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Zielscheibe Lehrer Vom Zerfall eines Rollenbildes Abgesang: die Economiesuisse ist am Ende

Blind ins Getümmel – ein Stadtspaziergang mit einer Sehbehinderten

Nr. 296 | 15. März bis 4. April 2013 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass.


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Titelbild: iStockphoto, Fotomontage WOMM Sophie Ammann

Vor einiger Zeit besuchte ich in Zürich eine Schulklasse in einem sogenannten Problemschulhaus. Es wäre eine Englischstunde gewesen. Gemerkt hat man das aber nur daran, dass die Lehrerin ab und zu eine Frage auf Englisch stellte. Ansonsten erzählten die Schülerinnen und Schüler 45 Minuten lang in Umgangssprache frisch von der Leber weg, was sie gerade so beschäftigte: die Belästigungen des Nachbarn im Lift, die Drogendealereien im Hinterhof und dergleichen mehr. Man kam auch auf Berufswünsche zu sprechen. Ein Schüler fand: «Ich will in einem Büro arbeiten. Einfach nicht auf dem Bau wie mein Vater.» Worauf ihn seine Banknachbarin fragte: «Im Büro? Was willst du da? Computer abstauben?» Die Lehrerin räumte ein, dass der Lehrplan längst kein Thema mehr sei. Ihr einziges Bestreben sei, die Jugendlichen irgendwie dahin zu kriegen, dass sie ihr Leben DIANA FREI selbständig führen könnten. Es war ein Problemschulhaus, und es gibt sicher viele REDAKTORIN Schulen, an denen immer noch Englischaufgaben gelöst werden. Aber der Lehrerberuf hat sich gewandelt, das hört man auch aus Schulen an besseren Lagen. Die Position der Lehrer wackelt. Sie müssen damit rechnen, dass sie nicht mehr ernst genommen werden. Redaktionskollege Reto Aschwanden hat mit Lehrerinnen und Lehrern sowie Fachleuten geredet und ist zum Schluss gekommen: In der Öffentlichkeit wird zwar gerne von zu tiefen Löhnen und Stress geredet, aber die wirklichen Probleme werden totgeschwiegen. Die Lehrer scheinen isoliert. Und vor allem: Sie wollen sich keine Blösse geben. Nicht noch mehr das Gesicht verlieren gegenüber Jugendlichen und ihren Eltern, die sie nicht mehr als Respektsperson sehen. Es geht aber nicht einfach um das Bröckeln eines Berufsbildes. Sondern auch darum, dass sich eine Perspektivenlosigkeit eingeschlichen hat, in der es für viele Schüler gänzlich uninteressant geworden ist, eifrig aufzustrecken und gute Noten nach Hause zu bringen. In Schulhäusern, die vielleicht noch eher den Lehrplan verfolgen können als die oben genannte Schule, schalten sich gerne auch die Eltern ein, sobald es um den Wettbewerb geht. Darum, ob ihre Sprösslinge weiterkommen. Das grössere Problem ist aber vielleicht, dass viele gar nicht mitkriegen, dass ein Wettbewerb stattfindet. Dass sich der Lehrerberuf immer mehr von dem entfernt, was er einmal war, ist ein Symptom. Und zwar dafür, dass immer mehr Jugendliche keine Vorstellung davon haben, was ihnen das Gelernte nützen könnte. Es sind die, die ihre Schulkollegen in der Englischstunde fragen: «Was willst du in einem Büro? Computer putzen?» Herzlich Diana Frei

Surprise ist auf Spenden angewiesen. Auch auf Ihre! Herzlichen Dank. PC-Konto 12-551455-3 Ihre Meinung! Bitte schicken Sie uns Ihre Anregungen oder Kritik: Verein Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, T +41 61 564 90 70, redaktion@vereinsurprise.ch. Es werden nur Leserbriefe abgedruckt, die mit vollem Namen unterzeichnet sind. Die Redaktion trifft eine Auswahl und behält sich vor, Briefe zu kürzen. SURPRISE 296/13

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BILD: ZVG

Editorial Gute Noten


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10 Economiesuisse Untergang der Schattenregierung BILD: REUTERS/PASCAL LAUENER

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Inhalt Editorial Fürs Leben lernen Die Sozialzahl Wer hat, behält Aufgelesen Nana Mouskouris Brille Zugerichtet Tücken des Vaterschaftstests Leserbriefe Geistreich, unzumutbar Starverkäuferin Elsa Fasil Porträt «Hier wacht niemand mehr auf» Radio Therapie im Äther Fremd für Deutschsprachige Beelendende Spitzhacken Film In China alles unter Kontrolle Kultur Rocker Klaus Lemke Ausgehtipps Jahrhundertpostraub Verkäuferporträt Benimmregeln im Zug Projekt SurPlus Eine Chance für alle! In eigener Sache Impressum INSP Surprise aktuell Da läuft was!

Jahrzehntelang bestimmte Economiesuisse die Politik aus dem Hintergrund, ihr Präsident galt als «achter Bundesrat». In letzter Zeit aber häuften sich die Krisensymptome. Das Abstimmungsdebakel bei der Abzocker-Initiative gab dem Dachverband der Schweizer Wirtschaft unter ihrem Direktor Pascal Gentinetta (Bild) den Rest. Am Grab des achten Bundesrates blicken wir zurück auf seine Geschichte und zeichnen nach, wie sich die einst allmächtige Wirtschaftslobby selber demontierte.

12 Lehrer unter Druck Kein Platz für Schwäche BILD: REUTERS/CHARLES PLATIAU

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Eine Studie über Gewalt gegen Lehrer sorgt für Diskussionen. Zeitungen behaupteten, alle Lehrer seien davon betroffen, Lehrerorganisationen dementierten. Nachfragen bei der Studienautorin und Lehrpersonen zeigen: Geschlagen wird kaum ein Lehrer, Mobbing durch Schüler und Druckversuche von Eltern gehören aber zum Schulalltag, und viele Lehrer holen sich zu spät Hilfe. Verschärft wird das Problem durch das Selbstverständnis vieler Pädagogen, in dem kein Platz für Schwäche ist.

19 Sehbehindert Blinder Spaziergang

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BILD: LUC-FRANÇOIS GEORGI

Es sei, als ob sie durch die falsche Seite eines Feldstechers blicke, erklärte Janka Steiner ihrer Mutter damals: Im Alter von sieben Jahren verlor sie ihre Sehkraft fast vollständig. Jetzt nimmt sie einen Journalisten mit durch die Strassen von Zürich. Hindurch durch die Menschenmassen, hinunter zur Limmat, hinein in ein Café. Er fragt sie, was sie dabei sieht, vor ihrem inneren Auge. Und lernt die Wirklichkeit hinter dem Offensichtlichen kennen. Oder wie man mit Spürsinn die Welt neu begreift.

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Die Debatte über die Abzocker hatte viel mit einer gefü ten Verteilung der hlEinkommen zu tu n, die manche nicht mehr als fair empfinden . Wenn dann noch steuerliche Privileg für Gutverdienende ien dazukommen, wi rd das Unbehagen im Sozialstaat noch grösser. Diese Ge fühlslage kontrastie dem Bild einer sta rt mit atlichen Umverteilu ngsmaschine, die an lich immer mehr ob geben wegnimmt und nach unten weitergi Damit stellen sich bt. zwei Fragen: Wie gross ist die wirtsch che Ungleichheit in aftlider Schweiz? Und korrigiert der Staat seinen obligatorisch mit en Abgaben diese Un gleichheit? Werfen wir also ein en Blick auf die Ein kommensverteilun in der Erwerbsbev g ölkerung der Schw eiz und vergleiche die Anteile der ve n wir rschiedenen Einko mmensklassen vo nach den staatlich r und verordneten Ausgab en für Steuern und zialversicherungen So. Für diesen Vergl eich unterteilen wi Haushalte der Erwe r die rbstätigen in zehn gleich grosse Grup entlang ihrer Einko pen mmenshöhe. In Fa chkreisen spricht von Dezilanteilen. ma n Wären die Einkomm en völlig gleichmä über die Erwerbsb ssi g evölkerung verteilt , würden alle zehn pen den gleichen An Grupteil am Gesamtein kommen erzielen, lich jeweils zehn nämProzent. Dem ist bei Weitem nicht ärmsten zehn Proz so . Die ent der Erwerbshau shalte erreichen nu nen Anteil von 2,1 r eiProzent am Gesamt einkommen vor de obligatorischen Tra n nsferzahlungen, die nächsten zehn Pr zent einen Anteil ovon 5,0 Prozent, die einkommensstärks zehn Prozent hinge ten gen einen Anteil vo n 23,3 Prozent. Das gibt eine Relation erzwischen dem ärms ten und reichsten von 1:11. Wie die Dezil Grafik zeigt, sind die Anteile am ge samten

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weit in die Mittelerbsbevölkerung bis Erw r de en mm ko Ein zent. Die ärmsten kleiner als zehn Pro ich utl de ein hin t schich teil von rund 40 lte erreichen einen An ha us Ha r de nt ze 60 Pro 40 Prozent eimens, die reichsten om nk tei sam Ge s de Prozent zent. nen Anteil von 60 Pro ere die Zahlung arten, dass insbesond erw n nu te nn kö Man m zu Teil einkomauch von (zumindest von Steuern, aber eiträgen zu einer Sozialversicherungsb mensabhängigen) mmen in der ErVerteilung der Einko deutlich gleicheren allerdings nicht so, ren würde. Dem ist werbsbevölkerung füh igen. Nach der staatr Grafik ebenfalls ze wie die Säulen in de l der ärmsten zehn erhöht sich der Antei lichen Umverteilung e mal um einen Pro sbevölkerung gerad nt ze Pro Prozent der Erwerb sten zehn zent, jener der reich zentpunkt auf 3,1 Pro Das Verhältnis nt. ze Pro 4 gfügig auf 21, reduziert sich gerin zil beträgt immer und dem zehnten De ten ers m de n he isc zw die Krankenkassendie Belastung durch em all r Vo . 1:7 ch no sabhängig berechnet e nicht einkommen rad ge die , en mi prä ltnismässig mehr n Haushalte unverhä ere ärm die fft tri n, werde n Schieflage der den. An der gefühlte en en rdi Ve r sse be als die n einem Umverändert sich wenig, vo ng ilu rte sve en mm Einko d unten gibt, m Stil oben nimmt un sse gro in r de t, taa teilungss n. kann keine Rede sei (C .KN OE PF EL @V CA RL O KN ÖP FE L BIL D: WO MM

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Aufgelesen News aus den 90 Strassenmagazinen, die zum internationalen Netzwerk der Strassenzeitungen INSP gehören.

Demokratische Banken Graz. Ethische Banken wie die Alternative Bank Schweiz sind im Aufwind. Christian Felber von der globalisierungskritischen Organisation Attac plant nun eine «Demokratische Bank» in Österreich. Langfristig möchte er gleich den ganzen Bankensektor «auf Gemeinwohlorientierung umstellen» – und Geld zum öffentlichen Gut machen, also demokratisch über die Kreditvergabe und den Einkommensanspruch aus der Geldverleihung entscheiden lassen. Wir wünschen viel Glück!

Mouskouri, mit Kontaktlinsen Hannover. Nana Mouskouri, erfahren wir im Asphalt, trägt immer noch die gleiche riesige Brille wie vor 50 Jahren! «Weisse Rosen aus Athen» machte die Griechin 1961 schlagartig zum Weltstar, bis heute hat sie über 250 Millionen Tonträger verkauft. Nun wandelt Tochter Lénou auf ihren Spuren, sie tritt gerne mit der Mama im Duett auf. Trotzdem sucht sie die Abgrenzung: Sie sei zwar genauso kurzsichtig wie die Mutter – eine Brille würde sie aber niemals tragen.

Garen im eigenen Schweiss Dortmund. Zum Ende des schneereichen Winters 12/13 stimmt Bodo ein Loblied auf die Velokuriere an – wir stimmen gerne ein. Denn auch unsere Korrekturfahnen bringen die Ritter auf zwei Rädern, umweltfreundlich und zuverlässig, bei jedem Wetter. Und von Annette Becker, Gründerin des Kurierdiensts «Heisser Reifen», erfahren wir, dass es im Winter trotz guter Kleidung ungemütlich werden kann: «Bei Dauerregen knapp über Null Grad suppt irgendwann der Niederschlag durch oder man gart im eigenen Schweiss.»

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Zugerichtet Rosenkrieg im Treppenhaus Der Mann sieht aus, als hätte er keinen Mumm in den Knochen, ein blasser Hasenfuss mit Oberlippenschnäuzchen, aber die sichtbar auf dem Brusthaar platzierte Goldkette soll wohl zeigen, dass er zur Liga der Kraftmeier gehört. Einmal nuschelt er etwas von Gewalttherapie, aber niemand geht darauf ein. Vielleicht hat er das Anti-Aggressivitäts-Training ja tatsächlich mal gemacht, vielleicht hat er dort gelernt, Konflikte ohne Fäuste zu lösen und stattdessen seine Wut in Worte zu fassen. Allein: Bei Herrn Huber* war’s ein Schuss in den Ofen. Herr Huber hat in seiner Wut nämlich einen Zettel geschrieben, den hängte er in den Hauseingang im Wohnblock seiner Ex-Frau, damit alle ihn lesen konnten. Er nannte seine Ex eine verlogene Hure. Das reicht für eine Anklage wegen Beleidigung, ist aber nur der justitiable Vorwurf. Viel lieber würde der Richter den Mann für den seelischen Schaden zur Verantwortung ziehen, den er bei seiner Tochter angerichtet hat. Der offene Brief war nämlich an das zehnjährige Mädchen gerichtet: «Happy Birthday Angie, sorry, dass ich nicht dein Daddy bin. Hat dir deine verlogene Mutter schon gesagt, wer dein richtiger Vater ist? Ruf mich an, dann sag ich dir, was deine Mutter für eine verlogene Hure ist.» Vor Gericht sagt Herr Huber, er habe damit nicht seine Tochter verletzen, sondern die Mutter treffen wollen. Die Ex und ihre Anwältin hätten einfach mal so veranlasst, dass er seine Tochter nicht mehr sehen dürfe. «Sie hat gegenüber dem Jugendamt behauptet, ich hätte meine Tochter geschlagen», sagt der 55-Jährige zum Richter. «Aber niemals hätte ich mein Kind geschlagen. Ich wollte meine

Frau zur Rede stellen, aber sie hat sich geweigert, mit mir zu reden.» Er liess bei einem ausländischen Labor heimlich den Vaterschaftstest machen. «Als ich erfuhr, die Angie ist nicht mein Kind, sind mir die Sicherungen durchgebrannt.» Sein Vorstrafenregister ist mehrere Seiten lang: «Mehrfacher Diebstahl, Hehlerei, versuchter Raub, Körperverletzung, Urkundenfälschung, Betrug und» – der Richter hebt den Kopf und sieht den Mann eindringlich an – «versuchte Tötung». Herr Huber schlägt mit der tätowierten Hand auf das Anklagepult: «Das ist jetzt 20 Jahre her, aber meine Ex hat das genau gewusst, sie hat darauf spekuliert und prompt Recht bekommen, dass ich das Kind nicht mehr sehen darf.» Was die Vorstrafen betrifft, das sei erledigt. «Aber 3000 Franken für die Beleidigung, die keine ist, das ist zu viel.» Der Mann hatte gegen den Strafbefehl Einspruch erhoben. «Die hat mich so beleidigt, die ist so verlogen und fies. Schade, dass Sie die nicht kennen, da würden Sie ganz anders denken», sagt er zum Richter. «Herr Huber, wir haben den Zettel nicht ins Treppenhaus gehängt», donnert der Richter. Ein schöner Rechtsstaat sei das, zischt Herr Huber zurück. Der Richter reduziert die Strafe und verurteilt ihn zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen à 35 Franken für die «verlogene Hure». Aber Herr Huber möchte für «diesen Seich» keinen Rappen aufwenden. «Wieviel Gefängnis gibt das, wenn ich nicht zahle?», will er wissen. «Ich hab in meinem Leben so viel gesessen, da kommt es auf die paar Tage mehr auch nicht mehr an.» * persönliche Angaben geändert ISABELLA SEEMANN (ISEE@GMX.CH) ILLUSTRATION: PRISKA WENGER (PRISKAWENGER@GMX.CH) SURPRISE 296/13


