Töfflibuebe
Mofa statt Midlife-Crisis
Regelwerk des Grauens – Orthografie schwergemacht
Leistungsdroge Kokain: In der Schweiz «schneit» es mittlerweile flächendeckend
Nr. 204 | 3. bis 16. Juli 2009 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass.
Das Strassenmagazin Surprise erreicht 14-täglich rund 120 000 Leserinnen und Leser in der deutschen Schweiz. Finanziert wird das Magazin über den Strassenverkauf, Inserate und Abonnemente. Per sofort oder nach Vereinbarung suchen wir eine/n
Surprise fördert seit 1997 die Selbsthilfe von Menschen in sozialen Schwierigkeiten. Das Strassenmagazin, welches 14-täglich erscheint, wird vorwiegend auf den Strassen der deutschen Schweiz von ca. 300 Verkaufenden vertrieben. Wir suchen per sofort oder nach Vereinbarung eine/n
Anzeigenverkäufer/in 50%
Personaladministrator/in ca. 30%
In dieser Funktion sind Sie zuständig für die Akquise und die Betreuung unserer Inseratekunden in der gesamten Deutschschweiz. Eine Markterweiterung für das Inseratewesen ist erwünscht.
Wir erwarten: • mehrjährige Berufserfahrung im Personal- und/ oder Sozialversicherungsbereich • Kenntnisse der Verfahren rund um Arbeitsbewilligungen • gute Anwenderkenntnisse in MS-Office und File Maker • Erfahrung im Umgang mit Behörden • selbständige und gut organisierte Persönlichkeit • zeitliche Flexibilität (Jahresarbeitszeit)
Wir erwarten: • Ausbildung und/oder mehrjährige Erfahrung im Bereich Marketing/Werbung • gute Anwenderkenntnisse in MS-Office und File Maker • Erfahrung in der Akquise und Betreuung von Inseratekunden • Umfassende Kenntnisse der Schweizer Media- und Medienlandschaft (bestehendes Netzwerk von Vorteil) • selbständige Arbeitsweise • initiative und teamorientierte Persönlichkeit
Wir bieten: • herausfordernde Aufgabe in dynamischem Umfeld • faire Lohn- und Sozialleistungen • Angenehme Arbeitsatmosphäre in einem motivierten Team
Wir bieten: • herausfordernde Aufgabe in dynamischem Umfeld • faire Lohn- und Sozialleistungen • Angenehme Arbeitsatmosphäre in einem motivierten Team
Nähere Auskünfte erteilt Ihnen gerne Frau Monika Oser, +41 61 564 90 60. Ihre Bewerbung senden Sie bitte bis 13. Juli 2009 an folgende Adresse:
Ihre Bewerbung senden Sie bitte bis 15. Juli 2009 an folgende Adresse: Strassenmagazin Surprise Personaldienst Spalentorweg 20, Postfach 4003 Basel www.strassenmagazin.ch
Strassenmagazin Surprise Personaldienst Spalentorweg 20, Postfach 4003 Basel www.strassenmagazin.ch
Ist gut. Kaufen! Wer etwas verkauft, braucht Geld. Schlichte Wahrheit – gute Sache. Denn 50 Prozent des Verkaufspreises kommt Surprise zugute. Alle Preise exkl. Versandkosten; *limitiertes Produkt ältlich! nicht erh Zurzeit
ältlich! nicht erh Zurzeit
Surprise Zeitungs-Taschen (34 x 36 cm); CHF 37.50 schwarz
Surprise City-Taschen* (24,5 x 35,5 cm); CHF 40.– schwarz rot blau
Vorname, Name
Telefon
Strasse
PLZ, Ort
Datum, Unterschrift
Surprise Rucksäcke (32 x 40 cm); CHF 89.– schwarz rot
204/09
*gemäss Basic 2008-2. Seite bitteMACH heraustrennen und schicken oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch
2
SURPRISE 204/09
05 06 06 07 07 08 20 22
23 24 26 28 29
30
BILD: ISTOCKPHOTO
04
Inhalt Editorial Entspannen In eigener Sache Betriebsferien Basteln für eine bessere Welt «Chileli» von Wassen Aufgelesen Beschimpft und beworfen Zugerichtet Tatort Sofa Mit scharf Bauvorschriften fürs Untergeschoss? Erwin Der Surprise-Comic Porträt Träume im Grossformat Ab nach Mailand Kick-off zur Streetsoccer WM Wörter von Pörtner Von Cargohosen und unkleidsamer Kopfbedeckung Rockabilly Leopardenmuster und Haartolle Kulturtipps Fantasy vom Horrormeister Ausgehtipps Tanz mit dem Tod Verkäuferporträt Nie mehr nach Hause Projekt Surplus Chance für alle! Starverkäufer In eigener Sache Impressum INSP
10 Drogen Koks im Kopf Suchtberater sehen sich immer öfter mit einer neuen Klientel konfrontiert: Sozial integriert, erfolgreich im Job – und kokainabhängig. Koks ist günstig, leicht erhältlich und liegt im Trend. Immer mehr Schweizer dopen sich damit für Beruf und Ausgang – und riskieren damit ihre Gesundheit und den finanziellen Ruin.
13 Rechtschreibung Im Wörterdschungel BILD: ISTOCKPHOTO
04
Die Rechtschreibereform von 1996 war ein Flop. Sie wurde schliesslich überarbeitet. Seit 2006 ist ein korrigiertes Regelwerk in Gebrauch, das in den Schulen ab 1. August verbindlich angewendet werden muss. Nur: Auch die neue Version bringt keine Klarheit in den Wörterdschungel.
BILD: NICOLE PONT
16 Freizeit Einmal Töfflibueb, immer Töfflibueb Älter werden ist nicht einfach. Das Leben, so kommt es manchem Grauschopf vor, macht einfach nicht mehr gleich viel Spass. Jürgen, Beat und Stephan wollten das nicht hinnehmen – und haben gehandelt: Heute fahren sie wieder Töffli, und zwar die gleichen wie vor 30 Jahren. Sie nennen sich «Motorenpapst», «Übertreiber» und «Kugelblitz». Und das jeden Samstagnachmittag in der Werkstatt beim Frisieren, pardon, Optimieren. Ein Besuch bei den «Allschwiler Töfflibuebe».
Titelbild: Ursula Sprecher und Andi Cortellini SURPRISE 204/09
3
BILD: DOMINIK PLÜSS
In eigener Sache Betriebsferien
FRED LAUENER, GESCHÄFTSFÜHRER
Das Surprise-Sekretariat ist vom 6. bis zum 19. Juli geschlossen. Ab dem 20. Juli sind wir wieder für Sie da und erreichbar unter 061 564 90 90 oder info@strassenmagazin.ch
Editorial Entspannen Richtigstellung Wie schaffen Sie es, immer wieder Höchstleistungen zu bringen, damit der Chef mit Ihnen zufrieden ist und Ihr Job sicher bleibt? Wie schalten Sie nach einem anstrengenden Tag ab? Wenn Sie mit «Wandern in der Natur» oder «Zusammensein im Kreise der Familie» antworten, glaube ich Ihnen das, weil Sie es sind. Bei immer mehr Schweizerinnen und Schweizern wären Antworten dieser Art aber eine glatte Lüge. In der ökonomisierten, globalisierten und digitalisierten Welt ist Gemütlichkeit ein Privileg der Schwachen. Die Starken zeichnen sich aus durch Leistung und Tempo. Wer nicht mithält, scheidet aus. Immer öfter wird deshalb zu Hilfsmitteln gegriffen, zu Doping genau genommen: Alkohol gegen Stress, Ritalin gegen Müdigkeit, Viagra für den Mann im Mann. Auf dem Vormarsch ist aber insbesondere Kokain. «Coci» ist sehr beliebt, weil es beides kann: die Leistungsfähigkeit verbessern und Spannungen lösen. In der Schweiz hängen bereits weit über hunderttausend Menschen an der Droge. Doch obschon es heute vielerorts zum Lifestyle gehört, ist und bleibt Kokain ein Teufelszeug. Redaktor Reto Aschwanden berichtet ab Seite 10. Ein der Gesundheit zuträglicheres Konzept gegen den Stress und zur eigenen Erbauung haben jene 15 Herren in den besten Jahren gefunden, die im Kanton Baselland einem ganz speziellen Hobby frönen: Als seien sie noch die wilden Burschen von damals, frisieren, polieren und promenieren sie Woche für Woche ihre ebenfalls in die Jahre gekommenen Mofas. Michèle Faller besuchte die «Allschwiler Töfflibuebe». Ab Seite 16. Wenn Sie in diesem Editorial den einen oder anderen vermeintlichen Schreibfehler entdeckt haben, rate ich Ihnen, Ihren Leserbrief noch im Juli abzuschicken. Ab 1. August werden nämlich neue deutsche Rechtschreiberegeln gelten. Wie weit diese zur Klärung oder zur totalen Krise der Identität unserer Schriftsprache führen werden, ist noch nicht entschieden. Redaktorin Julia Konstantinids erklärt ab Seite 13.
Nr. 202: «Lieber Gott, lass mich ein Mädchen sein» In der Ausgabe 202 berichteten wir über das Schicksal der Transsexuellen Sandra Infanger. Im Text hiess es, dass Sandra Infanger eine Schwester hatte, die bei einem Autounfall ums Leben gekommen sei. Diese Aussage beruht auf einem Missverständnis. Familie Infanger legt Wert auf die Feststellung: Es gab lediglich eine Pflegetochter, die ein Jahr lang bei der Familie wohnte. Diese Frau ist noch immer am Leben.
Surprise ist auf Spenden angewiesen. Auch auf Ihre! Herzlichen Dank. PC-Konto 12-551455-3
Herzlich, Ihre Meinung! Bitte schicken Sie uns Ihre Anregungen oder Kritik: Strassenmagazin Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, T +41 61 564 90 70, redaktion@strassenmagazin.ch. Es werden nur Leserbriefe abgedruckt, die mit vollem Namen unterzeichnet sind. Die Redaktion behält sich vor, Briefe zu kürzen.
4
SURPRISE 204/09
ILLUSTRATION: WOMM
C D
A
Boden
A
B
B C
D
B
A
Basteln für eine bessere Welt Mitte Juni glückte im neuen Eisenbahntunnel am Gotthard der vorletzte Durchstich zwischen Erstfeld und Amsteg. Die Vorfreude auf die Eröffnung der NEAT-Oströhre bleibt aber getrübt: Die mit dem Bau der ersten Gotthardbahn (1872 – 1882) weltberühmt gewordene Kirche von Wassen wird mit der neuen Streckenführung nicht mehr zu sehen sein. Was wir wirklich traurig finden. Deshalb basteln wir uns unser eigenes Chileli von Wassen: Bastelseite auf dickes Papier kleben, Chileli ausschneiden und an den vorgesehenen Stellen zusammenkleben. Dann empfehlen wir, es mit etwas Weihwasser zu besprühen und am Rückspiegel im Auto aufzuhängen. SURPRISE 204/09
5
Aufgelesen News aus den 90 Strassenmagazinen, die zum internationalen Netzwerk der Strassenzeitungen INSP gehören.
Familie einmal anders Stuttgart. «Familie» muss nicht unbedingt «Mutter, Vater, Kind» bedeuten: In verschiedenen afrikanischen Gesellschaften etwa ist die Gynaegamie (Frauenheirat) durchaus üblich. Dabei spielen meist praktische Überlegungen eine Rolle: Kinderlose Frauen sichern sich durch die Heirat mit einer Mutter Nachkommenschaft. Oder in Indien: Heiratet eine südindische Toda einen Mann, werden seine jüngeren Brüder automatisch auch zu ihren Ehemännern. Wer als Vater eines Kindes gilt, wird mittels eines Rituals bestimmt.
Beschimpft und beworfen München. Ein Verkäufer des Strassenmagazins «BISS» über Leute, die das Heft nicht kaufen, ihn aber belästigen: «Ich erlebe täglich, dass ich beschimpft werde: ‹Penner, dich sollte man zur Arbeit prügeln› oder ‹… ins Arbeitslager schicken› sind nur zwei Varianten. Noch schlimmer ist, wenn mich jemand anspuckt, was auch vorkommt. Manche benutzen ausserdem meinen Koffer als Mülleimer oder bewerfen mich mit Abfall. Zwar habe ich starke Nerven, aber es ist auch schon vorgekommen, dass ich aus der Haut gefahren bin.»
Massenphänomen Depression Manchester. Depressionen sind weltweit der zweithäufigste Grund für Arbeitsunfähigkeit bei Menschen zwischen 14 und 44. Allein in Grossbritannien sind zehn Millionen betroffen. Trotzdem fällt es den meisten schwer, im Freundeskreis und am Arbeitsplatz zur Krankheit zu stehen. Um Sensibilisierungsarbeit zu leisten, veröffentlichte die Organisation «Depression Alliance» Ergebnisse jüngster Studien: 75 Prozent der Betroffenen leiden an schweren Schlafstörungen und haben Panik, ihren Arbeitsplatz zu verlieren.
