Surprise 503/21

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Strassenmagazin Nr. 503 2. bis 15. Juli 2021

CHFF 6.– 6.–

davon gehen CHF 3.– an die Verkaufenden

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Literatur Lit teratur

Dragica Rajčić Holzner Sunil Mann Eva Roth Simona Pfister Milena Moser Christopher Zimmer Jürg Halter Christoph Simon


SOZIALE STADTRUNDGÄNGE

D N I S WIR F U A R WIEDE ! TOUR

ERLEBEN SIE ZÜRICH, BASEL UND BERN AUS EINER NEUEN PERSPEKTIVE. Menschen, die Armut, Ausgrenzung und Obdachlosigkeit aus eigener Erfahrung kennen, zeigen ihre Stadt aus ihrer Perspektive und erzählen aus ihrem Leben. Authentisch, direkt und nah. Buchen Sie noch heute einen Sozialen Stadtrundgang in Zürich, Basel oder Bern. Infos und Terminreservation: www.surprise.ngo/stadtrundgang


TITELBILD: CHRISTINA BAERISWYL

Editorial

Perfekt Es gibt einen Kurzfilm des dänischen Filmemachers Jørgen Leth aus dem Jahr 1968 mit dem Titel «Det perfekte menneske» («Der perfekte Mensch»). Der Mensch wird uns hier zunächst Stück für Stück erklärt: Wir sehen ein Auge, ein Ohr, ein Knie. Eine Frau, einen Mann. Sie befinden sich in einem leeren Raum. Nach und nach hält das Modell des perfekten Menschen Einzug. Es ist gebaut aus kollektiven Vorstellungen, modelliert nach einem Wunschdenken. Ein Bett, um sich zu paaren; ein Tisch, um zu speisen. Eine Frau und ein Mann, die ihre Rollen brav zu erfüllen beginnen.

paar. Für das Heft, das Sie in den Händen halten, lautet das Thema – richtig – «Perfekt». In zwei Wochen folgt dann «Defekt». Wir gingen bei der Wahl von unseren Kernthemen aus: dem sozialen Gefüge und der Frage nach unserem Menschenbild. Das haben wir den Autor*innen aber nicht gesagt, und so kam eine grosse Bandbreite an Texten zusammen. Sie werden sehen: Oft liegen «perfekt» und «defekt» recht nah beieinander. Das freut uns sehr, weil auch wir finden: Diese Grenze darf man nie allzu genau ziehen (schon gar nicht bei uns Menschen).

Das Perfekte wird zur Projektionsfläche für Idealvorstellungen. Vielleicht manchmal aber auch für Ängste, weil der Perfektion etwas Unmenschliches anhaftet. Es tut sich ein Raum zum Erzählen auf, der gefüllt werden will mit Geschichten.

Wir bedanken uns ganz herzlich bei den Autor*innen, die uns alle ihre Texte geschenkt haben: Jürg Halter, Simona Pfister, Dragica Rajčić Holzner, Eva Roth, Christoph Simon, Christopher Zimmer, Sunil Mann und Milena Moser.

Im Sommer geben wir traditionellerweise zwei Literaturausgaben heraus, die thematischen Vorgaben bilden immer ein Begriffs-

Illustrationen

6 Dragica Rajčić Holzner

Sein Zimmer roch nach Rattengift 8 Sunil Mann

Summernacht

DIANA FREI

Redaktorin

18 Milena Moser

Nicht aller Tage Abend

Rock mit Remo

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12 Simona Pfister

Die Waschanlage

28 SurPlus Positive Firmen

20 Christopher Zimmer

Zum Wohle aller Socken

10 Eva Roth Christina Baeriswyl sucht in ihren Bildern nach pointierten Aussagen, die sie in ein poetisches Umfeld stellt. Ihr Stil ist als reduziert, schon fast als grafisch zu bezeichnen, so dass die Bildideen, die jeder Illustration zugrunde liegen, im Vordergrund stehen.

26 Rätsel

29 Wir alle sind Surprise Impressum Surprise abonnieren

22 Jürg Halter

Unvollendete Ballade vom Menschsein

30 Surprise-Porträt

«Ich habe oft geweint»

24 Christoph Simon

Fruchtbarkeit ist heilbar

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Sein Zimmer roch nach Rattengift, TEXT DRAGICA RAJCIC HOLZNER

getrocknetem Lavendel, schmutzigen Socken und Tabak. Das schmale Fenster unter dem Olivenbaum blieb offen, bis Jana irgendwann in der Nacht klopfen würde. Im Zimmer nebenan schlief die kleine, ausgedörrte fünfundneunzigjährige Grossmutter. Wenn Jana sich an die Dunkelheit gewohnt hatte und über dem Fenster lehnend zum Bett kam, rührte sich Ivan kaum, weil das Bett schreckliche Geräusche von sich geben könnte. Die Hunde wurden langsam müde vom Bellen, sie taten dies sporadisch, als Warnung für mögliche Gestalten in der Dunkelheit. Sie zog ihre Kleider aus in der Angst, jeden Moment könnte der verrückte, hustende Vater aus dem anderen Zimmer an die Türe klopfen oder die kleine, halbtote Grossmutter wirklich sterben. Ivan war einundzwanzig und Jana sechzehn. Das ganze kleine Haus war übrig geblieben nach dem Tod seiner Mutter, als Mausoleum der überflüssigen Sachen, es versteckte sich unter den Bäumen am Dorfrand und galt als Behausung eines verrückten Witwers, der sich selten mit Militärfahrrad und entflammten Augen im Dorf zeigte, seit seine Frau, eine Bosnierin, am Krebs gestorben war. Die drei halbwüchsigen Kinder galten von da an als Waisenkinder, welche jeder Dorfbewohner mit bemitleidenden Blicken und gebührendem Abstand betrachtete, das Unglück ist klebrig und übertragbar wie eine Seuche, wenn man nicht Acht gibt. Sie lernten unter den schweren Schafbettüberwürfen ihre Hände leise zu gebrauchen, ihre Lippen zu bewegen auf dem Hals des anderen, es wurden keine Wörter geflüstert, es war eine Belagerung des anderen unter stillschweigendem Zeugnis des quietschenden Bettes, sodass Jana nicht wusste, wie Ivan sich normal bewegte, es war ein langsames hinziehendes nie endendes Schleichen auf ihrem Körper, nur nicht den Verstand verlieren, alles zerstören, es war eine Operation und eine Verzögerung der Operation unter den strengsten konspirativen Umständen. Ein Versteck auf dem unsicheren Boden der Sünde. Jana wurde im Februar schwanger. Von da an gab es kein Zurück mehr zur Konspiration. Die Liebe musste öffentlich werden, den Rahmen des Unsagbaren verlassen, der offizielle Beweis liess sich nicht verleugnen, plötzlich über Nacht waren sie erwachsen, sie mussten Entscheidungen treffen, sich wehren, Ivan gab ihr seinen Lohn, damit sie das Geld besser verwaltete. Die Eltern von Jana wurden mit der Katastrophe auf unsanfte Art und Weise aus dem Alltag gerissen. Aus Angst vor Schlägen des Vaters flüchtete Jana von zu Hause weg in die Stadt. Sie schrieb einen kleinen Zettel «Liebe Eltern, ich liebe Ivan und verlasse euch». Es war so unwirklich und sie tat es dennoch, um vorübergehend der Angst vor dem Vater zu entkommen. Sie mieteten ein kleines möbliertes Zimmer, mit einem Kocher neben der Türe und gemeinsamem WC im Treppenhaus und waren die erste Nacht ohne Angst zusammen. Sie taten so, als ob sie noch immer Angst hätten, entdeckt zu werden. Das Zimmer lag in der Nähe des Hafens und die Gegend hiess Getto. Jana wurde von den Eltern gesucht, in 6

der Schule, wo sie war, wurde ihr eine Nachricht von ihrem Bruder überbracht, sie solle sofort nach Hause zurück, sie wussten noch nicht die ganze Wahrheit über den Bauch. Der Frühling streckte die Sonne über die Stadt und Jana musste sich, nur den halben Magen gefüllt mit billigem Tee, in die Strassenecke übergeben, ihre kleinen Brüste spannten. Ivan im Tageslicht hatte etwas von der Nachtfaszination verloren, sie hatte Lust auf Erdbeeren und Schlagsahne und Blumen, welche im Zimmer keinen Platz hatten. Der erste Besuch bei Janas Familie wurde als mühsamer Versöhnungsversuch unternommen, der Vater sass am Tisch mit versteinertem Gesicht, die Mutter mit einem eigenen Baby im Arm wischte sich die Tränen und den Nasenschleim mit dem Taschentuch weg. Jana und Ivan wurden mit klebrigem Sirup bewirtet, Janas Grossmutter versteckte sich im Zimmer, um die Sünderin nicht sehen zu müssen, ausgerechnet diese Familie eines Verrückten wählte sich die Jana aus, das konnte nur Unglück bedeuten, die Grossmutter und Mutter waren auch aus dem Haus ihrer Väter geflüchtet, das wurde in dieser Situation, welche mit elektrischem Licht auch eine gewisse Aufklärung ins bäuerliche Verhalten brachte, nicht erwähnt. Die Jana hatte schlicht und einfach schlecht gewählt, einen Habenichts und schon schwanger und ohne Ausbildung, einen Maschinenmechaniker ohne Job. Plötzlich zählten die Fakten, plötzlich wurde am Tisch in ihrer beider Namen entschieden, wann die Hochzeit sein sollte, damit das Kind keinen fremden Namen trägt, und Kirche sowieso nicht. Was denkt ihr?, fragte keiner. Sie schluckten Sirup, Ivan gab die Hand dem Vater und Jana ging aus dem Elternhaus als Aussätzige. Die Landkarte des Lebens wird erst fünfzig Jahre später lesbar, und in diesem Augenblick wurden die ersten Karten verteilt ohne Aussicht auf die Klärung der Zukunft. Es war der 5. Juni, Jana und Ivan hatten ihren ersten Streit wegen Erdbeeren, welche Jana unter dem Bett versteckte, aus Angst davor, dass Ivan dächte, sie hätte zu viel Geld fürs Essen ausgegeben. Er kam ins Zimmer, sah ihr verdutztes Gesicht und fand die Erdbeeren. Er hatte diese Art, weil sein Vater für den Geheimdienst arbeitete, vielleicht allem zu misstrauen, auch Jana. Jana weinte sich die Augen aus dem Leib, Ivan verschwand in die Stadt, sie blieb im Bett und weinte aus lautem Hals, bis ein Untermieter vom oberen Stockwerk an die Türe klopfte, um sie zu beruhigen, das sei doch normal, dass sich Ehepaare, sagte er, streiten. Sie schämte sich, dass er jetzt wusste, dass ihre und Ivans Liebe Boden verloren hatte. In der Nacht kam Ivan betrunken ins Zimmer und drehte ihr zum ersten Mal den Rücken zu, morgens schwieg er auch zum ersten Mal und begrüsste sie nicht, sie weinte zwei Tage lang. Sie ging nicht in die Schule, sondern lag im Bett und weinte, damit ihr Herz stehen blieb. Wie konnte Ivan so grausam sein? Ivan, der die weichsten Hände auf der Welt hatte. Drei Jahre später in Berlin wurde die Grausamkeit protokolliert und Jana schrieb ins Tagebuch. Surprise 503/21


PORTRÄTBILD: AYSE YAVUZ

Könnte man schmerz ablegen, versiegeln, dicht machen, zum schweigen bringen, zum reden bringen bis nicht umgewandelt wird, vernichtet, die sprache als Reservoir für die ablegung der ereignisse. Fakten. Materielle. Ein brandmal. Brandfleck. Ein abstumpfen. Ein nicht sich spüren. Sich tot stellen. Sich hassen. Sich in ereignissen nicht wieder erkennen. Auch selber gewalt anwenden, warum nicht. Gleich schmutzig werden. Auge für auge, zahn für zahn, messer fürs messer, einmal spüren wie der andere zittert, so wie du zitterst, es nachzahlen, es gefügig machen, die tiefe verachtung wiedergeben, die unmöglichkeit die nähe je wieder herzustellen, zerbrochen, ein für alle mal. Wäre was anderes, wäre der andere so wie du. Wo beginnen. Wie die aufregung, das leise brennen in den augen des anderen, diese vorstufe des unglücks, die bewegungen des körpers beobachten, die unterschlupfe suchen, in den löchern der wände, in den geräuschen der strasse, dass es nicht noch schlimmer wird, sich tod wünschen, es anflehen, soll aufhören, sich rein waschen, immer wieder es ungeschehen machen, erinnerung, wort zukunft, in einem roten kleinen tagebuch, notieren, er ist nicht schuld, es macht was mit ihm, ihn frei sprechen, moment in die phantasie flüchten, es gibt kein zurück, es bleibt, es erniedrigt, es lässt die haut aufplatzen, es trägt die haut die bestialität der fremden ohnmacht, sich gefügig machen, leise gehen, die augen ab und zu aufschlagen, an Auschwitz denken, an die hunger und essen, an das wissen, dass es nicht möglich ist und möglich ist, nicht mehr unterscheiden zwischen hölle und dem leben der anderen, ihre ruhe beobachten, ihr leichter schritt auf der strasse, andere frauen aufhalten wollen zu fragen, haben sie es überlebt, spielen sie auch theater, den schutz Gottes aufgeben, auch ihm nicht vertrauen. Die bäume in wald umarmen, ihre stämme, die kühle, ihre anwesenheit, im wissen, es ist frieden, in frieden wird nicht gemordet sinnlos, es ist frieden und dort herrschen andere regeln zwischen menschen, dort braucht es einen triftigen grund oder auch nicht, ein aufsaugen der liebe, welche dann nicht so ist wie sie sein soll, in ihrem namen anderen menschen die enttäuschung heimzahlen, für jedes vertrauen, der verrat hat früher begonnen, die macht der Vernichtung, beide zugleich, durch den schmerz verbunden, durch das lecken der wunden, die wörter haben ihren sinn verloren, in den akten werden die ereignisse in der reihenfolge gebracht, der lineare ablauf der anrufes bei der polizei, das blut auf dem tisch, die verpackten bereiten sachen unter dem bett, die leeren gläser auf dem tisch, der terror ist aufgesaugt, der terror wurde schon erlebt und wird verpflanzt immer fort, komm zu mir in mein kleines nest, wer kann wen beschützen, sich fragen, mit was hat man es ausgelöst, die vorgaben sind nicht klar, es braucht einen verstoss gegen immer ändernde regeln, in den büchern stehen die opfer auf, raffen sich, beginnen eine Straftat, vergelten, es gleich machen, auf null stehen auf positive null der entmenschlichung und vermenschlichung, an die todeskandidaten denken, an diejenigen, welche grundlos durch die strassen gehen und amok laufen, es ist eh egal, gläubig werden die engel entköpfen, die gewalt dosiert konsumieren am bildschirm, dort ist sie gezähmt, wenn sie aber in der dunkelheit in deinen raum kommt, die schlüssel fest halten in die tasche, die uhr befolgen, ihr leises vergehen, sich nicht blamieren, sich unter der erde begraben selber, der herz ruhig stellen. Niemandem sagen. Es kann sein, dass deine ohnmacht andere wütend macht, du weisst es selber besser, du weisst, dass dies zwischen menschen kein zustand sein kann. Es wird alles Surprise 503/21