Leserbriefe «Das Fazit ist immer das Gleiche: Frauen sind die besseren Menschen»

Zugerichtet allgemein Männerfeindliche Kolumne Ich kaufe, lese und schätze Surprise seit Langem. Nicht nur, dass das Konzept eine gute Sache ist, mir gefällt auch die Qualität der Beiträge Ihrer Publikation. Jedenfalls mehrheitlich. Denn eine grobe Ausnahme gibt es leider und sie bewegt mich zu diesen Zeilen. Die Kolumne «Zugerichtet», zwar nur klein und wenig beachtet, ist in ihrer Männerfeindlichkeit unzumutbar. Nicht, dass es mir darum ginge, nur meine eigene Meinung lesen zu wollen, ganz im Gegenteil, andere Standpunkte finde ich anregend. Aber was in «Zugerichtet» zum Besten gegeben wird, geht zu weit. Das Fazit aller Artikel ist immer das Gleiche: Frauen sind die besseren Menschen. Nicht auszudenken, was geschehen würde, wenn umgekehrt ein Mann einen solchen Standpunkt einnehmen würde. Er würde vermutlich geteert und gefedert und aus der Stadt getrieben oder eingesperrt. Die Propaganda der Schreiberinnen will und muss ich nicht länger lesen und ich habe beschlossen, mich ihr nicht länger auszusetzen. Um Ihr Projekt dennoch weiter zu unterstützen, habe ich eine einfache Lösung gefunden: Ich gebe dem Surprise-Verkäufer nach wie vor die sechs Franken, verzichte aber darauf, das Blatt mitzunehmen. So kann er es zweimal verkaufen, ohne dass meine Augen verunreinigt werden. Win-win! Gregor Faust, per E-Mail

Nominieren Sie Ihren Starverkäufer! Schreiben Sie uns mit einer kurzen Begründung, welche/n Verkäufer/in Sie an dieser Stelle sehen möchten: Verein Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 (0)61 564 90 99, redaktion@vereinsurprise.ch

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Zugerichtet allgemein Buch der Gerichtskolumnen Ich bin Abonnentin von Surprise. Ich lese das meiste in dieser Zeitschrift. Alles ist interessant, und mehr als das. Ich freue mich jeweils vor allem auf die Kolumne «Zugerichtet». Man kann aus den Berichten, die kurz gefasst sind, eine Menge lernen, Hintergründe werden klar. Schade, gibt es nicht ein Buch davon. Es ist zwar halb so schlimm: Ich nehme die Seite jeweils heraus und bündle die Berichte. Claudia Stuber, per E-Mail Surprise allgemein Mehr Geschichten über sozial Benachteiligte Ich kaufe seit Jahren regelmässig Surprise und finde die Zeitschrift unterstützungswert, denn sie gibt sozial benachteiligten Menschen eine Verdienstmöglichkeit. Es steht auf Ihrer Homepage: «Mit seinen Angeboten ist Surprise ein konkreter Beitrag gegen Armut und Ausgrenzung in der Schweiz.» In Einklang mit diesem Motto möchte ich in erster Linie Geschichten über das Leben der sozial benachteiligten Leute in der Schweiz lesen. Leider behandeln die Beiträge in den letzten Ausgaben aber in erster Linie ganz andere Inhalte, die man auch in anderen Zeitschriften finden kann, sehr wenig über sozial benachteiligte Leute in der Schweiz, in Nr. 293 gibt es zum Beispiel nur einen Beitrag: auf S. 28 ein Verkäuferporträt. Falls sich der Trend nicht ändert, werde ich auf Surprise verzichten müssen. Stefan Bogdanov, Mühlethurnen

BILD: ZVG

Nr. 294: Ausgesetzt Geistreich Ich möchte Ihnen zur Nummer 294 gratulieren: Super Qualität vom geistreichen Editorial bis zum packenden Verkäuferinnen-Porträt! Ulrich Glarner, Lenzburg

Starverkäuferin Elsa Fasil Dori Amacher aus Bern nominiert Elsa Fasil als Starverkäuferin: «Regelmässig kaufen wir Surprise bei Elsa Fasil vor der Coop-Filiale im Berner Breitenrain. Sie ist ein Vorbild an Höflichkeit, und ihre positive Ausstrahlung ist ein Gewinn. Wir freuen uns immer auf die Begegnung mit ihr – für uns ist Elsa Fasil der Star.»

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Porträt Die fröhliche Friedhofsgärtnerin Tanja Meier ist verantwortlich für den Friedhof in Wädenswil am Zürichsee. An ihrem Job liebt sie das Gärtnern und den Umgang mit den Menschen – obwohl sie sich über deren Verhalten manchmal sehr wundert. VON FLORIAN BLUMER (TEXT) UND LUC-FRANÇOIS GEORGI (BILD)

Totengräber, das war einst ein finsterer Beruf. Der Totengräber war üblicherweise ein geächteter Aussenseiter, «ein Alkoholiker, der am Stammtisch der Dorfbeiz nicht willkommen war», wie Tanja Meier erzählt. Die «Leiterin Friedhofbetrieb» in Wädenswil selbst betont, wie wichtig ihr die Zusammenarbeit im vierköpfigen Team ist. Den Friedhof nennt sie lieber «Parkanlage», und neben dem Gärtnern schätzt sie an ihrer Arbeit vor allem den Umgang mit den Angehörigen. Seit drei Jahren ist die 45-jährige Landschaftsgärtnerin für den Friedhof Wädenswil zuständig. In diese Arbeit ist sie hineingewachsen: Bereits ihr Grossvater und ihr Vater arbeiteten als Landschaftsgärtner, beide betreuten dabei auch Friedhöfe. Schon als Mädchen bekam Tanja Meier Verstorbene als Normalität im Arbeitsalltag ihres Vaters mit. Abgeschreckt habe sie das nie. «Auch jetzt liegt einer hier drüben», sagt sie und deutet mit einer Kopfbewegung nach rechts auf die andere Seite der Bürowand, zum Aufbahrungsraum. Die Toten gehören dazu. Doch eigentlich hat die Totengräberin in ihrem Job sowieso viel mehr mit Lebenden zu tun. Einige der Trauernden sehe man nie wieder, andere kämen nach der Beerdigung dreimal am Tag auf den Friedhof, Junge wie Alte. Man frage, wie’s geht, komme ins Gespräch. «Wir sind keine komischen Leute», stellt Tanja Meier über sich und ihr Friedhofsteam klar, «wir sind eigentlich alles fröhliche Gärtner.» Untereinander – «nie vor Angehörigen, natürlich!» – sei zwar auch schwarzer Humor im Spiel, «doch das brauchen wir, um das Ganze ein wenig verarbeiten zu können.» Mit Verweis auf die Totengräber aus alten Zeiten sagt Tanja Meier, sie sei in der glücklichen Lage, sich «Irgendwann nach Feierabend nicht mit Alkohol zuschütten Schranken.» zu müssen, um die Gedanken an das Erlebte zu vertreiben: «Ich mache die Tür zu und gehe nach Hause.» Bei tragischen Fällen wie Selbstmorden denke sie sich schon Dinge wie: «Läck isch ja verruckt, jetzt hat der sich umgebracht und hätte noch das ganze Leben vor sich gehabt.» Doch nach Hause nehme sie das nicht. Manchmal würden sie Leute fragen, ob noch nie jemand aufgewacht sei im Aufbahrungsraum. «Nein», sagt Tanja Meier dann bestimmt, «hier wacht sicher niemand mehr auf. Da war der Arzt hier, der hat den Tod festgestellt.» Und wenn doch? «Dann würde ich den Arzt rufen.» Als Totengräberin müsse man wohl etwas härter im Nehmen sein als in anderen Berufen, meint sie. Was nicht heisst, dass dies ein Männerberuf wäre: Frauen seien einzig in Führungspositionen noch rar. Dass deshalb zuweilen Angehörige mit ihren Anliegen zielsicher an ihr vorbei einen Mitarbeiter ansteuern, nimmt sie gelassen: «Sie können es ja nicht wissen. Schliesslich steht auf meinem Rücken nicht ‹Chefin› geschrieben.» Tanja Meier freut sich auf den Frühling. Der Schnee soll bald tauen, in wenigen Tagen will sie mit ihrem Team mit dem Anpflanzen beginnen. Dass ihr Friedhof mit Blick über den Zürichsee als schöne Parkanlage erblüht, ist das eine Ziel ihrer Arbeit. Das andere liegt auf der menschlichen Ebene: Sie will den Angehörigen in der kurzen, aber schwierigen Phase zur Seite stehen. Sie sollen möglichst mit einem guten Gefühl wieder gehen. Dazu brauche es Fingerspitzengefühl und vor allem: viel zuhören. SURPRISE 296/13

Schwierig nachzuvollziehen findet die Totengräberin, wenn Angehörige kaum Zeit für die Beerdigung finden. Wie diejenigen, die anrufen und fragen, ob man sie nicht später am Nachmittag ansetzen könnte, damit sie nicht so früh von der Arbeit wegmüssten – «man bekommt doch von Gesetzes wegen einen halben Tag frei!», sagt Tanja Meier. Und sie sei ja nicht konservativ oder altbacken, aber: «Wie viele Leute kommen zu spät zu einer Beerdigung!» Wie der Mann, der eine Stunde verspätet an der Beerdigung seines eigenen Kindes erschien – «da hörts bei mir auf. Aber ich darf natürlich nichts sagen. Da wartet man halt, bis der Vater auch noch Zeit hat, vom Geschäft zu kommen.» Viele würden sich auch alle Mühe geben, keine Gefühle zu zeigen, den starken Mann markieren, der alles im Griff hat. Alles vergeblich. «Irgendwann im Beerdigungsprozess», sagt die Totengräberin, «fallen bei jedem die Schranken.» Auch wenn da manchmal etwas übertrieben werde, sympathischer als die mitteleuropäische Beherrschtheit ist ihr die südländische Art. «Wenn hier», sie deutet mit dem Kopf nach rechts, «ein Südländer liegt, dann ist von neun Uhr früh bis zur Beerdigung um zwei Hochbetrieb: rein, raus, weinen, kondolieren. Man ist in der Gemeinschaft, man hat Zeit.» Meist würden die Söhne den Sarg selber tragen wollen, manchmal wollten sie ihn auch gleich selber versenken. Das Tragen sei kein Problem, das Runterlassen müssten sie aber selbst tun, da brauche es vier erfahrene Leute: «Nicht, dass der Sarg noch kippt oder jemand ins Loch fällt! Da muss man aufpassen.» Und wie will die Totengräberin selbst bestattet werden, wenn der Tag dereinst gekommen sein wird? Was mit der Urne geschehe, meint sie, müssten die Hinterbliebenen entscheiden, sie merke dann ja nichts

im Beerdigungsprozess fallen bei jedem die

mehr. «Einfach: verbrennen bitte». Früher habe sie sich eine Erdbestattung gewünscht: ein schöner Sarg, schöne Blumen … «Aber seit ich Särge heruntergelassen habe, muss ich sagen: in dieses tiefe Loch, diese Dunkelheit, mich da von diesen Mikroorganismen und Würmern … nein.» Tanja Meier sagt, sie mache sich nicht verrückt mit der Frage, was nach dem Tod kommt. Sie spüre zwar oft, dass bei Verstorbenen noch Energien da seien, doch ob es danach weitergehe oder nicht, das sei reine Spekulation: «Ich glaube, bei mir ist nach dem Tod Schluss.» Etwas aber, sagt die Totengräberin mit einer plötzlichen Bestimmtheit in der Stimme, habe sie hier in ihrem Job gelernt: «‹Ich habe keine Zeit› gibt es bei mir nicht. Ich hoffe es zwar nicht, aber ich weiss: Schon morgen kann ich da drüben liegen. Es ist nicht so, dass ich jeden Tag so lebe, wie wenn es der letzte wäre – ich gehe ja auch arbeiten. Aber wenn ich etwas Schönes kaufen, irgendwohin in die Ferien fahren oder mit Kollegen essen gehen will, dann gibt es kein Aufschieben, sondern nur: Machen. Einfach machen.» ■

Tanja Meier ist aktuell im Kino-Dokumentarfilm «Vier Frauen und der Tod» von Mitra Devi zu sehen (siehe www.mitradevi.ch).

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Economiesuisse Am Grab des achten Bundesrats Einst war der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse das einflussreiche Regierungsmitglied des Grossbürgertums. Nun markiert das Ja zur Abzocker-Initiative eine Zeitenwende.

