Surprise Strassenmagazin 199/2009

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Gästebuch des Herzens Das Poesiealbum im Wandel der Zeit Fördern und fordern: Neue Strategien der Ausländerintegration

Erfolgsmodell Kollektiv? Zwei Genossenschaftsbeizer im Gespräch

Nr. 199 | 17. bis 29. April 2009 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass.


The Basement Brothers feat. The Kitchenettes – das ist lebendiger Soul, schnittige Arrangements und eine scharfe Performance. Leadsängerin Nicole Schlachter zieht das Publikum mit ihrer vielseitigen Stimme in den Bann. Und die Band vermag mit treibenden Beats, satten Bläsersätzen und schweisstreibenden Tanz- und Gesangseinlagen die Herzen der Zuschauer jeweils im Sturm zu erobern.

Die Berner Formation vermischt Folk und Chanson und das abseits des Kuscheltempos. Viel lieber jubeln Geige und Akkordeon, das Saxofon beschwingt auf und die Gitarre würzt mit einem Offbeat. Schöne Melodien, die zum Tanz auffordern mit viel Sonnenschein. Da frohlockt das Herz, da zucken Fuss und Knie, da winkt und grüsst der Süden.

Surprise feiert das 200. Strassenmagazin! Ausgelassen, fetzig und einmalig. Mittwoch, 29. April 2009 in der Kaserne Basel, Rossstall Türöffnung 20 Uhr, Konzert 20.30 Uhr, freier Eintritt!

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10 Ausländerpolitik Integration in Stadt und Land Seit einem Jahr sind Ausländer in der Schweiz gesetzlich dazu verpflichtet, sich aktiv zu integrieren. Konkrete Unterstützungsmassnahmen hat der Bund an Kantone und Gemeinden delegiert. Seither schiessen im ganzen Land Kursangebote wie Pilze aus dem Boden. Doch mit Deutschunterricht allein lässt sich die Eingliederung im Alltag nicht umsetzen.

14 Freundschaft Sinnsprüche in Schönschrift BILD: JACQUELINE WENDELSPIESS

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Inhalt Editorial Vorfreude herrscht Leserbriefe Sechs Franken? Gerne! Basteln für eine bessere Welt Der Leichtmetall-Pass Aufgelesen Reutlinger Strassenmusikanten Zugerichtet Verspekuliert Mit scharf Fantasielose Proteste Erwin Sondereinsätze Porträt Der lächelnde Imam Le mot noir Familie Lenoir bei der Hausräumung Tanzmusik zum Jubiläum Surprise feiert mit Feet Peals und den Kitchenettes Kulturtipps Liebesdramen einer Popprinzessin Ausgehtipps Lispelnd auf Lesetour Verkäuferporträt «Ich habe stets gekämpft» Projekt Anstellung Chance für alle! Starverkäufer In eigener Sache Impressum INSP

BILD: ISTOCKPHOTO

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Seit Generationen verewigen sich Primarschüler in den Poesiealben ihrer Gspänli. Lebt diese Tradition auch im Digitalzeitalter weiter? Erwachsene diskutieren über Kindheitserinnerungen und moderne Formen der Kontaktpflege. Und Kinder berichten von der heutigen Albenkultur in den Schulzimmern.

Das Kollektiv als Entwurf gegen die Krise: Anlässlich des 30-jährigen Bestehens der Basler Genossenschaftsbeiz Hirscheneck diskutieren Gründungsmitglied Urs Rusterholtz und Roger Portmann vom aktuellen Team die Vor- und Nachteile der selbstverwalteten Arbeit.

Titelbild: WOMM SURPRISE 199/09

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BILD: CHRISTIAN SCHNUR

18 Selbstverwaltung Ein Konzept mit Zukunft und Tradition


BILD: DOMINIK PLÜSS

Leserbriefe «Ich würde Surprise auch wöchentlich und für zehn Franken erstehen.»

FRED LAUENER, GESCHÄFTSFÜHRER

Editorial Wir feiern! In zwei Wochen erscheint die zweihundertste Ausgabe des Strassenmagazins Surprise. Zum 200. Mal seit der Gründung von Surprise im Jahr 1997 wird mit dem nächsten Heft eine neue Nummer dieser Zeitschrift von sozial benachteiligten Menschen auf der Strasse, vor Einkaufszentren und in Bahnhöfen unter das Volk gebracht. Anfänglich erschien das grösste Strassenmagazin der Schweiz im Monatsrhythmus, später alle zwei Wochen. 199 mal boten Ihnen unsere Verkäuferinnen und Verkäufer bislang druckfrischen Lesestoff an und verdienten sich damit ein kleines Einkommen und neues Selbstvertrauen. Viele von ihnen haben sich mit dem Surprise-Verkauf aus ihrer sozialen Not befreien können. 200 mal Surprise, das wollen wir feiern. Mit einem Fest in der Kulturkaserne Basel am Mittwoch, 29. April, zu dem auch Sie herzlich eingeladen sind (siehe Seite 2 dieser Ausgabe). Feiern werden wir die Nr. 200 natürlich auch mit einem ganz speziellen Heft, das ab dem 30. April auf der Strasse angeboten wird – und das sie auf keinen Fall verpassen sollten. Bis es soweit ist, wünsche ich Ihnen gute Lektüre mit dieser letzten Ausgabe vor dem runden Jubiläum: Seit der Reform des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer letztes Jahr ist die Integration der Migrationsbevölkerung in der Schweiz obligatorisch. Die Verantwortung dafür tragen die einzelnen Kantone und Gemeinden, was grosse Unterschiede bei der Umsetzung des Gesetzes zur Folge hat. Unser Autor Stefan Michel hat sich in verschiedenen Gemeinden und Kantonen ein Bild von der Situation gemacht (ab Seite 10). Je schöner der Eintrag, desto toller ist die Freundin: In den ersten Schuljahren überbieten sich Klassenkameraden mit kreativen Beiträgen in Poesiealben. Auch Jahrzehnte später ist die Erinnerung an besonders eindrückliche oder die Enttäuschung über besonders dürftige Einträge noch sehr präsent. Cristina Maurer lässt in ihrem Beitrag längst Vergangenes aufleben und erforscht die Welt der Poesiealben im digitalen Zeitalter (ab Seite 15).

Nr.197: «Surprise-Jubiläum und Preiserhöhung» Offen und ehrlich Mir ist heute von einem freundlichen SurpriseVerkäufer in Zürich zu Ohren gekommen, dass Surprise ab der nächsten Ausgabe einen Franken teurer wird – und wisst ihr was? Ich hab mich darüber gefreut. Ich kann verstehen, wenn ihr den Preis für alle erschwinglich halten wollt. Ich aber würde Surprise selbst wöchentlich für zehn Franken erstehen. Der Kontakt mit den Verkäufern macht mir grossen Spass – ich fühle mich immer ein wenig schuldig, wenn ich das Magazin mal bei einem anderen als meinem gewohnten Verkaufenden erstehe. In Sachen Inhalt seid ihr in der Schweiz ganz oben. Wo sonst können Menschen so offen und ehrlich von ihrem Leid berichten, und wo sonst werden wichtige soziale Themen so offen besprochen. Ich bin immer traurig, wenn ich wieder zwei Wochen warten muss. Adrian Demleitner Polonyi, per E-Mail Weiter so! Ich zahle gerne sechs Franken für ein gutes Magazin, das von «Randständigen» verkauft wird. Und ich schätze die persönlichen Begegnungen. Machen Sie weiter so! Barbara Morgan, per E-Mail

man eine Art Beziehung aufbaut. Es stimmt auch, dass es einige Leute gibt, die glauben, sie seien etwas Besseres. Zum Beispiel eine Lady in Designermode. Als ich ihrer Meinung nach nicht genug lächelte, wurde sie wütend und sagte: «Wissen Sie eigentlich, wer ich bin?» Aber solche Fälle sind die Ausnahme. Man sollte einfach immer lächeln, dann bekommt man auch ein Lächeln zurück. Marthe Seiler, Basel Nr.197: «Asylnotstand» Gemeinsam Heft Nummer 197 habe ich wie gewohnt bei meinem Freund aus Eritrea, Gebray Tesfaldet, gekauft. Und von der ersten bis zur letzten Zeile gelesen. Was für eine unerhörte Vielfalt! Müsste ich einen Artikel herausgreifen, wäre es der Bericht über den Basler Verkäufer Sergio Fuhrer. Grossartig! Ausserdem möchte ich gerne von einem kleinen Erlebnis mit Gebray berichten. Zufällig entdeckte er mich, wechselte auf meine Strassenseite. Ich war links und rechts schwer beladen. Für meinen Freund das Natürlichste auf der Welt: Er übernahm den einen, schwereren Teil meiner Last. Und so wanderten wir gemeinsam vom Zentrum Richtung Migros in Interlaken West, wo Gebray regelmässig Surprise verkauft. Hans Moor, Unterseen

Nr.197: «Mit dickem Fell am Förderband» Immer lächeln Mit grossem Interesse habe ich den Artikel über die Kassen-Mitarbeiter gelesen. Auch ich arbeite neben der Schule etwa 20 bis 30 Prozent in der Migros an der Kasse. Die Arbeit macht mir Spass, und man freut sich über Kunden, die immer wieder kommen und zu denen

Surprise ist auf Spenden angewiesen. Auch auf Ihre! Herzlichen Dank. PC-Konto 12-551455-3 Ihre Meinung! Bitte schicken Sie uns Ihre Anregungen oder Kritik: Strassenmagazin Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, T +41 61 564 90 70, redaktion@strassenmagazin.ch. Es werden nur Leserbriefe abgedruckt,

F.LAUENER@STRASSENMAGAZIN.CH

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die mit vollem Namen unterzeichnet sind. Die Redaktion behält sich vor, Briefe zu kürzen. SURPRISE 199/09


BILD: WOMM

Pass aufgeklappt auf Alufolie legen, um Mass zunehmen. Rechteck ausschneiden (ca. 1,5 bis 2 cm grösser als der Pass).

Jetzt den Pass zusammenklappen und in Folie einschlagen. An allen vier Ecken jeweils ein Dreieck wegschneiden (nur bis zur Ecke des Passes).

Die «Laschen» nach innen klappen und mit Leim aneinander kleben. Nicht am Pass festkleben, sondern Leim nur auf die Folie auftragen. An der Rückseite gleich verfahren – den Pass dabei leicht geöffnet lassen.

Basteln für eine bessere Welt Bezahlen wir unsere Reisefreiheit schon bald mit einer gläsernen Identität? Am 17. Mai findet die Abstimmung über die Einführung biometrischer Pässe statt, die dank integriertem Elektrochip fälschungssicher sein sollen. Wir gehen auf Nummer sicher und basteln uns ein Alu-Etui für den neuen Pass: So bleibt er individuell – und sicher vor den Röntgenstrahlen des Scanners am Zoll. SURPRISE 199/09

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Aufgelesen News aus den 90 Strassenmagazinen, die zum internationalen Netzwerk der Strassenzeitungen INSP gehören.

Frauen im Gefängnis Graz. In Europa beträgt der Frauenanteil in Gefängnissen im Durchschnitt fünf bis acht Prozent. Oft sind die Frauen aber nicht nur Täter, sondern auch Opfer. Weibliche Gefangene haben bis zu dreimal so oft sexuellen Missbrauch erlebt wie Frauen insgesamt, 70 Prozent haben Gewalt in der Partnerschaft hinter sich. Während in Österreich Frauen kaum Gewaltverbrechen begehen, ist das in Ländern, in denen häusliche Gewalt stärker verankert ist, anders: In Albanien etwa sitzt die Hälfte der Frauen wegen Mordes.

Leiden in der Fussgängerzone Stuttgart. Einigen Strassenmusikanten würde man statt Geld gerne ein Lehrbuch mit simplen Akkordgriffen geben. Dabei ist die Gitarre immerhin ein relativ leises Instrument. Anders die Posaune, der Dudelsack oder das Schlagzeug. «Musiker mit lauten Instrumenten sollen nach 20 Minuten ein paar Geschäfte weiterziehen», fordert deshalb das Ordnungsamt der schwäbischen Stadt Reutlingen. Obwohl auch leise Töne nerven können. Etwa der Nachwuchs, der nach wenigen Stunden Blockflötenunterricht auf der Strasse steht.

Gleich viel für jeden Hamburg. Immer mehr Menschen setzen sich fürs Grundeinkommen ein. Bereits haben sich über 50 000 Deutsche in einer Online-Petition an den Bundestag für das Finanztransfermodell ausgesprochen: Jeder Bürger soll vom Staat die gleiche finanzielle Zuwendung erfahren – ohne Bedürftigkeitsprüfung und ohne dass Bereitschaft zur Arbeit gefordert wird. Ob das Konzept ein Sprungbrett aus der Krise sein könnte, wird derzeit von Experten diskutiert. Sicher ist, dass die Idee so viele Anhänger hat wie noch nie zuvor.