gut, es wird alles gut, später, an einem sonnigen tag im Jahr xy wird irgendwo immer wieder ein krieg angefangen, du weisst es, es ist geschultes töten, es braucht berechnung, strategie, staatlich geschützte bestialität. Zivilisiert, wo hört das eine und beginnt das zweite, eine verrückte frau im zug ist zu recht verrückt, der schutz im wahn, der letzte zufluchtsort, das obszöne als die rettung, das ausgeschlossen aus der gesellschaft sein, zweimal, noch mal. Endlich frei. Jana hatte Ivan nicht getötet, sie blieb bei ihm, wurde krank, versuchte sich zu trennen, kam wieder zurück wie ein Vogel ohne Flügel, sie sah den roten Faden bis zum Elternhaus, bis zum kleinen Haus des verrückten Vaters unter den Bäumen, nirgendwo sah sie sich, etwas in ihr wurde getötet, langsam und unaufhörlich. Sie musste sich ein anderes Herz einpflanzen lassen, ein leichtes, glückliches, jemandem erzählen von der Hölle, welche sich ausgebreitet hatte. Sie lebt in der Sibirstrasse in Berlin und besucht ihren Heimatort nie. Ivan schlägt heute eine andere Frau und sagt, nur mit Jana sei er glücklich gewesen. DRAGICA RAJCIC HOLZNER , wuchs in Kroatien auf. Anfang der Siebzigerjahre begann sie zu schreiben, zuerst in ihrer Muttersprache. 1978 kam sie ein erstes Mal in die Schweiz, es entstanden Gedichte, Kurzprosa und Theaterstücke in deutscher Sprache. 2020 bekam sie den Anerkennungsbeitrag Literatur der Fachstelle Kultur des Kanton Zürich und 2021 den Schweizer Literaturpreis für ihr Langgedicht «Glück».

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DAN STEVENS MAREN EGGERT «Dieser Film ist scharf wie ein geschliffener Diamant – witzig, hoffnungsvoll, ironisch, aufrichtig und durchtrieben zugleich.» The Playlist

Ich bin dein Mensch ein Film von MARIA

SCHRADER

JETZT IM KINO 7


Summernacht TEXT SUNIL MANN

Si hei dir e nöie Name gä und derfür es Stück vo dire Seel gno. Gfragt het di kene, nid es Chind, sicher nid, und du hesch tänkt, das müess vilech so sy. Es anders Land, vergiss das nie, mir si hie nume z Gascht. Müesse dankbar sy, zfride sy, still sy, het der Vater gmeint. Und du hesch dr Müeh gä, hesch versuecht, dankbar z sy, zfride z sy, ke Lärm z mache. Di iizordne, aazpasse, derzue z ghöre. Nid uffalle, hett dini Mueter gseit, nume nid uffalle, dis ganze Läbe lang, mach di chly, wenn z gross bisch, blib unsichtbar, de gseh si di nid. Sie louft scho ganz chrumm, mit zwöiefüfzgi, vor luter Bücke und Abehuure, vor luter nid welle gseh wärde, wenn sie düre Tag ir Wöscherei schaffet und am Abe d Büro putzt. Mängisch chunnt’s dir vor, als würdi si sech am liebschte uflöse, verschwinde, irgendwohäre, wo nid hie isch, wo nid jetzt isch. U we de doch mal öppis isch, ufem Poste, bir Behörde, ufem Amt, de faht sie sofort aa gränne, dass se emel ja kene öppis fragt, kene schimpft. Träne si ihri Waffe, well si mit Wort nid ma cho, und si setzt se rücksichtslos ii, e Muur us Wasser und Mitleid, haltet sech so alli und alls uf Distanz. Blibt so sälber distanziert, chunnt drum o nie aa, isch niene dehei, verschteit so mängs nid. Warum o, si si nid cho zum Blibe, dini Eltere, das säge si immer no und immer wieder, sit fasch driissg Jahr. Aber dert, wo si meine, es sig ihres Dehei, sit ihr scho lengschtens frömd. Die, wo si gange, alls hinder sech hei glaa. Die Riiche us dr Schwiz, die, wo uf die andere acheluege, wie d Verwandtschaft seit, well si meine, jetzt öppis bessers z sy. Ds Gäld, wo dini Eltere dr Familie schicke, näme sie glych, klar, me wott ja nid schwierig tue, dir heits ja. Wachst uf de Böim, ligt uf dr Strass i däre Schwiz. Gloube si. Und du hocksch zwüsche Schtüehl und Bänk, bisch nid vo dert, nid vo hie, das merke si dert genauso schnäll wie hie. E winzigi Insle zwüsche de Kulture, wo sech orientierigslos im Strudel dräiht, ir Hoffnig, irgendwenn mal es passends Ufer z finde, es Ufer überhoupt. Eis, wott chasch aalege und vilech sogar e chli blibe.

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Das alls geit dir düre Chopf, wott jetzt dä Drink häreschtellsch, uf das garantiert tüüre Sideboard bir Tür. Lau ischer, dä Gin Tonic, wie d Schtimmig, wo nid rächt ma ufcho. Derbii hett d Maja sech deräwä Müeh gä, hett es Büffet ufbout, isch dr ganz Tag ir Chuchi gschtande, geschter scho, das het sie öppe sibe Mal betont. Ei Sektion für d Vegetarier, eini für d Veganer, was glutenfrei isch, isch aagschribe, ds Glyche giltet für alles ohni Laktose. Me git sech total unkompliziert, solang alls genau so isch, wie mes gärn hett. Jemenitisch isch hüt ds Thema, d Maja betont gärn ihri eigeti Wältoffeheit. Aber wo dr Michu ganz am Aafang vor Party hett gfragt, wieso de usgrächnet Jeme, dert herrschi doch sit Jahre e humanitäri Katastrophe u Millione vo Mönsche sige vore Hungersnot bedroht, da sigi doch so es üppigs Büffet scho zimlech zynisch, hett ihm d Maja e Blick zuegworfe, wo d Temperatur im Ruum uf dr Stell under e Gfrierpunkt hett la gheie, und zimlech lang hett de o niemer meh mit em Michu gredt. Du machsch d Tür uf, well’s nümm ushaltisch, well dr fähl am Platz vorchunnsch, und schlichsch i ds Stägehuus use. E churze Momänt lang blibe schtah. Luft hole. D Musig tönt dumpf im Gang, häll klirre Gleser, d Stimme verschwümme zume Ruusche. Vermuetlech het kene gmerkt, dass du geisch, kene rüeft dr nache, chunnt cho luege, wo de bisch, nid emal dr Oli. Sit dir sit cho, steit dä ir Chuchi und redt mit dene beide Type, wo mit irgendeme Start-up-Undernähme wei dürestarte, demnächscht, sie hei die ganz Zyt mit änglische Begriff um sech gworfe und derbii ganz wichtig gluegt. Ihri Näme hesch sofort wieder vergässe, Evan und Tom, vilech, vilech o nid, spilt ja eigetlech ke Rolle. Sie hei di churz abchecket, wo dr Oli di het vorgstellt, und chly blasiert glächlet. Für si bisch du nid interessant gsi, das hesch i ihrne Ouge gseh, nid cool gnue, z wenig Iifluss, nid die richtige Connections, das merke Lüt wie die sofort. Derbii: Hipsterbärtli und schwarzi Hornbrülle, Holzfällerhemli, wo sech e Holzfäller nie chönnt leischte, beidi wie diräkt useme veraltete Lifestyle-Ratgäber. Du hesch di gfragt, öb de die niemer druf ufmerksam macht, dass si usgseh wie Karikature, dass ds London und ds Berlin genau söttigi oder no luxuriöseri Usgabe im Dutzend umeloufe. Aber natürlech hesch nüt gseit, hesch zrügglächlet und’s nid gmeint und när hesch dr dä Drink ar Bar gholt und bisch viel z lang verlore i däm Loft umegstande, ohni mit öpperem z rede. Si hei dr e nöie Name gä, und trotzdäm het’s nid viel gnützt. Si erkenne di, wenn di für e Stell bewirbsch, e Wohnig geisch ga aaluege. Mängisch klappet’s trotzdäm, Marie Kova hilft. So heissisch scho lang, well d Ändig vo däm Name, das hei dini Eltere schnäll gmerkt, die überchunnt i däm Land so viel Gwicht, dass si vieles ma verhindere, scho mängs isch wäge dene paar Buechstabe abverheit oder gar nid ersch zstand cho. Marie Kova, so heisseni, dänksch jetzt, aber es tönt falsch. Marie Kova, das bi nid ii. Du lahsch die moderni Überbouig hinder dir, luegsch kes einzigs Mal zrügg u loufsch dür d Stadt. D Luft schmöckt nach Summerflider, nach warmem Asphalt u immer no chly nach dr Hitz vom Tag. Du lahsch di la tribe, ohni Ziil, eifach so. Surprise 503/21


PORTRÄTBILD: EKE MIEDANER

«Chum mit», schiint d Nacht z säge u leit dr ihre Arm um d Schultere. «Vertrou mer.» Du gschpürsch dr lauwarm Wind i dine Haar, uf dire Hut, du bisch hällwach, mit allne Sinn da, lebändig wie scho lang nümm. Aber natürlech bisch immer no e Insle, wie denn als Chind, eini, wo sech im Strudel dräiht, wo suecht u nie findet. Bim Oli chasch und wosch nid blibe. O wenn das zersch tänkt hesch, ghofft hesch, er sigi das Ufer, dä sicher Hafe, wo der so hesch gwünscht. Aber dir isch lengschtens klar worde, dass dä höchschtens e Zwüschehalt isch. E Station, wo me churz aaleit und vor dr Abfahrt nomal genau luegt, öb me de o ja nüt het la lige, bevor me witerreist. Und nie meh zrüggchunnt. Plötzlech steisch am See u we di jetzt öpper gfragt hät, wie da häre bisch cho, du hättsch es nid chönne säge. Aber da isch kene, wo chönnti frage, du bisch ganz allei. Ir Zwüschezyt isch es spät worde oder früech, wie me’s nimmt. Hinder dr Bärgchetti verfärbt sech der Himmel scho häll, es ganz zarts Violett. Ds Wasser nimmt für e churze Ougeblick e matti Farb aa, Schifergrau oder so, wie wenn’s alli Chreft müessti bündle. Aber sobald dr Horizont rosarot aafaht lüüchte, glüeht o d Wasseroberflächi uf, und churz derna gseht’s us, als würdi ds ganze Seebecki brönne. Vilech isch das dini liebschti Zyt, ganz früech am Morge, wo’s nümm Nacht isch aber o no nid Tag, das Zwüschedrin, wo du so guet kennsch. Du blibsch stah, dert am See, luegsch uf das Wasser und zu däne Bärge übere, zum Himmel, und plötzlech faht öppis Grosses, Warms i dire Bruscht aa wachse, es wird immer riisiger, so dass meinsch, du müessisch platze. Du loufsch los, dini Schritte wärde immer schnäller, am Schluss springsch fasch, über d Seepromenade, bis zur nächschte Haltestation, ohni aazhalte, ohni z überlege. Du loufsch uf dä Stäg use, immer witer über ds Wasser, uf das Schiff zue, wo grad aaleit. Du stigsch ii, d Rampe fäderet under dim Gwicht. Du hesch kes Billett, aber das isch dr jetzt grad glych, das chame regle. Du rennsch d Stäge ueche uf ds obere Deck und lahsch di dert uf eis vo dene grüen gschtrichne Bänkli gheie. Di Schnuuf geit schnäll, ds Härz chlopfet. Irgendöppis het di vori packt, du weisch nid was, aber es isch es guets Gfüehl gsii. Ganz liislig seisch di Name, di richtig Name, immer wieder, samt dere frömd tönende Ändig. Er chunnt dr ring über d Lippe, ringer jedefalls als Marie Kova. Er passt perfekt zu dir, findsch du, das bisch du, würklech du, das macht di us. Jetzt luegsch doch zrügg, zum erschte Mal i däre Nacht. Ds Schiff pflüegt sech dür d Wälle, äs ruuschet glychmässig u fridlich, und du gsehsch, wie d Stadt hinder dir immer chliner wird, im Morgedunst versinkt, bis nume no es paar Türm und Hochhüser z gseh sy. Und no einisch sprichsch di Name us, er tönt wiene Melodie, dini ganz eigeti Melodie, beschwingt und rhythmisch, vertrout und glych ganz nöi.