VON CHRISTOF MOSER (TEXT) UND PATRIC SANDRI (ILLUSTRATION)

Das Ja zur Abzocker-Initiative hat der Economiesuisse das Genick gebrochen. Ein Sturz, der unglücklich an der Tischkante endete. Der achte Bundesrat, als der die Economiesuisse bezeichnet wird, verstarb im Amt, aber nicht in Würden. Die Leichenfledderei setzte bereits zu Lebzeiten ein. Noch in der Woche des letzten Atemzugs drohte der Uhrenverband mit Austritt aus dem Verband. Am Sterbebett polterte Swatch-Chef Nicolas Hayek: «Die Abgehobenheit der Economiesuisse-Funktionäre und die Distanz zu den echten Problemen des Werkplatzes Schweiz sind immer offensichtlicher und grösser geworden. Was wir brauchen, sind glaubwürdi-

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ge Vertreter, keine Funktionäre einer Lobby, die nur die Teppichetagensprache sprechen.» Der achte Bundesrat: Er stolperte ausgerechnet über eine Auffaltung im Stoff, der die Teppichetage gegen den harten Boden der Realität abfedert: Filz. Er regierte zuletzt konfus, hatte sich von seiner Partei, der FDP – oder war es die SVP? – entfremdet und starb einen einsamen Tod. Seine Gegner warten mit faulen Eiern auf die Trauergäste (1:12-Initiative, Mindestlohn-, Ecopop- und SVP-Massenzuwanderungsinitiative). Seine Freunde bleiben gelangweilt von seinem langsamen Tod am Ende selbst der Kranzniederlegung fern. Dabei zählte der achte Bundesrat bis vor Kurzem zu den mächtigsten Instanzen im Land, wie auch die Kirchen oder die Armee vor ihren Burn-outs. Als Einflüsterer beliebt, als SURPRISE 296/13


Weltkrieg zum achten Bundesrat. Mit dem Wirtschaftsartikel von 1947 Gegner gefürchtet, sass er über ein halbes Jahrhundert lang in der Rewird der Einbezug der Wirtschaftsverbände in die staatliche Wirtgierung. Und lenkte die Schweiz nach Belieben. schaftspolitik gar in der Verfassung festgeschrieben. Der achte BundesDer achte Bundesrat und sein Stab (73 Angestellte, sechs Lobbyisten rat hat seinen Sitz auf sicher und ist auf dem Höhepunkt seiner Macht. im Bundeshaus, Jahresbudget: 18 Millionen Franken) setzten dafür zuSeinem Stab gehören Wirtschaftsgrössen an wie Peter Spälti, Ulrich letzt auf einfache Rezepte, die mehr oder minder funktionierten. BeBremi, Fritz Gerber, Robert A. Jeker oder Rainer E. Gut, die als Zürcher währt hatten sich Millionen-Kampagnen vor wichtigen Abstimmungen. Freisinn vollendeten, was der Industrielle und Eisenbahnpionier Alfred Und Politiker, die ihren Instruktionen folgten. Sie alimentierten KomiEscher vor seinem Tod 1882 initiierte: die Machtkumulation aus Politees der Parteien und steuerten so die politische PR. Wer mit ihnen zutik, Wirtschaft und Armee als achter Bundesrat in die Regierung zu trasammenarbeitete, agierte als Marionette. «Als wir dazukamen, stand die gen. Daraus wurde in den letzten Jahren seiner Amtszeit politischer Kampagne. Wir hatten kaum Einfluss darauf. Ich weiss auch nicht, wie Einfluss ohne politische Verantwortung. Seine Macht war ihm zu Kopf teuer sie ist», sagt zum Beispiel BDP-Präsident Martin Landolt, der vor gestiegen. der Abzocker-Abstimmung, dem letzten Amtsgeschäft des achten Zunächst jedoch begünstigte der Boom der Nachkriegsjahre die soziBundesrats, das Nein-Komitee der Parteien präsidierte. ale Marktwirtschaft, was das Vertrauen der Bevölkerung in den SchatDas Engagement gegen dieses Volksbegehren könnte auch als Freitod tenbundesrat stärkte. Seine innenpolitische Einflussnahme war breit des achten Regierungsmitglieds gewertet werden. Im Kampf gegen die akzeptiert. Was er in die Debatte einbrachte, hatte Gewicht. Die Linke Abzocker-Initiative spiegelte sich die Verlogenheit des achten Bundesrats zerschellte jahrzehntelang an seinem Einfluss. Sein Selbstbewusstsein wie unter einem Vergrösserungsglas tausendfach auf Plakaten mit der tapezierten Botschaft: «Abzockerei sofort stoppen!» Effizienter hätte man die Glaubwürdigkeit Der achte Bundesrat übte Einfluss aus, ohne Verantwortung des achten Bundesrats nicht zertrümmern könzu übernehmen. Seine Macht war ihm zu Kopf gestiegen. nen. Denn der Schattenmagistrat hatte jahrelang Massnahmen gegen die Abzockerei in den eigewuchs. Die Wirtschaftsförderung Wif entstand, die der Wirtschaft als nen Reihen verhindert und verwässert. Einer seiner wichtigsten SpreLobby- und Marketingorganisation ermöglichen sollte, jederzeit Abcher, Economiesuisse-Präsident Rudolf Wehrli, war als Präsident des stimmungen zu gewinnen. Im Jahr 2000 wurden Vorort und Wif zur Chemiekonzerns Clariant verantwortlich dafür, dass der Konzernchef Economiesuisse fusioniert. Dem Unterstützungskomitee des achten 2012 ein Jahresgehalt von über sieben Millionen Franken bezog. AdeccoBundesrats gehören 100 Branchenverbände, 20 kantonale HandelskamPräsident Rolf Dörig, ebenfalls ein Mitarbeiter seines Stabs, sicherte sich mern und 3000 Unternehmen mit 1,5 Millionen Beschäftigten an, dar2009 für den Fall einer Abwahl oder seines Rücktritts 1,8 Millionen Franunter Nestlé, Google, Novartis, Philip Morris oder Transocean. ken Entschädigung, auf die er dann unter Protest verzichten musste. Die Wie der achte Bundesrat für seine Interessen lobbyierte, deckten VikHeuchelei seines Stabes wurde dem achten Bundesrat zum Verhängnis. tor Parma und Oswald Sigg in ihrem Enthüllungsbuch «Die käufliche Schweiz» auf: Jeweils vor den Sessionen schickte die «Gruppe Handel In Blochers Armen dem Untergang entgegen und Industrie», die parlamentarische Hausmacht des Magistraten, der Erste Schwächen zeigte Economiesuisse bereits Anfang der Neunzimit 130 Parlamentariern mehr als die Hälfte des Parlaments angehören, gerjahre. Schnoddrig kanzelte die Wirtschaftselite in der EWR-AbstimAnweisungen für das detaillierte Stimmverhalten im Interesse der Wirtmung 1992 die Sorgen der Bevölkerung ab und beförderte damit ihren schaft an die National- und Ständeräte. Die Anliegen werden nach politischen Rivalen Christoph Blocher zum Volkstribun und schliesslich Dringlichkeit abgestuft. Mit einem Stern versehen sind sie «wichtig», mit in den Bundesrat. Um sich die Macht im Land zu erhalten, musste die zwei Sternen «sehr wichtig» und mit drei «absolut vital». einst freisinnig dominierte Wirtschaftselite nach dem EWR-Nein Blocher umarmen. Aus dem einst aus dem Verwaltungsrat der Schweizerischen Die Marionetten beginnen zu widersprechen Bankgesellschaft vertriebenen SVP-Lenker wurde der wichtigste politi2003 gelingt dem achten Bundesrat und seinem Stab der letzte grossche Partner des geschwächten Schattenmagistraten. Gleichzeitig entse Coup. Mit der Wahl von Christoph Blocher und Hans-Rudolf Merz in fremdete sich die Wirtschaftslobby von der FDP. Economiesuisse wurde die Regierung verhelfen sie den Rechten zum Durchbruch. Die Abwahl zum zweiten Bundesrat der SVP. von CVP-Bundesrätin Ruth Metzler wird aktiv betrieben. Der damalige Pascal Gentinetta, geschäftsführender Direktor im Stab des achten UBS-Chef Marcel Ospel, der auch als Kassier von Economiesuisse amteBundesrats und sein zweiter gewichtiger Sprecher, unterstützt im Nate, bot ihr eine Stelle in der Privatwirtschaft an für den Fall, dass sie das tionalrats-Wahlkampf 2011 demonstrativ SVP-Banker Thomas Matter, Feld freiwillig räume. Der geschwächte achte Bundesrat der Wirtschaft einen Gegner der Personenfreizügigkeit, Hardliner in Sachen Bankgebrauchte dringend Mehrheiten in der Regierung. Doch seine Steuergeheimnis. Im Sommer 2011, wenige Wochen vor den Wahlen, als der setze und die 10. AHV-Revision wurden an der Urne versenkt. Seine achte Bundesrat am Mittwoch der ersten Sessionswoche an der SpitalUnternehmenssteuerreform, die den Bund bis heute Milliarden kostet, gasse 4 in Bern zu seinem traditionellen Empfang lud, war nur ein FDPobwohl der Bevölkerung versprochen worden war, es würde kaum SteuMitglied anwesend: Alt-Nationalrat Pierre Triponez, Ex-Direktor des erausfälle geben, untergräbt das Vertrauen in ihn weiter. Der achte Gewerbeverbands. Bundesrat – gewohnt, zu agieren, nicht zu reagieren – wird vom AKWDer Parteiwechsel des achten Bundesrats ist auch das Ende des FDPGau in Fukushima überrumpelt, beschwört wirre KatastrophenszenaFilzes, wie der Volksmund die jahrhundertealte Verflechtung von Politik rien nach einem Atomausstieg und provoziert mit seiner Verbissenheit und Wirtschaft nennt, mit dem das Fundament der Schweiz seit der im Angesicht seines Niedergangs den Widerspruch von Politikern, die Staatsgründung unterfüttert ist. Als die Verfassung von 1874 das fakulbisher an seinen Fäden tanzten. tative Referendum einführte, wurde damit der Verbandsdemokratie als Am 3. März 2013 stolpert der achte Bundesrat gebrechlich und verausserparlamentarischer Gruppe direkter Einfluss auf die Gesetzgebung wirrt über die Abzocker-Initiative. Das Volk verlangt mit 67,9 Prozent Ja eingeräumt. Gewerbeverband, Gewerkschaftsbund und Bauernverband ein Ende der Gehaltsexzesse. Der Bundesrat der Wirtschaft verliert erstentstanden. Die kantonalen Handelskammern, die sich um die Exportmals überhaupt in seinem politischen Kernthema. Mit seinem Tod beförderung kümmerten, schliessen sich zum Schweizerischen Handelsginnt das Rennen auf seinen Sitz in der Regierung. Erstmals seit 1848 ist und Industrieverein zusammen: dem «Vorort». Verkörpert durch seinen die Position des Schattenministers vakant. Direktor, der ein Büro im Bundeshaus bezieht, wird Vorort im Zweiten ■ SURPRISE 296/13

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SURPRISE 296/13 BILD: KEYSTONE/CHRISTOPHER ROBBINS


Lehrer unter Druck Nur keine Schwäche zeigen In letzter Zeit ist vermehrt von Gewalt gegen Lehrer zu lesen. Was steckt dahinter? Fragt man Lehrpersonen und Fachleute, so zeigt sich: Schläge im Schulzimmer muss kaum einer einstecken. Konflikte mit Schülern und Eltern nehmen aber zu. Und für den Umgang damit sind viele Lehrer schlecht gerüstet. VON RETO ASCHWANDEN

Die Meldung klang dramatisch. Alle Lehrerinnen und Lehrer der Region Basel seien von Gewalt betroffen, schrieb die Basellandschaftliche Zeitung und berief sich dabei auf eine Studie der Gewaltforscherin Katja Iseli. Im selben Artikel bestritt Beat Zemp als Zentralpräsident des Dachverbandes der Schweizer Lehrer diese Darstellung vehement. Eigene Zahlen konnte er nicht bieten, trotzdem behauptete er, Gewalt käme nur in Einzelfällen vor. Zwischen «alle» und «Einzelfällen» klafft eine riesige Lücke. Die diametral entgegengesetzten Wahrnehmungen werfen Fragen auf: Wer hat recht? Wieso gehen die Einschätzungen derart auseinander? Und was ist unter Gewalt überhaupt zu verstehen?

gen Lehrer abzuschiessen. Ein Vater, der den Lehrer seines Sohnes schlug. Eine Kindergärtnerin, die ein Kind abklären lassen wollte und die Eltern damit derart gegen sich aufbrachte, dass sie am Ende ein Verfahren am Hals hatte und vor der Schulpflege antraben musste. Gerade Eltern können Lehrpersonen heftig zusetzen. Das musste auch Seraina Tobler erfahren. Sie unterrichtet in einem OberstufenSchulhaus im Kanton Aargau. Ihre Schülerinnen und Schüler sind auf Lehrstellensuche, weshalb ihre Bewertungen von Leistungen und Verhalten grosses Gewicht haben. Eine Schülerin war besonders schwierig. Ihre Leistungen waren ungenügend, Vereinbarungen, die zu ihrer Unterstützung getroffen wurden, ignorierte sie. Als Tobler eine Beurteilung zuhanden eines potenziellen Lehrbetriebes abgeben musste, konnte sie diese Informationen nicht unterschlagen. Sie war sich bewusst, dass die Lehrstellensuche für die Jugendliche damit nicht einfach würde, fühlte sich aber verpflichtet, bei allem Wohlwollen an der Wahrheit festzuhalten. Bei der Mutter der Schülerin kam das gar nicht gut an. Sie schimpfte und weinte am Telefon, zudem beschuldigte sie Tobler in einem Mail,

Rütteln am Tabu Fragen wir die Autorin besagter Studie. Katja Iseli ist Psychologin und untersucht das Thema «Gewalt gegen Lehrer» im Rahmen ihrer laufenden Dissertation. Sie ist nicht glücklich darüber, wie die Medien ihre Resultate darstellten, und «Das Klassenzimmer ist für Lehrer quasi ihr Königreich. stellt klar: «Gemäss meiner Studie sind weniger Da darf niemand dreinreden.» als die Hälfte der Lehrer von Gewalt betroffen.» Warum die Berufsverbände bestreiten, dass Gesie würde ihrer Tochter absichtlich Hindernisse in den Weg legen, stellwalt verbreitet vorkomme, erklärt sie so: «Der Anteil an körperlichen te ihre Qualifikation infrage und hielt ihr vor, sie benehme sich wie ein Übergriffen ist tatsächlich minimal. Verbale Attacken hingegen, BeKind, das die Gelegenheit für eine Abrechnung nutze. Tobler verkrafteschimpfungen oder Auslachen einer Lehrerperson, das kommt öfters vor.» te diese Angriffe schlecht. Ihr Körper streikte und sie wurde zwei WoIseli erhob ihre Daten mittels eines Online-Fragebogens, in welchem chen krankgeschrieben. die Lehrer ankreuzten, wie oft sie mit verschiedenen Formen von GeIn dieser Zeit führte die Schulleitung Gespräche mit den Eltern und walt konfrontiert sind. Und dabei gab beinahe jeder Zweite an, mindeandere Lehrer sprangen für Tobler ein. Eine davon war Patrizia Perroni, stens einmal im Monat entsprechende Erfahrungen zu machen. «Das die im selben Schulhaus unterrichtete. Sie sagt: «Die Schulleitung stand sagt noch nichts über die individuelle Belastung eines Lehrers aus. Für zu wenig hinter meiner Kollegin. Ich hatte nicht Eindruck, dass sie wirkmanche kann es dramatisch sein, wenn sie ausgelacht werden, andere lich eine Lösung suchten. Wir geben in diesem Beruf sehr viel Persönlilassen das an sich abprallen.» ches von uns mit ein. Und wenn eine Mutter so einfährt, ist das keine Aufgelaufen ist Iseli vielerorts mit der Bitte um Beteiligung an ihrer sachliche Kritik, sondern es zielt direkt auf dich als Person.» Seraina Untersuchung. «Ich habe alle möglichen Verbände und Schulen angeTobler ergänzt: «Lehrer sind sensible Menschen, das müssen wir auch schrieben. Viele wollten nicht mitmachen.» Keine Zeit, lautete die offisein, damit wir andere wahrnehmen können. Vielleicht hätte ich die Afzielle Begründung meist. Spricht man als Journalist Lehrerinnen und färe besser wegstecken können, wenn ich nicht eine Junglehrerin mit Lehrer auf das Thema an, begegnet einem zunächst ebenfalls Zurückwenig Berufserfahrung wäre. Aber so hat mich dieses Erlebnis erschüthaltung. Man rüttelt an einem Tabu. Viele wollen sich gar nicht äussern, tert. Ich fühlte mich allein, und das tat weh.» Tobler und Perroni haben manche verweisen darauf, sie dürften ohne Rücksprache mit der Schulihre Stellen unterdessen aufgegeben – nicht nur, aber auch wegen dieleitung keine Auskünfte geben. Deshalb tragen alle Lehrerinnen und ses Zwischenfalls. Die Schulleitung bedauerte und nahm die Gründe zur Lehrer in diesem Artikel Pseudonyme. Die meisten Befragten verneinen Kenntnis. Damit hatte es sich. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit zunächst, im Berufsalltag Gewalt zu erleben. Erst auf Nachfrage und mit dem Geschehenen fand nicht statt. Tobler wundert das nicht: «Lehrer Hinweis darauf, dass Gewalt in verschiedenen Formen auftreten könne, schweigen über Mobbing, weil sie es als persönliches Versagen empfinkommen die Geschichten. Manche selbst erlebt, andere vom Hörensaden. Und Schulleitungen haben oft kein Interesse an einer Diskussion. gen: Schüler, die in sozialen Netzwerken lästern oder Videos hochladen, Denn das könnte dem Ruf der Schule schaden, und das will niemand.» die den Lehrer in möglichst unvorteilhaftem Licht zeigen und der LäWer an seine eigene Schulzeit zurückdenkt, erinnert sich vielleicht, cherlichkeit preisgeben. Sekundarschülerinnen, die zur Schulleitung dass Aushilfslehrer besonders beliebte Opfer für vorlaute Schüler wagingen und sich beklagten, ihr Lehrer starre ihnen auf die Brüste. Beren. Xaver Stähli machte lange in verschiedenen Gymnasien Stellvertreweisen liess sich das nicht, doch der Lehrer stand fortan unter Verdacht tungen und kann das bestätigen: «Als Aushilfe hast du immer Clowns, und Beobachtung. Eltern, die zusammenspannen, um einen missliebiSURPRISE 296/13