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Zugerichtet Die Ehre des Bankers Es würde ins Bild passen, wenn er sich hinterher einen Drink genehmigte in einer der schicken Bars der Stadt Zürich, in der Kronenhalle oder im Rive Gauche, wo sich die Aufstrebenden und Erfolgreichen nach einem Arbeitstag versammeln. Er wäre nicht fehl am Platz in solcher Gesellschaft. Der Sohn einer italienischen Arbeiterfamilie hat sich vom KVStift zum Vermögensverwalter einer Grossbank hochgearbeitet, er gehört zu den Leistungsträgern, die sich was leisten können. Im Foyer des Bezirksgerichts ist Alessandro P.* hingegen eine ungewöhnliche Erscheinung. In der Regel ist der Ort bevölkert von jungen Männern in den Kapuzenpullis und Trainingshosen, in denen sie auch zu Hause vor dem Fernseher herumlümmeln. Obgleich der gross gewachsene Mann mit dem sauber ausrasierten Nackenhaar und den polierten Lederschuhen gerade mal 30 Jahre alt ist, schreitet er gravitätisch den Korridor auf und ab, sein Anzug ist von italienischer Eleganz, die Bügelfalte messerscharf. An den Manschetten des blütenweissen Hemds leuchten goldene Knöpfe. Nur das Nägelkauen hat er mit den Strassenjungs gemein. «Wir versuchen zu verstehen, um was es geht. Dies wird für Laien nicht einfach sein», schickt der Richter voraus. Dann verliest er die Anklage: betrügerischer Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage, ungetreue Geschäftsbesorgung sowie Veruntreuung. Die ungerechtfertigte Bereicherung beziffert er bis auf zwei Stellen hinter dem Komma – 1 237 569 Franken und 95 Rappen. Der Vermögensverwalter hat einen guten Anwalt. Der verhandelt mit dem Gericht um

die Höhe der Strafe. Er sagt, sein Mandant gebe alles zu und zeige Reue. Als es gesprochen ist, eine bedingte Geldstrafe von 360 Tagessätzen à 220 Franken, bedankt sich der Angeklagte beim Richter für das «faire Urteil». Denn es ist nicht so, dass der Anlageberater ein böser Betrüger ist, der seine Kunden um ihr Vermögen prellen wollte. Nein, er wollte das Geld seiner Kunden sowie seine Berufsehre retten, ist dabei aber glorios gescheitert. Alessandro P. hatte eigenmächtig Umbuchungen in den Kundendepots vorgenommen, um wegen sinkender Börsenkurse entstandene Löcher des einen Kontos mit dem Geld des anderen zu stopfen, im Vertrauen darauf, dass diese Aktien derweil Rendite abwerfen, um wieder jenes Loch, und so weiter … Aber man schrieb das Jahr 2000, die IT-Blase platzte, es folgten die Terroranschläge vom 11. September und schliesslich der Börsen-Crash. Kurzum: Die Löcher wurden immer mehr und immer breiter, und der ehrgeizige junge Mann, damals, 22-jährig, war heillos überfordert. Oder um es in den Worten seines Anwalts zu sagen: Alessandro P. hat im Kleinen das gemacht, was die Grossen im grossen Stil gemacht haben. Aber Alessandro P. lässt nichts auf seinen ehemaligen Arbeitgeber kommen, der ihn nach dem Debakel fristlos entlassen hatte. Er sei der Bank dankbar für die Ausbildung, und er habe jetzt wieder einen gut bezahlten Job bei einem anderen Geldinstitut. Von riskanten Geschäften werde er aber künftig die Finger lassen. «Sie werden mich nie mehr in einem Gerichtssaal sehen», verspricht er dem Richter. * alle Namen geändert ISABELLA SEEMANN (ISEE@GMX.CH) ILLUSTRATION: PRISKA WENGER (PRISKAWENGER@GMX.CH) SURPRISE 199/09


Mit scharf Schales Bier, halbgare Würste Es ist Frühling, die Vöglein pfeifen, der Bärlauch spriesst – und wir Unzufriedenen und Solidarischen gehen wieder auf die Strasse, um zu demonstrieren. Weshalb eigentlich? VON FRED LAUENER

Erinnern sie sich noch an den Streiktag der Hausärztinnen und Hausärzte zu Beginn dieses Monats? Da war doch was. Auf der Strasse reckten sie die Fäuste gegen Bundesrat Pascal Couchepin. Es passte zur Aktion, dass sie am 1. April stattfand. Der Gesundheitsminister sitzt heute so sicher in seinem Fauteuil wie zuvor. Und das bisschen Medienpräsenz als einziges konkretes Resultat hätten die Dökter auch weniger aufwändig haben können. Enttäuschend war deshalb, dass sie nicht wenigstens ein fantasievolles Happening aus der Strassenaktion machten, wenn politisch schon nichts zu holen war. Gratisbehandlungen für Passanten unter freiem Himmel zum Beispiel, oder inszenierte Haus- und Bürobesuche bei Politikern. Ein bisschen Fantasie und Patientennähe hätte den Hausärzten, die aus dem Blickwinkel des Normalsterblichen trotz allem noch immer auf hohem Niveau jammern, mit Sicherheit ein paar Sympathien mehr eingetragen als die verkniffene, humorfreie Aktion, die wir gesehen haben. Im Zeitalter von Web 2.0 sind Demos dieser Art obsolet geworden. Mit einer simplen Facebook-Gruppe kann heute viel effizienter politisch mobilisiert und Druck aufgebaut werden, wie wir spätestens seit Obama wissen. Das nächste Demo-Highlight in diesem Jahr werden die 1.-Mai-Umzüge zum Tag der Arbeit sein. Nichts gegen den Tag der Arbeit. Seine Bedeutung war vielleicht nie so wichtig wie gerade jetzt. Aber sind die folkloristischen Umzüge mit roten Fahnen, den immergleichen Reden und dem anschliessenden familiären Zusammensitzen bei schalem Bier und einer halbgaren Wurst wirklich noch zeitgemäss? Sind diese rituellen Spaziergänge mit dem Vortrab aus linker Prominenz nicht ein

ERWIN

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ÜBERSTUNDEN

Anachronismus? Seien wir ehrlich: Wirklich ernstgenommen wird an diesen Demos schon länger nur noch, wer Radau macht und damit den Veranstaltern die Show stiehlt. Ich bekenne also, ich werde an keiner 1. Mai Demo teilnehmen. Es würde sich auch kein Wir-Gefühl einstellen dabei, was wenigstens ein halber Grund für die Inkaufnahme von schalem Bier und halbgarer Wurst wäre. Zu divers sind die Ideen und Ideologien, um eine gemeinsame glaubwürdige Botschaft darin erkennen zu können. Gemeint sind damit übrigens nicht nur die im Umzug auch immer mitspazierenden Bösen vom schwarzen Block, die mit den Sozis soviel am Hut haben wie der Kuckuck mit dem Rotschwanz. Erinnern Sie sich noch an Gerhard Schröder, an Tony Blair, François Mitterand oder Bill Clinton? Sie alle, ausser Clinton vielleicht, gingen zu ihrer Zeit auch immer an die Demo am 1. Mai. Vielleicht erklärt es mir jemand von der Gewerkschaft oder der zuständigen Partei irgendwann nach dem Umzug in einer Beiz bei einem kühlen Bier und einer knusprigen Wurst: Warum man gleichzeitig soziale Ungerechtigkeit und steigende Arbeitslosigkeit denunzieren, mit den wichtigsten politischen Mitverursachern aber – und sei es nur durch Schweigen – solidarisch sein kann. ■

VON THEISS

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Porträt Mit Liebe und Argumenten Sadaqat Ahmed ist Imam der islamischen Ahmadiyya-Gemeinde in Zürich. Den Koran wie auch die Bibel zitiert er aus dem Kopf, und die Lehre des Islams verbreitet er mit einem Lächeln. VON MICHÈLE FALLER (TEXT) UND LUC-FRANÇOIS GEORGI (BILD)

Die Tür der Zürcher Mahmud-Moschee geht auf, und vor uns steht ein freundlicher Herr in einem dunklen Anzug und Hausschuhen: «Grüezi!» Sadaqat Ahmed ist der Imam der ältesten Schweizer Moschee, die seit über 45 Jahren genau vis-à-vis einer reformierten Kirche steht. Neben dem imposanten Kirchturm nimmt sich das filigrane Minarett des muslimischen Gotteshauses bescheiden aus. Der Imam bittet ins Innere, wo noch der delikate Duft eines Mittagessens in der Luft liegt. Er geht die Treppe hoch, vorbei am Gebetsraum mit der kleinen Kuppel, in ein Zimmer mit einem grossen Tisch, Glasvitrinen mit kostbaren Ausgaben des Korans und zwei Sofas. Ein alter Herr serviert Tee, der so stark ist, dass er wie Kaffee aussieht. Sadaqat Ahmed lehnt sich nach vorne, nimmt einen Schluck und schaut erwartungsvoll. Schnell merkt man, dass er genau zuhört und auch wiederkehrende Fragen geduldig und in tadellosem Hochdeutsch beantwortet. Der Imam («Einer, der das Gebet leitet») lebt seit sieben Jahren mit seiner Frau, die ebenfalls für die Gemeinde arbeitet, und den drei Kindern in Zürich. Er stammt aus Pakistan und gehört der 1889 in Indien gegründeten Ahmadiyya-Gemeinde an. Dieser geht es um die unverfälschte Essenz des Islams, wie sie sich im Koran präsentiert. Die Ahmadi stossen gerade in Pakistan auf Feindseligkeit. Einerseits, weil sie im Gründer ihrer Bewegung den verheissenen Messias sehen, andererseits, weil sie mit ihrer friedliebenden Auslegung des Korans militanter gestimmten Muslimen als zu liberal gelten. Nicht nur allen Moslems, sondern jedem Interessierten stehe die Moschee offen, stellt Sadaqat Ahmed klar: «Es gibt nur einen Gott, egal unter welchem Namen man ihn kennt. Beeindruckend und sehr schön finde ich, dass unsere Moschee gegenüber einer Kirche gebaut wurde.» Zur Kirchgemeinde in der Nachbarschaft pflegt der Imam denn auch einen guten Kontakt. Missverständnisse zu klären und die wahre Lehre des Islams zu verbreiten – das sind die Hauptaufgaben des 42-jährigen Geistlichen. Die Ahmadiyya-Gemeinde entsendet Missionare in die ganze Welt, 1946 erstmals in die Schweiz nach Zürich, wo 1963 die Mahmud-Moschee eröffnet wurde. «Wir versuchen, auch andere für den Islam zu gewinnen. Aber nicht mit Zwang, sondern mit Liebe und Argumenten», erklärt der Imam die Philosophie seiner Gemeinschaft. Und mit Erfolg. Nicht nur Muslime, auch Andersgläubige schliessen sich der Gemeinde an, die heute weltweit etwa 200 Millionen Mitglieder zählt. Wenn sich ein Christ zum Islam bekehre, verliere er nichts, beteuert der Imam. «Der Islam ist die Fortsetzung des Christentums.» Der Glaube an Jesus Christus werde sogar noch gestärkt, denn dieser habe gesagt: «Wenn Mohammed kommt, müsst ihr auf ihn hören.» Der Imam lächelt verschmitzt: «Insofern müssten alle Christen die Lehren Mohammeds beherzigen.» Sadaqat Ahmeds Werdegang war schon früh von der Religion geprägt. Seine Eltern suchten gemäss der Familientradition eines ihrer Kinder aus, um der Religion zu dienen. Gezwungen werde aber kein Kind,

betont der Geistliche. Er studierte Theologie und vergleichende Religionswissenschaften, wirkte eine Zeit lang in Pakistan als Imam und arbeitete an der Ahmadiyya-Universität an einem Forschungsprojekt. In die Schweiz zu reisen war nicht seine Idee. «Das entscheidet die Gemeinde.» Sadaqat Ahmed erhielt den Auftrag, Deutsch zu lernen, sich über Geschichte, Bräuche, Sitten und Gesetzgebung der Schweiz zu informieren und eine Arbeit zum Thema zu schreiben. Da es Probleme mit dem Visum gab, wurde er zunächst nach Holland geschickt. Viereinhalb Jahre später, Ende September 2001, reiste er in die Schweiz ein. Sadaqat Ahmed lacht. «Ich konnte keinen deutschen Satz mehr!» Zwei Wochen darauf kam der Sprung ins kalte Wasser, als ein Radiosender im Zusammenhang mit den Terroranschlägen vom 11. September um ein Interview bat. «Viele Leute möchten sich über den Islam informieren», sagt der Imam. Um dem entgegenzukommen, organisiere die Gemeinde regelmässig Veranstaltungen und betreibe Bücherstände in all ihren 14 Gemeinden in der Schweiz. Am häufigsten werde er mit den Vorurteilen konfrontiert, der Islam sei eine gewalttätige Religion und die muslimischen Frauen seien unterdrückt und entrechtet. Sadaqat Ahmed setzt mit Freude zu Erklärungen an, die er bestimmt nicht zum ersten Mal abgibt. «Der Islam ist eine sehr friedliche Religion.» Das Wort selber sei von «Salam» abgeleitet, was «Frieden» bedeutet. «Muslim» bedeute «Friedensstifter» oder «Gottergebener». Der Imam lächelt. «Wie kann eine Religion, die ‹Frieden› heisst, Unruhe stiften?» Beim Thema Frauenrechte wird Sadaqat Ahmed energisch: «Eines möchte ich klipp und klar festhalten: Die Frauen sind im Islam privilegierter als im Christentum. Viele Rechte, welche die Frauen in westlichen Gesellschaften im 19. oder 20. Jahrhundert bekamen, erhielten islamische Frauen bereits vor 1400 Jahren.» In der Bibel sei vom Recht auf Bildung, Eigentum, Erbschaft, Stimmabgabe und Scheidung keine Rede. Das Problem sei, dass oft Kultur und Religion verwechselt würden. Dass gewisse Muslime die Religion nicht richtig praktizierten, könne man nicht dem Islam in die Schuhe schieben. Ein Strahlen breitet sich auf dem Gesicht des Imams aus und er zitiert den Propheten Mohammed: «Der Beste unter euch ist derjenige, der seine Frau am besten behandelt.»

«Wie kann eine Religion, die ‹Frieden› heisst, Unruhe stiften?»

