten Ruhestand. Sein ehrenamtliches Engagement konzentrierte sich schon

früh auf die Betreuung seiner heimatvertriebenen Schicksalsgefährten aus dem Braunauer Ländchen, zunächst in der Braunauer Heimatgruppe in Forchheim und ab 1975 im Vorstand des Heimatkreises Braunau, knapp vier Jahrzehnte als dessen Stellvertretender Vorsitzender. Prägnant schildert der damalige Heimatkreisvereinsvorsitzende und Heimatkreisbetreuer Ernst Birke in seinem Kondolenzschreiben dieses Wirken von Al­ fred Schwanse: „Verläßlich, unaufgeregt und pünktlich stellte er sich den Aufgaben, die seine Funktion mit sich brachte.“ Und: „Bei allem, was zu tun war, beeindruckten seine Sachlichkeit und eine für die heutige Zeit geradezu unvorstellbare Selbstlosigkeit.“ Er war auch ein treues SL-Mitglied und gehörte über viele Jahre hinweg dem Vorstand der Kreisgruppe Forchheim an. Alfred Schwanse war das Bindeglied zwischen dem Heimatkreis Braunau und der Stadt Forchheim, die im Jahr 1955 die Patenschaft über die Stadt und den Kreis Braunau übernommen hatte. In seiner aufmerksamen Obhut stand das Braunauer Heimatmuseum am Paradeplatz in Forchheim, dessen Öffnungszeiten er in den letzten beiden Jahrzehnten gewissenhaft betreute. Er war der zentrale Drahtzieher bei den Verhandlungen zur Begründung einer Partnerschaft zwischen den Städten Forchheim und Braunau unter voller Einbeziehung des Heimatkreises

Braunau, deren 20jähriges Bestehen heuer gefeiert wird. Deshalb hatte es sich sowohl seitens der Stadt Forchheim als auch des Heimatkreises Braunau angeboten, daß Alfred Schwanse der Beauftragte für diese Städtepartnerschaft und Vorsitzender des Partnerschafts-Komitees Forchheim–Broumov/Braunau seit dessen Konstituierung im Februar 1999 und bis zu seinem Rücktritt aus Altersgründen im März 2019 war. Als Anerkennung seiner vielfältigen und großen Verdienste wurde Alfred Schwanse im Oktober 2001 die Ehrennadel der Stadt Forchheim und im Juli 2002 die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Im Februar 2006 wurde er zum Ehrenmitglied des Heimatkreises Braunau ernannt. An der Beisetzung am Neuen Friedhof der Stadt Forchheim nahm auch Oberbürgermeister Uwe Kirschstein teil. Er habe die Nachricht vom Tod Alfred Schwanses mit großer Erschütterung gelesen, sagte er in seiner kurzen Ansprache, da ihn der gemeinsame Besuch mit Schwanse und der Delegation des Heimatkreises Braunau im heimatlichen Braunauer Ländchen im Herbst 2018 sehr berührt habe. Abschließend erinnerte Kirschstein an Schwanses engagierten Einsatz für das Braunauer Heimatmuseum und sprach ihm dafür den großen Dank der Patenstadt Forchheim aus. Günter Reichert

� Ein nonchalanter Bohème aus Brünn

Hans-Roland Zitka †

m  jährlich durch Lastschrift m  halbjährlich durch Lastschrift m  vierteljährlich durch Lastschrift

Name, Vorname ________________________________________

Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 21. 5. 2021

Am 25. April starb Hans-Roland Zitka, ein schriftstellender nonchalanter Bohème, Hotelier und Autonarr mit Werbeagentur und Wurzeln in Brünn, mit 89 Jahren in seinem Haus in Grasbrunn bei München.

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enau vor einem Jahr, am 21. Mai 2010, ist Hans-Roland Zitka zu Gast bei mir in Bernau am Chiemsee. Dieser Ort hat eine Ausfahrt an der Autobahn von München nach Salzburg. Corona zum Trotz ist er auf dem Weg in sein – mittlerweile von Sohn Axel geführtes – Hotel Sonngastein in Bad Gastein bei Salzburg. Dennoch hat er Zeit, mir von sich zu erzählen. Unsere Gemeinsamkeit ist der mährische Grundakkord und die Liebe zum Wort. Am 14. April 1932 kam er in Brünn zur Welt. Sein Vater war der Oberingenieur Hans Zitka, seine Mutter war Alice Zitka, geborene Oplusstil. Die Großeltern Oplusstil hatten eine große Schlosserei, an die kunstvolle Tore und Zäune in Brünn erinnern. Auch der spätere Heldentenor Leo Slezak soll während seiner Schlosserlehre bei den Oplusstils als Bote in Erscheinung getreten sein. Wir vereinbaren, daß er, Hans-Roland Zitka, darüber eine Geschichte schreibt und eine Fotodokumentation macht. Schließlich ist er nicht nur ständig in Österreich unterwegs, er fährt auch regelmäßig in die Heimat. Und immer ist seine Kamera dabei. Brünn nach der deutschen Kapitulation. Mutter, Vater und Hans-Roland werden in Brünner

Lagern gequält. Die 1906 geboren Mutter schreibt 1947 in ihrem Zeitzeugenbericht: „Mein Junge mußte täglich bei größtem Hunger mit den internierten Männern die schwersten Arbeiten verrichten wie Schuttführen, Straßen räumen und säubern. Als er sich mit Tränen einmal nach mir umwandte, bekam er nebst der täglichen Prügel seine Sonderprügel im Keller des Hauses. Ich wurde hier erstmalig gepeitscht.“ Sie berichtet vom Sterben unterernährter Säuglinge und Hinrichtungen vor ihren Augen. Hans-Rolands am 16. August 1927 geborener älterer Bruder Gerhard läßt das Schicksal in erträgliche angelsächsische Kriegsgefangenschaft geraten, die ihn schließlich zu seiner vertriebenen Familien ins oberbayerische Burghausen führt. Er wird HansRoland überleben und mich über dessen schwere letzten Tage mit Herzinfarkt und Schlaganfall unterrichten. In Burghausen endet HansRoland Zitkas Gymnasial-Karrriere. 1952 lernt er bei einem Treffen seines Vaters mit einem Landsmann dessen 18jährige Tochter Lieselott „Lilo“ kennen. In ­Wien studiert er an der Hochschule für Welthandel, der späteren Wirtschaftsuniversität. In dieser Zeit entdeckt er sein Faible für Autos. Ein Zubrot verdient er mit Autoberichten in der Tageszeitung „Neues Österreich“ und in Auto-Fachzeitschriften. 1956 stirbt sein Vater, 1957 schließt er sein Studium mit einer Promotion ab. BMW engagiert ihn in seiner Werbe- und

Presseabteilung und zahlt ihm das unglaubliche Gehalt von 700 Mark. Mittlerweile sind Lieselott und Hans-Roland verheiratet. 1961 kommt Sohn Axel, 1962 Sohn Christoph zur Welt. Zitka macht sich selbständig und gründet eine Werbeagentur. Jetzt rasselts im Karton. Zu seinen Kunden gehören die Schweizer Schokoladenfirma Bensdorp, der Likör Sechsämtertropfen, der Kaffeeproduzent und Feinkost Dallmayr, die CSU, der seine Agentur die neuen Farben blau und grün verpaßt, der Fußbalsamproduzent Sixtus und die Adelholzener Alpenquellen. Zitka in jenen Jahren: „Wir betreuen Mitsubishi, Škoda, Nissan-Datsun, Opel, Volkswagen, Zigaretten, Banken, Verbände des Handwerks und des Hotel- und Gaststättengewerbes sowie Bergbahnen und Fremdenverkehrsorte.“ Zitka weitet nun seine zunächst reine Textwerbung aus. Er nutzt Radio und Fernsehen, geht Kooperationen mit erfolgreichen Radio- und TV-Sprechern ein. Bereits Ende der siebziger Jahre steigt Zitka in die Hotelerie ein. Er baut das Hotel Sonngastein, ein Tennishotel, das Weihnachten 1980 eröffnet. Seine Frau Lilo leitet es. Doch 2001 stirbt sie. Hans-Roland Zitka fällt in ein tiefes Loch. Er rafft sich wieder auf. Und er schreibt wieder. Er schreibt bis zu seinem Tod. Lange Jahre redigierte ich seine Artikel. Lange Jahre besprachen wir sie am Telefon. Er hatte diese mährisch-wienerische Schreibe, die man hört, wenn man sie liest. Sie klingt immer noch in meinem Herzen nach. Adieu, lieber Freund. Nadira Hurnaus

Ein Grab am Tegernsee Dieser Artikel über das Grab des mährischen Tenors Leo Slezak am Tegernsee in Oberbayern, war der letzte Beitrag von HansRoland-Zitka für die Sudetendeutsche Zeitung. Er hatte ihn im März geschrieben.

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igentlich gehört es nach Brünn, das Grab. Aber 1946 wollte da auch Leo Slezak nicht mehr hin. Traurig, aber wahr: Fragen Sie junge Leute nach Leo Slezak, werden Sie keine gescheite Antwort hören. Es sei denn, man hat Musik studiert. In Mährisch Schönberg geboren, war er aber eigentlich ein echtes Brünner Gwächs. Der Jüngling erlernte in Brünn das Schlosserhandwerk, sang aber bald im Chor des Stadttheaters mit. Und da fiel er auf. Sein Tenor übertönte alle. Adolf Robinson, auch ein berühmter Sänger seiner Zeit, nahm ihn unter seine Fittiche, bis es dazu kam, wozu es kommen mußte: Der 23jährige magere, übergroße Unteroffizier sprang ins kalte Wasser und sang so „mir nichts, Dir nichts“, wie man in Brünn sagte, anstelle des plötzlich erkrankten Tenors die schwierige Partitur des Lohengrin und wurde stürmisch gefeiert. Drei Jahre lang war er dann in Wien offizieller Heldentenor, ehe er für ein Jahr an die Berliner Hofoper und dann aber – mit einem lebenslänglichen Vertrag – wieder nach Wien ging. Gastspiele führten ihn bis nach Amerika. Die Theaterwelt vergnügte er über ein erregendes Vierteljahrhundert, bis ihm seine Statur und Frohnatur zu einer beispiellosen zweiten Karriere beim Film verhalfen. Sein einzigartiger Tenor konnte aber auch lyrische Stimmungen verbreiten, wenn er in den Konzertsälen Europas Werke von Richard Strauß, Brahms, Schubert und Loewe sang und eine Welt voll von Liebe, Anmut und Lyrik zum Glänzen brachte. Josef Wizina beschreibt den weltberühmten Sänger ganz ungeschminkt als „Brünner Hallodri“. Über seinem Tun und Reden „glänzte immer ein ziemlicher Belag von Komödiantensalbe“, sein echtes Brünner Mundwerk ließ Natur und Kunst zusammenwachsen. Er war ein richtiger Komödiant, dem man einfach nicht böse sein konnte, wenn er seine eigene Aufgeregtheit vor dem Auftritt mit Bekreuzigungen und nervösem Betasten seines Kostüms garnierte. Slezak war ein Original, nicht nur als Sänger und Schauspieler, auch als Mensch. Als es am Ende des Zweiten Weltkrieges ans Sterben ging, war der Brünner Zentralfriedhof für ihn weit entfernt. Slezak fand sein Grab auf dem Friedhof von Rottach-Egern. Hier schaut er nun über den glitzernden Tegernsee, über ein Gewässer von Schicksal und Glanz und hat seine verdiente Ruhe gefunden. Im Restaurant Malerwinkel, gleich neben der Überfahrt, sieht man noch heute interessante und originelle Slezak-Bilder.

Auf dem Friedhof Sankt Laurentius ruhen Leo Slezak, seine Frau Elisabeth, geborene Wertheim, sein Sohn Walter, dessen Frau Johanna Elisabeth, geborene van Rijn.


Bei einer Veranstaltung der Sudetendeutschen Heimatpflege und des Bildungszentrums Heiligenhof bei Bad Kissingen moderierte Erich Sepp unter dem Motto „Grüß Gott, du schöner Maien...“ ein „Online-Singen“.

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rüß Gott, du schöner Maien“, erklang nach der Begrüßung durch Christina Meinusch. Die Heimatpflegerin freute sich, daß sie erstmals an einer der beliebten Offenen Singstunden von Erich Sepp teilnehmen konnte. Natürlich mußten sich die knapp 60 Teilnehmer erst daran gewöhnen, daß nur ihre eigene Stimme und die von Singleiter Erich Sepp zu hören waren. Dies sei aus technischen Gründen nicht anders möglich, hatte Ulrich Rümenapp, technischer Leiter und Bildungsmanager auf dem Heiligenhof, eingangs erklärt, da es bei dem verwendeten Programm immer eine Tonverzögerung gebe. Doch dann sang Erich Sepp vor, und bald konnten alle zu Hause vor dem Rechner mitsingen.

Aus Liebesballade wird ein Frühlingslied Das erste Lied „Grüß Gott, du schöner Maien“ sei ursprünglich eine Liebesballade und erst zum Frühlingslied umgedichtet worden, sagte Sepp. Im Vers „O holde Lust im Maien, da alles neu erblüht“ sei das textlich noch angedeutet. Ansonsten dominierten das Lied frühlingshaft „Bienlein“ und „Vöglein“. Eine Art Vorläufer sei wohl das Lied „Grüß Gott dich, schöner Maien“ nach einem Text von Franz Wilhelm Freiherr von Ditfurth gewesen. Es sei sehr ähnlich, aber teilweise nach anderer Melodie gesungen worden, erläuterte Sepp und zeigte Noten und Text der Varianten. Zum Inhalt dieser Lieder ergänzte er schmunzelnd: „Der Maien, also der Monat Mai, steht stellvertretend für den Frühling.“ Ursprünglich habe man damit auch im Safttrieb stehende Zweige oder Bäumchen bezeichnet, die zum Ausschmücken von kirchlichen und weltlichen Festen verwendet würden. Zu diesem Brauchtum gehöre auch das „Maien stecken“, etwa wenn das Dorf

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KULTUR

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Veranstaltung der Heimatpflegerin der Sudetendeutschen

Geburtstagslied im Maien

Dr. Erich Sepp, Heimatpflegerin Christina Meinusch und Ulrich Rümenapp, der Bildungsmanager vom Heiligenhof, beim Online-Singkurs. mit frischen Gestecken bei Frühlingsfe- nen größeren Monitor verfügt. Auf diesten wie bei der Fronleichnamsprozes- sem Monitor zeigte Sepp bei seiner Präsion geschmückt worden sei, oder der sentation auch die Abfolge seiner gut Brauch, einen Maibaum aufzustellen. gestalteten Notenblätter mit den TextEine weitere übertragene Bedeutung strophen, die er zunächst kurz vorsang, des Wortes „Maien“ sei ebenfalls zu fin- meist sogar in mehreren Stimmen. Anden, so Sepp: „Mai oder Maien steht als schließend konnten die Teilnehmer daMetapher auch für Liebe oder die Ge- heim auch mit- und nachsingen. Dazu liebte.“ Außerdem werde im Mai die Welt wieder grün, und grün sei symbolhaft die Farbe der Liebe. Als ehemaliger Leiter der Volksmusikabteilung des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege verfügt Sepp über ein immenses Wissen über Brauchtum, Volksliedkultur, Musikgeschichte Liederblatt von Dr. Erich Sepp. und Mundarten, das er auch verständlich vermittelt. berichtete er über Entstehungs- und ReDer Oberbayer kam 1944 in Lands- zeptionsgeschichte der Frühlingslieder. berg am Lech zur Welt und ist mit InDas galt auch für „Wie schön blüht grid, einer Teschenerin aus Sudeten- uns der Maien“, das wieder Liebesmotischlesien, verheiratet. Sie unterstützt ve aufweist. Im Text aus Georg Forsters ihn bei Veranstaltungen wie dem On- „Frischen Teutschen Liedlein“ (1549) line-Singen, bei dem Sepp diesmal an taucht nachts das „Feinsliebchen“ auf. ihrem Rechner saß, da dieser über ei- Der Text sei erst 1619 von Max Pohl

mit einer Tanzmelodie verknüpft worden. Alle Sänger freuten sich über zwei Klassiker: Bei den Liedern „Der Winter ist vergangen“ und „Nun will der Lenz uns grüßen“ – voller Blumen und Vögeln – mußte Sepp nicht lange vorsingen. Allerdings hatte er auch dazu spannende Informationen. Der Text von „Der Winter ist vergangen“ sei mit sechs Strophen erstmals belegt in einer niederländischen Handschrift von 1539, und erst von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798–1874) ins Deutsche übersetzt worden. Das Lied sei von Hans Breuer mit einer Melodie nach einem alten Lautenbuch mit drei Strophen im „Zupfgeigenhansl“ (1908) veröffentlicht worden. „Nun will der Lenz uns grüßen“ werde fälschlicherweise dem Minnesänger Neidhart von Reuental zugeschrieben. „Es stammt aber so nicht aus dem 13. Jahrhundert, sondern der Text wur-

Fast 60 Sangesfreudige bringen Heimatpflegerin Christina Meinusch am 10. Mai ein Geburtstagsständchen, oben ganz rechts ihre Vorgängerin Dr. Zuzana Finger.

lich im Rahmen der Sonnleith- ner-Sammlung 1819, sowie um 1910 weitere neun Lieder von dem Wiener Gymnasialprofessor Franz Jelinek. Außerdem veröffentlichten Ignaz Götz und Walther Hensel 1924 ein „Iglauer Liedblatt“ mit mehreren Lieder. Nach der Vertreibung und aterielle Schätze werden ge- dem damit verbundenen Auseinhütet, bewahrt oder ausge- anderreißen gewachsener Gegraben. Die Freude daran haben meinschaften war die mündliche meist nur wenige. Schätze ide- Überlieferung abgerissen. Die eller Natur jedoch wachsen und Lücke schloß Fritz Stolle im Jahwerden reire 1948 mit der Wie ideelle Schätze cher, je mehr Gründung des Menschen wachsen können Iglauer Singdaran teilhakreises. Der Vorben und Freude finden.“ So be- läufer dieses Singkreises war der ginnt Harry Höfer sein Vorwort 1941 gegründete Chor der Muzu seinem Liederbuch, dessen sikschule Iglau. Herausgabe um so höher zu beSeither wird das Iglauer werten ist, weil jetzt dieser spezi- Liedgut vorbildlich vor allem bei elle Liederschatz aus einer ehe- Wochenendtreffen und Singwomals deutschen Sprachinsel im chen gepflegt. Wesentlich beiböhmisch-mährischen Grenzge- getragen zum Erhalt der Iglauer biet auch einem weiteren Kreis Liedüberlieferung hat die volksvon Volksliedfreunden zugäng- kundliche Arbeit von Inge Spanlich ist. nagel-Lösel. Sie hatte schon in Bis zur Vertreibung der deut- den fünfziger Jahren als junge schen Bevölkerung wurden die Singkreislerin Gewährsleute aus Lieder in der Iglauer Sprachin- der ganzen Sprachinsel im Lansel vorwiegend mündlich über- de besucht, Lieder aufgenomliefert. Schriftlich dokumentiert men, schriftlich festgehalten und wurden nur zehn Lieder, und zahlreiche Beiträge im Jahrbuch zwar „Behüt dich Gott“ von dem für ostdeutsche Volkskunde über Lehrer Leopold Köttner, vermut- den Liedgebrauch der IglauVor einer Woche, am 14. Mai, feierte Harry Höfer 65. Geburtstag ( SdZ 19/2020). Der langjährige Leiter des Iglauer Singkreises und der Iglauer Stubenmusik hat kürzlich auch eine Sammlung von Liedern herausgegeben, die Volksmusikexperte Erich Sepp vorstellt.

