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Ausgeträumt Wo sich Hoffnungen von Flüchtlingen zerschlagen Gestrandet: bei den Flüchtlingen im Wald von Nador in Marokko

Im Bunker: ein Monat bei Asylsuchenden in der Zivilschutzanlage Wilen TG

Nr. 301 | 31. Mai bis 13. Juni 2013 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass.


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Titelbild: iStockphoto, Bildmontage WOMM

Editorial Flüchtlinge in Villen und Flüchtlinge in Bunkern BILD: ZVG

Die Schweiz hat ein Herz für Flüchtlinge, ganz besonders für Wirtschaftsflüchtlinge. Das heisst, wenn es sich um Leute wie Felix Baumgartner handelt: Der Österreicher kam mittels Sprüngen von Brücken, Fernsehtürmen und aus dem All zu Geld. Dass er dieses nicht mit dem Staat teilen will, der damit doch nur Lärmschutzwände und anderen Unsinn baue, machte den Österreicher zum «Flüchtling» – so seine Selbstdeklaration. «Ich liebe diesen Ort», schwärmte Baumgartner auf Facebook über seine neue Heimat, das thurgauische Arbon am Bodensee, wo er künftig Pauschalbesteuerung geniessen wird. Weniger grossherzig ist man hierzulande mit Flüchtlingen, die nicht mit vollen Taschen ins Land kommen. Zum Beispiel Lapapy, Wirtschaftsflüchtling aus Gabun. In FLORIAN BLUMER seiner Heimat sah er keine Möglichkeit, sich ein vernünftiges Einkommen zu er- REDAKTOR wirtschaften. Also machte er, was Menschen in einer solchen Situation seit jeher tun: Er versuchte, der Armut zu entfliehen. Doch Lapapy ist – zusammen mit Tausenden anderer Afrikaner – auf einem Hügel in Marokko gestrandet, schutzlos gewalttätigen Sicherheitskräften und Verbrechern ausgeliefert. Von dort oben können die Flüchtlinge ein Stück spanisches Land sehen, das Eintrittstor ins vermeintliche Paradies. Erreichen werden es die wenigsten von ihnen, zu hoch ist der Zaun, zu primitiv ihre Mittel. Lesen Sie die Reportage von Amir Ali, der bei ihnen auf dem Berg war. Auch Lascha aus Georgien ist in der Schweiz unerwünscht. Doch wegen eines terminlichen Versehens der Behörden konnte er nicht ausgeschafft werden. Also lebt und wartet er weiter in einem Zivilschutzbunker in einem Dorf im Thurgau, gemeinsam mit sieben Schicksalsgenossen. Der Journalist Mario Fuchs begleitete sie einen Monat lang dabei: Er zog temporär in die Unterkunft ein, weil er sich selber ein Bild von den Asylsuchenden machen wollte, über die so viel geredet wird – und die doch kaum jemand kennt. Am 9. Juni wird einmal mehr an der Urne über ihr Schicksal bestimmt. Es ist die zehnte (!) Revision des Asylgesetzes seit dessen Inkrafttreten 1981, allesamt brachten sie Verschärfungen. Die jüngsten betreffen auch Surprise-Verkäuferinnen und -Verkäufer. Asylsuchende aus Eritrea zum Beispiel: Sie sollen kein Asyl mehr erhalten, wenn sie vor dem Kriegsdienst geflüchtet sind. Und ihren Angehörigen soll verunmöglicht werden, legal in die Schweiz zu fliehen – auch wenn sie von Folter und Verfolgung bedroht sind. Wir wollen Ihnen in diesem Heft im Hinblick auf die Abstimmung Einblicke in Realitäten des Flüchtlingsalltags geben. Und vielleicht kann Ihnen ja sogar Ihr Surprise-Verkäufer direkt etwas zum Thema erzählen. Wir wünschen Ihnen allenfalls ein gutes Gespräch – und jedenfalls eine gute Lektüre, Florian Blumer

Surprise ist auf Spenden angewiesen. Auch auf Ihre! Herzlichen Dank. PC-Konto 12-551455-3 Ihre Meinung! Wir sind gespannt auf Ihre Kritik, Ihr Lob oder Ihre Anmerkungen. Schreiben Sie uns! Auf leserbriefe@vereinsurprise.ch oder an Verein Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel. Es werden nur Leserbriefe abgedruckt, die mit vollem Namen unterzeichnet sind. Die Redaktion trifft eine Auswahl und behält sich vor, Briefe zu kürzen. SURPRISE 301/13

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10 Migration Prinzip Hoffnung BILD: AMIR ALI

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Inhalt Editorial Auf der Flucht Basteln für eine bessere Welt Bundeshampelmann Aufgelesen Wohltäter Bon Jovi Zugerichtet Steuer fakultativ? Mit scharf! Die Kapitulation der Asylpolitiker Starverkäufer Herbert Engeler Porträt Pfarrer und Eheberater Wörter von Pörtner Edle Räuber iPod Zürich by night Kultur Schauspielernder Gangster Ausgehtipps Knackiger Hip-Hop Verkäuferporträt In der U-Bahn von St. Petersburg Projekt SurPlus Eine Chance für alle! In eigener Sache Impressum INSP

Europa beginnt in Marokko. Die Stadt Melilla an der Mittelmeerküste gehört zu Spanien. Diese Exklave ist das Ziel für Tausende von Afrikanern. Doch das vermeintliche Paradies liegt verbarrikadiert hinter Mauern und Stacheldraht. Die Flüchtlinge stranden in einem Wald vor Melilla. Sie können weder weiter noch zurück. Eine Reportage aus einem Ort, an dem Träume sterben.

14 Asyl Ein Monat bei Lascha und Hamid BILD: MARIO FUCHS

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28 631 Menschen suchten 2012 in der Schweiz, was ihnen in ihrer Heimat verwehrt blieb: Freiheit und Glück. Viel wird über die Asylsuchenden geredet, doch kaum jemand kennt einen. Der junge Journalist Mario Fuchs wollte das ändern: Für einen Monat tauschte er seine Schweizer Mitbewohner gegen acht Asylsuchende, sein WG-Zimmer gegen ein Bett in der Kollektivunterkunft – eine Erfahrung mit bleibenden Erinnerungen.

20 Armdrücken Die stärkste Familie der Schweiz

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BILD: ROLAND SOLDI

Im toggenburgischen Wattwil lebt ein Weltmeister: Armdrück-Champion Doan Simsek. Das gutmütige Kraftpaket ist in guter Gesellschaft. Er, seine Ehefrau Halise wie auch seine Töchter Özgül und Ilknur – alle sind sie Schweizer Meister im Armdrücken. Wir haben die stärkste Familie der Schweiz besucht und erfahren: Doan und seine starken Frauen haben es nicht nur in den Armen. Sie haben auch etwas zu sagen.

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ILLUSTRATION: SOPHIE AMMANN | WOMM

1. Haben Sie schon einen Favoriten für Ihren/Ihre Bundeshampelmann resp. -frau, dann kleben Sie ein Porträtbild von ihm oder ihr auf. Ansonsten zeichnen Sie sich Ihren Wunschbundesrat gleich selbst.

2. Schneiden Sie die einzelnen Körperteile aus und kleben Sie sie auf Karton.

3. Bohren Sie mit einer Ahle oder einer Schere Löcher in die bezeichneten Stellen und befestigen Sie Arme und Beine mit Musterklammern hinten am Körper.

4. Verbinden Sie Arme und Beine mit je einem Faden und knüpfen Sie zum Schluss einen weiteren Faden längs daran, mit einer Perle zum Abschluss. Und fertig ist Ihr ganz persönlicher Bundesrat.

Basteln für eine bessere Welt Am 9. Juni stimmen wir – wieder einmal – darüber ab, ob nicht doch das Volk den Bundesrat wählen soll, damit alles noch viel demokratischer wird. Da bekommen wir dann ein paar Nasen vorgesetzt, die sich mit millionenschweren Kampagnen als Kandidaten inszenieren, und das soll der Demokratie letzter Schluss sein? Wir haben eine bessere Idee: Machen Sie sich Ihren Bundesrat selbst! Er hampelt dann nur für Sie – demokratischer geht’s nicht. SURPRISE 301/13

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Aufgelesen News aus den 90 Strassenmagazinen, die zum internationalen Netzwerk der Strassenzeitungen INSP gehören.

Im Privatjet zur Notunterkunft Berlin. US-Musiker Jon Bon Jovi arbeitet hart daran, dass von ihm mehr als Föhnfrisur und Stadionrock in Erinnerung bleiben. Im Interview mit dem Berliner Strassenfeger legt er eine hierzulande wenig bekannte Seite offen: Bon Jovi engagiert sich stark im sozialen Bereich. Er reist quer durchs Land, von Notunterkunft zu Notunterkunft, um als Vermittler der US-Regierung Bericht zu erstatten. «Ich habe kein Problem damit, nachts in meinen Privatjet zu steigen und nach Hause zu fliegen», sagt Bon Jovi, «ich habe keine Schuldgefühle. Aber ich fühle eine Verantwortung.»

Mein prügelnder Vater Glasgow. In «Mein Held» erzählt die 16-jährige Abbey aus Wales die Geschichte ihrer Kindheit mit einem gewalttätigen Vater. Er trank, war oft auf Drogen, wurde gewalttätig. Abbey stellte sich brav, tat alles, um ihm zu gefallen, damit er von der Mutter und ihrem Bruder abliess. Schliesslich zogen sie weg an einen geheimen Ort. Als Abbey einmal allein zu Haus war, tauchte er plötzlich auf. Sie umarmte ihn, er küsste sie auf den Kopf. Der Vater verschwand wieder und das nächste, was sie von ihm hörte, war die Nachricht von seinem Tod. «Ich kann nach fünf Jahren nicht glauben, dass er weg ist», sagt Abbey. «Dieser Mann ist mein Held, ohne ihn wäre ich nicht, was ich bin.»

Ware Wasser Graz. Über den Druck auf verschuldete europäische Staaten, ihre Wasserversorgung zu privatisieren, berichtet «Megaphon». Neue Kredite würden an entsprechende Bedingungen geknüpft. Die Folgen lassen sich in Zahlen ausdrücken: In Frankreich sind bereits 80 Prozent der Wasserwerke in privater Hand – und die Preise um ein Drittel gestiegen.

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Zugerichtet Betrüger im Anzug Alle drei Beschuldigten hatten sich zum wiederholten Male in einem Nebenpunkt wegen schweren Strassenverkehrsdelikten zu verantworten. Hauptdossier ist in einem Fall Einbruch und Hehlerei, bei den anderen beiden ein Tatenkomplex, der sich derzeit grosser Popularität erfreut: Dokumentenfälschung, ungetreue Geschäftsführung und Betrug. Sie sind hartnäckige Spieler in gebügelten Hemden und/oder haben den finanziellen Schnauf, um wenig aussichtsreiche Berufungen zu wagen. Nicht im Schuldpunkt, sondern bezüglich des Strafmasses, Hauptsache, man kann die Sache hinauszögern. Alle drei bewegen sich schon weit jenseits des Bagatellbereichs, sind aber noch weiter davon entfernt, auch nur in der zweiten Liga zu spielen. Besonders bei Schreibtischtaten gilt die Regel ja in besonderem Masse: Je höher die Liga, desto kleiner das Risiko, vor Gericht zu landen. Vor den berühmten «Schranken des Gerichtes» folgt zunächst die Befragung zur Person durch den Gerichtspräsidenten. Das wird in der folgenden, verkürzt und effekthascherisch aufgeschriebenen Fassung wohl etwas gaga klingen, hat aber in der Praxis durchaus System. Los geht’s: «Herr X., wie geht es Ihnen? Und wie geht es Ihrer Frau?» «Arbeiten Sie? Haben Sie sonstige Einkommen? Was machen Sie so in der Freizeit? Und Ihre Frau?» – «Ach, so. Dann zahlen Sie Alimente? Ah, wenn Sie können. Und wann konnten Sie das zum letzten Mal?» – «2011. Gut, dann erübrigt sich meine nächste Frage, ob Sie Vermögen haben. Wie steht es denn mit Schulden?» – «Nur Steuerschulden.»

Es fällt vielleicht nicht sofort auf. Deshalb gleiche Szene, anderer Kandidat: «Herr Y., haben Sie ausser dem Leasing für den BMW weitere Schulden?» – «Ausser den Steuern keine.» Oder: «Herr Z., wie sieht es ausser der Hypothek für die Eigentumswohnung mit Schulden aus?» – «Nichts, Herr Gerichtspräsident. Ausser den Steuern natürlich.» Natürlich! Die Steuern! Sagt Z. in aller Seelenruhe! Klar, in diesen unsicheren Zeiten muss man bei seinen Investitionen die Prioritäten gut abwägen. Im Zweifelsfall geht die Eigentumswohnung einfach vor. Denn Steuern sind ja, anders als Leasingraten oder eine Hypothek, quasi freiwillige Schulden. Auf jeden Fall Schulden zweiter Klasse, mithin eben keine Schulden, sondern Steuern! Das sagen vornehmlich Leute, die seit Jahren unterwegs sind in den Berufungsmühlen der Justiz, einer sehr teuren staatlichen Einrichtung. Die es für Leute wie sie überhaupt erst braucht. Und es ist nicht zu erwarten, dass sie die Rechnung für die Strafuntersuchung und die Verfahrenskosten besonders ernst nehmen werden, siehe Steuern. Überdies ist ja schon Sparen eine lästige Bürgerpflicht. Besonders als Gauner ist man gut beraten, ein kleines Polster anzulegen, man weiss ja nie. Auch Recht bekommen ist oft eine Frage des Portemonnaies. Es fällt auf: Kriminelle haben sehr oft Steuerschulden. Wen das wundert, der ist zu naiv für diese Welt. Die Frage ist nun, ob Steuerschuldner etwa per se betrügerische Kriminelle sind? Und wenn ja: Warum haben X., Y. und Z. ihre Steuern nicht gleich hinterzogen?