SUNIL MANN wurde als Sohn indischer Einwanderer im Berner Oberland geboren und lebt in Aarau. Er ist Autor von Kriminalromanen, Kinderbüchern, Hörspielen und Kolumnen. 2019 erschien sein erster Jugendroman «Totsch», 2021 der Kriminalroman «Das Gebot».

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Rock mit Remo TEXT EVA ROTH

Remo reiht sich ein in den Strom zum Eingang West. Er will die Gitarrenriffs fühlen, wie früher, und vor allem will er an Melanie zurückdenken, und an Christina und Lorena. Und auch an Jaro und Michael, klar. Remo will auf das Vordach zurück, wo sie mit dem Ghettoblaster in der Sonne gesessen, geraucht, sich über irgendwelches Zeug unterhalten und dabei immer ans Küssen gedacht hatten. Besonders ans Küssen mit Melanie, und immer war schönes Wetter gewesen auf dem Vordach. Über dem Stadion braut sich etwas zusammen. Den Schirm muss Remo abgeben, daran hat er nicht gedacht, zum Glück hat seine Jacke eine Kapuze. Der Rockstar ist alt geworden, aber um Remo herum sind alle etwa mittel: Mittelalt, mittelschön und vom Mittelland hergereist wie er. Remo fragt sich, wie es wäre, seine Freunde von damals zu sehen, und doch ist er froh, dass sie nicht hier sind. Melanie hätte gefehlt. Remo steht ungefähr in der Mitte des Zuschauerraums, und das Konzert ist fast ausverkauft. Der Rockstar ist gut, der ist immer noch gut. Nur tanzen, das will Remo nicht. Dafür ist ihm der Rockstar zu weit weg. Remo tanzt nicht mit jemandem, der so weit weg steht,

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288 Seiten, gebunden

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dass er sein Gesicht nicht erkennt und der ihm, beziehungsweise der Masse, über Bildschirme mitteilt, man solle gleichzeitig mit ihm die Arme hochreissen. Remo würde nur tanzen, wenn jemand dabei wäre, mit dem er die Rückkehr in die Zeit des Vordachs teilen könnte, als alles noch offen war, alles noch vor ihnen lag und Melanie noch da war, aber er ist ja allein. Oder, überlegt Remo, er würde mittanzen, wenn er einen Biertank auf dem Rücken hätte und als mobile Verkaufsstation Fröhlichkeit auf die Leute übertragen müsste, damit sie mehr Lust auf Bier hätten, wenn schon die Sonne nicht scheint. Nur das Bier und der Beat würden zählen, und es wäre egal, dass die Bildübertragung eine Zehntelsekunde hinterherhinkt und dass man vom Text kein Wort versteht. Das Konzert wäre anders, denkt Remo, wenn er etwas zu tun hätte und nicht so herumstehen würde. Er wartet auf das nächste alte Lied. Rund um Remo herum wird munter getanzt, bestimmt sieht es von der Bühne toll aus: all die Hände. Der alte Mann auf der Bühne hält durch ohne Pause, der ist topfit! Ist ja klar, denkt Remo, wenn man im Leben nichts anderes gemacht hat, als Rockstar zu sein. Remo denkt ans Vordach zurück, als es noch keine Massenbegeisterung brauchte, um das Prinzip Hoffnung aufrechtzuerhalten, aber hier, in diesem Stadion, sitzt noch allen die Pandemie in den Knochen, die Gegenbewegung dazu ist diese schon fast gewagte Heiterkeit. Es beginnt zu regnen, aber die Leute sind dafür ausgerüstet, sie haben in Outdoorläden eingekauft. Das ist teuer und praktisch, aber nicht unbedingt schön. Klar, denkt Remo, entweder hässlich oder man wird nass. Seine eigene Jacke liegt etwa dazwischen, aber wenigstens kann er jetzt die Kapuze hochziehen. Surprise 503/21


Schräg vor Remo steht ein jüngeres Paar. Christen! denkt Remo sofort, der Mann sieht aus wie der ewig frohlockende Freikirchentyp, der damals ebenfalls in Melanie verknallt war und sie, weil sie ihm eine Abfuhr gab, des Satanismus bezichtigte. Nun steht der oder seinesgleichen also hier mit der zukünftigen Mutter seiner Kinder. Sie hat Pommes frites, er hat Pommes frites. Sie bietet ihm von ihren Pommes frites an, als wären sie Tiere, die sich gegenseitig das Fressen anbieten, obwohl es offensichtlich nicht um die Erweiterung des kulinarischen Horizontes geht und auch nicht um einen Geniessbarkeitstest, da ja alles aus derselben Fritteuse kommt, sondern eher geht es denen um irgendein biblisch unterlegtes Gebot, das sie sich selbst ausgedacht haben.

PORTRÄTBILD: JÜRG OBRIST

Was ist nur aus dem Rockstar geworden, denkt Remo, dass er solche Leute anzieht. Remo sucht wieder den Monitor, aber die Sicht wird ihm verstellt. Direkt vor ihm will eine Frau ergriffen von der Musik ihren Mann küssen. Der weicht aus. Klar, denkt Remo, wenn er selbst heute mit seiner Frau hier wäre, wäre auch sie nur Platzhalterin für seine Küsse mit Melanie. Der Mann vor ihm ist nicht blöd, der merkt, dass die Frau nicht wirklich bei ihm ist, und will eben deshalb nicht küssen, aber sehr blöd ist es von ihm, sie hierher zu begleiten. Remo geht hin, legt der Frau den Arm um die Schulter und raunt ihr zu: Lass mal den Mann in Ruhe. Dann macht er sich aus dem Staub, denn eine Schlägerei will er nicht anzetteln, und der Mann sieht aus, als staute sich einiges unter der Glatze. Remo hat aber nicht damit gerechnet, dass ihn die Frau verfolgen würde. Beim Bierstand holt sie ihn ein, zieht ihn um die Ecke, drückt ihn an eine Zeltstange und gibt ihm einen Zungenkuss. Nein, denkt Remo. Küsse mit Melanie wären anders. Remo macht sich los von der Frau und lässt sie stehen. Im Weggehen spürt er ihren Fausthieb auf dem Rücken, und langsam fühlt sich hier alles etwas echter an. Surprise 503/21

Auf der anderen Seite des Bierzelts zucken einige Jugendliche wild herum. Sie sind so überdreht, dass Remo überlegt, was sie genommen haben könnten, etwas Synthetisches auf jeden Fall, so wie die aussehen, und er fragt sich, wie sie wohl hierher geraten sind, und ob sie einfach mal die rockenden Erwachsenen nachspielen wollen, oder besser das Gefühl namens Rock ‘n’ Roll, von dem sie gehört haben. Sie sind knapp daneben, und sie nerven Remo besonders jetzt, wo der Song von der Flughafenpiste ihn mit voller Wucht trifft. Die haben ja alle keine Ahnung, worum es hier geht, hier geht es um niemand Geringeres als um Melanie, die dieses Lied auf dem Vordach in Endlosschlaufe gehört hat und sie alle, Jaro, Michael, Christina, Lorena und er, mit ihr. Melanies letzter Lieblingssong, bevor sie auf das mörderische Motorrad jenes Typen gesessen ist. Remo sucht eine Lichtung zwischen den Menschen. Zum Glück regnet es. Aussen an der Kapuze und innen rinnen die Tropfen hinunter. Remo dreht sich um. Da wiegt sich eine riesige, rothaarige Frau zum Song mit der Flughafenpiste, sie kreist mit dem Oberkörper, als ob sie Schwung für den Abflug aus diesem Stadion holen würde, und hält in jeder Hand ein Getränk mit Strohhalm und Zitronenschnitz. Abwechselnd schlürft sie von ihnen und öffnet nicht einmal dafür die Augen. Sie lächelt, oder vielleicht weint sie ein wenig wie Remo, es ist nicht auszumachen. Remo stellt sich neben sie, und jetzt tanzt auch er.

EVA ROTH , geboren 1974, schreibt Prosa und Theaterstücke für Kinder und Erwachsene. Zuletzt erschien der Roman «Lila Perk», mit dem sie für den Schweizer Kinder- und Jugendbuchpreis 2021 nominiert war.

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Die Waschanlage TEXT SIMONA PFISTER

«Ist hier noch frei?», fragt Herr Huber und nickt kurz freundlich in Richtung des Sitzes schräg gegenüber von Herrn Habegger. Nur wenige Minuten zuvor hat Herr Habegger den Zug betreten, dieses leere Abteil für sich entdeckt und sich dort eingerichtet, wie er es mag und wie er es jeden Montag durchzuziehen versucht, wenn er von Zürich nach Basel fährt: Die Aktentasche auf den Sitzen gegenüber platzieren, den Mantel auf den Platz nebenan legen, das Tischchen mit einer Zeitung bedecken, die Beine lang ausstrecken, alles besetzen. Allein bleiben. Herrn Hubers Frage führt daher zu einer mit Ärger gemischten Enttäuschung bei Herrn Habegger. Wieder nicht geschafft. Immerhin hat der fremde Störling diesmal gefragt, denkt Herr Habegger. Sonst setzen sich die Leute ja einfach hin, wo es ihnen gerade passt. Während er über diese ihm lästige Angewohnheit der Menschen nachdenkt, scheint es ihm auf einmal möglich, mit dem Fremden zu sprechen. Das tut er sonst nie; er spricht nicht mit Leuten, die er nicht kennt. Und er hasst es, in öffentlichen Verkehrsmitteln oder Warteschlangen angesprochen zu werden. Schon das Wort «plaudern» verabscheut er. Aber weil der andere so freundlich gefragt hat, denkt er auf einmal, er wolle antworten. Ja, es drängt ihn geradezu. Während sich der Zug langsam in Bewegung setzt, antwortet er also mit einer ihn selbst überraschenden Leichtigkeit in der Stimme: «Ja, natürlich, bitte!», und weist auf den Platz schräg gegenüber. Er zieht sogar den Mantel auf dem Sitz nebenan näher zu sich heran und rückt die Aktentasche in Richtung Fenster. Von dieser Offenheit in Übermut geraten, lobt Herr Habegger dann auch noch Herrn Hubers Aktentasche. Ein in der Tat elegantes Exemplar aus rostbraunem Leder, das Herr Huber von seiner Frau zum siebzigsten Geburtstag geschenkt bekommen hat. Zwar hat Herr Huber in seinen Zeiten als Rezeptionist nie eine Tasche für Akten gebraucht, da er – was ihm immer sehr wichtig gewesen ist – mehr mit Menschen als mit ihren Akten zu tun gehabt hat. Aber seine Frau weiss, dass er auf seinen Bahnfahrten gerne Kriminalromane liest, und zwar wenn möglich gleich mehrere, und wollte ihm deshalb eine hübsche Tragemöglichkeit dafür schenken. Das ist ihr gelungen. Nun trägt Herr Huber seine Kriminalromane nicht mehr in einer Plastiktasche mit sich herum, sondern in dieser Ledertasche, die Herr Habegger in eine für ihn unübliche Schwärmerei versetzt: «Was für ein aussergewöhnlich weiches Leder! Und dieser Farbton!» Herr Huber strahlt, sodass sich sein hageres Gesicht mit unzähligen Fältchen überzieht. Er glaubt, alle Menschen grundsätzlich zu mögen, und trotzdem gibt es solche, die er ganz be12

sonders mag, zum Beispiel jetzt sein Gegenüber im Zug. Denn der hat mit dem Lob der Tasche indirekt auch die Frau gelobt, welche die Tasche ausgewählt hat, und das macht Herrn Huber stolz auf seine gut geführte Ehe. Ausserdem findet er dickliche Menschen sympathisch. «Oh, herzlichen Dank! Die hat mir meine Frau zum siebzigsten Geburtstag geschenkt, für meine Krimis.» Er öffnet die Deckellasche, um Herrn Habegger einen Blick auf die Bücher zu gewähren. In seinen Jahren im Hotel hat Herr Huber ein aussergewöhnliches Geschick entwickelt, mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Er kann bereits in den ersten Sätzen beiläufig so viele Gesprächspunkte aufwerfen, dass sein Gegenüber nachfragen könnte, falls es an einem der Gesprächspunkte interessiert wäre, sich aber dennoch nicht über ein höfliches Mass hinaus informiert fühlt. So geht es jetzt auch Herrn Habegger, der bei seinem Blick auf die Kriminalromane an einem der Buchrücken hängengeblieben ist: ein Krimi, der im Glarnerland spielt. «Ah, Sie lesen Stauffacher!», sagt Herr Habegger. Stauffacher ist nicht der Name des Autors, sondern des Kommissars. Der Autor hat schon mehrere Romane mit ihm als dem Protagonisten verfasst: Kommissar Stauffacher vom Morddezernat Glarus. «Ja, genau. Sie auch? Der ist grandios, nicht wahr? Das ist schon der dritte, den ich lese, und ich kann gar nicht mehr aufhören!» Herr Habegger nickt. «Ja, wirklich. Ich dachte, ich hätte alle durch, aber diesen kenne ich noch nicht.» Herr Habegger legt den Kopf schräg, um den Titel des Romans auf dem Buchrücken besser lesen zu können. Herr Huber, der dies bemerkt, greift nach dem Buch und streckt es Herrn Habegger entgegen. «‹Die Tote in der Waschanlage›, gerade erst erschienen. Schauen Sie es sich nur gern an!» Herr Habegger dankt und beginnt, in dem Buch zu blättern, ohne wirklich hineinzusehen, weil er das Gespräch weiterführt. «Den kenne ich tatsächlich noch nicht, danke für den Tipp!», sagt er. «Stauffacher ist wirklich eine grossartige Figur. Und sein Hund, wie heisst er noch gleich?» «Toni», ruft Herr Huber. «Ein Jack Russell!» «Ja, genau, Toni! Also, den mag ich am liebsten», meint Herr Habegger. «Ja, Toni. Der kommt hier auch wieder vor, ist sogar sehr wichtig, aber mehr verrate ich noch nicht», sagt Herr Huber in gespielt verschwörerischem Tonfall. «Ja, dann muss ich das Buch ja kaufen!», antwortet Herr Habegger und lässt sich, vermutlich wegen Toni, der ihn an den Hund erinnert, den er sich als Kind gewünscht hat, zu einem AugenSurprise 503/21