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Liedersammlung aus der Iglauer Sprachinsel von Harry Höfer

Dej blauan Bändla er und das Spiel auf der Iglauer Bauernfiedel veröffentlicht. Diese Dokumentationen sowie eigene Aufzeichnen von Harry Höfer bilden die Grundlage für das vorliegende Buch „Iglauer Liederschatz“.

Eingeteilt sind die 91 Lieder in die Kapitel „Brauchtum“, „Handwerk“, „Liebeslieder“, „Schelmenlieder“, „Wirtshaus“, „Balladen“, „Weihnacht“ und „Besonderes“. Gleich im ersten Kapitel finden sich Lieder, die nur in der

Titel- und Notenblatt von Harry Höfers „Iglauer Liederschatz“. Lieder und Texte aus dem Igelland mit Illustrationen von Hans Hubert Nerad. München 2020, 114 Seiten, 12,50 Euro: (ISMN 979-0-000-00237-1). Beziehbar unter traudi.hoefer@mnet-online.de

de von Karl Ströse verfaßt und erschien erstmals 1878 in dessen Lyriksammlung ,Deutsche Minne aus alter Zeit‘“. Der basiere teilweise auf Neidharts „Diu zît ist hie“, dem Ströse einige Motive entnommen habe. Das Gedicht sei erst später von August Fischer vertont worden und 1884 mit Noten erschienen. „Bekannt wurde in der Folge aber nicht die Komposition Fischers“, so Sepp. Die Vertonung eines anonymen Verfassers, die sich erstmals in der 1886 in Zürich erschienenen „Sammlung von Volksgesängen für den Männerchor“ veröffentlicht findet, ist die übliche Vertonung, für die der Neidhart zugeschriebene Text Ströses verkürzt wurde. Ungewöhnlicher als „Der Winter ist vergangen“ und „Nun will der Lenz uns grüßen“ war dann wieder das Lied „Der Auswärts“ von 1840. „Auswärts“ stehe hier für Frühling, so wie „einwärts“ für den Winter stehe, erklärte der Singleiter. Auch die Herkunft des Liedes aus Schwaben kam zur Sprache. Aus Westböhmen dagegen stammte das nächste Lied. „Jetzt schlågt der Fink im Wåld“ verriet schon durch seine dunklen Vokale die Herkunft aus Wassersuppen im oberpfälzischen Kreis Waldmünchen. Man findet es unter anderem in Gustav Jungbauers „Volksliedern aus dem Böhmerwald“ (1930) abgedruckt, nachdem es 1923 schon einmal schriftlich dokumentiert worden war. Und wie bei diesem Lied der Fink schlug, so sang im nächsten Lied die Lerche. Beim Salzburger Lied „Wann das Lercherl singt“ tummelten sich „Diandl“ und „Bleameln“ zwischen munterem Gesang von „Guggu“ und „Lercherl“ auf der Alm. Den Abschluß bildete das Lied „Kein schöner Land“, das Anton Wilhelm von Zuccalmaglio (1803– 1869) aufgezeichnet hatte.

Geburtstagsständchen für Heimatpflegerin Das schönste Lied war jedoch eine Überraschung. „Heute hat unsere neue Heimatpflegerin Geburtstag, und wir bringen ihr ein Ständchen!“, verkündete Erich Sepp. Und dann konnte man auf den kleinen Monitoren am Seitenrand einige der 57 Teilnehmer „Viel Glück und viel Segen“ singen sehen. Hören konnte man das Lied aus den dreißiger Jahren nur von Erich Sepp. Christa Meinusch freute sich sichtlich: „So viele Leute haben mir noch nie gratuliert.“ Sie bedankte sich bei allen und bei Moderator Sepp für das Geburtstagsständchen und die schöne Singstunde. „Bei diesen Liedern kamen eine Menge Kindheitserinnerungen hoch“, sagte Meinusch. „Meine Eltern, die aus Cosel bei Oppeln und Gleiwitz in Oberschlesien stammen, haben sie oft bei unseren Wanderungen im Frühjahr gesungen.“ Susanne Habel

Sprachinsel überliefert sind, läßt sich leicht eine Terz darunbeispielsweise das Lied „Be- ter ergänzen. Es sind jedoch eine hüt dich Gott“ zur Ankunft Reihe von Liedern enthalten, dedes Kammerwagens bei einer ren Stimmführung insofern nicht Hochzeit oder das sogenannte eindeutig ist, weil, denkt man Iglauer Erkennungslied „Dej zweistimmig, die Hauptstimme mit dej blauan Bändla“, des- zwischen Ober- und Unterstimsen Dialekt erkennbar nord- me wechselt wie beim Lied „I geh bairisch klingt. Daneben finden holt im Tannawold“. sich auch Lieder, die anderswo Solche Fragen stellen sich in ebenfalls überliefert wurden wie der Liedpflege der beiden Iglau„Die Erdäplsuppn“ (Egerland er Singkreise Süd und Nord weund Oberpfalz), „Ho ma man niger, weil dort die Lieder in gut Wazn af d‘ Leitn baut“ (Altbai- klingenden Chorsätzen vorwieern, Ukraine) oder „Mei Votan gend von Fritz Stolle und dessen sei Heisei“ (Egerland, Altbaiern). Sohn Wilfried Stolle gesungen Da alle Lieder einstimmig no- werden. Das noble Gewand, in tiert sind, stellt sich für den Re- das diese Lieder im Chorsatz gezensenten die Frage, ob die Lie- kleidet sind, verhindert jedoch, der in der Iglauer Sprachinsel daß die Lieder über die Pflegenur einstimmig gesungen wur- kreise hinaus bekannt wurden den. und werden. Deshalb ist dieDie Melodieführung in den se einstimmige Liedpublikation meisten Liedern läßt erkennen, um so wichtiger für das gesellidaß die in Österreich und in Alt- ge Singen etwa bei offenen Mitbaiern vorherrschende ausster- machsingstunden oder zwangbende Überlosen SingKlingende Chorsätze stimmen-Zweitreffen. Harry stimmigkeit Höfer bemerkt und geselliges Singen hier weniger hierzu richtigepflegt wurde, jedoch sind gerweise: „Der aktive Liedgedurchaus Ansätze erkennbar, daß brauch lebt von der unmitteldiese einfache natürliche Mehr- baren Weitergabe und birgt die stimmigkeit auch in Iglau wenig- Gefahr, daß der eine oder andestens teilweise vorhanden war. So re wertvolle Schatz in Vergessenist bei dem Lied „Morgens früh heit gerät. Dem will dieses Buch im kühlen Taue“ nur die Ober- abhelfen.“ Möge dies auch in Zustimme notiert, die Unterstimme kunft gelingen.


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KULTUR

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Im Netz zeigte der Pianist und Musikkabarettist André Hartmann wieder einmal seine Künste. Er erfüllte vor einem stummen „Publikum“ aus Stofftieren auf seine unnachahmlich satirisch-witzige Art Musikwünsche der Zuschauer. Der SLFörderpreisträger von 2006 trat gemeinsam mit dem Duo „PrimaTonnen“ auf der Bühne im Gasthof Stroblwirt in Oberhausen im oberbayerischen Kreis Weilheim-Schongau auf. Die „PrimaTonnen“, Bettina von Haken und Edeltraud Rey, boten Kostproben aus ihrem bairischen Musikprogramm.

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aanitaaa!“, schmettert André Hartmann in das Mikrofon. Der Kabarettist, Sänger und Pianist erfüllt damit einen Wunsch nach einem Lied mit „A“, den ein Zuschauer im YouTube-Kanal geäußert hat. So führt der Gastgeber das Publikum auf eine interaktive musikalische Entdeckungsreise, durch ein Potpourri von Musik und Parodie. Bei seinem Wunschkonzert spielt, singt und verfremdet Hartmann klassische Stücke, beliebte Schlager und immerwährende Hits. Dazu hat er auf der Bühne angekündigt, alle Wunschtitel quer durch das Alphabet singen zu wollen. Da ihm der Wiesenhit „Anita“ im Original zu langweilig scheint, singt Hartmann den Text auf chinesisch – oder was er dafür ausgibt und was hauptsächlich aus den Menüpunkten einer Speisekarte beim „Chinesen“ besteht. Als nächstes wünschen einige Zuschauer im YouTubeChat sich „Amazing Grace“ und „Anything Goes“, die Hartmann natürlich auch parodiert. Beim Buchstaben „B“ treten zunächst seine beiden Gäste auf. Die „PrimaTonnen“ singen voll mundartlich einen zynisch-bösen Zwiefachen über „Mein bayerisch‘ Heimatland“. Die Musikerinnen Bettina von Haken und Edeltraud Rey sind Lokalmatadorinnen, die in ihren Liedern bayerische Eigenheiten aufs Korn nehmen. So singen sie später noch über die bärenstarke „Kati aus Obergiasing“ und „Das Breitersein“ über die Gewichtszunahme der Bayern in Coronazeiten. Mit der „Bayernhymne“ macht Hartmann weiter, aber da ein B-Lied wohl nicht reicht, verschmilzt er die Hymne mit „Beat it“ von Michael Jackson, und läßt „FC Bayern, Stern des Südens“ darin anklingen. Auch die Zu-

André Hartmenn begleitet am elektrischen Klavier auch seine Gäste, die „PrimaTonnen“, Bettina von Haken und Edeltraud Rey.

� Musikkabarett von SL-Förderpreisträger im Netz

Wunschkonzert nach ABC

André Hartmann auf der Stroblbühne mit seinem tierischen Publikum. Video derzeit noch im Netz: www.youtube.com/watch?v=05IH3ASACV0 schauerwünsche nach „Blue Eyes“ und „Born to be Wild“ verwebt der Profi-Musiker musikalisch und textlich. Der „Bavarian Dream“ wird zu einem russischsprachigen Kasatschok, und der „Bi-Ba-Butzemann“ kommt erst in niederländischem und dann in mongolischem Zungenschlag daher. Da Hartmann immer nur einige Liedzeilen oder eine Strophe bringt, ist man schnell bei „C“ angekommen. „Da will jemand ,Cowboy und Indianer‘, das ist politisch nicht korrekt“, tadelt der Sänger und macht daraus flugs „Kuh-Mensch und Native

Der Internationale Museumstag am Sonntag, 16. Mai, fand dieses Jahr zum Großteil bundesweit in virtuellen Räumen statt. Auch das Kunstforum Ostdeutsche Galerie (KOG) war mit einem digitalen Programm dabei, das aus Online-Führungen durch die Dauerausstellung und die Kabinettausstellung „Für Tommy zum dritten Geburtstag in Theresienstadt“ bestand. An diesem Tag wurde auch auf der Internetseite des Museums die Auflösung der Bildrätsel-Serie „Detailverliebt. Kunst unter der Lupe“ veröffentlicht.

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as Programm im Netz begann mit einer Online-Führung von Sebastian Schmidt, Sammlungsleiter für den Bereich Grafik. Er stellte das Höhepunkte

American“. „C‘est si bon“ und Bei „D“ gelangen alle zu „Da„Champs-Élysées“ fließen gna- dada“ und „Dancing Queen“, die denlos zusammen als Einheits- allerdings Wolfgang Amadeus Chanson. Mozart als Vierjähriger geklimDa Hartmann auch klassisch pert haben soll. Und das kleiausgebildet wurde, kennt er die ne Wolferl sei auch der Kompo„wahren“ Urnist von „Du Dschingis Khan heber der Liebist die Rose der. „La Cucavom Wörthervon Carl Orff racha“ stamme see“ geweursprünglich von Johann Seba- sen, das Hartmann mit spinettstian Bach, erinnert Hartmann, artigen Klängen anschlägt. Die und spielt das „Original“ vor, ein einleitende Terz der „WörtherBach-Präludium in C-Dur. Und see-Rose“ wird dann gleich zum Bach sei auch der Schöpfer von Leitmotiv in einem Klavierkon„Che sera, sera“ gewesen, wenn zert von Pjotr Iljitsch Tschaikowman Hartmanns Aussagen und ski, der sie wohl bei Mozart abgeTönen glauben will. kupfert hat.

� Internationaler Museumstag im Kunstforum Ostdeutsche Galerie

Virtuelle Führungen der aktuellen Kabinettausstellung vor: das Kinderbuch „Für Tommy zum dritten Geburtstag in Theresienstadt“ vom böhmisch-jüdischen Grafiker und Karikaturisten Bedřich Fritta (1906–1944), das zum bewegenden Zeugnis des Holocausts wurde. Der Grafiker kam 1906 als Fritz Taussig in Böhmisch Weigsdorf im Kreis Friedland auf die Welt. Der erfolgreiche Künstler war 35 Jahre alt, als die SS ihn, seine Frau Johanna und sei-

nen noch nicht einjährigen Sohn Tomáš (1941–2015) 1941 aus Prag ins Ghetto Theresienstadt deportierte, wo er ab 1942 das Zeichenbüro der jüdischen Selbstverwaltung leitete. Bedřich Fritta wurde mißhandelt und nach Auschwitz deportiert, wo er im November 1944 – angeblich an Entkräftung – starb. Er hinterließ das Büchlein seinem kleinen Sohn, der das Lager überlebte. Im Netz zeigte der KOG-Grafiksammlungsleiter Bilder aus dem Buch, das derzeit im KOG präsentiert wird. Am Nachmittag ging es mit zwei Online-Führungen unter dem Motto „Inspiration an der Ostsee“ weiter.

Künstlerische Inspiration an der Ostsee

Emil Orliks „Bildnis der Schauspielerin Maria Fein“ (um 1925) war das Leitmotiv für das Rätsel „Detail unter der Lupe“.

Für einen musikalischen Laien hören sich Hartmanns Variationen tatsächlich wie Werke früherer Epochen an, zum Beispiel „Dschingis Khan“, das aus den „Carmina Burana“ von Carl Orff stammen soll. Über den angeblichen Komponisten erklärt Hartmann: „Orff das ist ORF 2, daher die zwei F.“ Er kann jedoch nicht nur Komponisten und ihre Stile, sondern auch Sänger und ihren Duktus imitieren: „Don‘t Worry, Be Happy“ hören die Zuschauer nun gesungen durch den Mund von Heino, Herbert Grönemeyer und Helge Schneider, die sich

KOG-Direktorin Agnes Tieze referierte über die beiden Künstler Max Pechstein und Karl Schmidt-Rottluff. „Die malerischen Dünenlandschaften an der Ostsee haben es diesen Meistern des deutschen Expressionismus wie auch anderen Künstlern angetan“, so die Direktorin über die Kunstwerke. Hier hätten sie anregende Motive und Ruhe gefunden, um ihre Maltechnik weiterzuentwickeln. Auch aus dem privaten Leben der beiden Künstlerfreunde gab es Details.

Zwei weitere Künstler stellte Verena Hein vor. Die Sammlungsleiterin für den Bereich Gemälde und Skulptur referierte über Artur Segal und Ivo Hauptmann. „Das Experimentieren mit Form und Farbe ist das, was diese beiden Künstler verbindet.“ Während sich Hauptmann für den französischen Pointilismus begeistert habe, habe Segal sogar einen eigenständigen theoretischen Ansatz entwickelt – die Gleichwertigkeitstheorie.

am Klavier quasi ablösen. Im Alphabet ist man bei „E“, und dazu gleitet „El Condor pasa“ als Ferienflieger aus Vor-Corona-Zeiten durch die Lüfte. Die CondorMaschine ist auf dem Weg nach Süden mit „griechischem“ Text: Da häufen sich Worte wie Sirtaki, Souvlaki und Zaziki. Aus den Liedern „Ein Stern, der deinen Namen trägt“ und „Es gibt kein Bier auf Hawaii“ macht Hartmann ein neues Stück, sowohl textlich wie musikalisch. „Ebony and Ivory“ singt er als „Io et tu“ in schmelzendem Küchen­ italienisch. Den Schlager „Er hat ein knallrotes Gummiboot“ will er „durch die Komponisten jagen“ und so kommt Wencke Myrrhes Hit bei ihm mal von Frédéric Chopin, mal von Janis Joplin. Alle Stile hat Hartmann drauf, und parodiert zwischendurch auch berühmte Zeitgenossen. Kein Wunder, daß der Musiker schon vielfach ausgezeichnet wurde: Der SL-Förderpreis 2006 war nur eine von vielen Ehrungen für ihn wie 2014 der Fränkische Kabarettpreis und 2019 der Schwabinger Kunstpreis. Hartmann, der 1976 in Starnberg als Sohn einer Egerländerin zur Welt kam, begann schon mit fünf Jahren Klavier zu spielen und studierte an der Hochschule für Musik und Theater in München. Darauf folgten Konzertauftritte. Als freier Künstler tritt Hartmann mit diversen Programmen auf, obwohl er auch als Musiklehrer an einem Münchener Gymnasium arbeitet. Die musikalische Vielseitigkeit des Pianisten wurde dabei immer durch schauspielerisches Talent bereichert, was ihn schließlich auch zum Kabarett führte. Und so wurde er auch für eine der beliebtesten ParodieShows entdeckt. Beim berühmten „Derbleckn“ auf dem Münchener Nockherberg trat er von 2005 bis 2008 in der Rolle von Bundeskanzler Gerd Schröder und von 2010 bis 2012 als Oberbürgermeister Christian Ude auf. Zu sehen war er vor Corona auch als rikschafahrender „Stadtführer“ im kleinen Münchener Theater Hofspielhaus. Mehrmals moderierte er voll Witz und Elan die Kulturpreisverleihung beim Sudetendeutschen Tag und erheiterte Landsleute mit seinen Auftritten im Sudetendeutschen Haus in München. Susanne Habel Weitere Informationen im Internet: www.andrehartmann.de

Am Internationalen Museumstag war nun auf der Website des Museums auch die Auflösung der Mini-Rätselserie „Detailverliebt. Kunst unter der Lupe“ zu finden. Das KOG-Team hatte zuvor je einen Ausschnitt aus vier schönen Kunstwerken aus der Dauerausstellung – meist mit Bezug zum deutschen Osten – auf seinem Facebook- und InstagramKanal vorgestellt. Bei dieser Social-Media-Aktion unter dem Motto „Ich sehe was, was du nicht siehst“ ging es darum, sich spielerisch mit Kunst zu befassen. Wer neugierig ist, ob er die Werke erkannt hätte, kann die Ausschnitte auf der KOG-Homepage noch einmal betrachten, selber raten und die richtige Lösung ansehen: www.kunstforum.net/ internationaler-museumstag-2021

Kunstforum Ostdeutsche Galerie: Fassade mit Installation von Magdalena Jetelová „Venceremos/Sale“. Bilder: KOG, Studio Zink Fotografen, Magdalena Jetelová


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AKTUELL

Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 21. 5. 2021

� Neue Köpfe im Sudetendeutschen Museum in München

Minderheitenfachmann wird Museumsdirektor Volksgruppensprecher und SL-Bundesvorsitzenden Bernd Posselt, dem Präsidenten des Wissenschaftlichen Beirats des Sudetendeutschen Museums HansMartin Hinz sowie den Vertretern des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales, Annemarie Raith und Christian Löhr in Vertretung von Wolfgang Freytag. Ortfried Kotzian, Vorstandsvorsitzender der Sudetendeutschen Stiftung, stellt den neuen Direktor des Sudetendeutschen Museums in München, dessen neuen Verwaltungsleiter und dessen neue Verwaltungsmitarbeiterin vor.