6
Zugerichtet Abgründe auf dem Sofa Walter F.* tritt in der Maske des braven Bürgers auf. Er hat es vom Verdingbub zum Druckereibesitzer gebracht, in der freiwilligen Feuerwehr gar bis zum Kommandanten, beim Pflegeverband sass er im Vorstand, und in christlichen Ferienlagern kochte er für Jugendliche. Vor Gericht möchte er unbedingt einen guten Eindruck machen, einen reuigen Sünder darstellen. «Es war in der Tat so», sagt der 60-Jährige, «die Dinge haben sich ereignet, wie in der Anklage beschrieben.» Die Anklage lautet: sexuelle Handlungen mit Kindern. Auf seinem Sofa verging sich Walter F. am 5-jährigen Nachbarsmädchen, das er als Hausfreund hin und wieder hütete. An jenem Sonntagnachmittag, als sie zusammen «Fix und Foxi»-Filme anschauten, «da konnte ich mich nicht zurückhalten, wenn ich das so sagen darf», sagt Walter F. Er zog ihr Höschen aus, rieb sie zwischen den Beinen, fasste sie so an, wie es sich nicht gehört für einen Familienfreund. Für niemanden. Das Mädchen hatte seiner Mutter alles erzählt. Diese wollte den Nachbarn anzeigen, er ist ihr zuvorgekommen, indem er sich selbst anzeigte. «Ich war sehr erschrocken. Ich habe mich bei Sophies Eltern entschuldigt.» Sein Anwalt nickt ihm aufmunternd zu: gut gemacht. Was denn seine Ehefrau dazu meine, will der Richter wissen. «Sie hat inzwischen die Scheidung eingereicht.» Der Angeklagte benutzt gern das Wort «inzwischen», seit dem Vorfall ist ein Jahr vergangen. Sein Leben ist inzwischen zusammengefallen wie ein Kartenhaus. Sein Betrieb ist in Konkurs gegangen, und die frisch angetretene Stelle sei ihm gekündigt worden, wegen
des «Blick»-Artikels, wie er sagt. Kurz vor Weihnachten bekam sein damaliger Chef die vernichtende Schlagzeile zu Augen: «Feuerwehrkommandant missbraucht Kind (5)» – samt gepixeltem Foto des Angeklagten. Walter F. ist inzwischen ein gebrochener Mann. «Es tut mir selber weh, zu sehen, wie tief ich gesunken bin», sagt er in salbungsvollem Ton, als wollte er für seine Bussfertigkeit gelobt werden. In der Therapie habe er gelernt, Vorkehrungen zu treffen, dass «es» nicht mehr geschehen könne, indem er jeden Kontakt zu Minderjährigen vermeidet. «Ich bin Sophies Mutter sogar dankbar, dass sie mich gezwungen hat, mich endlich mit meinen Gefühlen auseinanderzusetzen.» Es tönt so, als ob alles gut wird. Der Verteidiger hält eine glühende Rede, die darauf abzielt, das vom Staatsanwalt angetragene Strafmass von 18 Monaten zu kürzen. Es käme ihm nie in den Sinn, sagt er vor Gericht, Artikel 54 des Strafgesetzbuches heranzuziehen und zu fordern, dass von einer Bestrafung abzusehen sei, weil der Täter durch die Folgen seiner Tat bereits schwer betroffen sei. Aber durch die Kampagne, die diese sattsam bekannte Boulevardzeitung angezettelt habe, sei sein Mandant auf beispiellose Art an den Pranger gestellt und damit genug bestraft worden. Zwölf Monate Freiheitsentzug auf vier Jahre Probezeit lautet das Urteil. Strafmildernd wirkt sich einzig aus, dass Walter F. von Anfang an geständig war. Der Richter redet ihm ins Gewissen: «Wenn Sie sich nochmals etwas zuschulden kommen lassen, dann verlieren Sie auch noch Ihre Freiheit.» * alle Namen geändert ISABELLA SEEMANN (ISEE@GMX.CH) ILLUSTRATION: PRISKA WENGER (PRISKAWENGER@GMX.CH) SURPRISE 204/09
Genitalverstümmelung Bauvorschriften für das Untergeschoss? Das Schweizer Parlament hat und gibt sich Mühe mit dem Verbot der sogenannten «Mädchenbeschneidung». VON MENA KOST
Genitalverstümmelung ist ein Gräuel, ihre Folgen für die betroffenen Mädchen und Frauen unvorstellbar leidvoll. Hierzulande ist man sich darüber einig. Und nun ist auch unser Parlament bereit, das Thema anzugehen. Ein neuer Artikel im Strafgesetzbuch soll diese schwere Körperverletzung explizit unter Strafe stellen. Selbst wenn sie im Ausland vorgenommen wurde und dort nicht strafbar ist. So weit, so gut. Ein Passus des Gesetzesentwurfs sorgt jedoch allenthalben für rote Köpfe: Anstelle eines generellen Verbots sollen Eingriffe in die genitale Unversehrtheit ab dem 18. Lebensjahr erlaubt sein. Begründung: Auch Piercings, Tätowierungen und Schönheitsoperationen im Intimbereich müssten sonst verboten werden. Für Empörung sorgt nun nicht nur die Vorstellung legaler Genitalverstümmelung ab 18, sondern auch die Rechtfertigung dieser Klausel. Schliesslich sei es ein Unterschied, ob Schamlippen gepierct bzw. gestrafft würden oder ob das Zentrum weiblicher Lust teilweise oder komplett entfernt werde. Doch die Bandbreite der Eingriffe macht klar, dass eine Grenzziehung zwischen «Verschönerung» und Verstümmelung nicht immer einfach ist: Die Formen der Genitalverstümmelung aus kulturellen Gründen reichen von der Amputation der kleinen und grossen Schamlippen bis zur teilweisen oder vollständigen Entfernung der Klitoris. Die Scheide wird mitunter bis auf eine strohalmgrosse Öffnung zugenäht. Schönheitsoperationen im Intimbereich haben meist die Kürzung einer als zu lang empfundenen Klitoris, Verkleinerung oder Straffung der Schamlippen oder Verengung der Vagina zum Ziel. Die Krux ist nun, dass sich die konkreten Resultate dieser beiden Eingriffsarten überschneiden könnten. Beispiel gefällig?
ERWIN
SURPRISE 204/09
beim Arzt
Eine 18-Jährige will sich ihre Klitoris kürzen lassen. Darf sie das? Kommt drauf an, müssten Rechtsgutachter antworten, was ihre Motive sind. Will sie eine blutige Tradition fortführen, um nicht mit ihrem Umfeld in Konflikt zu geraten? Dann ist der Eingriff verboten. Oder möchte sie Schönheitsidealen des «Pornochic» entsprechen? Dann ist der gleiche Eingriff okay. Eine solche Rechtsprechung wäre kaum zu rechtfertigen. Denn nicht die genitale Unversehrtheit stünde im Vordergrund, sondern die sie bedrohende Ideologie. Nur exakte Bauvorschriften fürs menschliche Untergeschoss könnten hier Abhilfe schaffen, und solche sind bisher nicht erlassen worden. In der Schweiz leben rund 7000 von Verstümmelung bedrohte oder betroffene Frauen und Mädchen, vorwiegend Immigrantinnen aus Afrika und Nahost, sowie deren Töchter. Ein Gesetz, das nur auf sie abzielt, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, rassistisch oder zumindest ethnozentristisch zu sein. Soll zum Schutz der bedrohten Frauen wirklich das Prinzip der Gleichheit vor dem Gesetz über Bord geworfen und erst die kulturellen Hintergründe des Eingriffs ermittelt werden? Müssen wir also entweder Sexismus oder Rassismus in Kauf nehmen? Hoffentlich nicht. Wenn es gelingt, einen Gesetzestext zu formulieren, der konsequent die Beschneidung bzw. Operation von gesunden Geschlechtsorganen verbietet und in Zweifelsfällen das Einholen von medizinischen Gutachten vorsieht, ist ein Möglichstes getan. Und dass ein Intimpiercing nicht gleichzusetzen ist mit der Reduktion der weiblichen Sexualorgane auf ein Loch für Blut, Urin und Kinder, das kann einem im Bedarfsfall eine Fachperson erklären. ■
VON THEISS
7
8
SURPRISE 204/09
Porträt Träume im Grossformat Das Lächeln einer Frau veränderte Markus Hofmanns Leben. Seither folgt er seinen Träumen, ob bei den Blackfoot-Indianern oder auf der Opernbühne. Dass er als Kleinwüchsiger die Blicke der Menschen auf sich zieht, nimmt er selber nicht mehr wahr. VON ANDREA KELLER (TEXT) UND ANDREA GANZ (BILD)
«Für mich ist die Welt immer gross(-artig)», so lautet der Arbeitstitel von Markus Hofmanns Biografie. Noch ist das Buch nicht geschrieben. Doch Hofmann selbst kennt seine Geschichte: «Es ist die eines Mannes, der sein Leben auf der Augenhöhe eines Kindes entdeckt.» Der Mittdreissiger misst nur 1 Meter 46 und gehört damit offiziell zu den Kleinwüchsigen unseres Landes. Ein paar fehlende Zentimeter, das liegt bei ihm in der Familie: «Auch mein Vater und meine Schwester sind kleinwüchsig. Einzig die Mutter ist ‹normal› gewachsen, sie misst 1 Meter 65.» Der offenkundige Grössenunterschied war in der Familie tabu. Dabei hätte Markus gerne darüber geredet, insbesondere in seiner Jugendzeit. «Aber wenn ich mal aufmuckte und das Ganze ansprach, wurde nicht darauf eingegangen: ‹Du bist wie alle anderen auch›, meinte die Mutter dann. Und damit basta.» Immerhin hatte der gebürtige Basler ein paar gute Freunde, bei denen er Unterstützung fand. Vom Komplex erlöst hat ihn allerdings ein Halbfremder. «Es gab da diesen Typen, ein wahrer Weiberheld, der hohes Ansehen genoss. Auch ich bewunderte ihn, wenn ich ehrlich bin. Und als wir eines Abends im selben Lokal sassen, fragte er prompt, wie es bei mir so laufe mit den Frauen», erinnert sich Hofmann. Damals fühlte er sich von diesem rau-rockigen Mannsbild überrumpelt und raunte: «Da läuft gar nichts, mich will doch keine.» Er habe als Teenager eben tatsächlich geglaubt, dass das Leben für einen so kleinen Mann keine grosse Liebe bereithalte. Doch Don Juan belehrte ihn eines Besseren: «Du hast wunderschöne Augen. Darauf stehen die Ladys.» Das Kompliment war Balsam fürs angeknackste Selbstvertrauen – und weitaus mehr als das; es war ein Versprechen. Also wagte er gleich am nächsten Tag etwas Neues: einen Flirt. Im Bus strahlte er ein hübsches Mädel an. Und sie? Sie lächelte zurück. Dieses Lächeln veränderte alles. Denn plötzlich erkannte Hofmann, dass er seine Ambitionen und Träume nicht der eigenen Körpergrösse anpassen musste. Vieles war möglich, wenn er nur wusste, wer er war und was er wollte. Auf das Lächeln der unbekannten Schönheit folgte die berühmte Suche nach sich selbst. Und die führte ihn über die europäischen Grenzen hinaus – bis nach Montana im Nordwesten der USA. Dort lebte er zwischen 1997 und 2002 mehrmals für einige Wochen bei den Blackfoot-Indianern. «Bei diesen Aufenthalten traf ich auch meinen Seelenverwandten. Nie werde ich vergessen, was der mir ans Herz legte: ‹Always remember, we’re just little babies›», erinnert sich Hofmann. Ein kleines Baby, wohl wahr, das sei ein jeder von uns, ob nun 1,46 oder zwei Meter gross. Unwissend und auf Wohlwollen angewiesen, im besten Falle voller Offenheit und Neugier, ein langes Leben lang. Womit wir beim Philosophen Hofmann angelangt wären. «Das Leben besteht aus Erscheinungen, Projektionen, Illusionen», erklärt er. «Das einzige, was wirklich zählt, ist die
bedingungslose Liebe.» Das wolle er einfach mal gesagt haben. Und wie er es sagt: Wenn Hofmann spricht, reden die Hände mit. Dann lächelt er, rutscht im Sessel zurück und nippt am Espresso. Hofmann kann mehr als nur sinnieren, das verrät sein Lebenslauf. Der gelernte Hochbauzeichner war bereits als Verkaufs- und Versicherungsberater tätig, wagte die Selbstständigkeit im Bereich Kontaktmanagement, arbeitete als Recruiter in der Personalvermittlung und im Sales-Bereich, besuchte Kurse in Hypnose und Trance. Und: Er schreibt auch gerne mal ein Gedicht. Wer ihn auf der Kontaktplattform Xing sucht, findet eine Kostprobe des poetischen Schaffens: «Stolpersteine verwandeln sich zu Goldnuggets» lautet der Titel des beispielhaften Reims. Er handelt davon, Verletzungen und Schmerz in Glück umzumünzen und wurde im Februar dieses Jahres in Walzenhausen geschrieben, Hofmanns derzeitiger Heimat. Der 2100-Seelen-Gemeinde in Appenzell Ausserrhoden liegt der Bodensee zu Füssen, am Horizont zeichnen sich die Allgäuer-Alpen ab. «Dass ich dort gelandet bin, ist reiner Zufall», erklärt Hofmann. Und dass er irgendwann genug von Basel hatte, einfach mal weiter wollte. Auf die Frage, wie er in einem solch kleinen Dorf aufgenommen wurde, antwortet er mit Achselzucken: «Anfangs suchte ich keinen Kontakt zur Bevölkerung, sondern nur ein Zuhause. Und irgendwann war es wohl für alle normal, dass ich dort wohne.» Ein Zuhause hat er gefunden – was noch fehlt, ist die Katze, die Hofmann gern hätte. Wenn möglich sogar zwei. «Aber das hat Zeit», meint er. Er kann sich auch vorstellen, irgendwann eine Familie zu gründen. Dafür aber bräuchte er die richtige Frau an seiner Seite. Im Moment nämlich ist Hofmann Single. Das war nicht immer so. Mit seiner Persönlichkeit und den wachen Augen konnte er schon so manche Dame für sich gewinnen: kleinwüchsige, durchschnittliche und sogar eine, die riesig war. «Sie mass 1 Meter 90. Aber wir hatten nur eine Affäre.» Dabei hätte es ihm grossen Spass gemacht, Hand in Hand mit ihr durch die Strassen zu schlendern und die Reaktionen der Umwelt zu testen. Hofmann zieht ohnehin Blicke auf sich, das ist ihm bewusst, «aber ich nehme das gar nicht mehr wahr.» Ausser natürlich, er steht auf der Bühne und spielt für ein Publikum. «Das Theaterspielen ist die wahre Liebe
Als Teenager glaubte Hofmann, für einen so kleinen Mann gebe es keine grosse Liebe.