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BILD: ISTOCKPHOTO

BILD: KEYSTONE PHOTOPRESS-ARCHIV GASSMANN

Früher waren Lehrer Respektspersonen, deren Autorität nicht in Frage gestellt wurde. Heute sind Sie vielfach Ziel von Aggressionen.

die provozieren. Bei mir bot meine Glatze Anlass für dumme Sprüche. derbitzin, dem die Zusammenarbeit mit anderen Lehrern wichtig ist. Es kam auch einmal vor, dass einer ‹Arschloch› flüsterte.» Stähli sagt, als «Wir besuchen uns gegenseitig im Unterricht und geben Feedback. ManAushilfe müsse man sich auf solche Angriffe einstellen. «Du brauchst eine dicke Haut. Ich «Viele Lehrpersonen wollen gegen aussen hin perfekt stand da drüber, denn es ist einfach blöd.» wirken. Doch dieser Anspruch führt zu Überforderung.» Stähli hat die Erfahrung gemacht, dass Lehrer dazu neigen, Schwierigkeiten selber meistern zu wollen. «Die meisten sagen: Ich habe keine Probleme. Das Klassenche haken das als lästige Pflicht ab, ich nehme diese Kooperation aber zimmer ist quasi ihr Königreich. Da darf niemand dreinreden. Umgeernst. Es verlangt anfangs zwar einen Zusatzaufwand, aber es holt dich kehrt können sie sich aber auch keine Schwäche erlauben. Klar könnte aus deiner Isolation.» man zum Rektor gehen, aber Hilfe zu suchen ist nur der letzte Schritt, In einigen Aspekten des Themas «Gewalt gegen Lehrer» ähneln sich wenn es zu einem gravierenden Vorfall gekommen ist.» die Aussagen der für diesen Artikel befragten Lehrpersonen und Fachleute fast bis aufs Wort. Die Befragten sind sich einig, dass Konflikte mit Raus aus der Isolation Schülern und insbesondere Eltern zum Schulalltag gehören. Lehrer sind Das Rollenverständnis sieht auch Konrad Inderbitzin als Hindernis keine absoluten Autoritätspersonen mehr, sondern müssen mit Kritik für einen konstruktiven Umgang mit Gewalt und anderen Problemen. und Angriffen umgehen können. Zu ihrer Unterstützung wurde die Or«Viele Lehrer haben Mühe, Schwächen einzugestehen. Sie empfinden ganisation der Schulen angepasst, Schulleitungen und Teamstrukturen sie als Gefahr, statt sie als Entwicklungspotenzial zu sehen», sagt der Redienen als Auffangnetz bei Schwierigkeiten. Trotzdem bleiben Schwieallehrer aus dem Kanton Zug, der schon fast 20 Jahre auf seinem Beruf rigkeiten im Schulzimmer in vielen Schulhäusern ein Tabu. Noch imarbeitet. Verändern liesse sich diese Haltung, wenn sich Lehrer als Temer sind viele Lehrer Einzelkämpfer, die sich nichts sagen lassen amplayer begreifen würden. Auf struktureller Ebene nimmt die Zuwollen und aus Angst vor einem Gesichtsverlust Mühe haben, Hilfe zu sammenarbeit seit Längerem zu: Schulleitungen, Schul-Sozialarbeiter holen. «Man will sich keine Blösse geben», ist ein wiederkehrender und Heilpädagogen, die beigezogen werden, bilden Netzwerke, die den Satz. einzelnen Lehrer unterstützen. Im Gegenzug nehmen sie ihm aber auch Konrad Inderbitzin findet: «Viele Lehrpersonen wollen gegen aussen ein Stück Selbstbestimmung. «Früher verkörperte ein Lehrer quasi die hin perfekt wirken. Doch dieser Anspruch führt zu Überforderung.» An Schule. Heute mit den Schulleitungen ist das anders. Und ich erlebe es einer schulinternen Veranstaltung ist ihm unlängst ein Satz hängengebei älteren Berufskollegen immer wieder, dass sie sich gegen diesen blieben, der die Herausforderung für Leute in seinem Beruf auf den Punkt Strukturwandel und den Abbau ihrer Autonomie sträuben», erklärt Inbringt: «Wir müssen riskieren, öffentlich unvollkommen zu sein.» ■

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Lehrer unter Druck «Viele holen sich zu spät Hilfe» Anne Studer ist Beraterin bei LEBE, dem Berufsverband Lehrerinnen und Lehrer Bern. Sie erzählt, wie Gewalt und eigene Ansprüche den Lehrpersonen zu schaffen machen.

Welche Art von Gewalt begegnet Ihnen in der Beratung? Das reicht von verbaler bis nonverbaler Gewalt, etwa Grimassen und abwertende Gesten. Am meisten beschäftigt uns jedoch momentan Cybermobbing: Die Schüler lästern im Netz über die Lehrpersonen oder stellen unvorteilhafte Bilder online. Gerade ältere Lehrpersonen fallen aus allen Wolken, weil sie mit etwas konfrontiert werden, was sie in dieser Form nicht kennen und sehr überrascht. Weil sie nicht mit Sozialen Medien vertraut sind oder weil sie den Schülern solche Sache nicht zutrauen? Es geht um die Breitenwirkung. Früher hat man im kleinen Kreis schlecht über jemanden geredet, heute stellt man es gleich online. Damit wird es quasi öffentlich. Lehrpersonen sind ohnehin exponiert, und mit dem Internet nimmt es Formen an, die für die Betroffenen sehr belastend sein können. Sind auch Eltern, die auf Lehrpersonen losgehen, ein Thema in den Beratungen? Ja, das hören wir immer wieder. Druckversuche kommen häufiger vor als früher. Eltern tun sich zusammen, sind generell kritischer geworden oder drohen gleich mit Anwälten. Ich möchte aber betonen: Das sind Einzelne, die grosse Mehrheit der Eltern ist vernünftig und gesprächsbereit. Macht es für Lehrpersonen einen Unterschied, ob sie von Schülern oder Eltern angegriffen werden? Ich habe den Eindruck, Angriffe durch Eltern stressen mehr. Bei den Schülern haben sie eher eine Sicherheit, weil sie in einer Autoritätsposition sind und weniger Hemmungen haben, die Schulleitung einzuschalten. Können Sie abschätzen, wie viele Lehrpersonen betroffen sind? Zahlen kenne ich keine. Was ich weiss: Von unseren Beratungen betreffen etwa 20 Prozent SURPRISE 296/13

Gewalt und Druckversuche. Leider nimmt dieses Phänomen zu. Das hängt mit der gesellschaftlichen Entwicklung zusammen. Früher war der Lehrer eine geachtete Autoritätsperson. Das ist ein Stück weit verloren gegangen, und darum steigt auch die Tendenz, diesen Leuten respektlos entgegenzutreten.

BILD: ZVG

VON RETO ASCHWANDEN

Sind bestimmte Lehrpersonen anfälliger als andere? Schwierig wird es oft dort, wo es um Selektionen geht, etwa den Übertritt in die Oberstufe und bei der Lehrstellensuche. Generell sind Lehrkräfte in der Oberstufe stärker betroffen von Gewalt und schwierigem Verhalten von Schülern und Eltern. Zu Ihnen kommen auch Lehrpersonen mit Konflikten untereinander … … oder mit Schulleitungen. Das ist wie überall, wo Leute zusammenarbeiten: Es gibt Konflikte. Und seit ein paar Jahren haben wir die geleiteten Schulen. Das erfordert von den Lehrern eine Umstellung, denn früher war

«Das Eingeständnis, dass man Hilfe braucht, bedeutet für viele ein persönliches Versagen.» man in diesem Beruf sehr eigenständig. Das Umdenken findet nicht so schnell statt. Stimmt es, dass vor allem ältere, langjährige Lehrer damit Mühe haben? Das kann ich bestätigen. Jüngere, die ihre Ausbildung an den Pädagogischen Hochschulen abgeschlossen haben, haben gelernt, dass es Schulleitungen gibt und welche Kompetenzen die haben. Für «ältere Semester» kann das schwieriger sein. Im Hinblick auf Cybermobbing gegen Lehrpersonen sagten Sie im «Bund»: «Es gibt eine hohe Dunkelziffer. Viele Lehrpersonen getrauen sich nicht, über solche Ereignisse zu sprechen.» Warum ist das so? Viele Lehrerinnen und Lehrer haben sehr hohe Ansprüche an sich. Das Eingeständnis,

dass man mit einer Klasse, einem Schüler oder Eltern Probleme hat und Hilfe braucht, bedeutet für viele ein persönliches Versagen. Und darum ist die Inanspruchnahme von Hilfe tabu? Tatsache ist, dass viele Lehrpersonen spät Hilfe holen. Doch dafür sind Schulleitungen und die ganzen Fachstellen da. Man soll und darf diese Unterstützung annehmen. Sie müssen den Lehrern gut zureden. Gut zureden reicht nicht. Wir hören zu, analysieren, suchen gemeinsam Lösungswege, und dies alles unter dem Ansatz der Hilfe zur Selbsthilfe. Ich sage den Leuten: «Sprecht Probleme an und holt euch früh genug Unterstützung.» ■

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Radio Die Stimme der Irren Vor 20 Jahren begann in Buenos Aires die Erfolgsgeschichte von La Colifata – ein Radio, das von psychisch Kranken in einer Klinik betrieben wird. Manu Chao freundete sich mit den Colifatos an und produzierte mehrere Alben mit ihnen, der Sender ist in Argentinien mittlerweile Kult. Nun macht die Idee in Europa Schule.

VON CLÉMENCE LAMBARD

wird klar, dass diejenigen hinter den Mikrofonen keine Tiere, sondern Menschen sind.» 1991 vom Psychologen Alfredo Olivera gegründet, gibt La Colifata denen eine Stimme zurück, die keine mehr haben. «Wir wollten ein Therapieprojekt für die Patienten der Klinik ins Leben rufen», erinnert sich Dr. Olivera. «Wir haben einen Freiraum für isolierte, an den Rand gedrängte Menschen geschaffen.» Die Moderatoren der aussergewöhnlichen Radiostation nennen sich Colifatos, nach einem argentinischen Slang-Wort, das so etwas wie «liebenswürdige Irre» bedeutet. Sie leiden oder litten alle unter psychischen Krankheiten. La Colifata musste sich in seinen Anfängen ohne staatliche Förderung oder Unterstützung von Institutionen durchschlagen. Auch an Equipment fehlte es: Das Pionierexperiment eroberte mittels einer kleinen Antenne, die im Klinikhof platziert war, den Äther. Heute schalten mehr als zehn Millionen Argentinier regelmässig ein, auf Facebook hat das Radio mittlerweile über 150 000 Likes. Rund einhundert ähnliche Projekte wurden auf der ganzen Welt seither ins Leben gerufen, sodass

Nachdem er sich durch ein paar Strassen des Quartiers Barracas in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires geschlängelt hatte, warnte mich der Fahrer davor, mich länger hier aufzuhalten: Es sei eine gefährliche Gegend. Als Erstes fällt dem Besucher die Form des Gebäudes in der Ramón-Carrillo-Strasse 375 auf. Die Borda-Klinik ist nicht nur sehr gross, sondern auch völlig quadratisch. Einige Meter vom Eingang entfernt liegt ein Mann auf dem Boden, doch das scheint niemanden zu kümmern. Wo es Türen gibt, sind sie offen. Jedes zweite Fenster ist entweder kaputt oder fehlt, es gibt keine Heizung und kein Gas. In den Gängen hängt eine tödliche Stille. Wenn man einmal flüchtig Gesichter zu sehen bekommt, sind sie leer und geisterhaft. Als wir links um das Gebäude herumgehen und auf den Hinterhof zulaufen, können wir zum ersten Mal Stimmen vernehmen. Viele Menschen laufen um einen bunten Schuppen herum. Es ist Samstag, 14.30 Uhr. Es sind nur noch wenige Minuten, bis Radio Colifata auf Sendung geht. Einige sind noch damit beschäftigt, eine alte Trage und eine Kreideta«Jeden Samstag geschieht ein kleines Wunder. Es wird fel aus dem Schuppen zu holen, die Trage klar, dass diejenigen hinter den Mikrofonen keine Tiere dient als Aufnahmetisch, die Tafel zur Koordisind, sondern Menschen.» nation der Beiträge. Ein paar andere klappen Holzstühle auf. Ein Halbkreis aus Stühlen erein richtiges Netzwerk entstanden ist. «Der Erfolg hat unsere kühnsten möglicht es jedem, der möchte, an der Aufzeichnung teilzunehmen. Erwartungen übertroffen», meint Eduardo, einer der bekanntesten Co«Wir sind vielleicht verrückt, aber wir werden Sie nicht fressen», berulifatos. higt mich Jagger, einer der Moderatoren. «Jeder ist willkommen.» Auf dem Weg zum Erfolg konnte La Colifata auf einen ebenso beDann steht einer auf und ergreift das Mikrofon. Mit dem Anorak über rühmten wie treuen Kumpanen zählen: «Manu Chao verlässt uns nie», seinen Schultern, über die Ohren gezogener Kapuze und fest aufgesetzheisst es vonseiten der Colifatos, «er kommt immer wieder.» Tatsächlich ten Kopfhörern schliesst er die Augen und konzentriert sich. Auf einmal, hat man hier aufgehört, die Besuche des Sängers und Globetrotters zu während verschiedene Gespräche noch im Hof mit seinen krank aussezählen. Während seiner Aufenthalte bei den Colifatos entstanden immer henden Bäumen widerhallen, beginnt er zu sprechen: Er erzählt von Erwieder gemeinsame Projekte. In seinem dritten Album «La Radiolina» innerungen an Bolivien, an seine Kindheit, an seine Mutter. Er möchte («Das kleine Radio») von 2007 baute Manu Chao in mehreren Songs seine Geschichte erzählen, alles. Nun herrscht Stille im Hof. Ausschnitte von La Colifata-Sendungen ein. Das Album wurde ein Welterfolg und die Welt schloss die ungewöhnliche Gruppe von RadiomodeDie kleine Antenne im Klinikhof ratoren in ihr Herz. «Ich entdeckte La Colifata in Barcelona vor ein paar Für ein paar Stunden gibt Radio Colifata den Insassen der grössten Jahren», erinnert sich der Musiker. «Mein argentinischer Freund und psychiatrischen Klinik von Buenos Aires ein Stück Leben, einen Sinn, Nachbar Carlos Larrondo folgte ihnen mit seiner Kamera von Anfang ihre Menschlichkeit und Würde zurück. «Unter der Woche ist diese Klian. Er war mitten beim Dreh eines Dokumentarfilms über sie. Zusamnik wie ein Friedhof», sagt Julio, ehemaliger Colifato. «Das Radio ist ihr men verbrachten wir eine Nacht nach der anderen damit, uns die Bilder Leben. Das ist das einzige Mal, dass sie Leute von aussen treffen, dass all dieser Momente im Leben der Colifatos anzusehen. So habe ich fast sie mit der Welt kommunizieren können und dass ihre Stimme etwas alle von ihnen kennengelernt, über ihr Foto.» zählt.» Er fährt fort: «Jeden Samstag geschieht ein kleines Wunder: Es

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Manu Chao (Mitte) ist oft bei den Colifatos zu Besuch.