zwinkern hinreissen. Er beendet sein gesprächsuntermalendes Blättern und dreht das Buch um, um es sogleich zurückzugeben, damit er den Besitz des anderen nicht seltsam lange in seinen Händen hält. Doch zuerst liest er noch den Klappentext vor: «‹Stauffachers siebter Fall. In der Waschanlage an der Hauptstrasse 3 in Niederurnen wird eine Leiche gefunden. Der leblose Körper einer Rentnerin aus dem nahen Mollis liegt eingeklemmt zwischen zwei Bürsten des Autoparcours. Sofort wird Stauffacher gerufen: Wer könnte der unscheinbaren Martha Rüegg etwas angetan haben? Und wie kam sie zwischen die Bürsten?› Ha, das klingt ja herrlich skurril. Das mag ich so an diesen StauffacherGeschichten. Skurril, aber nicht dumm!», ruft Herr Habegger aus. Herr Huber nickt dreimal schnell, seine ohnehin hohe Stimme überschlägt sich: «Genau! Das sage ich auch immer zu meiner Frau. Aber sie mag das nicht; sie findet den Stauffacher unglaubwürdig. Obwohl, diesen Roman will sie jetzt auch lesen, weil wir beide diese Waschanlage so lieben.» «Ah, die Waschanlage gibt es tatsächlich?» «Ja, ja, das ist immer alles sehr gut recherchiert. Jedes Detail stimmt, auch in den anderen Romanen. Meine Frau kommt aus Glarus, wissen Sie, wir sind oft dort, und wir haben bisher noch keine einzige Ungenauigkeit entdeckt.» Surprise 503/21

«Ah, tatsächlich?» «Ja, ihre Schwester lebt noch in Glarus, und jedes Mal, wenn wir von Basel zu ihr fahren, benutzen wir diese Waschanlage.» «Ja, dann muss sie gut sein, wenn schon Sie und Stauffacher dahin gehen», scherzt Herr Habegger, der mittlerweile so plaudrig gestimmt ist, dass er sich nicht wiedererkannt, geschweige denn gemocht hätte. «Ja, wirklich», sagt Herr Huber, jetzt auf einmal sehr ernst. «Das ist die beste Autowaschanlage der Schweiz.» Sein Gesicht ist streng geworden. Er sagt noch einmal mit Nachdruck: «Wirklich, die beste Autowaschanlage der Schweiz. Da müssen Sie hin.» Herr Habegger hat durch diesen abrupten Tonwechsel an Heiterkeit verloren. Etwas in ihm stört sich an der bestimmten, ja fast herrischen Art, die sein Gegenüber auf einmal angeschlagen hat. «Wie können Sie sich da so sicher sein? Haben Sie denn alle Waschanlagen der Schweiz schon ausprobiert?», fragt er. Sein Tonfall ist etwas zu angriffig geraten, denkt Herr Habegger, aber nun ist es zu spät, und ausserdem, findet er, sei der andere mit seiner Behauptung auch irgendwie angriffig. Herr Huber möchte sich von Herrn Habeggers Stimmungswechsel nicht irritieren lassen. Also antwortet er, bereits wieder lächelnd: «Nein, das natürlich nicht. Aber ich sage Ihnen, wenn 13


Sie diese Waschanlage einmal ausprobieren, werden auch Sie überzeugt sein. Fahren Sie denn Auto?» «Ja, natürlich!», antwortet Herr Habegger. «Und ich bin mit meiner Stamm-Waschanlage in Zürich so zufrieden, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass man irgendwo in der Schweiz noch besser waschen könnte.» Wieder ist Herrn Habeggers Antwort schnippischer geraten als beabsichtigt. Obwohl er tatsächlich überzeugt ist, dass die Waschanlage, die er üblicherweise besucht, sehr gut ist, muss er teilweise eingestehen, dass eigentlich nichts dagegen spräche, der Empfehlung dieses Mannes zu folgen – noch dazu, weil dort der neue Stauffacher spielt, den er jetzt auch kaufen will, sodass es sein könnte, dass er diese Waschanlage ohnehin aufsucht, einfach nur, um eine leise Bestätigung des eigenen Lebens, der eigenen Wichtig- und Richtigkeit zu erfahren, die sich bei ihm immer einstellt, wenn ein Roman oder ein Film irgendwo spielt, wo er sich auskennt. Zugleich aber nagt nun etwas an Herrn Habegger. Die Art, wie der andere mit einer solchen Gewissheit davon spricht, die beste Autowaschanlage der Schweiz entdeckt zu haben, das hat für ihn eine gewisse Impertinenz, um nicht zu sagen: Penetranz. Die gefällt Herrn Habegger nicht. Wenn er etwas in seinen Jahren im Lüftungsanlagenvertrieb gelernt hat, dann, mit Ratschlägen zurückhaltend zu sein, um dem anderen nicht das Gefühl zu geben, man wüsste alles besser, und ihn dadurch von vornherein zum Widerspruch zu drängen. Denn so verkauft man nicht ein einziges Gerät. Lieber die Kunden erst einmal reden lassen und sie dann später von der eigenen Meinung überzeugen, denkt Herr Habegger und zieht dabei unwillentlich die Augenbrauen zusammen. Doch Herr Huber ist nicht gewillt, auf die – nun deutlicher werdende – Feindseligkeit des anderen einzugehen. Er hat in seinem langen Berufsleben schliesslich schon viele schnippische Antworten erhalten. Und er weiss, dass sie stets einer Defensive entspringen, die besonders oft und schnell Geschäftsmänner wie sein Gegenüber einnehmen, wenn man ihnen zu deutlich einen Ratschlag gibt und damit am Kern ihres Selbstverständnisses rührt: Dass sie diejenigen sind, die wissen, was richtig ist. Er hingegen ist überzeugt, dass keiner alles wissen kann und es darum besser ist, auch mal auf andere zu hören. Und das will er nun möglichst vielen anderen beibringen. Herr Huber hat sich vorgenommen, dafür – wie er es bei den Hotelgästen stets getan hat – erst einmal die Meinung des anderen anzuhören

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und diese anschliessend Schritt für Schritt zu widerlegen, um seinem Gegenüber zu zeigen, dass auch ein Mann wie er noch etwas lernen kann. «Was schätzen Sie denn besonders an der Waschanlage in Zürich?», fragt Herr Huber also, freundlich. «Also erst einmal ist sie sauber», antwortet Herr Habegger sofort, denn das scheint ihm ein spezifischer Vorzug seiner Stamm-Waschanlage zu sein. «Also, sie wäscht die Autos nicht bloss sauber, nein, die Waschanlage ist schon selbst sehr sauber.» «Aha, interessant», nickt Herr Huber, immer noch seiner Taktik folgend und immer noch mit einem Lächeln, dessen Dauerhaftigkeit Herrn Habegger nun auffällt und ihn stört. «Da steht nirgends ein gebrauchter Eimer rum, nirgends hängt ein schmutziger Lappen, der Boden immer frisch gespült. Auch draussen kein Abfall, nirgends, nichts. Die müssen Personal dafür haben, anders kann ich mir das nicht erklären. Menschen machen ja ständig Dreck, gerade beim Putzen, aber dort ist nichts, wirklich nichts zu sehen. Das drückt schon eine anständige Haltung aus, einen Respekt vor dem Kunden», sagt Herr Habegger und betont dabei mit Absicht das Wort «Respekt», weil er findet, dass es dem anderen daran mangelt. «Das ist in der Tat aussergewöhnlich! Und mir ist Sauberkeit auch wichtig», sagt Herr Huber, der Versuchung widerstehend, zu erwähnen, dass sich dieselbe Sauberkeit auch bei der Waschanlage im Glarus finden lässt und dass die dafür tatsächlich mehrere Leute eingestellt haben. Er hält sich noch an den ersten Teil seiner Überzeugungsstrategie. «Na also!», sagt Herr Habegger. «Sehen Sie? Es gibt auch andere tolle Waschanlagen in der Schweiz.» «Ja, natürlich!», antwortet Herr Huber. «Aber wissen Sie, wenn Sie einmal die Waschanlage im Glarus besuchen, dann werden Sie gleich sehen: Die hat einfach etwas Einmaliges. Wissen Sie, ich habe lange in einem Hotel in Bad Ragaz gearbeitet, als Rezeptionist, und den Gästen immer (er betont das Wort) diese Waschanlage empfohlen und jeder (er betont auch dieses Wort), der dann tatsächlich dorthin ging, hat mir zugestimmt: die beste Autowaschanlage.» «Ja, also, das ist mir zu ungenau», sagt Herr Habegger, nun in die Offensive gehend. «Sagen Sie (er betont dieses Wort) mir doch mal, was konkret so toll ist an Ihrer Waschanlage!» Herr Habegger hat beim letzten Satz die Arme verschränkt. Herr Huber ist ihm nun richtig unsympathisch geworden. So ein dünner, überfröhlicher Besserwisser! Ein typischer Rezeptionist, denkt Herr Habegger, die hören den Gästen dauerlächelnd zu, nur um ihnen dann die eigenen Empfehlungen aufzuschwatzen. Das hat er oft genug auf seinen Geschäftsreisen erlebt. «Sie ist natürlich auch sauber, und tatsächlich hat man dort Reinigungspersonal eingestellt», antwortet Herr Huber, der nun zum zweiten Teil seiner Strategie übergegangen ist, vielleicht etwas verfrüht. Ungehemmt bricht sich jetzt die ihm eigene Begeisterungsfähigkeit Bahn. «Und so sauber, wie sie selbst ist, so sauber wäscht sie auch!», sagt Herr Huber, wegen dieses kleinen Wortspiels sehr zufrieden mit sich. «Das sieht man schon an den Bürsten: Nicht umsonst spielen die auch bei Stauffacher eine wichtige Rolle. Die Borsten der ersten grossen Bürste sind zwar lang, aber doch sehr fein in der Textur; stark, aber biegsam genug, dass sie keine Kratzer hinterlassen. Die sind so sanft und kraftvoll – es ist kaum zu glauben!», schildert er, mit den Händen die Bürsten nachformend. Surprise 503/21


PORTRÄTBILD: ZVG

«Ja, man möchte Ihnen wirklich kaum glauben», antwortet Herr Habegger. «Ja», fährt Herr Huber fort, den ironischen Tonfall von Herrn Habegger überhörend, weil er ganz von seinen Gedanken eingenommen ist. Das macht Herrn Habegger endgültig aggressiv, weil er sein Gegenüber jetzt auch noch für dumm hält. «Die Waschanlage im Glarus ist zudem sehr schön. Also so rein architektonisch, meine ich. Das Gebäude ist durchaus modern, aber nicht klotzig oder extravagant. Nicht störend. Eine Art rechteckiges Mosaik aus hellgrauen Platten. Das fügt sich gut in die Umgebung ein – dunkler Wald und die Strasse. Die Verkleidung aussen ist besonders interessant, dämpft den Schall. Das hat mir mal einer der Mitarbeiter erklärt. Die sind da nämlich auch sehr freundlich», erklärt Herr Huber, ohne Luft zu holen. «Und aufdringlich, scheint mir. Wenn er Sie einfach so angelabert hat», meint Herr Habegger. «Nein, ich hatte ihn danach gefragt», fährt Herr Huber fort, wieder die Ironie überhörend, «weil mir das Material auffiel, und da hat er mir ausführlich alles erklären können. Die sind also nicht nur im Waschen kompetent, neinnein, und im Waschen sind sie schon überkompetent, das sage ich Ihnen.» Herr Huber muss vor Freude ein wenig lachen an dieser Stelle. «Ja, also, jetzt machen Sie mal einen Punkt», sagt Herr Habegger, stark enerviert, weil die Behauptungen des Gegenübers nun in eine offensichtliche Lüge umgeschlagen haben. «Die Autowaschanlagen sind ja heute alle vollautomatisch. Da müssen ihre Angestellten gar nichts mehr tun, ausser am Morgen einen Knopf drücken. Die Maschine macht überall die ganze Arbeit. Aber nicht in Zürich, gell, dort gibt es noch persönlichen Service! Das finden Sie sonst nirgends! Überall nur Maschinen, aber nicht in Zürich, neinnein! Autoscheiben abziehen, Felgen putzen, alles von Hand, ohne Zuschlag.» Jetzt hat er es ihm gegeben, denkt Herr Habegger. Nicht nur die Lüge enttarnt, sondern gleich auch noch die Zürcher Autowaschanlage mit ihrem für ihn unschlagbar scheinenden Vorzug als besser ausgewiesen. «Sie werden überrascht sein: Genauso ist es auch bei meiner Waschanlage», sagt Herr Huber, ohne zu beabsichtigen, dass er mit dem Wort «meine» die Konkurrenzlage noch verschärft, die er selbst fast gar nicht wahrnimmt. «Ja, dieses freundliche Personal putzt tatsächlich bei jedem, aber wirklich jedem Kunden auch gleich noch die Felgen und die Front- und Rückscheibe von Hand und ...», fährt Herr Huber fort. «Ah, nur die Front- und Rückscheibe?», unterbricht ihn Herr Habegger. «Also bei mir (Herr Habegger sagt jetzt auch «mir») putzen die auch noch die Seitenscheiben.» Herr Huber ist erschüttert. Er sagt nichts mehr, antwortet nicht mehr, starrt nur vor sich hin, er kann es nicht glauben. Das erschüttert nun auch Herrn Habegger. Der hat sich darauf eingestellt, nun eine Weile ein Gefecht mit seinem Gegenüber zur Bestimmung der besten Waschanlage der Schweiz auszutragen, bis einem die Kraft ausginge oder der Zug zum Halten kommt. Natürlich hat er fest damit gerechnet, selbst als Sieger vom Platz zu gehen, aber dass der andere sich nun so schnell geschlagen gibt, bringt ihn völlig aus dem Konzept. Man hat ja noch nicht einmal die Preise verglichen! Geschweige denn über Seifen und Waschdauer gesprochen! Und jetzt gibt der schon auf? Das kann doch nicht sein!, findet Herr Habegger. Surprise 503/21