SURPRISE 204/09
meines Lebens. Ihr halte ich seit 15 Jahren die Treue», erzählt der Bassbariton und verrät, dass er derzeit für die Aufführungen von «Così fan tutte» im Opernhaus Zürich probe. Die Rollen, die Markus auf jenen berühmten Brettern einnimmt, sind ihm auf den Leib geschrieben: Es sind solche für Kleinwüchsige. Aber das stört ihn nicht, im Gegenteil. «Ich bin nun mal klein. Es ergäbe keinen Sinn, einen Riesen zu mimen.» ■
9
BILD: KEYSTONE
Drogen Schneller, höher, Kokser Einst war Kokain die Droge der Schickeria. Heute pudern sich auch Lehrlinge und Bauarbeiter die Nase. Trotz psychischer Abhängigkeit funktionieren viele Konsumenten im Alltag tipptopp – denn Kokain passt perfekt in die Ära von Leistungsdenken und schneller Bedürfnisbefriedigung. VON RETO ASCHWANDEN
Auf der Toilette stehen die Männer Schlange, dabei sind mehrere Pissoirs frei. Einer nach dem anderen und manchmal auch zwei aufs Mal verschwinden in den Kabinen und kommen ein paar Minuten später – die Nase reibend – wieder heraus. Kokain. In städtischen Nobelklubs gehört dieses Bild seit langem zum Alltag. Doch seit einiger Zeit spielen sich solche Szenen auch in Agglo-Schuppen und in Lokalen der Alternativszene und Subkultur ab, wo früher bloss Dosenbier und Joints
10
zu sehen waren. «Es hat geschneit» ist unter Koksern ein gängiger Code für die Mitteilung, dass Stoff – in der Szene auch als «Schnee» bekannt – vorhanden ist. Heute könnte man zugespitzt sagen: In der Schweiz schneit es das ganze Jahr und flächendeckend. Dominique, Grafikerin, 39 «Ich bin selbstständig erwerbend, das bedeutet, ich arbeite dann, wenn Aufträge reinkommen. Dadurch muss ich öfter unter Termindruck mehrere Jobs gleichzeitig auf die Reihe bekommen. In solchen SituatioSURPRISE 204/09
nen helfe ich manchmal mit Kokain nach. Damit kann ich die ganze Nacht durcharbeiten. Früher habe ich dafür Schnaps benutzt, das putscht ebenfalls auf. Der Unterschied ist: Auf Koks wirst du nicht besoffen, im Gegenteil, manchmal hast du Geistesblitze, die eine Grafik erst richtig gut machen. Die Kehrseite ist, dass ich Koksmachwerke auch schon kübeln musste, weil ich mich nach ein paar Linien in Ideen reingesteigert hatte, die sich nüchtern betrachtet als Mumpitz erwiesen.»
problemen konfrontiert. Allein im Zürcher Triemlispital landen monatlich zwei junge Kokser mit Herzinfarkten. Das ist nur die Spitze des Eisbergs. Denn die Ärzte erfahren die Ursache nur, wenn der Patient sie von sich aus nennt. Die meisten schweigen lieber, sodass die Dunkelziffer deutlich höher liegen dürfte. Akute körperliche Schädigungen sind dennoch eher Ausnahmen. Dafür gerät fast jeder Konsument in eine psychische Abhängigkeit – und die ist massiv. Im Internetforum der szenenahen Organisation «eve & rave» sprechen die Konsumenten im Schutz der Anonymität Klartext. «Ich habe so ziemlich alles probiert, was der Betäubungsmittelmarkt hergibt, aber keine Droge ist so in mir verwurzelt wie Koks. Leider.» «Ich muss fast jeden Tag an Koks denken,
Genaue Zahlen, die eine Zunahme des Kokainkonsums belegen, gibt es nicht, aber deutliche Indizien. Ein Faktor ist der Preiszerfall: Kostete ein Gramm in den 80ern noch mehrere hundert Franken, liegt der Tarif heute je nach Qualität bei 60 bis 150 Franken. Ein Gramm reicht in etwa für eine Party«Plötzlich sah ich mir zu, wie ich bei der Arbeit konsunacht zu zweit. Die Formel ist simpel, aber sie mierte. Blöderweise ist Koks verdammt alltagstauglich.» stimmt: Sinkender Preis gleich höhere Nachfrage. Neuerdings können sich auch Schüler traurig, aber wahr!» «Das Zeug ist einfach zu geil. Vielleicht steige ich und Lehrlinge Koks leisten. Eine aktuelle Umfrage der Schweizerischen auf was um, das nicht so ne Präsenz in meinem Kopf einnimmt.» OliFachstelle für Alkohol und andere Drogenprobleme ergab, dass 3,2 Prover Bolliger von der Kokainsprechstunde erklärt: «Kokain führt zu einer zent der 15-Jährigen schon einmal Kokain konsumiert haben, vor vier hohen Ausschüttung von Dopamin im Gehirn, das für den Rausch verJahren lag der Anteil bei gerade mal 1,4 Prozent. Das Bundesamt für antwortlich ist. Die Kombination von Kokain mit Sex und Party führt Gesundheit schätzte die Gesamtzahl der Schweizer Kokskonsumenten zusätzlich zu einem gesteigerten Rauscherlebnis, was das Risiko zur 2004 auf etwa 100 000. Heute dürfte sie höher liegen. Denn 2007 wurEntwicklung einer psychischen Abhängigkeit erhöht.» den schweizweit 404 Kilogramm «Schnee» sichergestellt, 2001 waren es Kokain entspricht dem Zeitgeist. Berauscht haben sich die Mennoch 168 Kilo gewesen. Wie verbreitet Koks ist, zeigten unlängst auch schen schon immer. Was sich verändert, sind die bevorzugten SubToilettentests. Die «Neue Luzerner Zeitung» fand diesen März in acht stanzen. Bei den idealistischen, Sinn suchenden 68ern etwa waren von elf Klubs in der Region Kokainspuren auf dem WC, «20 Minuten» Cannabis und psychedelische Stoffe wie LSD die Favoriten. In der neowies die Substanz Anfang Juni in sieben von acht untersuchten Basler liberalen Ära bilden Leistung, Durchsetzungsvermögen und schnelle Lokalen nach. Auch ausserhalb der städtischen Zentren ist Koks im Bedürfnisbefriedigung nicht nur im Berufsleben die Imperative. Kokain Kommen. Die Leiterin der Zuger Suchtberatung erklärte vor Jahresfrist passt perfekt dazu. Im Gegensatz zu Heroin, Cannabis und Alkohol in der Lokalpresse, dass die Zahl der Kokainkonsumenten unter den bewirkt es keinen offensichtlichen Rausch mit BewusstseinsverändeKlienten nur noch von den Alkoholikern übertroffen werde. Ähnliches rungen und reduzierten kognitiven Fähigkeiten. Im Gegenteil: Kokainvermeldet die Basler Suchthilfe: Kam 2001 noch jeder achte Ratsukonsumenten sind hellwach, schlagfertig und bei bester Laune. Das chende wegen Kokain, war es fünf Jahre später jeder dritte. kann in Selbstüberschätzung und Arroganz kippen, bei geübten KonDie Fachleute reagierten darauf mit der Einführung spezieller Angesumenten aber merkt das Umfeld oft nicht, dass jemand gut drauf ist, bote. Die Suchthilfe Basel etwa bietet seit 2007 die sogenannte «Koweil er etwas genommen hat. kainsprechstunde» an. Stellenleiter Oliver Bolliger erklärt: «Unsere Klienten sind meist sozial integrierte Personen, die bei uns oftmals das Dani, Kaufmann, 19 erste Mal überhaupt mit einer Suchtberatungsperson zu tun haben.» «Beim ersten Mal war ich 17. Ich war neugierig und als es mir bei Das Angebot ist deshalb bewusst niederschwellig: In einer ambulanten Freunden daheim angeboten wurde, hab ich eine Linie gesnifft. Ich hatKurzzeitberatung wird drei Monate lang an den individuellen Zielsette ein schlechtes Gewissen dabei, aber das Gefühl beim Einfahren war zung der einzelnen Klienten gearbeitet. Im Vordergrund steht in der einfach geil. Am Anfang war es etwas Spezielles, das ich mir einmal im Kokainsprechstunde nicht Abstinenz, sondern Reflexion, Kontrolle und Monat gegönnt habe, mit der Zeit nahm ich es dann jedes Wochenende Reduktion des Konsums. Dieser pragmatische Ansatz funktioniert: Geund plötzlich sah ich mir zu, wie ich es bei der Arbeit konsumierte. Denn mäss Statistik konnten die meisten Teilnehmer ihren Konsum markant blöderweise ist Koks verdammt alltagstauglich. Derzeit gebe ich monatreduzieren, einzelne hörten ganz auf. lich zwischen 2000 und 3000 Franken dafür aus. Für einen Entzug sehe ich keinen Grund. Im Moment kann ich es mir leisten und ich liebe das Jerry, arbeitslos, 26 Zeug. Aber wenn ich wollte, könnte ich sicher damit aufhören.» «Mit 20 hatte ich fast jedes Wochenende ein Engagement als DJ. 150 Franken für Koks rechnete ich im Vornherein von meiner Gage weg. Der Drogenexperte Günter Amendt bezeichnet Kokain als «Treibstoff Schnee gehörte zur Party wie Red Bull zum Wodka. Eine Zeit lang lief es der New Economy». In seinem 2003 erschienen Buch «No Drugs, No grossartig: Ich wurde als DJ immer gefragter und auch die Frauen stanFuture» schildert er, wie die Menschen der westlichen Welt seit den den Schlange. Dass ich süchtig war, merkte ich gar nicht. Bis ich irgend50er-Jahren daran gewöhnt wurden, ihr gesellschaftliches und berufliwann nach vier durchgeschnupften Nächten im Spital aufwachte. Meiches Funktionieren mit Medikamenten zu sichern. Er beschreibt, wie ne Freundin verliess mich. Ich machte einen Entzug, doch dann kamen die Flexibilisierung der Arbeitsbedingungen, die Aufhebung verinnerdie Depressionen. Dagegen half nur Kokain. Weil ich einige Jobs verlichter Zeitstrukturen und die Auflösung sozialer und emotionaler Binpasst hatte, galt ich mit der Zeit als unzuverlässig. Ich wurde immer dungen «die Bereitschaft zur chemischen Selbstmanipulation geradezu seltener als DJ gebucht. Auch die Frauen blieben aus, doch das war herausfordern, will man nicht abgehängt werden und auf der ‹Loser›eigentlich egal. Denn auch wenn niemand drüber spricht: Das Fiese an Seite landen.» Koks ist, dass du zwar geil wirst, aber du kannst nicht mehr. Auf Schnee Man muss Amendts These nicht teilen, nachvollziehbar aber ist sie wirst du nämlich impotent.» durchaus. Wegen Kopfweh verlässt kaum jemand den Schreibtisch, stattdessen greift man zu Schmerzmitteln. Auch Psychopharmaka wie Körperlich süchtig macht Kokain nicht, Schäden entstehen aber sehr Prozac oder Ritalin werden von Millionen konsumiert und bei Weitem wohl. So sind Krankenhäuser zunehmend mit kokainbedingten HerzSURPRISE 204/09
11
nicht nur bei klinischen Diagnosen, sondern oft auch als LifestyleDoping. Im Unterschied zu Kokain sind diese Substanzen auf Rezept ganz legal in Apotheken erhältlich. Über die letzten Jahre verlangten Wirtschaft und Politik von der Bevölkerung immer mehr Selbstverantwortung und Eigeninitiative. Für manche ist es in einem solchen Umfeld naheliegend, die eigene Wettbewerbsfähigkeit auch mit illegalen Mitteln zu steigern – analog zu Sportlern, die sich für die entscheidenden Sekunden oder Zentimeter dopen. So gesehen handelt der Kokskonsument systemkonform. Nebenwirkungen und Spätfolgen nimmt er in Kauf oder verdrängt sie. Damit verhält er sich auf einer individuellen Ebene genau so wie die Big Player des Neoliberalismus, die unterdessen vor den Trümmern ihres «Höher-Schneller-Weiter»-Systems stehen.