2009 veröffentlichte Manu Chao ein erstes Album aus dem Projekt «Viva La Colifata» (Gratis-Download auf www.vivalacolifata.org), in welchem er von Colifatos vorgetragene Texte und Textfetzen mit Musik unterlegt – oder umgekehrt. Die Radiomacher singen und erzählen Dinge wie «Ich war schon immer verrückt», «Wir Verrückten sind gar nicht so verrückt» oder auch «Heute Nacht ist die Nacht der Nächte». Das Projekt läuft weiter: «Es wird natürlich Fortsetzungen geben», so Manu Chao, «denn viele von ihnen haben weiter Lust darauf, Wörter, Sätze, Gedichte und Geschichten über Musik zu sprechen.» Am Mikrofon: Jagger, Edu, Julio An diesem Samstag gehen bei La Colifata in schneller Abfolge viele verschiedene Geschichten über den Äther. Jagger, Edu, Julio und die anderen nehmen ihre Aufgabe sehr ernst. Einer nach dem anderen wechseln sie sich am Mikrofon ab, um einen Gast vorzustellen, etwas zu diskutieren, zu singen oder eine weitere Geschichte zu erzählen. So SURPRISE 296/13

entstehen Mini-Sendungen von jeweils mehreren Minuten, die über Radiowellen und das Internet verbreitet werden. «La Colifata bedeutet für sie alles», sagt Julio, der früher selbst Patient war. «Es ist der einzige Moment in der Woche, in dem sie Menschen von aussen treffen und in dem ihre Stimme etwas zählt.» Heute wird La Colifata in Argentinien als eigenständiger Bestandteil der Medienlandschaft gesehen. Die Moderatoren erhalten eine Pressebeglaubigung und werden von der Industrie, von Künstlern und sogar von Politikern ernst genommen. Die Zuhörer kennen sie dem Vornamen nach, im Internet sind einige von ihnen sogar berühmt geworden. Die Rückmeldungen, die an diesem Nachmittag eingehen, sprechen für sich. «Ich höre Ihnen jeden Samstag zu und ich fühle, dass ich mich mit einigen von Ihnen identifizieren kann», «Die heutige Sendung war unglaublich. Ich höre aus Santiago de Chile zu» oder «Grosse Geister denken gleich! Wir werden dafür kämpfen weiterzumachen. Danke, dass Sie dies mit der ganzen Welt teilen.»

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«Wir sind vielleicht verrückt, aber wir werden Sie nicht fressen», sagt Colifata-Moderator Jagger.

Radio Colifata ist nicht nur eine Medienerfolgsgeschichte, sondern hat auch einen therapeutischen Effekt. Alfredo Olivera erklärt, dass die Radiostation die Schwere und Häufigkeit von Krisen, Angstzuständen und Gefühlen des Verlassenseins bei seinen Machern verringert hat. Sie kann Patienten auch aktiv dabei unterstützen, wieder in der breiten Massengesellschaft zu funktionieren – in Barcelona wurde das Sendestudio von Radio Nikosia, 2003 gegründet, deshalb bewusst auf der Plaza Real aufgestellt, mitten im Zentrum, «weit weg von Kliniken und Krankenhäusern», wie Koordinator Martin Correa-Urquiza betont. Revolution der Psychiatrie Das Projekt La Colifata ist eine Revolution auf dem Gebiet der Psychiatrie und eine Erfolgsgeschichte. Doch es hat auch mit finanziellen Problemen zu kämpfen. So geriet die kleine Radiostation in Buenos Aires im Jahr 2011 in ihre bisher schlimmste finanzielle Krise, weil Fördermittel ausblieben. «Wir machen für all die Colifatos weiter», meint ein freiwilliger Radiomitarbeiter zwischen zwei Sendeterminen kämpferisch. «Die Menschen, die es geschafft haben, sich ausserhalb dieser Wände eine Existenz aufzubauen, sind Beweis genug dafür, dass es sich lohnt zu kämpfen. Dank ihnen kommen wir jede Woche wieder.» In Buenos Aires ist die Sonne fast untergegangen, im Herzen der Borda-Klinik ist auch die heutige Sendung zu Ende, die Colifatos sind wieder verstummt. Einige verlängern den Moment noch ein wenig, sie bringen die Kreidetafel sowie die Trage, die als Aufnahmetisch gedient hat, in den Schuppen zurück. Andere sind bereits auf ihre Zimmer zurückgegangen. Eine Woche werden sie sich gedulden müssen, dann werden sie wieder von sich hören lassen. ■

SRF sendet aus der Klinik Waldhaus In Europa gibt es Radiostationen nach dem Vorbild von La Colifata in Frankreich, Portugal, Spanien, Polen, Grossbritannien, Italien und Schweden. Für den Austausch und zur gegenseitigen Unterstützung riefen sie 2011 die gemeinsame Plattform SoVo (Sounds and Voices) ins Leben. Im deutschsprachigen Raum gibt es bis jetzt kein derartiges Radioprojekt. Daniel Bielinski, Vize-Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, sagt, dass chronisch psychisch kranke Menschen in der Schweiz heute nicht mehr in Kliniken untergebracht seien, sondern in Heimen und anderen Wohngelegenheiten, wo sie mehr Lebensqualität hätten – und das Problem der Isolation dort weniger akut sei. Im therapeutischen Bereich wären Radiosendungen aber eine interessante Alternative zu den bereits bestehenden Film- und Theaterprojekten. Einen ersten Schritt in diese Richtung wird das Schweizer Radio im April machen: In der Woche vom 15. bis 19. April wird Radio SRF 3 jeweils von 14 bis 16 Uhr nach dem Vorbild von La Colifata aus der psychiatrischen Klinik Waldhaus in Chur senden. Die Gesundheitssendung Puls von Fernsehen SRF 1 wird am 15. April ebenfalls darüber berichten. (fer)

Um in die Radioprojekte reinzuhören und für mehr Informationen siehe: soundsandvoices.org (Englisch) www.vivalacolifata.org (Spanisch) www.lacolifata.org (Spanisch)

Übersetzung: Julie Mildschlag

www.radionikosia.org (Spanisch)

www.street-papers.org/Macadam – France

www.radiocitron.com (Französisch)

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Sehbehindert Kleine, bunte Welt Janka Steiner sieht seit ihrer Kindheit nur noch etwas Licht und Schatten. Sie nimmt einen Journalisten mit auf ihren Weg durch Z체rich: Ein Spaziergang. Erz채hlt aus zwei Sichten.

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VON ADRIAN SOLLER (TEXT) UND LUC-FRANÇOIS GEORGI (BILDER)

Ein Rollkoffer scheppert. Stöckelschuhe. Die Dame auf der anderen Strassenseite ist losgelaufen, andere folgen ihr. Wahrscheinlich steht die Ampel auf Grün. Sehen tue ich das nicht, denn ich bin fast blind. Drei Prozent sehe ich noch mit dem rechten Auge, erkenne manchmal Umrisse. Der Journalist von Surprise, der mit mir einen Kaffee trinken will, ist kaum grösser als ich. Das sehe ich. Janka Steiner eilt mir einen Schritt voraus. Django, ihr Hund, muss mal. Die beiden gehen, als ob sie einer gespannten Schnur folgten, kein Fehltritt, keine Unsicherheit. Ich möchte mit Janka via Bahnhofsunterführung zur Bahnhofstrasse und dann weiter in die Altstadt gehen, um dort mit ihr einen Kaffee zu trinken. Ich will verstehen – wenigstens ein bisschen –, was es heisst, blind zu sein. Neben uns fährt eine Tram. «Eine Cobra.» «Eine was?» «Eine Cobra – das Tram mit ebenerdigem Einstieg.» «Du hörst einen Unterschied zum anderen Tram, Janka?» «Eine Cobra klingt leiser.» Drei, vier Meter Abstand zum Tram, schätze ich. Wir gehen ziemlich in der Mitte des Gehsteigs. Geräusche helfen mir bei der Orientierung. Und das fast schon mein ganzes Leben lang. Schon früh begannen meine Augen nachzulassen. Sieben war ich erst, als mein Augenlicht fast ganz verschwand. Es sei so, wie von der falschen Seite durch einen Feldstecher zu gucken, erklärte ich damals meiner Mama. Mit der Sehkraft schwanden auch meine Erinnerungen. Strenge ich mich auch noch so an, vom Kindergarten weiss ich heute nichts mehr. Ich kann mich nur an Dinge nach meinem siebten Geburtstag erinnern. Meine Zeit als Sehende ist vergessen, wie abgeschnitten. «Scala.» Django, der auf italienische Befehle reagiert, geht zur Treppe der Bahnhofsunterführung, bleibt stehen, eine Sekunde nur, dann verschwindet er mit Janka im Bauch des Bahnhofes. Ich folge den beiden. Eine Frau kommt mir entgegen. Ihr roter Schal flattert im Wind. Donnerstagabend, kurz vor fünf, unten schieben sich die Massen durch den schmalen, langen Gang. Eine junge Frau, Leggins, grüne Handtasche, eilt aus dem Orell Füssli. Ein älterer Mann mit Vollbart kommt uns entgegen. Zwei Teenager mit je einem iPhone. Eine Frau, Gehstock. Ein Mann. Eine Frau. Ein Mann. Eine Frau. Django führt Janka sicher durch die Menschenmassen. Er zieht seine Kurven so lang, bis sie fast keine mehr sind. Ich spüre den Gegenwind der Passanten, höre ihre Schritte. Den schwarz-weissen Boden kann ich sehen, denn starke Kontraste sehe ich. Sie machen mir das Leben oft schwer. Der Boden lenkt mich ab. Obwohl ich mich hier gut auskenne, verlaufe ich mich manchmal. Es ist schwierig für mich, Distanzen abzuschätzen. Für mich zählt vor allem, was um mich herum geschieht. Ich erkenne Kirchenmauern besser als Kirchen. Gäbe es in Paris keinen Souvenirshop mit Mini-Eiffeltürmchen, wüsste ich nicht, wie der Eiffelturm aussieht. Stelle ich mir vor, wie die Bahnhofsunterführung als Ganzes aussieht, habe ich ein Bild im Kopf. Doch dieses Bild ist wohl eher zweidimensional. An einem Windstoss erkennt Janka, dass wir am Ende der Unterführung angekommen sind. Diesmal gehe ich vor. Janka und Django benutzen immer die Treppe, nie die Rolltreppe. Und was Janka nicht sieht: Eine ältere Frau nickt ihr freundlich zu. Manchmal, wird mir Janka später erzählen, erhalte sie zu viel Aufmerksamkeit. Kaum eine Busfahrt, ohne dass sie über Django sprechen soll. Janka redet gerne mit Leuten, ist meistens aufgestellt – aber immer will sie auch nicht mit jedem sprechen müssen. Oben scheucht der Wind ein paar einsame Schneeflocken durch die Luft. Wo der Himmel anfängt und die Häuser aufhören, ver-

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mag ich kaum mehr zu erkennen. Alles ist grau, selbst die Kleidung der meisten Passanten. Wie das blendet. Hell ist es hier draussen. Ein altes Tram verringert sein Tempo neben uns. Eine Haltestelle. Jemand raschelt mit der Papiertüte. Hinter uns schreit ein Kind. Eine Baustelle. Gutes Parfüm. «Riechst du die Marroni?» Ich rieche die Marroni erst, als wir schon fast am Stand vorüber sind. Wir überqueren die Bahnhofstrasse und gehen in die Altstadt. Janka fühlt offenbar die Pflastersteine unter ihren Füssen und erzählt mir, dass der Winter für sie eine besonders schwierige Zeit sei. Schnee und Eis auf den Gehsteigen erkenne sie oft zu spät. Viermal sei sie schon hingefallen diesen Winter. Dann wird sie kurz still. Sie hört, wie die Gassen enger werden – und wie ein Brunnen plätschert. An Brunnen kann sich Janka gut orientieren. Mein Gehör ist wohl eher zweidimensional. Neben dem Brunnen steht eine Bank. Eine rote Bank. Gehe ich nahe ran, kann ich die Farbe erkennen. Die Farbe merke ich mir aber kaum. Denn Farben spielen in meinem Leben keine grosse Rolle. Ausser vielleicht, wenn ich am Abend auf der Forchbahnbrücke stehe und die Dämmerung beobachte. Ich mag die weichen Lichter, die mich nicht blenden. «Janka, was macht einen romantischen Ort aus für dich?» «Ein romantischer Ort ist ein ruhiger Ort.» Während mir das Hören vor allem Sicherheit gibt, sind Tasten und Riechen eher für Gefühle zuständig. Mit einem hübschen Mann bin ich gerne an einem ruhigen Ort. Hübsch ist für mich, wer eine schöne Stimme hat und wer sich gut anfühlt. Ich mag weiche Haut. Haare am Körper

«Hübsch ist für mich, wer eine schöne Stimme hat und wer sich gut anfühlt. Ich mag weiche Haut.» Janka Steiner

mag ich gar nicht. Klar ist es mir auch wichtig, dass ein Mann optisch zu mir passt. Laufe ich mit einem Mann durch die Strassen, sollen wir zusammenpassen. Im Moment bin ich Single. In meinem Leben hatte ich acht Beziehungen, sechs davon mit blinden oder sehbehinderten Männern. Das ist einfacher. In einer Beziehung mit einem Sehenden geht meist er einkaufen. Ihm fällt das leichter. Doch ich will das nicht. Ich will unabhängig sein. «Sind wir an der Limmat?» «Ja. Wieso weisst du das?» «Die Möwen.» Erst jetzt erkenne ich die Möwen. Jankas bunte Klangwelt verblüfft mich zuweilen. Wir betreten ein Lokal an der Limmat. Ein kleiner Raum, hohe Decke. Auf den Tischen stehen Kerzen. Die vielen Schnapsflaschen funkeln verheissungsvoll hinterm Tresen. Wir setzen uns an einen Bartisch am Fenster. Django nimmt unter dem Tisch Platz, just auf einem Schlitz, durch den die warme Heizungsluft in den Raum strömt. Draussen fährt ein gelber Sportwagen vor. «Ein Motorrad?» «Ein Ferrari.» Janka erzählt von jenem schönen Moment in ihrem Leben, als sie selber Autofahren konnte. Mit anderen Blinden durfte sie in Begleitung eines Fahrlehrers auf einem Rollfeld rumkurven. Autofahren kann sie sonst nur in ihren Träumen. Denn wenn Janka träumt, sieht sie. Die rund zehn Gäste verteilen sich auf wenige Tische. Ein Kellner im Anzug SURPRISE 296/13


kommt und nimmt unsere Bestellung auf. Eine Cola für Janka, ein Kaffee für mich. Janka fährt mit der Hand über den Tisch. Granit. Ich mag das Material nicht. Fällt ein Glas um, geht es kaputt. Auch so enge Räume mag ich nicht. Als ich reinkam, blieb ich irgendwo mit meinem Rucksack hängen. Ein Klirren blieb zum Glück aus. Das ging schnell. Ich höre, wie der Kellner meine Cola einschenkt. Und wegen der weissen Untersetzer sehe ich sogar, wo er die Flasche hinstellt. Hier steht noch etwas. Eine Kerze. Und: eine Blume. Eine Orchidee. Nachdem sich der Kellner mit einem Lächeln entfernt hat, schenkt sich Janka nach. Während sie die Flasche vorsichtig nach vorne kippt, legt sie Daumen und kleinen Finger auf den Glasrand. Sie trägt ein Heftpflaster, weil sie sich an einem Couvert geschnitten hat. Die Türe geht auf. Drei Personen betreten den Raum und bringen kalte Luft von draussen mit. Eine Dame, kurze dunkle Haare, vielleicht 175 Zentimeter gross, zieht ihren Mantel aus und setzt sich ins Zentrum des Raumes. Sie beginnt von ihrem Skiurlaub zu erzählen. Die Stimme dieser Dame hinter mir gefällt mir nicht besonders. Ich stelle mir sie relativ klein vor und mit Kurzhaarschnitt. Lerne ich jemanden kennen, sind mir Stimmen wichtig. Die Stimmlage und -farbe entscheiden oft darüber, ob mir Menschen sympathisch sind – oder nicht. An der Stimme erkenne ich auch meist, wie ernst es die Leute meinen. Ich täusche mich selten in Menschen. Die Stimmen kann man nur schlecht verstellen. Blinde hören genau hin. Sehende lassen sich eher vom optischen Eindruck täuschen. Ich glaube, dass Sehende oberflächlicher sind. Draussen hat sich der Himmel nachtblau gefärbt. Wir bezahlen die Rechnung und verlassen das Lokal. Am Bahnhof verabschiedet sich Janka und verschwindet mit Django im Dunkel der Nacht. Ich bleibe alleine zurück und frage mich, was Janka auf ihrem Heimweg wohl hören, was sie fühlen – und was sie vor ihrem inneren Auge sehen wird. Ich beginne zu verstehen, dass ich nicht verstehen kann. ■ SURPRISE 296/13