27 wollten Direktor werden

ken, nach außen vermitteln: Museen für Mehr- und Minderheiten“, an der auch der Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirates des Sudetendeutschen Museums in München, Hans-Martin Hinz, als ICOM-Präsident federführend teilnahm. Professor Hinz referierte damals über „Auftrag, Ethik und Werte, Herausforderungen und Verantwortung für Museen in unserer heutigen Zeit“. Zu den Besonderheiten der Minderheitenmuseen – und die Sudetendeutschen waren in der Zwischenkriegszeit eine beachtliche Minderheit in der Tschechoslowakischen Republik – führte er aus: „Ich bin sehr gespannt auf die hiesige Tagung. Ich freue mich schon mehr zu erfahren, wie Minderheiten – ob sprachliche, ethnische, staatlich aner-

an archäologischen Ausgrabungen teilnahm, Erfahrungen als Restaurator von Fresken am Brixener Kreuzgang erwarb, im Medienbereich tätig war sowohl als Publizist für Zeitungen als auch als Autor für Radiosendungen.

Neuer Verwaltungschef war Pfarrer und Ordensmann Auch der Posten der Verwaltungsleitung des Sudetendeutschen Museums konnte erfolgreich besetzt werden. Der künftige Verwaltungsleiter bekam ein klares Aufgabengebiet zugewiesen. Er soll sich um einen reibungslosen Geschäftsablauf des Museums kümmern. Dazu gehören Finanz- und Rechnungswesen, Personal- und Vertragswesen.

Von den 27 Kandidaten, die sich für die Position des Museumsdirektors beworben hatten, wurden zwölf zu Vorstellungsgesprächen per Zoom-Konferenz eingeladen. An mehreren Tagen über jeweils mehrere Stunden machte sich die Jury ein Bild von ihnen. Die Auswahl erfolgte in einer Vorstandssitm 12. Oktober eröffnete Bayerns Mi- zung des Vorstandes der Sunisterpräsident Markus Söder mit detendeutschen Stiftung. handverlesenen, wenigen PersönlichFür die Stelle des Musekeiten das neu errichtete Sudetendeut- umsdirektors legte sich die sche Museum in der Hochstraße 10, di- Jury auf Stefan Planker, den rekt neben dem Sudetendeutschen Direktor des Südtiroler LanHaus. Fünf Jahre Bauzeit sollten der desmuseums „Museum LaVergangenheit angehören. Die Verant- din Ciastel de Tor“ in Sankt wortlichen für den Bau, das Staatliche Martin in Thurn fest. Er wird Bauamt Rosenheim und das Architek- die Stelle als Direktor des Suturbüro pmp-Architekten von Johannes detendeutschen Museums Probst, sowie die Verantwortlichen für zum 1. Juli antreten. Stefan die Gestaltung und Präsentation, Ulrich Planker wurde 1968 in BoHermanns und Partner aus Münster, zen, der Hauptstadt Südtiwollten mit dem Museumsteam der Su- rols, geboren, besuchte die detendeutschen Stiftung unter der Lei- Ladinische Schule, studierte tung von Michael Henker und vielen an- Deutsch und Italienisch und deren Mitwirkenden der Öffentlichkeit schloß seine Schullaufbahn endlich ihr Werk und ihre Arbeit präsen- an der Kunstlehranstalt 1988 tieren. Für den Publikumsverkehr sollte in Sankt Ulrich im Grödnerdas Museum am 31. Oktober die Pfor- tal ab. Er studierte Kunstgeten unter Corona-Bedingungen öffnen. schichte und Denkmalpflege Vier Besucher sollten nach vorheriger an der Universität Udine im Anmeldung von einer Führungskraft die Friaul und beendete dieses Schätze gezeigt bekommen. Studium in den Jahren 1995 Am 3. November war die angestreb- und 1996. te neue Normalität vorbei, weil die CoNebenberuflich erwarb rona-Ausgangssperre die Schließung al- Stefan Planker 2006 einen ler Museen in Bayern erzwang. Welche Master an der Universität Museumsdirektor Stefan Planker inmitten seiner ladinischen Heimat in Südtirol und im Profil. Gefühle diese Situation bei den Verant- Ferrara in Museumsdidaktik wortlichen hervorrief, kann wahrschein- und 2011 einen weiteren Master in Kul- kannte oder andere – durch Geschichte So soll er sich mit der Aufstellung der lich nur schwer nachvollzogen werden. tur- und Eventmanagement ebenfalls an und Kultur über Minderheitenbewußt- jährlichen Haushaltspläne befassen, die Jedenfalls war das Museum seither ge- der Universität Ferrara. Er war außeror- sein und das Verhältnis zur Mehrheits- Steuerung des Haushaltsvollzugs überschlossen und wartete ungeduldig auf dentlich fort- und weiterbildungswillig. gesellschaft in Ausstellungen lernen. wachen und die Ausfertigung der Verseine Wiedereröffnung. Seit Dienstag So nahm er in den vergangenen 20 Jah- Denn die Pflege der Minderheitenkultur wendungsnachweise übernehmen. Ihm obliegen auch die Leitung und Organihat es nun endlich geöffnet. ren an zahlreichen Tagungen über musation der Museumsverwaltung. seumsspezifische Themen und KulturHier kann Jens Bergmann ein weites tourismus teil. Er erwarb Lizenzen für Stiftung und Museum Feld an Kompetenzen vorweisen. Er verFremdenführer und Reiseleiter, befaßte sind nicht untätig fügt über eine betriebswirtschaftliche sich mit Brandschutzfragen, ArbeitsorStiftung und Museum blieben in die- ganisation und Motivation der MitarbeiAusbildung und war sieben Jahre lang ser von der Corona-Krise diktierten Zeit ter, kümmerte sich um den Aufbau einer Einrichtungsleiter für ein Senioren-Zentrum mit 72 Bewohnern und 55 Mitarnicht untätig. Am Bau mußte noch eine Face­ book-Seite und um Teambildung. beitern. So erwarb er mehrjährige Erfahganze Reihe von Nach- und Restarbei- Es ging ihm um Arbeitsschutz und Sozirung im Dienstleistungsbereich, in Perten erledigt werden. Auch die Gestal- ale Medien in den Museen. Über all diesonalführung und Personalgewinnung, terfirma war vor Ort, um Restleistungen se Weiterbildungsaktivitäten und viele in Einkauf und Budgetierung unter bezu Ende zu führen. Das Museumsteam andere mehr legte er Zertifikate vor. Stetriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten, befaßte sich mit diversen organisatori- fan Planker hat sich mit allen Facetten im Büromanagement, Organisation und schen Abläufen, mit Überlegungen zur der Museumsarbeit auseinandergesetzt. Arbeitsrecht sowie in der DatensicherWerbung und Öffentlichkeitsarbeit und Verwaltungsleiter Jens Jochim Bergmann. heit und im Datenschutz. dem Versuch, mit einer Fachfirma eiNeuer Direktor hat Wurzeln im Jens Bergmann hatte ein klares Mone besucher- und benutzerfreundliche ladinischen Teil Südtirols ­Home­page zu erstellen. Schließlich ist in der globalisierten Welt des 21. Jahr- tiv, sich um die Verwaltungsleiterstelle Seine berufliche Laufbahn begann er hunderts ist wichtig.“ Und: „Früher ha- des Sudetendeutschen Museums zu bezu erwarten, daß der Besuch des Museums auch in naher Zukunft nur über An- 2002 als Direktor im Museum Ladin Ca- ben sich die Menschen über lange prak- mühen: „Als ehemaliger Pfarrer gehören stel de Tor. In den Jahren 2010 und 2011 tizierte Traditionen, über ein bestimm- eine hohe Sozialkompetenz, Kommunimeldungen möglich sein wird. Wesentliche Aufgaben im Zusam- koordinierte er die Errichtung der neu tes familiäres Zusammenleben und über kationsfähigkeit sowie ein souveränes menhang mit dem Sudetendeutschen eröffneten Außenstelle des Museums feste Arbeitsstrukturen identifiziert. und freundliches Auftreten zu meinen Museum waren der Ausbau des Perso- Ladin Ursus Ladinicus in Sankt Kassian Der Lebensweg war vielfach fest vorge- besonderen Stärken. Aufgrund meiner nalkörpers und die Findung und Bestel- in Südtirol und übernahm im Juli 2011 zeichnet. Die Nation war seit der Indu- über zehnjährigen Zugehörigkeit zum lung eines neuen Museumsdirektors. zusätzlich deren Direktorat. Zwischen strialisierung unserer Staaten eines der Deutschen Orden, der vormals im SudeSchon im November hatte die Ausschrei- 2003 und 2018 gehörte er zudem dem Haupt­identifikationsmerkmale, das ge- tenland stark vertreten war, können Sie bung für die Stelle eines Museumsdi- Wissenschaftlichen Beirat des Landes- nerell positiv besetzt war, wobei Min- bei mir ein besonderes Interesse an den museums Schloß derheiten häufig einen schweren Stand Belangen der Sudetendeutschen vorrektors oder einer Tirol an. Museumsdirekhatten, der das Minderheiten-Bewußt- aussetzen.“ Planker nahm sein prägte.“ Geboren wurde der 47jährigen Bergtorin sowie eian mehreren Tanes VerwaltungsProfessor Hinz resümierte damals mann in Hagen in Westfalen, besuchgungen als Refe- sehr zukunftsorientiert: „In den kom- te dort die Schule und machte am Rileiters oder einer rent teil und or- menden Jahren wird das Thema der Ver- carda-Huch-Gymnasium in Hagen 1994 Verwaltungsleiteganisierte selber söhnung durch Museumsarbeit weiter Abitur. Von 1994 bis 1996 studierte er rin für das SudeTagungen in Zu- an Bedeutung gewinnen, weil dies dem Evangelische Theologie an der Kirchtendeutsche Musammenarbeit mit Anliegen der Museen nach ethischem lichen Hochschule Wuppertal, ab 1997 seum stattgefundem italienischen Handeln auf der Grundlage der Wer- Katholische Theologie in Paderborn und den. Das erste beziehungsweiVierteljahr 2021 te, die uns leiten, entspricht. … Ich bin an der Ludwigs-Maximilians-Universe internationalen überzeugt, auch die Museen, die über sität (LMU) München. 2002 wurde ihm war von VorstelMuseumsverband Minderheiten berichten, stellen sich der Titel eines Diplom-Theologen verlungsgesprächen (ICOM). 2013 ging den Herausforderungen unserer Zeit, liehen. Ein Aufbaustudium in Kanonimeist in digitaes um „Das imma- um so auf die veränderten gesellschaft- schem Recht an der LMU München, das ler Form geprägt. terielle Kulturer- lichen Bedürfnisse und heutigen Erwar- er 2007 mit dem Lizentiat abschloß, führDas Auswahlgrebe zwischen For- tungen der Besucher zu reagieren.“ Hin- te ihn auch ein Semester an die Pontifimium bestand aus schung und Re- zes Aussagen der von Stefan Planker or- cia Università Antonianum nach Rom. dem Vorstand der stitution. Eine ganisierten ICOM-Tagung in Südtirol Zwischen 2002 und 2013 war Bergmann Sudetendeutschen Herausforderung Stiftung mit mir, sind auch fünf Jahre später aktuell und Mitglied des Deutschen Ordens und in für Museen?“ und werden dem neu gekürten Museumsdi- unterschiedlichsten beruflichen Tätigdem Vorstandsvorsitzenden der Dr. Ortfried Kotzian, Vorstandsvorsitzen- 2016 um die Ta- rektor des Sudetendeutschen Museums keiten als Ordensmann im Orden der Brüder vom Deutschen Haus Sankt MaStiftung, meinem der der Sudetendeutschen Stiftung, bei der gung von ICOM- Leitmotiv bleiben. Stellvertreter Gün- Eröffnung des Sudetendeutschen Museums International Die Vielseitigkeit von Stefan Planker riens in Jerusalem beschäftigt. 2018 stuBild: Herbert Fischer „Nach innen stär- wird auch dadurch unterstrichen, daß er dierte er erneut an der Fernuniversiter Reichert, dem im Oktober.

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tät Hagen Betriebswirtschaftslehre und schloß dieses Studium als Betriebswirt (IWW) 2019 erfolgreich ab. Für seine Arbeit im Sudetendeutschen Museum in München wird seine Ausbildung als Brandschutzhelfer von großer Bedeutung sein, da der Brandschutz die Verantwortlichen der Sudetendeutschen Stiftung in den vergangenen fünf Jahren in Atem hielt. Ähnlich könnte ihm seine Ausbildung als Aufzugswärter nach der Technischen Regel für Betriebssicherheit (TRBS) 3121 zu Gute kommen, da das Museum mit seinen fünf Etagen von der Funktionsfähigkeit des großen Personenaufzugs lebt. So kann Bergmann die genannten und viele weitere Fähigkeiten sicherlich gewinnbringend für das Sudetendeutsche Museum in München einsetzen. Jens Bergmann wird als Verwaltungsleiter von der Verwaltungsangestellten Agne Deinaraviciute unterstützt. Die 1986 im litauischen Kaunas geborene Agne Deinaraviciute wird ab 1. Juli für die Aufgabenbereiche Liegenschaftsbetreuung, Koordinierung des Museumsbetriebs und dazugehörigen Service- und Wartungsverträge, Buchhaltung, Pflege der hausinternen IT- und Netzwerksysteme, Beschaffungsvorgänge und Personalwesen verantwortlich sein. Sie unterstützt den Museumsdirektor und den Verwaltungsleiter des Museums bei deren Aufgaben.

Neue Mitarbeiterin spricht fünf Sprachen Agne Deinaraviciute begann ihr Studium der Wirtschaftswissenschaften 2005 an der Hauptstadt-Universität Wilna. Während ihrer Studienzeit absolvierte sie 2008 ein Erasmus-Semester an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Im Anschluß an ihr Bachelor-Studium erhielt sie ein Internationales ParlamentsStipendium des Deutschen Bundestages. 2014 schloß sie ein Studium der Wirtschaftspsychologie an der Universität Bremen an, bei dem sie eine Masterarbeit über „Evaluation interkultureller Trainings“ verfaßte. Zwischen 2013 und 2018 arbeitete sie in Mexiko, zunächst in Puebla bei Volkswagen Mexiko im Rahmen eines Praktikums, später als Verwaltungsassistentin bei der Deutschen Botschaft Mexiko-Stadt. Zuletzt war sie seit Anfang 2019 Personalsachbearbeiterin bei Zentralen Diensten der Staatlichen Museen und Sammlungen in München, wo sie auch die Ausschreibungen der Sudetendeutschen Stiftung entdeckte. Agne Deinaraviciute spricht neben ihrer Muttersprache Litauisch fließend Deutsch, Englisch, Spanisch und Russisch. Den neuen Kollegen ist ein guter Start im Kreise und in der Vielfalt der sudetendeutschen Mitarbeiter nicht nur des Museums, sondern aller sudetendeut-

Mitarbeiterin Agne Deinaraviciute. schen Institutionen zu wünschen. Sie sollen mit allen bisherigen Mitarbeitern der Sudetendeutschen Stiftung dem Sudetendeutschen Museum jenes Ansehen und jene Ausstrahlung vermitteln, das sich der Freistaat Bayern mit seinem Leuchtturmprojekt der bayerischen Kulturpolitik für Besucher aus aller Welt erhofft. Voranmeldungen für das Sudetendeutsche Museum: Telefon (0  89) 48 00 03 37, eMail museum-anmeldung@ sudetendeutsche-stiftung.de


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GESCHICHTE

Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 21. 5. 2021

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or 300 Jahren, am 2. März 1721, kam David Zeisber­ ger im mährischen Zauchten­ thal oder Zauchtel im Oberhof als Sohn von David und Rosina Zeisberger zur Welt. Die Fami­ lie gehörte zu den Erweckten der Mährischen Brüder und flüchtete 1726 nach Herrnhut in Sachsen auf die Güter von Nikolaus Graf von Zinzendorf. Dieser wandte sich ab 1734 unter anderem der Indianermission in Nordameri­ ka zu. Dort herrschte zwar religiöse Freiheit, die auch mit dem mo­ ralischen Abstieg vieler Sied­ ler einherging. Geistige Zen­ tren entstanden nur wenige, und wenn, dann spontan durch ein­ zelne Missionare verschiedener Konfessionen. So sandte der Graf zwei Gruppen von Mährischen Brüdern nach Savannah in Geor­ gien. Das Evangelium sollte ge­ zielt an die verarmten Indianer weitergegeben werden, die da­ mals schon den negativen Ein­ flüssen der Zivilisation, beson­ ders dem Alkohol, unterlagen. In der zweiten Gruppe von 1736 be­ fanden sich die Eltern von David Zeisberger. Er selbst blieb zur Er­ ziehung in der brüderischen Mis­ sion Heerendijk in Holland zu­ rück. Noch im selben Jahr floh David und gelangte zu seinen El­ tern. Die Ereignisse im Kolonial­ krieg zwischen England und Spa­ nien (1739–1742) zwangen 1740 die Missionare, Georgien zu ver­ lassen und nach Pennsylvanien auszuweichen. 1741 gründeten die Brüder dort am Lehigh River, einem Ne­ benfluß des Delaware, eine Mis­ sionsstation, bei der der 20jäh­ rige Zeisberger Gründungsmit­ glied war. Bei seinem Besuch an Weihnachten 1741 gab Graf Zin­ zendorf der künftigen Stadt den Namen Bethlehem und machte sie zur Missionsbasis für Nord­ amerika. Anschließend durch­ querte er in drei gefahrvollen Reisen das Indianerland, wo er auch mit fünf Irokesen-Häuptlin­ gen über die Möglichkeiten ei­ ner Missionierung verhandelte. In der Schule von Bethlehem lernte Zeisberger Indianerspra­ chen und wurde bald zu Dolmet­ scherdiensten herangezogen. Als die ankommenden Siedler aus Europa die christlichen India­ ner am Hudson River an der Ost­ küste aggressiv bedrohten, er­ hielt er 1745 seinen ersten Auf­ trag. Zum Schutz der aus der ersten Missionsstation Scheko­ meko nach Westen abgedräng­ ten, getauften Mohikaner grün­ dete Zeisberger am Mahony Ri­ ver, 25  Kilometer nordwestlich von Bethlehem, die Station Gna­ denhütten. Es entstand ein india­ nisches Herrnhut. Die Indianer wurden an systematisches Arbei­ ten und an planvolles Wirtschaf­ ten herangeführt und sorgten so für ihren Lebensunterhalt und den für Arme und Kranke.

