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Tour de Suisse

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Pörtner in Rheinfelden

Surprise-Standorte: Coop Salmen Einwohner*innen: 13 670 Sozialhilfequote in Prozent: 3,3 Anteil ausländische Bevölkerung in Prozent: 32,8 Vielfalt: die Einwohnerschaft stammt aus 102 Nationen

Mit Rhein lassen sich eine Menge Wortspiele machen, das erste erwartet ei- nen gleich am Bahnhof. «Schau Rhein!» Neben der Ortschaft mit der Altstadt gibt es auch eine grosse Brauerei zu besichtigen, deren Gebäude die Marke repräsentiert. Was zuerst kam, der Name oder das Gebäude, liesse sich auf einer Führung erfahren.

Im Kreisel vor der grossen Überbauung Salmen steht eine alte Dampflokomotive, die für die lokale Biermarke Salmen wirbt. Die gehört inzwischen zum selben Konzern wie die grosse Konkurrenz. Auch bei den Altersheimen steht ein kleines traditionelles in einem Altbau dem Ableger eines nationalen Anbieters für Alterswohnen und -pflege gegenüber. Die Siedlung ist gross und modern, es gibt alles, was man braucht, nur scheint zurzeit niemand etwas zu brauchen. Fast niemand. Im Parterre wird noch umgebaut, einige der Geschäfte wirken geschlossen, erweisen sich aber bei näherem Hinsehen als geöffnet. Das Leben muss noch einziehen. Willkommen sind auf alle Fälle die Haustiere, es gibt sowohl ein Tier-Gourmet -Geschäft wie auch eine Hunde-Reha. Noch ist das Zwitschern der Amseln im Nest des Baumes vor dem alten Altersheim das lauteste Geräusch, lauter als die Autos, die an einem Plakat gegen den Ausbau von Frontex vorbeifahren.

Weiter vorne befinden sich das Strandbad und die Kunsteisbahn. Weil es aber für das eine zu kalt und für das andere zu warm ist, liegt der lange Veloständer verlassen da, dafür steht auf dem Parkplatz ein kleines Wohnwagendorf. Um das Stadtmarketing nicht zu enttäuschen, gilt es, an den Rhein zu gehen und diesen zu schauen, denn wer von hier aus ans andere Ufer schaut, schaut ins Ausland. Gleicher Ortsname, andere Nation. Hüben wie drüben ist es ruhig, es ist Montag. Pendler*innen und Einkaufstourist*innen sind nur vereinzelt zu sehen.

Die Rheininsel gehört noch zur Schweiz, in einem Blumenbeet steht eine goldene Krone auf dem Sockel, etwas weiter eine silberne Hand. Das Schwimmen im Rhein ist erlaubt, aber gefährlich. Eine grosse Hinweistafel klärt auf. Unter anderem wird empfohlen, nach dem Schwimmen gründlich zu duschen. Zu umschwimmen gilt es das Sankt-AnnaLoch, eine bis zu dreissig Meter tiefe Stelle, an der Strudelwirbel entstehen, die seit Urzeiten Menschen in die Tiefe ziehen. Der Legende nach versenkten die einfallenden Hunnen hier die goldene Glocke der Sankt-Anna-Kapelle. Die Glocke ist bis heute nicht mehr aufgetaucht. Auf der deutschen Seite wird Kies abgebaut, eines der flachen Lastschiffe wird beladen.

In der mittelalterlichen Altstadt heissen die Häuser «Zum Massstab» oder «Zur wilden Katz». Die im 15. Jahrhundert erbaute Johanniterkapelle ist zurzeit nicht frei zu besichtigen, es finden Voruntersuchungen für eine allfällige Sa nierung statt. In einem so alten Gebäude wird sich wahrscheinlich etwas finden. Die Läden und Boutiquen haben die Corona Zeit offenbar besser überstanden als anderswo, es sind nur wenige Ladenlokale zu vermieten. Auffällig die vielen Bio- und Fairtrade-Geschäfte, und sogar eine Kleinbrauerei gibt es, eine, die konzernunabhängig ist.

STEPHAN PÖRTNER

Der Zürcher Schriftsteller Stephan Pörtner besucht Surprise-Verkaufsorte und erzählt, wie es dort so ist.

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