Herr Huber beendet sein durch den Schock ausgelöstes Schweigen: «Ja, dann habe ich mich wohl getäuscht. Ihre Anlage scheint tatsächlich besser zu sein.» Er sitzt da wie ein müdes Bündel aus Enttäuschung und Elend, jede Lebendigkeit ist aus seiner Gestalt gewichen. Er kann nicht fassen, dass seine Lieblingswaschanlage tatsächlich einen Makel hat. Herr Habegger, halb zum Wohle der Partie, halb zum Wohle seines Gegenübers (was er nicht zugeben würde), versucht, ihn aufzuheitern: «Ja, also so schnell würde ich das noch nicht beschliessen. Vielleicht putzt das Personal in Ihrer Waschanlage dafür besser. Und billiger! Und hat schonendere Produkte! Das könnte alles sein. Ich meine, lieber richtig saubere Front- und Rückscheiben als alle Fenster geputzt, aber nur halb so gut.» «Meinen Sie?», fragt Herr Huber mit einem Flackern in seiner Stimme, das an einen jaulenden Hund erinnert. «Ja, sicher!», antwortet Herr Habegger. «Aber jetzt, wo Sie das mit den Seitenscheiben erwähnten, denke ich: Die sind doch schon zentral für die Fahrtsicherheit. Und die Seitenspiegel! Das fällt mir jetzt auch ein: Die putzen die auch nie!», sagt Herr Huber. «Ja, stimmt, die putzen die auch in Zürich nie. Das mache ich immer selbst. Die Seitenspiegel sind mir wichtig», antwortet Herr Habegger. «Ja, die sind wirklich wichtig! Die muss man putzen, da stimme ich Ihnen völlig zu, das mache ich auch immer selbst», sagt Herr Huber, jetzt wieder kräftiger. «Lustig, weil den meisten sind die egal. Aber dabei benutzt man die doch ständig beim Fahren», meint Herr Habegger. «Ja, ja, genau!», sagt Herr Huber, jetzt noch lebendiger, ja fast schon wieder heiter. «Eigentlich müsste es Bussen geben, wenn man seine Seitenspiegel nicht richtig in Stand hält, oder?», schlägt Herr Habegger vor. Er lacht ein wenig. Der andere ebenso. «Jetzt dachte ich immer, diese Waschanlage im Glarnerland sei die beste», fährt Herr Huber ernster fort, «aber erst jetzt merke ich, dass die einiges vernachlässigen.» Herr Habegger, auch wieder ernster: «Stimmt. Auch in Zürich denken die nicht an alles. Ist das wohl bei allen Waschanlagen so?» «Ich habe von einer ausserhalb von Lugano gehört, die sehr gut sein soll. Da waren mal Bekannte von mir, als sie nach Italien in die Sommerferien fuhren», meint Herr Huber, wieder in seiner üblichen freudigen Erregung. «Ja? Ich hörte von einer anderen in der Nähe von Lausanne, die umfassenden Service bietet», sagt Herr Habegger, an die Empfehlung seines letzten Kunden denkend. «Ich werde die in Lugano mal ausprobieren. Mögen Sie mir Ihre E-Mailadresse geben? Dann schreibe ich Ihnen, wie es war», fragt Herr Huber. Herr Habegger weiss nicht, was er davon halten soll. Dann kommt der Zug zum Stehen. SIMONA PFISTER , geboren 1988, ist Autorin und freie Journalistin. Sie lebt in Zürich und schreibt u. a. für Das Magazin und die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Ab September studiert sie am Literaturinstitut in Biel.

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Nicht aller Tage Abend TEXT MILENA MOSER

Das Holzklötzchen und die Fusssohle. Ein fieser Schmerz. Ein Schmerz wie kein anderer. Jenny kannte diesen Schmerz von früher. Als die Kinder noch klein waren. Sie fluchte, bückte sich und hob es auf. Auf dem Tisch stand noch die Box mit dem Schiebedeckel. Sie stellte sich vor, wie Martin am Nachmittag hier gesessen hatte. Wie er versuchte, das viereckige Klötzchen in die runde Öffnung zu zwängen, das runde in die viereckige. Karla musste ihm dabei geholfen haben, sie hatte heute frei gehabt und Jenny abgelöst. «Geh du mal in Ruhe einkaufen, Mama», hatte sie gesagt. «Oder noch besser, ins Schwimmbad. Wann warst zuletzt schwimmen?» Martin liess sich nicht gerne helfen, das wusste Jenny. «Das müsste ich doch können», sagte er in solchen Momenten immer. Dann musste sie sich abwenden. Sie ertrug es nicht. Immer noch nicht. Sie sah ihn vor sich, wie er frustriert aufgab, das Klötzchen wegschleuderte, quer durchs Zimmer, wo es auf dem gemusterten Teppich liegen blieb. Sie war tatsächlich schwimmen gegangen. Das Eintauchen ins kühle, nach Chlor riechende Wasser fühlte sich vertraut an und gleichzeitig verkehrt. Das war nicht mehr sie, die dreimal die Woche hier ganz ruhig ihre Runden zog, einen Kilometer hinter sich legte und dann noch einen. Seit dem Unfall war sie nicht mehr hier gewesen. Sie gehörte nicht mehr hierher. Nach wenigen hundert Metern gab sie auf. Und nur weil sie sich noch nicht gleich nach Hause zurück traute, weil sie Karlas enttäuschtes Gesicht nicht sehen wollte, hatte sie in der Cafeteria eine Portion Pommes frites gegessen und durch die grosse Scheibe den Schwimmern zugeschaut, den spielenden Kindern, den waghalsigen Turmspringern. Sie hatte Karla umarmt und ihr versichert, wie toll das Schwimmen gewesen sei, der freie Nachmittag. «Wenn du willst, kann ich jeden Mittwochnachmittag auf Papa aufpassen.» So weit kommt’s noch, dachte sie jetzt. Sie warf das Klötzchen in die Box und schloss den Deckel, sie rollte den Sitzball unter den Tisch, sie rückte die Bücher zurecht. «Mein allerschönstes Buch vom Backen, Bauen und Flugzeugfliegen» lag noch aufgeschlagen da, und sie sah, dass Martin auf seinem Heft mit sorgfältiger Schönschrift Wörter geübt hatte. Der Feuerwehrmann. Die Buchhändlerin. 18

Erinnerte er sich, dass sie vor dem Unfall in einer Buchhandlung gearbeitet hatte, oder hatte er die Seite nur zufällig aufgeschlagen? Sie blätterte die Seite um und entdeckte eine neue Zeichnung, eine detailgetreues Abbild der Aussicht aus ihrem Wohnzimmerfenster: die Fassade des gegenüberliegenden Hauses, die Nachbarn in den Fenstern, der kleine Oskar mit seinem Modellflugzeug, Saskia in ihrer Küche, der alte Herr Steiner mit der Zeitung. Wenn man genau hinschaute, konnte man sogar den Namen der Zeitung lesen. Von rechts ragte der Ast einer Buche ins Bild, die im Hof stand, man konnte die Rippen jedes einzelnen Blattes erkennen. Mit unendlicher Geduld hatte er jede Einzelheit festgehalten, mit dem billigen blauen Kugelschreiber, den er auch für seine Schreibübungen benutzte. Sie riss die Seite aus dem Heft und strich sie sorgfältig glatt. Dann legte sie das Heft auf den Bücherstapel. Wie gut, dass sie alles aufbewahrt hatten, dachte sie. Wie gut, dass sie solchen Wert auf Qualität, auf pädagogischen Nutzen gelegt hatte. Damals, als die Kinder noch klein waren, hatte Martin sie ständig damit geneckt. «Was sollen sie denn in der Schule noch lernen?», sagte er immer. Manchmal hatte er dann auch ein ferngesteuertes Auto für Joshi nachhause gebracht, eine Barbiepuppe für Karla, Wasserpistolen für beide. All diese Plastikteile waren irgendwann zerbrochen, auseinandergefallen, hatten ihren Reiz verloren. Aber die Klötzchen und die dreidimensionale Kugelbahn und die zusammensteckbaren Holzschienen für die Eisenbahn leisteten ihnen jetzt unschätzbare Dienste. Nach einem Jahr hatte die Krankenkasse die Ergotherapie auf ein Minimum reduziert. Martin machte nicht genügend Fortschritte, war die Argumentation. Das leuchtete Jenny nicht ein: Sollte er dann nicht mehr gefördert werden, statt weniger? Plötzlich fröstelte sie. Die Tür zum Küchenbalkon stand offen. Eigentlich wollte sie sie nur schnell schliessen, doch dann trat sie hinaus, schaute in den Himmel hinauf und über die Dächer der Siedlung. Irgendwoher klangen Stimmen, die WG von schräg gegenüber sass wohl noch am grossen Tisch im Hof. Die Luft war regengeschwängert, sie roch nach frisch geschnittenem Gras und Grillkohle. Heute Mittag, als kurz die Sonne schien, sassen sie da auch, sie und Martin und Karla. Saskia von nebenan setzte sich zu ihnen, und als Martin kurz aufstand, um sich noch ein Glas Wasser aus der Gemeinschaftsküche zu holen, Surprise 503/21


PORTRÄTBILD: BARAK SHRAMA

berührte Saskia ihren Arm und legte den Kopf schief. Oh, wie sie das hasste! Diesen schrägen Blick, diese mitleidsvollen, aber auch irgendwie gierigen Augen: «Ich bewundere dich so», sagte sie. «Das könnte ich nicht.» Und Jenny dachte: Ich auch nicht. Aber hat mich jemand gefragt? «Es ist, als ob du plötzlich drei Kinder hättest …» Nein, so war es nicht. Sie hatte zwei Kinder und einen Mann. Zwei fast erwachsene Kinder und einen hirnverletzten Mann. In guten wie in schlechten Zeiten, dachte sie. Aber sie sagte nichts. Saskia erwartete auch gar keine Antwort. Immerhin hatte sie sich zu ihnen gesetzt. Andere wichen ihnen aus. «Gell, sie hätte besser gleich den Schalter gezogen», sagte Martin, als er an den Tisch zurücktrat. Seine Stimme klang ganz normal, er sprach einfach ein wenig langsamer als früher. Saskia zuckte zusammen und lächelte gezwungen. Jenny konnte direkt sehen, was sich in ihrem Kopf abspielte. Oh, shit, hat er mich etwa gehört? Versteht er mich? Martin verstand durchaus. Manchmal dachte Jenny, er verstand mehr als früher. Er war weniger mit sich beschäftigt, mehr auf andere eingestellt. Als ob der Unfall Antennen freigelegt hätte. «Hab ich aber nicht», hatte sie zurückgegrinst, sie hatten sich in die Augen geschaut und sich erinnert. Und Saskia war aufgestanden, ein wenig beleidigt. Sie hatte es doch nur gut gemeint! Aber gut gemeint war das Schlimmste, dachte Jenny manchmal. Einen Moment lang wünschte sie sich, sie würde noch rauchen. Dann fiel ihr ein, dass in der Küche noch eine angebrochene Flasche Wein herumstand. Sie schloss die Balkontür hinter sich und schenkte sich ein Glas ein. Es schmeckte leicht sirupig. Wein sollte nicht zu lange herumstehen. Aber sie trank nun mal nicht gern allein. Das Schlafzimmer war dunkel, sie konnte Martins leises Schnarchen hören. Das hatte sich nicht verändert. Sie zog sich aus und schlüpfte unter die Decke. Wenn sie die

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Augen schloss, konnte sie sich einbilden, es sei nicht passiert. Der Unfall mit dem Motorrad, die Monate auf der Intensivstation, das künstliche Koma, die Unterhaltungen mit den Ärzten, die Frage nach dem «Schalter ziehen», wie Martin es nannte. Sie hatten sich gestritten an diesem Tag. Sie hatten sich öfter gestritten damals. Jetzt, wo die Kinder grösser waren, hatte Jenny tausend Wünsche und Vorstellungen. Dass sie einen zweiten Frühling erleben, zusammen verreisen, vielleicht etwas Neues aufziehen würde. Er hingegen, er wollte noch etwas erleben. Er kaufte sich ein Motorrad. Kam abends oft spät nachhause, manchmal roch er nach Bier, manchmal nach etwas anderem. Parfüm vielleicht. Sie wollte nicht darüber nachdenken. Doch als sie ihn dann da liegen sah, die Schläuche, die Maschinen, der geschundene Körper, wie in einem Trickfilm mit Bandagen umwickelt – da fiel das alles von ihr ab wie Ballast. «Ich will dich», sagte sie. «Ich brauche dich.» Da war er schon weit weg. Doch sie hatte ihn zurückgeholt. Das hatte er ihr später erzählt. Wie er sie gesehen hatte, auf einer Blumenwiese stand sie, in einem weissen Kleid, das Haar offen, die Hand nach ihm ausgestreckt. «Ich war an einem schönen Ort», hatte er gesagt. «Aber du warst schöner.» Verschlafen schlang er seine Arme um sie. «Da bist du ja», sagte er. «War das nicht ein guter Tag heute?» Sie drückte ihr Gesicht in seine Armbeuge. «Perfekt.»