� Zum 300. Geburtstag des Kuhländler Missionars David Zeisberger

Die Mährischen Indianer Chingachgook, der tapfere, weise Indianerhäuptling, war der Stolz seines Stammes in James Fenimore Coopers Erzählung „Der letzte Mohikaner“. Im wirklichen Leben hieß er Tschop und war eher ein Ra1749 wurde Zeisberger zum Diakon ordiniert und als leiten­ der Missionar in das Zentrum des Irokesengebietes nach Onon­ daga im Staat New York gesandt. Er war ein zurückhaltender, stil­ ler Mann mit einzelgängerischer Neigung und erweckte wohl ge­ rade deshalb großes Vertrauen bei seinen Mitmenschen.

Häuptling adoptiert mährischen Missionar Während seiner mehrjährigen, erfolgreichen Missionierung ad­ optierte ihn sogar ein Häuptling. Sein indianischer Name lautete Ganousseracheri, das heißt der auf dem Kürbis steht, weil er, ob­ wohl 6 Fuß – umgerechnet et­ wa 1,90 Meter – groß, machtvoll und überzeugend, oft von einem Kürbis aus in der klangvollen Sprache der Irokesen das Evan­ gelium und die Gewaltlosigkeit predigte. Der Ausbruch des EnglischFranzösischen Krieges (1754– 1763) beendete den großen Mis­ sionserfolg von Zeisberger bei den Irokesen. Er mußte 1755 Onondaga verlassen, da sich Tei­ le der Delawaren in Pennsylvani­ en den Franzosen anschlossen, während alle übrigen die Treue zur Englischen Fahne hielten. Er begab sich rasch nach Gna­

bauke und Trinker. Doch nach der Taufe durch den Herrnhuter Missionar Christian Rauch auf den Namen Bruder Johannes wurde er ein aufrechter Christ. Über die Missionierung der Indianer Nordost-

denhütten, um die dort leben­ den Indianer zu schützen. Doch vor seiner Ankunft hatten profranzösische Delawaren bereits die Station überfallen und viele Indianer sowie Weiße ermordet. Die Überlebenden flüchteten nach Bethlehem, das während des Krieges zu einem geschütz­ ten Zufluchtsort wurde. Im glei­ chen Zeitraum spielt Coopers oben erwähnter Roman „Der letzte Mohikaner“. In dieser Zeit entwickelte Zeis­ berger sprachwissenschaftliche Aktivitäten. Er schrieb ein sie­ benteiliges Irokesisch-Deutsch Wörterbuch, eine Grammatik in Delaware-Sprache und arbeitete an Bibel- und Gesangbuchüber­ setzungen sowie Predigten in In­ dianersprachen. Nach dem Friedensschluß ent­ schieden die Brüder, die Missi­ onsstationen von den Siedlungen der Weißen zu trennen. Aus die­ sem Grund zog Zeisberger 1765 mit 90 christlichen Indianern von Bethlehem aus 150  Kilometer nach Norden an den Susquehan­ na River und gründete die Stati­ on Friedenshütten. Sie war mit Palisaden eingezäunt, die India­ ner lernten den Ackerbau schät­ zen und bauten den Handel aus. Dabei zeigte sich, daß sich die geistige Welt der Indianer auf ei­ ner dem Christentum sehr nahen

Die von David Zeisberger gegründeten mährischen Missionsstationen in Nordamerika.

amerikas durch Mährische Brüder, insbesondere durch den Indianerapostel David Zeisberger, den wir oben 1765 als Prediger bei den Irokesen sehen, berichtet Ulf Broßmann.

Ebene befand. So wurde Frie­ denshütten für rund 180 Mähri­ sche Indianer zum Zentrum der Erweckung. Mährische Indianer nannte man die von Mährischen Brüdern Getauften und Mährische Statio­ nen die von Mährischen Brüdern gegründeten Orte. Nicht immer begegneten Indianer Zeisber­ ger friedlich. Oft spürte er Haß und die Macht von Schamanen mit übernatürlichen Fähigkei­ ten. Einmal sagte er, er habe sich in einer Festung des Satans be­ funden. Den Glauben an seinen Heiland verlor er dabei nie, und sein unerschütterlicher Mut ließ ihn nicht vor Gefahren zurück­ schrecken und schwere Prüfun­ gen erdulden.

Amerikanischer Captain skalpiert Indianer Währenddessen verdrängten die landbesetzenden weißen Ein­ wanderer im Osten von Penn­ sylvanien zunehmend die In­ dianer. Bis 1764 waren Großtei­ le der Delawaren nach Westen bis nach Ohio an den Muskin­ gum River umgesiedelt. Deshalb kam Zeisberger im Frühjahr 1772 zur Überzeugung, seine Aktivitä­ ten im Osten einzuschränken. Er gründete mit weiteren Missiona­ ren und indianischen Helfern im

Bilder: Archiv Ulf Broßmann

Muskingum Valley die Siedlun­ gen Schönbrunn und Gnaden­ hütten II. In den nächsten fünf Jahren wuchsen die Missionen. 1775 be­ fanden sich in beiden Stationen knapp 400 Mährische Indianer. In diesem goldenen Zeitalter der Indianermission gründete Zeis­ berger noch die dritte Station Lichtenau. Aus allen Teilen des Landes besuchten Indianergrup­ pen die Mährischen Niederlas­ sungen. Damit fand Zeisbergers Arbeit bei den Delawaren ihren Höhepunkt. Schon ein Jahr später, im Un­ abhängigkeitskrieg (1775– 1783), lagen die blühenden Missionsstationen mitten im Kampfgebiet der Engländer und Amerikaner. Da die Mährischen Brüder und die Mährischen Delawaren den Kriegsdienst ab­ lehnten, gerieten sie immer stär­ ker unter Druck, ihre Neutralität aufgeben zu müssen. Sie wurden sogar der Unterstützung für die jeweils andere Seite verdächtigt. Über zwei Ereignisse mit großen Nachwirkungen soll hier berich­ tet werden. 1781 beschuldigten die Eng­ länder die christlichen Delawa­ ren des Verrates. Sie deportierten sie gewaltsam mit Zeisberger, der ein Missionsverbot erhielt, vom Muskingum Valley an den Sandusky River in die Nähe des Eriesees. Im selben Jahr hatte er die 37jährige Susanna Lekron geheiratet, die ihn in dieser Si­ tuation tatkräftig unterstützte. In der provisorischen Siedlung, die er Captive Town (Stadt der Gefangenen) nannte, gab es für den Winter keine Nahrungsmit­ tel. Deshalb machten sich etwa 150 Indianer auf den Weg zurück nach Gnadenhütten II, um dort die zurückgelassene Ernte einzu­ bringen. Der amerikanische Cap­ tain David Williamson hielt die Zurückgekehrten für englische Spione und ließ 96  Mährische Indianer, darunter sechs Helfer, 24 Frauen und 22 Kinder, am 8. März 1782 grausam ermorden. Alle Gefangenen wurden bru­ tal abgeschlachtet, skalpiert und der Missionsort niedergebrannt. Dies ging als Massaker von Gna­ denhütten in die amerikanische Geschichte ein. Nach dem Krieg bemühte sich die amerikanische Regierung, die Schuld durch Landschenkun­ gen an die Indianer zu sühnen, während sich die Engländer 1782 bei dem erschütterten Zeisberger für die Zwangsumsiedlung und

das Missionsverbot entschuldig­ ten. Sie stellten Proviant, Saatgut und Werkzeuge für eine neue Station nördlich von Detroit zur Verfügung. So gründete David Zeisberger am Saint-Claire-See in Kanada die Station Neu Gna­ denhütten, die bald mit 117 Ge­ tauften sehr erfolgreich war. Als die Tschippewa Besitzan­ sprüche auf die Jagdgründe der neuen Missionsstation anmel­ deten, beabsichtigte Zeisberger ins Muskingum Valley zurück­ zukehren, was aber wegen der in Ohio tobenden Indianerkrie­ ge noch einige Jahre dauern soll­ te. Auf dem Weg dorthin mußte er deshalb 1786 mit seinen india­ nischen Brüdern Zwischenauf­ enthalte in den neu gegründeten Orten Pilgerruh und Neu Salem am Eriesee einlegen sowie 1791 nach Kanada in die Siedlung Die Warte umkehren und später in der Mission Fairfield weitere Jahre abwarten. Nach 17jährigen Irrwegen durch den Nordosten Amerikas und Kanadas kehrte Zeisberger 1798 mit 31 Mährischen India­ nern ins Muskingum Valley zu­ rück und beging sein 50. Jahr in der Missionsarbeit. Nach ih­ rer Deportation 1781 war die Gegend völlig verwildert, den­ noch entstand an Stelle der zer­ störten Missionen die neue Sta­ tion Goschen. Die Zeiten hatten sich aber verändert. Immer mehr Siedlergruppen wanderten ein, ließen sich in der Nähe der Mis­ sionen nieder und machten den Indianern das Land streitig. Un­ gleiche Welten prallten aufein­ ander. Mit der hochentwickelten europäischen Kultur konnte die wenig entwickelte Zivilisation der Ureinwohner Amerikas nicht konkurrieren. Zeisberger quälte sich in seinen letzten Jahren mit den vielen Veränderungen. Die Indianer sollten in seinen Mis­ sionsstationen sicher sein, aber mehrere Massaker, besonders die in Gnadenhütten, hatten das Gegenteil gezeigt. Die Indianer mieden die Stationen, viele ver­ fielen dem Alkohol.

Gesang begleitet den Weg in die ewigen Jagdgründe Zeisberger hatte nicht mehr die Kraft, sie zurückzuholen und sich gegen ihren moralischen Abstieg zu stemmen. Dies über­ ließ er seinen Mährischen Nach­ folgern. In den letzten sechs Le­ bensjahren kränkelte er. Am 17. November 1808 starb der er­ folgreiche und bei Indianern so­ wie Weißen angesehene Missio­ nar. Dabei gaben ihm 24 Mähri­ sche Delawaren mit geistlichen Gesängen Kraft für seinen Heim­ gang in die ewigen Jagdgründe. Sein Grab ist in Goschen. Er gehört zu jenen 29 Kuh­ ländler Missionaren, die die Ge­ schichte der Neuen Welt mit­ gestalteten. Sie gründeten viele Mährische Orte in Nord­amerika, aus denen sich Städte entwickel­ ten und bis heute rund 100 Ge­ meinden der Moravian Church mit etwa 35  000 Nachkommen der Mährischen Indianer hervor­ gingen. Das missionarische Le­ ben von David Zeisberger war durchdrungen von Hoffnung, Trauer, Erfolgen und Niederla­ gen sowie allzeit gekennzeich­ net durch sein menschliches Ver­ halten in einer unmenschlichen Zeit. Dies lebte er 60 Jahre lang seinen indianischen Brüdern vor. Dank dieses Beispiels konnte er viele von ihnen zum Christentum und zur Gewaltlosigkeit bekeh­ ren. Wie kein anderer hat er sich um die Indianer in Nordamerika verdient gemacht, David Zeisber­ ger trägt damit zurecht den Eh­ rentitel Indianerapostel. Freitag, 24. bis Sonntag, 26. September veranstaltet die Moravian Historicko-vlastivědné společnosti in Zauchtel/Suchdol nad Odrou in der Tschechischen Republik die IX.  Internationale Moravian Konferenz unter dem Motto „300. Geburtstag von David Zeisberger“.


Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 21. 5. 2021

Coronakonform feierte die Egerländer Gmoi z‘ Forchheim Anfang Mai ihr 70jähriges Bestehen mit einem Festgottesdienst.

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aiserwetter herrschte. Die Sonne strahlte über der Forchheimer Klosterkirche Sankt Anton. Vom Parkplatz der Sparkasse und von anderen Seiten kamen Landsleute in den bunten Trachten der Egerländer. Vorausgegangen war großes Bangen. Dürfen wir Gottesdienst halten oder sogar das Platzkonzert durchführen? Dankbar war der Vorstand, daß der Gottesdienst mit beschränkter Besucherzahl gehalten werden durfte, wenn auch ohne Gesang der Teilnehmer. Der gebürtige Egerer Monsignore Herbert Hautmann ist Diözesan-Vertriebenen-Seelsorger. Er konnte mit einer kleinen Fahnenabordnung in die Kirche einziehen. Die Besucher harrten seiner schon auf den ihnen zugewiesenen Plätzen. Die Orgel spielte mächtig auf. Auch ohne Trachtenabordnung bot sich im Altarraum ein farbenfrohes Bild. Die meisten kennen Monsignore Hautmann von den Vertriebenenwallfahrten in die Basilika Vierzehnheiligen. Sehr am Herzen liegt ihm auch die Wallfahrtskirche Maria Loretto in Altkinsberg bei Eger. Für seine Bereitschaft den Dankgottesdienst zu zelebrieren, sind ihm die Egerländer zu großem Dank verpflichtet. Vüarstäihera Uli Baier begrüßte Oberbürgermeister Uwe Kirschstein, Bürgermeister Udo Schönfelder und Alt-Bürgermeister Franz Streit. Auch Landesvüarstäiha Helmut Kindl aus Ingolstadt und Bundesvüarstäiha Volker Jobst waren gekommen. Jobst sprach auch ein Grußwort. „Dank schäi u schäi, daß dau seid‘s“, schloß Baier ihre Begrüßung. Als Vertreter der Forchheimer Sparkasse war Geschäftsführer Engin Erber da. Er hatte die Egerländer bei der Organisation ihres Jubiläums unterstützt. Margaretha Michel, Obfrau der SL-Bezirksgruppe Oberfranken und Mitglied der Forchheimer Gmoi, hatte die guten Kolatschen vom Egerländer Bäcker mitgebracht. Ihre Tochter hatte die wunderschöne Kerze mit der Ansicht vom Wallfahrtsort Maria Kulm gestaltet. Mittelfrankens SL-Bezirksobmann Eberhard Heiser war der Einladung ebenso gefolgt wie Eduard Nöth MdL a. D., ein enger Vertrauter der Gmoi, Landsmann Reinhard Hautmann mit Frau Regine und Professor Reinhard Voll, der großzügige Hausherr der Gmoistube. Besonders begrüßte Baier die Gmoin mit ihren Vüarstäihern aus Ansbach, Bamberg, Bayreuth, Fürth, Herzogenaurach, Marktredwitz und Nürnberg. Gestaltet wurde der Gottesdienst von den Familien Deistler und Lippert. Sie trugen Liedgut aus der Egerländer Volkssingmesse von Franz Roscher vor, wahrlich ein Genuß in der Mundart unserer Vorfahren. Albin Wagner und Hans Ritter brillierten als Sänger. Die hervorragend klingende Orgel spielte Wolfgang Reichelt. Gesang und Orgel bildeten mit der Barockkirche eine wunderbare Einheit. Am Ende der Begrüßung dankte Baier ihrer Gmoi, die immer zammhölt, und ohne die die Feier nicht stattfände. Ganz lie-

Treffen nach dem Kirchgang.