ISABELLA SEEMANN (ISEE@GMX.CH) ILLUSTRATION: PRISKA WENGER (PRISKAWENGER@GMX.CH) SURPRISE 301/13


Asylpolitik Wie das Kaninchen vor der Schlange Aus Angst vor dem Volk ziehen Politiker die Schraube im Asylwesen immer weiter an – wohlwissend, dass dies keine Probleme löst. Es ginge auch anders. VON AMIR ALI

Nominieren Sie Ihren Starverkäufer! Schreiben Sie uns mit einer kurzen Begründung, welche/n Verkäufer/in Sie an dieser Stelle sehen möchten: Verein Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 (0)61 564 90 99, redaktion@vereinsurprise.ch

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BILD: ZVG

«Was kann denn deine Arbeit für uns verändern?», war die wütende Frage eines der unzähligen afrikanischen Flüchtlinge, die ich für meine Reportage im marokkanischen Wald oberhalb der spanischen Exklave Melilla in ihrem Elend besuchte (siehe S. 10). «Wahrscheinlich nichts», musste ich einräumen, «aber wenn wir nicht hinsehen, haben wir schon kapituliert.» Die Unzulänglichkeit, die aus diesem Spannungsfeld erwächst, ist der Preis, den wir Journalisten für unsere Arbeit bezahlen. Politikern geht es nicht besser. Zwar können sie Gesetze schaffen, streichen oder verändern. Jede Politik hat ganz unmittelbare Auswirkungen auf Menschenleben. Politiker werden – im Idealfall – daran gemessen, wie sehr sie die Realität zum Besseren verändert oder zumindest im Guten bewahrt haben. Und genau darin liegt ihre Schwäche, die Unzulänglichkeit der Mächtigen. Denn wenn des Volkes angeheizte Seele kocht, dann erstarren die Politiker wie Kaninchen vor der Schlange. Hat der Schweizer Angst hat vor dem Schwarzen Mann, dann muss der Politiker Angst haben vor dem Schweizer. Dann bleibt statt Mut zum grossen Wurf nur noch die Furcht vor der nächsten Wahl. Das zeigt sich nirgends so klar wie am heissen Eisen der Migrationspolitik. Man kann es nicht oft genug betonen: Asylbewerber machen gerade einmal ein halbes Prozent der Schweizer Bevölkerung aus. Das sind 50 Menschen in einer Kleinstadt von 10 000 Einwohnern. Fakten aber gelten wenig auf diesem emotionsgeladenen Feld der Politik. Die Grenzen müssen geschützt werden – basta. Justizministerin Sommaruga und ihre Mit- und Gegenspieler im Parlament erschweren also den Zugang und verschärfen Bedingungen. Dieses mutlose Schräubeln am Status quo ist vor allem eine Botschaft des Kaninchens an die Schlange: Sieh, Volk, wir tun was! Die grosse Migrationstragödie zwischen Nord und Süd schreit jedoch nach einem grossen, gesamteuropäischen Wurf. Dabei gälte es,

einiges zu akzeptieren. Zuallererst: Diese Migration wird für die kommenden Jahrzehnte zu unserer Realität gehören. Diese Menschen werden hierher kommen oder es zumindest versuchen. Bis sich dort etwas ändert, wo sie herkommen. Was uns zweitens zu den Gründen für diese Migration bringt: Die wenigsten fliehen, weil sie an Leib und Leben gefährdet sind. Aber ein «Wirtschaftsflüchtling» ist in unserem System ohnehin illegal. Er wird sich von Gesetzen, die ihn noch etwas illegaler machen, nicht abschrecken lassen. Drittens müssen wir unsere Mitverantwortung dafür anerkennen, dass diese Menschen überhaupt erst aufbrechen. Es sind unsere Regierungen, die sich mit korrupten Eliten arrangieren, Geschäfte machen können – zulasten der dortigen Bevölkerung. Es gibt Leute, die das Undenkbare denken: Was, wenn alle Grenzen aufgehoben würden und sich alle Menschen auf der ganzen Welt frei bewegen könnten? Ökonomen, die sich seit Jahren mit Zahlen und Statistiken zu diesem Szenario befassen, kommen zum Schluss: Freie Migration würde uns Reichen im schlimmsten Fall ganz wenig schaden. Den Armen aber unglaublich viel nützen. Derart gross müssten die Würfe unserer Politiker nicht sein. Doch das wirkungslose Schräubeln an Paragraphen ist keine Politik. Das ist Kapitulation vor der eigenen Unzulänglichkeit. ■

Starverkäufer Herbert Engeler Sara Egolf aus Jona nominiert Herbert Engeler als Starverkäufer: «Herbert Engeler ist mein Starverkäufer, weil er jeden Morgen, egal was für ein Wetter ist, bei der Hardbrücke steht. Und auch wenn ihn eine Horde von 200 Personen einfach ignoriert und an ihm vorbei läuft, sieht er trotzdem immer freundlich und zufrieden aus. Zudem bedankt er sich stets sehr höflich und er ist ein sehr herzlicher Mensch.»

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Porträt Der Pfarrer mit der Liebes-Garage Jarosław Duda gibt auf Ehen eine Garantie und bietet die Vermählten alljährlich zum «Service» auf – das Angebot ist ein Hit. Auch sonst entspricht der Wahl-Bülacher so gar nicht dem Klischeebild des katholischen Dorfpfarrers. VON FABIENNE SCHMUKI (TEXT) UND ROLAND SOLDI (BILD)

trinen des Vatikans vertritt der 43-Jährige eine überraschend moderne Version des katholischen Glaubens: «Früher lautete die Prämisse: Die Kirche ist da und die Menschen sollen kommen. Doch meiner Meinung nach soll die Kirche ein Angebot bieten für die Menschen. Sie soll dorthin gehen, wo die Menschen sind.» Beispiele dafür seien zum Beispiel Andachtsräume an Bahnhöfen, auf Flughäfen und in Shoppingcentern. Ausserdem möchte Duda die Angebote der katholischen Kirche für Nicht-Katholiken öffnen: «Mein Gott befreit mich von Ängsten und Belastungen. Diesen Glauben möchte ich weitergeben. Wenn jemand zu mir kommt, frage ich nicht als Erstes nach seinem Glauben.» Ungewöhnlich war auch der Weg, der Jarosław Duda zu Gott führte. Erst im Mathematikstudium merkte der gebürtige Pole, dass ihm die Zahlen «zu abstrakt, irgendwie zu wenig waren». Aus reiner Neugier begann er deshalb nach dem Mathematikstudium Theologie zu studieren. «Wie alle anderen auch war ich als Kind Ministrant. Aber ich wollte nie Pfarrer werden, ich wollte eine Familie haben, leben wie alle an-

Jarosław Duda kichert glucksend, in seinen blauen Augen blitzt der Schalk. Er weiss: Seine Idee, die Liebe mit einem Auto zu vergleichen, ist ungewöhnlich. Noch ungewöhnlicher, wenn sie von einem katholischen Pfarrer kommt. Doch Duda ist überzeugt: Kommen von ihm getraute Paare einmal im Jahr zu ihm, «in die Garage für einen Service», wie er es nennt, dann hält ihre Ehe, für mindestens 15 Jahre. «Wie unromantisch!», möchte man empört ausrufen – doch Duda hat schon ein Argument bereit: «Die Schmetterlinge im Bauch sind irgendwann weg.» Die Statistik jedenfalls gibt seiner Methode recht: 2006 kam er auf die Idee, den von ihm getrauten Paaren – bei Einhalten des jährlichen «Service»-Termins – eine Liebes-Garantie abzugeben. Und die 44 Paare, die er seit damals getraut hat, sind alle noch zusammen. «Das bedeutet aber nicht, dass sie keine Probleme haben», relativiert Jarosław Duda. Aber um diese zu lösen, ist er ja da, mit seinem Service. Dass Duda in seiner «Garage» die Paare keine trockenen Bibelverse runterbeten lässt, wird im Gespräch mit ihm Für seine Hunde Florette und Lucille hat Pfarrer Duda die schnell klar. Stattdessen will er die Probleme Kirche von Bülach als Hundehütte nachbauen lassen. spielerisch angehen, wie er erzählt. So lässt er die Eheleute sich gegenseitig Zettelchen auf den Rücken kleben, auf denen sie schreiben sollen, was ihnen im letzderen», erinnert sich Duda. Während des Theologiestudiums habe es ten Jahr besonders gefallen hat und was nicht. Oder er holt eine magihm dann besonders gefallen, zu vergleichen, wie die Leute früher und netische Kugel hervor, um zu beweisen, dass es Kraft und Wille braucht, heute den Glauben lebten – und daraus zog er seine ganz persönliche um etwas zu verändern. Und wenn zerstrittene Eheleute gar nicht mehr Quintessenz. «Ich habe nie einfach alles blind übernommen, sondern zusammen sprechen wollen, täuscht Duda schon einmal akutes Intermir das herausgenommen, was für mich stimmte. Jeder Mensch hat eiesse am neuen Hund des Paares vor, um das Gespräch anzukurbeln. ne ganz andere Beziehung zu Gott. Es gibt keinen richtigen oder falDoch was weiss denn ein katholischer Pfarrer schon von der Komschen Weg.» plexität der Beziehung zwischen Mann und Frau? Wie kann einer, der In die Schweiz kam Jarosław Duda über den Kontakt mit dem Bistum nie verheiratet war, nie in einer Beziehung mit einer Frau lebte, anderen Chur, wo er von 1998 an für zwei Jahre arbeitete. Danach folgten sechs sagen, wie die Liebe funktioniert? Jarosław Duda lässt sich durch die Jahre in Zürich Albisrieden, bis er 2006 nach Bülach wechselte. Dort kritische Frage nicht aus der Ruhe bringen. «Eine Beziehung hat viele fühlt er sich mittlerweile so wohl, dass er von Heimweh nach Polen Ebenen. Natürlich ist die Beziehung zu Freunden oder Eltern anders als nicht sprechen mag. «Ich bin letztes Jahr Schweizer geworden, ich fühzu einem Ehepartner. Allen Beziehungen gemeinsam ist aber, dass man le mich hier zuhause», sagt er. Mit der alten Heimat bleibt er durch resich Mühe geben muss.» Und an Paaren, die sich Mühe geben wollen, gelmässige Besuche und Telefonate mit seinem Bruder in Kontakt. Und mangelt es nicht, auch wenn die hohe Scheidungsrate in der Schweiz manchmal kocht er nach den Rezepten seiner tschechischen Mutter. Gedas Gegenteil vermuten lässt. Fast jeden Samstag kommen Ehepaare zu backener Käse oder Knödel etwa. Ein paar kleine «Ungewöhnlichkeiten» Pfarrer Duda in die Garage. Längst sind es nicht nur Paare, die er getraut leistet sich der Pfarrer natürlich auch in seinem Privatleben. So hat er hat, es reisen vielmehr Menschen mit Beziehungsproblemen aus der für seine beiden Hunde Florette und Lucille die Kirche von Bülach als ganzen Schweiz und sogar aus Deutschland an. Deshalb hat der Pfarrer Hundehütte nachbauen lassen. «Meine Hunde haben eine eigene Kirsein Angebot inzwischen erweitert. Paare, die schon lange verheiratet che», kichert er, sichtlich stolz, dass seine beiden Yorkshire-Terrier dasind und ihre Beziehung retten oder verbessern wollen, kommen eine mit lokale Berühmtheit erlangt und es sogar in die Lokalpresse geschafft ganze Woche zu ihm. In dieser «Intensiv-Garage» setzen sie sich zuhaben. Und so sehr ihm an seinem Beruf der Kontakt mit den Menschen sammen mit Pfarrer Duda mit der Vergangenheit auseinander und begefällt, so sehr er ihnen bei all ihren unterschiedlichen Sorgen und Nösprechen die Zukunft. Am siebten Tag wird das Ehegelübde mit einer ten beistehen will – manchmal braucht auch ein Pfarrer seine Ruhe. In kleinen Zeremonie erneuert. «Immer ein besonders emotionaler Mosolchen Momenten fährt Jaroslaw Duda nach Einsiedeln und besucht ment», so Duda. die schwarze Madonna. Oder er schnappt sich sein Elektro-Velo und raSeine Liebes-Garage ist nicht das einzige Ungewöhnliche an Pfarrer delt los, der Glatt entlang, Richtung Greifensee oder weiter nach RapJarosław Duda. Im Vergleich zu den strengen und konservativen Dokperswil. ■ SURPRISE 301/13

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BILD: AMIR ALI

Migration Warten auf den Tag Gottes Sie träumen vom Paradies und landen in der Hölle: Auf dem Weg ins gelobte Land Europa stranden Tausende afrikanische Migranten in einem Wald in Marokko. Hätten sie gewusst, was sie dort erwartet, wären sie nie aufgebrochen.

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VON AMIR ALI, NADOR

Unter ihm liegt das Ziel. Das Paradies. Er kann es sehen, von seinem Berg aus. Jeden Tag, auch bei Nebel und bei Regen. So nah ist es. Tausende Kilometer hat er zurückgelegt, seit er seine Familie in Gabun verlassen hat. Die grosse Wüste hat er durchquert und viele Grenzen überschritten. Nie war er seinem Ziel näher. Und nie war das gelobte Land so unerreichbar wie hier. «Ich mag nicht mehr. Ich bin müde», sagt Lapapy. Sein Blick geht ins Leere. Sein Gesicht zuckt. Ob Lapapy sein wahrer Name ist, ob er wirklich aus Gabun stammt – es spielt keine Rolle. Hier, im Wald von Gourougou, hat weder das Gestern noch das Heute Bedeutung. Hier gibt es nur das Morgen. Morgen kann der Tag sein, den Gott für sie vorgesehen hat. «Le jour de Dieu», wie sie sagen, der Tag, an dem sie es auf die andere Seite schaffen. Deswegen sind sie hier, Lapapy und all die anderen. Nur der Glaube daran macht, dass aus ihrer Hoffnung nicht längst Verzweiflung geworden ist. Der Wald von Gourougou auf einem Berg über der spanischen Exklave Melilla ist einer der Orte, an denen sich die Hoffnungen Afrikas stauen. Nicht jene des aufstrebenden Afrika, des Kontinents der zukünftigen Gewinner. Sondern die Hoffnungen derer, die dachten, sie hätten nichts zu verlieren. Sie kommen zu Tausenden. Zuerst die Malier, dann die Zentralafrikaner, Tschader, Ivorer, Senegalesen, Nigerianer, Kameruner und Kongolesen. Unzählige waren schon hier, und keiner weiss, wie viele noch kommen werden. Niemand weiss mehr, wer die ersten Höhlen eingerichtet, die ersten Steinmäuerchen für die Biwaks aufgeschichtet hat. Von wem die verrussten Blechtöpfe stammen, in denen sie das wenige kochen, das sie unten in Nador und in Beni Enzar erbetteln. Und niemand weiss, wie viele diese Infrastruktur der Elenden in Zukunft noch benutzen werden. Wie viele im Wald von Gourougou leben, kann man nur ahnen. 4000, lautet die unglaubliche Schätzung, die ein Offizier der spanischen Guardia Civil im März gegenüber der Zeitung El Mundo abgab. Eine riesige Herde Gestrandeter, bewirtschaftet von Schleppern und korrupten Grenzbeamten in einem verheerenden Kreislauf. Je näher die jungen Männer – Frauen trauen sich kaum noch in den Wald von Gourougou – aus allen Winkeln West- und Zentralafrikas an Europa herankommen, desto gefährlicher wird es für sie. Ihr letztes Hindernis ist der Zaun, der die spanische Exklave auf dem afrikanischen Kontinent umgibt. Genauer: drei Zäune. Bis zu sieben Meter hoch, mit allen technischen Schikanen ausgestattet, von Nato-Stacheldraht über Bewegungsmelder bis zu Pfefferspray-Selbstschussanlagen. 20 Millionen teuer, markieren sie den ersten Aussenposten der Festung Europa.