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Fremd für Deutschsprachige Der Garten Beiuns Spitzhacken machen mich traurig. Es besteht kein Zweifel mehr daran. Ich sehe die kantigen, soliden Metallhörner, und ihre starrsinnige Leistungsbereitschaft löst sofort Beklemmung aus. Und das ist schlimm, wo doch eine der lobenswertesten Eigenschaften der Spitzhacke darin besteht, keine Sinnfragen aufzuwerfen: Es ist halt eins der Geräte, mit denen Menschen vom Land an milden Frühlingstagen in der Erde herumhacken. Offen gesagt sind es nicht nur die Spitzhacken, die mir Kummer bereiten. Überhaupt Gartenwerkzeuge! Doch warum die Beelendung? In früheren Jahren tappte ich da ziemlich im Dunkeln. Auch tauchte das miese kleine Gefühl seltener auf, blieb nur kurz, stiftete Unruhe und verschwand dann wieder, lediglich eine Spur Wut zurücklassend.

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Aber nun ist es dingfest gemacht; seit dem letzten Urlaub am Ort, der von allen «bei uns» genannt wird. Bereits beim Beladen des Autos kündigte es sich an. Wenngleich es seinen Anfang schon am Samstag davor im Do it! genommen hatte, wo mein Vater zwei Spitzhacken kaufte. Vor der Abfahrt nun, als mein Bruder und ich mit den Koffern in die Garage kamen, sahen wir gerade noch, wie der Vater Spitzhackenkopf Nummer zwei zwischen einer Kü hlbox und der neuen Vögele-Winterjacke für Grossvater verschwinden liess. Mein Bruder wandte ein, er habe das Ding doch für den Garten gekauft. Der Vater: Es ist ja auch für den Garten – den Garten bei uns. Der Bruder wieder: Das ist sinnlos, wozu braucht einer im Urlaub eine Spitzhacke? Doch hinter seinem Unverständnis stand nur Unwille. Wir wissen beide ganz genau: Das ist kein Urlaub für den Vater; das ist sein hochkomprimiertes, auf drei Wochen zusammengepresstes Zweitleben. Vielleicht gar sein wahres Leben. Dort kennt er jeden, wird auf der Strasse gegrüsst, ist der Sohn von Remzi und kein Usllander, hat ein Haus und kann von fern auf den Wald zeigen, in dem er einst als Junge einem Wolf entkommen war. Mein Bruder jedoch, ebenfalls heimgesucht vom Gartengeräte-Unbehagen, spürt, dass das Schweizleben nicht gegen Vaters «Beiuns» ankommt und greift trotzig an.

Der Vater, selbst nicht ohne Trotz, fährt fort, Gepäckstücke zu stapeln, und der alte Opel knarrt unter der Last. Nachdem er den Kofferraum mit Anlauf zubekommen hat, fügt er hinzu: Ausserdem tragt ihr die Hacke ja nicht auf der Schulter. Aber wir trugen sie doch, für ihn kaum sichtbar, im Hals. Sie war darin stecken geblieben, und wir würden sie entweder runterschlucken oder rauswürgen müssen. Im Lauf der Fahrt arbeitete die anwachsende Vorfreude an dem festhängenden Werkzeug und zerkleinerte dieses, doch bevor es ganz weg war, brachte der Vater es wieder hervor. Er legte es am Tag nach der Ankunft sorgsam zu der Schaufel, dem Spaten, den Gummistiefeln und dem Spachtel in einem der leeren Zimmer des Hauses. Alles unbenutzt saubere, glatte Objekte, deren Zweck nicht im Gartenbau zu suchen war, wie mir dämmerte. Sondern im Kult: Sie beschworen den Garten Beiuns. Das ist kein gewöhnlicher Garten. Es ist ein paradiesisch zukünftiger Ort, der einen jung und unverwundbar macht. Ein Garten Eden, in dem Wünsche und Hoffnungen gedeihen. Ein Garten jedenfalls, in dem mein Vater eine Spitzhacke von Schweizer Qualität benötigt. SHPRESA JASHARI (SHPRESAJASHARI@HOTMAIL.COM) ILLUSTRATION: RAHEL NICOLE EISENRING (RAHELEISENRING.CH) SURPRISE 296/13


Film Schikanen made in China Das Filmpodium Zürich zeigt Independent-Filme aus China und betritt damit ein spezielles Terrain: In ihrem Herkunftsland bekommt diese Werke kaum jemand zu sehen.

In der Vorbereitung der Filmreihe China Independent sind einige DVDs aus dem Reich der Mitte zerbrochen in Zürich angekommen. Erst als der Produzent sich die Mühe machte, sie von Hongkong aus abzuschicken, kam das Material heil an. Ob es sich um unsachgemässe Behandlung auf einer langen Reise oder um mutwillige Beschädigung handelte, ist unklar. Klar ist aber, dass unabhängigen Filmschaffenden in China Steine in den Weg gelegt werden. In China unabhängige Filme zu machen, ist etwas anderes als im Westen: Der chinesische IndependentFilm hat die Besonderheit, dass er nicht durch das Zensursystem geht. Doch wenn er nicht den Stempel der Zensur trägt, darf er offiziell nicht gezeigt werden. Die einzigen Orte der Vorführung von Independent-Filmen sind Festivals. Sie finden unter anderem im universitären Rahmen statt, in einer Grauzone, in der mehr gewagt werden darf als im kommerziellen öffentlichen Raum. Sie werden zwar mehr oder weniger geduldet, aber scharf beobachtet, und sie unterliegen einer grotesken Art von Willkür. Katharina Schneider-Roos hat jahrelang in China gelebt und gearbeitet und drehte den Film «My Camera Doesn’t Lie» über chinesische Filmschaffende. Sie sagt: «Es passiert immer wieder mal, dass ein Festival läuft, und plötzlich wird dem Studentenclub, der es veranstaltet, gesagt: Der Saal ist jetzt nicht mehr zu haben.» Zhu Rikun, Kurator und Leiter des Fanhall Center for ARTs in Peking, hat jahrelang zwei namhafte Festivals geleitet. Zu Gast waren jeweils auch Polizisten in Zivil. Die Formen der Einschüchterung sind vielfältig: Stromunterbrüche gehören dazu, und oft wird Druck auf die Programmgestaltung ausgeübt. «Ich habe 2011 aufgehört Festivals zu organisieren, als ich sagen musste: Ich kann sie nicht mehr frei gestalten», schreibt Zhu Rikun per E-Mail. «Ich würde nie in einem zensurierten Rahmen arbeiten. Um in China ein Filmfestival zu organisieren, musst du deine Filmauswahl verteidigen, und du brauchst Leute, die dich unterstützen. Aber die Leute sind vorsichtiger geworden denn je. Und sie sind der Meinung, ich sei in Sachen Meinungsäusserung eine sehr gefährliche Person.» Unabhängige Filme sind oft gesellschaftskritisch. Sie thematisieren das Verschwinden von bestimmten Lebensformen und Religionen, sie zeigen Landarbeiter, die in die Stadt kommen, und verhandeln Werteverluste oder etwa die Rolle der Frau. Das ist politisch. Und zwar allein dadurch, dass sie die Realität dokumentieren. Xu Xins «Karamay», den Zhu Rikun produziert hat, zeigt sechs lange Stunden Interviews mit Hinterbliebenen eines Brandes einer Festhalle, der sich offiziell nie ereignet hat: 323 Menschen waren umgekommen, 288 davon waren Kinder. Alle Behördenvertreter, die anwesend waren, überlebten. Die Berichterstattung unterliegt offiziell der Zensur, den Familien ist es nicht gestattet, öffentlich um ihre Kinder zu trauern. SURPRISE 296/13

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VON DIANA FREI

«Piercing I» zeigt ein China, das von den Behörden verleugnet wird.

Gerade solche Langzeitstudien entstehen mit dem politischen Anspruch, die Zustände möglichst real darzustellen. «Nicht nur die unabhängigen Filme, sondern den grössten Teil der Wahrheit bekommt man in China nicht leicht zu Gesicht», sagt Zhu Rikun. «Die Filme helfen den Leuten, die Gesellschaft zu verstehen und die Wahrheit zu sehen.» Es gibt aber auch Filme, die nicht direkte politische Kritik sind, sondern die sozialen Zustände in China skizzieren, indem sie Themen wie Korruption, Gewalt, Diskriminierung in Geschichten verpacken. «Piercing I» ist ein Animationsfilm, der in kunstvollen Bildern die Geschichte eines jungen Chinesen erzählt, der irrtümlich eines Verbrechens beschuldigt wird und seine Arbeit verliert. Auch der international bekannte Künstler Ai Weiwei ist ein fleissiger Filmer, immer mit der Kamera in der Hand. In «Disturbing the Peace» und «So Sorry» schlägt sich Ai Weiwei auf die Seite eines Mannes, der nachweisen wollte, dass die Erdbebenopfer von Sichuan 2008 vor allem der korruptionsbedingt schlechten Bauweise geschuldet sind. Absurde Begegnungen mit Behördenvertretern sind zu sehen, sie selber wie Ai ständig filmend. Es ist ein Kampf mit Filmmaterial, das gesammelt wird: auf der einen Seite die Kamera als Schutzschild, auf der anderen Seite als Instrument der Einschüchterung. ■ «China Independent», Filmpodium Zürich, noch bis Ende März. Zu Gast: Zhu Rikun im Gespräch mit Katharina Schneider-Roos, Sa. 16. März, 18.15 Uhr. www.filmpodium.ch

Ai Weiweis Filme «Disturbing the Peace» und «So Sorry» sind auch auf YouTube zu sehen: http://www.youtube.com/playlist?list=PL78CA16D28C0F5DFF

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Kultur

Vielschichtige Antworten auf unergründliche Fragen zur Kunst.

Diese Schauspieler haben der Berlinale buchstäblich den Hintern gezeigt.

Buch Alles oder nichts

DVD Papas Staatskino ist tot!

27 Fragen von Jugendlichen und 27 Antworten von Expertinnen und Experten laden anregend und kurzweilig zur Auseinandersetzung mit Kunst ein.

An der Berlinale 2012 hat Klaus Lemke mit den Protagonisten seines neusten Filmes «Berlin für Helden» die Aktion «Toter Teppich – Occupy Berlinale» durchgezogen und damit gegen das Festival gemeckert. Lemke hat sich schon immer einiges getraut.

VON CHRISTOPHER ZIMMER VON PATRICK BÜHLER

«Kunst? – Puuuh! Ich glaube, wenn man wüsste, was das ist, dann brauchte man gar keine zu machen.» – Der Künstler John Armleder bringt es auf den Punkt: Es gibt nicht nur keine allgemeingültige und einzig richtige Antwort auf die Frage «Was ist Kunst?», sondern es wäre gar das Ende aller Kunst, wenn diese sich eindeutig definieren liesse. Denn gerade die Unmöglichkeit, sie zu definieren, ist eine ihrer grössten Stärken. Trotzdem lohnt es sich, diese Frage zu stellen, denn erstens ist sie unvermeidlich und zweitens eine willkommene Anregung, sich mit Kunst auseinanderzusetzen. Das hat sich wohl auch das Kunstvermittlungs-Team der Fondation Beyeler in Riehen gedacht und gemeinsam mit Jugendlichen Fragen rund um Kunst gesammelt. Aus über 150 wurden 27 ausgewählt und in einem Buch versammelt: ernsthafte, provokative, amüsante und tiefgründige. So wird etwa gefragt: Wie betrachtet man Kunst? Kann man von Kunst leben? Kann jeder ein Künstler sein? Oder auch: Mochte Andy Warhol gerne Tomatensuppe? Beantwortet werden diese Fragen von den Kunstvermittelnden selbst auf jeweils zwei Seiten. So erfährt man viel über den Kunst- und Ausstellungsmarkt, über Rekordpreise, Künstler und Stile, Kritik und Erfolg, Kunsttheorie und Geniekult, und manches wird mit einer Einladung zu weiteren Fragen beantwortet. Das alles ist sehr anschaulich, kurzweilig und verständlich, schliesslich ist es die Absicht dieses handlichen Buches, Jugendlichen und Erwachsenen den Zugang zur Kunst zu erleichtern. Auch etlichen Experten wurde die entscheidende Frage «Was ist Kunst?» gestellt. Neben dem oben zitierten John Armleder kommen unter anderen Bundesrat Alain Berset, eine Mäzenin, ein Galerist, ein Restaurator, ein Auktionator, ein Kunstversicherer und etliche Kunstschaffende zu Wort. Fotografien von Andri Pol lichten dazu die Kunstbetrachtenden und die Fachleute in ihrem Umfeld ab, was eine sehr lebendige Kulisse ergibt. Bei Kunst, meint John Armleder, gehe es sowohl um alles als auch um nichts. – Das muss jeder mit sich selber ausmachen. Am besten bei der Betrachtung eines Kunstwerks. Was ist Kunst? 27 Fragen, 27 Antworten. Hg. Fondation Beyeler.