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VERBANDSNACHRICHTEN werte Gedanken aus. Im Leben jedes Menschen gebe es Anlässe, Gott für sein Handeln und seine wunderbare Schöpfung zu danken. „So wollen wir auch heute diesen Dankgottesdienst feiern für 70 kriegsfreie Jahre in Deutschland und dafür, daß es Menschen gegeben hat und noch gibt, die die Erinnerung an ihre Heimat, das Egerland, aufrechterhalten. Unser Leben liegt in Gottes Hand. Aus diesem Vertrauen heraus wenden wir uns in allen Nöten an den lebendigen Gott. Herr, du hast uns verheißen: ,Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.‘ So vertrauen wir auch jetzt darauf, daß du in unserer Mitte bist und wir unsere Sorgen und Anliegen vor dich bringen dürfen. Zeige allen Verantwortlichen in Kirche, Staat, Wirtschaft und Gesellschaft Wege des Friedens, der Versöhnung und Gerechtigkeit, damit alle Menschen ohne Haß, Krieg und Gewalt leben können. Laß deine Katholische Kirche trotz aller internen Probleme nicht ihren Auftrag vergessen, sich besonders um schwache Menschen zu kümmern. Ich denke hier vor allem an unsere betagten Mitglieder in den Seniorenheimen. Wecke in uns den Sinn für einen guten Umgang mit deiner Zwischen zwei Fahnenträgern zelebriert Monsignore Herbert Hautmann den Festgottesdienst. Schöpfung. Sie wurde uns geschenkt als ein Ort des Lebens. Doch Leiden, Krankheit und Tod Egerländer Gmoi z‘ Forchheim gehören zu unserem Leben. Diese menschliche Ohnmacht kann besonders in dieser Zeit der Pandemie zur Verzweiflung führen. Stärke alle, deren Leben und Zukunft durch diese Katastrophe zerstört wird. In christlicher Zuversicht rufen wir: Laß uns in unserer Mutlosigkeit Deine Nähe besonders be Grüße richtete sie auch an die nicht möglich sei, einem fest mit dete sich ein Integrationsphä- spüren! Herr, du hast uns aufgeMitglieder in den Seniorenhei- der Heimat verwurzelten Volks- nomen heraus, das man als hi- tragen: ,Liebet einander, wie ich men, die wegen der Pandemie stamm den geistigen Schatz sei- storisch einzigartig bezeichnen euch geliebt habe.‘ Gib, daß dienicht mitfeiern durften. ner Herkunft zu entziehen. Vor muß. se Liebe auch in unseren FamiDer Gründung der Gmoi vor allem der Dialekt sei das stärkste Ich bin der festen Überzeu- lien spürbar ist. Laß Eltern und 70 Jahren waren die tragischen Bindeglied, das ihn zusammen- gung, daß der heutige Gottes- Erzieher sich ihrer VerantworEreignisse nach dem Ende des halte. dienst beitragen wird, dieses tung für Kinder und Jugendliche „Unsere Eltern und Großel- Band unserer Volksgruppe neu bewußt werden und hilf ihnen, tern haben in dieser altehrwür- zu festigen. Gleichzeitig danken Glaube und Liebe überzeugend digen Stadt ihr zweites Zuhause wir diesem Land, ein angemesse- vorzuleben. Wir gedenken in Ehrfurcht ungefunden, so wie es für uns und nes Leben in Freiheit führen zu ser lieben Verstorbenen, die uns unsere Kinder als sogenannter können.“ Bekenntnisgeneration zur ersten Vüarstäihera Baier schloß ih- ein Stück unseres Weges christHeimat geworden ist. Da ist ein- re Begrüßung mit den Worten: lich geführt und unser Wirken mal die Jubiläumsfreude, der „Wahres Erbe will langsam er- geprägt haben. Lohne ihre Treue Stolz, daß eine Organisation sich rungen sein; doch vielleicht ge- zum Glauben mit der ewigen und ihre Traditionen über sieben hört ein ganzes Leben dazu, daß Freude bei dir. Herr, wir haben uns heute vor Jahrzehnte behaupten und be- wir den Ort begreifen, an dem deinem Altar versammelt, um dir wahren konnte. wir geboren wurden.“ Andererseits sind wir aber Eindringlich erinnerte Pfar- vor allem zu danken. Zu danken auch gehalten, an die traurige rer Hautmann in seiner Predigt dafür, daß es unseren LandsleuAusgangsposition zu denken, an die erste Vertriebenenwall- ten nach dem Zweiten Weltkrieg nämlich an die Vertreibungen in fahrt nach Vierzehnheiligen. Bi- gelungen ist, hier in Forchheim und im gesamten Bunden Jahren 1945/1946 und damit schof Maximilian Kaldesgebiet eine neue Heiauch für unsere Eltern und Groß- ler aus dem Bistum Ermmat zu finden. Zu danken eltern die schlimmsten Jahre ih- land habe den Menschen Vüarstäihare Uli Baier trägt ihre rer Geschichte. Familien wurden damals keine Hoffnung dafür, daß unsere Eltern Fürbitten vor. uns vorlebten, die geistiauseinandergerissen, viele fan- auf eine baldige Heimge Verbindung zur Heiden in Sammellagern den Tod, kehr gemacht. Er mahnte mat zu bewahren. Zweiten Weltkriegs voraus ge- oder sie wurden, in Waggons die mehr als zehntausend Herr, zeige uns Wegangen. „Nirgendwo ist ein eingepfercht, in ein Restdeutsch- Gläubigen, es sei erforge, unseren Verein nach Fremder fremder als in der Frem- land ausgesiedelt, das selbst aus derlich sich hier in Rest70 Jahren auch weiterhin de.“ Diese hintergründigen Wor- allen Wunden blutete. deutschland einzurichim christlichen Glauben te habe kein anderer formuliert Man stand vor der Entschei- ten und am notwendigen zu führen. Darum bitten als der mit tiefsinnigem Humor dung sich zu assimilieren, das Aufbau mitzuwirken.“ wir durch Christus unseausgestattete Volksschauspieler heißt, seine Eigenart aufzugeben Schmunzelnd hörren Herrn. Amen.“ Karl Valentin, so Baier. oder seine Identität zu bewahren. ten die Forchheimer zu, Am Ende des GottesDaß die Egerländer in Forch- Man wählte den Kompromiß. Ei- als der Monsignore über dienstes dankte Vüarstäiheim keine Fremden geblieben nerseits bewahrte man die Treue seine Ausbildung beim hera Uli Baier allen für seien, sei ihrem ungebrochen zur angestammten Heimat, an- Stadtpfarrer von Sankt Jubiläumsihr Kommen und ihr Mitstarken Charakter, ihrem Fleiß dererseits hat man mit allen Kräf- Martin berichtete. Als erkerze. wirken. Und: „Ich habe und ihrem Gottvertrauen zuzu- ten versucht, sich am wirtschaft- stes habe er die Dias seieine Vision. Wir schreischreiben. Sie hätten allerdings lichen Erfolg seiner neuen Wir- nes Vorgesetzten rahmen durch das Festhalten an ihrem kungsstätte zu beteiligen. Bald müssen. Zum Glück sei damals ben das Jahr 2026. Es dauert vielKulturgut auch gezeigt, daß es begann eine neue Aufbruchstim- ein älterer Studienkollege vom leicht etwas länger, bis alle Platz mung und eine Priesterkolleg aus Königstein genommen haben. Unsere Haazweite Gründer- Kaplan in Sankt Martin gewesen. re sind noch grauer beziehungsphase. Ich den- Das sei der spätere Monsignore weise lichter. Wir sind alle Kälte ke hier in Forch- Adolf Schrenk gewesen, geboren empfindlicher. Koa Zuch sollert heim besonders 1931 in Oberlindewiese im Alt- neat sa(n. Und die Mikrophoan die Firmen vatergebirge. Schrenk habe ihn ne müßten ein wenig lauter einLösch, Köh- überallhin mitgenommen, und gestellt werden. Aber es gibt uns ler, Piasten und er habe alles gelernt, was ein gu- noch! Wir haben die Straßen geWaasner. ter Pfarrer wissen sollte. Mit weiNatürlich gab teren Geschichten wußte Hoch- baut, auf denen die nächste Gees in den er- würden die Anwesenden fröhlich neration fahren wird. Ich würsten Jahren auch zu stimmen. Dazu erzeugten Ge- de mich freuen, in fünf Jahren von beiden Sei- sang und Orgel eine wunderbare mit Ihnen oder Euch allen unser 75jähriges Jubiläum unter ten Anpassungs- Atmosphäre. probleme. Aber In den Fürbitten sprach Uli besseren Umständen feiern zu al schon bald bil- Baier nochmals nachdenkens- dürfen.“

Nirgendwo ist ein Fremder fremder als in der Fremde

SL-LG Meck-Pom

Die Zeit läuft Peter Barth berichtet über die SL-Landesgruppe Mecklenburg-Vorpommern.

D

ie Sudetendeutschen sind noch da in unserer Region, wenn es auch um sie – wie überall im Land – stiller geworden ist. „Uns laufen die Mitglieder weg“, klagen Sport- und andere Vereine. Bei den Sudetendeutschen ist es jedoch noch kritischer. Bei ihnen stirbt die Erlebnisgeneration – altersbedingt und von Corona noch beschleunigt. Mehrheitlich zur Risikogruppe 1 gehörend, wurden allerdings bereits sehr viele geimpft. Persönliche Treffen – üblicherweise auf Kreisebene – sind nicht möglich. Und so fiel auch der Sudetendeutsche Tag, das traditionelle zentrale Pfingsttreffen, an dem alljährlich auch die Stralsunder teilgenommen hatten, vergangenes Jahr aus. Heuer wurde er auf das dritte Juliwochenende verschoben. Vergangenheit sind aber auch schon seit längerer Zeit die Landestreffen Mecklenburg-Vorpommerns sowie die Nordtreffen der Riesengebirgler mit mehreren hundert Besuchern. Und so bleiben gegenwärtig nur persönliche Briefe sowie das Telefon die einzigen Kommunikationswege. Von den einst 160 900 nach Kriegsende in Mecklenburg-Vorpommern gestrandeten Sudetendeutschen – über deren Schicksal wie das aller Vertriebenen in der „DDR“ geschwiegen wurde – hatten sich nach der Wende viele in mehreren Kreisgruppen unter dem Dach des Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern der SL organisiert. Die wohl aktivste Gruppe im Nordosten war in Stralsund. Chor, Mundartpflege, Chronikarbeiten und Reisen, nicht nur in die Heimat, gehörten zum Programm. Doch mit der Krankheit des sehr rührigen Kreisobmanns Günter Scholz ist auch diese Kreisgruppe, wie mehrere andere, eingeschlafen. Heute existieren nur noch die Gruppen in Rostock und im Altkreis Nordpommern. Aber selbst diese Fakten haben die bekannten zwei Seiten einer Medaille. So ist der Einzugsbereich der Kreisgruppe Nordvorpommern inzwischen von Graal-Müritz bis Usedom erweitert worden. Und die Redaktion der „Riesengebirgsheimat“, eine der wenigen von den einst mehr als 50 Heimatzeitungen der Sudetendeutschen, ist seit fast 20 Jahren in Barth beheimatet. Hoffen wir, daß recht bald wieder Normalität einkehrt. Denn gerade für die Erlebnisgeneration läuft die Zeit davon.

Für das Riesengebirgler-Treffen in Rostock brachte die SL 2007 sogar eine eigene Briefmarke heraus. Bild: jk


Reicenberger Zeitung

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Stadt und Kreis Reichenberg

Kreis Deutsch Gabel

Nordböhmi[e Um[au

Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail rz@sudeten.de

Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 21. 5. 2021

Kreis Friedland

Kreis Gablonz

Zwickauer Krankenhaus mit Lungenheilstätte 1920.

Kunnersdorf

Kirche voller Kristall Kunnersdorf, die kleine Gemeinde im ehemaligen Kreis Deutsch Gabel am Südhang des Lausitzer Gebirges, erwacht zu neuem Leben. Dank des Glasermeisters Jiří Pačinek wurde sie zum Touristenmagneten.

S

Das Gesundheitswesen in Zwwickau – Teil I

Bader, Henker und Schinder ne Hochquellen-Wasserleitung gebaut. Waldquellen vom Kleis und Hamrich speisten das große Reservoir hinter dem Sandbergel n alter Zeit waren die hygie- an der Röhrsdorfer Straße. Diese nischen Zustände wegen der Wasserleitung wurde anläßlich mangelhaften Wasserversorgung des 50jährigen Regierungsjubiläund der fehlenden Kanalisation ums Kaiser Franz Josephs I. nach sehr schlecht. Die Wasserversor- ihm benannt und im Septemgung erfolgte in ältester Zeit mit ber 1898 mit einer großen FeuerSchöpf- und Ziehbrunnen, aus wehrübung auf dem Marktplatze Teichen und Bächen. Später ka- feierlich eröffnet. men Holzröhren-Pumpen auf, Wegen der schlechten Wasals weitere Verbesserung eine serversorgung und öfter weHolzröhren-Wasserleitung. Die- gen Verunreinigung des Wasse leitete von den eingedeckten sers und der damit verbundenen Quellen auf der Brunnenwiese mangelnden Sauberkeit brachen am Benelberg und am Steinberg in alter Zeit oft Seuchen aus, die das Wasser in große Röhrbütten, man so gut wie nicht wirksam bewo es die Bevölkerung heraus- kämpfen konnte. So wütete auch schöpfte. Trotzdem war das Was- in Zwickau mehrmals die Pest. ser oft verunreinigt. Die einzigen Heilkundigen dieDiese erste Holzröhren-Was- ser Zeit waren die Bader, welserleitung wurde unter dem che die Kranken mit primitiven Bürgermeister Franz Strobach Mitteln behandelten, oft auch (1687–1712), einem ehrsamen ganz verkehrt. Die Bader heilten Bäckermeister, erbaut. Er ließ mit Bädern, Tee und Salben, risauch sieben sen Zähne, neue Röhr- Neuer Röhrkasten für 17 Gulden ließen zur kästen aufAder, richund eine Tonne Bier stellen. Der teten Knoeine kam neben das Brauhaus chenbrüche ein und übertrugen am Markplatz. Strobach berich- auch ansteckende Krankheiten tet hierüber: „Anno 1695, den mangels Hygiene und Desinfek20. August, ist im hochfürstli- tion. Neben dem Bader praktichen Bürgermeisteramte von ei- zierten hin und wieder reisende nem löblichen Magistrate dem Wundärzte, die auch öffentlich Tobias Eiselt, Binder allhier, ein zum Beispiel bei Jahrmärkten ihneuer Röhrkasten in die Arbeit re Doktor-Eisenbart-Kunststücke zu machen und Aufsetzen gege- sehen ließen. ben worden, Summa 17 Gulden Die Römer hatten schon Badeund eine Tonne Bier.“ anstalten für die Allgemeinheit. Bis 1898 stand an dieser Stelle Nach Deutschland brachten neuein Wasserbehälter, den ich gut erlich die Kreuzfahrer die Sitte kannte. Die Quellen lagen unter- des Badens. Bald entstanden öfhalb des Benelbergs auf der Stol- fentliche Badehäuser. Ihre Besitle-Wiese und beim Hammerborn. zer, die Bader, befaßten sich neVor dem Entstehen dieser Was- benbei mit der Heilkunde. Ihserleitung wurde die Stolle-Wie- re Kenntnisse erstreckten sich se durch ein Bächlein entwässert, damals oft nur auf das Schröpdas den Namen Lottersbach führ- fen und Aderlassen, Heilen von te. Es floß gegen den sogenann- Wunden, Einrichten von Armten Riegerthof Nr. 137/I hin, und Beinbrüchen. Ihr Stand galt dann durch die heutige Bahnhof- als unehrlich wie der Stand des straße, um hier im Hause 129/1 Henkers, des Schinders und der eine Mahlmühle zu treiben, und Fahrenden Leute. in die Schmeykalgasse, damals Die Heilkunst hatte damals eiLottergasse genannt, dann zum nige Hauptarzneien oder UniverWoberbach. Das Bächlein floß salmittel. Die berühmtesten wasomit durch eine lockere, leicht ren das Mithridat und das Therioder schlecht gepflegte Gasse. ak. Jenes war die Erfindung des Auf Drängen des Stadtarz- Königs Mithridates VI. von Pontes Dr. Homer wurde später ei- tus (120–63 vor Christus). Es Rudolf Rösler recherchierte die Geschichte des Gesundheitswesens in Deutsch Gabel.

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war eine Mischung vieler Arznei- Familie Hofmann hatte die Bade- betreffenden Kaufurkunde heißt stoffe nach dem Grundsatz, daß rei rund 100 Jahre lang inne. Ihr es: „Und weil solche Badestube jede Krankheit durch einen be- letzter Vertreter war Jakob Hof- anfänglich an die Bader von der stimmten Arzneistoff tierischen mann. Sein Name wird 1637 im Gemeinde verkauft worden, also oder pflanzlichen Ursprungs ver- Brinser Kirchenbuch und in dem solle selbe hinwieder, wenn jettrieben oder ferngehalten wer- von Zwickau, das 1650 beginnt, ziger Käufer ohne männliche Erden könne. Und so mischte man fast jedes Jahr genannt. Er wur- ben abstirbt, oder ja einen Erben recht viele Arzneistoffe, damit de am 14. Januar 1670 beerdigt. hinterläßt, der nicht cappabel das Mittel gegen jede Krankheit Nach seinem Tod kam die Ba- wäre, der Badestube vorzustehelfe. derei an die Familie Volter, auch hen, an die Gemeinde verkauft Hundert Jahre später erfand Folter geschrieben, bis sie um werden. Bei dieser Badestube ist Andromachus, Leibarzt des Kai- 1800 aufgelassen wurde. auch ein Gemeindegartl, so jährsers Nero, das Theriak, das noch Die alte Baderei muß wohl in lich mit 35 Kronen verzinst werviel mehr Heilstoffe enthielt. Die der Nähe der Baderbrücke ge- den muß.“ Am 27. Juni 1752 verApotheker durften beide nur in standen sein, da der Name Ba- kaufte Johann Christoph Volter Gegenwart des Arztes anferti- derbrücke schon 1689 genannt seine Badestube seinem Sohn Jagen. So wurden gewöhnlich gro- wird. Christoph Volter wurde im kob, auch Bader, um 140 Gulden. ße Mengen erzeugt, der Vorgang Alter von 75 Infolge der Baderei aller Ababen war ein großes Ereignis und so- Jahren begraBefreiung von gar mit Festlichkeiten verbun- ben. Ihm folgte der hoch-herrund Robot befreit den. Das Theriak bestand nicht als Besitzer der schaftlichen bloß aus tierischen Stoffen wie Badestube sein Sohn Hans Chri- Robot laut alten Kaufzettels, dem Fleisch giftiger Schlangen, stoph Folter, der sie am 7. Janu- „vermöge welchem er aller Gadie in Italien gefangen wurden. ar 1717 vom Vater um 120 Schock ben und Robot freigewesen“. JoEs bestand darüber hinaus auch als Badstube gekauft hatte, nach- hann Christoph Volter wurde als aus 61 Pflanzenstoffen, von de- dem sein Sohn Georg, dem er sie „gewester Bader“ am 18. März nen ein Teil, das Magna hedy- schon früher überlassen hatte, 1758 im Alter von 68 Jahren bechroom, wiederum aus 18 Pflan- ihm am 26. Januar 1705 im Tode graben. Jakob Volter blieb nicht zenstoffen bestand. Überlie- vorangegangen war. in dem Haus, das er vom Vater ferung und Aberglaube ließen Unter Christoph Volter scheint gekauft hatte und das bald dardiese höchst fragwürdigen Arz- das Baderhaus schadhaft oder auf bei der ersten Häuserzählung neimittel weiter Verwendung fin- sonst nicht entsprochen zu ha- die Nr. 137 (später Theresia Zimden, die wohl oft den Patienten ben, denn am 21. Mai 1696 „ist mermann, Mühlsteig) erhielt. Er mehr geschadet als genützt ha- in dem hochfürstlichen Bürger- lebte 1784 in Nr. 57/11 (später ben mögen. meisteramt beiseins eines löbli- Karl Würfel, Woberstraße) und Eine Badestube in Zwickau chen Magistrates mit Gutachten wurde am 8. Januar 1801 im Alter wird 1571 zum ersten Mal ge- dieser Zeit hochfürstlichen Amts- von 82 Jahren beerdigt. nannt, doch hat sie schon vor- schreibers Herr Andreas ChriDie Baderei war seit jeher her bestanden. Am 27. April 1581 stoph Bayer ein Häusel zu ei- wohl von allen Abgaben und von verkaufte Hans Hoppe, der Ba- ner neuen Baderei erkauft wor- der Robot befreit. Dafür mußte der, diese Badestube in den „al- den. Nämlichen es verkaufte ihr Besitzer arme Leute und solten reinen und gerechtigkeiten, Meister Hans Schulz, Leinweber, che, die mit einer anstecke-den wie er sie gebraucht“, an Jakob sein bisher gehabtes Häusel zwi- Krankheit behaftet waren, ohne Hofmann um die Summe von 57 schen Görg Morchner und Jere- Entgelt behandeln. So stand es in Schock meißnisch. Hans Hoppe mias Salner inliegend, einem E. dem Kaufvertrag des Christoph übernahm dafür die Badestube F. Magistrat und löblichen Ge- Volter „vor mehr als 92 Jahin Reichstadt und bestätigte von meinde zu einer Baderei in Sum- ren“. dort aus dem Jakob Hofmann ma 40 Schock, welche Summe er Nun war Jakob Volter bei eiam 13. August 1582 „vor einem folgend aus dem hiesigen Malz- ner Steuerregelung als ansäsErbaren raht, das ihn J. Hof- amt (Stadtkasse) zu empfan- siger Mitbürger zur Steuerzahmann, Bader in Zwickau, wegen gen hat, zum Angeld 20 Schock, lung herangezogen worden, was der Badestudann jähr- „zu tragen ihm schwer gefallen“. Badestube be, so er von lich ab fe- So erschien er bei einer löbliihm erkaufft, stum Sankt chen Gemeinde des Stadtls und erstmals 1571 erwähnt eine ehrliGeorgi fünf Vorstadtls Zwickau und bat deche Zalung gethan hat, Sagt ei- Schock, bis es abgestattet ist“. mütigst, ihn bei der uralten Freinen herauf der Hoppe vor sich, Dieses gewesene Baderhäusel heit zu lassen. Die Gemeinde beseine Erben und Erbnehmer so- wurde am 14. Juni 1698 wieder schloß am 2. Mai 1763, ihm und mit frei, ledig und loß, nimmer- verkauft und ein anderes dafür allen seinen Nachkommen diese mehr was bey ihm dißfalls zu for- erworben, das dann in den Besitz Bitte für ewige Zeiten zu gewähdern, es sterb ihm den was mit des Christoph Volter über-ging, ren. So blieb der Bader steuerfrei, an oder aber er kauff es dan hin- der es, wie schon erwähnt, sei- bis sein Gewerbe einging. widerumb sein eigen Geld“. Die nem Sohn Hans verkaufte. In der Fortsetzung folgt