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Auch wenn er das nicht selber bestimmen kann, würde Sadaqat Ahmed am liebsten in Zürich bleiben, vor allem wegen der Kinder. Er hat einen 17-jährigen Sohn und eine 15-jährige sowie eine fünfjährige Tochter. «Ich habe meinen Ältesten ausgesucht, in den Dienst der Gemeinde zu treten», sagt der Familienvater. Allerdings möchte der Sprössling nicht Imam werden, sondern Informatiker. Auch solche braucht es in der Gemeinde. Bald steht das nächste der täglichen fünf Gebete an. «Das sind fünf Mahlzeiten für die Seele», erklärt der Imam. Der Körper brauche ja auch fünf. Und mit Schalk im Blick: «Znüni und Zvieri mitgerechnet.» ■

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BILD: KEYSTONE

Ausl채nderpolitik Integration auf Kurs? Seit letztem Jahr ist Integration nicht mehr bloss ein Angebot f체r Zugewanderte, sondern Pflicht. Organisieren sollen die Eingliederung Kantone und Gemeinden. Mit der Umsetzung aber tut man sich mancherorts schwer.

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VON STEFAN MICHEL

Integration ist das Zauberwort in der Debatte um Menschen aus anderen Ländern, die in der Schweiz leben oder leben wollen. Sie ist Weg und Ziel, Chance und Pflicht, Problem und Lösung in einem. Fest steht: Seit letztem Jahr ist Integration in der Schweiz obligatorisch. Im Anfang 2008 in Kraft getretenen, überarbeiteten Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer heisst es dazu: «Ziel der Integration ist das Zusammenleben der einheimischen und ausländischen Wohnbevölkerung auf der Grundlage der Werte der Bundesverfassung und gegenseitiger Achtung und Toleranz.» Die Webseite des Bundesamtes für Migration (BFM) präzisiert: «Integration bedeutet nichts anderes als die Herstellung von Chancengleichheit und Partizipation: Ausländerinnen und Ausländer, welche sich rechtmässig und dauerhaft in der Schweiz befinden, sollen einen chancengleichen Zugang zum wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und sozialen Leben in der Schweiz erhalten.»

jekte geflossen. Eine externe Studie soll zeigen, welche Angebote ausbauwürdig sind. Der Artikel zog prompt eine Anfrage im Kantonsrat nach sich. Die Antwort steht bei Redaktionsschluss noch aus. Integration auf dem Dorfe: Appenzell Innerrhoden und Schwyz Im Kanton Appenzell Innerrhoden leben 17 Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene und nutzen die Integrationsmassnahmen. «Beschäftigungsprogramme im ergänzenden Arbeitsmarkt haben wir schon lange», betont Norbert Eugster, Leiter der Sozialen Dienste. «Massiv ausgebaut haben wir die Deutschkurse.» Als bekannt wurde, dass künftig Sprachkenntnisse einen Einfluss auf die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung haben, setzte ein wahrer Run auf die Kurse ein. «Auch Personen, die schon länger hier wohnen und arbeiten, wollten teilnehmen.» Die finanzielle Beteiligung des Bundes ist laut Eugster ein Tropfen auf den heissen Stein. Von den Teilnehmern, die ein Einkommen haben, verlange man eine Kursgebühr gemäss deren Möglichkeiten. «Der Kanton muss die Integrationsmassnahmen massiv mitfinanzieren», hält der Sozialvorsteher fest. Umstritten seien diese Ausgaben nicht gewesen. «Fördern und fordern, daran glauben wir.» Im Kanton Schwyz war vor der Reform Caritas für die Projekte zur Integration von Flüchtlingen zuständig. Der Kanton hat diese Aufgabe nun an die Gemeinden delegiert. «Da wird das Rad 30-mal neu erfunden, und nicht alle Gemeinden gehen wirklich professionell damit um», sagt Cornelia Mayinger, Leiterin der Caritas-Geschäftsstelle Kanton Schwyz. Das klingt nach Revanche, aber die Integrationsexpertin, die Anfang dieses Jahres an einem Symposion der Schweizerischen Flüchtlingshilfe zusammen mit dem Vizedirektor des Bundesamtes für Migration auf dem Podium sass, verteilt auch gute Noten: «Zum Beispiel haben die drei Gemeinden des Bezirks Höfe einen gemeinsamen Sozialdienst, der seine Sache sehr gut macht.» Karin Krieg vom Sozialzentrum Höfe ist bescheidener: «Wir haben noch wenig Erfahrung, aber bis jetzt haben wir für alle einen Platz in einem Kurs gefunden.» In die Deutschklasse schickt man die Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommenen nach Lachen. Für die Annäherung an den Arbeitsmarkt ist neu das Regionale Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) zuständig. «Die sind wie die Jungfrau zum Kind zu dieser Aufgabe gekommen, machen das aber mit sehr viel Engagement», urteilt Expertin Mayinger.

Ziel: Zugang zum Arbeitsmarkt Diesem Zugang möchten die Schülerinnen und Schüler des Kurses Deutsch und Integration der Stiftung ECAP in Luzern etwas näher kommen. Heute steht Deutsch auf dem Stundenplan. Zum Lernstoff gehören aber auch öffentlicher Verkehr, Wohnungssuche, Krankenkasse, die Fasnacht, Umgang mit Konflikten, Schweizerdeutsch, kurz: alles, was sie brauchen, um sich im Alltag zwischen Grüezi, Kehrichtgebühr und Betreibungsregister zurechtzufinden. Zu Beginn der Stunde benennt die Klasse um die Wette Körperteile. Weiter geht es mit Partizip Perfekt und Modalverben. Das sprachliche Niveau ist beachtlich angesichts der Tatsache, dass niemand länger als ein halbes Jahr in der Schweiz lebt und alle erst vor fünf Wochen begonnen haben, systematisch Deutsch zu lernen. «‹Satt› heisst: Ich bin platzen?», will David aus Israel wissen. Hier strengen sich Menschen an, die in der Schweiz Fuss fassen wollen. Das zeigt sich schon daran, dass die meisten die – stark subventionierte – Gebühr von 800 Franken für 240 Lektionen selber bezahlen. Anders sieht das in Kursen für erwachsene Migranten aus, die in ihrem Leben noch nie zur Schule gegangen sind. Für sie gibt es spezielle Lehrgänge. Klar ist: Je schlechter die Bildung, desto schlechter die Chancen auf Sprache, Job und schliesslich den Anschluss an die Schweizer Gesellschaft. Agglo und regionales Zentrum: Spreitenbach AG und Luzern Die Integration liegt seit der Gesetzesrevision in der Kompetenz der Mehr als die Hälfte der 10 500 Einwohner von Spreitenbach im KanKantone. Der Bund entrichtet eine einmalige Pauschale von 6000 Franton Aargau hat keinen Schweizer Pass. Etwa zehn Flüchtlingsfamilien ken pro Person und vergütet während der ersten sechs Jahre, falls nöwürden Sozialhilfe beziehen, schätzt Sandra Mischler, stellvertretende tig, die Sozialhilfe. Neu profitieren auch vorläufig Aufgenommene von der Unterstützung. Ist ein Zugewanderter danach immer noch fürsorgeabhängig, zahlen «Seit Sprachkenntnisse für eine Niederlassungsbewilligung entKanton und Gemeinde. Es liegt in ihrem Interscheidend sind, gibt es einen wahren Run auf die Kurse.» esse, möglichst vielen Zugewanderten Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Die KantoLeiterin der Sozialen Dienste der Gemeinde. «Jene, die selbstständig ne werden dem BFM im Herbst 2009 erstmals Bericht erstatten, wofür leben, kennen wir kaum», erklärt sie. Wichtigstes Angebot der Gesie die Integrationspauschalen einsetzen, sagt Mario Gattiker, Vizedimeinde ist ein interkultureller Begleiter, der die Familien regelmässig rektor des BFM und Chef des Direktionsbereichs Arbeit, Integration besucht und sie in Alltagsfragen berät. Nachdem sie vom Durchgangsund Bürgerrecht. zentrum in die Gemeinde gezogen sind, besuchen sie als Erstes einen Der Blick auf einige wenige Kantone muss hier genügen. Weil laut viermonatigen Deutsch- und Integrationskurs. «Natürlich hat der KanExperten die kleinen Kantone die grössten Veränderungen vornehmen ton Aargau nicht das Angebot an Massnahmen wie beispielsweise müssen, stehen sie im Zentrum. Dass aber auch Grosse von der Reform Zürich. Aber es gibt für alle einen Platz in einem Kurs. Das ist wichtig, aus dem Tritt gebracht werden können, zeigt der Kanton Zürich: Wie denn wir wollen ja, dass sie so schnell wie möglich nicht mehr auf Sovon der «Neuen Zürcher Zeitung» publik gemacht, sind mehr als ein zialhilfe angewiesen sind», erklärt Mischler. Jahr nach der Reform nur rund ein Fünftel der Gelder in konkrete ProSURPRISE 199/09

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Kindern aus traditionellen Familien reisen ungern oder gar nicht. Da Im Kanton Luzern hat sich der Kreis der mit Integrationsmassnahmen braucht es lokale, niederschwellige Angebote. Wir arbeiten daran, aber zu betreuenden Menschen von rund 500 auf 1000 verdoppelt, seit vorin vielen abgelegenen Gemeinden ist das noch Zukunftsmusik.» läufig Aufgenommene dazugehören. Zunächst würden Fähigkeiten, Der Kurs bleibt das zentrale Element der Integrationsarbeit. Die Kenntnisse und Möglichkeiten jeder einzelnen Person abgeklärt, worauf Neuerungen in den Kantonen und Gemeinden bestehen im Wesentsie die passenden Kurse besuchen können, erklärt Asylkoordinator Raylichen darin, mehr Lektionen für mehr Menschen anzubieten. «Der Bemond Caduff. Oberstes Ziel ist der Berufseinstieg, wenngleich klar ist, dass nur eine Minderheit diesen schafft. Mehr Förderung wäre im Bereich der Berufsausbil«Für Mütter mit kleinen Kindern aus traditionellen Famidungen nötig, findet er. «Wenn mehr Leute den lien braucht es lokale, niederschwellige Angebote.» Einstieg in die normalen Berufsausbildungen schaffen würden, dann wäre wohl noch mehr rufseinstieg ist die wichtigste Voraussetzung für die erfolgreiche Intemöglich.» Vorderhand geht es aber darum, im ganzen Kanton den Zugration», ist auch Mario Gattiker vom BFM überzeugt. Dass es in der gang zu einfachen Einstiegskursen zu ermöglichen. Verena Wicki, LeiterWirtschaftskrise noch schwieriger wird, ist ihm klar. Ob sich die hochin der Luzerner Fachstelle für die Beratung und Integration von Auslängefahrenen Integrationsprogramme gegen die steigende Arbeitslosigderinnen und Ausländern, erklärt: «Das Kursangebot ist gross, aber stark keit durchsetzen, bleibt abzuwarten. auf Stadt und Agglomeration Luzern konzentriert. Mütter mit kleinen

Integration «Chancengleichheit kommt nicht von allein» Christine Müller von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe begrüsst die Förderung der Integration per Gesetz. Sie warnt aber: Stigmatisierungen und Verschärfungen im Ausländerrecht machen viele Anstrengungen zunichte. INTERVIEW: STEFAN MICHEL BILD: ZVG

Integration ist seit der Revision des AuslänReichen ein paar Kurse, um sich ins hiesige Leben einfügen zu der- und des Asylgesetzes Vorschrift. Wie können? Müsste die Integration nicht viel mehr natürlich, im tägstellt man fest, ob und wie gut jemand intelichen Zusammenleben zwischen Schweizern und Zugewanderten griert ist? geschehen? Christine Müller: Wir von der Schweizer Es braucht sicher beides. Die Integration geschieht in erster Linie über Flüchtlingshilfe haben von Anfang an auf diedie Regelstrukturen. Migrantenkinder muss man in der Schule gezielt ses Problem hingewiesen. Es gibt nur «Es gibt Menschen, die gut in ihr Umfeld integriert sind, wenige Kriterien. Das ohne dass sie eine Landessprache gut beherrschen.» am häufigsten genannte ist das Erlernen und Beherrschen einer Landessprache. Das ist zu restriktiv. Es gibt Menschen, die gut in ihr Umfeld integriert sind, ohne fördern. Quasi natürlich müssten alle, die eine Lehrstelle suchen, auch dass sie eine Landessprache gut beherrschen. eine finden. Doch selbst für Kinder mit Migrationshintergrund, die hier aufgewachsen sind, ist vieles schwieriger als für die anderen. Die ChanWie soll jemand eine Arbeitsstelle finden, ohne die Sprache zu becengleichheit kommt nicht von selber. Man muss sie fördern. herrschen? In der beruflichen Integration ist die Sprache sehr wichtig, aber nicht imGibt es Herkunftsländer, deren Migranten es schwerer fällt als anmer zwingend. Für Frauen beispielsweise, die in der Reinigung arbeiten, deren, sich zu integrieren? ist Sprachkompetenz nicht entscheidend. Wichtig ist jedoch, dass man Es ist nicht unbedingt eine Frage der Herkunft. Sicher erschweren Vorurihnen passende Angebote macht, um die Sprache zu lernen. teile und Stigmatisierungen in der Öffentlichkeit einen erfolgreichen Integrationsprozess, an dem Migrantinnen und Migranten und die AufGeht es bei der Integration in erster Linie um den Eintritt in die nahmegesellschaft gleichermassen beteiligt sind. Arbeitswelt? Nein. Es geht um eine umfassende soziale und gesellschaftliche IntegraProfitieren die Absolventen effektiv von Integrationskursen? tion, um das Zusammenleben im Wohnumfeld, um die Eingliederung der Unbedingt. Es ist aber sehr individuell und hängt von ihrem BildungsKinder und Jugendlichen in das Bildungssystem. Arbeit wird in unserer hintergrund ab, ihrem Umfeld, ob sie eine berufliche Perspektive sehen, Gesellschaft sehr hoch bewertet. Entsprechend wichtig ist es, den Zuob sie einen Austausch haben, der ihnen die sprachliche Förderung ergang zu erleichtern. leichtert.