Der Weg über den Zaun ist der Weg der letzten Hoffnung. Der Weg jener, die ihre Karten für den Schlepper-Express bereits verbraucht haben. Die Reisewege durch Wüsten und über Grenzen bis in Marokkos Norden sind genauso organisiert wie die konzertierten Anstürme auf den Grenzzaun. Je nach bezahltem Preis hat ein «Reisender» – so nennen sich die Flüchtlinge selbst – einen oder mehrere Versuche zum Grenzübertritt zugute. Fast jeden Tag finden die Grenzbeamten Afrikaner, versteckt in Kofferräumen von Autos oder doppelten Böden von Lieferwagen. Andere «Reisende» werden über das Wasser auf die letzte Meile zwischen den Häfen von Nador und Melilla geschickt. Viele Reisen enden hier, weil die Flüchtlinge in den präparierten Autos an Abgasen verenden oder vor der Küste ertrinken. Wer auffliegt, wird zurückgeschickt an die Grenze zu Algerien und in der Wüste ausgesetzt. Doch die meisten stehen kurze Zeit später wieder in Nador und nehmen Plan B in Angriff: den Zaun. Lapapy, 23-jährig, seit zwei Jahren im Wald, war schon viermal unten. Einmal hat er es bis vor das Tor des «Campo» geschafft, des Auffanglagers auf der anderen Seite. Eigentlich in Sicherheit, auf spani-

«Wir haben geglaubt, dass bei euch in Europa das Gesetz noch etwas gilt.»

Europa hinter Stacheldraht Ob der Tag Gottes gekommen ist, offenbart sich erst unten am Zaun. Wenn sie zu Hunderten ausschwärmen, mit selbstgebastelten Leitern, bewaffnet mit Steinen und Stöcken. Manche nackt und mit ihren eigenen Exkrementen eingeschmiert, damit sie die marokkanischen Forces Auxiliaires und die Guardia Civil weniger gut erwischen. Die meisten werden trotz allem hängen bleiben unten am Bollwerk, das der GuardiaCivil-Offizier als «eigentlich unüberwindbar» bezeichnet. Aber ein paar schaffen es fast immer. SURPRISE 301/13

schem Territorium, wo sie ihm laut Gesetz ein faires Verfahren inklusive Anwalt hätten gewähren müssen. Doch sie schnappten ihn und schafften ihn zurück, sagt Lapapy. Und er ist nicht der Einzige. «Wir glaubten, bei euch in Europa gelte das Gesetz noch etwas», sagt ein junger Ivorer. Glaubt man den Erzählungen der Männer von Gourougou, haben die spanischen Behörden die Regeln während des laufenden Spiels geändert. Europäischer Boden bedeutet nicht mehr automatisch Sicherheit. Die Marokkaner, so Lapapy, liessen sich von den Spaniern in Euro schmieren, damit sie die Zaunstürmer wieder zurücknehmen. Früher, in den Achtzigern, waren die Grenzen zu den Überresten des europäischen Kolonialismus in Marokko noch relativ einfach zu passieren. Seit Mitte der Neunziger aber hat Europa Stück für Stück aufgerüstet. Doch die Hochsicherheitszone um das Stück Europa in Afrika, die vielen jungen Afrikaner, die immer wieder den Tod finden am Zaun, im Wasser oder unter den Schlagstöcken der marokkanischen Grenzwächter – all die immergleichen, wieder und wieder von Neuem gespielten Akte dieser Tragödie an Europas Rand haben den Strom der afrikanischen Glücksritter nicht zum Versiegen gebracht. Es ist eine Weile her, seit die Öffentlichkeit in Europa letztmals davon Notiz genommen hat. Im Herbst 2005 stürmten wiederholt Hunderte von Menschen den Zaun von Melilla und jenen bei Spaniens zweiter, weiter westlich gelegenen Exklave Ceuta. Hunderte wurden damals verletzt, 14 starben. Doch fast Tausend schafften es auf die andere Seite. In der Sackgasse Aus Episoden wie dieser nährt sich der Mythos, der weiterhin jedes Jahr Tausende junger Menschen nach Norden lockt. Der Mythos vom offenen Weg ins Paradies, der sich in Marokko schliesslich als höllische

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BILD: MÉDECINS SANS FRONTIÈRES/ÄRZTE OHNE GRENZEN (MSF)

Im Wald von Nador schaut fast jeden Tag die Polizei vorbei: «Wen sie erwischen, den schlagen sie halb tot.»

Sackgasse entpuppt. «Wenn ich gewusst hätte, was mich hier erwartet, wäre ich zuhause geblieben», sagt Fofana Raphael, 23-jährig, aus Togo, seit gut einem Jahr im Wald. Die anderen nicken und murmeln müde Zustimmung. Die Männer von Gourougou haben ihre Länder nicht verlassen, weil sie dort verfolgt werden. Daraus machen sie keinen Hehl. Was sie «Migration volontaire» nennen, heisst bei uns Wirtschaftsflüchtling. Menschen also, die kein Recht auf Europa haben, weil sie nicht totgeschlagen werden, da wo sie herkommen, sondern in einem wirtschaftlichen Vakuum langsam ersticken. Sie haben Schulabschlüsse, kennen sich mit Computern aus, sprechen oft eine Fremdsprache – aber es gibt für sie keine Chance in einem Afrika, das europäische Konzerne Hand in Hand mit korrupten Regierungen ausbeuten. Die Männer von Gourougou sind nicht dumm, sie wissen Bescheid.

schenleben zu haben, und ein kleines bisschen Würde dazu. 20 Millionen kostete der Zaun von Melilla – das wären, etwas einfach gesagt, 20 000 Austrittskarten aus der marokkanischen Hölle. Was die jungen Schwarzafrikaner im Wald von Gourougou, aber auch anderswo in Marokko erleiden, hat die Nichtregierungsorganisation Médecins Sans Frontières dokumentiert. Je länger die Menschen

«Wenn ich scheitere, heisst das nicht, dass es mein Bruder nicht schafft. Im Gegenteil, es fordert ihn heraus und spornt ihn noch mehr an.»

Die Umkehr ist tabu «Ihr Europäer seid für unsere Lage genauso verantwortlich wie unsere Regierungen», sagt Lapapy. Vor allem die Franzosen, darüber ist man sich auf dem Berg einig, müssten ihre Afrikapolitik von Grund auf überdenken. «Paris kontrolliert die Politik von mindestens 15 afrikanischen Staaten», sagt ein aufgebrachter Kameruner. «Und an das Volk denken die dabei zuletzt.» «Würdet ihr heimgehen, wenn man euch ein Flugticket und 300 Euro geben würde?», frage ich. Kopfschütteln. Bei 1000 Euro beginnen die Ersten zu nicken. Ab 1000 Euro wäre im Wald von Gourougou ein Men-

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auf ihrem Weg nach Europa in Marokko stecken bleiben, desto verletzlicher werden sie, lautet ein Fazit des Berichts vom März 2013. Neben den prekären Lebensbedingungen unter freiem Himmel und in den Armenquartieren Rabats oder Casablancas werden die Migranten zusammengeschlagen, ausgeraubt, vergewaltigt – nicht nur, aber vor allem von den marokkanischen Sicherheitskräften. Im Wald von Gourougou, so erzählen die Männer, schaut die Polizei fast jeden Tag vorbei. «Wir fliehen dann weiter bergaufwärts. Wen sie erwischen, den schlagen sie halb tot. Manchmal verbrennen sie das wenige, was wir haben, oder nehmen es mit», erzählt Fofana. Nicht nur Europas Grenzen beginnen in Afrika. Auch die Drecksarbeit haben die Europäer an den südlichen Nachbarn delegiert. Dass dabei Menschenrechte verletzt werden, wird billigend in Kauf genommen, denn einen wichtigen Partner im Kampf gegen Immigranten wie das Königreich Marokko verhätschelt man lieber, als dass man ihn kritisiert. SURPRISE 301/13


BILD: REUTERS PHOTOGRAPHER

Mehrere Meter hoch, rund um die Uhr bewacht: Diese Zäune muss überwinden, wer es nach Europa schaffen will.

«Marokko ist die Hölle», heisst es auf dem Berg einstimmig. Ans Umkehren denken dennoch die wenigsten. Seine Familie habe in ihn und seine Reise Geld investiert, sagt Fofana. Wenn er jetzt mit leeren Händen zurückkehre, «dann ist das ein Fuck-up. Das geht nicht. Das gibt es nicht. Ich muss nach Europa.» Zuhause, in Kamerun, der Elfenbeinküste, Nigeria oder wo auch immer, kennt niemand die Wahrheit. Die Männer vom Gourougou-Wald erzählen nichts vom Vegetieren in den Höhlen und Steinverschlägen, von Hunger und Hieben, von Narben und Zäunen. In den seltenen Telefongesprächen mit Eltern und Geschwistern beteuern sie, alles sei in Ordnung, das Ziel bald erreicht. Ihre Facebook-Profile gaukeln Normalität vor. In der virtuellen Realität leben sie in Casablanca oder Rabat, posten Witze und religiöse Sprüche. «Ich will nicht, dass sich meine Familie Sorgen macht», sagt Fofana. Den Menschen den Traum von Europa austreiben Und ausserdem, meint Lapapy, würde ihnen ohnehin niemand glauben, was sie hier erleben. Die wenigen, die zurückkehren, halten keinen davon ab, es selbst zu versuchen. «Wenn ich scheitere, heisst das nicht, dass es mein Bruder nicht schafft. Im Gegenteil, es fordert ihn heraus und spornt ihn noch mehr an», macht der Gabuner ein Beispiel. Jene, die etwas mehr Distanz gewonnen haben, sehen die grösseren Zusammenhänge. William aus Kamerun ist mit 23 bereits ein Veteran. Ohne seinen Schutz und seine Vermittlung hätten wir uns hier auf dem Berg nicht blicken lassen können. Auch er lebte fast zwei Jahre im Wald, auch er war mehrmals am Zaun. Bis er, nach seinem vorerst letzten Versuch, auf der Flucht über eine Klippe stürzte. Schwer verletzt kam er nach Rabat, wo sich die Caritas und eine Migrantenorganisation um ihn SURPRISE 301/13

kümmerten. Sechs Monate lang war er halbseitig gelähmt. Mittlerweile ist er wieder gesund. Sein Ziel ist noch immer Europa, «aber ich habe keine Eile», sagt er. In Rabats Armenviertel Taqadum hat er sich mit anderen subsaharischen Migranten zusammengeschlossen. Sie nennen sich «Vereinigung für Licht auf die klandestine Migration in Marokko», nach der französischen Bezeichnung kurz «Alecma». Ihr Ziel: Menschen in ihren Herkunftsländern den Traum von Europa auszutreiben. Auf ihrem Blog machen die Aktivisten von Alecma auf die Gefahren der Reise nach Norden aufmerksam. «Wir müssen endlich damit beginnen, die Wahrheit zu sagen», meint William. Die Wahrheit und 1000 Euro – vielleicht nützt das mehr als immer höhere Zäune und immer mehr Repression. Vielleicht sollten all die Experten und Politiker einmal eine Reise in den Wald von Gourougou machen und das Paradies von der Hölle aus betrachten. Von dort aus würde ihnen jede Asylgesetzrevision wie ein müder Witz vorkommen. Solange wir reicher sind, werden sie kommen, die Lapapys und Fofanas. Sie werden es versuchen. Wieder und wieder. Bis sie auf europäischem Boden sind oder tot. Der Tag, den Gott für sie ausgewählt hat, wird kommen – so oder so. ■ Bericht von Médecins Sans Frontières: www.trappedinmorocco.com

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Einstieg in eine verborgene Welt: Reporter Mario Fuchs im Asylheim Wilen.

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Asyl Im Bunker Flüchtlinge aus aller Welt träumen von der Schweiz, einem Land des Friedens und der Freiheit: Wer es hierher schafft, hat es geschafft. Doch die Realität sieht für viele Asylbewerber anders aus. Ohne Arbeit und Geld leben sie mit Schicksalsgenossen in einer Kollektivunterkunft. Ein Journalist zog für vier Wochen zu den Flüchtlingen im Luftschutzbunker.