MILENA MOSER , geboren 1963, ist eine der erfolgreichsten Schweizer Schriftstellerinnen. Sie hat über zwanzig Bücher, zahlreiche Essays, Kolumnen und Hörspiele verfasst und leitet Workshops in kreativem Schreiben. Die gebürtige Zürcherin lebt in San Francisco.

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Zum Wohle aller Socken TEXT CHRISTOPHER ZIMMER

Wenn Sie Ihre Wäsche bügeln, dann tun Sie dies am besten ohne Ansehen von Rang und Stand. Machen Sie keinen Unterschied zwischen einem altgedienten Geschirrtuch und einem Hemd mit Button-down-Kragen. Überlassen Sie die Reihenfolge, in der Sie Ihre Wäsche bügeln, einfach Ihrer Waschmaschine. Denn eine Waschmaschine ist eine absolut unbefangene, demokratische Einrichtung. Sie wirbelt alles, was Sie ihr einverleiben, wie das blinde Schicksal in Person zu einem ineinander verschlungenen Haufen. Ob alte Socke oder neue Bluse, vor der Waschmaschine sind alle Textilien gleich. Wenn Waschmaschinen überhaupt etwas vorzuwerfen wäre, so doch nur, dass sie die Textilien in Fein-, Bunt- und Kochwäsche einteilen, was sicher mit gattungsgeschichtlichen und evolutionstheoretischen Bedingungen der Spezies der körperbedeckenden Arten zu erklären wäre. Doch würde dies hier zu weit führen. Bleiben wir also dabei. Nehmen Sie sich Ihrer Wäsche so an, wie der Wäschekorb sie Ihnen darbietet. Akzeptieren Sie es. Lassen Sie sich von der Qual der Wahl befreien. Setzen Sie keinerlei Prioritäten. Huldigen Sie keinerlei Präferenzen. Ich kann zwar auch nicht behaupten, dass ich ohne solche wäre. So bügle ich seit Jahren keine Unterhosen mehr. Und sollte Sie das jetzt im Schritt unangenehm berühren, so bitte ich um Verzeihung. Wobei, wenn wir schon bei Präferenzen sind, so ist es spätestens an dieser Stelle angebracht, ein Geständnis zu machen. Mich zu outen. Denn seit wir, und zwar schon seit etlichen Jahren, keinen Wäschetrockner, keinen Tumbler mehr haben, was erfreuli20

cherweise unseren Fussabdruck, wenn auch nur marginal, verringert (mehr zu behaupten, wäre pures Whitewashing), seit wir also unsere Wäsche nicht mehr heisselektrisch trocknen lassen, sondern sie Luft, Licht und Geduld anvertrauen, was nebenbei auch das Bügeln weitgehend obsolet macht, da eine gut aufgehängte und gefaltete Wäsche schon die halbe Bügelmiete ist, seit diesem Schritt in Richtung Nachhaltigkeit habe ich etwas entwickelt, was ich selber System und Strategie nenne, meine Familie dagegen unverblümt Marotte und Manie, ja, sie versteigt sich sogar dazu, von Zwängen zu sprechen. Whatever! Kommen wir, ohne noch länger um die heisse Wäsche zu reden, zum Kernthema, der korrekten Hängung der Wäsche auf dem Wäscheständer, dem … und kleiner geht es meines Erachtens nicht … dem heiligen Gral der Wäschepflege! Zu heiss gewaschen? Nein, wahrhaftig nicht! Denn hier haben sich mir, dem doch einst so unbedarften Hausmannsfrischling und textiltechnischen Greenhorn, Dimensionen erschlossen, von denen ich nicht die leiseste Ahnung hatte. Nicht nur praktische, nicht nur pragmatische, also solche rein physischer Natur, nein, viel weiter noch, viel gravierender und in meinen Augen auch bereichernder, nämlich ästhetische und, ja, auch psychologische. Nun, ästhetische, das mag vielleicht noch naheliegen, selbst für die grössten Skeptiker und Ignorantinnen. Denn auch für diese erschliesst sich noch am ehesten die Schönheit eines Systems von Gleichmass, Ordnung und Repetition. Wenn T-Shirt neben T-Shirt, Hand-, Bade- und Geschirrtuch neben Hand-, Surprise 503/21


PORTRÄTBILD: KATHRIN SCHULTHESS

Bade- und Geschirrtuch, Unterhose neben Unterhose aufgereiht … Und ich bitte Sie, dieses souterraine Textil niemals als zu gering zu achten oder gar zu verachten … Notorischen Unterhosen-Dissern sei hier das Gedicht «Die Unterhose» von Christian Morgenstern mit mindestens 60 Grad ans Herz gelegt … wie gesagt also, Unterhose neben Unterhose sich präsentiert, in regelmässigen Abständen aufgereiht und von Klammern akkurat fixiert, und vor allem: Socke neben Socke! Und genau hier, spätestens hier, verlassen wir den Bereich der reinen Ästhetik. Denn genau hier beginnt das Reich der Psychologie beziehungsweise das dramatische Kapitel der Textiltraumata. Denn haben Sie schon einmal bedacht, was es für Konsequenzen hat, wenn Sie Socken völlig beliebig … und selbstverständlich ist auch die feminine Abteilung der Fuss- und Beinbekleidung, sind alle Seiden-, Nylon- und sonstigen synthetischen Strümpfe mitgemeint, zugunsten der Prägnanz hier aber unter der Kategorie Socke subsumiert … was es also für Konsequenzen hat, wenn Sie Socken völlig unbedacht und achtlos, die Kreuz und Quere auf dem Wäscheständer verteilen? Können Sie sich vorstellen, was das für eine Socke heisst, allein und verloren, ohne das vertraute und anvertraute Pendant, ohne den für sie bestimmten Zwilling, nachts im Dunkeln, vielleicht gar im Keller, vor sich hin zu trocknen? Und haben Sie auch nur eine ungefähre Ahnung davon, was es für Sie selber bedeutet, wenn Sie solche Socken, die viel später erst wieder zueinandergefunden haben, nach Stunden, vielleicht Tagen und Nächten der Einsamkeit, wenn Sie solche Socken buchstäblich hautnah am Leibe tragen? Kann es wirklich sein, dass Sie so abgestumpft und unsensibel sind gegenüber den fatalen Schwingungen, die solchen traumatischen Erfahrungen, Erfahrungen von Existenzängsten und Selbstzweifeln, zwangsläufig folgen? Surprise 503/21

Haben Sie sich noch nie gefragt, was aus jenen Socken geworden ist, die so geheimnisvoll beim Waschen verschwinden? Machen Sie sich nichts vor, reden Sie sich das bloss nicht ein, ja, reden Sie sich nicht damit heraus, indem Sie der Waschmaschine die Schuld in die Waschprogramme schieben. Nein, bringen wir es hier zur Sprache, schongangslos! Diese Socken verschwinden nicht einfach, und schon gar nicht durch Fremdverschulden, nein, diese Socken haben, als allerletzten Ausweg aus ihrer Misere, den Freitod gewählt. Und, wie Studien gezeigt haben: Die Suizidrate unter Socken steigt! Kann Sie das nicht endlich weichspülen? Deshalb appelliere ich an Sie: Lassen Sie sich umstimmen! Lassen Sie sich dafür gewinnen, Ihre Einstellung zu ändern, von schlechten Gewohnheiten Abstand zu nehmen. Entscheiden Sie sich, zum Wohle aller Socken und Sockenträger, für einen Systemwechsel! Lassen Sie Socke zu Socke kommen. Gönnen Sie Ihren Textilien den familiären Zusammenhalt. Schaffen Sie auf dem Wäscheständer Inseln, auf denen sich Gleiches zu Gleichem gesellt. T-Shirt zu T-Shirt etwa, Waschlappen zu Waschlappen oder Hose zu Hose. Auf dass diese Halt aneinander finden und unbeschadet alle Dunkelheiten und sinnentleerten Trocknungsintervalle überstehen. Kurzum, ändern Sie Ihre Strategie der Wäschehängung, und ich versichere Ihnen, Sie werden von Stund an reinen Gewissens und reinen Herzens sein. Porentief rein!

CHRISTOPHER ZIMMER , geboren 1959 in Aachen, ist in Deutschland und der Schweiz aufgewachsen und lebt in Basel. Er schreibt Fantasy-Romane und Geschichten für Gross und Klein. Mit seinem ersten Fantasy-Roman gewann er den Wolfgang-Hohlbein-Preis.

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Unvollendete Ballade vom Menschsein TEXT JÜRG HALTER

Du ausatmender, du erwachender, du verträumter, du anwesender, du dich erhebender, du erwachter, du stehender, du müder, du dich streckender, du einatmender, du ruhender, du hellwacher Mensch.

Du tablettenschluckender, den Wind auf der Haut spürender, durch verbautes Land fahrender, vieles verpassender, auf einmal entspannter, vermeintlich bald erlöster Mensch.

Du bewusster, du gedankenloser, du staunender, du dich sammelnder, du irritierter, du gewandter, du öfters verlorener, du mutiger, du kommender, du sterblicher, du augenblicklich konzentrierter Mensch.

Du angepasster, austauschbarer, zu Befehl bereiter, dich selbst täuschender A-Mensch, B-Mensch, C-Mensch! O du Mensch in der Mittagsonne! O du hirnverrannter, unschuldig dem weiblichen Schoss entbundener Mensch.

Du sowohl der Vergangenheit als auch der Zukunft angehörender, liebesbedürftiger, liebender, beschützender, schützenswerter, entrückter, schwebender, schweigend Türen öffnender Mensch.

Siehst du mich? Ich bin so haltlos, o du trauriger, hoffnungsloser, tränenzurückhaltender, ängstlicher, nie genug kriegender, fundamental verunsicherter, mir nicht in die Augen sehender, mir vertrauter Mensch.

Du durch Strassen ziehender, nachdenklicher, musikhörender, glücklich einem Unfall entgehender, dich in letzter Zeit selbst vernachlässigender, witziger, irrwitziger, du seltsamer Mensch in Bewegung.

Erkennst du mich? Sieh mir nur einmal in die Augen, du im Bus dahinrollender, im Bildschirm verschwundener, digitalisierter, in Statistiken festgehaltener, du vermessener, vergesslicher, du gläserner Mensch.

Du deinesgleichen lächerlich machender, lächelnder, mitteilsamer, belehrender, wachsender, du lernender, im Schatten der Bäume Gelerntes verlernender, plötzlich unsäglich genervter, ungehaltener Mensch.

Schau! Aus dem Fenster dort spiegle ich dir entgegen, du eifersüchtiger, tendenziöser, du dich selbst und andere verratender, nachbetender, theatralisch gestikulierender, unglücklicher Mensch.

O du unbeherrschter Mensch! O du vormals gefasster, die Faust im Sack machender, kalkulierender, auf deine Vorteile bedachter, einseitig ausgeglichener, in einem geschlossenen Raum trotzender Mensch.

O du befreiender, dankbarer, in meinem Herzen tanzender, mir so unglaublich verwandter Mensch, du meine Stimme im Kopf bald nicht mehr aushaltender, mich leise verfluchender Mensch – o du Mensch!

Du witzloser, dich angestrengt ernst nehmender, dich über andere erhebender, segelnder, läppisch selbstgerechter, du hinterhältiger, genüsslich verachtender, verhärteter Mensch.

O du in einer Strassenbahn gereizt dahingleitender, dich selbst trollender Mensch – wo führt es uns hin? O Mensch, schau mich nur genauer an, das bist du, lass mich dich genauer anschauen, das bin ja ich!

Du bildschirmbesessener, realitätenverzerrter, realitätsverzerrender, dich selbst behindernder, Phantasie und Wirklichkeit verwechselnder, wütender, enttäuschter, doch hoffnungsvoller Mensch.

O Mensch, ich vollends unvollendeter Mensch! Du in ein helles, dann dunkles Lachen ausbrechender, kreisender Mensch! Das ist der Wahnsinn, nicht? Du leer schluckender, verstörter ABC-Mensch.

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Schau hinaus! Du dich und deine Heimat vermissender, du dich und deine Heimat noch nicht kennender, du dich und deine Heimat missender, du dich und deine Heimat nicht findender Mensch.

Du träge in eine zu erzählende Weite starrender, dich überraschend entscheidender, mich verdrängender, mein Leben übernehmender Mensch – oder ich dein Leben übernehmender Mensch?

Du gekränkter, dir so vielstimmig widersprechender, dich selbst nicht mögender, mit dem Feuer spielender, hilfesuchender, beschämender, empfindlicher, du dich selbst zum Sklaven machender Mensch.

O Mensch, dieser Schrei! O Mensch, dieser Schrei! O Mensch, werde und sei endlich frei! – Wovon? Ich weiss nicht, wovon ich spreche, bin erschöpft, weiss nicht, wovon du sprichst, wovon wir sprechen.

O ich undenkbarer, anmassender Mensch! O ich dich umkreisender ABC-Mensch! XYZ-Mensch! O ich mich in dir erkennender, riechender, ertastender, langsam sichtbar werdender Mensch.

Ich sehe mich im Spiegel im Bad eines Hotelzimmers in einer fremden Stadt voller Menschen unterm Mond – soll ich mich erschrecken? Was ist mit meinem Körper? Schon trete ich auf den Balkon in deine Haut, Mensch!

Du gesunder, nachmittags auf einmal krank werdender, du von Ungerechtigkeit betroffener, du an Gerechtigkeit glaubender, du ungerechter, während dem Pausieren im Park unvermittelt mit den Spatzen singender Mensch.

Ich spreche dir nach dem Mund mit deiner Zunge, drücke mich durch deine Gesten aus, Mensch! Fasse mir an deine Nase, lege meinen müden Kopf an deine Schulter, Mensch, bist du es? Bin ich es?

Du andere aufgrund ihrer Herkunft, Hautfarbe, aufgrund ihres Geschlechtes ablehnender, du andere aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe, aufgrund ihres Geschlechtes abfeiernder Mensch.