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BILD: KEYSTONE

Einwurf gemäss Anweisung: Ausländer, die ihr Altglas nach Schweizer Gepflogenheiten entsorgen wollen, müssen zuerst einmal Deutsch lernen.

Was kann eine Person tun, die versucht, Freundschaften mit Schweizern aufzubauen, aber abgewiesen wird? Wenn die Vorurteile gross sind, ist das schwierig. Die Medien und die Politik müssen vermehrt ihre Verantwortung wahrnehmen. Der Widerspruch ist, dass Integration gefördert und ausgebaut werden soll und gleichzeitig im Ausländerrecht eine Verschärfung der anderen folgt. Was ist zu tun? Dass die Integration Priorität hat, ist der gute Teil am neuen Gesetz. Jetzt muss man etwas investieren. Es wird bereits viel getan, doch es braucht mehr positive Informationsarbeit und eine Integrationspolitik, die die Bevölkerung motiviert, die Zugewanderten aufzunehmen. ■

Christine Müller Christine Müller leitet das Ressourcenzentrum Integration und Bildung der Schweizerischen Flüchtlingshilfe. Sie ist seit 25 Jahren im Bereich Bildung und Entwicklungszusammenarbeit tätig. Zweieinhalb Jahre arbeitete sie für eine NGO in Algerien und Südkorea. Sie präsidiert ein Integrationsprojekt in ihrer Heimat Fribourg und vertritt dort die SP im Stadtparlament sowie in der Einbürgerungskommission.

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Neu können mit Migranten Integrationsvereinbarungen abgeschlossen werden. Ist der Druck auf sie allgemein gestiegen? Die Vereinbarungen betreffen eine kleine Minderheit. Bei einem eingewanderten Deutschen spricht niemand von einer Integrationsvereinbarung. Wer hingegen Sozialhilfe bezieht, musste schon immer Vereinbarungen eingehen. Es erhöht natürlich den Druck, dass die Niederlassungsbewilligung an eine besonders gute Integration gebunden ist.

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Freundschaft Poesiealben im Digitalzeitalter Einst kursierten sie in jedem Schulzimmer: Poesiealben, in denen man sich gegenseitig mit Sinnsprüchen und mehr oder weniger kunstvollen Zeichnungen verewigte. Erwachsene erinnern sich, wie sie früher per Album «Networking» betrieben – und was das mit den heutigen Social-Plattformen im Internet zu tun hat.

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VON CRISTINA MAURER (TEXT) UND JACQUELINE WENDELSPIESS (BILDER)

Wenn alle Flüsse rückwärts fliessen wenn alle Hasen Jäger schiessen wenn alle Mäuse Katzen fressen dann erst will ich dich vergessen. «Oh, wie ich es gehasst habe», stöhnt der 30-jährige Samuel beim Gedanken an die Poesiealben in seiner Schulzeit. «Als Linkshänder verschmierte ich ständig die Schrift – ausserdem waren auch die Zeichnungen der anderen immer viel schöner.» Ganz anders Sabina, die im späteren Leben – wen wunderts – Künstlerin wurde: «Zeichnen, malen, kritzeln – in den Alben konnte ich mich richtig austoben. Wunderbar!» Mühe habe sie dafür später mit den vorgefertigten Alben gehabt, in die man nur noch Hobby und Lieblingstier oder -essen eintragen musste. «Die waren mir zu langweilig.» Szenenwechsel: Beim Frauenabend kommt das Gespräch aufs Thema Poesiealbum. Ein Gefühl, als ob man einen Film aus den Achtzigerjahren sieht und dabei plötzlich die Erinnerungen hochsteigen. «Durchpausen oder einen Sticker einkleben war absolut verpönt.» – «Genau, und wenn eine Zeichnung besonders gut aussah, hegte man sofort den Verdacht, das könnte durchgepaust sein.» Einer Freundin fällt wieder ein, wie stur sie immer dasselbe Sujet gezeichnet hatte: «Ich malte immer drei bunte Farbstifte – fragt mich nicht, wieso. Es sah nicht einmal besonders gut aus.» – «Oh ja, und dann gab es doch noch diese Technik: Mit einem Spitzer schabte man Farbe vom Buntstift ab und verstrich sie dann mit der Fingerkuppe – eine Art Airbrush für Anfänger.» So schön die Techniken und Kunstwerke auch waren – nach dem Ende der gemeinsamen Schulzeit erlebten viele das gleiche Phänomen: Die Schulkameraden, die sich mit ergreifenden Worten im Poesiealbum verewigt hatten, verlor man ebenso aus den Augen wie das einst so geliebte Album, das auf dem Estrich verstaubte, im Keller landete oder sonst irgendwo verschwand.

Doch die Albenbesitzerinnen – in der Mehrheit sind es Mädchen, die Alben führen – mussten nicht nur Lieblingszeichnunen küren, sondern auch Enttäuschungen verkraften. Diese stammten nicht selten aus der Feder der bewunderten Lehrerinnen oder des Lehrers. Denn: Von ihnen hatte man etwas speziell Kunstvolles erwartet. Erst rückblickend kann man verstehen, wieso die Lehrkräfte nicht Stunden in aufwändige Zeichnungen investiert haben: Bei 25 Schülern wären dabei glatt die Sommer-, Winter- und Sportferien draufgegangen. «Poesiealben waren für mich ein Albtraum», erzählt eine ehemalige Lehrerin. «Jede Lehrkraft wollte sich dort drin profilieren und zeigen, wie künstlerisch begabt sie ist. Ich habs mir jeweils einfach gemacht

«In den Poesiealben wollte sich jede Lehrkraft profilieren und zeigen, wie künstlerisch begabt sie ist.» und eine schöne Tier-Postkarte eingeklebt. Dazu ein kurzer Spruch – damit man nicht so viel schön schreiben musste.» Genau das werden

Der Götti mit dem Zytgloggeturm Nicht so bei Jacqueline, Inhaberin einer kleinen Werbeagentur, die ihr Album mit einem Griff lokalisieren kann und zu einigen der damaligen Gspänli nach wie vor Kontakt hat. «Meine langjährige Freundin zeichnete als Dritte gleich hinter meinen Eltern in mein Buch. Wir sind heute noch sehr gut befreundet – auch wenn sie mittlerweile in Sydney lebt.» Vor einigen Wochen sei sie bei ihr in Australien gewesen. Das Album widerspiegle ihre damals engsten Vertrauten – und teilweise ihre heutigen. «Natürlich hat das auch damit zu tun, dass darin viele Verwandte vertreten sind – die verliert man weniger aus den Augen.» Zum Beispiel der Götti aus Bern, der ihr den Zytgloggeturm malte und dazu schrieb: «Es isch geng e so gange – es wird geng e so ga.» Sie hielt diesen Eintrag damals für den schönsten im ganzen Album. SURPRISE 199/09

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wohl ihre Schülerinnen nicht goutiert haben. Jacqueline erinnert sich gut an den Eintrag ihrer Lehrerin – und an ihre eigene Enttäuschung: «Meine Primarlehrerin war allgemein sehr streng. Sie klebte ein komisches Bildchen einer Rose ein und schrieb dazu: «Glück und Unglück trage in Ruh, beides geht vorüber – so auch du.» Happige Worte für eine damals Neunjährige. Unpassende Einträge waren ärgerlich. Noch grösser war aber die Enttäuschung, wenn das Poesiealbum verloren ging. Und das passierte ziemlich oft: Man gab es einem der meist weniger beliebten Schüler – und plötzlich tauchte das Album nie mehr auf. Was wohl damit geschehen war? Vom Hund oder der kleinen Schwester zerfleddert? Ins Klo gefallen? Wir werden es nie erfahren. Sicher ist nur, dass sich die mühselige Plackerei und die schöne Schnörkelschrift, in die unsere Freundinnen und Bekannte Stunden investiert hatten, nicht gelohnt hatten.

Schokoladenseite zu präsentieren versuchte. Braucht der moderne Mensch das? Antwort: Nein. Spass macht es trotzdem. Eine praktische Funktion bei Facebook ist nämlich auch diejenige der «Hidden Friends». Dort kann man besonders mitteilsame und selbstdarstelle-

«Was interessieren mich Leute, die ich 20 Jahre nicht gesehen habe? Habe ich sie je vermisst? Nein!»

«Haltet mir mein Facebook rein» Viel praktischer ist da das Internet. Willkommen in der Neuzeit: Es gehen keine Alben verloren, und die Freunde lassen sich erst noch ordentlicher auflisten als damals im Poesiealbum. Zudem hat man nun viel mehr Möglichkeiten, sich in irgendeiner Form zu profilieren. 333 Freunde? Grosses Mitteilungsbedürfnis? Unglaublich tolle Fotos vom letzten Urlaub? Alles kein Problem: Zum Glück gibts Plattformen wie Facebook und MySpace. Dort kann man so viele Freunde haben, wie man will, und jederzeit seinen Gemütszustand kundtun: «Ich brauche einen Kaffee» oder «Leicht wie Popcorn» oder «FCZ, olé, olé». Dabei kommen auch Exhibitionisten voll auf ihre Kosten. Unvergessen etwa der Freund, der sich sowohl halbnackt als auch im Anzug von seiner

risch veranlagte «Freunde» bequem ins Abseits bugsieren – natürlich ohne ihr Wissen. Dann hat man wieder seine Ruhe. Wenn nur alles so einfach wäre. Die eigene «Pinnwand» ist da schon etwas heikler. Jeder kann sehen, wer dort was zu welcher Zeit und zu welchem Thema geschrieben hat. Dass nicht jeder «Friend» mit dem gleichen Feingefühl ausgestattet ist, leuchtet ein. Aber müssen dort unbedingt intime Details zu den letzten Ferien, dem gestrigen Disco-Abend oder Tête-à-tête stehen? Im Gegensatz zum Poesiealbum können aber ungeliebte Einträge von peinlichen Ex-Freunden oder sonstigen Relikten der Vergangenheit mit einem Mausklick entfernt werden. Ob wohl ein aufdatierter Albenspruch wie «Liebe Freunde, gross und klein, haltet mir mein Facebook rein» etwas nützen würde? Standardprofil mit Zukunft Manche Freunde sind in Sachen soziale Plattformen auf dem Internet vom Saulus zum Paulus mutiert. «Was interessieren mich Leute, die ich 20 Jahre nicht gesehen habe? Habe ich sie je vermisst? Nein!», wetterte beispielsweise die 29-jährige Melanie noch vor einem Jahr. In der Zwischenzeit ist sie zur grössten Facebook-Anhängerin geworden und

Lebensweisheiten und Glückskäfer – das Facebook der Siebzigerjahre.

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findet nichts dabei, ihre Meinung um 180 Grad gedreht zu haben: «Jetzt habe ich wieder Kontakt zu meinen Kindergartenkollegen, im Sommer findet sogar ein Treffen statt. Ausserdem habe ich via Facebook eine Wohnung gefunden!» Nettes Detail: Ihre Primarschulfreundin Yvonne, die ihr damals eine Micky-Maus ins Poesiealbum gezeichnet hat, ist heute auch unter ihren 87 Neuzeit-Freunden vertreten. Ausgestorben ist das gute alte Papieralbum allerdings trotz InternetPlattformen noch lange nicht. Eine Spontanumfrage unter einer Handvoll Eltern und Primarschülerinnen im Bekanntenkreis ergibt ein eindeutiges Ergebnis. Habt Ihr ein Poesiealbum? «Ja!» Die Jungs in der Klasse auch? «Nein.» Das klassische Album scheint allerdings ein wenig aus der Mode gekommen. Denn die Kids von heute führen meist eines jener bereits beschriebenen Büchlein, bei denen bloss vorgefertigte Rubriken ausgefüllt werden müssen. Das entspricht dem Zeitgeist wohl mehr und lehrt die Kinder schon früh, sich in standardisierten Profilen zu präsentieren, wie sie ihnen später auch im Internet begegnen werden. Zurück zu Jacqueline. Führt auch sie ein digitales Poesiealbum? «Nein, ich versuche in meiner Freizeit, so wenig Zeit wie möglich online zu verbringen und treffe meine Freunde lieber in der Realität. Allerdings – alle reden von Facebook. Reinschauen sollte ich wohl schon einmal, aber bisher lebe ich ganz gut ohne.» ■

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Wenn Berg und Tal sich trennen und wir uns nicht mehr kennen so denk an dieses Blatt und wer geschrieben hat. SURPRISE 199/09

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Selbstverwaltung Alles wie damals, und doch nichts gleich 18

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Am 1. Mai 1979 eröffnete die Basler Genossenschaftsbeiz Hirscheneck. Das Restaurant mit eigenem Kulturkeller war damals einer der ersten selbstverwalteten Gastrobetriebe der Schweiz. Heute gehört das «Hirschi» immer noch seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und ist erfolgreich wie eh und je. Gründungsmitglied Urs Rusterholtz und Roger Portmann vom aktuellen Beizenkollektiv haben sich mit Surprise über 30 Jahre Selbstverwaltung unterhalten.