VON MARIO FUCHS (TEXT) UND CORALIE WENGER (BILDER)

Aufenthaltsraum, eine kleine Küche. Auf einem Tisch steht ein Telefon, links im Raum hängt ein Wandregal, darauf liegen ein Multipack Zahnpasta, eine Rolle Abfallsäcke und eine alte Dartscheibe. Die Betonböden sind mit Spannteppich abgedeckt. Dienstag ist Zahltag für Lascha und seine Mitbewohner. Drei Franken Taschengeld gibt’s pro Tag, dazu einmal im Monat die Integrationszulage. Das sind fünf Franken für jede Stunde, die einer im Beschäftigungsprogramm gearbeitet hat. Einmal alle sechs Monate kommen 200 Franken für Kleider dazu – und zwar zweckgebunden: Bargeld gegen Quittung. Ernst Bucher geht jeden Dienstagmorgen in jedes Zimmer. Er steigt durch eine Luke in die hintere Schleuse, wo die Duschen sind, wo eine Waschmaschine und ein Tumbler stehen. Er geht durch das Wohnzimmer, vorbei an einer langen Pinnwand. Neben der Hausordnung, auf deutsch und in tamilischer Übersetzung, hängen Erinnerungsfotos einer Sommerwanderung und ein Poster des 2009 getöteten Tamilenführers Velupillai Prabhakaran. Ernst Bucher öffnet den Kühlschrank und die Toilettenkabine. Sauber soll es sein, und das ist es an diesem Tag auch einigermassen. Ausser in der Besteckschublade in der Küche. Rahmatscha aus Afghanistan, Zimmerchef November, nimmt’s nickend zur

Der 13. August 2010 war der Tag, an dem Lascha Gott begegnete. In einem Polizeiauto. Es ist laut auf dem Flugfeld in Kloten. Der Wagen hält direkt neben der Maschine, die Lascha in die Slowakei ausfliegen soll. Die Turbinen laufen. Lascha Kecbaia, Georgier, geboren 1980, orthodoxer Katholik, sitzt auf dem Rücksitz, wartet. Ein Polizist steigt aus, steigt die Gangway hinauf. In der Flugzeugtür erscheint der Pilot. Lascha sieht, wie die Männer, beide in Uniform, gegen den Turbinenlärm anreden. Wie der Polizist dem Piloten ein Formular zeigt. Wie der Pilot den Kopf schüttelt, der Polizist die Gangway wieder heruntersteigt, zum Auto kommt, die Tür öffnet, einsteigt. «Ich weiss nicht, warum», sagt Lascha. Der Polizist weiss es auch nicht. Lascha sagt: «Das war Gott.» Der Polizist fährt zurück zum Terminal und kauft dem Mann, den er noch vor zehn Minuten hätte ausschaffen müssen, ein Sandwich und ein Fläschchen Coca-Cola. Jetzt sitzt Lascha auf seinem Bett in der Kollektivunterkunft Wilen im Hinterthurgau. Der Klapptisch, darauf eine dünne Matratze, steht in der Schleuse, im Eingang zur Zivilschutzanlage. Lascha wollte seinen eigenen Schlafplatz. Im Massenschlag hatte er es nicht lange ausgehalten. «Zu viel Lärm für Die acht Menschen leben im Schutzraum, weil sie als meinen Kopf», sagt er. Und dann: «Hier ist eiNachbarn in Wilen oder Rickenbach unerwünscht sind. ne gute Wohnung.» Lascha hat schon anderes gesehen, berichtet von Asylheimen in der Slowakei, in Österreich, Italien, Deutschland. In die Schweiz kam er am Kenntnis. «Es klappt manchmal gut, manchmal weniger», sagt Ernst Bu30. Mai 2010. Drei Monate später erhielt er einen Brief vom Bundesamt cher. Mithelfen, die Unterkunft sauber zu halten, muss jeder. An ein für Migration: Nichteintreten. Er sei ein Dublin-Fall, einer, für den die Holzregal geheftet ist der «Putzenplan». Rahmatscha hat ihn mit holpriSchweiz nicht zuständig sei, weil er bereits in einem anderen europäiger Handschrift auf einen Zettel geschrieben. Pro Wochentag sind zwei schen Staat, der Slowakei, um Asyl ersucht habe. Dann half Gott – oder Personen eingetragen. «Den Anordnungen des Zimmerchefs ist Folge zu das Dublin-Abkommen. Er zeigt den nächsten Brief aus Bern: «Nachleisten», heisst es in der Hausordnung. dem die Frist zur Überstellung in die Slowakei abgelaufen ist, geht die Die acht Männer leben im Schutzraum, weil sie nicht überall als Zuständigkeit für die Behandlung des Asylgesuchs gemäss Artikel 19f Nachbarn erwünscht sind. Wer in Wilen, Rickenbach oder Wuppenau Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates auf die Schweiz über. Die Vereine leere Wohnung zu vermieten hat und keinen Mieter findet, lässt fügung vom 26. Juli 2010 ist demnach aufzuheben und das nationale sie lieber leer stehen, als junge Afghanen oder Georgier darin unterzuAsylverfahren in der Schweiz ist wieder aufzunehmen.» bringen. Immobilienverwaltungen verweisen auf schlechte Erfahrungen in den Achtziger- und Neunzigerjahren. Deshalb taten sich die drei Nächtliche Treffen im Gang Gemeinden im Hinterthurgau vor drei Jahren zusammen und richteten Ernst Bucher leitet in der Hinterthurgauer Gemeinde Rickenbach das eine Kollektivunterkunft ein. Die acht Männer haben hier unten alles, Sozialamt. Direkt unter seinem Arbeitsplatz, unter dem gemeinsamen was ihnen das Leben unter dem Boden so angenehm wie möglich Verwaltungsgebäude der Nachbargemeinden Rickenbach und Wilen, macht: Licht, Wärme, Heisswasser. Fernseher, DVD-Player, WLAN. befindet sich eine Zivilschutzanlage. Jeden Dienstagmorgen, jeweils Was fehlt, ist Tageslicht. Dafür hat das Sozialamt auf der Wiese neben kurz vor 9 Uhr, geht Bucher über den gepflasterten Vorplatz und den gedem Gemeindehaus einen Wohncontainer aufgestellt. Genutzt wird er pflegten Rasen. Kurz vor dem ersten Einfamilienhaus des angrenzenden von den Bewohnern kaum. Die meisten ziehen das drahtlose Internet Wohnquartiers führt eine Betontreppe unter das Gemeindehaus. Die im Bunker vor. Das Sozialamt sorgt aber dafür, dass die Bewohner unschwere, rostrot gestrichene Bunkertür steht immer offen. Es riecht nach ter der Woche mindestens einmal am Tag hinaufkommen. Von Montag Curry und Waschpulver. Lascha und seine sieben Mitbewohner, die hier bis Freitag kochen sie gemeinsam mit einer Betreuerin das Mittagessen. leben, haben sich im Eingang versammelt. Über dem Türrahmen klebt, Dafür müssen sie ins Dorfzentrum. Mittwoch ist zudem Schultag, Donauf weisses A4-Papier gedruckt, das Logo der sri-lankischen Opposinerstag Arbeitstag. Für die Gemeinde hacken die Männer Brennholz, tionsarmee Tamil Tigers. Dahinter erkennbar sind ein Massenschlag, ein das anschliessend verkauft wird. Der Rest der Zeit ist frei. So kann es SURPRISE 301/13

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Lange Tage: Die viele Freizeit in der Kollektivunterkunft schlägt den Bewohnern aufs Gemüt.

vorkommen, dass in der Nacht um 3 Uhr vier Männer gleichzeitig im Gang herumstehen, weil die Internetverbindung unerwartet abgebrochen ist. Oder dass ein Feuerwehrmann mittags um 11 Uhr die Entfeuchtungsanlage kontrollieren will und es noch in allen Zimmern dunkel ist.

das nie sagen. Trägt dort eine Frau keinen Schleier, berichtet Rahmatscha, kenne der Taliban oft nur eine Lösung: «Shoot machen», schiessen. Trägt eine den falschen Schleier: Shoot machen. Geht ein Kind trotz Verbot in die Schule: Shoot machen. Keine Schulbildung, keine Arbeit, kein Einkommen. Und immer wieder Terror, Tod, Trauer. Das waren die Gründe, warum Hamid, Rahmatscha und Hamid in die Schweiz kamen. Warum sie wochenlang marschierten, elf Stunden am Tag, zuerst durch Afghanistan, dann über den Iran in die Türkei. Warum Hamid, der ältere, in Griechenland in einen Lastwagen stieg, nach Italien fuhr, halb versteckt, halb eingeklemmt unter einer Ladung Holz. Er erinnert sich noch gut an den Moment, als er vom Lastwagenfahrer entdeckt, befreit und weggejagt wurde: «Ich hatte keine Ahnung, ob ich in Italien oder in der Schweiz bin.» Irgendwie fand Hamid die Grenze – und eine Mitfahrgelegenheit durch den Gotthard. Dann ging er zur Polizei. Gefängnis, Empfangszentrum Kreuzlingen, Kollektivunterkunft Wilen. Das war vor sieben Monaten. Jetzt stehen Hamids durchnässte Fussballschuhe unter dem elektrischen Ofen, ausgestopft mit einem «Landi»-

«Die Taliban machen viel Scheisse» In seiner rechten Hand hält Hamid den Zünder. Eine Bombe, die unter seinem Hemd Platz hat, kann 30 Menschen in den Tod reissen, vielleicht 35. In dem Afghanistan, das er kennt, ist das normal. Hamid, geboren 1994 in Afghanistan, aufgewachsen im Iran, schiitischer Muslim, sitzt am Küchentisch und isst. Er ballt seine Hand zur Faust. Sein Daumen zeigt nach oben, als hielte er ein Feuerzeug. Mit dem Mund imitiert er ein Klicken. Er ruft «Grüezi!», Daumen runter, bumm. «Alles weg», sagt Hamid und lacht. Dann legt er die Gabel zurück auf den Tisch. Rahmatscha und Hamid, der zweite, jüngere Hamid, lachen auch. «Grüezi!», wiederholt Hamid, der jüngere, und kichert. Er fährt mit seinen Händen durch die Luft, formt einen langen Bart unter seinem Kinn und fragt: «Warum hat «Gott ist überall der gleiche, egal mit welchem Namen.» – noch nie ein Taliban eine Bombe im Bart verIn seiner Heimat könnte Hamid das nie sagen. steckt?» – «Weisst du», antwortet Hamid auf den verstörten Blick des einzigen Schweizers Prospekt. Hamid zieht den linken Mundwinkel nach oben und schüttelt im Raum: «Die Taliban machen viel Scheisse. Aber was willst du maden Kopf: Seine Mannschaft hat schon wieder verloren. 4. Liga, FC Frauchen? Wir sind keine Taliban, wir sind positive Menschen!» Er nimmt enfeld gegen den FC Rickenbach, 3:2. In der Saisonbilanz resultieren bis die Gabel wieder auf. Der afghanische Eintopf ist köstlich, aber langsam jetzt fünf Punkte aus zehn Spielen – und der letzte Tabellenplatz. Was kalt. Überhaupt: Mit der Religion nehmen es die Afghanen nicht alle Hamid aber mehr schmerzt als die jüngste Niederlage: Es war das letzgleich genau. Während Rahmatscha als Sunnit fast täglich betet, liest te Spiel vor der Winterpause, was auch einige Wochen Trainingspause Schiit Hamid auch mal in einer persischen Bibel und sagt: «Gott ist überbedeutet. «Weisst du», sagt er, «den ganzen Tag schlafen ist nicht gut. all der gleiche, egal mit welchem Namen.» In seiner Heimat könnte er

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In der Anlage hat es eine Küche, es hat einen Fernseher und Internet – was es nicht hat, ist Tageslicht.

Das Training ist gut. Aber ich muss schnell Arbeit suchen.» Er brauche senschlag, unterste von drei Etagen, schlief oder starrte in sein Netbook. einen Lebenslauf. Am nächsten Abend sitzt Hamid zur vereinbarten Zeit Jetzt hat ihm das Sozialamt erlaubt, vorübergehend bei seiner Schweam Küchentisch. Vor ihm liegt sein Ausländerausweis. Anhand einer ster zu wohnen. «Er hat eine Depression», glaubt Lascha. lange nicht mehr angerührten Datei namens «Lebenslauf-MarioEine Woche vorher hatte Naathushan gesagt: «Come, I show you my Fuchs.doc» entsteht Hamids allererster Lebenslauf. Datei öffnen, sidocuments.» Handgeschriebene Briefe, Arztzeugnisse, Vorladungen. Eichern unter «Lebenslauf-Mohammadi-Hamid.doc». Aus 8.8.88 wird ne Leidensgeschichte in Amtssprache. Glaubt man dem Brief seines An1.1.94. Aus Evangelisch wird Muslim, Schiit. Aus Appenzell, AI, Kawmorda, Afghanistan. «Leute, die Probleme machen, müssen schnell weg. Das Die Abschnitte «Diplome» und «Schulen» müsist nicht gut für die anständigen Leute», sagt Hamid. sen komplett gelöscht werden. Hamid wird seinen Lebenslauf mehr als einmal drucken müssen, bis er einen Job gefunden hat. Doch daran denkt er nicht. Für ihn walts oder dem Haftbefehl der sri-lankischen Regierung, war es ein Kunzählt nur eines: möglichst schnell Arbeit finden. Welche, das ist ihm, de, der aus Naathushan einen politischen Verfolgten machte. Er hatte als der im Iran Herrenanzüge schneiderte und Steine schleppte, egal. «Bei Immobilienmakler und Vertreter eines Mobilfunkanbieters gearbeitet der Arbeit lerne ich richtig Deutsch», sagt Hamid. «Ohne Deutsch isch und sich in der Freizeit für die Opposition engagiert. Der Vorwurf der schwierig, weisst du.» Bis dahin besucht er mit seinen Mitbewohnern Polizei: Naathushan habe eine Wohnung an einen Attentäter vermietet. die zwei obligatorischen Deutschlektionen pro Woche. Die Fortschritte In der Wohnung sei eine Bombe gebaut worden, die später ein Parladort gehen ihm aber zu wenig schnell. In der benachbarten Stadt Wil mentsmitglied der Regierungspartei tötete. Naathushan wurde, so besucht er fast jeden Nachmittag freiwillig zusätzliche Deutschstunden. schreibt sein Anwalt, von der Sri Lankan Security Force gewaltsam entAuf seinem Nachttisch liegen Schulbücher. führt und festgehalten, zweimal. Belästigt, gequält, vergewaltigt. Naathushan erzählt, wie er einem dritten Haftbefehl nur knapp entkam, wie Schlafen im Schein der Nachttischlampe er in den Osten des Landes flüchtete, aber bald auch dort polizeilich geAn schlafen ist nicht zu denken. Montag, 23 Uhr, im Wohnzimmer sucht wurde. Wie er am 4. September 2009 mit einem gefälschten Pass läuft der Fernseher. Lascha nervt sich: Die Tamilen schauen in voller in einer Emirates-Maschine sass, nach Dubai und von dort nach Rom Lautstärke einen Kollywood-Film. K wie Kodambakkam, Hauptstadt des flog. Wie er in Italien in ein Auto stieg und in Kreuzlingen wieder austamilischen Films. Einer aber schaut nicht mit: Naathushan*, geboren stieg. «No good this letter», sagt Naathushan und zeigt einen Brief des 1987, Sri Lanka, Hindu, ist nicht mehr da. Naathushan war still geworBundesamts für Migration. «Sehr geehrte Damen und Herren, die Beden in den letzten Tagen. Er sprach nie viel – irgendwann sprach er gar schwerdeschrift enthält keine neuen erheblichen Tatsachen oder Benicht mehr. Er kochte auch nicht mehr. Er lag auf seinem Bett im Masweismittel, welche eine Änderung unseres Standpunktes rechtfertigen SURPRISE 301/13