Klaus Lemke nimmt kein Blatt vor den Mund und produziert seit Mitte der Sechzigerjahre seine schnoddrig-aneckenden Filme über Randgestalten der bürgerlichen Gesellschaft ausschliesslich selber: Kleinkriminelle, waschechte Rocker sowie beziehungsunfähige Paare tummeln sich darin. Seine Lieblingsfragen und Themen zum Kulturbetrieb sind: Wie museal darf die Berlinale noch sein? Vollsubventioniert wie das Deutsche Theater? Verbeamtet wie ein Rundfunkorchester? Das ganze System Film in Deutschland sei ein Fusstritt in jedwede Kreativität. Klaus Lemke findet klare Worte: «Bei uns werden auf Filmschulen die Söhne/Töchter der längst abgefischten Medienprominenz zu Filmpussies für die Mülltonne erzogen.» Wer so herumposaunt, muss auch eine Alternative zum angeprangerten Filmschaffen liefern. So erzählt Lemkes neuester Film die tragikomische Geschichte von seinen Helden, welche sich in Berlin über Wasser zu halten versuchen – und zwar in super komplizierten Paarbeziehungen mit viel Lust und einer gehörigen Portion Eifersucht. Inbegriffen ist sehr viel freches Mundwerk, sexy Charme, auch mal eine Prise Kokain oder ein paar Gläschen Hochprozentiges. Lemke hatte auch schon immer ein Flair für fesche Frauenfiguren, die gerne die Männer um den Finger wickeln: «Um es noch ein letztes Mal für den Rest des Jahrhunderts zu sagen, Frauen interessieren sich nicht für Männer, noch nich’ mal vielleicht. Females geht es allein darum: Den männlichen Blick auf sie zu manipulieren.» Lemkes raue Filme mag man oder hasst man. Und das ist auch gut so. Es gibt genug brave Filme für diejenigen, welche es weniger kantig und zotig mögen. Zum Schluss und mit Lemke gesprochen: Vor allen anderen Dingen sollte einem ein Film dieses schräge Lächeln wieder aufs Gesicht zaubern, das man so schnell verliert und das man so dringend braucht, um die nächste Katastrophe vielleicht etwas spielerischer zu überstehen. Denn je besser einem ein Film gefällt – je besser gefällt man sich selbst. Klaus Lemke: «Berlin für Helden», Deutschland 2012, Deutsch, 80 Min., Extras: Interview mit Klaus Lemke, Dokumentation der Aktion «Toter Teppich» an der Berlinale. https://www.facebook.com/KlausLemkeFilmpage

Hatje Cantz 2012. 24.40 CHF.

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Die 25 positiven Firmen Diese Rubrik ruft Firmen und Institutionen auf, soziale Verantwortung zu übernehmen. Einige haben dies schon getan, indem sie dem Strassenmagazin Surprise mindestens 500 Franken gespendet haben. Damit helfen sie, Menschen in prekären Lebensumständen eine Arbeitsmöglichkeit zu geben und sie auf ihrem Weg zur Eigenständigkeit zu begleiten. Gehört Ihr Betrieb auch dazu? Die Spielregeln sind einfach: 25 Firmen werden jeweils aufgelistet, sind es mehr, fällt jener Betrieb heraus, der am längsten dabei ist.

Geduld gefragt: Siedfleisch ist frühestens nach drei Stunden gar.

Piatto forte Auf die Spitze getrieben Siedfleisch ist ein schlichtes Gericht, das bei der Zubereitung aber Sorgfalt und Geduld erfordert. Nur so gerät der Tafelspitz zu einem Genuss, der schon gekrönte Häupter entzückte.

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Novartis International AG, Basel

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Solvias AG, Basel

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Ernst Schweizer AG, Metallbau, Hedingen

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confidas Treuhand AG, Zürich

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ratatat – freies Kreativteam, Zürich

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G.A.T.E.S., Hôteliers & Restaurateurs SA, Basel

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Claude Schluep & Patrick Degen, Rechtsanwälte, Bern

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homegate AG, Adliswil

VON TOM WIEDERKEHR

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Sprenger & Partner Bauingenieure SIA USIC,

Es heisst, Tafelspitz sei das Lieblingsgericht von Sissi-Kaiser Franz Josef I. gewesen. Seinen Namen verdankt dieses bis heute bekannteste Siedfleischstück aber nicht dem Kaiser. Vielmehr stammt er daher, dass dafür typischerweise das nach seiner dreieckigen Form benannte Stück am Ende des Hüftdeckels – also in etwa dort, wo der Schwanz aus dem Rind kommt – verwendet wird. Ob der Hüftdeckel tatsächlich die beste Wahl ist, hängt vom gewünschten Ergebnis ab. Da der Tafelspitz sehr mager ist und einen gleichmässig schräg verlaufenden Faserverlauf hat, ist das Fleisch zart, aber unter Umständen etwas trocken. Und der Sud – also die Fleischbouillon, die gleich mitentsteht – wird nicht so kräftig. Deshalb ist der Tafelspitz nicht unbedingt das geeignetste Stück zum Sieden. Dafür sind eher die Teile geeignet, die gut durchwachsen, also von Fett und Sehnen durchzogen sind. Die schmelzen beim langsamen Sieden, dringen in die Fleischfasern ein und machen das Fleisch durch und durch saftig. Geeignet sind zum Beispiel Wade, Brustkern, Schulter oder Hohrückendeckel. Der Metzger Ihres Vertrauens wird Ihnen das richtige Stück präsentieren, wenn Sie ihm erklären, was Sie vorhaben und nicht einfach nur Suppenfleisch verlangen. Immer gleich ist das Grundrezept: Das Suppengemüse, Lorbeerblätter, drei bis vier Markknochen, ein paar Pfefferkörner und mindestens 1,5 kg Rindfleisch in die Pfanne geben, mit kaltem Wasser bedecken und langsam erhitzen. Niemals darf das Wasser kochen. Es muss unterhalb des Siedepunkts langsam ziehen. Wie lange das Fleisch garen muss, hängt davon ab, welches Stück es ist, wie alt das Rind war und wie hoch der Fett- und Sehnenanteil ist. Drei Stunden sollten es schon sein. Serviert wird der Tafelspitz in Österreich mit dem Suppengemüse und mit Kren – geriebenem Meerrettich. In Italien heisst Siedfleisch Bollito und wird mit einer sehr aromatischen Salsa verde gegessen. Und in der Schweiz? Gibt es traditionell Schnittlauch und Salzkartoffeln dazu. Wer wie Franz Josef auf junges, zartes Fleisch steht, der kann Tafelspitz übrigens auch mit Kalbfleisch zubereiten. Das ist keine Sünde.

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Oechslin Architektur GmbH, Zollikerberg

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Fischer + Partner Immobilien AG, Otelfingen

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IBP – Institut für Integrative Körperpsycho-

Arlesheim

therapie, Winterthur 13

Knackeboul Entertainment

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Anne Hoffmann Graphic Design, Zürich

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Girod Gründisch & Partner, Visuelle Kommu-

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Paul & Peter Fritz AG, Literary Agency, Zürich

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TYDAC AG, Web-Mapping-Software, Bern

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Kaiser Software GmbH, Bern

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Balcart AG, Carton, Ideen, Lösungen, Therwil

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Lions Club Zürich-Seefeld

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Klimaneutrale Druckerei Hürzeler AG,

nikation, Baden

Regensdorf 22

Scherrer & Partner GmbH, Basel

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Balcart AG, Carton Ideen Lösungen, Therwil

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Psychiatrische Dienste Aargau AG (PDAG)

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Locher, Schwittay Gebäudetechnik GmbH, BS

Möchten Sie bei den positiven Firmen aufgelistet werden? Mit einer Spende von mindestens 500 Franken sind Sie dabei! PC-Konto: 12-551455-3, Verein Surprise, 4051 Basel Zahlungszweck: Positive Firma + Ihr gewünschter Eintrag. Wir schicken Ihnen eine Bestätigung.

Bezugsquellen und Rezepte: http://piattoforte.ch/surprise

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Ausgehtipps

«When a sparrow dreams … always wants to be eagle

Nachtgestalten mit sägenden Gitarren: BMRC.

… never a chicken!!», weiss Sergeij, der Schlagzeuger.

Basel Crime and Prejudice

Zürich Böse Verführer

Anspannung am Rheinknie: An einem geheimen Ort im Kleinbasel wird der wertvollste Diamant der Welt, die «Königin der Nacht», für die Uhren- und Schmuckmesse vorbereitet. Gleichzeitig bereiten sich auch die Mad Kings, eine Musiktruppe von Asylsuchenden, auf ihren grossen Auftritt zur Eröffnung des Integrations-Festivals «World Music 2013» vor. Was die beiden Ereignisse miteinander zu tun haben? Mehr, als gewissen Leuten lieb ist. Schliesslich hat sich Jungregisseur Lorenz Nufer für sein Theaterstück nicht nur mit «Schweizermacher» und «Vol Spécial» beschäftigt, sondern auch mit «Silano – der Jahrhundertpostraub». Entstanden ist laut Nufer eine «musiktheatralische Farce quer durch die ‹balkanisierte Schweiz› », die sich im Kern jedoch um ein ernstes Thema dreht: die guten alten Vorurteile, auf allen Seiten. (fer)

Fr 29. März, 21 Uhr, Sommercasino, Basel;

Wer sich nach einer Bikergang aus einem Film mit Marlon Brando benennt, der spielt Rockmusik, die im Zweifelsfall beisst und nicht kuscht. Erst recht, wenn es sich bei diesem Film um «The Wild One» handelt, der die schwarze Motorrad-Lederjacke für alle Zeiten zum Erkennungszeichen böser Buben gemacht hat. Da nützt es auch nichts, dass die Band Black Rebel Motorcycle Club 1998 in der Hippie-Hochburg San Francisco gegründet wurde. Denn die drei Rebellen sind keine Blumenkinder, sondern Nachtgestalten, die zu sägenden Gitarren von Suff, Sex und Selbstzerstörung singen. Trotzdem klingt die Musik des BMRC nicht wirklich konfrontativ, sondern wirkt trotz Dreck und Dunkelheit verführerisch und mitreissend. Es ist die alte Geschichte, wie sie auch im Brando-Film erzählt wurde: Der Rocker guckt finster und schmeisst auch mal ein Glas an die Wand, doch die Tochter des Dorfpolizisten spürt, dass er ein gutes Herz hat, und schenkt ihm ihres. (ash)

Sa 30. März, 21.30 Uhr, Rote Fabrik, Zürich.

Mi 20. März, 19 Uhr, Komplex 457, Zürich.

Musik im Geist von Thomas Bernhard: Naked Lunch.

Basel / Zürich Galliger Bombast Naked Lunch musizieren schon seit bald 20 Jahren, ohne dass die breite Öffentlichkeit davon gross Kenntnis genommen hätte. Das hängt wohl damit zusammen, dass bei wenigen Bands Genie und Wahnsinn so nahe beieinanderliegen wie bei diesem Quartett. Eigentlich kommen sie aus dem Indielager, aber auf dem aktuellen Album «All Is Fever» operieren sie stellenweise so bombastisch und eingängig wie britische Stadionrocker. Zudem sind die Kärntner typische Österreicher, allerdings nicht von der lustigmorbiden Art, sondern eher in der galligbösartigen Tradition eines Thomas Bernhard. Das befremdet manche Mitmenschen, doch es ermöglicht erst die grosse Kunst von Naked Lunch. (ash)

«Ùzivo Frau Stirnimaa!», Do 4., Fr 5., Sa 6., Mo 8. und Di 9. April, 20 Uhr, Kaserne Basel.

Anzeigen:

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Ein Musiker auf dem Weg zum Erfolg. Vielleicht.

Bei Tee und Baklava lässt sich trefflich sinnieren.

Basel Heimat gesucht

Bern Der Arabische Frühling und wir

Wunsch nach besserem Leben, Flucht vor Armut, Abenteuerlust oder grosse Liebe: Seit ewigen Zeiten verlassen Menschen aus unterschiedlichsten Gründen ihr Daheim. Wie gehen sie mit prägenden Erlebnissen, Überraschungen und Enttäuschungen um, mit denen sie im Verlauf ihrer Auswanderung und dem Leben an einem neuen Ort konfrontiert werden? Das interkulturelle Kinofestival «Cinema Querfeld» geht in seiner achten Ausgabe Fragen wie diesen nach – mit acht ganz unterschiedlichen Filmen aus Europa, dem Nahen Osten, den USA und Lateinamerika. Die Mischung bleibt bunt und unterhaltsam, auch wenn die Themen teilweise schwer sind: Nach der Hungerkatastrophe von 1984 in Äthiopien flüchteten Tausende in Flüchtlingslager im Sudan. In einer grossangelegten Rettungsaktion holte die israelische Regierung mithilfe der USA 8000 äthiopische Juden nach Israel. Der Spielfilm «Va, vis et deviens» ist die Geschichte des kleinen Schlomo, der aber weder jüdisch noch ein Waisenkind ist. Seine Mutter hat ihn dazu überredet, sich als Jude auszugeben, um dem Hungertod zu entkommen. «Eigentlich wollten wir zurückkehren», sagen sich die pensionierten Ehepaare im gleichnamigen Film des schweizerisch-kurdischen Regisseurs Yusuf Yesilöz: Sie stellen sich die Frage, ob sie wirklich wieder in die Heimat zurückkehren wollen, oder ob sie nach 30, 40 Jahren vielleicht doch eine neue gefunden haben. Der spanische Film «Havanna Blues» erzählt die Geschichte von zwei jungen Musikern auf Kuba, Ruy und Tito. Sie kommen mit ihrer Ska-Rock-Band in der Underground-Szene Havannas zwar gut an, zum Überleben reicht es aber nicht. Aber es tut sich Hoffnung auf, als ein Talentsucher einer Musikfirma auftaucht. Soweit, so gut. Die weiteren fünf Filme müssen Sie selber entdecken. (dif)

Über zwei Jahre ist es nun her, dass sich ein 26-jähriger tunesischer Gemüsehändler aus Verzweiflung selbst verbrannte – und damit einen Sturm entfachte, der nacheinander die Regimes in Tunesien, Algerien und Ägypten wegfegte und Menschen in der ganzen arabischen Welt auf die Strasse trieb, um gegen die Missstände in ihren Ländern aufzubegehren. Sei es der Bürgerkrieg in Syrien oder die neuerlichen Unruhen in Ägypten, der Arabische Frühling und seine Folgen bleiben Dauerbrenner in unseren Nachrichten. Doch: Wie war das damals noch genau? Waren es wirklich Facebook- und Twitter-Revolutionen? Und vor allem: Was hat das alles mit uns zu tun? Wen solche Fragen plagen oder wer es einfach schon lange mal wirklich wissen wollte, der geht am besten in den Käfigturm. In einer aufwendig gestalteten Aufstellung zeigt unter anderem Street-Art-Künstler Christian Minke, der die Region mit der Kamera bereist hat, seine Sicht der Dinge. Dazu gibt es zahlreiche Screens mit Handyfilmchen direkt aus dem Geschehen und einen BBCFilm, der einen Überblick über die Vorgänge liefert. Nicht ganz leicht verdaulicher Stoff, der eigentlich danach ruft, dass man sich danach in ein arabisches Kaffeehaus setzt, um bei einem Tee und Baklava in Ruhe über das Gesehene und Gehörte zu sinnieren und zu parlieren – gut, dass ein solches gleich mit in die Ausstellung integriert ist! Versüsst wird einem die politische Weiterbildung zusätzlich mit einem Gratiseintritt plus einem geschenkten Fotobüchlein von Christian Minke. Einfacher und angenehmer als im Käfigturm, dem Polit-Forum des Bundes, kommt man wohl nirgends zu Antworten. (fer)

«Cinema Querfeld» – interkulturelles Kinofestival, Fr 15. März bis So 17. März,

bedient Mi und Do, 9.30 bis 14 Uhr und Fr, 13 bis 17.30 Uhr. Zur Ausstellung gibt es

Querfeld, Basel. www.querfeld-basel.ch

diverse Mittags- und Abendveranstaltungen mit Experten aus der Region und

«Karama! Die arabischen Revolten und ihre Folgen» Ausstellung im Käfigturm, Bern, noch bis 31. Mai, von Mo bis Fr, 8 bis 18 Uhr und Sa, 10 bis 16 Uhr. Café Karama

Politikern und anderen Akteuren aus der Schweiz. www.kaefigturmforum.ch

Anzeige:

— www.theater-basel.ch, Tel. +41/(0)61-295 11 33 — SURPRISE 296/13

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Verkäuferporträt «Deutsch habe ich aus Büchern gelernt» Der Somalier Cabdisala Cali Xasan, 24, verliess ein Land, in dem nichts funktionierte. In der Schweiz hat er Deutsch gelernt und wie man sich im Zug benimmt. Nun hofft er auf eine richtige Anstellung.