VON FRED LAUENER (INTERVIEW) UND CHRISTIAN SCHNUR (BILDER)

Als wir das Hirscheneck für dieses Gespräch anfragten, hatten wir Zweifel, ob es zustande kommt, denn wir befürchteten, dass ein Entscheid erst nach langen basisdemokratischen Debatten der ganzen Belegschaft zu erwarten sei. Die Zusage kam aber ziemlich flott. Roger Portmann: Die Öffentlichkeitsarbeit läuft bei uns über drei, vier Leute. Ich gehöre dazu und hatte gerade Zeit. Wir wollen ja auch in den Medien erscheinen und haben bereits im Vorfeld geklärt, wie wir mit solchen Anfragen umgehen. So clever sind wir mittlerweile. Wie war das früher? Urs Rusterholtz: Das kommt darauf an, welche Phase man betrachtet. Es gab eine Zeit, da war das Kollektiv stark fraktioniert und es gab zu praktisch allen Themen Opposition. Nach aussen wollten wir ausgewogen erscheinen, also sollten alle Fraktionen zu Wort kommen. Dann sässen wir jetzt mit dem halben Kollektiv am Tisch … Rusterholtz: Gut möglich. In der Anfangszeit hatten wir noch nicht so scharfe Konturen, wir waren bloss etwa zehn Leute. Wir wurden immer mehr, und später, ab 1981 im Umfeld der Räumung des Autonomen Jugendzentrums AJZ, gab es beispielsweise eine Fraktion, die sich hauptsächlich politisch orientierte und mit der Jugendbewegung solidarisch sein wollte, während eine andere vor allem das Überleben des Kollektivs in dieser stürmischen Zeit sichern wollte.

Rusterholtz: Ich wollte eine Arbeit, die mir Spass macht und zu der ich stehen kann. Das war mein Wunsch. Und ich wollte zeigen, dass Alternativen zu entfremdeter Arbeit möglich sind. Ich war schon ein politischer Mensch, bevor ich zur Selbstverwaltungsbewegung stiess. Das Hirscheneck war der Versuch, die politisch gedachten Wünsche, Hoffnungen und Perspektiven konkret umzusetzen. Portmann: Ich bin während des Studiums eingestiegen, zuerst nur nebenbei. Irgendwann habe ich dann die Uni Uni sein lassen und nur noch im Hirschi gejobbt. Mir passt das selbstverwaltete Arbeiten absolut. Beschlüsse werden von den Betroffenen gefasst, die Macht ist dezentralisiert. Zudem ist unser Betrieb ein wunderschöner Ort, um zu lernen, zu experimentieren und Erfahrungen zu sammeln. Das ist letztlich auch der Grund dafür, dass ich hier bin und nicht anderswo. Viele selbstverwaltete Betriebe sind nach einer gewissen Zeit wieder verschwunden. Sie waren wirtschaftlich nicht überlebensfähig, oder die Kollektive haben sich aufgelöst. Euch gibt es immer noch. Was habt ihr anders oder besser gemacht? Portmann: Das Fundament, das von unseren Vorgängern gelegt wurde, ist gut. Das Konzept trägt sich selbst. Die Hirscheneck-Idee ist perso-

«Die Leute wussten mit der Zeit, dass hier ein Nest ist, wo gedacht und produziert wird.»

Vor 30 Jahren war die Selbstverwaltungs-Idee also stark von den sozialen Bewegungen jener Zeit geprägt. Rusterholtz: Ja. Wir waren sehr aktiv in der Selbstverwaltungs-Szene, die damals eine politische Szene war. Man hatte regionale und schweizweite Gruppen, und innerhalb dieser waren wir aktiv. Wir veranstalteten Kongresse mit und nahmen an vielen Veranstaltungen teil. Das Hirscheneck war eines der am stärksten politisierten Häuser der Stadt. Die Leute wussten mit der Zeit, dass hier ein Nest ist, wo gedacht und produziert wird. Portmann: Das ist auch heute noch so. Einerseits verkehren bei uns immer noch Aktivisten aus dieser Zeit. Heute ist das Hirschi unter anderem für Leute aus der Antiglobalisierungsbewegung wichtig, für Menschen also, die Mitte der Neunzigerjahre politisiert wurden. Und es gibt auch Leute hier, die nicht aus explizit politischen Zusammenhängen kommen. Was treibt einen an – trotz guter Ausbildung und allen Chancen der Welt – , auf eine Berufskarriere mit allen Annehmlichkeiten zu verzichten? Stattdessen in einem basisdemokratischen Kollektivbetrieb mit viel Arbeit für wenig Geld kleine Brötchen zu backen? SURPRISE 199/09

nenunabhängig. Es gab immer viel Personal-Fluktuation. Das hielt uns nahe am Puls der Zeit. Oder anders ausgedrückt: Das Kollektiv ist nie alt geworden. Wir haben ausserdem einen Kulturkeller mit vielen Veranstaltungen. Da werden dauernd neue Gäste generiert, was sehr wichtig ist und zur Stabilität des Betriebs beiträgt. Rusterholtz: Es war schon zu Beginn ein Glücksfall, dass wir dieses Haus kaufen konnten und aus unserem Umfeld Fachleute dabei hatten, die uns den benötigten Support geben konnten. Was man auch nicht unterschätzen darf, ist tatsächlich das Kulturprogramm, das auch in Krisenzeiten immer wieder neuen Drive gebracht hat. Ein fester Bestandteil des Kulturbetriebs zu sein – das haben viele andere Kollektive nicht hingekriegt. Das tönt nach Unternehmergeist. Dabei ist Selbstverwaltung auch ein Gegenmodell zum klassischen Unternehmertum. Wieviel wirtschaftliches Denken braucht Selbstverwaltung? Rusterholtz: In diesem Punkt war sich das Kollektiv zu unserer Zeit nie einig. Es gab Leute wie mich, denen es primär darum ging, das Lokal konkurrenzfähig zu halten, damit wir auch gute Löhne bezahlen konnten. Das setzt ein gewisses kaufmännisches Denken voraus – sonst hat man keine Chance. Man muss mitunter auch einfach hart bleiben und gewisse Dienstleistungen nicht anbieten, wenn man sie sich nicht leisten kann.

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Urs Rusterholtz: «Mitarbeiter sind auch Mitdenkende.»

Roger Portmann: «Ich habe kein Problem mit Selbstausbeutung.»

Zum Beispiel? Rusterholtz: Gratis-Bier für die vertriebenen Jugendlichen aus dem AJZ. Das war damals eine Forderung an unseren Kollektiv-Sitzungen. Einige waren dafür, andere dagegen. Solche Diskussionen sind heute vermutlich kein Thema mehr. Portmann: Heute diskutieren wir über Rollen und Rollenverteilungen: Wer bin ich im Kollektiv? Es sind oft fast familiäre Dinge, die immer wieder aufbrechen. Auch das Thema Sexismus kommt regelmässig auf den Tisch. Was soll Platz haben in der Beiz, was nicht. Mitunter dauern die Diskussionen stundenlang, und was konkret dabei herauskommt, ist nicht immer sehr ergiebig. Bei Entscheiden gilt der Konsens. Wir diskutieren so lange, bis wir das Gefühl haben, uns geeinigt zu haben. Dabei versuchen wir auch, mit verfeinerten Konsens-Stufen zu arbeiten. Man muss also nicht einfach nur dafür oder dagegen sein, sondern kann auch Bedenken anmelden. Rusterholtz: Die Rollendiskussionen gab es von Anfang an. Es gab einige von uns, die hochprofessionell ins Kollektiv eingestiegen waren, andere eher niederschwellig. Die Demontage der Professionellen, der «Alpha-Figuren», erfuhr ich am eigenen Leib. In den Diskussionen stutzte man mich erst einmal zurecht, bis ich ein «Gleicher unter Gleichen» war. Es gab auch andere. Einen Koch beispielsweise, der heute mein Geschäftspartner ist. Ein genialer Koch, der schon hochprofessionell eingestiegen war, und der auch bereit war, sein Wissen weiterzugeben. Das verlieh ihm automatisch eine gewisse Dominanz im Alltag und im Kollektiv, ohne dass er diese hätte verbalisieren müssen.

Es muss frustrierend sein, als Profi in einem Betrieb zu arbeiten, in dem alle mitreden können, unabhängig von Wissen und Know-how. Rusterholtz: Es gab Phasen, in denen ich das auch fand. In der ersten Zeit war es spannend, die Strukturen aufzubauen und dann zu sehen, wie sie sich in der Praxis bewähren. Wenn man dann aber das Gefühl bekommt, dafür bestraft zu werden, dass man mehr weiss und mehr Erfahrung hat, dann kann das schon schwierig sein. Hierarchie und Autorität sind also auch in selbstverwalteten Betrieben ein Thema. Portmann: Natürlich. Ich würde zwar nicht von Hierarchie sprechen, sondern von Autoritätsunterschieden, die es überall gibt. Entscheidend ist, dass das Kollektiv die Spannungen abfedern kann, die von den Auto-

«Für mich ist Selbstverwaltung das einzig mögliche Prinzip einer vernünftig strukturierten Gesellschaft.»

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ritätsunterschieden erzeugt werden. Oder ob es das nicht schafft und dadurch vielleicht tatsächlich in eine Hierarchisierung abgleitet. Würde Urs Rusterholtz mit der Erfahrung von heute das Projekt selbstverwaltetes Hirscheneck noch einmal in Angriff nehmen? Rusterholtz: Ja, eindeutig. Damals stimmte das für mich absolut. Ich lernte hier enorm viel. Und manches mache ich heute noch gleich oder ähnlich. In meinem heutigen Betrieb arbeiten wir beispielsweise mit sehr SURPRISE 199/09


flachen Hierarchien. Die Mitarbeiter sind auch Mitdenkende, nicht bloss Ausführende – dieser Gedanke ist mir nach wie vor sehr wichtig. Dass bei uns die Arbeitsplatzqualität stimmt, zeigt auch die Tatsache, dass die meisten unserer Angestellten seit über 15 Jahren bei uns sind. Das ist im Gastgewerbe nicht selbstverständlich. Die Meinung des Personals ist mir immer noch sehr wichtig – man kann nicht über die Leute hinweg funktionieren, wenn man eine «menschliche» Atmosphäre gestalten will.

«Gratis-Bier für die vertriebenen Jugendlichen aus dem AJZ. Das war damals eine Forderung.»

1979 war die Jugend im Aufbruch, 2009 steckt die Schweiz und die Welt in einer Sinn- und Wirtschaftskrise. Neue Ideen sind gefragt. Taugt Selbstverwaltung als Modell für die Zukunft? Portmann: Selbstverwaltung umfasst mehr als nur die kollektive Führung eines Betriebs. Sie umfasst das Leben der Menschen insgesamt, die Stadtteile, die Häuser. Sie bedeutet, dass man Autonomie hat über seine Zeit, über seine Lust, über seine Gefühle. Für mich ist Selbstverwaltung das einzig mögliche Prinzip, das einer vernünftig strukturierten Gesellschaft zugrunde liegen kann. Was kann Selbstverwaltung nicht? Respektive: Was habt ihr nicht geschafft? Portmann: Die Welt um das Hirscheneck herum hat sich verändert, und damit auch das Hirscheneck selber. Es gibt heute weniger ideologische Diskussionen. Aber: Wir arbeiten noch immer für einen prekären Lohn. Wir haben es nicht geschafft, es uns gut gehen zu lassen. Aber ihr habt damals wohl für noch weniger gearbeitet, oder? Rusterholtz: Unser Stundenlohn betrug fünf Franken.

Portmann: Wir zahlen mittlerweile Stundenlöhne nach Gesamtarbeitsvertrag. Der Haken dabei ist, dass wir natürlich niemals alle geleisteten Stunden erfassen. Ein Leben mit Familie kann man sich mit unseren Löhnen eigentlich immer noch nicht leisten. Selbstverwaltung bedeutet nach wie vor auch Selbstausbeutung. Portmann: Ich habe kein Problem damit. Was man sehen muss: Dank selbstverwalteter Arbeit bekommen wir sehr viel zurück, wenn auch nicht in Form von Geld. Wir leisten uns beispielsweise sieben Wochen Ferien pro Jahr und kurze Arbeitswochen. Niemand arbeitet bei uns 100 Prozent. Wir leisten uns auch Ineffizienz im Betriebsablauf. Wer kann das schon? ■ Urs Rusterholtz Urs Rusterholtz (59) war 1979 einer der Gründer und als Inhaber des Wirtepatents der erste «Beizer» des Restaurants Hirscheneck in Basel. Rusterholtz führt heute das Ausflugs- und Speiselokal «La Couronne d’Or» im elsässischen Leymen. Roger Portmann Roger Portmann (35) ist Mitglied des aktuellen «Hirschi»-Kollektivs. In dieser Funktion war er unter anderem Initiant des Internationalen Kongresses über Selbstverwaltung, der Anfang April an der Universität Basel durchgeführt wurde.