Drogenberatung «Koks um abzuschalten» Die Klienten der Basler «Kokainsprechstunde» sind beruflich und sozial integriert. Leiter Oliver Bolliger erklärt, weshalb es ein spezielles Angebot für diese Drogenkonsumenten braucht und wie sie ihre Abhängigkeit unter Kontrolle halten können.
wickelt sich aus einem gelegentlichen Konsum eine Gewohnheit, dann wird jedes Wochenende oder gar täglich konsumiert. Das hat Folgen: eine hohe psychische Abhängigkeit, finanzielle Probleme oder auch sozialer Rückzug. Wie viele Leute nehmen Ihr Angebot in Anspruch? Letztes Jahr waren es 28, aktuell sind es 15. Das sind nicht besonders viele. Stimmt. Wir rechneten anfangs mit einer höheren Nachfrage. Man muss aber sehen: Alle, die auch Opiate konsumieren oder eine IV beziehen, betreuen wir in anderen Programmen. In der Kokainsprechstunde geht es nur um sozial integrierte Personen. Leute, die etwas zu verlieren haben, wenn Sie so wollen. Betroffene Personen melden sich in der Regel auch erst nach einer gewissen Zeit des Konsums bei uns. Wie erfolgreich ist die Kokainsprechstunde? Diejenigen, die drei Monate lang regelmässig in die Sprechstunde kommen, schaffen es in der Regel, ihre Konsummuster zu verändern. Das heisst nicht, dass diese Leute nie mehr Kokain konsumieren. Manche kommen später wieder, aber oft reichen dann einmalige Beratungen, um wieder auf Kurs zu kommen. Ist ein Ende des Kokainbooms in Sicht? Nein. Wobei man sagen muss, dass die Datenlage nicht sehr gut ist. Die Dunkelziffer ist hoch. Die beschlagnahmte Menge liefert Anhaltspunkte und auch die Anzahl der Beratungen. Und da deutet nichts auf eine Trendwende hin. ■
INTERVIEW: RETO ASCHWANDEN BILD: ZVG
Anzeige:
MB Grafik
Die Kokainsprechstunde zielt nicht auf Abstinenz. Weshalb nicht? Wir richten uns an sozial integrierte Menschen, die oft eine hohe Hemmschwelle haben, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Zunächst sollen sie den Konsum unter Kontrolle bekommen. Das kann eine Reduktion sein oder auch die Einhaltung abstinenter Phasen. Die Leute, die uns aufsuchen, sind sehr motiviert, die wollen etwas verändern. Was heisst das konkret? Es geht um die Erarbeitung von Strategien, um dem Suchtdruck zu widerstehen. Welche Methoden wende ich an: Ich lösche die Nummer meines Dealers, doch blöderweise weiss ich sie auswendig. Manche lassen auch die Bankkarte übers Wochenende im Geschäft. Es geht oft darum, Zeit zu gewinnen. Je länger die abstinenten Phasen dauern, umso geringer wird der Suchtdruck. Welche Situationen sind besonders heikel? Oft wird der Freitagabendkonsum thematisiert. Die Leute nehmen Koks, um abzuschalten oder um sich zu belohnen. Abschalten mit einer Droge, die aufputscht? Es klingt paradox. Aber es ist tatsächlich so, dass manche Leute mit Kokain in einen anderen Film switchen. Die bleiben dann zu Hause, weil sie sich auf Kokain in Gesellschaft unwohl fühlen würden. Aber es gibt natürlich auch den Konsum im Ausgang. Was für Menschen nutzen die Sprechstunde? Das Verhältnis Männer und Frauen ist 70 zu 30. Die Jüngsten sind 22, die Ältesten 43. Die meisten kennen die Substanz schon länger. Oft ent-
12
DROP IN | STEP OUT Information & Beratung: Telefon 061 387 99 99 info@kokainsprechstunde.ch
Bildlegende www.kokainsprechstunde.ch SURPRISE 204/09
BILD: ISTOCKPHOTO
Rechtschreibung Die grosse Verwirrung Für Abc-Schützen gilt es ab dem 1. August ernst: Ab diesem Datum wird die neue Rechtschreibung für sie verbindlich. Alle anderen wursteln sich auch nach diesem Stichtag weiter durch. Denn was richtig und was falsch ist, weiss schon lange niemand mehr mit Sicherheit.
VON JULIA KONSTANTINIDIS
Im Vorweg: Dieser Artikel wurde nach bestem (möglichem) Wissen und Gewissen, in Treu und Glauben und mit wachsender Verunsicherung geschrieben. Einen Text über die deutsche Rechtschreibung zu produzieren, gleicht einem Tanz auf rohen Eiern. Es ist, auf gut Schweizerdeutsch, zum «schissig» werden. Oder: Wie schreibt man «kürzertreten»? Zusammen oder getrennt? Weder die Arbeitskollegen noch die Sekretärin und auch nicht der Chef haben die passende Antwort. Solche Szenen sind in Büros und Redaktionen landauf, landab an der SURPRISE 204/09
Tagesordnung. Die Suche nach der Wahrheit im Wörterbuch gleicht in vielen Fällen einer Odyssee durch Ausnahme-Kästchen und VariantenVorschläge, sodass der Ratsuchende bis zum Schluss nicht sicher ist, wie die korrekte Schreibweise nun lautet. Gnade den Schülern, die ab dem 1. August verpflichtend die neue Rechtschreibung anwenden müssen. Denn Ende Juli läuft die Übergangsfrist zur Einführung der neuen Regeln in den Schweizer Schulen ab. Wer dann im Diktat «kürzer treten» weiterhin auseinanderschreibt, sieht dafür rot. Vorausgesetzt, der Lehrer ist punkto Rechtschreibung sattelfest.
13
BILD: ISTOCKPHOTO
Diese Gämsen verstehen das Theater um ihren Umlaut nicht ganz.
14
Gemse bleibt Gämse «Es gibt in allen deutschsprachigen Ländern kurzfristig eine Verunsicherung», tröstet Kerstin Güthert, Geschäftsführerin des Rats für deutsche Rechtschreibung. Ein schwacher Trost angesichts des Buchstabenschlamassels, mit dem es Schreiberlinge zu tun haben. Doch Güthert kann zumindest erklären, wie es so weit kommen konnte. Das Unheil nahm 1996 seinen Lauf: Damals trat eine, von einem hauptsächlich aus Sprachwissenschaftlern bestehenden Gremium ausgearbeitete, neue deutsche Rechtschreibung in Kraft. Sie ersetzte das alte Regelwerk, das seit 1901 gültig war. Die Reform hatte jedoch weitgehend ohne die Praktiker, Buch- und Zeitungsverlage stattgefunden. Und diese liefen – vor allem in Deutschland – Sturm gegen die neuen Regeln. Dermassen unter Druck gesetzt, rief die deutsche Ministerpräsidentenkonferenz 2004 den Rat für deutsche Rechtschreibung ins Leben. Die 40 Mitglieder aus sechs deutschsprachigen Ländern oder Landesregionen sollten sich dem verschmähten neuen Regelwerk annehmen. 2006 kam die überarbeitete und heute gültige Version heraus. Und seither ist das Chaos perfekt. Denn um die Wogen zu glätten, nahm der Rat alte Schreibweisen wieder auf und liess sie, zum Teil als Varianten, im neuen Regelwerk wieder zu – allerdings nicht in allen Fällen. So bleibt die «Gemse» eine «Gämse». Das «e» hatte auch nach der Überarbeitung keine Chance mehr, als Variante durch zu gehen. «Das Schwarze Brett» hingegen kann jetzt wieder grossgeschrieben werden, ohne dass sich jemand darüber aufregt. Weil diese Gummi-Regeln herzlich wenig regeln, gingen in Deutschland und der Schweiz Zeitungsverlage und andere Spracharbeiter dazu über, sich eigene Regeln zu setzen. So etwa die NZZ, deren Journalisten nach einer eigenen Hausorthografie, die der alten Rechtschreibung recht nahesteht, schreiben. «Die grösste Verunsicherung gibt es im Bereich des Zusammen- und Getrenntschreibens», weiss Stefan Dové, NZZ-Chefkorrektor und Mitglied im Rat für deutsche Rechtschreibung. Als langjähriger Korrektor habe er schon viele einzelne Sprachänderungen erlebt. Das neue Regelwerk sei wohl dermassen schlecht aufgenommen worden, weil so viele neue Regelungen aufs Mal eingeführt wurden, was die Anwender überrollt habe. Monopol gestürzt Von offizieller Seite her wird die Umsetzung des neuen Regelwerks heute allerdings als gelungen bezeichnet: «In den Schulen und der Verwaltung wird regelkonform geschrieben, die Umsetzung der neuen Regeln geht recht zügig voran», meint Kerstin Güthert zur Situation in Deutschland, wo die Übergangsfrist für die Schulen bereits 2007 ablief. Und auch die Schweizer Lehrerschaft ist parat: «Während der Übergangsfrist wurden neue Lehrmittel und Lesebücher angepasst, die eintretenden Schüler kennen nur noch die neue Rechtschreibung», meldet Sandra Hutterli, Verantwortliche Sprachen, Koordinationsbereich obligatorische Schule in der schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und – direktoren. Trotz dieser Beteuerungen regt sich in der Schweiz hartnäckig Widerstand gegen die neuen Regeln. Ihre Kritiker haben sich zur Schweizer Orthographischen Konferenz (SOK) zusammengeschlossen. «Uns geht es um eine einheitliche Schreibung», betont SOK-Gründungsmitglied Rudolf Wachter. Der Professor für griechische und lateinische Sprachwissenschaft setzt sich mit Herzblut für dieses Ziel ein. Er empfindet das neue Regelwerk als ein dem Volk von politischen Behörden aufgezwungenes Dogma, wofür er keinerlei Verständnis aufbringen kann. «Die Sprachentwicklung ist ein viel zu demokratischer Vorgang, als dass sie von der Politik geregelt werden könnte», ärgert er sich. Die neuen Regeln werden mitnichten akzeptiert: «Es brodelt auch in Deutschland.» Sprache entwickle sich laufend. Das müsse beobachtet, und diejenigen Schreibversionen verwendet werden, die von den meisten AnwenSURPRISE 204/09
Anzeige:
dern auch tatsächlich gebraucht würden. Das sei auch das Vorgehen des Dudenverlags gewesen, der mit dieser Methode während Jahrzehnten die deutsche Rechtschreibung pflegte. Mit Erfolg – für die Anwender und für das private Unternehmen. «Die Rechtschreibreform war ein Versuch der Politik, dem Duden die orthographische Monopolstellung wegzunehmen», vermutet Wachter. Der Duden sei denn heute auch nicht mehr die unangefochtene Autorität in Sachen Rechtschreibung. Rauchende Köpfe Der Dudenverlag gibt neben den festgelegten Regeln weiterhin auch eigene Empfehlungen zur idealen Schreibweise heraus. Dumm nur, dass diese den Empfehlungen anderer Wörterbücher, etwa demjenigen des Wahrig-Verlags, teils diametral widersprechen. So wird sich das Dickicht im Buchstabendschungel nie lichten, scheinen sich die SOK-Mitglieder gesagt zu haben, und verlangen deshalb ein Moratorium für die neue Rechtschreibung: In der Schule sollen weiterhin sowohl alte wie neue Schreibweisen akzeptiert werden. «So könnte man wieder beobachten, welche Varianten öfter angewandt werden – und diese zu einem späteren Zeitpunkt für verbindlich erklären», findet Sprachwissenschaftler Wachter. Ausserdem macht er sich – zu Recht – Sorgen um viele Bedeutungsdifferenzierungen in der deutschen Sprache. Denn weil die Kombination «wohlbekannt» heute getrennt oder zusammengeschrieben werden darf, wird dem Leser nicht mehr gleich ersichtlich, ob es sich um einen «gut bekannten» Sachverhalt handelt, oder ob gemeint ist, der Sachverhalt sei wahrscheinlich bekannt. Dem unbedarften Sprachanwender und -konsumenten raucht nach eingehender Beschäftigung mit der Materie der Kopf. Und das, obwohl er doch nur wissen möchte, ob er nun «ohne Weiteres» gross- oder kleinschreiben muss. ■
Anzeige:
SURPRISE 204/09
15
Freizeit Born to be a Töfflibueb Töfflibuben sind halbstarke Halbwüchsige, die in einem Hormoncocktail schwimmend den Verkehr gefährden. Nicht immer. Die Allschwiler «Töfflibuebe» zelebrieren die Leidenschaft der guten alten Zeit mit Humor und Stil.