«Ich bin 2009 in die Schweiz gekommen. Seit zwei Jahren lebe ich in Büsserach, einem kleinen Dorf im Kanton Solothurn. Geboren wurde ich in Somalia, ich lebte in Mogadischu. Ich konnte die High-School abschliessen und habe ein Studium an der Uni angefangen. Doch dann musste ich fliehen. Es wurde einfach zu gefährlich. Das Land wird von kriminellen Clans und Terroristen kontrolliert. Es kommt immer wieder zu Krieg und ich meine … niemand will sterben, oder? Seit 20 Jahren haben wir keine richtige Regierung. Darum funktioniert auch nichts. In Mogadischu gibt es gerade mal ein Spital, und das wird von einer Hilfsorganisation betrieben. Auch alles, was mit Infrastruktur oder Bildung zu tun hat, all die Dinge, die in der Schweiz der Staat übernimmt, müssen die Leute dort selber organisieren. Heimweh habe ich jedenfalls keins, ich bin froh, in der Schweiz zu sein. Als ich frisch hierher kam, fand ich es schwierig. Ich musste erst einmal lernen, wie man sich hier benimmt. Ein Beispiel: Wenn du dich im Zug hinsetzen möchtest, aber jemand seine Tasche auf dem Sitz hat – in Afrika fragst du nicht lange, sondern du stellst sie einfach zur Seite. Hier musst du zuerst fragen: Entschuldigung, ist hier frei? Dann nimmt der andere seine Tasche vielleicht selber weg und du kannst dich setzen. Solche Sachen musste ich zuerst lernen. Auch der Schnee hat mir im ersten Jahr Mühe gemacht. Aber jetzt habe ich mich daran gewöhnt. Wenn es Dezember wird, ziehe ich halt eine dicke Jacke an und die schweren, gefütterten Schuhe, die sich anfühlen, als würden sie zehn Kilo wiegen. Eine Zeitlang habe ich bei McDonald’s gearbeitet – in der Küche und auch an der Kasse. Momentan habe ich aber keine Arbeit ausser Surprise. Ich habe einen F-Ausweis, damit kann ich im Prinzip arbeiten. Allerdings sagen viele Temporärbüros und auch andere Arbeitgeber: Mit diesem Ausweis kann ich dich nicht anstellen. Das ist ein Problem. Wenn ich in ein paar Jahren den B-Ausweis will, muss ich Arbeit haben, doch ohne B-Ausweis ist es schwierig, Arbeit zu finden. Zu Surprise bin ich letzten Sommer gekommen. Zweimal pro Woche, am Freitag und am Samstag, läuft der Verkauf gut. Aber für die anderen Tage suche ich eine andere Arbeit. Was, ist mir eigentlich egal, Hauptsache ich kann etwas machen. Später würde ich vielleicht gerne wieder studieren, aber ohne eine richtige Aufenthaltsbewilligung geht das nicht. Zudem muss ich zuerst Geld verdienen, um eine Ausbildung bezahlen zu können. Kunst oder auch Ingenieur würde mich interessieren, aber richtige Pläne habe ich noch keine gemacht. Ich höre oft von Leuten, dass ich bereits gut Deutsch spreche. Ich spreche Hochdeutsch, verstehe aber auch Schweizerdeutsch. Unterricht hatte ich nur am Anfang, als ich nach Solothurn kam. Etwa zwei Monate lang besuchte ich einen Deutschkurs. Danach konnte ich dieses Angebot nicht mehr nutzen. Dafür ging ich oft in die Bibliothek. Dort

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AUFGEZEICHNET VON RETO ASCHWANDEN

habe ich mir viele Bücher ausgeliehen. Dann habe ich die gelesen, habe sie zurückgebracht und neue mitgenommen: lesen, zurückbringen, lesen, zurückbringen. So habe ich Deutsch gelernt. Ich will noch besser werden, aber um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen und zu arbeiten, reicht es schon recht weit. Schreiben kann ich besser als sprechen, das kommt wohl von den vielen Büchern, die ich gelesen habe. In meiner Heimat habe ich somalisch gesprochen. Viele sprechen privat auch arabisch. Wenn du von der Primarschule in die High-School wechselst, musst du auch die Sprache wechseln – zu Englisch oder Französisch. Es gibt keine Fachliteratur – Biologie- und Chemiebücher oder so – auf Somalisch. Die kommen aus England oder Frankreich, und darum müssen wir erst einmal Sprachen lernen, um uns Fachwissen anzueignen. Vielleicht fällt mir deshalb nicht sehr schwer, Deutsch zu lernen. Und ich bin motiviert, denn ich weiss: Je besser ich die Sprache spreche, umso eher gibt mir jemand einen Job.» ■ SURPRISE 296/13


SurPlus – eine Chance für alle! Werden Sie Gotte oder Götti bei SurPlus Surprise kümmert sich um Menschen, die weniger Glück im Leben hatten. Menschen, die kaum Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt haben und ihr Leben in die eigenen Hände nehmen wollen. Mit dem Verkauf des Strassenmagazins Surprise überwinden sie ihre soziale Isolation. Ihr Alltag bekommt wieder Struktur und mehr Sinn. Sie gewinnen neue Selbstachtung und erarbeiten sich aus eigener Kraft einen kleinen Verdienst. Das verdient Respekt und Unterstützung. Das Spezialprogramm SurPlus ist ein niederschwelliges Begleitprogramm für ausgewählte Surprise-Verkaufende, die regelmässig das Strassenmagazin

verkaufen und hauptsächlich vom Heftverkauf leben. Diese Verkaufenden erhalten nur geringe soziale Ergänzungsleistungen und werden im Programm SurPlus gezielt vom Verein Surprise unterstützt: Sie sind sozial abgesichert (Ferien, Krankheit, U-Abonnement) und werden bei Problemen im oft schwierigen Alltag begleitet. Mit einer Patenschaft leisten Sie einen wesentlichen Beitrag für die soziale Absicherung der Verkaufenden und ermöglichen ihnen, sich aus eigener Kraft einen Verdienst zu erarbeiten. Vielen Dank für Ihr Engagement!

Andreas Ammann Bern

Jela Veraguth Zürich

René Senn Zürich

Marlis Dietiker Olten

Kurt Brügger Basel

Fatima Keranovic Basel

Josiane Graner Basel

Wolfgang Kreibich Basel

Tatjana Georgievska Basel

Bob Ekoevi Koulekpato, Basel

Marika Jonuzi Basel

Peter Gamma Basel

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Jovanka Rogger Zürich

Ralf Rohr Zürich

Anja Uehlinger Aargau

Ja, ich werde Gotte/Götti und unterstütze das SurPlus-Programm von Surprise! 1 Jahr: 6000 Franken

1/2 Jahr: 3000 Franken

1/4 Jahr: 1500 Franken

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1 Monat: 500 Franken

296/13 Talon bitte senden oder faxen an: Verein Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@vereinsurprise.ch, PC-Konto 12-551455-3 SURPRISE 296/13

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Surprise ist: Hilfe zur Selbsthilfe Surprise hilft seit 1997 Menschen in sozialen Schwierigkeiten. Mit Programmen in den Bereichen Beschäftigung, Sport und Kultur fördert Surprise die soziale Selbständigkeit. Surprise hilft bei der Integration in den Arbeitsmarkt, bei der Klärung der Wohnsituation, bei den ersten Schritten raus aus der Schuldenfalle und entlastet so die Schweizer Sozialwerke.

Ich möchte Surprise abonnieren! 24 Ausgaben zum Preis von CHF 189.– (Europa: CHF 229.– ) (Verpackung und Versand bieten StrassenverkäuferInnen ein zusätzliches Einkommen.) Gönner-Abo für CHF 260.–

Eine Stimme für Benachteiligte Surprise verleiht von Armut und sozialer Benachteiligung betroffenen Menschen eine Stimme und sensibilisiert die Öffentlichkeit für ihre Anliegen. Surprise beteiligt sich am Wandel der Gesellschaft und bezieht Stellung für soziale Gerechtigkeit. Strassenmagazin und Strassenverkauf Surprise gibt das vierzehntäglich erscheinende Strassenmagazin Surprise heraus. Dieses wird von einer professionellen Redaktion produziert, die auf ein Netz von qualifizierten Berufsjournalistinnen, Fotografen und Illustratorinnen zählen kann. Das Magazin wird fast ausschliesslich auf der Strasse verkauft. Rund dreihundert Menschen in der deutschen Schweiz, denen der Arbeitsmarkt verschlossen bleibt, erhalten damit eine Tagesstruktur, verdienen eigenes Geld und gewinnen neues Selbstvertrauen.

Sport und Kultur Surprise fördert die Integration auch mit Sport. In der Surprise Strassenfussball-Liga trainieren und spielen Teams aus der ganzen deutschen Schweiz regelmässig Fussball und kämpfen um den Schweizermeister-Titel sowie um die Teilnahme an den Weltmeisterschaften für sozial benachteiligte Menschen. Seit 2009 hat Surprise einen eigenen Chor. Gemeinsames Singen und öffentliche Auftritte ermöglichen Kontakte, Glücksmomente und Erfolgserlebnisse für Menschen, denen der gesellschaftliche Anschluss sonst erschwert ist. Finanzierung, Organisation und internationale Vernetzung Surprise ist unabhängig und erhält keine staatlichen Gelder. Das Strassenmagazin wird mit dem Erlös aus dem Heftverkauf und mit Inseraten finanziert. Für alle anderen Angebote wie die Betreuung der Verkaufenden, die Sportund Kulturprogramme ist Surprise auf Spenden, auf Sponsoren und Zuwendungen von Stiftungen angewiesen. Surprise ist eine nicht gewinnorientierte soziale Institution. Die Geschäfte werden vom Verein Surprise geführt. Surprise ist führendes Mitglied des Internationalen Netzwerkes der Strassenzeitungen (INSP) mit Sitz in Glasgow, Schottland. Derzeit gehören dem Verband über 100 Strassenzeitungen in 40 Ländern an.

Geschenkabonnement für: Vorname, Name Impressum Strasse

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Datum, Unterschrift 296/13 Bitte heraustrennen und schicken oder faxen an: Verein Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@vereinsurprise.ch

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Herausgeber Verein Surprise, Postfach, 4003 Basel www.vereinsurprise.ch Öffnungszeiten Sekretariat 9 – 12 Uhr, Mo – Do T +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99 info@vereinsurprise.ch Geschäftsführung Paola Gallo (Geschäftsleiterin), Sybille Roter (stv. GL) Anzeigenverkauf T +41 61 564 90 90, M +41 76 325 10 60 anzeigen@vereinsurprise.ch Redaktion T +41 61 564 90 70, F +41 61 564 90 99 Reto Aschwanden, Florian Blumer, Diana Frei (Nummernverantwortliche), Mena Kost redaktion@vereinsurprise.ch Ständige Mitarbeit Amir Ali, Rosmarie Anzenberger (Korrektorat), Rahel Nicole Eisenring, Shpresa Jashari, Carlo Knöpfel, Yvonne Kunz, Stephan Pörtner, Milena Schärer, Isabella Seemann, Priska Wenger, Tom Wiederkehr, Christopher Zimmer Mitarbeitende dieser Ausgabe Patrick Bühler, Luc-François Georgi, Clémence Lambard, Christof Moser, Patric Sandri, Adrian Soller Gestaltung WOMM Werbeagentur AG, Basel Druck AVD Goldach Auflage 15000, Abonnemente CHF 189, 24 Ex./Jahr Marketing, Fundraising T +41 61 564 90 50 Christian von Allmen

Vertriebsbüro Basel T +41 61 564 90 83, M +41 79 428 97 27 Thomas Ebinger, Anette Metzner, Spalentorweg 20, 4051 Basel, basel@vereinsurprise.ch Vertriebsbüro Zürich T +41 44 242 72 11, M +41 79 636 46 12 Reto Bommer, Engelstrasse 64, 8004 Zürich, zuerich@vereinsurprise.ch Vertriebsbüro Bern T +41 31 332 53 93, M +41 79 389 78 02 Andrea Blaser, Alfred Maurer, Bruno Schäfer, Pappelweg 21, 3013 Bern, bern@vereinsurprise.ch Strassenchor T +41 61 564 90 40, F +41 61 564 90 99 Paloma Selma, p.selma@vereinsurprise.ch Strassensport T +41 61 564 90 10, F +41 61 564 90 99 Lavinia Biert (Leitung), Olivier Joliat, David Möller o.joliat@vereinsurprise.ch, www.strassensport.ch Vereinspräsident Peter Aebersold

Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auch auszugsweise oder in Ausschnitten, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird von der Redaktion und dem Verlag jede Haftung abgelehnt. Surprise behält sich vor, an Verkaufende gerichtete Postsendungen zu öffnen. Barspenden an namentlich bezeichnete Verkaufende können nur bis zu einem Betrag von CHF 100.– weitergeleitet werden. Darüber hinausgehende Beträge sollen – im Einverständnis mit der Spenderin oder dem Spender – allen Verkaufenden zugute kommen. SURPRISE 296/13


Schön und gut. Die Surprise-Mütze mit eleganter Kopfwerbung ist ab sofort wieder erhältlich: In Einheitsgrösse, in den Farben Rot und Schwarz. Heizt das Hirn, gibt warme Ohren. Grosses Badetuch 100 x 180 cm aus sehr langlebigem Zwirngarn, 100% handgepflückte Baumwolle. Mit Surprise-Logo eingewebt und von A bis Z in der Schweiz hergestellt. Vorder- und Rückseite verschiedenfarbig: vorne kühles Aquablau, hinten heisses Rot.

Surprise-Mütze CHF 30.– rot

Strandtuch (100 x 180 cm) CHF 65.–

schwarz

50 Prozent des Verkaufspreises kommt Surprise zugute.

Alle Preise exkl. Versandkosten.

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*gemäss Basic 2008-2. Seite bitteMACH heraustrennen und schicken oder faxen an: Verein Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@vereinsurprise.ch

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Ist gut. Kaufen! Wer etwas verkauft, braucht Geld. Schlichte Wahrheit – gute Sache. Denn 50 Prozent des Verkaufspreises kommt Surprise zugute. Alle Preise exkl. Versandkosten.

Ro te Ta sc he au sv erk au ft!

Surprise Zeitungs-Taschen (34 x 36 cm); CHF 37.50 neon-orange

Surprise City-Taschen (24,5 x 35,5 cm); CHF 40.– schwarz

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*gemäss Basic 2008-2. Seite bitteMACH heraustrennen und schicken oder faxen an: Verein Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@vereinsurprise.ch SURPRISE 296/13

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Macht stark.

www.vereinsurprise.ch â?˜ www.strassensport.ch â?˜ Spendenkonto PC 12-551455-3 Verein Surprise, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, Tel. 061 564 90 90, Fax 061 564 90 99


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