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BILD: ANDREA GANZ

Wörter von Pörtner

Le mot noir Buddha in Paris Neulich in Paris. «Deprimierend, dass Tante Françoise tot ist», nuschelt Onkel Hervé gequält. «Aber jetzt müssen wir ihr Haus ausräumen! Die Käufer aus Übersee sind morgen abend da!» Eine Stunde später sehen Cousine Madeleine und ich uns im Haus um. «Findest du nicht, sie war zuletzt ein bisschen exzentrisch?», murmelt Madeleine verstohlen. «Warum meinst du?» «Sie dich doch um», raunt Madeleine. «Die meisten Menschen sammeln Geweihe. Sie sammelte Gebisse!» Und dann der schwarz gestrichener Salon. «Der einzige Grund, warum ich froh bin, dass es Françoise erwischt hat», wettert Grossmutter. «Noch einen von diesen Totenlunches in diesem Sarg hätt ich nicht ausgehalten!» Onkel Hervé treibt uns zur Arbeit an: «Allez, allez! Das Haus muss leer sein! Le jardin auch!» Cousin Cédric und ich werden hinaus

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ins Freie gescheucht. Dort steht in einem Gemüsebeet ein Deko-Buddha aus Stein. Vier, vielleicht fünf Meter hoch. «Entsorgt den auf die Strasse», trompetet Onkel Hervé aus dem Haus. «Klar!», rufe ich zuversichtlich. «Was wiegt der denn? Fünfzehn, zwanzig Tonnen?» «Für Dramatik bleibt jetzt keine Zeit!», tönt es aus dem Haus: «Nehmt die Schubkarre!» Cédric und ich sehen uns an. Aber seine Amerikanerin ist von diesem Gemüsemonument entzückt: «Jesus, how lovely!» «Ja, vielleicht kann deine Freundin mal mit anpacken?», säusle ich meinem Cousin hoffnungsvoll zu. «Sie ist meine Frau», zischt Cédric zurück. «Richtig!» Ich verzieh mich in die Küche. Dort sortiert Cousine Geraldine inzwischen Säcke und Abersäcke von Kartoffeln. «Wo kommen die bloss alle her?», will Cousine Madeleine wissen. «Wer hat ihr gesagt, sie soll ihren Mann verlassen?», donnert Onkel Hervé. «So was kommt nie gut!» «André schickt ihr seither aber Blumen. Das hat er 40 Jahre lang nie gemacht», zischt Grossmutter. «Die schickt er von nun an an dich», informiert Onkel Hervé. «Waaas?! Wenn der mich je interessiert hätte, hätte ich ihn nicht mit Françoise verkuppelt!» «Dann hat er was zu tun», bremst Onkel Hervé Frieden stiftend ab. Am nächsten Morgen schellt das Telefon. Der Umzugswagen steckt in Antibes fest. «Mir reichts!», zischt Onkel Hervé. «Wir nehmen einen aus Paris!» «Kommt nicht in Frage», fährt

Grossmutter auf. «Das macht Jules!» Madeleine und ich sehen uns an. Dahinter steckt bestimmt eine Liebesgeschichte. Aber Grossmutter kommt uns eilig zuvor: «Wir stellen die Umzugskisten vor das Steingemüse!» «Kommt nicht in Frage», schüttelt sich Cédric beim Hereinkommen wie ein Hund. «Da steht jetzt der Magnolienbaum!» «Was ist denn das nun wieder?», japst Onkel Hervé. «Den sieht jetzt keiner mehr!», wird Geraldine euphorisch und kassiert einen Killerblick von Cédrics Frau. «Von diesen überwucherten Hinkelsteinen gibt es hier doch massig», verteidige ich scheinheilig das urbane Gartenprojekt. Am Abend führt Onkel Hervé die verwirrten Käufer durch Schluchten von Kartons und Kartoffelsäcken. Aber er gibt nicht auf: «And the jardin too, ähm, picco bello!» Madeleine und ich spähen hinaus. Der Magnolienbaum ist inzwischen seitlich weggeknickt. Doch als die Käufer in den Garten treten, tauen sie plötzlich auf: «Oh, how lovely! Buddha in Paris!» Und endlich, endlich atmet auch Onkel Hervé auf: «Yes, yes!», stimmt er grosspurig ein. «Buddha ONLY here!»

DELIA LENOIR (LENOIR@HAPPYSHRIMP.CH) ILLUSTRATION: IRENE MEIER (IRENEMEI@GMX.CH) SURPRISE 199/09


Surprise-Jubiläum Zweimal erste Wahl Am 29. April feiert Surprise seine 200. Ausgabe. Das Jubiläum soll nicht nur begossen, sondern auch betanzt werden. Dafür sorgen zwei Schweizer Groove-Maschinen mit ordentlich Gefühl im Gepäck. BILD: ZVG

VON PHILIPPE AMREIN

Feet Peals – Direkt ins Herz Achtung: Konzerte dieser Band arten gelegentlich in wilde Partys aus. Vor allem auf der lebenslustigen Seite des Röstigrabens feiert die Berner Combo Feet Peals rauschende Bühnenfeste. Liegt ja eigentlich auch auf der Hand beziehungsweise auf dem Fuss – immerhin bedient man sich französischer Texte, in denen eine ordentliche Portion Fernweh, Weltschmerz und Lebensfreude verbraten wird. Diese lyrische Kombination prägt auch das aktuelle Album «Adieu tristesse», das einmal mehr in stilgerechter Umgebung eingespielt wurde, wie die Band im Vorfeld der Veröffentlichung stolz vermeldete: «Wir grüssen herzlichst aus Frankreich! Wieder haben wir ein schönes Haus zum Aufnehmen entdeckt, haben uns in der grossen Küche um den Verstand gekocht und in die Breite gegessen, einen Super-U um zahlreiche Flaschen guten Weins erleichtert und im Pool Runden gedreht. Jemand ging sogar joggen. Dazwischen haben wir viel gelacht, geblödelt und gestritten. Es folgten arbeitsreiche Monate – und wir haben diese Zeit mit Menschen geteilt, die uns zur Vollendung dieser neuen CD wichtig und richtig erschienen.» Geige, Akkordeon, Saxofon, Bass und Schlagzeug – dieses Instrumentarium reicht den Feet Peals, um triefend schöne Musik aus dem zerklüfteten Stilbereich zwischen Folk, Chanson und Klezmer zu heben. Die Lieder fahren direkt ins Herz, egal, ob dieses gerade vor Euphorie hüpft oder zerbrochen zwischen den Rippen hängt. Und vor allem fahren sie derart aufrührerisch in Arme und Beine, dass man am liebsten gleich eines der ganz grossen ungeschriebenen Gesetze der Feierabendgestaltung brechen und ungehemmt barfuss tanzen möchte. Dies verbietet freilich die Etikette, also legt man stattdessen eine schmissige Schuhsohle aufs Betonparkett. BILD: ZVG

Weltschmerz vom stilistischen Beckenrand: Feet Peals.

Sie machen Dampf: The Kitchenettes mit ihren Brüdern aus dem Keller. SURPRISE 199/09

The Basement Brothers feat. The Kitchenettes – Feinster Soulfood Die Reise beginnt an einem unspektakulären Tag im November 2003. Ein Handvoll Musikbegeisterter macht sich auf zu einer Expedition in die späten Fünfzigerjahre und hört sich durch eine beinahe endlose Ansammlung von Raritäten und Soul-Klassikern. Sie lassen sich den Sound der Motor City Detroit durch die Ohren fegen und landen schliesslich bei einer Offenbarung, die sich Northern Soul nennt. Als sie ihre inneren iPods mit genügend Originalmaterial vollgepackt haben, verziehen sie sich in den Keller und spielen dort wilde Jams. So fügt sich allmählich eine Band zusammen, der man den Namen The Basement Brothers feat. The Kitchenettes verpasst. Um sich ordentlich auf ihr Ziel – «gute Musik machen, zu der man tanzen will» – vorzubereiten, eignet sich das zehnköpfige Ensemble erst einmal die Klassiker des Genres an. Daraus entsteht das erste Repertoire, das noch vollständig aus Fremdkompositionen besteht und an Weihnachten 2005 in der Basler Kuppel live mitgeschnitten wird. Das Dokument dieses denkwürdigen Auftritts wird auf CD gebrannt und unter dem Titel «Do the Cooljerk» veröffentlicht. Spätestens ab diesem Zeitpunkt entwickelt sich die Bandgeschichte zu einer Erfolgsstory: The Basement Brothers feat. The Kitchenettes bespielen in der Folge Konzertbühnen in der Schweiz, in Österreich, Italien und Deutschland und lancieren im Sommer mit «You Pick My Love» einen ersten eigenen Song auf Vinyl. Diesem folgt zwei Jahre später der erste reguläre Longplayer «Speak Up! (When You Say Love)». Er wurde in den Studios von Kinks-Sänger Ray Davies in London aufgenommen. Mit dieser Scheibe im Gepäck läuft das Soul-Kollektiv nun in der Kaserne auf, um das zu machen, was es am besten kann: gute Musik, zu der man tanzen will. Mit züchtig bekleideten Füssen, versteht sich. ■ Suprise-Jubiläums-Party, Mittwoch, 29. April, 20 Uhr, Kaserne Basel. Eintritt frei.

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BILD: ZVG BILD: ZVG

Kulturtipps

Fabelhaftes Dreigestirn: Filou, Mo und Liocha hecken was aus.

Das Leben der Grosseltern auf iPod gibts im Erinnerungsbüro.

Ausstellung Mein Opa, der Raubtierjäger Der Schweizer Theaterdramaturg Mats Staub sammelt Reminiszenzen an Grosseltern. Im April macht seine Wanderausstellung «Erinnerungsbüro» im Theater Solothurn Halt.

DVD Luftikusse Drei Obdachlose verdienen ihr Geld mit Blutspenden und als Versuchskaninchen für die Pharmaindustrie. Doch als sie sich selber verkaufen wollen, kippt die moderne Fabel ins Tragische. VON MICHÈLE FALLER

Was wissen wir über unsere Grosseltern, aus der Zeit bevor sie zu Grosseltern wurden? Der Dramaturg Mats Staub geht dieser Frage in seinem Langzeitprojekt «Erinnerungsbüro – Meine Grosseltern» nach. Ausschlaggebend für die Geburt des Projektes war die ungewöhnliche Geschichte seiner eigenen Grosseltern, die sich in Afrika gefunden haben: «Eine Professorentochter und ein Bauernsohn, die nicht weit voneinander aufgewachsen sind, sich aber in der Schweiz nie kennengelernt hätten.» Auf einem legendären Foto trägt Staubs Grossvater einen erlegten Leoparden auf den Schultern. Der eigene Opa als wilder Raubtierjäger? Wie viel Mythos steckt hinter diesem Bild, wie viel Wahrheit? Der heute 37-jährige Enkel hat es nie erfahren. Was bleibt, ist die Kindheitserinnerung an einen Grossvater, der als junger Mann vielleicht einmal ein Abenteurer in Afrika war. Staubs Geschichte ist typisch. Die Erinnerungen an unsere Grosseltern sind oft geprägt von verschwommenen Eindrücken, undefinierbaren Gerüchen oder Erzählungen aus zweiter Hand. Über 200 Enkelinnen und Enkel hat Staub zu ihren Erinnerungen befragt. «Dabei ging es mir nicht um nostalgische Anekdoten oder darum, wie es genau gewesen ist, sondern vielmehr um die persönliche Wahrheit», erklärt der Initiant sein Konzept. Zu den Geschichten, die in der Ausstellung per iPod abhörbar sind, gruppiert er Fotos der Grosseltern als junge Menschen. «Die Aufzeichnungen und Bilder lösen in den Besuchern automatisch Erinnerungen an ihre eigenen Grosseltern aus», weiss der Reminiszenzensammler. Und vielleicht auch ein wenig Wehmut über das Versäumnis, nicht mehr über ihr Leben erfahren zu haben. Mit dem Sammeln von Erinnerungen hat Staub vor einem Jahr am Berner Theaterfestival Auawirleben begonnen und gastiert nun – nach Stationen am Theaterspektakel Zürich und am Theater Basel – im Fundus des Theaters Solothurn. Im geräumigen Estrich finden sich verstaubte Requisiten und abgewetzte Kleider. Staub freut sich: «Der Fundus im Dachstock ist geradezu prädestiniert für meine Ausstellung, die ideale Kindheitserinnerungslandschaft.»

Im Wartezimmer des Blutspendezentrums liegt ein blasser junger Mann, der so aussieht, als könne er selber eine Portion frisches Blut vertragen. Dank seinen charmanten Überredungskünsten erlaubt ihm die Ärztin schliesslich, nach nur einer Woche schon wieder zu spenden – für ein Sandwich und einen Apfel. Zu Mo, so heisst der bleiche Jüngling, gesellen sich der junge Russe Liocha mit seiner Legehenne und Filou samt dem invaliden und greisen Hund Zerberus. Hier ist das Dreigestirn zum ersten Mal vereint, einträchtig an die Schläuche angeschlossen, durch die ihnen der Lebenssaft abgezapft wird. Es gibt viele märchenhafte Elemente im Film «Luftbusiness» der Schweizer Regisseurin Dominique de Rivaz. Bald erinnern die drei Protagonisten an den Blechmann, den Löwen und die Vogelscheuche aus dem «Zauberer von Oz», bald an drei Brüder aus einem Grimmschen Märchen. Auf der Suche nach dem Glück, der nächsten Mahlzeit oder ein bisschen Geld. Dieses verdient sich der sensible Filou als Hundesitter, Mo als Versuchskaninchen der Pharmaindustrie und Liocha verkauft sein Sperma einer Samenbank. Doch eines Tages gehen die drei Aussenseiter zu weit: Aus einer Laune heraus beschliessen sie, sich selber im Internet zu verkaufen. Wie dies ihr ganzes Leben verändert – sie haben eben doch nicht nur Luft verkauft – wird drastisch geschildert. Zuweilen mit etwas gar viel Pathos und dick aufgetragener Symbolik, was jedoch sehr gut zur fabelartigen Machart des Films passt. Stimmig sind auch die sorgfältig inszenierten und symbolhaften Bilder: Filous Hund ist zwar nach dem antiken Höllenhund Zerberus benannt, doch wird der Hundesitter auf dem Trottinett von den Vierbeinern wie der Sonnengott Helios auf seinem Wagen durchs Einkaufszentrum gezogen. Und wenn die drei Herumtreiber auf ihrer Matratze im Gewächshaus nächtigen, erinnern sie stark an die drei Heiligen auf Liochas Andachtsbild. Die Welt der Obdachlosen und Verlierer, in der sich die Geschichte abspielt, wird nicht beschönigt, und doch ist klar, dass das wirkliche Elend erst dann einsetzt, wenn die Menschen ihr Innerstes hergeben. Man fragt sich, wo zwischen Pharmaversuchen und Spermaverkauf das Geschäft aufhört und der Selbstverrat anfängt. «Luftbusiness» gibt darauf keine klare Antwort, ist aber ein eindeutiges Plädoyer für die Menschlichkeit.