Sag, bist du erleichtert? O du dich in mir und ich mich in dir spiegelnder Mensch, wo sind wir nur hineingeraten? Sprichst du im Traum zu mir? O du meine Stimme, flimmerndes Gesicht, ich sehe hellwache Augen.

Du Problemmensch, du Menschproblem, du Opposition deiner selbst, du dich im Schaufenster verurteilender, dir selbst gut zuredender, dich selbst übersehender, dich selbst nicht mehr erkennender Mensch – wo bin ich?

JÜRG HALTER , geb. 1980 in Bern, wo er meistens lebt, Schriftsteller, Lyriker und SpokenWordArtist. Auftritte in ganz Europa, Japan, Südamerika, den USA und Südamerika. Zahlreich Buch-, Theater- und Musikveröffentlichungen. Zuletzt erschienen der Roman «Erwachen im 21. Jahrhundert» (Zytglogge Verlag, 2018) und der Gedichtband «Gemeinsame Sprache» (Dörlemann Verlag, 2021).

O Mensch, der du diese Zeilen unvorbereitet vernimmst, O Mensch, dem diese Zeilen über die Lippen blühen, O Mensch, der du diese Zeilen flüsternd nachsprichst, du gefährdeter wie gefährdender Mensch – O Mensch!

PORTRÄTBILD: ROB LEWIS

O du, der du dich selbst auf die richtige Fährte bringst, O Mensch, der du vielleicht einer falschen Fährte folgst, in einem trockengelegten Kanal in der Abenddämmerung, du nicht ankommender, fliehender oder reisender Mensch. O du haltloser, du zwischen Himmel und Erde fallender Mensch, du Einbildung deiner Einbildung! Du bewiesener Mensch! Du zuerst werdender, dann vergessen werdender, überlebender Mensch. Du existenziell namenloser, du an deiner Existenz verzweifelnder, du dem Nichts ausgelieferter, du ungläubig gläubiger, durch die Dunkelheit flanierender, plötzlich laufender, dir selbst entkommender Mensch. Surprise 503/21

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Fruchtbarkeit ist heilbar Dann wurde sie schwanger. Und jetzt, zehn Jahre später, ist mein Leben voller Kinder, die sich aber endlich selber anziehen können, die selber einschlafen und durchschlafen und mir etwas bringen können, ohne es auszuschütten. Endlich bin ich im Haushalt wieder komplett nutzlos. Und ich denke: Das nächste Bebe, das ich im Arm halte, ist ein Grosskind. Es ist Zeit, einen Schnitt zu machen. Ich lasse mich sterilisieren. Ich sage meiner Gefährtin: «Wenn du noch ein Kind von mir willst, nimm’s dir jetzt. Letzte Gelegenheit.» Sie sagt: «Danke, für den Moment reicht’s. Und sollte ich später doch nochmals wollen, muss es ja nicht wieder mit dir sein.» Aber ob ich mir denn sicher sei?, fragt sie. Was sei, wenn ich selber später doch mehr Kinder möchte? Ich ziehe sie in mein Arbeitszimmer. Meine RobertWalser-Gesamtausgabe ist vollgekritzelt mit infantilen Mikrogrammen, der Schreibtisch ist übersät mit Makramee-Uhus, Krepppapierpiraten und bemalten Maikäfersteinen aus dem Kreativ-Zwangsarbeitslager Kindertagesstätte. Dass ich mir noch mehr solche Dinge um mich herum wünsche, sei unwahrscheinlich, sage ich. «Viel wahrscheinlicher ist, dass ich im hohen Alter in einer OldiesDisco meine Arthroseschmerzen mit Gin Tonics dämpfe, mich von meiner Spitex verführen lasse und neun Monate später meinen erwachsenen Kindern einen Halbbruder vorstellen muss. Nein, das wäre mir peinlich. Ich schütze mich vor mir selbst und stelle mich tapfer in die Reihe unerschrockener Männer, die verantwortungsvoller als Roger Schawinski oder Charlie Chaplin ihre Altersblödheit beizeiten präventiv einschränken.» Natürlich geht es mir um Geld. Ein Kind grosszuziehen kostet auch dann noch viel, wenn man es nicht mit iPhones, alljährlichen Badeferien in Thailand und einundzwanziggängigen Velos frühzeitig zum Arschloch macht. Auch ein bescheidenes Kind kostet, was bei mir heisst: Mit jeder verhinderten Schwangerschaft unter meiner Beteiligung erspare ich dem Staat Ausgaben im Umfang von einer halben Million. Was ich den Staat als Künstler koste, das gebe ich ihm als Ochse zurück. Leider kann mir die Urologin im Vorabklärungsgespräch bei meinen dringlichsten Fragen nicht weiterhelfen: Ob sich Geschmack und Konsistenz meines Ejakulats verändern werden? Vom Proteinshake mit räucherforel24

liger Note hin zu etwas eher Fadem, Veganischem? Und was denn nun mit den nicht mehr benötigten Samen aus den Nebenhoden passiere? Ob die sich vielleicht über die Blutbahn in meinen Körper verteilen und ich nun wegen einer kleinen Schnittwunde am Zeigefinger beim Sex zwar kein Präservativ mehr, dafür aber Plastikhandschuhe tragen müsse? Die Operation führt die Urologin Meierhans aus, assistiert von einer Assistentin. Ich mache mich frei und lege mich auf den Tisch. Wie jeder Mann mit runtergelassener Hose fürchte ich, unwillkürlich vor den freundlichen Damen zu erigieren. Ich darf jetzt einfach nicht daran denken, dass weibliches Arzt- und Pflegepersonal unter ihren grünen Schürzen, wie einem erzählt wird, absolut nichts trägt. Ich frage die Urologin, ob es mir erlaubt sei, mich in der Hundestellung operieren zu lassen. Mir scheint, die Hundestellung sei sowohl die gemütlichste Geburtsstellung wie auch die ideale Defertilisationsposition. Sie erlaubt es nicht, und aufgestützt auf meine Ellenbogen verfolge ich mit, was die Ärztin am Sitz meiner Seele macht. Das Skalpell legt den Samenleiter frei und mir wird schlecht, ich betrachte den Kandinsky an der Wand und das Stillleben aus Siemens-Computer, Tritel-Telefon und Infusionsständer, und als ich mich wieder dem Geschehen zuwende, wird gerade etwas verschweisst. Zwischen meinen Beinen steigen Rauchzeichen auf, es riecht leicht verbrannt. Aha, denke ich, das ist nun meine Fruchtbarkeit, die mit dem Geruch einer Fliege, die in einer Halogenlampe verglüht, engelsgleich entschwebt. Meine Herren im zeugungsfähigen Alter! Ein paar Tage nach einer Vasektomie können Sie wieder ohne Kissen zwischen den Schenkeln schlafen, das Veilchenblaugelbgrünviolett klingt ab, und Sie spüren, wie Ihr Leben viel wirklicher und intensiver ist als vorher. Das Gras grüner, der Holunder weisser, die Sonne heller. Ihre Gefährtinnen spüren Ihre neue Zugänglichkeit und geniessen Ihre entspannte Art, der Zukunft entgegenzuschreiten. Fruchtbarkeit ist heilbar. CHRISTOPH SIMON , geboren 1972 in Langnau im Emmental, lebt als freier Schriftsteller, Slam Poet und Kabarettist in Bern. Soeben erschienen: «und das nach vier milliarden jahren evolution» (Edition Merkwürdig) und «Die Dinge daheim» (Edition Taberna Kritika).

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PORTRÄTBILD: MICHAEL ISLER

TEXT CHRISTOPH SIMON


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Kreuzworträtsel Rätseln und gewinnen: Surprise verlost 5 × 2 Gutscheine für einen Sozialen Stadtrundgang in Zürich, Bern oder Basel. Finden Sie das Lösungswort und schicken Sie es zusammen mit Ihrer Postadresse an info@surprise.ngo (mit dem Betreff

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(Über den Wettbewerb wird keine Korrespondenz geführt. Ihre Adressdaten werden nicht an Dritte weitergegeben und ausschliesslich von Surprise für Marketingzwecke verwendet.)

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Die 25 positiven Firmen Unsere Vision ist eine solidarische und vielfältige Gesellschaft. Und wir suchen Mitstreiterinnen, um dies gemeinsam zu verwirklichen. Übernehmen Sie als Firma soziale Verantwortung. Unsere positiven Firmen haben dies bereits getan, indem sie Surprise mindestens 500 Franken gespendet haben. Mit diesem Betrag unterstützen Sie Menschen in prekären Lebenssituationen dabei auf ihrem Weg in die Eigenständigkeit. Die Spielregeln: 25 Firmen oder Institutionen werden in jeder Ausgabe des Surprise Strassenmagazins sowie auf unserer Webseite aufgelistet. Kommt ein neuer Spender hinzu, fällt jenes Unternehmen heraus, das am längsten dabei ist. 01

Gemeinnütziger Frauenverein Nidau

02

Cantienica AG, Zürich

03

Echtzeit Verlag, Basel

04

AnyWeb AG, Zürich

05

artune ag – Architektur und Kunst

06

Nachhaltig programmiert, ZimaTech GmbH

07

Hausarztpraxis Tannenhof, Tann-Rüti

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AdaptIT GmbH, Rapperswil-Jona

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Brockenstube Au-Wädenswil

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Rentabus.ch

11

CONTACT Arbeit, Bern / Biel / Thun

12

billbox AG: billbox.com

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Mediation: www.respektvolle-loesungen.ch

14

Stereus, Trubschachen

15

Sublevaris GmbH, Brigitte Sacchi, Birsfelden

16

Madlen Blösch, Geld & so, Basel

17

Brother (Schweiz) AG, Dättwil

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Beat Vogel, Fundraising-Datenbank, Zürich

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Arbeitssicherheit Zehnder, Zürich

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Kaiser Software GmbH, Bern

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Andery-Reiseleitungen, Brugg und Zug

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wag GmbH, www.wag-buelach.ch

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debe: www.dorisberner.ch

24

Schweizerische Kriminalprävention SKPPSC

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Scherrer & Partner GmbH, Basel

Möchten Sie bei den positiven Firmen aufgelistet werden? Mit einer Spende ab 500 Franken sind Sie dabei. Spendenkonto: PC 12-551455-3 IBAN CH11 0900 0000 1255 1455 3 Surprise, 4051 Basel Zahlungszweck: Positive Firma und Ihr gewünschter Namenseintrag Sie erhalten von uns eine Bestätigung. Kontakt: Caroline Walpen Team Marketing, Fundraising & Kommunikation T +41 61 564 90 53 I marketing@surprise.ngo

SURPLUS – DAS NOTWENDIGE EXTRA Das Programm

Wie viele Surprise-Hefte müssten Sie verkaufen, um davon in Würde leben zu können? Hätten Sie die Kraft?

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Eine von vielen Geschichten Der Weg in die Armut führte für Daniel Stutz über die Sucht. Als Jugendlicher rutschte der heute 48-Jährige in die Spielsucht und später in den Konsum harter Drogen. Dank einer Therapie schaffte er vor über 10 Jahren den Ausstieg. Geblieben ist dem Zürcher Surprise-Verkäufer und -Stadtführer ein Schuldenberg. «Den Weg aus der Sucht habe ich hinter mir, der Weg aus der Armut liegt noch vor mir», beschreibt Daniel seine Situation. SurPlus gibt ihm dabei Rückenwind: «Es ermöglicht mir hin und wieder Ferien. Ausserdem bedeutet es, auch einmal krank sein zu dürfen – ohne gleich Angst haben zu müssen, die Miete oder Krankenkasse nicht zahlen zu können.»

Die ganze Geschichte lesen Sie unter: surprise.ngo/surplus

Unterstützen Sie das SurPlus-Programm mit einer nachhaltigen Spende Derzeit unterstützt Surprise 16 Verkäufer*innen des Strassenmagazins mit dem SurPlus-Programm. Ihre Geschichten stellen wir Ihnen hier abwechselnd vor. Mit einer Spende von 6000 Franken ermöglichen Sie einer Person, ein Jahr lang am SurPlus-Programm teilzunehmen.

Unterstützungsmöglichkeiten: · 1 Jahr: 6000 Franken · ½ Jahr: 3000 Franken · ¼ Jahr: 1500 Franken · 1 Monat: 500 Franken · oder mit einem Beitrag Ihrer Wahl.

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Wir alle sind Surprise #500: Die Schuldenfalle

#Strassenmagazin

«Ein Stein vom Herzen gefallen»

«Mit dem Herzen begegnen»

Ich bin selber verschuldet, seit ich denken kann. Als ehemaliges Heimkind bin ich von der Jugendanwaltschaft direkt in die unmittelbare Armut und Verschuldung entlassen worden. Ohne soziales Auffangnetz, nach wie vor durch meine Familienerfahrung traumatisiert, ohne Ausbildung, Selbstwert oder die geringste Ahnung, wo Hilfe zu bekommen war – geschweige denn, dass ich Anspruch auf Hilfe hätte. Wir (meine drei Kinder und ich sowie später mein Partner) mussten immer wieder gegen drohende Obdachlosigkeit, Vorurteile und Rassismus kämpfen, weil unser Betreibungsregisterauszug die Wohnungsfindung praktisch verunmöglicht hat. Ein Dreivierteljahr waren wir mit den Kindern, sie waren unter zehn Jahren (und ich hochschwanger), obdachlos, weil die Gemeinde Trogen AR keine Sozialwohnungen hatte. Ich war im Mindestlohn zu 100 Prozent berufstätig und bezog zusätzlich Alimentebevorschussung, insgesamt genug, um eine Miete zu zahlen. Aber alle weigerten sich, an uns zu vermieten. Die Gemeindeverwaltung hat uns an die Obdachlosenunterkunft der nächsten Stadt verwiesen. Es war der Horror und hat Jahre gedauert, uns wieder davon zu erholen. Und das war nicht vor 50 Jahren, das war 2016. Wir hatten am Schluss Glück mit einer sehr lieben und menschlichen Vermieterin. Danke für euren Mut, dieses vielschichtige Thema der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ihr seid das letzte lebende Organ unabhängigen Journalismus, das in der Schweiz existiert. Es ist mir beim Lesen eures Magazins ein Stein vom Herz gefallen, von dem ich gar nicht wusste, dass er da ist und mir zuflüstert, dass ich selber schuld an meinen Schulden sei.