On the road: Jürgen alias «Motorenpapst» alias «der Doktor», Wolfgang oder auch «Wolfi», «Kugelblitz»-Stephan, Jürg der «Schrotti» und Beat der «Übertreiber».
16
SURPRISE 204/09
VOM MICHÈLE FALLER (TEXT) UND NICOLE PONT (BILDER)
Der Typ im offenen, karierten Hemd blickt kritisch: «Zu viel Orange! Mich dünkt es einfach zu viel.» Der Angesprochene seufzt leicht gequält, als höre er das nicht zum ersten Mal. Und das altmodische, noch nicht ganz fertig zusammengebaute Mofa steht leuchtend orange und tief schwarz glänzend da – wie neu. Die Handvoll Mofabegeisterter, die einträchtig in der Werkstatt hantieren, sind allesamt gestandene Männer. Jugendliche Begeisterung und ergraute Häupter? Der scheinbare Gegensatz ist so leicht zu überwinden wie eine Schweizer Passstrasse mit einem frisierten, pardon, optimierten Töffli. Deshalb: Willkommen bei den «Töfflibuebe». Stichtag 14. Geburtstag Doch der Reihe nach. Die meisten der rund 15 «Töfflibuebe» stammen aus der Region Basel, der harte Kern aus Allschwil, wo auch die Werkstatt steht. Ein paar Innerschweizer gehören ebenfalls dazu, sie sind allerdings nur bei den zwei jährlichen Ausfahrten mit dabei und nicht beim allsamstäglichen Basteln oder «Schrauben». Die Töfflibuben sammeln alte Mofas – im Moment sind es etwa 50 Stück –, werken daran herum wie früher in Vaters Garage und fahren die nostalgischen Stücke auch. Das Virus «Töffli» hat die meisten in den 70er-Jahren gepackt; naturgemäss zeitgleich mit dem 14. Geburtstag. «Du hast sehnsüchtig darauf gewartet, bis du endlich 14 warst und dich aufs Töffli setzen konntest», erzählt Wolfgang, genannt «Wolfi», und lässt für einen Moment vom Gefährt ab, an dem er arbeitet. «Du brauchtest weder Helm noch Prüfung.» Bei den Jungs mit Jahrgang 1965 oder 66 habe sich das dann geändert. «Klar, weil ihr so viel ‹Seich› gemacht habt!», meint «Kugelblitz» Stephan und blickt vom schwarz-orangen Mofa auf. Und Jürgen, auch bekannt als «der Doktor», der Stephan kurz zuvor die Lektion in Farbenlehre erteilt hatte, grinst gönnerhaft und sagt zum Jüngeren: «Dir hat es gut getan.» Friedlich und Sprüche klopfend arbeiten die Männer in der vor zwei Jahren eigens umgebauten Werkstatt an ihren zweirädrigen Lieblingen; den ehemaligen Zivilschutzkeller immer mal wieder kurz verlassend, um draussen eine Runde zu fahren und das Ergebnis des Bastelns zu überprüfen, und stets darauf aus, die Kollegen auf liebevoll fiese Art zu provozieren. Allen voran der «Motorenpapst» alias «Doktor» alias Jürgen. Als gelernter Automechaniker ist er nicht der Einzige, der das Schrauben beherrscht, aber der Einzige, der weiss, warum es jeweils funktioniert. «Kugelblitz» Stephan verzieht, auf seinen Übernamen angesprochen, leidend das Gesicht und schweigt. Ebenfalls anwesend an diesem Samstagnachmittag sind Beat «der Übertreiber», Jürg, genannt «Schrotti», und der etwas schüchterne Marcel mit den abgeschnittenen Jeans, der noch nicht so lange dabei ist.
restaurierten Töfflis, allesamt 30 bis 40 Jahre alt, lüftet er eine Decke und präsentiert stolz sein Schmuckstück: Ein orangefarbenes Mofa der Marke «Pionier», Jahrgang 1972. Quasi fabrikneu, das heisst, komplett aus neuwertigen Einzelteilen gebaut. Ein noch nicht fertiger «Pionier» mit gelbem Tank steckt unter einer anderen Decke. «Das wird vermutlich noch verreckter», freut sich Beat. Auch sein «Tourenhobel» ist von der selben Marke, und es wird klar, dass ein Pionier etwas vom Coolsten überhaupt gewesen sein muss. «Es hatte einen Puch-Motor, war der König der Töfflis und genau 200 Stutz teurer als die anderen», erklärt Beat. «Wer einen Pionier hatte, der …» Die kunstvolle Pause, Blick sowie Geste verraten: der war der Chef. Bei den Nostalgikern gehört es zum guten Ton, das Mofa zu suchen, das man als Bub hatte. Beat hat seins gefunden: ein rotes «Pony Cross». Sein Freund und er kauften sich damals den gleichen «Pfupfer» – ihm wurde er dann leider gestohlen. Wohl vor einer Diskothek im Kirchgemeindehaus, vor welchem jeweils 200 bis 400 Töfflis rumstanden. Wer Glück hatte, vermisste nach dem Diskobesuch nur die Lampe oder
Das Mofa zu finden, das man als Bub hatte, gehört zum guten Ton.
Königsklasse Pionier Übertreiber? Der Mann im «Jethro Tull»-T-Shirt setzt eine Unschuldsmiene auf. Beim Rundgang durch das Reich der «Töfflibuebe» führt Beat durch Räume mit massenweise Ersatzteilen. «Es gibt auch ganz rare Teile, da muss man ein bisschen hamstern», erklärt er. Die Auspuffe etwa würden seit 30 Jahren nicht mehr hergestellt und kosteten heute so viel wie früher ein ganzes Mofa. Im Raum mit den fertigen, zum Teil SURPRISE 204/09
den Sattel. «Dann schaute man sich halt auch nach etwas Passendem um», gesteht Beat grinsend. Den Abschluss der Führung bildet das auf Hochglanz polierte Modell auf einem Podest, Jahrgang 1962: Das erste Puch. Und wem gehört das? «Auch mir», bekennt Beat. Wer es bis jetzt noch nicht gemerkt hat, dem hilft Stephan auf die Sprünge: «Deswegen ‹Übertreiber›!» Und warum der verschmitzt lächelnde Jürg mit dem wenig charmanten Titel «Schrotti» bedacht wurde, erklären die anderen mit nachsichtigem Blick. «Wo ist der grösste Schrotthaufen?», lautet die rhetorische Frage, und: «Was wir nicht mehr anschauen, kauft er.» Vom Laien jedoch nicht auf Anhieb zu erkennen, schraubt er doch an einem ziemlich modernen Yamaha herum. Der Fremdkörper, der Jürgs Sohn gehört, sei hier ausnahmsweise zähneknirschend geduldet, betonen die anderen. Wie früher! Kaffeepause in der kleinen Küche. Im Raum nebenan steht ein Sofa, ein Flipper- und ein Töggelikasten: «Wenn wir den Heimweg gar nicht mehr finden und die Familien zu uns kommen», erklärt Beat. Vereinzelt waren die «Buben» schon früher zusammen unterwegs. Etwa, um Jürgs Freundin, die beim Blauring war, im Sommerlager im Wallis zu besuchen, berichtet Wolfgang. Jürg lacht: «Da waren wir noch jung und schön!» Und fügt der Vollständigkeit halber an: «Jetzt sind wir nur noch ‹und› …» Man habe praktisch alles mit dem Töffli gemacht. «Der Most kostete früher 80 Rappen, und fünf Liter reichen bis ins Tessin!» Die Männer kommen ins Schwärmen, die Augen leuchten und es liegt auf der Hand, warum sie ihre Leidenschaft wieder aufgenommen haben. Doch wie genau ist das Virus wieder ausgebrochen? «Er ist schuld», sagt der «Doktor» und zeigt auf Beat, damals noch nicht als «Übertreiber» bekannt. Als dieser vor etwa zehn Jahren mit seiner Frau an einer Velowerkstatt vorbeiging, vor der ein altes goldenes Puch stand – sein Bubentraum – konnte er nicht widerstehen und kaufte das Prachtstück sozusagen im Affekt, zum Schnäppchenpreis von 100 Stutz. «Spinnst du
17
Hoch konzentriert: «Kugelblitz»-Stephan untersucht sein Werk.
18
SURPRISE 204/09
eigentlich?», war der Kommentar von Beats Frau. Nun machte sich Wolfgang ebenfalls auf die Suche nach einem Puch, und vor etwa sieben Jahren begannen sie wieder zu schrauben. Für längere Strecken wurden die Töfflis nicht gebraucht, nur etwa als Transportmittel für das damalige Hobby: Modellautofahren. Wolfgangs Blick schweift in die Ferne: «Wir sassen also wieder auf dem Töffli, rochen das frische Gras und ich sagte zu Beat: ‹Du, weisst du noch? Wie früher!›» Da war es um sie geschehen. Im 2004 machten sie ihre erste Tour ins Tessin, die «Gesamtschweizer Königsetappe», wie der Insider weiss. Seine Frau habe gedacht, jetzt habe er eine Midlife-Crisis, sagt Beat lachend. Doch mittlerweile hätten sich die Frauen daran gewöhnt und würden den geselligen Teil des Hobbys geniessen: Grilladen im Sommer, Silvesterparty in der Werkstatt – oder vielleicht auch mal die samstägliche Ruhe?
«Wir sassen wieder auf dem Töffli und rochen das frische Gras – wie früher!»
Vom Frisieren zum Optimieren Auf der ersten Tessin-Tour waren die wiederauferstandenen Töfflibuben zwölfeinhalb Stunden unterwegs – reine Fahrzeit. «Um sechs Uhr morgens losfahren und um neun auf dem Zeltplatz – das kanns nicht sein», fasst Wolfgang zusammen. Deshalb «optimieren» sie ihre Gefährte ein bisschen. «Nicht frisieren!», betonen sie. Doch schliesslich seien sie etwas schwerer als mit 14. «Und wenn so ein Töffli, das offiziell 30 fahren darf, einen Berg nur schon sieht, fängt es an zu schnaufen.» Nun schaffen sie die Tour in achteinhalb Stunden. «Früher blieb an den Mofas nichts, wie es war», erzählt Beat. Der Auspuff wurde schräg nach oben gerichtet, der Tank abgeschliffen – und je nach Ergebnis mit einer Spraydose wieder bearbeitet. «Alles wurde
auf ‹cool› ausgebaut», erinnern sich die Töfflifreaks lachend. Ausserdem ein Kolbenfenster gefeilt, die Plombe gezogen, ein grösseres Ritzel eingebaut, ein grösserer Auspuff drangemacht. Wie auch immer das ging: Nicht nur cooler, auch schneller mussten die Gefährte sein. «Manchmal waren sie aber auch nur lauter», stellt Jürgen lakonisch fest. Stimmengewirr und Gelächter macht sich in der kleinen Werkstattsküche breit, der Kaffee ist längst ausgetrunken und alle reden durcheinander. Von Polizeikontrollen in alten Zeiten, wo man auf die «Rolle» musste. Oder von damals speziell auf frisierte Töfflis ausgebildeten Polizisten: «Da musste man nur Gas geben und der wusste alles.» Heute seien die Reaktionen meist wohlwollend bis begeistert – nicht nur bei der Polizei. Zum Beispiel der Luzerner Buschauffeur, den sie auf der Busspur überholten: Der habe sich grinsend aus dem Fenster gelehnt und gesagt: «Das Töffli isch frisiert!» Ein anderes Mal wurden sie auf einer Schnellstrasse mit Velofahrverbot von zwei Polizisten angehalten. «Der Doktor»: «Wir dachten, da dürfen wir durch.» Nun triumphiert «Kugelblitz» Stephan: «Das passiert eben, weil ihr früher keine Prüfung machen musstet!» «Das Einzige, was heute anders ist: Das mit den ‹Kätzli› auf dem Zeltplatz», grinst die gutgelaunte Runde. «Sonst ist es noch wie früher.» Das glaubt man ihnen aufs Wort. Und versteht die spitzbübische Vorfreude auf die nächste Tour: «15 Personen auf ‹Rädli›, da wird es blau am Gotthard!» Doch immerhin brauchen sie ja nur fünf Liter bis ins Tessin. Und egal wie lange es dauert, es gilt noch das gleiche Motto wie damals: Kein Weg zu weit, kein Pass zu hoch. ■
In der Allschwiler Werkstatt bringen die grossen Buben mit vereinten Kräften alte Töffli auf Vordermann. SURPRISE 204/09
19
A-Schweizermeister & Schweizer Nationalteam für die WM 2009: Der FC Glattwägs
Der Überraschungssieger: TASCH Schaffhausen wurde Schweizermeister in
United aus Zürich-Schwamendingen.
der Kategorie B.