«Erinnerungsbüro – Meine Grosseltern»: Theater Solothurn, Dachstock,

«Luftbusiness», Regie: Dominique de Rivaz, 86 Min., Luxemburg 2008.

Theatergasse 16 – 18, 18. April – 3. Mai. www.erinnerungsbuero.net

Vertrieb: www.medialuna-entertainment.de

VON SARAH STÄHLI

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BILD: TANJA DORENDORF

Nächster Halt Hitparade: Newcomerin Andrea McEwan.

Die 25 positiven Firmen Diese Rubrik ruft Firmen und Institutionen auf, soziale Verantwortung zu übernehmen. Einige haben dies schon getan, indem sie dem Strassenmagazin Surprise mindestens 500 Franken gespendet haben. Damit helfen sie, Menschen in prekären Lebensumständen eine Arbeitsmöglichkeit zu geben und sie auf ihrem Weg zur Eigenständigkeit zu begleiten. Gehört Ihr Betrieb auch dazu? Die Spielregeln sind einfach: 25 Firmen werden jeweils aufgelistet, sind es mehr, fällt jener Betrieb heraus, der am längsten dabei ist.

01

Brother (Schweiz) AG, Baden

02

Segantini Catering, Zürich

03

Axpo Holding AG, Zürich

04

AnyWeb AG, Zürich

05

Kaiser Software GmbH, Bern

06

fast4meter, Storytelling, Bern

07

IBZ Industrie AG, Adliswil

08

Velo-Oase Bestgen, Baar

09

Niederer Kraft & Frey, Zürich

10

Mundipharma Laboratories GmbH, Basel

11

GUIDIMEDIACOM, Zollikon

12

reinhardpartner Architekten und Planer, Bern

Vielleicht gibt es ja doch noch Popmärchen. Dann begänne dieses hier an einem Montagabend im Festsaal des vornehmen Klubs Kaufleuten in Zürich. Auf der Bühne steht eine junge Australierin mit ihrer Band und spielt Stücke, die zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht erschienen sind. Es ist kein normales Konzert, sondern ein sogenanntes Showcase, ein Kurzauftritt, mit dem die Plattenfirma Szenegängern und Leuten aus der Branche ihre neueste Hoffnungsträgerin vorstellt. Ein kleines Wunder ist das Verhalten des Publikums. Entgegen den sonstigen Gepflogenheiten in dieser Stadt hält es die Klappe und lauscht gebannt, wie die Newcomerin eine Handvoll Gitarrenpopsongs mit Hitpotenzial serviert und dabei ohne sichtbare Nervosität agiert. «Ich wurde in Stadien getauft», erklärt Andrea McEwan später beim Interview den souveränen Auftritt. Tatsächlich absolvierte die 30-Jährige ihre ersten Gigs im Vorprogramm von Katie Melua, für die sie auch Texte verfasst hat. Nun beginnt sie von vorn und will sich unter eigenem Namen in kleinen Klubs ein Publikum erspielen. Potenzial hat McEwan – auch für die Hallenstadien dieser Welt: Sie verfügt über eine klare, berührende Stimme und hat ein Händchen für eingängige Melodien. Stilistisch bewegt sie sich auf populärem Terrain: Balladen, ein wenig Jazz, etwas Folk. Einzigartig machen McEwans Songs die Texte. Die Lieder sind kleine Gedichte mit sinnigen Metaphern. In «Black Socks» vergleicht sie ihre Liebhaber mit Socken, die in der Waschmaschine verschwinden; im Titelstück gelobt sie, den Männern nicht länger als Mietobjekt dienen zu wollen, und im anrührenden «Candle in the Chatroom» beklagt sie das Verschwinden der Romantik im Zeitalter der Cyberspace-Bekanntschaften: «Du kannst keine Kerze anzünden im Chatroom». Früher verdiente McEwan ihre Brötchen als Schauspielerin. Die Frage liegt auf der Hand: Berichtet die Sängerin von eigenen Liebesdramen oder schlüpft sie gezielt in Rollen? «Es ist ein bisschen von beidem», antwortet sie so freundlich wie unverbindlich. Aus der Reserve locken lässt sie sich im Gespräch nicht. Doch das macht nichts, weil ihre Stimme schon beim Sprechen betörend klingt. Man hört ihr einfach gerne zu. Gut möglich, dass dieses Popmärchen wahr wird. Denn das Zeug zur Prinzessin hat Andrea McEwan.

13

Personalberatung Stellenwerk AG, Zürich

14

Weleda AG, Arlesheim

15

Markus Weber GmbH, Zürich

16

Homegate AG, Adliswil

17

Robert Stoller Heizungen, Oberweningen

18

Kiwanis Club, Basel

19

Analytica Med. Laboratorien AG, Zürich

20

Anne Hoffmann Graphic Disign, Zürich

21

Kellerhals & Haefeli AG, Bern

22

Druckerei Hüuzeler AG, Regensdorf

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Coop, Basel

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pk.vista AG, Muttenz

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KIBAG Strassen- und Tiefbau

Andrea McEwan: «Rental Property» (Phonag).

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Pop Prinzessin ohne Socken Zuerst schrieb Andrea McEwan Texte für Katie Melua. Nun präsentiert sie ihr Debüt unter eigenem Namen: ein Bijou aus sinnigen Metaphern und schmeichelnden Melodien. VON RETO ASCHWANDEN

SURPRISE 199/09

Möchten Sie bei den positiven Firmen aufgelistet werden? Mit einer Spende von mindestens 500 Franken sind Sie dabei! PC-Konto: 12-551455-3, Verein Strassenmagazin Surprise, 4051 Basel Zahlungszweck: Positive Firma + Ihr gewünschter Eintrag! Wir schicken Ihnen eine Bestätigung.

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BILD: PHILIPP RATHMER

BILD: ZVG

Ausgehtipps

Heinz Strunk beim Anblick grenzdebiler Zufallskäufer.

Basel/Winterthur Würde und Wortwitz Wahre Helden: Slim Cessna im Kreise seiner Prärie-Punks.

St. Gallen/Winterthur Bibelzitate im Polkatakt «Das ist die Countryband, die in der Bar am Ende der Welt spielt.» So drückte Punkrock-Ikone Jello Biafra (Dead Kennedys) seine Bewunderung für eine Band namens Slim Cessna’s Auto Club aus. Das Sextett aus Colorado ist hierzulande noch kaum bekannt, in der amerikanischen Alternativ-Presse aber wurde die Truppe bereits als «best live band in America» bezeichnet. Mit Schlagzeug, Kontrabass, Banjo, Klavier, Gitarren und Pedal Steel machen sich die Herren vom Auto Club ans Werk. Dabei werden sinistre Bibelzitate mehrstimmig im Polkatakt zerfetzt und grelle Abgesänge auf den amerikanischen Traum zu schwerem SüdstaatenBlues verarbeitet. Das klingt aufs erste Ohr sperrig, doch im Verlauf der fortschreitenden Abendstunden beginnt alles einen perfekten Sinn zu ergeben. Wenn sich Slide-Gitarren-Schlieren durch die Songs ziehen wie Reifenspuren eines zerschrammten Pick-up-Trucks, die Singstimmen manisch rasseln und die Rhythmus-Sektion unbeirrt stampft – dann laufen Slim Cessna und seine Prärie-Punks zu ganz grosser Klasse auf. (amp) Slim Cessna’s Auto Club, Do, 23. April, 22 Uhr, Grabenhalle, St. Gallen; Fr, 24. April, 21 Uhr, Kraftfeld, Winterthur.

Heinz Strunk ist ein seltsamer Typ. Er erzählt Geschichten von Verlierern und Unsympathen, die erst einmal Reaktionen wie Mitleid oder Fremdschämen auslösen. Doch irgendwie dreht der Wahlhamburger Tragisches ins Komische, und so wurde der autobiografische Roman «Fleisch ist mein Gemüse» ein gefeierter Bestseller, der umgehend für Leinwand und Bühne adaptiert wurde. Anfang Jahr erschien nun «Fleckenteufel», die Geschichte eines 16Jährigen mit Hormon- und Stuhlstau. Und weil ekliger Lesestoff in Deutschland gerade ganz grosse Auflagen erfährt, gestaltete der Verlag das Buchcover als Bruder von Charlotte Roches «Feuchtgebiete». Strunk verwahrte sich umgehend gegen diesen Versuch, «grenzdebile Zufallskäufer anzulocken», genutzt hat es freilich nichts. Er wird es überleben. Denn dieser Autor ist sich gewohnt, dem Unbill von Schicksal und Zeitgenossen mit lakonischem Wortwitz einen Rest Menschenwürde abzutrotzen. Wie man das macht, demonstriert er leicht lispelnd auf Lesetour. (ash) Heinz Strunk, Mo, 27. April, 20.30 Uhr, Volkshaus,

BILD: ZVG

Basel; Di, 28. April, 20 Uhr, Casinotheater, Winterthur.

Schweizer Schützenmuseum, Bern Waidfrau Heil! Nanu, die Waffen der Frau? Fingernägel und Pfefferspray? Aber nein, bei der Ausstellung «Mit den Waffen einer Frau» will das Schweizer Schützenmuseum in Bern die lange Tradition schiessfreudiger Frauen präsentieren. Den historischen Hintergrund dafür bieten Archiv-Dokumente, die belegen, dass bereits beim «Ehr- und Freischiessen» 1485 in St. Gallen waffenbegeisterte Frauen aktiv teilnahmen und auch an den Eidgenössischen Schützenfesten (ab 1824) mit guten Resultaten aufwarteten. Einen aktuellen Bezug bieten junge Frauen, die sich dem Schiesssport widmen, unter ihnen etwa Andrea Brühlmann. Die Geflügelzüchterin aus der Ostschweiz repräsentiert als aktive Vertreterin der Schützinnen den modernen Wettkampfbetrieb, in dem sich schiessende Frauen behaupten. (amp) «Mit den Waffen einer Frau», bis 31. Januar 2010, Schweizer Schützenmuseum, Bernastrasse 5, 3005 Bern.

Gutes Auge, ruhige Hand: Sportschützin Brühlmann.

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www.schuetzenmuseum.ch SURPRISE 199/09


BILD: MARIE JEANSON

BILD: ZVG

Occasionen für neuen Schwung im Frühling. Das Tanzfest: Grundschritte per Schnellbleiche – dann ab aufs Parkett.

Rundhofhalle, Basel Paradies für Velofreaks

Ganze Schweiz Bis sich die Balken biegen

Na, auch schon in den Keller gestiegen und den Drahtesel aus seinem Winterschlaf erlöst? Es kann sein, dass die frühlingsbedingte Bewegungslust manchen Velofahrern in Erinnerung ruft, was man im vergangenen Herbst lieber verdrängt hatte: Das Velo ist rostig, zu langsam, hat nicht die richtige Farbe – vielleicht ist es auch gar nicht mehr da. Höchste Zeit, sich am Velomärt nach fahrtüchtigem Ersatz umzuschauen. Oder sein verschmähtes Stahlross endlich abzustossen. Zwischen 10 und 14 Uhr können Fahrräder zum Verkauf abgegeben werden (bitte Ausweis mit Foto mitbringen). Der Verkaufspreis wird vom Besitzer festgelegt. Das Geld für das verkaufte Velo gibts am Schluss abzüglich Provision – oder aber im schlimmsten Fall den unverkauften «Göppel» zurück. Zwischen 10 und 16 Uhr können die Occasionen getestet, gekauft oder auch nur beäugt werden. (juk)

Es hat bereits Tradition: Am letzten Wochenende im April wird das Tanzbein geschwungen. In 14 Regionen der Schweiz, in Hallen und Theatern, zu allen erdenklichen Musikstilen, von Laien und Profis gleichermassen. Im Schnupperkurs werden per Schnellbleiche die Grundschritte von über 70 Tanzstilen erlernt, an verschiedenen Bällen kann das frisch erworbene Wissen ausprobiert werden. Hemmungslos. Von Jung und Alt. Und bitte mit Elan. Waren im vergangenen Jahr noch 10 000 Personen dabei, werden es heuer einige tausend mehr sein – Dank dem Engagement vieler ehrenamtlicher Helferinnen und Helfer. Am Preis soll die Teilnahme jedenfalls nicht scheitern: Wer jünger als 17 Jahre ist, kann gratis mitmachen. Alle anderen bezahlen zehn Franken, alles inklusive. (mek)

Velomärt der Pro Velo beider Basel, Sa, 25. April, 10 Uhr bis 17 Uhr, Messe Basel/

«Das Tanzfest», Sa/So, 25./26. April, Basel, Belfort, Bern, Biel, Chiasso, Freiburg,

Rundhofhalle 2, Basel.

Genf, Jura, La Chaux-de-Fonds, Lausanne, Luzern, Sierre, Thurgau, Zürich.