Auf dem Weg zu meiner Tante habe ich in Stadelhofen die S-Bahn verlassen, um zu Fuss ein 11er-Tram Richtung Radiostudio zu erwischen. Ich bin ein spontaner Mensch: Als ich am Markttreiben beim Bürkliplatz vorbei einen Surprise-Verkäufer sehe, eile ich zum nächsten Bancomat. Bei Roberto kaufe ich ein Magazin. Es kommt immer zu Dialogen, die haften bleiben. Nächste Woche besuche ich meinen 91-jährigen Vater in der Demenzabteilung. Auch da versuche ich den Bewohnern und dem Pflegepersonal mit dem Herzen zu begegnen. E. BOMBASEI, Dürnten ZH

V. G., ohne Ort

Impressum Herausgeber Surprise, Münzgasse 16 CH-4051 Basel Geschäftsstelle Basel T +41 61 564 90 90 Mo–Fr 9–12 Uhr info@surprise.ngo, surprise.ngo Regionalstelle Zürich Kanzleistrasse 107, 8004 Zürich T  +41 44 242 72 11 M+41 79 636 46 12 Regionalstelle Bern Scheibenstrasse 41, 3014 Bern T  +41 31 332 53 93 M+41 79 389 78 02 Soziale Stadtrundgänge Basel: T +41 61 564 90 40 rundgangbs@surprise.ngo Bern: T +41 31 558 53 91 rundgangbe@surprise.ngo Zürich: T +41 44 242 72 14 rundgangzh@surprise.ngo Anzeigenverkauf Stefan Hostettler, 1to1 Media T  +41 61 564 90 90 M+41 76 325 10 60 anzeigen@surprise.ngo Redaktion Verantwortlich für diese Ausgabe: Diana Frei (dif) Klaus Petrus (kp), Sara Winter Sayilir (win) Reporter: Andres Eberhard (eba), Simon Jäggi (sim) T +41 61 564 90 70 F +41 61 564 90 99 redaktion@strassenmagazin.ch leserbriefe@strassenmagazin.ch

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Ständige Mitarbeit Rosmarie Anzenberger (Korrektorat), Simon Berginz, Monika Bettschen, Rahel Nicole Eisenring, Carlo Knöpfel, Yvonne Kunz, Isabel Mosimann, Fatima Moumouni, Stephan Pörtner, Priska Wenger, Christopher Zimmer Mitarbeitende dieser Ausgabe Christina Baeriswyl, Jürg Halter, Dragica Rajčić Holzner, Dina Hungerbühler, Sunil Mann, Milena Moser, Simona Pfister, Eva Roth, Christoph Simon, Christopher Zimmer

Ich möchte Surprise abonnieren 25 Ausgaben zum Preis von CHF 189.– (Europa: CHF 229.–) Verpackung und Versand bieten Strassenverkäufer*innen ein zusätzliches Einkommen Gönner-Abo für CHF 260.– Geschenkabonnement für: Vorname, Name

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FOTO: BODARA

Surprise-Porträt

«Ich habe o geweint» «Ich heisse Yordonas Mahari und stamme aus Eritrea. Wie viele meiner Landsleute schaue ich auf ein bewegtes Leben zurück. Aufgewachsen bin ich in dem kleinen Bauerndorf Adi Tsaedi. Im Alter von 16 Jahren wurde ich verheiratet, wie das bei uns Tradition ist. Meinen Mann habe ich am Tag der Hochzeit das erste Mal gesehen. Auch danach konnten wir uns kaum kennenlernen. Vier Monate nach unserer Hochzeit musste er ins Militär und kam zwei Jahre nicht wieder zurück. Ich lebte bei seinen Eltern, war oft allein und unglücklich. Ich vermisste meine Eltern, meine Brüder und Schwestern sehr. Wie oft habe ich einfach nur geweint. Mein Mann zog sich im Militär eine Beinverletzung zu. Dies hat ihm das Leben als Bauer sehr schwer gemacht, aber in seinem Dorf gab es keine andere Arbeit. In den Zeiten, in denen er nicht im Militär war, gab er sein Bestes, um uns zu ernähren. Eines Tages kam er mit schweren Schmerzen nachhause. Wir brachten ihn ins Spital, aber man konnte nichts mehr für ihn tun. Vermutlich starb er an einer Pestizid-Vergiftung. Zuvor hatte ich bereits meine zweijährige Tochter verloren; sie starb an der Grippe. Zusammen mit meinem Sohn zog ich in die Stadt, um selbst eine Arbeit zu finden. Mit unseren bescheidenen Ersparnissen besuchte ich einen Nähkurs und kaufte mir einen Webstuhl. Diese Arbeit machte mir grosse Freude. Ich stellte traditionelle Kleider her, in allen Farben und für alle Arten von Festen – schöne Kleider für Hochzeiten oder die Kirche. Mein Geschäft lief sehr gut, doch irgendwann begannen sich durch die ständige Bewegung meines Fusses die Narben meiner Beschneidung zu entzünden. Die Infektion wurde so schlimm, dass ich regelmässig ins Spital musste und mein Geschäft nicht mehr betreiben konnte. Eine andere Arbeit fand ich nicht und als ich meine Spitalkosten nicht mehr bezahlen konnte, dachte ich: Du musst von hier weg! Also flüchtete ich in den Sudan und von dort durch die Sahara nach Libyen. Wir waren zehn Tage unterwegs, am Anfang 147 Personen in einem kleinen Lastwagen. Auf der Fahrt starben immer wieder Leute, die keine Verpflegung oder nicht genügend Wasser dabeihatten. Als ich in Libyen ankam, dachte ich, dass ich das Schlimmste hinter mir habe. Ich rief erleichtert meinen Bruder an, der bereits in der Schweiz lebte, und erzählte ihm, dass ich in den nächsten Tagen übers Mittelmeer nach Europa kommen werde. Da begann er zu weinen und sagte: «Yordonas, das ist viel zu ge30

Yordonas Mahari, 38, verkauft Surprise in Rüschlikon, Hüntwangen-Wil und Winterthur Seen und möchte gerne eine Ausbildung zur Pflegerin machen.

fährlich für dich und deinen Sohn!» Rückblickend weiss ich, dass ich grosses Glück hatte. Unserem Boot ging nach drei Stunden Fahrt das Benzin aus. Wir trieben einen Tag lang auf dem offenen Meer. Nach einigem Hin- und Herfunken kam uns ein deutsches Schiff zu Hilfe und brachte uns nach Italien. Ein anderer Bruder von mir, der etwas später über die gleiche Route nach Europa kommen wollte, hatte kein Glück. Er ertrank auf der Flucht. Nun bin ich seit sechs Jahren in der Schweiz. Hier konnte ich mich endlich operieren lassen. Jetzt habe ich fast keine Schmerzen mehr. Ich bin froh, dass ich in einem sicheren Land leben kann. Doch leider gibt es in der Schweiz mein Handwerk nicht mehr. Ich hätte gerne auch hier schöne Kleider hergestellt. Seit vier Jahren verkaufe ich Surprise und besuche regelmässig Deutschkurse. Die Arbeit als Surprise-Verkäuferin gefällt mir, obwohl ich lieber eine feste Anstellung hätte. Die Leute sind meistens sehr nett. Einige nehmen sich sogar Zeit, um mit mir Deutsch zu üben. Manche sind aber auch unfreundlich und finden, ich soll doch eine «richtige» Arbeit suchen. Dann denke ich immer: Das würde ich doch so gerne! Aber ich sage meistens nichts. Meine Sozialberaterin meinte, dass ich ab einem Deutschniveau von B1 eine Ausbildung zur Pflegerin machen könnte. Das ist nun mein grosses Ziel.» Aufgezeichnet von DINA HUNGERBÜHLER

Surprise 503/21


Café Surprise – eine Tasse Solidarität Zwei bezahlen, eine spendieren. BETEILIGTE CAFÉS IN AARAU Rest. Schützenhaus, Aarenaustr. 1 | Rest. Sevilla, Kirchgasse 4 IN BASEL Bäckerei KULT, Riehentorstr. 18 & Elsässerstr. 43 | BackwarenOutlet, Güterstr. 120 | Bohemia, Dornacherstr. 255 | Elisabethen, Elisabethenstr. 14 | Flore, Klybeckstr. 5 | Haltestelle, Gempenstr. 5 | FAZ Gundeli, Dornacherstr. 192 | Oetlinger Buvette, Unterer Rheinweg | Quartiertreffpunkt Kleinhüningen, Kleinhüningerstr. 205 | Quartiertreffpunkt Lola, Lothringerstr. 63 | Les Gareçons to go, Bad. Bahnhof | L‘Ultimo Bacio, Güterstr. 199 | Manger & Boire, Gerbergasse 81 | Da Sonny, Vogesenstr. 96 | Didi Offensiv, Erasmusplatz 12 | Radius 39, Wielandplatz 8 | Café Spalentor, Missionstr. 1 | HausBAR Markthalle, Steinentorberg 20 | Tellplatz 3, Tellplatz 3 | Treffpunkt Breite, Zürcherstr. 149 | Wirth‘s Huus, Colmarerstr. 10 IN BERN Äss-Bar, Länggassstr. 26 & Marktgasse 19 | Burgunderbar, Speichergasse 15 | Generationenhaus, Bahnhofplatz 2 | Hallers brasserie, Hallerstr. 33 | Café Kairo, Dammweg 43 | MARTA, Kramgasse 8 | MondiaL, Eymattstr. 2b | Tscharni, Waldmannstr. 17a | Lehrerzimmer, Waisenhausplatz 30 | LoLa, Lorrainestr. 23 | Luna Llena, Scheibenstr. 39 | Brasserie Lorraine, Quartiergasse 17 | Dreigänger, Waldeggstr. 27 | Löscher, Viktoriastr. 70 | Rest. Sous le Pont/Reitschule, Neubrückstr. 8 | Rösterei, Güterstr. 6 | Treffpunkt Azzurro, Lindenrain 5 | Zentrum 44, Scheibenstr. 44 | Café Paulus, Freiestr. 20 | Becanto, Bethlehemstrasse 183 | Phil’s Coffee to go, Standstr. 34 IN BIEL Äss-Bar, Rue du Marché 27 | Treffpunkt Perron bleu, Bahnhofplatz 2d IN BURGDORF Specht, Hofstatt 5 IN DIETIKON Mis Kaffi, Bremgartnerstrasse 3a IN FRAUENFELD Be You Café, Lindenstr. 8 IN LENZBURG Chlistadt Kafi, Aavorstadt 40 | feines Kleines, Rathausgasse 18 IN LUZERN Jazzkantine zum Graben, Grabenstr. 8 | Meyer Kulturbeiz, Bundesplatz 3 | Blend Teehaus, Furrengasse 7 | Quai4-Markt, Baselstr. 66 & Alpenquai 4 | Rest. Quai4, Alpenquai 4 | Bistro Quai4, Sempacherstr. 10 | Pastarazzi, Hirschengraben 13 | Netzwerk Neubad, Bireggstr. 36 | Sommerbad Volière, Inseli Park | Rest. Brünig, Industriestr. 3 | Arlecchino, Habsburgerstr. 23 IN MÜNCHENBUCHSEE tuorina boutique & café, Bernstr. 2 IN MÜNCHENSTEIN Bücher- und Musikbörse, Emil-Frey-Str. 159 IN NIEDERDORF Märtkaffi am Fritigmärt IN OBERRIEDEN Strandbad Oberrieden, Seestr. 47 IN RAPPERSWIL Café good, Marktgasse 11 IN SCHAFFHAUSEN Kammgarn-Beiz, Baumgartenstr. 19 IN STEIN AM RHEIN Raum 18, Kaltenbacherstr. 18 IN ST. GALLEN S’Kafi, Langgasse 11 IN WIL Caritas Markt, obere Bahnhofstr. 27 IN WINTERTHUR Bistro Dimensione, Neustadtgasse 25 | Bistro Sein, Industriestr. 1 IN ZUG Podium 41, Chamerstr. 41 IN ZÜRICH Café Zähringer, Zähringerplatz 11 | Cevi Zürich, Sihlstr. 33 | das GLEIS, Zollstr. 121 | Quartiertreff Enge, Gablerstr. 20 | Flussbad Unterer Letten, Wasserwerkstr. 141 | jenseits im Viadukt, Viaduktstr. 65 | Kafi Freud, Schaffhauserstr. 118 | Kumo6, Bucheggplatz 4a | Sport Bar Cafeteria, Kanzleistr. 76 | Zum guten Heinrich Bistro, Birmensdorferstr. 431

Weitere Informationen: surprise.ngo/cafesurprise


So schützen wir uns gemeinsam beim Magazinkauf! Liebe Kund*innen Wir sind froh, dass Sie auch in dieser schwierigen Zeit das Strassenmagazin kaufen. Damit dies so bleibt, bitten wir Sie, unsere Verkaufsregeln und die Bestimmungen des BAG einzuhalten. Vielen lieben Dank! Wo nötig tragen wir Masken.

Halten Sie Abstand.

Wir haben Desinfektionsmittel dabei.

Merci für Ihre Solidarität und danke, dass Sie uns treu bleiben. Bis zum nächsten Mal auf der Strasse. Die Surprise Verkäufer*innen.

Zahlen Sie möglichst passend.

Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: info@surprise.ngo


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