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könnten. (…) Was das eingereichte Arztzeugnis aus Sri Lanka, die Briefe der Mutter und das Schreiben des Anwalts angeht, so müssen diese als Gefälligkeitsschreiben ohne Beweiswert betrachtet werden. (…) Bezüglich der Vorladung der Polizei ist anzumerken, dass solche Vorladungen leicht käuflich erwerbbar sind. Zum Haftbefehl ist festzuhalten, dass es grundsätzlich nicht möglich ist, dass der Beschwerdeführer dieses Dokument im Original besitzen kann, was bereits erhebliche Zweifel an seiner Echtheit weckt. (…) Wir beantragen Ihnen daher die Abweisung der Beschwerde.» Will Naathushan schlafen, muss er eine Tablette nehmen. Rechts neben seiner Matratze steht eine Nachttischlampe. Sie brennt die ganze Nacht, jede Nacht. Der Grund: Bürgerkrieg, 23. Juli 1983 bis 18. Mai 2009. Liberation Tigers of Tamil Elam gegen Sri Lanka Armed Forces. 80 000 bis 100 000 Tote. Vom jungen, erfolgreichen Geschäftsmann Naathushan, der in Colombo Mobiltelefone verkaufte und Wohnungen vermietete, blieb nichts übrig. Müsste er zurück nach Sri Lanka, sagt er, verginge vielleicht ein halbes Jahr, vielleicht ein ganzes. Dann würde ihn die Polizei finden. Dann wäre er tot. Kein Verständnis für Kriminelle Laschas Mobiltelefon klingelt. Er nimmt ab. Am anderen Ende: die Heimat. Die Freundin lebt mit ihrem Sohn in der georgischen Hauptstadt Tiflis. Alle paar Wochen liegt eine neue Prepaidkarte für ein Ferngespräch im Budget. Dann ruft Lascha auch seinen Vater auf dem Land

an. Darauf freut er sich weniger: Dem Vater geht’s gesundheitlich nicht gut – und Heilung durch den Hörer funktioniert nicht. Für Rahmatscha ist der Kontakt zum Vater in Afghanistan ein wöchentliches Ritual. Seine zwei Söhne im Primarschulalter leben bei ihm. Eines Tages, so hofft er, könnten auch sie in die Schweiz kommen. Aber nur, wenn sie anständig sind. Denn für etwas haben die Bewohner in der Kollektivunterkunft Wilen gar kein Verständnis: kriminelle Asylsuchende. Wer gewalttätig wird, etwas mit Drogen zu tun hat, oder «Zapzarap macht», also etwas klaut, habe es nicht verdient, in der Schweiz zu sein. «Leute, die Probleme machen, müssen schnell weg. Das ist nicht gut für die anständigen Leute», sagt Hamid. Lascha sieht das gleich: «In der Schweiz mit Zapzarap oder Drogen keine Chance.» Am 6. Dezember 2012 läuft die gemeinderätliche Bewilligung des temporären Aufenthalts von Herrn Mario Fuchs in der Kollektivunterkunft Wilen aus. Abschied nehmen fällt den einen leicht, den anderen weniger. Lascha fragt Sozialamtsleiter Ernst Bucher, ob die Bewilligung denn nicht verlängert werden könne. Der Herr Fuchs benehme sich doch anständig, hätte das doch verdient. «Aber nein», witzelt Lascha, «Herr Bucher gibt dir kein Asyl, negativ.» Körper und Gepäck ziehen aus, die Gedanken aber sind immer wieder in der Kollektivunterkunft. ■ * Name geändert Ein Online-Tagebuch mit Episoden aus dem Alltag, Hintergrundinformationen, Bildern und einem Video wurde unter www.asylblog.ch veröffentlicht.

Asyl «Ich fand, ich müsse auch etwas geben» INTERVIEW: RETO ASCHWANDEN

Wie wurden Sie in der Kollektivunterkunft aufgenommen? Sehr freundlich und offen. Ich hatte am ersten Abend meine Hausschuhe daheim vergessen, da bot mir ein Bewohner spontan seine an. Ein anderer bestand darauf, mir etwas zu kochen. Die Unterkunft ist ein Luftschutzkeller. Wie sind Sie mit diesem Bunkerambiente zurechtgekommen? Für vier Wochen war das kein Problem. Ich war als Durchdiener im Militär, deshalb bin ich mir solche Zivilschutzanlagen gewohnt. Wie muss man sich das Zusammenleben dort vorstellen? Der Georgier Lascha, mit dem ich viel Kontakt hatte, sagte immer: Wir sind wie eine kleine Familie. Sie schauen aufeinander, kochen gemeinsam, und wenn einer keine Zigaretten mehr hat, hilft ihm der andere aus. Kein Lagerkoller? Teilweise sicher. Manche sind seit drei Jahren dort unten. Und irgendwann hast du’s gesehen.

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Luftschutzkeller statt WG – Journalist Mario Fuchs zog vier Wochen in die Asylunterkunft. Wie er das erlebte, erzählt er hier. Wie nahe haben Sie das Schicksal der Männer an sich herangelassen? Man kann keine klare Linie ziehen. Anfangs war es einfach: Sie erzählten und ich habe Notizen gemacht. Mit der Zeit merkte ich aber: Da gibt es Leute, die etwas von mir wollen. Was denn? Einer meinte, ich könnte ihm einen Job beschaffen. Da musste ich ihm erklären, dass ich das nicht kann, dass er das mit dem Sozialamt und anderen Behörden anschauen muss. Dafür hab ich mal ein Telefonat übernommen und beim Erstellen eines Lebenslaufs geholfen. In die Rolle des Flüchtlingshelfers wollte ich nicht fallen, aber sie gaben in ihren Erzählungen so viel von sich preis, dass ich fand, ich müsse auch etwas geben. Hat dieser «Reality-Check» Ihre Haltung zur Schweizer Asylpolitik verändert? Es hat meine Ansichten eher bestätigt: Die ganzen Verfahren dauern zu lange. Das Hin und Her mit Rekursen und zwischen den verschiedenen Ämtern kann sehr ermüdend sein. Ebenfalls bestätigt hat sich meine Ansicht, dass von den allermeisten Asylsuchenden keine Gefahr ausgeht. Gewalt habe ich nie erlebt.

Wenn sich zwei Bewohner stritten, gingen schnell andere dazwischen. Haben Sie heute noch Kontakt zu den Bewohnern? Vor allem mit Lascha. Er ruft mich alle paar Wochen an, und wenn ich länger nichts höre, dann frage ich nach. Manchmal besuche ich ihn in der Unterkunft, wir trinken Kaffee oder essen zusammen. Die Bewohner freuen sich, wenn ich komme. ■ SURPRISE 301/13


BILD: ISTOCKFOTO

Armdrücken Doan und die starken Frauen Wie der Vater, so die Töchter: Die ganze Familie Simsek ist Schweizer Meister im Armdrücken. Zuletzt stand auch noch Ehefrau Halise zuoberst auf dem Treppchen. Im Toggenburg lebt die stärkste Familie der Schweiz.

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Doan Simsek greift sich alles, was ihm zu nahe kommt – gerne auch Ehefrau Halise.

VON RENATO BECK (TEXT) UND ROLAND SOLDI (BILDER)

dann gefragt: «Wollt ihr Armdrücken?» Sie haben Ja gesagt, da meinte Doan, wie er halt ist: «Na, dann gehen wir gleich trainieren.» Dass er den Sport so gerne hat, hängt wohl auch ein bisschen damit zusammen, dass er so gut darin ist: «Wenn ich weiss, da gibts ein Turnier, dann habe ich ein Ziel. Dann kann ich zwei Monate vorher intensiv trainieren, jeden Tag 90 Minuten; dann gehe ich hin, weiss, ich bin vorbereitet, bin stark. Ich drücke und ich gewinne. Ha!» Der Erfolg ist immer nur eine Armlänge voraus. Seinen bedeutsamsten hatte er an der Weltmeisterschaft 2012 in Brasilien. Dokumentiert ist der Triumph in einem wackeligen Youtube-Filmchen. «Komm Doan! Nochmal so!», Doan kaut Kaugummi, tigert durch die Halle, streckt die Faust in die Höhe, in Richtung seiner Fans. Er tätschelt sich den Unterarm, wiegt – beeindruckt von seiner eigenen Stärke – den Kopf hin und her, psychologische Spielchen. Dann am Tisch

Drei grosse Persönlichkeiten stammen aus Wattwil im Toggenburg, Sturköpfe allesamt. SVP-Präsident Toni Brunner kommt von dort, der Anti-Migros-Agitator Hans Pestalozzi ebenfalls – und dann ist da noch einer, dessen Name sich in keinem Wikipedia-Eintrag findet, obwohl er es längst verdient hätte. Doan Simsek. Doan Simsek, der Weltmeister, drückt sie alle weg, und seine ganze Familie eifert ihm nach. Er gewinnt seit Jahren in Serie, die beiden Töchter (16 und 18) sind Champions, dieses Frühjahr stand dann auch noch seine Frau Halise an der Schweizer Meisterschaft im Wallis ganz oben. Auch sein Bruder drückt vorne mit, die beiden Neffen gelten als hoffnungsvolle Nachwuchstalente. In Wattwil lebt die stärkste Familie der Schweiz. Auf Besuch bei Doan, der eine Persönlichkeit ist, ja weit mehr als das, ein Naturereignis: ausrasierter Kopf, scharf getrimmter Irokesen-Kamm, knuffiges Gesicht, «Wollt ihr Armdrücken?», fragte Doan seine Töchter. Sie beHände wie Bratpfannen, die beim Erzählen gejahten, also meinte er: «Na, dann gehen wir gleich trainieren.» fährlich hin und her schwingen. Auf den ersten Blick würde man ihm bestenfalls die Türe eidauerts einen Augenblick lang, mehr nicht, und der Kampf ist entschienes Nachtclubs anvertrauen, doch Doan, der 105-Kilogramm-Koloss, ist den: Die Schiedsrichter geben den Kampf frei, und der Arm des Kontraein lieber Kerl, dem man das Neugeborene zum Wickeln hinlegen kann. henten liegt auf der Platte. Der Schnauzbart aus den USA ist chancenlos gegen den Irokesen aus Wattwil. Kurzer Prozess «Sicher sind wir stolz», sagt Ilknur in der weltmeisterlichen WohDer 45-Jährige ist ein Kindermensch. Kaum konnten seine Töchter nung, «auf so was kann man ja fast nur stolz sein!» Der Pokalschrank Ilknur und Özgül laufen, hängten sie sich an seine Arme, dick wie Abist bis oben gefüllt, ganz anders als die Preisgeldkasse. «Es gibt bei uns wasserrohre, versuchten sie niederzurütteln mit ihrem ganzen kleinen kein Geld zu verdienen», sagt Doan, der bis vor Kurzem noch alles selGewicht. Doan, der Armdrücker, der Weltmeister von Wattwil, immer ber bezahlen musste. Was mit dem Gehalt eines Stanzers in der Metallwollen sich alle mit ihm messen, sagt er. «Von klein auf haben wir mitverarbeitung nicht einfach war. Nun wird er immerhin von der örtlichen gemacht», erzählt Ilknur, die ältere der beiden Töchter. Der Vater hat

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Starke Schwestern: Im Final der Schweizer Meisterschaften besiegte Özgül (rechts) die ältere Schwester Ilknur.

Raiffeisen-Bank gesponsert, sie kommt für die Reisekosten auf. Und hin und wieder ruft jemand an, der ihn für eine Tombola buchen will. «Hier kennt mich jeder», sagt er. «Du kommst nach Wattwil und fragst, wer ist der Weltmeister? Ha, der Doan.» Auch das macht ihn zum Naturereignis: Er zieht alle um sich in seinen Bann. Halise kam von der Arbeit nach Hause, erzählte, wie die Kollegen gegen sie drücken wollten, wie sie gewann. «Du bist begabt», urteilte Doan, «komm, wir gehen trainieren.» Das war im Februar. Einen Monat später war sie Schweizer Meisterin. «Wir machen das auch für ihn», sagt Halise (38). Er hat aber auch etwas für sie gemacht, damals, nach der Heirat, als er mit dem Boxen aufgehört hat. Er landete dann zufällig an einem Armdrücker-Wettkampf in Gossau, wo er es prompt in den Final schaffte. Das war vor 18 Jahren. Die Kollegen sagten: «Moll, Doan, du bist talentiert, du hast Kraft, du musst aber noch die Technik lernen.» Vom Glauben abgefallen Und er lernte die Technik, wurde drei Jahre später zum ersten Mal Schweizer Meister. Gut 400 Wettkampf-Drücker gibt es in der Schweiz, 100 davon sind Frauen. Aber keiner kommt an den türkischen Einwanderer heran, der seit 1977 in Wattwil lebt, wo die Leute ein bisschen verklemmt seien, wie das Doan nennt. Engstirnig und starrköpfig wären andere mögliche Bezeichnungen. «Die Leute hier sind nicht so offen, wie in, sagen wir, Luzern oder dem Tessin.» Aber er passe gut hierher. Also liess er sich vor sieben Jahren einbürgern. Seither ist er Mitglied der inoffiziellen Nationalmannschaft (der Schweizer Verband wird von Swiss Olympic nicht anerkannt) und reist in deren Farben an die Turniere überall in der Welt. Die Reisen, sagt er, hätten ihn verändert, sie hätten sein Denken umgekrempelt. Er sah die Bettler von Rio und vielen anderen Orten und SURPRISE 301/13

kam zum Schluss: Wenn es einen Gott gäbe, würde er das nicht zulassen. Also traf er einen Entscheid. Er las viel, wog – und machte dann, ganz im Stil seiner Wettkämpfe, kurzen Prozess. Doan entspringt einer religiösen Familie, seine Eltern sind streng muslimisch, sie akzeptieren seinen Wandel nicht. Doch er sagt zu ihnen: «Ihr wart immer am selben Ort, ihr habt nichts gesehen. Ihr könnt euch kein Urteil bilden.» Er und seine Familie sind heute allesamt konfessionslos, Atheisten gar. Sie glauben daran, dass es nicht für alles einen Grund gibt, aber eine Erklärung. Und daran, dass es keine Gerechtigkeit gibt auf der Welt. «Wenn du Geld hast, kriegst du alles, sogar Gott», sagt Doan. «Doch wenn du arm bist, kannst du Jesus sein, und du scheiterst.» Er hat in seiner Wohnung einen Zeitungsartikel aufgepinnt. Die Geschichte eines zu lebenslanger Haft verurteilten Mörders und Vergewaltigers, der im Gefängnis Lotto spielte und Millionär wurde. «Seine Kinder fahren jetzt Lamborghini. Ist das gerecht?» Unlängst war er im Kraftraum, als sich ein Gespräch über Religion entwickelte: «Sie haben mich gefragt, Doan, wer ist dein Prophet? Darwin, sagte ich. Also haben wir über Darwin gesprochen. Da sagte doch ein Schweizer Mädchen, Darwin sei ein Lügner, nur was in der Bibel steht, stimme. Adam und Eva und fertig. Die geht hier zur Schule. Wie ignorant! Ha!» Mit Religiösen habe er Probleme. «Da sage ich hoi, hoi, ciao, ciao.» Darwin und Doan, das passt. Propheten der Stärke unter sich. Auch die Töchter, beides KV-Lehrlinge, suchen den Wettstreit. Nicht nur im Armdrücken: Özgül boxt, vom Vater trainiert, Ilknur spielt Fussball. Sie spüren den Respekt, wenn sie erfolgreich sind, das spornt sie an, sagen sie. Wer stark ist, setzt sich durch, das lebt der Vater ja jeden Tag vor. Und wenn er mal verliert? «Das macht nichts,» sagt Doan, «heute verlierst du, morgen gewinnst du.» Halise zieht die Augenbrauen hoch. «Na ja», sagt sie, «wenn er verliert, wirds schon etwas schwierig.» ■