BILD: ZVG

Programm: www.dastanzfest.ch

Abart, Zürich Schwelende Sehnsucht Wenn Nina Persson singt, werden die härtesten Rocker weich. 1997 gelang der Schwedin mit ihrer Band The Cardigans der Durchbruch. «Lovefool» war die erste einer ganzen Reihe von Popperlen, die mit süsser Raffinesse und Ohrwurm-Potenzial die Landsleute von ABBA beerbten. Nur als Saccharin-Sirene wollte Persson dann aber doch nicht in die Geschichte eingehen, und so startete sie vor einigen Jahren das Nebenprojekt A Camp. Zunächst ging es dort wesentlich rauer, folkiger und rockiger zur Sache als bei der Stammband. Mit dem neuen Album «Colonia» setzt Persson nun aber ganz auf Glitter und Glamour: Singalongs im Geist der Sixties, gross(artig)e Orchesterarrangements und stets diese schwelende Sehnsucht in der Stimme, die jedes Herz schmelzen lässt. Zeitiges Erscheinen empfiehlt sich wegen des Vorprogramms: Kristofer Aström mag noch nicht so bekannt sein wie Ryan Adams oder Tom Petty. Auf seinem neuen Album «Sinkadus» zeigt er sich als Songwriter aber absolut auf Augenhöhe mit den erfolgreichen Kollegen. Machen Sie sich bereit für einen selten schönen Liederreigen. (ash)

Schaut streng, singt süss: Nina Persson von A Camp. SURPRISE 199/09

A Camp/Kristofer Aström, Do, 23. April, 20 Uhr, Abart, Zürich.

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Verkäuferporträt «Ich habe nur den Traum, glücklich zu sein» Auf dem Verkäuferausweis trägt Jela Veraguth, 56, eine Krone – doch der Königin fällt das Lächeln schwer. Den Launen der Leute und des Wetters trotzt Jela Veraguth zwar seit Jahren – zu schaffen macht ihr aber die Krankheit ihres Sohnes.

«Ich bin im ehemaligen Jugoslawien aufgewachsen, wohnte zusammen mit meinen fünf Geschwistern, den Eltern und Grosseltern in einem kleinen Haus in der Nähe von Belgrad. Als ich wenige Monate alt war, kam mein Vater blind aus dem Militärdienst zurück. Danach ging es uns finanziell miserabel. Seine kleine Rente reichte kaum, um jedem von uns ein Stück Brot zu kaufen. Es fehlte auch an Kleidung, an Unterwäsche. Aber wir waren zufriedener, als wir es heute sind. Schon erstaunlich. Ich glaube, die Menschen waren einfach netter. Man redete miteinander und half sich gegenseitig. Heute schaut jeder für sich. Jedenfalls hatte ich schon als Mädchen nur den einen Traum: Ich wollte Arbeit finden und eine gesunde Familie haben. Ich wollte glücklich sein. Mit 18 heiratete ich meinen ersten Schatz. Gemeinsam gingen wir nach Paris. In unserer Heimat gab es keine Zukunft. Nicht für uns – und auch nicht für andere. Nach der Geburt meines ältesten Sohnes und meiner Tochter zogen wir der Arbeit wegen für zwei Jahre nach Wien. Als wir zurück nach Jugoslawien gingen, funktionierte unsere Beziehung nicht mehr. Also nahm ich 1977 einen Job in St. Moritz an. Ein Bekannter hat ihn mir organisiert. Von der Schweiz habe ich mir keine Vorstellung gemacht. Aber ich wusste, dass mich hier Arbeit erwartet. Eigentlich wollte ich nur eine Saison bleiben. Aber dann lernte ich meinen jetzigen Mann kennen, einen Bündner. Er arbeitete an der Tankstelle neben dem Hotel, in dem ich Zimmermädchen war. Es war Liebe auf den ersten Blick. So was passiert. Mein ältester Sohn und meine Tochter sind beim Ex-Mann und meiner Mutter in der Heimat aufgewachsen. Ich vermisste sie schrecklich. Anfangs weinte ich jede Nacht. Dann aber kam mein drittes Kind, Sascha, zur Welt – und für eine kurze Zeit war ich wirklich glücklich. Es gelang mir zum allerersten Mal, meine Probleme zu vergessen. Leider war das Glück nicht von Dauer. Mit 22 wurde Sascha schwer krank. Die Ärzte diagnostizierten Diabetes und Polyarthritis. Heute ist er 30. Er liegt bei uns zu Hause und hat grosse Schmerzen. Das tut auch mir weh. Ich wünschte, ich könnte krank sein und er gesund. Dann würde er gut für mich sorgen. Jetzt versuche ich, für ihn da zu sein. Aber als er Geburtstag hatte, konnte ich ihm nicht einmal ein anständiges Geschenk kaufen. Dass ich nie weiss, ob es mir Ende des Monats reicht, die vielen Rechnungen zu bezahlen, belastet mich. Und manchmal habe ich Angst, einfach zusammenzubrechen. Mein Mann arbeitet zwar – aber die Miete, die Krankenkasse, die Arztrechnungen und Medikamente für meinen Sohn, das alles kostet sehr viel. Natürlich weiss ich, dass es auch andere Menschen schwer haben. Selbst hier in der Schweiz hat jeder seine Probleme. Nur: Mit meinen könnte ich ein ganzes Buch füllen. Dafür müsste ich aber zuerst richtig schreiben können. Ich ging nämlich nie zur Schule. Aber jetzt besuche ich einen Kurs, lerne lesen und schreiben. Meine Lehrerin ist sehr zufrieden mit mir. Ihr Lob macht mich stolz, denn ich kämpfe. Das habe ich immer getan.

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BILD: ZVG

VON ANDREA KELLER

Aufgeben? Manchmal würde ich das gerne. Zum Beispiel wenn ich sehe, wie gut angezogene Menschen um Münz betteln. Während ich, Jela, bei Regen, Hitze und Schnee am Limmatplatz stehe und Surprise verkaufe. Das ist hart, aber ich mache es schon seit Jahren, sechs Tage die Woche. Nur am Sonntag bleibe ich zu Hause. Dann erledige ich die Hausarbeiten, putze, koche, wasche. Am Montag stehe ich wieder hier, rufe ‹Surprise› und hoffe, dass mir die Leute ein Heft abkaufen. Manche, die hier vorbeikommen, sind sehr nett, andere überhaupt nicht. Das ist eben so. Damit muss man leben. Das Strassenmagazin gibt mir eine Struktur – aber ich würde gerne wieder in der Küche arbeiten, oder als Zimmermädchen. Wie früher. Dann könnte ich Pläne und auch mal Ferien machen, mich besser um meinen Sohn kümmern. Ich glaube, dann könnte ich glücklich sein. Das ist mein Traum, an dem ich festhalte.» ■ SURPRISE 199/09


Eine Chance für alle! Werden Sie Surprise-Götti oder -Gotte ber. Das verdient Respekt und Unterstützung. Regelmässige Verkaufende werden von Surprise-Sozialarbeiterinnen betreut, individuell begleitet und gezielt gefördert. Dazu gehört auch, dass sie von Surprise nach bestandener Probezeit einen ordentlichen Arbeitsvertrag erhalten. Mit der festen Anstellung übernehmen die Surprise-Verkaufenden mehr Verantwortung; eine wesentliche Voraussetzung dafür, wieder fit für die Welt und den Arbeitsmarkt zu werden.

Starverkäufer BILD: ZVG

Surprise kümmert sich um Menschen, die weniger Glück im Leben hatten als andere. Menschen, die sich aber wieder aufgerappelt haben und ihr Leben in die eigenen Hände nehmen wollen. Mit dem Verkauf des Strassenmagazins Surprise überwinden sie ihre soziale Isolation. Ihr Alltag bekommt Struktur und wieder einen Sinn. Sie gewinnen neue Selbstachtung und erarbeiten sich aus eigener Kraft einen kleinen Verdienst. Die Surprise-Strassenverkäuferinnen und -verkäufer helfen sich sel-

Als Götti oder Gotte ermöglichen Sie einer Strassenverkäuferin oder einem -verkäufer eine betreute Anstellung bei Surprise und damit die Chance zur Rückkehr in ein selbstbestimmtes Leben.

Kurt Brügger Baselland

Fatima Keranovic Baselland

Wolfgang Kreibich Basel

Marlise Haas Basel

Sereina Mirada nominiert Michael Hofer als Starverkäufer: «Michael Hofer fällt am Bellevue nicht nur wegen seiner Grösse und seinen frechen blonden Haaren auf. Auch seine freundliche, aufgestellte und liebenswürdige Art und sein Witz machen ihn zu meinem Star. Ich wünsche ihm alles Gute für die Zukunft – auf viele verkaufte Surprise-Magazine, und: Möge der FCZ Meister werden!»

Ausserdem im Förderprogramm SurPlus: Marika Jonuzi, Basel Peter Gamma, Basel Peter Hässig, Basel Ruedi Kälin, Zürich

Bob Ekoevi Koulekpato, Basel René Senn, Zürich Anja Uehlinger, Baden Jela Veraguth, Zürich

Ihre Nominierung schicken Sie bitte an: Strassenmagazin Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41+61 564 90 99, redaktion@strassenmagazin.ch

Ja, Ich werde Götti/Gotte von: 1 Jahr: 8 000 Franken

1/2 Jahr: 4 000 Franken

1/4 Jahr: 2 000 Franken

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199/09 Talon bitte senden oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch, PC-Konto 12-551455-3 SURPRISE 199/09

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Surprise ist: Hilfe zur Selbsthilfe Surprise fördert seit 1997 die Selbsthilfe von Menschen in sozialen Schwierigkeiten. Mit begleiteten Angeboten in den Bereichen Arbeit, Sport und Kultur fördert Surprise die soziale Selbständigkeit und berufliche Eingliederung, das Verantwortungsbewusstsein, die Gesundheit und eine positive Lebenseinstellung. Surprise gibt es in der deutschsprachigen Schweiz. Eine Stimme für Benachteiligte Surprise verleiht von Armut und sozialer Benachteiligung betroffenen Menschen eine Stimme und sensibilisiert die Öffentlichkeit für ihre Anliegen. Surprise beteiligt sich am Wandel der Gesellschaft und bezieht Stellung für soziale Gerechtigkeit.

Ich möchte Surprise abonnieren! 24 Ausgaben zum Preis von CHF 189.– (Europa: CHF 229.– ) (Verpackung und Versand bieten StrassenverkäuferInnen ein zusätzliches Einkommen.)

Strassensport Der zweite Schwerpunkt von Surprise ist die Integration von sozial benachteiligten Menschen in der Schweiz über den Sport. Mit einer eigenen Strassenfussball-Liga, regelmässigem Trainings- und Turnierbetrieb, der Schweizermeisterschaft sowie der Teilnahme des offiziellen Schweizer Nationalteams am jährlichen «Homeless Worldcup» vernetzt Surprise soziale Institutionen mit Sportangeboten in der ganzen Schweiz. Organisation und Internationale Vernetzung Surprise ist eine nicht gewinnorientierte soziale Institution. Die Geschäfte werden von der Strassenmagazin Surprise GmbH geführt, die von dem gemeinnützigen Verein Strassenmagazin Surprise kontrolliert wird. Surprise ist führendes Mitglied des Internationalen Netzwerks der Strassenzeitungen (INSP) mit Sitz in Glasgow, Schottland. Derzeit gehören dem Verband gegen 100 Strassenzeitungen in über 40 Ländern an.

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Strassenmagazin und Strassenverkauf Surprise gibt das vierzehntäglich erscheinende unabhängige Strassenmagazin Surprise heraus. Neben einer professionellen Redaktion verfügt das Strassenmagazin über ein breites Netz von freien Berufsjournalistinnen, Fotografen und Illustratorinnen. Der überwiegende Teil der Auflage wird von Menschen ohne oder mit beschränktem Zugang zum regulären Arbeitsmarkt auf Strassen, Plätzen und in Bahnhöfen angeboten. Die regelmässige Arbeit gibt ihnen eine Tagesstruktur, neues Selbstvertrauen und einen bescheidenden aber eigenständig erwirtschafteten Verdienst. Für viele Surprise-Verkaufende ist das Strassenmagazin der erste Schritt zurück in ein eigenständiges Leben.

Herausgeber Strassenmagazin Surprise GmbH, Postfach, 4003 Basel, www.strassenmagazin.ch Geschäftsführung Fred Lauener, T +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch Öffnungszeiten Sekretariat Mo–Fr 9–12/14–16.30 Uhr T +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch Redaktion Fred Lauener (Leitung), Reto Aschwanden, Julia Konstantinidis, Mena Kost, Philippe Amrein, Agnes Weidkuhn (Redaktionskoordinatorin), T +41 61 564 90 70, redaktion@strassenmagazin.ch Freie Mitarbeit Michèle Faller, Luc-François Georgi, Andrea Keller, Delia Lenoir, Cristina Maurer, Irene Meier, Stefan Michel, Christian Schnur, Isabella Seemann, Sarah Stähli, Udo Theiss, Jacqueline Wendelspiess, Priska Wenger Korrektorat Alexander Jungo Gestaltung WOMM Werbeagentur AG, Basel Druck AVD Goldach Auflage 27 500, Abonnemente CHF 189.–, 24 Ex./Jahr, info@strassenmagazin.ch

Anzeigenverkauf Mathias Stalder, T +41 76 409 72 06, anzeigen@strassenmagazin.ch Basel Matteo Serpi, Spalentorweg 20, 4003 Basel, T +41 61 564 90 80 oder Mobile +41 79 428 97 27, m.serpi@strassenmagazin.ch Zürich Reto Bommer, Engelstrasse 64, 8004 Zürich T +41 44 242 72 11, Mobile +41 79 636 46 12 r.bommer@strassenmagazin.ch Bern Alfred Maurer, Pappelweg 21, 3013 Bern, T&F +41 31 332 53 93, Mobile +41 79 389 78 02 a.maurer@strassenmagazin.ch Betreuung und Förderung Rita Erni, T +41 61 564 90 51, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch Projekte/Kulturevents Paloma Selma, T +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch Strassensport Lavinia Biert, T +41 61 564 90 10, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch/www.strassensport.ch Förderverein Strassenmagazin Surprise Präsident: Carlo Knöpfel Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auch auszugsweise oder in Ausschnitten, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird von der Redaktion und dem Verlag jede Haftung abgelehnt. SURPRISE 199/09


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