eit letztem Sommer brachte das Glas mehr als 12 000 Menschen nach Kunnersdorf, und das trotz Pandemie. Nun rüstet man sich hier für den nächsten Touristenansturm. In der Langen Nacht der Kirchen wird am 28. Mai eine kostbare Neuentdeckung präsentiert: ein 150 Jahre altes Gottesgrab aus Kristall, das jahrzehntelang unter dem Aufgang zur Empore der Kirche Erhöhung des Heiligen Kreuzes verborgen lag. Ursprünglich hielt man es für einen alten, wertlosen, von Holzwürmern zerfressenen Schrein. „Sehr überrascht waren wir von seinem guten Zustand, eine gründliche Reinigung wird reichen“, sagt Denisa Mlázovská, die Tourismusmanagerin der Glasfabrik Pačinek Glass. Die Firma nahm die klassizistische Kirche nahe der Fabrik im vergangenen Juni in ihre Obhut und verwandelte sie in einen Kristalldom. Die Kirche wurde mit mehr als 300 Glaskunstobjekten aus der Werkstatt von Jiří Pačinek ausgeschmückt, die von Fauna, Flora und sakralen Motiven inspiriert sind, mit Kronleuchtern in Form einer Dornenkrone oder Engeln. Den Raum füllen auch riesige Plastiken, die Fensterbänke sind mit Vasen, Bechern und Schüsseln dekoriert, sorgfältig nach Farbton angeordnet. „Manche sind signiert und stehen zum Verkauf“, sagt Mlázovská. Lediglich zum Bewundern sind aber der rote gläserne Coronavirus und eine Serie von Antiviren. Bei einem dieser Stücke wurden beispielsweise die üblichen spitzen Stacheln durch eine Hundertschaft „helfender Händchen“ ersetzt, die sich dem Beobachter entgegenstrecken. „Die einzigartige Kollektion entstand als Reaktion auf die Coronakrise, die sich seit letztem Jahr weltweit ausbreitet“, erklärt der Künstler. Ausgestellt sind auch die gelbgrün funkelnden Kronjuwelen aus Uranglas, die beim Burgfest auf dem Oybin beim historischen Einzug Kaiser Karls IV. zu sehen sein sollten. In der Kristallkirche werden weiter Gottesdienste der Pfarrgemeinde Zwickau gefeiert. Der heute bereits weltweit bekannte Glaskünstler Jiří Pačinek stammt aus Leitmeritz, seine berufliche Laufbahn begann er in Krebitz. 1994 stand er auch an der Wiege der legendären Glas-

Am liebsten macht Pačinek Pferdeköpfe. Bild: Archiv Pačinek Glass


REICHENBERGER ZEITUNG

Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 21. 5. 2021

kunstfabrik Ajeto in Lindenau, wo er zusammen mit den Künstlern, Architekten und Designern Bořek Šípek und Petr Novotný arbeitete. Seine voluminösen und zugleich bis ins kleinste Detail herausgearbeiteten Werke trugen bald seine Handschrift so deutlich, daß es bis zur Schaffung seiner eigenen Marke Pačinek Glass 2008 nur noch ein kleiner Schritt war. Am liebsten formt er Pferdeköpfe oder Meerfauna. Seine erste Glasmanufaktur mit einem Glashüttenofen errichtete er daheim in Lindenau in einem alten Umgebindehaus. 2015 folgte die zweite Glasfabrik, in Kunnersdorf bei Zwickau, in der er seit dem Vorjahr alle Aktivitäten bündelt. In dieser Ortschaft im ehemaligen Sudetenland gab es bisher noch nie einen Glasmacher. Das Gebäude der heutigen Glashütte Pačinek diente ursprünglich als Traktor-Station und Pferdestall. Das Gelände war bereits im Begriff zu zerfallen, als er es übernahm. „Hinter dem Ganzen, das man heute bestaunen kann, steckt unglaublich viel Arbeit und selbstverständlich die Meisterleistung der Glasmacherkunst“, sagt Květa Vinklátová, die Landesbeauftragte für Kultur, Denkmalschutz und Tourismus in der Reichenberger Region. Man kann hier nebst der Hütte auch die Schleiferei, den Laden und den magischen gläsernen Garten besuchen, der mit seiner Farbfülle und optischen Illusionen überrascht. Ursprünglich erstrahlte der Garten noch jede Nacht, doch die Ortsbewohner klagten über den Lichtsmog. Also leuchtet der Garten nur noch bei besonderen Anlässen. Dann fühlt man sich hier wie in einem Traum. Vielleicht kommen deshalb viele Besucher immer wieder. „Auch viele Deutsche kommen hierher, meist mit dem Fahrrad über Lückendorf“, sagt Mlázovská. Bis zur Grenze sind es nur wenige Kilometer. In der Werkskantine kann man sich mit einem Leichtbier erfrischen, das auch den zwölf Glasmachern von Pačinka mundet. Die Kinder gucken neugierig in die „gläserne Hölle“ und schürfen im Sand Edelsteine aus Glas. In der Vorkriegszeit zählte die Gemeinde Kunnersdorf 3000 Einwohner, die vor allem von der Landwirtschaft und Textilindustrie lebten. Später kamen drei Mühlen, ein Ziegelwerk und eine Möbelfabrik dazu, sogar eine Sparkasse und ein Kino gab es. Die Vertreibung der Deutschen 1945 leitete den Untergang der kleinen Firmen ein, das Dorf wurde beinahe entvölkert. „Bis heute erinnern die Mauerreste einstiger Häuser und zugeschüttete Brunnen daran“, so Mlázovská, die hier aufwuchs. Heute leben in dem Ort an der deutsch-tschechischen Grenze rund 600 Menschen. „Wir würden gerne mehr über die Geschichte und die ehemaligen Bewohner erfahren“, sagt die Managerin und ruft alle Zeitzeugen auf, ihre Erinnerungen und gegebenenfalls alte Fotografien der Glasfabrik zur Verfügung zu stellen. Sie will den vergessenen Ruhm Kunnersdorfs wieder auferstehen lassen. Petra Laurin

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Das Rathaus in Reichenberg.

Der Perlachturm mit Kirche Sankt Peter und das Rathaus in Augsburg.

� Reichenberg und Augsburg

20 Jahre Städtepartnerschaft l  um 1500 Heimstatt der bedeutendsten Kaufleute, der Fugger und Welser; l   1518 Ort des Streitgesprächs von Martin Luther mit dem päpstlichen Legaten Thomas Kardinal Cajetan; l  1530 Entstehung der Confessio Augustana, des Augsburger Bekenntnisses; l   1555 Beschluß des Augsburger Religionsfriedens. Viele Reichstage fanden in Augsburg statt, und die Augsburger Kaufleute gewährten den römisch-deutschen Kaisern, natürlich gegen Sicherheiten, umfangreiche Kredite. Augsburg, seit 1276 Reichsstadt und damit nur dem Kaiser untertan, ist auch stolz auf sein 1624 erbautes Rat-

werblichem Gebiet wurden Johann Liebieg senior und sein Bruder Franz vom Kaiser in den Adelsstand erhoben. Sie durften sich Barone (als Erbtitel) und sein Bruder, der vorzeitig aus der Firma Liebieg ausgeschieden war und ein eigenes Unternehmen gründete, Ritter Franz von Liebieg senior nennen. 500 Jahre Fuggerei Die stürmische Entwicklung Eine besondere Attraktion der Industrie im 19. Jahrhundert und Pflicht für alle Augsburgschaffte neue Arbeitsplätze, aber Touristen ist freilich der Besuch auch soziale Probleme für die der weltbekannten Fuggerei, die entwurzelten Arbeiter. Neue Paroch es wird auf den Internetheuer im August 500jähriges Juteien entstanden. Doch die TexSeiten der Städte und der biläum feiern kann. Sie ist die ältilbarone in Reichenberg traten Seite des Heimatkreises (www. teste, bestehende Sozialsiedlung nun als Mäzene und Förderer der reichenberg.de) einen kleinen der Welt, eine Stiftung von Jakob Stadt auf. Für den Bau des neuFilm mit Grußbotschaften des Fugger dem Reichen und seinen en Rathauses, für das StadttheaReichenberger Primators und der Brüdern für ihre Heimatstadt ter, für das Gewerbe-Museum, Augsburger Oberbügerfür den Bau einer Sozialeinmeisterin sowie dem Heirichtung für Kinder von matkreis und dem ReichenArbeiterinnen, als Kunstberger Verband der Deutsammler von Gemälden, die schen geben. sie später der Stadt schenkDas Grußwort des Heiten, für die Kirchen und so ereits kurz nach der lege, Primator Jiří Kitt- die Vertiefung der gut- ten und pflegen. Diesem matkreises und des Verweiter. Samtenen Revoluti- ner, unterzeichneten am nachbarlichen Beziehun- Ziel dienen Informatioband der Deutschen: „Der Die Liebieg-Villa wurde on versuchte der Heimat- 1. Mai auf dem Jeschken gen zwischen den Bür- nen, Begegnungen und Heimatkreis Reichenberg ein Museum, und die Liekreis Reichenberg die die Städtepartnerschafts- gerinnen und Bürgern vielfältige Formen des Stadt und Land hat sich biegwarte am Stadtrand ist Stadtväter in Augsburg urkunde. stets dafür eingesetzt, den sowie Vereinen, Institu- Austausches und der Zuseit ihrer Renovierung wievon einer Partnerschaft Kontakt zur Heimat zu pfle„Die Städte Liberec/ tionen und Organisatio- sammenarbeit. Der Heider ein beliebtes Ausflugszwischen den Städten Reichenberg und Augs- nen beider Städte. gen. Gemeinsam mit dem ziel, jetzt unter dem Libematkreis Reichenberg in Augsburg und Reichen- burg vereinbaren auf der Verband der Deutschen in Auf der Grundlage ge- Augsburg und der Verrecká výšina. Sie bauten in berg zu überzeugen. Vie- Grundlage der jeweiligen genseitiger Achtung und band der Deutschen in Reichenberg, der nach der der Nähe der Liebiegschen le Jahre gingen ins Land, Stadtratsbeschlüsse Samtenen Revolution entin Wertschätzung wollen Reichenberg unterstütFabrik Mitte des 19. Jahrehe sich die Stadtparla- Anknüpfung an das Pa- beide Städte die kom- zen die Bemühungen. stand, gestalteten wir 1991 hunderts für ihre Arbeiter mente ernsthaft mit die- tenschaftsverhältnis zwi- munalen Aufgabenbereidie ersten Deutsch-Tscheeine Siedlung. Nach dem Mit dieser Vereinbasem Thema auseinander- schen dem Heimatkreis che, insbesondere Kul- rung tragen Reichenberg chischen Kulturtage. Schon Prinzip einer Gartenstadt setzten. damals kam dem HeimatReichenberg und der tur, Bildung, Sport, Ju- und Augsburg zu den fügt sich die Siedlung harIm Jahr 2001 war es Stadt Augsburg und im gendpflege, Wirtschaft staatlichen und internakreis und dem Verband der monisch in die Landschaft dann aber soweit. Augs- Sinne des europäischen und Sozialwesen, unter tionalen Bemühungen zu Deutschen der Gedanke, ein, sie bekam eine angeburgs Oberbürgermeister Einigungs- und Integra- dem Aspekt der Förde- einem neuen Anfang in die Patenstadt Augsburg messene Infrastruktur und Peter Menacher und sein tionsprozesses eine Städ- rung des gegenseitigen Gerechtigkeit und Frieund die Heimatstadt Reiwurde zu einem eigenen Reichenberger Amtskol- tepartnerschaft. Ziel ist Verständnisses betrach- den in Europa bei.“ chenberg zu Partnerstädten Stadtteil, zur sogenannten zusammenzuführen. Liebieg-Stadt. Die Liebiegs Die Bildung und Pflege folgten damit den Initiatieines vertrauensvollen Verhält- haus mit dem im Krieg zerstörten Augsburg. Die Reihenhaussied- Umstand ist auch, daß der Stif- ven anderer Industrie-Unternehnisses im Alltag mit den tsche- und inzwischen wieder aufge- lung ist eine Stadt in der Stadt tungsbesitz nicht durch Kriege men, die wie die Fugger vor 500 chischen Mitbürgern führte zur bauten Goldenen Saal, dem be- mit einer Stadtmauer, drei Toren, verloren ging. Jahren, sich der sozialen ProblePartnerschaft. Der Heimatkreis deutendsten Profanbau der Re- einer Kirche und einem eigenen me ihrer Zeit aufgeschlossen anPfarrer. Sie besteht aus 67 HäuReichenberg in Augsburg und naissance nördlich der Alpen. nahmen und Unterstützungen zu Liebieg-Stadt in Die Handelsstadt hatte seit sern mit 140 Wohnungen, die jeder Verband der Deutschen in ihrer Lösung beisteuerten. Reichenberg Reichenberg wollen weiter ak- dem Mittelalter eine beispiel- weils einen separaten Eingang Heute sind die vielen StiftunReichenberg kann nicht un- gen in Deutschland ein segenstiv an dieser Partnerschaft arbei- hafte Wasserwirtschaft, seit kur- haben. Die Jahres(kalt)miete beten.“ Urd Rothe-Seeliger zem UNESCO-Welterbe. Augs- trägt einen Rheinischen Gulden, mittelbar mit Augsburg vergli- reicher Teil unserer Gesellschaft, chen werden. Beide Städte hat- weil sie Objekte unterstützen, burg ist stolz, daß der Vater von das sind heute 88 Cent. ugsburg, die Patenstadt der Wolfgang Amadeus Mozart ein Für eine Aufnahme konnten ten aber großen Anteil an der in- die vom Staat nicht ausreichend Reichenberger seit 1955, Augsburger Stadtbürger war. Ein sich nur unschuldig in Not ge- dustriellen Entwicklung im 19. finanziert werden können. So kann auf eine reiche, mehr als kleines Museum in seiner Hei- ratene, katholische Augsburger Jahrhundert, beide waren be- wird das Isergebirgsmuseum in 2000jährige Geschichte zurück- matstadt erinnert an den Kom- Stadtbürger bewerben. Für diese deutende Textilstädte. In Rei- Kaufbeuren-Neugablonz von eiblicken. ponisten und Violin-Pädagogen Wohltätigkeit hatten die Bewoh- chenberg begründeten Johann ner auch vom Staat unterstützten l  15 vor Christus von den Rö- Leopold Mozart. Auch der be- ner aber auch etwas einzubrin- Liebieg (1802–1870) und seine Stiftung getragen. In letzter Zeit mern als Augusta Vindelicum ge- deutende Augsburger Dichter gen. Sie mußten täglich das Va- Nachfahren ein Textilgroßunter- hat man aber den Eindruck, daß gründet; Bert Brecht fand allmählich die terunser, das Glaubensbekennt- nehmen, das sie über weite Tei- staatlich unterstützte Stiftunl  955 die Schlacht auf dem Wertschätzung in seiner Heimat- nis und das Ave Maria für den le der Österreich-Ungarischen gen auch für parteipolitische und Lechfeld gegen die Ungarn– stadt mit einer Gedenkstätte in Stifter und die Stifterfamilie be- Monarchie aufgebaut hatten. Sie ideologische Zwecke gegründet, mithin die Keimzelle der deut- seinem Geburtshaus. ten. Der Gedanke, daß der Emp- verwalteten ein Industrie-Impe- genutzt und sogar mißbraucht schen Nation; In Augsburg stand die Wie- fangende nach seinen Möglich- rium. Für ihre Verdienste auf ge- werden. Rudi Simm

Seit 1. Mai ist die Städtepartnerschaft zwischen Reichenberg und Augsburg 20 Jahre alt. Alle zwei Jahre finden die DeutschTschechischen Kulturtage Dialog abwechselnd in Augsburg und Reichenberg statt. Schulund Musikpartnerschaften entstanden. Künstler und Museen tauschen sich aus. Anläßlich des Dialogs sollte Geburtstag gefeiert werden. Wegen der Pandemie wurden alle Aktivitäten in das Jahr 2022 verschoben.