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BILD: GUIDO SÜESS

Wörter von Pörtner Gentlemanräuber Nach dem beim letzten Mal besprochenen Haudegen heute eine weitere Folge der Serie «Ausgestorbene männliche Vorbilder»: der Gentlemanräuber. Zu Grabe getragen wurde er heuer in Person von Bruce Reynolds, dem Kopf hinter dem grossen Zugraub in England 1963. Einzig Ronald Biggs, der eigentlich nur am Rande beteiligt war, lebt noch. Der Gentlemanräuber war ein Verbrecher, der bei der Ausübung seines Berufs keine Gewalt anwendete. Nun gut, beim Zugraub wurde der Zugführer k.o. geschlagen. Waffen jedoch setzte er nie ein, und wie Reynolds in seiner sehr lesenswerten Autobiografie vermutet, hat die strenge Verurteilung von Gentlemanräubern auch dazu beigetragen, dass heute immer Waffen eingesetzt werden. Warum sollte man die Strapazen der präzisen Planung und Ausführung des Raubs auf sich nehmen, wenn

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man ohnehin 30 Jahre bekommt, egal ob man Menschen verletzt oder nicht? Die Posträuber von Zürich liessen das romantische Ideal vom gewaltfreien Raub noch einmal kurz aufleben. Anders als bei den britischen Vorbildern wurden sie jedoch alle geschnappt, nicht aber das ganze Geld, wahrscheinlich wurde es ihnen abgenommen. Es ist ja nicht so, dass Kriminelle keine Angst vor Kriminellen haben müssen. Viel einfacher, als eine Post auszurauben, ist es, einen Posträuber auszurauben, das wusste schon Reynolds, und die halbe Unterwelt hatte genau diesen Plan. Trotzdem gelang es ihm, einige Jahre in Saus und Braus zu leben und sich sogar als DunhillVertreter in Mexiko zu etablieren. Es braucht also einiges an Intelligenz, ein Gentlemanräuber zu sein. Und vielleicht gehen die jungen Männer, die heute rasch an viel Geld kommen wollen, eine Vorliebe für elegante Kleider, schöne Frauen und schnelle Autos haben, aus demselben Grund in die Bank wie der legendäre Willie Sutton, der auf die Frage, warum er Banken ausraube, lapidar antwortete: «Weil dort das Geld ist.» Nur gehen sie heute nicht mehr vermummt in die Schalterhalle, diese jungen Männer, sie graben sich auch nicht mehr in den Tresorraum, nein, sie lassen sich von der Bank anstellen. Wie die Finanzskandale und -krisen der letzten Jahre gezeigt haben, bietet dies, die nötige kriminelle Energie und Intelligenz vor-

ausgesetzt, die Aussicht auf gewaltige Beute. Trotzdem endet die Karriere nur selten vor dem Richter, und selbst wenn, sind die Strafen milde. Sogar in den krassesten Fällen, bei denen die geschädigte Bank untergeht, wie im Falle der Barings Bank, ist der Schuldige nach weniger als fünf Jahren wieder auf freiem Fuss. Je weiter oben der Gentleman stand, der die Bank unter massiver Vermehrung des eigenen Vermögens an den Rand des Ruins brachte, desto weniger braucht er sich vor Strafverfolgung zu fürchten. Die früheren Gentlemanräuber, die oft jahrelang auf der Flucht waren, wurden als Staatsfeinde betrachtet. Beim Volk jedoch genossen sie grosse Sympathien, ja sie waren echte Volkshelden, weil sie es schafften, dem System ein Schnippchen zu schlagen, mit Witz und Intelligenz statt mit Gewalt. Das machte sie gefährlich, und so zahlten sie einen hohen Preis. Bruce Reynolds verbrachte 15, Willie Sutton über 20 Jahre im Gefängnis. Die Gentlemanräuber haben ihre Lektion gelernt.

STEPHAN PÖRTNER (STPOERTNER@LYCOS.COM) ILLUSTRATION: MILENA SCHÄRER (MILENA.SCHAERER@GMX.CH) SURPRISE 301/13


Digital Geopferte Nächte Der Medientrend geht weg vom Papier und hin zu Bewegtbild-Reportagen. Diesem Credo entsprechend haben Absolventen der Zürcher Hochschule der Künste «Nachtschichten» kreiert: Ein Video-Magazin zum Hingucken.

«Zürich by night ist recht speziell», sagt Toby Merkli im Video-Magazin Nachtschichten. Und der Feuerwehrmann muss es ja wissen, denn: Er arbeitet häufig nachts. «Gerade am Wochenende passieren teils haarsträubende Sachen.» Zum Beispiel, dass seiner Einsatztruppe der Weg versperrt wird, trotz Blaulicht. Der gelernte Forstwart Merkli gehört laut Bundesamt für Statistik einer Minderheit an: 5,5 Prozent der berufstätigen Bevölkerung gehen hierzulande einer Nachtarbeit nach. Und wie für eine Minderheit üblich, weiss die breite Öffentlichkeit herzlich wenig von deren Treiben und Tun. Eine Lücke, welcher sich das erwähnte Video-Magazin Nachtschichten annehmen wollte. Dahinter stehen Studenten der Zürcher Hochschule der Künste, genauer: Die Absolventen des (noch jungen) Studienbereiches Cast/Audiovisuelle Medien. Unter der Leitung von Dozent Nico Lypitkas, einem Filmschaffenden, haben die im fünften Semester stehenden Studierenden sieben Menschen durch die Nacht begleitet und ihre Geschichten festgehalten. Nebst dem Feuerwehrmann Toby Merkli auch einen Strassenfeger, eine Burlesque-Tänzerin oder eine String-Designerin, die nicht nachts arbeiten muss, es aber tut. Weil sie am liebsten dann ihrem Broterwerb nachgeht, wenn vor ihrer Haustüre im Kreis 4 Partys abgehen. «Ich höre alles, bin mittendrin und muss doch nicht teilnehmen», sagt sie im knapp siebenminütigen Videobeitrag zu ihrer Person. Den Machern der Magazin-App, die sich gratis via iTunes Store downloaden lässt, stand der Sinn allerdings nicht bloss nach Porträts. Seine Studenten müssten fähig sein, Geschichten plattformübergreifend zu erzählen und mit neuen digitalen Erzählformen zu experimentieren, betont Nico Lypitkas. Schliesslich sollen sie nach ihrem Bachelorabschluss in der Kreativwirtschaft oder in der Medienszene landen. «Unser Plan war es, ein sowohl magazinartiges als auch interaktives Format zu entwickeln.» Da die Studierenden keine Programmierer sind und auch keine sein sollen, griff man auf das Wissen und die Unterstützung des Berliner Astronaut Magazine zurück, das auf diesem Gebiet über mehrjährige Erfahrung verfügt. Der Videoanteil der sieben Reportagen kann auch einzeln auf YouTube angeklickt werden, doch um möglichst alle Facetten der Werke auszukosten, sei ein iPad nötig, so Lypitkas. «Sonst verpasst man das Einzigartige des Projekts.» Sprich: Das selbständige Navigieren, den Moment des Eintauchens in die Nacht und nicht zuletzt auch zahlreiche zusätzliche Zitate, Texte und Fotostrecken. Diese ergänzen die Videos nicht nur, sie runden sie ab. «Am meisten freut mich, wie sehr das Endprodukt wie aus einem Guss wirkt», sagt Lypitkas. Wofür auch die Einladung nach Berlin spricht, bei der man Nachtschichten vor einem SURPRISE 301/13

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VON MICHAEL GASSER

Mit neuen Medien durch die Nacht.

Fachpublikum im neu eröffneten Apple Store der deutschen Hauptstadt präsentieren durfte. «Der Trend geht weg von alleinigen Papier-/Text-Inhalten hin zu Bewegtbild-Reportagen», gibt sich Martin Zimper, Leiter Vertiefung Cast/Audiovisuelle Medien, überzeugt. Vor allem, wenn diese es schaffen, dem Zuschauer so intime und einfühlsame Bilder und stringent aufbereitete Geschichten wie in Nachtschichten zu vermitteln. Für Marwan Abdalla, einen der neun involvierten Studenten und zugleich Art Director des Projekts, zählten Layout und Design der App zu den grössten Herausforderungen. «Auch war es schwierig, einen Konsens zu finden, der alle unsere Protagonisten genügend würdigte.» Abdalla zeichnet fürs Porträt von Stadtreiniger Kurt Schmid verantwortlich, der einfach immer gute Laune habe. «Das hat mich fasziniert.» Natürlich sei ihm schon vor Nachtschichten bewusst gewesen, dass viele Menschen in Zürich während der dunklen Stunden des Tages arbeiten, sagt Abdalla. «Dass es dabei eine so grosse Vielfalt an verschiedenen Tätigkeiten gibt, hätte ich allerdings nicht vermutet.» Und wie viele Nächte musste er für die Fertigstellung seines Porträts opfern? «Das waren einige. Aber eigentlich war es ja nicht unser Ansinnen, selbst zu Protagonisten unseres Projektes zu werden …» ■ Zürcher Hochschule der Künste ZhdK: «Nachtschichten» www.zhdk.ch/index.php?id=51543 Die iPod-Version ist im iTunes Store erhältlich.

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Kultur

«Tempo Tempo!», heisst es in der modernen Atemlosigkeit.

Kunst oder Klauen, das ist hier die Frage.

Buch Zeitfresser und Stressometer

Kino Unschuldiger Gangster

Das fantasievoll gestaltete «Zeitsparbuch» liefert mit Humor Denkanstösse zu unserem Umgang mit dem Phänomen Zeit.

Der Milieu-Film «Nairobi Half Life» schafft mit Ehrlichkeit, Schärfe und Humor ein kontrastreiches Porträt des Lebens in der kenianischen Hauptstadt.

VON CHRISTOPHER ZIMMER VON YVONNE KUNZ

Zeitmanagement ist eines der beliebtesten Problemfelder der Ratgeberliteratur. Doch nicht wenige dieser Gewusst-wie-Kompendien propagieren nur mehr Effizienz im Dienste der Leistungsgesellschaft und tragen damit noch zur Verdichtung und Beschleunigung bei, die unser Leben dominieren. Dieser Atemlosigkeit der Moderne hat sich auch die Ausstellung «Tempo Tempo! Im Wettlauf mit der Zeit» des Museums für Kommunikation Frankfurt gewidmet, die noch bis Sommer in Berlin zu sehen ist. Wer Frankfurt verpasst hat und Berlin nicht mehr in seinem übervollen Time Schedule unterbringt, dem sei das zur Ausstellung entstandene «Zeitsparbuch» empfohlen, das mit einem Augenzwinkern Denkanstösse zum Umgang mit und zur Reflexion über die Zeit geben möchte. Dies tut es auf überzeugende Weise, weil es uns aus dem Zeitstrom herauslockt und zu der Musse verleitet, die erst den Blick auf unser Verhältnis zur Zeit ermöglicht. Zum einen, weil das Buch sowohl bild- als auch typografisch wunderschön gestaltet ist, eine Freude nicht nur für eingeschworene Bibliophile. Zum anderen, weil die kurz und verständlich gehaltenen Kapitel eine ganze Palette von Zeitphänomenen nicht nur anschaulich darstellen, sondern dazu die Entwicklung aufzeigen, die aus Zeit ein scheinbar rares Gut gemacht hat, das seit Benjamins Franklins «Time is money» wie eine Währung gehandelt, verwaltet und laufend optimiert wird. So lesen wir etwa von Zeitfressern in Gestalt tyrannischer Smartphones und von Zeitbeschleunigern, die die Welt zum globalen Dorf reduzieren, von Pausen aller Art unter dem Icon «» als witzigem Kürzest-Titel, von der atemberaubenden Logistik des Online-Shoppings, von der Nachrichtenflut des digitalen Zeitalters oder in einem fast schon kabarettistischen Kapitel vom Leben im Stau, diesem Phänomen der Neuzeit, das die wachsende Mobilität zur Farce macht. Ein liebevoll gestalteter immerwährender Wochenkalender beschliesst das Buch, mit reichlich Platz für Musse und eigene Gedanken, mit «therapeutischen» Stressometern sowie Zitaten zum Zeitenwandel von Dichtern, Denkern … und Angela Merkel.

Neu ist die Geschichte des naiven Landeis, das in der grossen Stadt rüde aus seinem Traum erwacht, schon seit Dickens nicht mehr. Man könnte «Nairobi Half Life» auch ankreiden, gesellschaftliche Klischees über das Slumleben, Gangs, Gangster-Lifestyle und Polizei-Korruption zu rezyklieren. Doch allein die frische Energie und die lebendige Ehrlichkeit, die sich durch David Tosh Gitongas Regiedebut zieht, machen diesen Makel wett. Hinzu kommt ein absolut einnehmender Protagonist, Mwas, der das Gangleben als unfreiwillige Station auf seinem Weg zu seinem eigentlichen Ziel sieht: Schauspieler zu werden. Zu Beginn ist Mwas noch ein fröhlicher DVD-Verkäufer in einem Provinzkaff, der den Inhalt seiner Ware gerne selbst vorspielt – zum Beispiel die Rede eines Spartaners aus «300». Und bald darauf sitzt Mwas im Bus in die grosse Stadt, wo er zum Theater will. Kaum da, wird er angegriffen, ausgeraubt und sitzt schon bald versehentlich im Knast, wo er gezwungen wird, die ekligste Massentoilette der Filmgeschichte zu reinigen. Dort trifft er auch den selbstverliebten Gangchef Oti aus dem (real existierenden) Slum Gaza, der ihn unter seine Fittiche nimmt. Wieder in Freiheit, wird Mwas Mitglied in Otis Crew, die im Klau von Stossstangen, Pneus und Lichtern tätig ist, mit Nebengeschäften im Bereich Drogen und Frauen. Gleichzeitig schafft es Mwas tatsächlich, eine Rolle in einem Stück im Phoenix Theater zu ergattern. Das Stück beschäftigt sich, wenig überraschend, mit Klassenunterschieden in Kenia und ist eine Art kenianische Bühnenversion des deutschen Kultfilms «Die fetten Jahre sind vorbei». Der immer groteskere Unterschied zwischen Mwas’ kriminellen Aktivitäten und seinem Künstlerleben sorgt für bittersüsse Lacher. Die gekonnte Professionalität des Films erklärt sich teils durch das Engagement des deutschen Regisseurs Tom Tykwer («Lola rennt»), der sich zum Ziel gesetzt hat, jährlich einen afrikanischen Film zu produzieren. Mit diesem packenden Stück afrikanischem Kino hat das Team an Filmfestivals rund um den Globus schon mehrere Preise gewonnen und war im Rennen um den Oscar für den besten fremdsprachigen Film. Zu Recht.