Ab nach Mailand Tropisches Fussballspektakel im Eishockey-Ring Sportsgeist, knappe Entscheidungen und die Hitze prägten die Schweizer Meisterschaft von Surprise Strassensport auf der Kunsteisbahn Margarethen in Basel. VON OLIVIER JOLIAT (TEXT) UND CHRISTIAN SCHNUR (BILDER)
Im Stadion, wo im Winter über gefrorenes Wasser gekuft wird, zeigt das Thermometer am 14. Juni konstante 32° C. Als wäre Fussball spielen nicht schweisstreibend genug. Die tropischen Temperaturen halten die Mannschaften von Surprise Strassensport jedoch nicht davon ab, ihr Bestes zu geben. Schliesslich geht es um das Double «Titel und Ticket»: Wer Schweizer Meister wird, bildet dieses Jahr den Stamm der Nationalmannschaft. Ein Favorit ist schwer auszumachen, denn die letzten fünf Turniere brachten fünf verschiedene Sieger hervor. Dies zeigt, wie viele Mannschaften der Liga auf ausgeglichen hohem Niveau spielen. Auch bei den Schweizer Meisterschaften können sich die beiden Finalisten erst im Penaltyschiessen qualifizieren. Als es im Endspiel nach zweimal sieben Minuten 4:4 steht, entscheidet auch hier das direkte Duell zwischen Torhüter und Schützen. Glattwägs United gewinnt das Penaltyschiessen gegen die AFG Boys mit 2:1. Es ist der erste Turniersieg des jungen Teams,
20
gebildet aus Lehrstellen suchenden Jugendlichen aus Schwamendingen. In der Kategorie B gibt es mit TASCH Schaffhausen einen Überraschungssieger. Nach unglücklicher Vorrunde bleiben sie nur dank dem Ausscheiden zweier Teams im Rennen. Das verleiht dem Team Flügel. Sie schlagen im Halbfinal B-Seriensieger AC Gasse Chuchi Luzern und besiegen im Final erst noch die zuvor unbezwungenen Züri Lions. Der Fairplay Preis geht dieses Jahr erneut an den FC Barracuda aus Frenkendorf. Das Team – mit eigenem Fanclub – zeigt wiederum viel Sportsgeist und stimmt nach einem umstrittenen Entscheid in den Viertelfinals einem Wiederholungsspiel zu, welches sie knapp verlieren. Surprise Strassensport macht sich nun daran, mit dem FC Glattwägs als Stamm sowie zwei, drei Fussballern anderer Teams eine spielstarke Nationalmannschaft zu bilden. Vielleicht stemmen die Fussballer nach dem Homeless World Cup vom 6. bis 13. September in Mailand noch einen weiteren Pokal in die Höhe. Nach der Meisterschaft ist jedenfalls garantiert, dass diesen Spätsommer ein hitzeresistentes Team die Schweiz vertritt. ■ SURPRISE 204/09
Die Rangliste Kategorie A: 1. Glattwägs United Zürich-Schwamendingen 2. AFG Boys Basel 3. Street Kickers Basilisk Basel 4. Team Toblerone Bern 5. FC Barracuda Frenkendorf & Team Olten 7. Surprise Kobras Basel & Surprise Sahara Basel 9. Nüni Tram Bern
Kategorie B: 1. TASCH Schaffhausen 2. Züri Lions 3. AC Gasse Chuchi Luzern
Der Fairplay Preis ging an den FC Barracuda (Sophie Blocher Haus, Frenkendorf BL).
Ein Spieler von TASCH Schaffhausen in voller Aktion.
Der Torhüter von Seriensieger AC Gasse Chuchi Luzern hatte das Nachsehen.
Der Torhüter von TASCH Schaffhausen war seinem Team ein starker Rückhalt.
Die Fans liessen «ihre» Spieler nicht aus den Augen.
Schwitzen unterm Hallendach: Glattwägs United gegen Nüni Tram Bern.
SURPRISE 204/09
Disqualifiziert: Stadtküche Olten & Schwarzer Peter Basel Fairplay Auszeichnung: FC Barracuda Frenkendorf
21
BILD: GUIDO SÜESS
Wörter von Pörtner Not for Tourists Einer der beliebtesten Touristenführer für New York heisst «Not For Tourists Guide». Manche Touristen wollen keine Touristen sein, und das haben geschäftstüchtige New Yorker erkannt und bedienen den Ich-bin-kein-Tourist-Touristen-Markt. Was aber ist genau ein Tourist, und warum ist er so unbeliebt? Eigentlich gibt es nur zwei Arten von Reisenden: Geschäftsreisende und Touristen. Die einen müssen und die anderen wollen unterwegs sein. Geschäftsreisende sind einfach an ihren Business-Anzügen zu erkennen, mit denen sie perfekt in ihre BusinessUmgebung passen, die sie auch nur selten verlassen. Für Touristen gibt es keine offiziellen Kleidervorschriften, aber eine Art ungeschriebenen Code: Der klassische Tourist trägt Turnschuhe, Flipflops oder Croggs und beige Cargohosen aus leichtem Kunstfaserstoff, die mittels Reiss-
22
verschluss zu Bermudashorts umfunktioniert werden, sobald die Sonne scheint. Als Varianten sind hellgrau und olivgrün erlaubt. Dazu unkleidsame Kopfbedeckungen. Touristen haben Kameras. Massentouristen bevorzugen Videokameras mit ausklappbarem Display, das zwar beliebig verstellbar ist, aber stets so eingestellt wird, dass sie in leichter Rücklage durch die Gegend laufen. Bei Paaren filmt der Mann, die Frau hat vielleicht einen kleinen Fotoapparat. Gefilmt und fotografiert werden die Sehenswürdigkeiten und Aussichten, von denen alle Welt weiss, wie sie aussehen. Ausserdem der Reisepartner vor diesen Sehenswürdigkeiten oder Aussichten. Selbst im Museum of Modern Art filmt und fotografiert man die Bilder oder stellt sich davor, verächtlich beäugt von den edleren Ich-bin-keinTourist-Touristen, die sich durch modische Kleidung und teure Fotoapparate unterscheiden. So richtige Dinger aus dem Hause Nikon oder Canon. Wie die Profis, für die sie hoffen, gehalten zu werden. Den Touristen interessieren unterwegs drei Dinge: Das Wetter, das Essen und die Preise. Temperaturen über 20 Grad Celsius werden stündlich nach Hause gemeldet. Touristen fürchten, etwas Fremdartiges aufgetischt zu bekommen oder in irgendeiner Art übervorteilt und betrogen zu werden, speziell von Einheimischen, die nicht weiss und mittelständisch sind. Von den Herren Hilfiger, Lauren oder
Boss hingegen lässt man sich gerne für Massenware aus China zur Kasse bitten, gerade in New York, wo Shopping ein Must ist. Die Cargohose und die Faserpelzjacke, zweites unabdingbares Uniformteil des Touristen, kommen von North Face oder Mammut und waren nicht billig. Erfahrene Touristen sind stolz auf jeden Cent, den sie eingespart oder einem hart arbeitenden Menschen verwehrt haben. Die grösste Sorge der Ich-bin-kein-Tourist-Touristen ist selbstverständlich die, als Touristen erkannt zu werden in den hippen Vierteln und Insider-Bars, die sie aus Magazinen kennen, die an jedem Kiosk erhältlich sind. Paradoxerweise ist es in Städten wie Zürich seit ein paar Jahren Brauch, dass die Hipster und Szenegänger im Sommer wie RiminiTouristen in abgesägten Hosen, Flipflops und Sonnenbrillen rumlatschen, während sich die Massentouristen zu Hause wieder ordentlich kleiden und jedem, der es hören will, erklären, dass sie ihre Sachen (Hilfiger, Boss, Lauren) in New York gekauft und halb so viel dafür bezahlt haben wie zu Hause.
STEPHAN PÖRTNER (STPOERTNER@LYCOS.COM) ILLUSTRATION: MILENA SCHÄRER (MILENA.SCHAERER@GMX.CH) SURPRISE 204/09
Rockabilly Ein Herz für böse Jungs Die Vergangenheit hats Imelda May angetan. Genauer die 50er-Jahre – als Musik und Männer noch kernig waren. Der Rockabilly-Sound der Irin klingt deshalb auch nicht nach Vergangenheitsbewältigung, sondern nach Wiederauferstehung.
Immer diese Klischees. Iren, so meint der Volksmund, seien gesangs-, familien- und gesellschaftsfreudige Menschen, die gar nicht anders können als ein paar Liedchen zu schmettern. Ob man es nun mag oder nicht, manchmal treffen die gehegten Klischees einfach zu. «Wir waren eine typisch irische Familie», meint Imelda May. Will sagen: Grosser Clan, kleine Wohnung. Mit gerade mal zwei Schlafzimmern. Als jüngstes von fünf Kindern schaute sie nicht nur zu den grossen Geschwistern auf, sie horchte immer interessiert hin, wenn neue Platten nach Hause gebracht wurden. Die älteren Schwestern gehörten zu einer Folk-Gruppe und Imelda durfte schon als Vierjährige bisweilen im Hintergrund mitträllern. Doch letztlich waren es nicht die «Jigs» und «Reels», die Klein-Imelda packten, sondern der Rock’n’Roll. «Mein Bruder war verrückt nach Elvis. Als ich neun war, fand ich in seinem Zimmer ein Tape mit Musik vom King, von Eddie Cochran und Gene Vincent. Ich war hin und weg davon.» Doch den Musikertraum, den hegte sie, anders als andere Kinder, nie. Und das, obwohl sie bereits als 14-Jährige erstmals ein klein wenig Rampenlicht geniessen konnte. Als Stimme eines Findus-Fisch-Radiospots. «Ich habe ihn nur ein einziges Mal gehört, beim Shoppen. Und ich habe mich dabei so was von geschämt.» Das hielt Imelda May jedoch keineswegs davon ab, weiterhin jede sich bietende Singgelegenheit zu nutzen. Daheim zu den Platten von Billie Holiday oder Aretha Franklin, aber auch in den Pubs und Blues-Bars von Dublin, ihrer Heimatstadt. «Als Teenager zermarterte ich mir dann den Kopf, welchen Beruf ich erlernen sollte.» Sie beschloss, eine Kunstschule zu besuchen. Wurde dabei aber nicht glücklich. Eine Studienkollegin erzählte ihr, dass sie immer, wenn es ihr nicht gut gehe, zum Pinsel greife. «Ich aber nicht, nie. In solchen Momenten tröstet mich nur das Singen.» So brach Imelda May nach einem Jahr die Schule ab und entschloss sich, ganz auf ihre Liebe zu setzen, die Musik. Sie trat viel auf, meist ohne Gage. Wofür ihr Onkel sie auslachte. «Kein Wunder kriegst du viel Arbeit, wenn du sie gratis machst.» Fortan begann May, damals noch unter ihrem bürgerlichen, aber nicht eben geschmeidigen Namen Clabby, ihre Karriere zu planen, vermehrt an eigenen Songs zu feilen. Die heute 35-Jährige war zunehmend an Burlesk-Shows («Die sind so wunderbar glamourös») zu sehen, an der Seite von Schwertschluckern und Feuerspeiern. In figurbetonten Kleidern aus den 50ern, vorwiegend mit Leopardenmuster. Und einem Sound, der Retro, Rockabilly und modern anmutende Coolness vereint. Ihre Stimme wurde immer rauer, was ihr gelegen kam, «so kann ich den Blues besser rüberbringen». Erste Plattenfirmen begannen sich zu interessieren, wollten aber, dass May einen «netten Rock» anzieht und sich von ihren Musikern trennt. Sie verzichtete. Stattdessen nahm sie ihre erste CD «No Turning Back» in ihrem Schlafzimmer auf. Allein und ohne fremde Hilfe. «Ein Testlauf.» Der Liebe («Er hat mich gejagt und gekriegt») wegen zog sie nach London, wo sie wieder eine Unbekannte war. Zunächst schlug sie sich als Backgroundsängerin durch – etwa für Van Morrison oder die Scissor SURPRISE 204/09
BILD: ZVG
VON MICHAEL GASSER
Vom Findus-Fisch-Radiospot zu triefenden Balladen mit fetten Grooves: Imelda May.
Sisters. Mit ihrem zweiten Album «Love Tattoo» hat May es nun geschafft, weitere Kreise auf sich aufmerksam zu machen. Vielleicht, weil sie auf der CD den Rat von Mama beherzigt hat: «Schätzchen, du musst die Story rüberbringen.» Die zwölf Lieder machen eben das. Zwar drehen sich die Lyrics um das Immergleiche – die Liebe und den Durst danach. Aber May geht so stilecht vor, dass das Schmachten vor dem Mond («Meet You At The Moon») oder die Anziehungskraft böser Jungs («Big Bad Handsome Man») glaubhaft wirken. Die Balladen triefen, die Rocker kochen kräftig und der Jazz ist unterschwellig, aber omnipräsent. Ganz zufrieden ist die Künstlerin mit der blondierten Elvis-Tolle mit «Love Tattoo» selber nicht. «Womit werde ich Ihnen aber sicher nicht erzählen, sonst schreiben Sie es noch», sagt May mit einem krachenden Lachen. Muss sie auch nicht. Denn selbst wenn das Album vielleicht zu fest auf der vorausschaubaren Seite agiert, so sehr gefällt es mit fetten Grooves und rasselnden Rhythmen. Das ideale Mittel, um auch daheim Nachtklubstimmung zu erzeugen. ■ Imelda May: «Love Tattoo» (Blue Thumb/Universal).