D

ge des Diesel-Motors. Augsburg war, wie Reichenberg, eine bedeutende Textilstadt. Und der Flugzeugbau, im Zweiten Weltkrieg mit der berühmten Messerschmidt 109 und 262, hat bis heute in Augsburg mit Airbus eine wichtige, wirtschaftliche Basis.

keiten eine Gegenleistung einbringen mußte, gab ihm freilich auch etwas von seiner Würde zurück. Ein nachdenklicher Gedanke auch für unsere Zeit, in der man viel von Solidarität spricht. Und das Erstaunliche, die Weitsicht des Stifters und die glückliche Hand bei der Gründung der Stiftung: Die Finanzierung der Fuggerei und ihrer Verwaltung wird bis heute, auch nach den Teilzerstörungen im Zweiten Weltkrieg, ohne staatliche Zuschüsse allein von den Stiftungen von Jakob Fugger und den Eintrittsgeldern der rund 200 000 Besucher pro Jahr getragen. Das ist ein Grund, warum die Stiftungssatzung bis heute unverändert gilt. Ein glücklicher

Partnerschaftserklärung

B

A

TERMINE Mehr als 300 Glaskunstobjekte wie dieses aus der Werkstatt von Jiří Pačinek schmücken die Kunnersdorfer Kirche.

n  Sonntag, 29. August, 11.30 Uhr, Heimatgruppe Deutsch Gabel/Zwickau in München: Treffen im Löwenbräukeller (Wintergarten), Stiglmaierplatz (U 1, U 7). Auskunft: Gerhard Schlegel, Boosstraße 14, 81541 München, Telefon (0 89) 65 11 91 97, Mobil (01 76) 23 32 26 99, eMail ­gerhard@laska.com

n  Donnerstag, 2. bis Sonntag, 5. September, Kriesdorf: 65. Heimattreffen in Kriesdorf/Křižany, ApartmánHotel Jítrava. Einzelheiten folgen. Auskunft: Christian Schwarz, Dr.-Krajnc-Straße 12a, A-6060 Hall in Tirol, Mobil (01 76) 99 93 30 39 oder Telefon (0 04 36 99) 11 12 59 56, eMail chris@clcs.at

n  Sonntag, 5.  Dezember, 11.30  Uhr, Heimatgruppe Deutsch Gabel/Zwickau in München: Treffen im Löwenbräukeller (Wintergarten), Stiglmaierplatz (U 1, U 7). Auskunft: Gerhard Schlegel, Boosstraße 14, 81541 München, Telefon (0 89) 65 11 91 97, Mobil (01 76) 23 32 26 99, eMail ­gerhard@laska.com


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Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 21. 5. 2021

Dux

Ladowitz

Klostergrab

Ossegg

für die Kreise Dux, Bilin und Teplitz-Schönau

Bilin

Heimatlandschaft Erz- und Mittelgebirge – Landschaftsbetreuer: Dietmar Heller, Hillenloher Straße 10, 87733 Markt Rettenbach, Telefon (0 83 92) 9 34 72 77, Telefax 9 34 72 78, eMail dietmar.heller@deheller.de. Heimatkreis Bilin – Patenstadt Gerolz­hofen; Heimatkreisbetreuer: Dietmar Heller. Internet www.heimatkreisbilin.de. ­Heimatkreis Dux – Patenstadt Miltenberg; Heimatkreisbetreuer: Klaus Püchler, In den See­gärten 35a, 63920 Großheubach, Tele­fon (0 93 71) 9 94 01, eMail ­klauspuechler@web.de. Heimatkreis Teplitz-Schön­au – Paten­stadt Frankfurt am Main; Heimatkreisbetreuer: Erhard Spacek, Franz-Schubert-Straße 13, 01796 Pirna, Telefon (01 60) 95 32 07 27, eMail spacek@ teplitz-­schoenau-freunde.org. Redak­tionsschluß: Freitag der Vorwoche. Redaktion: Lexa Wessel, eMail heimatruf@ sudeten.de

Das Waldsteinsche Schloß in Dux.

Teplitz-Schönau

Graupen

Niklasberg

Der Fürstengarten an der Südseite des Duxer Schlosses um 2010.

�  Landeskunde/Dux – Teil I

Das Adelsgeschlecht Waldstein steigt auf Burg Waldstein bei Turnau war der Stammsitz des früheren Adelsgeschlechts Waldstein. Die von Waldstein hatten umfangreiche Grundherrschaften in Böhmen und Mähren. Seit dem 16.  Jahrhundert stellten sie Vertreter in der Landesregierung und -verwaltung.

D

er Name der Burg Waldstein, tschechisch Valdštejn, hat gleich drei Bedeutungen. Das Wort Stein sagt uns, daß es sich um eine Felsenburg handelt; das Wort Wald zeigt, daß sie im Wald liegt. Und schließlich bezeugt der tschechische Name, daß es höchstwahrscheinlich zwei Linien gab: eine deutschsprachige und eine tschechischsprachige. Beide Linien haben eines ge-

meinsam. Sie sind Adelsfamilien, wie Schriftsteller Golo Mann in „Wallenstein“, Spiegel-Edition, 2006/2007, berichtet. Der Historiker Golo Mann schreibt zu Beginn seines historischen Romans: „Das Dorf Hermanitz liegt im Osten des schönen Landes Böhmen, an der Elbe/Labe, dort, wo sie nach Süden fließt. Die Gegend mit Wiesen, bewegtem Wasser und Buchenwald umzogener Höhenkette, ist noch heute lieblich, obgleich nicht ganz so, als um das Castell nur wenige Wirtschaftsgebäude und Wohnungen für die Leibeigenen standen.“ Das Castell ist längst verschwunden; ein Bauernhof deckt seinen Grund. Von 1548 bis 1623 gehörte es, samt fünf Nachbar-

dörfern, den Herren von Waldstein. Danach wechselten die Besitzer in schneller Reihenfolge. Zuletzt gehörte es dem Orden der Barmherzigen Brüder. Die herrschaftliche Kirche berichtet uns aus dem Jahr 1713: „Unter dem Titel der heiligen Maria Magdalena, der Büßerin, ist in Hermanitz eine Kirche, ein altes Gebäude aus Stein, der Glockenturm aber, in welchem drei Glocken, je eine große, mittlere und kleine, hängen, ist ganz baufällig, daß es kaum mehr kann geläutet werden.“ Ein paar Jahre später trugen deutsche Siedler die Kirche ab und bauten eine neue. Doch sie ließen die Grabdenkmal zu beiden Seiten des Altars stehen, wo sie standen. Der einzige überlebende Sohn, Albrecht Wenzel Eusebius, ließ die Grabdenkmale seinen Eltern errichten, nachdem er als 19jähriger im Jahr 1602 von einer Reise zurückgekommen war. Er war so lange von der Heimat weggewesen, daß sie ihm kaum noch Heimat war, und er fand nur Tote dort: die Eltern, die Geschwister Hedvika, Johann Georg, Adam und Magdalene, deren verwitterte Leichensteine man heute an der Außenmauer der Kirche sieht. Zwei Schwestern, Maria und Bohumila, lebten unter der Obhut einer Tante, der edlen Jungfrau Jitka von Waldstein.

Die Herrschaft der Waldsteiner in Dux Der historische Kern von Dux mit Waldsteinschem Schloß, Marktplatz und Stadtkirche im Jahr 2010.

Im Jahr 1642 bekam die Stadt Dux eine neue Herrschaft: das Geschlecht der Waldsteiner. Die Herrschaft war, wie das ganze

böhmische Land, nach dem Dreißigjährigen Krieg in einem sehr schlechten Zustand. Darüber gibt der erste böhmische Kataster aus dem Jahr 1654 Auskunft. Daraus ist zu ersehen, daß Dux immer noch einen landwirtschaftlich-handwerklichen Charakter hatte. Zur Herrschaft Dux-Oberleutensdorf gehörten insgesamt 30 Dörfer und Ortschaften. Die wichtigsten Besitzer dieser Herrschaft waren Johann Friedrich von Waldstein (1644–1694) und Johann Josef von Waldstein (1684–1731). Damals begann sich die Herrschaft selbst zu entwickeln, die Stadt Dux dagegen stagnierte. Johann Friedrich von Waldstein erzielte für die Herrschaft Dux den Stand eines Familienfideikommisses. Und im Jahr 1680 linderte er wesentlich die Verpflichtungen der Leibeigenschaft für die Bürger von Dux. Er setzte jedoch in der Gegenreformation durch, daß die Bewohner eines Teils des Erzgebirges nach Sachsen auswanderten. Johann Joseph von Waldstein war ein bedeutender Unternehmer. Er führte die Manufaktur-Erzeugung ein. Im Jahr 1715 gründete er in Oberleutensdorf eine Textilmanufaktur. Nach dem großen Brand im Jahr 1709, baute man die Häuser der Stadt mehrheitlich neu auf. Man baute damals eine Reihe kirchlicher Bauten in der Stadt um oder errichtete sie neu. Waldstein setzte auch den Aufbau des Schlosses Dux fort. Er ließ nicht nur den Schloßpark in seiner strengen französischen Art anlegen, sondern gründete die Schloßgalerie – Fürstengarten – und die Schloßbibliothek.

Mehrere bekannte Künstler nahmen an der Ausschmückung der Kirchenbauten teil, Dazu gehörten Wenzel Lorenz Reiner (1686–1743), Matthias Bernhard Braun (1684–1738) und Johann Brokoff (1652–1714).

Waldsteins Erben waren bemüht, dessen Tätigkeit fortzusetzen. Ihre Beziehung zur Stadt verschlimmerte sich allmählich. Die ökonomisch wichtigste Stadt der Herrschaft war damals Oberleutensdorf. Fortsetzung folgt

Das Duxer Schloß der Grafen von Waldstein.

Graf Johann Friedrich von Waldstein (1644–1694), Bischof von Königgrätz und Erzbischof von Prag, sowie Graf Johann Josef von Waldstein, (1684– 1731), welcher Dux erbte, eine Textilmanufaktur in Oberleutensdorf gründete und 1728 den Umbau des Schlosses Dux beendete.

TERMINE n  Donnerstag, 12. bis Sonntag, 15.  August: 7. Kreistreffen in der Heimat. Donnerstag eigene Anreise nach Teplitz-Schönau, Hotel Prince de Ligne (Zámecké náměstí 136); 19.00 Uhr dort Abendessen. Freitag 9.00 Uhr Abfahrt nach Melnik mit Besichtigung des Schlosses und Weinverkostung; Mittagessen im Schloßrestaurant; anschließend Besichtigung der Peter-und-PaulKirche und des Beinhauses; Weiterfahrt nach Leitmeritz; dort Abendessen im bischöflichen Brauereigasthof. Samstag 9.00 Uhr Abfahrt nach Ober-Georgenthal; dort Besuch des Schlosses

Eisenberg; danach Fahrt über das Erzgebirge auf den Mückenberg; dort Mittagessen; anschließend Bus-  oder  Seilbahnfahrt nach Graupen mit Spaziergang über den Mariascheiner Kreuzweg; 17.00 Uhr Abendessen im Hotel; 19.00 Uhr dort Jubiläumskonzert der Nordböhmischen Philharmonie. Sonntag eigene Fahrt zur Heiligen Messe in der Barockkirche Mariä Himmelfahrt in Zinnwald, Uhrzeit wird mitgeteilt. Änderungen vorbehalten. Kostenbeitrag inklusive drei Übernachtungen, Frühstück, bewachtem Parkplatz, Bus, allen Mahlzeiten, Be-

sichtigungen, Führungen, Weinverkostung, Seilbahnfahrt und Konzert pro Person im Doppelzimmer 390  Euro, im Einzelzimmer 440  Euro. Getränke außerhalb des Frühstücks auf eigene Rechnung. Verbindliche Anmeldung bis Montag, 2.  August, durch Überweisung des Reisepreises auf das Konto Erhard Spacek – IBAN: DE35  7008  0000  0670  5509  19, BIC: DRESDEFF700. Bitte Anschrift und Namen der Reiseteilnehmer angeben, sonst Mitteilung mit diesen Angaben an eMail spacek@teplitz-schoenau-freunde.org


HEIMATBOTE

Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 21. 5. 2021

Bischofteinitz

FÜR DEN KREIS BISCHOFTEINITZ

Ronsperg

15 Hostau

Heimatkreis Bischofteinitz – Patenstadt Furth im Wald. Heimatkreisbetreuer: Peter Pawlik, Palnkamer Straße 73a, 83624 Otterfing, Telefon (0 80 24) 9 26 46, Telefax 9 26 48, eMail peter-pawlik@t-online.de, Internet www.bischofteinitz.de. Spendenkonto: Heimatkreis Bischofteinitz, Raiffeisenbank Chamer Land – IBAN: DE55 7426 1024 0007 1343 20, BIC: GENODEF1CHA. Heimatbote für den Kreis Bischofteinitz – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Verantwortlich von seiten des Heimatkreises: Peter Pawlik. Redaktion: Nadira Hurnaus, eMail post@nadirahurnaus.de

Tauser Chodenlegende feiert 90. Geburtstag

Antonín Konrády Antonín Konrády, der im oberpfälzisch-böhmischen Grenzgebiet wie ein „bunter Hund“ bekannte Choden-Musiker, feierte am 26. April 90. Geburtstag. Karl Reitmeier berichtet.

I

Ortsplan von Neustadtl im Kreis Tachau.

Ortsplan von Heiligenkreuz im Kreis Bischofteinitz.

Sind die Familien von Anton und Peter Gag verwandt – Teil I

„Yes, They Are Related“: „Ja, sie sind verwandt“ mit „Neu“ beginnen. „Wir finden keinen Eintrag“, war die regelmäßige Antwort. Ich kontaktierte auch den einschlägigen Heimatkreis Tachau: „Der Name Gag ist im Heimatkreis unbekannt.“ Nach viel Frustration und dem Vorschlag eines anderen Familienforschers begann ich, die Akten von Antons Geschwistern

artitz. Pernartitz war nach Heiligenkreuz im Kreis Bischofteinitz eingepfarrt. Deshalb kannte man in der Neustadtler Gegend den Namen Gag nicht. Mit dieser Information bewaffnet, heuerte ich einen Freund von einem Freund in Deutschland an. Der sollte in den Pilsener Archiven nach Antons Tauf-

Gag stammte aus dem Dorf Dehenten im Kreis Tachau nur wenige Kilometer südöstlich von Walk. Die Frau von Großvater Georg Gag war Maria Bownen. Antons Mutter war Theresia Heller, die Tochter von Joseph Heller und Katharina Heller/Hamperl, ebenfalls aus Walk. Nun mußte ich eine Verbindung zwischen den Familien von Anton und Peter Gag herstellen. Was war das Bindeglied? Ich wußte, daß es in New Ulm viele Familien gab, die aus der Gemeinde Heiligenkreuz im Kreis Bischofanchmal ist es schwierig, teinitz – just südlich von die Familienfolklore oder Pernartitz – gekommen wamündliche Überlieferung zu ren. überprüfen. Dies war auch bei Der Name Gag findet sich der Familie Gag der Fall. Peauch im Dorf Neubäu. Aus ter Gags zahlreiche NachkomNeubäu stammt die Rebitzermen behaupteten, mit dem Linie meiner Familie. Über Maler und Fotografen Anton diesen Ort im Kreis BischofGag (1859–1908) und desteinitz schreibt der Chronist sen berühmter Tochter WanJosef Bernklau: da (1893–1946) verwandt zu „Das etwa sechs Kilomesein. ter südwestlich von HeiligenLaut kürzlich veröffent- Robert „Bob“ Paulson mit Dudelsack in New Ulm und auf Heimatbesuch in Neu- kreuz aufsteigende Neubäu, lichten Berichten kam Anton bäu. 1789 bei der FideikommißGag in Neustadtl bei Haid zur herrschaft Heiligenkreuz mit Welt, Peter Gags Familie stamm- einzusehen. Ich suchte die Hoch- schein in den Kirchmatriken von Fuchsberg 33 Nummern zählend, te aus Trohatin. Die beiden Städ- zeitsurkunde von Antons Schwe- Pernartitz suchen. Sechs Wochen bildete mit diesem die Gemeinte liegen zwar nur etwa 30 Kilo- ster Anna mit Joseph Sellner. später erreichte mich die lang de Neubäu, bisweilen auch Neumeter auseinander, aber in ver- Überraschenderweise lag bei der ersehnte Urkunde. Sie besagte, bau bezeichnet. 1839 wies der schiedenen Kreisen: im Kreis Heiratsurkunde eine eidesstatt- daß Anton am 12. Juni 1858 als Ort 24 Häuser und 171 EinwohTachau und im Kreis Bischoftei- liche Erklärung, daß das Paar Sohn des Häuslers Georg Gag – ner auf. 1913 zählte er 33 Häuser nitz. nicht erst kürzlich geheiratet ha- ein Häusler ist der Besitzer eines und 262 Einwohner. In der einDen Ort der Geburt von Pe- be, Anna in „Valk“ und Joseph in kleinen Hauses mit keinem oder klassigen Schule, die früher eiter Gags Sohn Joseph 1848 do- „Bernatitz“ zur Welt gekommen nur wenig Grund – zur Welt ne Expositur zu Schwanenbrückl kumentiert ein Taufschein in der sei. Ich schaute auf meinen Kar- gekommen sei. Georg Gag war war, wurden damals 63 Kinder Gag-Akte in der Brown Coun- ten nach und fand heraus, daß es Zimmermann von Beruf. Anton unterrichtet. Der Deutsche Böhty Historical Society, der Histo- sich bei „Valk“ um Walk handel- wurde im Haus Nr. 14 in Walk merwaldbund zählte 52 Mitglierischen Gesellschaft von Brown te. Walk war ein kleines Dorf aus in der Gemeinde Wurken ge- der. Auch die Neumühle zählte County. Viel schwieriger war, weniger als zwölf Häusern zwei boren. zu Neubäu, das 1939 als Gemeinden Geburtsort von Anton nach- Kilometer südlich von Neustadtl. Antons Großvater hieß eben- de 337 Einwohner aufwies.“ zuweisen. Jahrelang hatte ich Es gehörte zur Gemeinde Pern- falls Georg Gag. Dieser Georg Fortsetzung folgt Forscher engagiert, in den Kirchenaufzeichnungen in den Pilsener Regionalarchiven in Pilsen nach Antons Geburt zu suchen. Zunächst in Neustadtl bei Haid, dann in jedem Dorf namens Neustadtl – und davon gibt es viele – und schließlich in allen Ortschaften in West… und „Angriff auf New Ulm“ (1904). böhmen, die Anton Gag: „Selbstbildnis“ … 1984 gründete Robert „Bob“ Paulson die internationale Gesellschaft für das deutsch-böhmische Erbe, German-Bohemian Heritage Society (GBHS), mit Sitz in New Ulm im USABundesstaat Minnesota. In der 2013 veröffentlichen Sammlung „Heimatbrief. Stories of German-Bohemians“ geht Paulson der Frage nach, ob die Familien von Anton und Peter Gag verwandt seien. Nadira Hurnaus übersetzte den amerikanischen Text für den Heimatboten.