Das Zeitsparbuch. Hrsg. Museum für Kommunikation Frankfurt.

David Tosh Gitonga: «Nairobi Half Life», Kenia 2012, 96 Min., mit Joseph Wairimu,

Verlag Hermann Schmidt 2012. 29.90 CHF.

Olwenya Maina, Nancy Wanjiku Karanja u.a. Der Film läuft ab Anfang Juni in den Deutschschweizer Kinos. Schweizer Premiere: Sa, 1. Juni im Filmpodium Zürich in Anwesenheit des Regisseurs.

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© COLLECTION OF GEORGE EASTMAN HOUSE, ROCHESTER BILD:

Die 25 positiven Firmen Diese Rubrik ruft Firmen und Institutionen auf, soziale Verantwortung zu übernehmen. Einige haben dies schon getan, indem sie dem Strassenmagazin Surprise mindestens 500 Franken gespendet haben. Damit helfen sie, Menschen in prekären Lebensumständen eine Arbeitsmöglichkeit zu geben und sie auf ihrem Weg zur Eigenständigkeit zu begleiten. Gehört Ihr Betrieb auch dazu? Die Spielregeln sind einfach: 25 Firmen werden jeweils aufgelistet, sind es mehr, fällt jener Betrieb heraus, der am längsten dabei ist.

Kindheit 1906: Mitternacht auf der Brooklyn Bridge.

Ausstellung Mensch im Mittelpunkt Lewis Hine machte die Kamera zur Waffe bei der Mission, gesellschaftliche Missstände aufzudecken. Anfang des 20. Jahrhunderts rückte er die Kinderarbeit ins Blickfeld der Öffentlichkeit. VON FABIENNE SCHMUKI

Mitten im Fluchtpunkt eines Fabrikflurs steht ein Mädchen: Auf Lewis Hines Fotografien gibt es einen Mittelpunkt, und das ist der Mensch. Hine ist ein messerscharfer Beobachter. Und ein gnadenloser. Indem er festhält, was er sieht, zwingt er uns bis heute, ebenfalls hinzuschauen. Aus gutem Grund ist Lewis Hine auch das Aushängeschild der sozialdokumentarischen oder «concerned photography», deren sozialkritischer Ansatz das Leben von unterprivilegierten Menschen dokumentiert. Lewis Hines Werk zeigt oft den Menschen bei seiner Arbeit, und trotzdem sagt Urs Stahel, Direktor und Kurator des Fotomuseums Winterthur: «Wenn die Arbeitsumstände haltbar sind, kritisiert Hine diese nicht. Allerdings soll sich der Mensch, so Hine, in seinen Fähigkeiten entfalten können.» Auf rund 170 gerahmten Fotografien zeigt die Ausstellung im Fotomuseum Winterthur den Künstler in seinen verschiedenen Schaffensphasen. Lewis Hine wurde 1874 in der amerikanischen Kleinstadt Oshkosh im Bundesstaat Wisconsin geboren. Sein Vater starb, als er 18 Jahre alt war, und nun war es an ihm, Verantwortung für die Familie zu übernehmen. Mag sein, dass das Engagement, das sich in seinen Tätigkeiten als Soziologe und Lehrer und später als sozialdokumentarischer Fotograf widerspiegelt, auch daher rührt. Erst fotografierte Hine auf Ellis Island, wo zwischen 1892 und 1954 Millionen von Immigranten inspiziert wurden. Später lichtete er Kinder bei der Arbeit ab. Er quittierte den Lehrerberuf, um während des Ersten Weltkriegs in Europa Notstandsarbeiten des Roten Kreuzes zu fotografieren. 1930 kehrte er nach New York zurück, um den Bau des Empire State Buildings zu dokumentieren – und damit die Arbeiter auf dem zuletzt 443 Meter hohen Wolkenkratzer. «Seine konsequente Konzentration auf die Abbildung gesellschaftlicher Verhältnisse ist fast einmalig», sagt Urs Stahel, und er sagt es in schwärmerischem Ton. Denn bei aller Gesellschaftskritik bleiben Hines Bilder auch einfach ästhetische Meisterwerke.

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Applied Acoustics GmbH, Gelterkinden

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Buchhandlung zum Zytglogge, Bern

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hervorragend.ch, Kaufdorf

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Kaiser Software GmbH, Bern

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Velo-Oase, Erwin Bestgen, Baar

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Coop Genossenschaft, Basel

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Cilag AG, Schaffhausen

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Arbeitssicherheit Zehnder GmbH, Ottenbach

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Novartis International AG, Basel

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Solvias AG, Basel

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Ernst Schweizer AG, Metallbau, Hedingen

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confidas Treuhand AG, Zürich

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ratatat – freies Kreativteam, Zürich

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G.A.T.E.S., Hôteliers & Restaurateurs SA, Basel

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Claude Schluep & Patrick Degen, Rechtsanwälte, Bern

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homegate AG, Adliswil

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Sprenger & Partner Bauingenieure SIA USIC, Arlesheim

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Oechslin Architektur GmbH, Zollikerberg

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Fischer + Partner Immobilien AG, Otelfingen

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IBP – Institut für Integrative Körperpsychotherapie, Winterthur

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Knackeboul Entertainment

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Anne Hoffmann Graphic Design, Zürich

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Girod Gründisch & Partner, Visuelle Kommu-

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Paul & Peter Fritz AG, Literary Agency, Zürich

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TYDAC AG, Web-Mapping-Software, Bern

nikation, Baden

Möchten Sie bei den positiven Firmen aufgelistet werden? Mit einer Spende von mindestens 500 Franken sind Sie dabei! PC-Konto: 12-551455-3, Verein Surprise, 4051 Basel Zahlungszweck: Positive Firma + Ihr gewünschter Eintrag. Wir schicken Ihnen eine Bestätigung.

«Lewis Hine – Fotografieren, um zu verändern». Sa, 8. Juni bis So, 25. August, Fotomuseum Winterthur www.fotomuseum.ch

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Ausgehtipps

In Taipei blühen die Matten in der Tiefgarage.

Ungemütliche Begegnungen im Urban Game.

Bern Bern Berge in der Grossstadt Wer? Wo? Wieso?

Freestyler, Angeber, Poet: Knackeboul.

Auf Tour Breite Palette Vielleicht haben Sie in der letzten Ausgabe den Beitrag von Knackeboul gelesen. Und sich gefragt, wie der denn zu Surprise kommt. Ganz einfach: Wir finden ihn super. Und darum möchten wir Sie wissen lassen, dass er in den kommenden Wochen sein neues Album «Picasso» live präsentiert. Und zeigt, dass er mehr ist als ein begnadeter Beatboxer und FreestyleRapper. Auf «Picasso» steht Hip-Hop neben Punk, Wortwitz trifft auf Angeber-Reime und nachdenkliche Poesie – Knackeboul ist unterdessen auch schon 30. Begleitet wird der rappende Entertainer wie gehabt von der treuen Loopstation Gudrun, für die Festival-Gigs tanzt zudem eine komplette Band an, der unter anderem der hochgelobte Nachwuchsmusiker Domi Chansorn angehört. Es dürfte laut und abwechslungsreich werden, wenn Knackeboul und Co. ihre Palette ausbreiten. (ash)

Der Himmel ist immer blau, die Natur immer intakt und die Landschaft hoch stilisiert: In Taiwans Hauptstadt Taipei sind an fast jeder Strassenecke gemalte Berglandschaften zu finden. Auftraggeber dieser Stadtverschönerungsmassnahmen ist Taiwans staatlicher Elektrokonzern Taipower. Er beauftragt ehemalige Filmplakatmaler, graue Elektroschaltkästen und Garagenwände mit Naturbildern zu verschönern. Nun hat die Schweiz die Stadtberge Taipeis entdeckt und holt sie per Videodokument nach Bern: Taiwanesische Studentinnen und Studenten filmten für das Alpine Museum in Bern ihre City Mountains und lassen in ihren Kurzfilmen die Maler sowie Passanten zu Wort kommen. (mek) Ausstellung «City Mountains. Made in Taipei, Taiwan», noch bis zum 18. August im Alpinen Museum Schweiz. www.alpinesmuseum.ch

Wer darf was in der Stadt? Wer hat das Sagen? Wem gehört die Stadt? Mit diesen Fragen geht das Schlachthaus Theater heuer zum zweiten Mal raus auf die Strasse, wo nie so ganz klar ist, was geht und was nicht und wer sagt, was nicht gehen darf und wer alles trotzdem und erst recht macht. Die Stadt als Theaterkulisse, aber nicht nur. Sondern als lebendiger Stoff des Theaterprojekts «Wem gehört die Stadt?» Auf dem Programm stehen: Eine glamouröse Performance der Berliner Gruppe Gob Squad, Kreidenträume – eine Aktion für kleine Strassenkünstler – eine Audiobesichtigung der Metzgergasse von Mats Staub, ein Urban Game von 400asa, für das man sich eine App aufs Smartphone lädt und damit das beschauliche Bern von ganz neuen Seiten kennenlernt. Dazu Stadtgespräche, Podiumsdiskussionen. Bern wird im Juni wimmeln und wuseln, genau wie es sich für eine Stadt gehört. Egal, wem sie nun genau gehört. (dif) «Wem gehört die Stadt?», Schlachthaus Theater Bern, Do, 6. Juni bis So, 16. Juni. www.schlachthaus.ch

Anzeigen:

Sa, 1. Juni, 22 Uhr, Exil, Zürich (Plattentaufe), Sa, 8. Juni, Revolution Open Air, Schwarzsee FR, Sa, 15. Juni, Leimentaler Open Air, Oberwil BL. Weitere Daten: www.knackeboul.com

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BILD: JUDITH SCHLOSSER

Zwischen Ost und West: Dort fehlt die Perspektive, hier fehlt der Vater.

Zürich Krieg und Frieden Der friedliche Westen hier, der kriegsversehrte Osten dort, Hoffnung hier, Hoffnungslosigkeit dort. Mutter und Sohn sind hier, er soll die Chance auf ein besseres Leben bekommen. Der Vater bleibt dort und bricht bald den Kontakt zu seinem Sohn ab – auf Wunsch der Mutter. Der Junge versteht nicht, warum, bis er erfährt, was damals im Krieg passiert ist, … Daniela Janjic hat erst letztes Jahr ihr Studium in szenischem Schreiben in Berlin abgeschlossen und führt nun mit «Tod meiner Stadt» bereits ihr zweites Stück auf. Die junge Theatermacherin weiss, wovon sie spricht: Sie selbst wuchs in Bosnien-Herzegowina, Schweden und der Schweiz auf. In ihrem Theaterstück geht es, wie sie sagt, um die kriegsversehrte Generation ihrer Eltern auf dem Balkan – und die Verantwortung des Westens. Und jedes Einzelnen, könnte man anfügen: «… und was die Sicherung des Weltfriedens mit mir zu tun hat», lautet nämlich der viel sagende Nachsatz zum Titel. (fer)

Grossmeisterin der Country-Ballade: Lucinda Williams.

«Der Tod meiner Stadt», 12., 13. und 15. Juni, 20.30 Uhr, Theater Winkelwiese, Zürich. Im November und Dezember wird das Stück auch im Schlachthaustheater in Bern aufgeführt.

Zürich Gebrochene Intimität Country ist nicht bloss Musik von singenden Cowboys. Denn was wäre dieses Genre ohne Dolly Parton oder Tammy Wynette? Selten allerdings schafft es eine Sängerin auch als Songwriterin in den Olymp einzuziehen. Die Ausnahme bildet Lucinda Williams. Sie gewann drei Grammys und ihre Lieder wurden von Emmylou Harris, Bettye Lavette und Willie Nelson gecovert. Ihre Wirkung entfalten die Songs aber am besten, wenn sie die Urheberin selber singt. Lucinda Willams Stimme ist gezeichnet von Jahren des Misserfolgs und einem Lebenswandel, der an Leib und Seele Spuren hinterlassen hat. Der Gesang leiert und scheppert und erst dadurch greifen einem die Songs so richtig ans Herz. Nun beehrt die Grossmeisterin der Country-Ballade Zürich – und zwar mit einem speziellen Programm. Ihre Band, die richtig rocken kann, bleibt daheim, denn begleitet wird Lucinda Williams bei diesem «Intimate Evening» nur von ihren Mitmusikern Doug Pettibone an der Gitarre und David Sutton am Bass. Das schafft Raum für diese gebrochene Stimme, die manchem Cowboy die Tränen in die Augen treiben wird. (ash) Fr, 7. Juni, 19 Uhr, Kaufleuten, Zürich.