23
BILD: ZVG BILD: ZVG
Kulturtipps
Typisch Schweiz: Gotthard, Goetheanum, LSD.
Als Papiermännlein muss man seine Schnipsel zusammenhalten.
Buch Schweiz für Dummies
Computerspiel Schnipselmann auf Abwegen
Die Schweiz ist ein Sonderfall und ihre Eigenarten werden mal neidisch, mal argwöhnisch beäugt. Ein neues Buch versucht, die politische Geschichte hinter Schokolade und Uhren, Banken und Zauberformel zu erzählen.
Mit einem Männlein aus Papier durch eine Welt aus Pappe – ein etwas altmodisches Computerspiel erfreut das Auge und weckt Erinnerungen an frühkindliche Bastelerlebnisse. VON BIRGITT CORDES
VON CHRISTOPHER ZIMMER
Wer kennt sie nicht, die schwarz-gelben Dummies-Bücher? Es gibt sie zu Hundertschaften und zu allen nur denkbaren Themen: zu WohlfühlYoga, Scheidung, Sex oder Häkeln, und natürlich zu allem rund um PCs, Web und Co. Dummies gibt es auf allen Gebieten, und alle brauchen sie einen «helping friend», der die Dinge verständlich erklärt. Georges Andrey, ehemaliger wissenschaftlicher Berater des Schweizer Aussenministeriums, hat sich der Schweizer Geschichte angenommen. In 20 Kapiteln beschreibt er den Prozess hin zu Eigenständigkeit, Demokratie und Modernisierung. Das beginnt um 300 vor Christus mit den keltischen Vorfahren, geht über die Gründung der Eidgenossenschaft und endet mit der Ausbildung der Schweiz zur ‹Willensnation› von 1848 bis heute. Dabei sind löblicherweise den oft zu kurz gekommenen Frauen zahlreiche Porträts gewidmet. Der geschichtliche Kontext dieser Entwicklung ist für Andrey ganz klar Europa. Es gibt für ihn «kein europäischeres Land als die Schweiz». Kapitel zum Kampf gegen Habsburg oder zur Schweiz in der «französischen Umlaufbahn» belegen dies anschaulich. Wie auch all die Kriege, Schlachten und Scharmützel, Hexenverfolgungen, Reformation und Gegenreformation, welche die kleine Schweiz zu einem Abbild ihrer grossen Nachbarn machen. Damit dies allgemeinverständlich zu lesen ist, bedient sich der Autor einer einfachen Sprache und der für Dummies-Bücher typischen Symbole – etwa für Anekdoten, Zitate, Zeitzeugen oder wichtige Infos. Diese strukturieren das Buch, tragen zur Auflockerung bei und laden zum Stöbern und Schmökern ein. Eine Zeittafel mit 100 Geschichtsdaten und die Top Ten – so der Gotthardpass, das Goetheanum, LSD, WEF und Swatch – tragen dazu bei, dass alle, die dieses Buch lesen, von der Schweiz auf jeden Fall sehr viel mehr kennen, als nur die erste Zeile der Landeshymne.
Eine Story findet man in «And Yet It Moves» nicht. Aber das ist bei diesem 2D-Spiel auch egal, weil es einfach Spass macht, sich in einer Papierschnitzelwelt akrobatisch von einem Level zum nächsten durchzuschlagen. Zu sanfter Musik und den Gehgeräuschen der Spielfigur – einem sympathischen Papierkerlchen mit wehendem Haar – springt man über abgrundtiefe Klippen, hüpft über fallende Steine und marschiert durch Wälder und Wiesen. Die Grundidee des Games ist so einfach wie bestechend: Die Papierwelt lässt sich in 90-Grad-Schritten drehen. Dabei fällt das Papiermännlein – ganz nach dem Gesetz der Schwerkraft – immer nach unten, unabhängig davon, wo sich der Boden gerade befindet. Wer nicht schnell genug ist, kracht auf Felsen und zerfällt mit einem «Skrotsch» in seine Schnipsel. Gesteuert wird über die Computertastatur: A/D für rechts/links und W für Springen, einfach zu handhaben. Ist ein Level geschafft, geht es nahtlos ins nächste. Neben Klippen und rollenden Steinen fordern den Schnipselmann rotierende Bäume, schwingende Schaukeln, Treppen – die aus dem Nichts erscheinen und genauso mysteriös wieder verschwinden – und Bienenschwärme heraus. Langweilig wird es einem bei diesem Spiel, das von Studenten der Technischen Universität Wien entwickelt wurde, auf jeden Fall nicht. Die Grafik ist simpel gehalten und erinnert weniger an ein Computerspiel als an gelungene Erzeugnisse aus dem Bastelunterricht: Die Level sind tatsächlich vollständig aus eingescannten Papierfetzen zusammengesetzt. Wer genug davon hat, alleine durch die manchmal monotone, dann wieder euphorisch bunte Welt zu tigern, kann in den Competition-Modus wechseln und sich mit einem «PapiermännchenGeist» messen. Um zu entscheiden, ob das Spiel einen Kauf wert ist, können auf der Demo-Version die ersten drei Levels kostenlos durchgespielt werden. «And Yet It Moves», pro Download CHF 20.–, www.andyetitmoves.net
Georges Andrey: Schweizer Geschichte für Dummies. Wiley VCH Verlag 2009, CHF 42.90.
24
SURPRISE 204/09
BILD: ZVG
Die 25 positiven Firmen Diese Rubrik ruft Firmen und Institutionen auf, soziale Verantwortung zu übernehmen. Einige haben dies schon getan, indem sie dem Strassenmagazin Surprise mindestens 500 Franken gespendet haben. Damit helfen sie, Menschen in prekären Lebensumständen eine Arbeitsmöglichkeit zu geben und sie auf ihrem Weg zur Eigenständigkeit zu begleiten. Gehört Ihr Betrieb auch dazu? Die Spielregeln sind einfach: 25 Firmen werden jeweils aufgelistet, sind es mehr, fällt jener Betrieb heraus, der am längsten dabei ist.
King als Comic: Mysteriöse Figuren in einer sterbenden Welt.
Comic Fantasy vom Horror-Meister Wer Stephen King nicht kennt, dem kann wohl kaum mehr geholfen werden. Sein Meisterwerk «Der Dunkle Turm» aber harrt in der Comic-Version noch der Entdeckung. VON ETRIT HASLER
Ganze 34 Jahre arbeitete Horror-Ikone Stephen King an dem siebenbändigen Western-Fantasy-Epos, in dem er fast alle Themen vereinigt, mit denen er sich im Verlauf seiner Schriftstellerkarriere auseinandergesetzt hat. Zusätzlich reicherte er das Ganze mit Anspielungen auf Star Wars, Harry Potter oder Herr der Ringe an. Drei Jahre nachdem mit «Der Turm» der letzte Band der Reihe erschien, machte sich Marvel Comics – der Verleger von Spider-Man – daran, gemeinsam mit Stephen King die Geschichte ins Medium Comic zu übersetzen. Zusammen mit Kings persönlichem Rechercheassistenten Robin Furth, und natürlich unter dem wachsamen Auge von Comicfan King selbst, erschufen Autor Peter David und Zeichner Jae Lee mit «Der Revolvermann» einen nicht ganz einfachen, aber lohnenden Neueinstieg in das Universum des Dunklen Turms: Lees gothisch anmutende Zeichnungen untermalen die sterbende postapokalyptische Wildwest-Welt, in der sich mysteriöse Figuren herumtreiben. Und Davids Texte zeugen von Feingefühl und Respekt gegenüber Kings Bildwelten und gleichzeitig von Experimentierfreude. Ihren kommerziellen Erfolg in den USA verdankt die Comic-Serie nicht nur Kings klingendem Namen, sondern hat auch damit zu tun, das sie neben Alan Moores «From Hell» oder dem japanischen Kultmanga «Akira» eine weitere Graphic Novel ist, die sich in ihrem literarischen Anspruch nicht vor den grossen Fantasyromanen verstecken muss. In weiteren Bänden spinnt das Kreativteam die Vorgeschichte zu den Turm-Romanen um den Revolvermann Roland Deschain weiter. So liefern sie einerseits den Fans der Romane lange ersehntes neues Material und bringen andererseits neue Leser auf den Weg zu den Romanen. Auf Deutsch ist die Serie gleich in zwei Varianten erhältlich, einerseits in einer Softcover-Version beim Heyne-Verlag, der die deutschsprachigen Rechte an den Stephen-King-Romanen hält. Wer auf der Suche nach etwas ganz Speziellem ist, dem sei die wunderschön aufgemachte Hardcover-Ausgabe des auf Kleinode spezialisierten Splitter-Verlags empfohlen. Der zweite Band, «Der lange Heimweg», ist vor kurzem in beiden Versionen erschienen, der dritte Band folgt nächstes Jahr.
01
VXL AG, Binningen
02
Thommen ASIC-Design, Zürich
03
Ingenieurbüro BEVBE, Bonstetten
04
Schweizer Paraplegiker-Stiftung, Nottwil
05
Ernst Schweizer AG, Hedingen
06
JL AEBY Informatik, Basel
07
iuliano-gartenbau & allroundservice, Binningen
08
Druckerei Hürzeler AG, Regensdorf
09
KIBAG Kies und Beton
10
Inova Management AG, Wollerau
11
SVGW, Zürich
12
Brother (Schweiz) AG, Baden
13
Segantini Catering, Zürich
14
Axpo Holding AG, Zürich
15
AnyWeb AG, Zürich
16
Kaiser Software GmbH, Bern
17
fast4meter, Storytelling, Bern
18
IBZ Industrie AG, Adliswil
19
Velo-Oase Bestgen, Baar
20
Niederer Kraft & Frey, Zürich
21
Mundipharma Laboratories GmbH, Basel
22
GUIDIMEDIACOM, Zollikon
23
reinhardpartner Architekten und Planer, Bern
24
Personalberatung Stellenwerk AG, Zürich
25
Weleda AG, Arlesheim
Möchten Sie bei den positiven Firmen aufgelistet werden? Mit einer Spende von mindestens 500 Franken sind Sie dabei! PC-Konto: 12-551455-3, Verein Strassenmagazin Surprise, 4051 Basel Zahlungszweck: Positive Firma + Ihr gewünschter Eintrag! Wir schicken Ihnen eine Bestätigung.
«Stephen King – der Dunkle Turm», Heyne/Splitter. Bisher sind zwei Bände erschienen, weitere folgen. SURPRISE 204/09
204/09
25
BILD: ZVG
Anzeigen:
Ausgehtipps
Fachseminare der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW Burnout am Arbeitsplatz Beginn und Dauer: 1. / 2. September und 14. Oktober 2009, 3 Tage
Teamdynamik in Organisationen – gruppendynamisches Organisationstraining Beginn und Dauer: 5. bis 9. Oktober 2009, 5 Tage
Integratives Projektmanagement Beginn und Dauer: 20. bis 22. Oktober 2009, 3 Tage
Aus der Quelle schöpfen – kreative und intuitive Methoden der Organisationsentwicklung Beginn und Dauer: 22. bis 24. Oktober 2009, 3 Tage
Er weiss was zu Berichten: der Totengräber von Bern.
Bern Tanz mit dem Tod Die Kulisse: Eine Stadt, die blüht und gedeiht, das Leben meint es gut mit ihren Einwohnern. Doch unter der glänzenden Oberfläche brodelt eine Finanzkrise, und zu allem Unglück droht eine Epidemie, Tod und Elend über die Stadt zu bringen. Eine Momentaufnahme der aktuellen Situation? Mitnichten. Das neue Stück der Theatergruppe «mes:arts theater» entführt das Publikum ins mittelalterliche Bern, das von der Pest heimgesucht wird. Im Schlepptau des Totengräbers gehts durch die historische Altstadt, die dem Theaterspaziergang als Bühne dient. Schauspieler Matthias Zurbrügg schlüpft dabei in verschiedene Rollen und zeigt den Zuschauern Szenen aus einer Stadt, die vom Schwarzen Tod gegeisselt wird. (juk) «Der Totengräber», jeden Mittwoch bis zum 28. Oktober. Treffpunkt: 20.05 Uhr vor dem Zähringerdenkmal bei der Nydeggkirche. Bei jeder Witterung. Anmeldung erforderlich unter 031 839 64 09.