M

n der Region Taus ist er bereits zu Lebzeiten eine Legende. Im bayerischen Grenzraum hat er viele Freunde und Bekannte. Daß Antonín Konrády bereits 90. Geburtstag feierte, glauben die wenigsten. Bei ihm scheint das Alter stehengeblieben zu sein. Wenn er zu seinem Dudelsack oder zu seiner Teufelsgeige greift, dann ist er in seinem Element, dudelt und geigt wie ein junger Gott. Wenn man in der Region Taus von der chodischen Musik spricht, dann ist das eng mit dem Namen Antonín Konrády verbunden. Aufgrund seiner Auftritte mit dem Ensemble „Konrádyhoa dudácká muzika (Konrádys Dudelsackmusik) sowie mit der Kapelle „Chodovanka“ ist er auch im Landkreis Cham bekannt und geschätzt. Die Liebhaber der erfrischenden chodischen Musik kennen Konrády nicht nur als exzellenten und humorvollen Dudelsackspieler, sondern auch als Musiker, der mit der Teufelsgeige den richtigen Takt angibt, immer mit einem verschmitzten Lächeln im Gesicht. Bei seinen Auftritten ge-

winnt das Original aus dem Chodenland mit seiner freundschaftlichen Art schnell die Sympathie seiner Zuhörer. Vergangenes Jahr feierte das von Konrády 1955 gegründete Ensemble „Konrádyhoa dudácká muzika“ 65jähriges Bestehen. Leider konnte das Jubiläum aufgrund der Corona-Pandemie nicht groß gefeiert werden. Der Jubilar gilt auch als großartiger Witzeerzähler. Schon lange vor dem Fall des Eisernen Vorgangs unterhielt die Kapelle „Chodovanka“ mit Konrády an der Spitze bei den damaligen Prag-Reisen auf einem Hügel bei Taus die deutschen Gäste. Ein ständiger musikalischer Begleiter ist die Kapelle Chodovanka auch bei den EquipeWanderungen des Freundeskreises der deutsch-tschechischen Verständigung. Auch bei vielen Auftritten in Furth im Wald und Umgebung hat er sich stets größter Wertschätzung erfreut. Für seine Verdienste um die deutsch-tschechische Freundschaft zeichnete auch der Freundeskreis Furth im Wald-Taus den Choden aus. Alle hoffen, daß er noch lange Dudelsack spielt und die Teufelsgeige fiedelt. Nun hofft Antonín Konrády auf das Ende der Pandemie und aufs erneute Musizieren zur Freude seiner Zuhörer.

KURZ NOTIERT Furth im Wald. Mittlerweile gibt es keine Corona-Schnellteststationen mehr an den Grenzübergängen Furth im Wald und Waldmünchen im Landkreis Cham. Der Grund ist, daß Grenzgänger bei der Einreise keinen Negativtest mehr vorlegen müssen. Testmöglichkeiten gibt es aber weiterhin im Landkreis Cham. Zum Beispiel in den zwei

Apotheken in Furth im Wald. Und in Waldmünchen bieten das Bayerische Rote Kreuz (BRK) und eine Apotheke Schnelltests an. Eine Übersicht über die Testmöglichkeiten im gesamten Landkreis gibt es auf dessen Webseite https://www.landkreischam.de/ aktuelles-nachrichten/ testmoeglichkeiten-im-landkreischam/uebersichtskarte

WIR BETRAUERN Bischofteinitz. Am 7. Mai starb unser Pfarrer Michael Friedl nach kurzer schwerer Krankheit mit nur 57 Jahren in Esslingen am Neckar. Mit tiefer Betroffenheit habe ich von seinem Tod erfahren. Alle Bischofteinitzer, die an den Heimatkreistreffen in Furth im Wald teilgenommen haben, haben ihn wohl gekannt. Er hatte die feierlichen Fronleichnamsgottesdienste mit anschließender Prozession zusammen mit seinem tschechischen Kollegen Pfarrer Josef Prchal in der Bischofteinitzer Stadtkirche Peter und Paul zelebriert. Außerdem war

er dem Remstal sehr verbunden durch seine Pfarrstellen, zuerst 22 Jahre lang in Kernen im Remstal und seit 2017 in Remseck. Michael Friedl war am 18. Januar 1964 im baden-württembergischen Ellwangen an der Jagst zur Welt gekommen. Unsere aufrichtige Anteilnahme – auch im Namen des Heimatkreises Bischofteinitz – gilt seinen Angehörigen, besonders seiner Mutter und den Geschwistern, denen wir viel Kraft und Zuversicht in dieser ohnehin schwierigen Zeit wünschen. Heidrun Böttinger Ortsbetreuerin

TERMINE Freitag, 4. Juni, 14.00 Uhr, Heiligenkreuz: Gottesdienst mit Bischof Monsignore Tomáš Holub von Pilsen in der Pfarrkirche Zum Heiligen Kreuz. Gäste will-

kommen. Auskunft: Peter Gaag, Fridinger Straße 8, 70619 Stuttgart, Telefon (07 11) 4 76 07 25, Telefax 4 76 07 26, eMail peter. gaag@t-online.de


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Sudetendeutsche Zeitung Folge 20 | 21. 5. 2021

Heimatbote für den Kreis Ta<au

Heimatkreis Tachau – Patenstadt Weiden in der Oberpfalz. Heimatkreisbetreuer: Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Aubergstra­ße 21, 83352 Altenmarkt, Tele­fon (0 86 21) 6 36 27, Telefax 64 75 27, eMail wolf-dieter.hamperl­ @online.de. In­ter­net www.tachau.de. Tachauer Heimatmuseum: Kulturzentrum Hans Bauer, Schulgasse 3a, 92637 Weiden, Telefon (09 61) 81 41 02, Telefax 81 41 19, eMail museum@tachau.de. Spendenkonto: Heimatkreis Tachau, HypoVereinsbank Nürnberg – IBAN: DE38 7602 0070 0002 0824 54, BIC: HYVEDEMM460. Heimatbote für den Kreis Tachau – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Redaktion: Nadira Hurnaus, eMail post@nadirahurnaus.de

Wenn man über viele Jahre die Kirchen und Kapellen unserer Tachauer Heimat erforscht hat, lernt man auch die einzelnen Künstler und Kunsthandwerker kennen, die hier tätig waren. Im südlichen Kreisgebiet fallen besonders in den Patronatskirchen der Fürsten zu LöwensteinWertheim-Rosenberg qualitätvolle Kunstschnitzwerke aus der Barockzeit auf. Immer wieder taucht der Name Artschlag auf. Wolf-Dieter Hamperl berichtet.

M

an ging nie genauer den Wurzeln der Artschlag nach, es hieß nur immer, daß die Artschlag aus Bayern zugewandert seien. Da neben Artschlag auch die Schreibweise Ortschlag vorkommt, ist denkbar, daß die Artschlag von Ortschlag, Gemeinde Bernhardschlag, Bezirk Leonfelden in Oberösterreich nördlich von Linz zugewandert sind. Ortschlag hat bis 1779 zu Bayern gehört. Da im Pfarrmatriken-Register Neustadtl 1588 bis 1650 der Name Artschlag nicht vorkommt, muß man annehmen, daß sie nach 1650 nach Neustadtl zugewandert sind, da unsere Region unter den vielen Truppendurchzügen im Dreißigjährigen Krieg sehr gelitten hat. Nikolaus Artschlag ist als erster mit diesem seltenen Namen bekannt. Er soll nach mündlicher Überlieferung aus Bayern zugewandert sein. In der Erhebungsliste des Jahres 1654 war er Maurer und Tagelöhner sowie Untertan der Herrschaft Haid. Er lebte von 1618 bis 1698 und starb im Alter von 80 Jahren. Sein Sohn Georg, geboren am 24. August 1651, war Bauer und Bürger in Neustadtl. Er starb am 1. Oktober 1698 mit 47 Jahren. Er war mit einer Frau namens Marie verheiratet, mit der er sieben Kinder hatte. Das vierte Kind aus dieser Ehe war Christoph Artschlag, Bildhauer in Neustadtl. Er wurde am 25. Mai 1682 geboren. Drei Jahre später, am 21. Januar 1685 wurde dessen Bruder Jakob geboren. Dieser Jakob Artschlag hatte wiederum sieben Kinder. Das erste Kind war Johann Christoph Artschlag, Bildhauer (sculptor und statuarius) und Bürger in Neustadtl. 1734 war er Stadtrichter. Er kam am 22. August 1719 zur Welt und heiratete am 10. Juni 1749 eine geborene Lutz. Johann Christoph Artschlag hatte acht Kinder. Am 19. Dezember 1756 wurden ihm Zwillinge geboren. Den einen taufte man Johann Christoph. Er wurde auch Bildhauer und lebte in Neustadtl Nr. 82, unweit des Röhrkastens in der Judenvorstadt. Pate war Johann Christoph Reger, Zeugen waren Franz Dambach, Lohgerber und Bürger in Neustadtl, und Mathias Köpel, Hutmacher und Bürger in Neustadtl. Der Zwillingsbruder ist wohl früh gestorben, weil die Eltern den am 24. April 1759 geborenen Sohn auch Matthias Georg tauften. Die Margaretenstatue in der Hesselsdorfer Margaretenkirche soll von Johann Christoph Artschlag sein.

Johann Christoph Artschlags imposanten Hochaltar in der Haider Barockkirche Sankt Nikolaus hatte Balthasar Neumann entworfen.

� Neustadtls Bildhauerfamilie Artschlag

Statuen und Altäre In den Kirchen der Herrschaft Haid, aber auch anderswo, finden sich zahlreiche Werke dieser Bildhauerfamilie, die teilweise den einzelnen Personen zugeteilt werden können. Das erste Werk eines Artschlag findet man am Stadtplatz in Neustadtl. Es handelt sich um die heute noch sehr beeindruckende und überaus kunstvolle Säule des heiligen Johannes von Nepomuk, die laut Chronogramm im Jahre 1722 entstanden ist. Im Gedenkbuch von Neustadtl wurde sie unter dem Pfarrer Johann Georg Hagenmeister aus Staab, der ab 1710 in Neustadtl war, im Jahre 1722 aufgestellt. „Der aus Baiern stammende Steinmetz Andreas Artschlag hat die Statue geschaffen“. Nach der Familienforschung käme für diese Zeit Christoph Artschlag in Frage. Ob es sich um eine Namensverwechslung handelt? 1721 wurde der Kult um Johannes von Nepomuk in Rom anerkannt, im Jahr 1729 erfolgte die Heiligsprechung dieses berühmten Barockheiligen. Auch für Altsattel schuf der Neustadtler Steinmetz eine Johannes-Statue, die in der Dammstraße steht. Von Christian Art-

schlag soll auch die Statue des die Familie ihren Höhepunkt. Johannes von Gott und das un- Am 13. November 1749 wurde in vollendete Werk „Christus am Haid der erste Kontrakt zwischen Ölberg“ gestammt haben. Letz- dem Haider Pfarrer Josef Schmidt teres soll lange Zeit am Rande und dem Bildhauer Johann Chrieines seiner Felder gelegen ha- stoph Artschlag geschlossen, der ben, um dann da noch Junggeselle aus Neuschließlich im stadtl genannt wurde. Bereits Fundament der 1745 hatte er ein Modell des Lourdes-KapelHochaltars eingereicht. In den le in Neustadtl Jahren 1749 und 1750 wurde verbaut zu werder großartige Altar errichtet, den. Auch die geder nach „Würzburger Riß“ wundenen Säugestaltet wurde. In Würzburg len am Portal hatte Balthasar Neumann sein der Friedhofs­ Atelier. Wir dürfen annehkirche Sankt Jo- Gesicht der Sta- men, daß die Fürsten Löwenhann stammen tue des Johan- stein, die in ihrem Schloß in nes des Täufers Kleinheubach von Balthasar von ihm. Der drei Jah- aus der Pfarrkir- Neumann das Treppenhaus re jüngere Bru- che in Neustadtl. neu gestalten ließen, für ihder Jakob kam in Laut Monsigno- re Patronatskirche in Haid eider Pfarrkirche re Vladimír Born nen Plan (Riß) für den Hochalin Pernartitz zum (†) wurde sie ge- tar erstellen ließen. Denn der Zuge. Dort schuf stohlen. Aufbau des Hochaltars in Haid er die Kanzel mit entspricht denen der Kolonihren Statuen und Ornamen- nadenaltäre, die Balthasar Neuten sowie die großen Figuren mann für die Kirche Sankt Peter der Heiligen Josef und Nikolaus in Bruchsal und Sankt Klara in über den Durchgängen. Dafür er- Altspeyer sowie die Sankt-Pauhielt er 130 Gulden. Für die Alt- lin-Basilika in Trier und den Dom satteler Pfarrkirche, die vor der in Würzburg geplant hat. Pernartitzer errichtet worden ist, Nach dem oben erwähnten lieferte Jakob die Kanzel und die Kontrakt mußte er den Hochaltar seitlichen Figuren am Hochaltar. – wohl auf Anregung des FürMit dem Sohn von Jakob Art- sten, der seit 1720 Patronatsherr schlag, Johann Christoph, erlebt war, – nach dem „Würzburger

Rieß“ … sammt allen Zihraden, laubwerk, außschnitt, schilden, Figuren“ bauen. „Und alles sollte er aufs reinlichste und zierlichste bauen, nicht oberflächlich.“ Artschlag erhielt für das „Gehüllwerk“, die Statuen und das Dekorationsschnitzwerk 270 Gulden in Abschlagszahlungen. Er setzte diesen Plan um und lieferte die Statuen, Ornamente und sonstigen Zierraten. Die Qualität dieses Neustadtler Barockbildhauers erkennt man an den Statuen der Heiligen Johannes von Nepomuk, Johannes des Täufers, Josef und Wenzel. Auch die anbetenden Engel seitlich des Tabernakels und die Schnitzwerke besonders im kronenförmigen Aufzug zeigen sein außergewöhnliches Können. Der Auferstehungschristus und die Säulenheiligen der Dekanalkirche sind ebenfalls seine Werke: König David, der heilige Papst Gregor der Große, Maria Magdalena, der heilige Vinzenz, der heilige Antonius von Padua mit dem Jesusknaben, Josef von Arimathäa und schließlich der heilige Jakobus. Auch die Statuen vom Kreuzaltar, Veronika mit dem Schweißtuch und die schmerzhafte Muttergottes, stammen von Johann Christoph Artschlag. Seinem phantasievollen Gestalten sind wohl auch die außergewöhnlichen Altäre in Neudorf mit der Statue des heiligen Leonhard, in Sankt Apollonia, Hesselsdorf, Schossenreith und die Akanthusaltäre in der Pfarrkirche in Ratzau zuzuordnen. Außerdem stammt die außergewöhnlich bewegt geschnitzte Statue der heiligen Katharina an der rechten Wand des Langhauses in Hesselsdorf von seiner Hand. Auch die Kanzel in der Kirche in Tutz und die Kanzel und der Hochaltarrahmen in Bruck am Hammer und die Statuen der Heiligen Petrus und Andreas in Haberkladrau werden ihm zugeschrieben. Der Name Artschlag verschwand in Neustadtl mit dem Tod von Susanne Artschlag (* 25. Dezember 1860, † 28. März 1932), die ihr Haus Nr. 100 an der Ecke Obere Vorstadt/Bahnhofstraße mit Liegenschaften der Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Kreuz in Eger zur Errichtung eines Kindergartens, der Erhaltung einer Krankenschwester und einer Handarbeitslehrerin für der Schule entwachsene Mädchen stiftete. Der Kindergarten eröffnete 1926.

Für Neustadtl schuf ein Artschlag die Johannes-von-Nepomuk-Statue. Das Chronogramm verweist auf 1722. Der böhmische Nationalheilige wurde erst 1729 heilig gesprochen.

� Tachauer Eghalandrisch

Våschtäist me? Marianne Gäbler, die Ortsbetreuerin von Labant, stellt das Wort Bamhackl vor.

D

en Bamhackl bekamen wir, nachdem wir lange im kalten Bach gewatet waren. Da wurde die Haut auf dem Rist rissig bis blutig. Ich weiß auch nichts von einer Creme dagegen. Die Natur mußte selber für Heilung sorgen. Den Bach, der hinter unserem Haus durch das ganze Dorf bis in den Asperweiher floß, liebte ich. Wo er, vom „Halign Brünnerl“ kommend, vor dem Dorf durch die Wiesen floß, konnte man himmlisch spielen. Wie enttäuscht, ja entsetzt war ich bei meinem ersten Besuch in Labant in den siebziger Jahren! Bushaltestelle in Der Bach war Labant heute. weg und fließt jetzt unterhalb des Friedhofs in den Neumühlweiher. Ich erinnere mich noch gut an den Mai 1945, als ich schon um den 10. Mai im Bach watete und mir den Fuß aufschnitt. Ein amerikanischer Soldat versorgte mich. Die Narbe ist heute noch zu sehen. Uns gegenüber hatten sich die Amis im Haus meiner Großeltern einquartiert. Sie waren am 1. Mai als unsere Befreier gekommen. Ich kann nur sagen, Gottseidank nicht die Russen. Da sah ich auch die ersten Schwarzen. So sehr ich die Amis damals liebte, so sehr lehnte ich nach der Wende das übertrieben Amerikanische ab. Und das bis heute. Die USA sind eben ein verrückter Staat, viel zu groß, um etwas Einheitliches daraus zu machen.

TERMINE n  Sonntag, 20.  Juni, 15.00 Uhr, Haid: Deutschsprachige Messe in der Loreto; anschließend Kirchkaffee in der Sakristei. n  Sonntag, 1.  August, 10.00 Uhr, Neulosimthal: Gottesdienst anläßlich des Sankt-Anna-Festes mit Monsignore Andreas Uschold in GeorgenbergHinterbrünst am Gedenkstein beim Kastanienhof. Bereits am Vorabend gemütliches Beisammensein. Auskunft: Albert Kick, Faislbach 5, 92697 Georgenberg, Telefon (0 96 58) 3 15. n  Samstag, 28. bis Sonntag, 29. August: 32. Heimatkreistreffen in Weiden in der Ober­ pfalz. Samstag 8.15 Uhr Abfahrt nach München zum Besuch des Sudetendeutschen Museums; 18.00 Uhr gemütliches Beisammensein mit Egerländer Wirtshausmusik im Gasthof Ratskeller in Weiden. Sonntag 9.00 Uhr Feier am Tachauer Gedenkstein in der Kurt-Schumacher-Allee; 10.15 Uhr Versammlung der Mitglieder des Heimatkreisvereins mit Neuwahlen im Kulturzentrum Hans Bauer, Schulgasse 3a; 12.00  Uhr dort Ausstellungseröffnung; 13.00 Uhr Mittagessen auf Einladung der Patenstadt im Ratskeller. Anmeldung: WolfDieter Hamperl, Adresse siehe Impressum.


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