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Verkäuferporträt international Der Strassenverkäufer von St. Petersburg BILD: ZVG

Der Obdachlose Vitaly Petrovich Shashlov verkauft die Strassenzeitung Put Domoi in St. Petersburg. Der 67Jährige zieht die Passanten in seinen Bann, ohne laut zu werden. VON ALEKSEY TALIPOV

Ich treffe mich mit Vitaly Petrovich, um herauszufinden, wie ein Tag im Leben eines Strassenverkäufers in St. Petersburg verläuft. Wir treffen uns beim Verteilungszentrum der Zeitung Put Domoi; Vitaly kommt mit einem eisernen Karren und einem Rucksack an. Er wirkt etwas misstrauisch und denkt jedes Mal lange nach, bevor er eine Frage beantwortet. Er will nichts Falsches sagen. Auf meine Frage, ob ich ihn fotografieren darf, reagiert er erst einmal recht scheu. Glücklicherweise taut er im Verlauf unseres Gesprächs langsam auf. Er sagt, dass er auf den Job stolz sei, weil er ihn trotz seines Alters behalten konnte. Ich verabschiede mich für eine Weile, damit er in Ruhe verkaufen kann, und wir einigen uns auf ein späteres Treffen bei der U-Bahn-Station Nevskiy Prospect. Zum Abschied sieht er mir lange ins Gesicht und bietet mir dann die Hand zum Gruss. Als ich Vitaly eine Stunde später zur Station folge, sehe ich ihn sofort, weil er sich in der Mitte der Halle platziert hat und gerade mit einem jungen Mann spricht, der ihm eine Zeitung abkauft. Ich bleibe erst einmal versteckt, sodass ich ihn nicht von seiner Arbeit ablenke. Während ich ihn beobachte, stellen sich immer wieder Menschen zu ihm, wechseln ein paar Worte und kaufen ihm ein Exemplar ab. In einer kurzen Pause spreche ich ihn an und frage, ob ich fotografieren darf oder ob ihn das von seiner Arbeit ablenken würde. Shashlov lächelt mich an und verrät mir das Geheimnis seines Erfolgs: «Je mehr Menschen um mich herumstehen, desto mehr Leute kommen dazu.» Und wirklich, während ich fotografiere, kommen mehr und mehr Menschen. Das Geschäft läuft gut, aber Vitaly erklärt mir, dass er nicht lange in derselben Station bleiben kann, weil ihn die Polizei beobachtet und ihn oft wegweise. Dann kommt eine junge Frau mit Einkaufssäcken auf Vitaly zu, zupft ihn am Ärmel und sagt etwas zu ihm. Shashlov hört väterlich zu und nickt mitfühlend. Wer diese Szene mit der schlanken russischen Dame und dem älteren Mann mit wildem Bart beobachtet, könnte denken, hier spreche ein orthodoxer Priester mit einem seiner Pfarrkinder. Obwohl er nicht gross ist, fällt Vitaly unter Menschen auf. Im Gegensatz zu anderen Verkäufern ruft er nicht, um Leute auf sich aufmerksam zu machen. Stattdessen steht er ruhig da, hält das Zeitungspaket vor der Brust und bewegt nur den Kopf von Zeit zu Zeit, um potenziellen Kunden ins Auge zu sehen, wenn sie sich von der Rolltreppe her nähern. Sein Kopf bewegt sich langsam zur Schulter hin, aber sein Körper bleibt reglos. Vitaly hat etwas an sich, das den Blick anzieht. Er strahlt Weisheit und Lebenserfahrung aus. Als wir uns auf den Weg machen, erklärt er mir, dass wir den nächsten Zug zur Primorskaya-Station nehmen werden. Sobald wir eingestiegen sind, beschwert er sich, dass er im Zug keine Zeitungen verkaufen darf. Das findet er unfair, weil viele illegale Verkäufer damit durchkommen. «Die machen daraus ein Spektakel», sagt er ironisch. In der Primorskaya-Station fotografiere ich nicht, sondern stelle mich einfach neben ihn und sehe dem Geschäft zu. Vitaly schafft es, fast alle Zeitungen zu verkaufen, die er vom Verteilzentrum mitgenommen hat. Er

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erklärt mir, wie schwierig es ist, am Morgen die richtige Anzahl Zeitungen aufzuladen – weil man nie wissen könne, wie viele sich den Tag über verkaufen lassen. Eine Gruppe junger Menschen kommt auf Vitaly zu. Als ich bemerke, dass vergleichsweise wenig junge Frauen seine Zeitung kaufen, lächelt er mir zu, als ob er mir sagen wollte: «Warte nur ab!» Minuten später kommen prompt Damen auf uns zu. Vitaly erklärt mir, dass seine Leser sehr verschieden sind. «Ich kann nicht sagen, dass es einen bestimmten Typ Käufer gibt, bei mir kaufen alle möglichen Menschen», sagt er. Tatsächlich: In der kurzen Zeit, die uns in der Station bleibt, kaufen ganz unterschiedliche Leute eine Zeitung: Studenten, ältere Damen, junge Karrieremenschen, die, laut Vitaly, «Ausgefallenes mögen». Am Ende eines langen Arbeitstages ist Vitaly mit seinem Umsatz zufrieden. Ich danke ihm und kaufe ihm eines der letzten Exemplare ab, bevor wir uns verabschieden. ■ www.street-papers.org/ Put Domoi SURPRISE 301/13


SurPlus – eine Chance für alle! Werden Sie Gotte oder Götti bei SurPlus Surprise kümmert sich um Menschen, die weniger Glück im Leben hatten. Menschen, die kaum Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt haben und ihr Leben in die eigenen Hände nehmen wollen. Mit dem Verkauf des Strassenmagazins Surprise überwinden sie ihre soziale Isolation. Ihr Alltag bekommt wieder Struktur und mehr Sinn. Sie gewinnen neue Selbstachtung und erarbeiten sich aus eigener Kraft einen kleinen Verdienst. Das verdient Respekt und Unterstützung. Das Spezialprogramm SurPlus ist ein niederschwelliges Begleitprogramm für ausgewählte Surprise-Verkaufende, die regelmässig das Strassenmagazin

verkaufen und hauptsächlich vom Heftverkauf leben. Diese Verkaufenden erhalten nur geringe soziale Ergänzungsleistungen und werden im Programm SurPlus gezielt vom Verein Surprise unterstützt: Sie sind sozial abgesichert (Ferien, Krankheit, U-Abonnement) und werden bei Problemen im oft schwierigen Alltag begleitet. Mit einer Patenschaft leisten Sie einen wesentlichen Beitrag für die soziale Absicherung der Verkaufenden und ermöglichen ihnen, sich aus eigener Kraft einen Verdienst zu erarbeiten. Vielen Dank für Ihr Engagement!

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Jovanka Rogger Zürich

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1 Monat: 500 Franken

301/13 Talon bitte senden oder faxen an: Verein Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@vereinsurprise.ch, PC-Konto 12-551455-3 SURPRISE 301/13

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Surprise ist: Hilfe zur Selbsthilfe Surprise hilft seit 1997 Menschen in sozialen Schwierigkeiten. Mit Programmen in den Bereichen Beschäftigung, Sport und Kultur fördert Surprise die soziale Selbständigkeit. Surprise hilft bei der Integration in den Arbeitsmarkt, bei der Klärung der Wohnsituation, bei den ersten Schritten raus aus der Schuldenfalle und entlastet so die Schweizer Sozialwerke.

Ich möchte Surprise abonnieren!

Eine Stimme für Benachteiligte Surprise verleiht von Armut und sozialer Benachteiligung betroffenen Menschen eine Stimme und sensibilisiert die Öffentlichkeit für ihre Anliegen. Surprise beteiligt sich am Wandel der Gesellschaft und bezieht Stellung für soziale Gerechtigkeit. Strassenmagazin und Strassenverkauf Surprise gibt das vierzehntäglich erscheinende Strassenmagazin Surprise heraus. Dieses wird von einer professionellen Redaktion produziert, die auf ein Netz von qualifizierten Berufsjournalistinnen, Fotografen und Illustratorinnen zählen kann. Das Magazin wird fast ausschliesslich auf der Strasse verkauft. Rund dreihundert Menschen in der deutschen Schweiz, denen der Arbeitsmarkt verschlossen bleibt, erhalten damit eine Tagesstruktur, verdienen eigenes Geld und gewinnen neues Selbstvertrauen.

24 Ausgaben zum Preis von CHF 189.– (Europa: CHF 229.– ) (Verpackung und Versand bieten StrassenverkäuferInnen ein zusätzliches Einkommen.) Gönner-Abo für CHF 260.–

Sport und Kultur Surprise fördert die Integration auch mit Sport. In der Surprise Strassenfussball-Liga trainieren und spielen Teams aus der ganzen deutschen Schweiz regelmässig Fussball und kämpfen um den Schweizermeister-Titel sowie um die Teilnahme an den Weltmeisterschaften für sozial benachteiligte Menschen. Seit 2009 hat Surprise einen eigenen Chor. Gemeinsames Singen und öffentliche Auftritte ermöglichen Kontakte, Glücksmomente und Erfolgserlebnisse für Menschen, denen der gesellschaftliche Anschluss sonst erschwert ist. Finanzierung, Organisation und internationale Vernetzung Surprise ist unabhängig und erhält keine staatlichen Gelder. Das Strassenmagazin wird mit dem Erlös aus dem Heftverkauf und mit Inseraten finanziert. Für alle anderen Angebote wie die Betreuung der Verkaufenden, die Sportund Kulturprogramme ist Surprise auf Spenden, auf Sponsoren und Zuwendungen von Stiftungen angewiesen. Surprise ist eine nicht gewinnorientierte soziale Institution. Die Geschäfte werden vom Verein Surprise geführt. Surprise ist führendes Mitglied des Internationalen Netzwerkes der Strassenzeitungen (INSP) mit Sitz in Glasgow, Schottland. Derzeit gehören dem Verband über 100 Strassenzeitungen in 40 Ländern an.

Geschenkabonnement für: Vorname, Name Impressum Strasse

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Herausgeber Verein Surprise, Postfach, 4003 Basel www.vereinsurprise.ch Öffnungszeiten Sekretariat 9 – 12 Uhr, Mo – Do T +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99 info@vereinsurprise.ch Geschäftsführung Paola Gallo (Geschäftsleiterin), Sybille Roter (stv. GL) Anzeigenverkauf T +41 61 564 90 90, M +41 76 325 10 60 anzeigen@vereinsurprise.ch Redaktion T +41 61 564 90 70, F +41 61 564 90 99 Reto Aschwanden, Florian Blumer (Nummernverantwortlicher), Diana Frei, Mena Kost redaktion@vereinsurprise.ch Ständige Mitarbeit Amir Ali, Rosmarie Anzenberger (Korrektorat), Renato Beck, Rahel Nicole Eisenring, Shpresa Jashari, Carlo Knöpfel, Yvonne Kunz, Stephan Pörtner, Milena Schärer, Isabella Seemann, Priska Wenger, Tom Wiederkehr, Christopher Zimmer Mitarbeitende dieser Ausgabe Mario Fuchs, Michael Gasser, Fabienne Schmuki, Roland Soldi, Aleksey Talipov, Coralie Wenger Gestaltung WOMM Werbeagentur AG, Basel Druck AVD Goldach Auflage 15000, Abonnemente CHF 189, 24 Ex./Jahr Marketing, Fundraising T +41 61 564 90 50 Christian von Allmen

Vertriebsbüro Basel T +41 61 564 90 83 Thomas Ebinger, Anette Metzner, Spalentorweg 20, 4051 Basel, basel@vereinsurprise.ch Vertriebsbüro Zürich T +41 44 242 72 11, M +41 79 636 46 12 Reto Bommer, Engelstrasse 64, 8004 Zürich, zuerich@vereinsurprise.ch Vertriebsbüro Bern T +41 31 332 53 93, M +41 79 389 78 02 Andrea Blaser, Alfred Maurer, Bruno Schäfer, Pappelweg 21, 3013 Bern, bern@vereinsurprise.ch Strassenchor T +41 61 564 90 40, F +41 61 564 90 99 Paloma Selma, p.selma@vereinsurprise.ch Strassensport T +41 61 564 90 10 Lavinia Biert (Leitung), Olivier Joliat (Medien), David Möller (Sportcoach) l.biert@vereinsurprise.ch, www.strassensport.ch Vereinspräsident Peter Aebersold

Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auch auszugsweise oder in Ausschnitten, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird von der Redaktion und dem Verlag jede Haftung abgelehnt. Surprise behält sich vor, an Verkaufende gerichtete Postsendungen zu öffnen. Barspenden an namentlich bezeichnete Verkaufende können nur bis zu einem Betrag von CHF 100.– weitergeleitet werden. Darüber hinausgehende Beträge sollen – im Einverständnis mit der Spenderin oder dem Spender – allen Verkaufenden zugute kommen. SURPRISE 301/13


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Surprise Da läuft was Vertrieb Basel Heiter in den Tag Während die meisten Mitarbeiter noch etwas verschlafen zum Kaffeeautomaten schlurften, ging es am ersten Basler VerkäuferZmorge bereits heiter zu und her. Das reichhaltige Buffet wurde mit grossem Applaus und Appetit in Angriff genommen. Sinn dieses Anlasses ist es, die Gemeinschaft und den Zusammenhalt in der Surprise-Familie zu fördern. Für die Vertriebsleitung dient er auch dazu, von Bedürfnissen und Anliegen der Verkaufenden in ungezwungenem Rahmen zu hören. Wir konnten dabei unter anderem feststellen: Lachen und singen gehören nach wie vor zu den Prioritäten! (the) Der nächste Zmorge findet am Mi, 5. Juni 2013 in unseren Räumlichkeiten an der Spalentorstrasse 20 in Basel statt. Vorbeischauen und mitfeiern!

Wettbewerb Wir suchen Ihre Geschichte!

Kreuzworträtsel Lösung Jubiläumsheft

Heft für Heft helfen Sie uns, liebe Leserinnen und liebe Leser, einen unserer Verkaufenden auf den Schild zu heben – indem Sie ihn oder sie als Starverkäufer/Starverkäuferin nominieren. Die fleissig eingehenden Nominierungen zeigen uns: Viele Käuferinnen und Käufer pflegen eine besondere Beziehung zu einem Verkaufenden, haben eine eigene Geschichte dazu zu erzählen. Genau diese wollen wir von Ihnen hören! Erzählen Sie uns Ihre (be-)rührende, witzige oder auch tragische Geschichte, die Sie mit einer Surprise-Verkäuferin/einem Surprise-Verkäufer verbindet. Wir werden eine Auswahl davon abdrucken und jede Autorin/jeden Autor einer abgedruckten Geschichte mit einer kleinen Überraschung belohnen.

Wir bedanken uns für die zahlreich eingesandten Lösungen! Die Gewinnerinnen und Gewinner werden in den nächsten Tagen persönlich benachrichtigt.

Bitte Ihre Geschichte (maximal 2000 Zeichen inkl. Leerzeichen, Kürzungen vorbehalten) mit Betreff «Meine Geschichte» bis spätestens 10. Juni an redaktion@vereinsurprise.ch oder per Post an Verein Surprise, Redaktion, Postfach, 4003 Basel

SURPRISE 301/13

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Von Aarberg bis Zuoz. Surprise gibt es beim Strassenhändler Ihres Vertrauens. Oder im Abo per Post.

24 Ausgaben für 189 Franken oder als Gönner-Abo für 260 Franken. Gutes lesen, Gutes tun und gleich bestellen! www.vereinsurprise.ch, www.strassensport.ch, Spendenkonto PC 12-551455-3 Verein Surprise, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, T +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99


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