Lösungsorientiertes Handeln in der Sozialen Arbeit Beginn und Dauer: 26. / 27. Oktober 2009 und 23. / 24. November 2009, 4 Tage
Wind of Change – das Seminar für über 50-Jährige Beginn und Dauer: 5. bis 7. November 2009, 3 Tage
Führungsseminar für Frauen Beginn und Dauer: 24. November 2009, 10 Tage
Humor im Ernst Beginn und Dauer: 26. / 27. November 2009, 2 Tage
Information und Anmeldung Fachhochschule Nordwestschweiz Hochschule für Soziale Arbeit Thiersteinerallee 57 4053 Basel +41 61 337 27 24 rahel.lohner@fhnw.ch Details zu den Angeboten unter www.fhnw.ch/sozialearbeit/weiterbildung
26
SURPRISE 204/09
BILD: ©WALKER EVANS ARCHIVE, THE METROPOLITAN MUSEUM OF ART, NEW YORK
Winterthur Unverschämt gewöhnlich Die Fotografien von Walker Evans (1903 – 1975) haben Zeitgeschichte geschrieben: Ihn interessierte weder augenfällige Schönheit noch Idylle. Sein Blick ist ein wacher – und einer, der sich der Sachlichkeit verschrieben hat; ganz präzise, ohne Emotion. Seine Bilder zeigen die Armut des ländlichen Lebens während der Depression in den Dreissigerjahren, New Yorker Strassenszenen, Landschaften oder Architektur. Evans’ Werk stellt ein Wende- und Höhepunkt in der Entwicklung der Fotografie dar: Als Schöpfer eines direkten Stils, der sich aus teils fast unverschämt gewöhnlichen Themen speist, prägte er die moderne Ästhetik. Und schuf eine Alternative zu Romantik, Sentimentalität und Nostalgie.(mek) «Walker Evans», eine Werkschau mit 130 Fotografien, noch bis zum 23. August im Realität statt Romantik: Walker Evans’ Blick auf die Welt.
BILD: ZVG
Fotomuseum Winterthur. www.fotomuseum.ch
Biel/Bienne Spielleute an der Sprachgrenze Sommerzeit, Reisezeit. Wieso nicht für einmal an die Sprachgrenze? In Biel/Bienne findet jeden Sommer das Festival «pod’ring» statt. Eine knappe Woche lang verwandelt sich der Ringplatz im Stadtzentrum in eine Arena für Spielleute aller Art. Musiker, Schauspieler und Schriftsteller unterhalten Jung und Alt. Bücherwürmer werden vom Lyriker Raphael Urweider und dem Kolumnisten Bänz Friedli bedient. Tanzfüdli treffen sich bei der Hillbilly Moon Explosion aus Zürich oder dem Peruaner Gustavo Delux, der Latinklänge nach Biel bringt. Auch die Bieler Rockszene präsentiert sich: Izul vermengen The Who und Neil Young mit Beck und den Beastie Boys, Clinton & The Cypresshillbillyfuckberryboysband sollte man nur schon des Namens wegen eine Chance geben. Und wem es zu laut wird, der kann sich immer noch zurückziehen und eines der vielen Strassentheater geniessen. (ash) pod’ring, 14. bis 18. Juli, Biel/Bienne. www.podring.ch
BILD: ZVG
Die Altstadt als Arena – das «pod’ring»-Festival.
St. Gallen Musealer Sound Gar nicht museal geht es derzeit im Innenhof des Historischen und Völkerkundemuseums in St. Gallen zu. Denn während drei Wochen rockt und folkt es zwischen den ehrwürdigen Mauern. Rock- und Popbands reichen das Mikrofon an Worldmusiker weiter, damit es nur wenig später in Kabarettistenhänden landet. Erwähnt sei hier der Auftritt der tibetanischen Grammy-Gewinnerin Yungchen Lhamo, die mit ihrem A-Capella-Gesang für eine magische Atmosphäre im Hof sorgt, oder derjenige des Altmeisters des Son, der 67-jährige Kubaner Luis Diaz, der am letzjährigen Festival kurzfristig absagen musste. Die Verpflegung passt in St. Gallen zum jeweiligen Programmpunkt: Zu Salsa gibts kubanischen Eintopf und zum Auftritt des Dusa Orchesters mit Musikern aus Rumänien, Serbien und Österreich einen Balkanteller. (juk) Kulturfestival St. Gallen, bis 18. Juli, Innenhof Historisches und Völkerkundemuseum. Programm und Infos: www.kulturfestival.ch SURPRISE 204/09
Tibets Stimme in St. Gallen: Youngchen Lhamo.
27
Verkäuferporträt «Ich bin froh, dass meine Kinder ruhig schlafen können» Zaklina «Jacqueline» Busa, 40, ist mit ihrer Familie vor vier Jahren aus Serbien in die Schweiz geflüchtet. Die Vergangenheit will sie vergessen, und ihr grösster Wunsch ist es, dass ihr Sohn eine Lehrstelle findet.
«Ich bin eine Roma mit serbischen Vorfahren. So wie die Menschen hier in der Schweiz Hochdeutsch und Schweizerdeutsch sprechen, spreche ich Roma und Serbisch. In Serbien hatten wir einen Garten, ich war Hausfrau und schaute zu meinen zwei Kindern. Mein Mann, meine Kinder und ich haben dort etwas sehr Schlimmes erlebt. Ich möchte aber nicht darüber reden, denn wenn ich darüber spreche, geht es mir gleich wieder schlecht. Mein Leben ist nicht einfach. 2005 sind wir in die Schweiz geflüchtet, mit keinem Rappen in der Tasche. Wir sind im Durchgangszentrum in Vallorbe angekommen, am nächsten Tag wurden wir nach Chiasso verlegt. Später wurden wir dann in einem Flüchtlingszentrum in Zollikofen untergebracht. In diesem Zentrum gab es Betreuung für Menschen mit psychischen Problemen. Unsere ganze Familie war in Behandlung, meine Kinder waren stark traumatisiert und jede Woche beim Psychiater. Seit einem Jahr müssen sie nicht mehr in Behandlung gehen. Ich muss leider immer noch Medikamente nehmen. Nun wohnen wir seit drei Jahren in einer Wohnung in Heimberg bei Thun. Hier ist es sehr schön, wie in einem Hotel. Vorher haben wir alle zusammen mitsamt unserem Hab und Gut in einem Zimmer geschlafen, das war nicht sehr angenehm. Mein Mann arbeitet manchmal für die Gemeinde im Wald. Jetzt muss nur noch mein Sohn eine Lehrstelle finden und Geld verdienen, dann bin ich glücklich. Aber es ist nicht einfach. Den ganzen Tag zu Hause zu sitzen, das tut ihm nicht gut, ich habe Angst, dass seine Depression wieder zurückkommt. Er ist 18 und kann seine Freundin nicht einmal zu einem Kaffee einladen. Meine Tochter ist 15 und geht noch zur Schule. Sie hilft mir oft. Wenn es mir nicht gut geht, kocht und putzt sie für mich. Mein grösster Wunsch für die Zukunft ist, dass meine Kinder eine Arbeit finden oder Unterstützung von jemandem für eine Weiterbildung erhalten, damit sie etwas in der Hand haben. Wenn es mir gesundheitlich gut geht, dann stehe ich von Dienstag bis Samstag vor dem Coop Kyburg in Thun und verkaufe Surprise. Meistens gehe ich um acht in Heimberg auf den Zug. Eine andere Arbeitsmöglichkeit gibt es für mich nicht, wegen meiner Aufenthaltsbewilligung. Früher habe ich auch vor der UBS verkauft, aber den Securitas gefiel das nicht besonders. Eine Bank und ein Strassenmagazin, das passt halt nicht zusammen. Meinen Job als Surprise-Verkäuferin mache ich nicht wegen des Geldes, sondern für meine Psyche. Ich verdiene ja nicht viel, aber die Arbeit tut mir sehr gut. Auch wenn es nicht immer einfach ist, die Hefte zu verkaufen. Heutzutage, wo vieles gratis ist, haben die Leute einfach keine Lust mehr, Geld auszugeben. Und die Finanzkrise kriegen auch wir zu spüren. Den Kontakt mit den Kunden in Thun schätze ich sehr. Ich will nicht immer nur mit meiner Familie über unsere Probleme, über unsere Vergangenheit sprechen, der Austausch mit den Passanten tut mir gut.
28
BILD: ZVG
AUFGEZEICHNET VON SARAH STÄHLI
Deutsch habe ich im Gespräch mit den Kunden gelernt. Wenn ich ein Wort nicht wusste, habe ich nachgefragt. Ich habe ein paar Stammkunden, und eine Kundin ist sogar zu einer guten Freundin geworden. Schon als sie mir zum ersten Mal ein Surprise abgekauft hat, habe ich gespürt, dass diese Frau mir helfen wird. Sie ist Psychiatriekrankenschwester und hat mich unglaublich unterstützt, das werde ich ihr nie vergessen. Wir treffen uns oft zum Mittagessen. Sie ist wie eine Mutter für mich geworden. Ich lebe gerne in der Schweiz. Hier habe ich meine Ruhe und weiss, dass niemand nachts an die Türe klopft und mich schikaniert. Ich bin froh, dass meine Kinder in Ruhe schlafen können. Ich habe alles hinter mir gelassen und versuche, mit meiner Vergangenheit abzuschliessen. In meine Heimat will ich nie mehr zurückkehren, ich möchte in der Schweiz sterben.» ■ SURPRISE 204/09
Eine Chance für alle! Werden Sie Surprise-Götti oder -Gotte ber. Das verdient Respekt und Unterstützung. Regelmässige Verkaufende werden von Surprise-Sozialarbeiterinnen betreut, individuell begleitet und gezielt gefördert. Dazu gehört auch, dass sie von Surprise nach bestandener Probezeit einen ordentlichen Arbeitsvertrag erhalten. Mit der festen Anstellung übernehmen die Surprise-Verkaufenden mehr Verantwortung; eine wesentliche Voraussetzung dafür, wieder fit für die Welt und den Arbeitsmarkt zu werden.
Starverkäufer BILD: ZVG
Surprise kümmert sich um Menschen, die weniger Glück im Leben hatten als andere. Menschen, die sich aber wieder aufgerappelt haben und ihr Leben in die eigenen Hände nehmen wollen. Mit dem Verkauf des Strassenmagazins Surprise überwinden sie ihre soziale Isolation. Ihr Alltag bekommt Struktur und wieder einen Sinn. Sie gewinnen neue Selbstachtung und erarbeiten sich aus eigener Kraft einen kleinen Verdienst. Die Surprise-Strassenverkäuferinnen und -verkäufer helfen sich sel-
Als Götti oder Gotte ermöglichen Sie einer Strassenverkäuferin oder einem -verkäufer eine betreute Anstellung bei Surprise und damit die Chance zur Rückkehr in ein selbstbestimmtes Leben.
René Senn Zürich
Marika Jonuzi Basel
Andreas Ammann Bern
Kumar Shantirakumar Bern
Ausserdem im Förderprogramm SurPlus: Peter Gamma, Basel Peter Hässig, Basel Wolfgang Kreibich, Basel Jela Veraguth, Zürich Bob Ekoevi Koulekpato, Basel
Kurt Brügger, Baselland Anja Uehlinger, Baden Fatima Keranovic, Baselland Marlise Haas, Basel
Simon Schmocker aus Bern nominiert Hayelom Ghebrezgiabiher als Starverkäufer: «Seit längerer Zeit schon kaufe ich meine Hefte regelmässig vor der Zähringer-Migros in Bern. Er hat immer ein freundliches Lächeln und eine aufmunternde Geste für mich bereit. Letzten Freitag war ich sogar als Gast in seinem Deutschkurs; ich muss sagen, er hat mich erneut beeindruckt! Hayelom ist einer, der lernen, arbeiten und sich damit integrieren will. Das möchte ich belohnt wissen, und deshalb schlage ich ihn als Starverkäufer vor!» Ihre Nominierung schicken Sie bitte an: Strassenmagazin Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41+61 564 90 99, redaktion@strassenmagazin.ch
Ja, ich werde Götti/Gotte von: 1 Jahr: 8000 Franken
1/2 Jahr: 4000 Franken
1/4 Jahr: 2000 Franken
Vorname, Name
Telefon
Strasse
PLZ, Ort
Datum, Unterschrift
1 Monat: 700 Franken
204/09 Talon bitte senden oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch, PC-Konto 12-551455-3 SURPRISE 204/09
29
Surprise ist: Hilfe zur Selbsthilfe Surprise fördert seit 1997 die Selbsthilfe von Menschen in sozialen Schwierigkeiten. Mit begleiteten Angeboten in den Bereichen Arbeit, Sport und Kultur fördert Surprise die soziale Selbständigkeit und berufliche Eingliederung, das Verantwortungsbewusstsein, die Gesundheit und eine positive Lebenseinstellung. Surprise gibt es in der deutschsprachigen Schweiz. Eine Stimme für Benachteiligte Surprise verleiht von Armut und sozialer Benachteiligung betroffenen Menschen eine Stimme und sensibilisiert die Öffentlichkeit für ihre Anliegen. Surprise beteiligt sich am Wandel der Gesellschaft und bezieht Stellung für soziale Gerechtigkeit.
Ich möchte Surprise abonnieren! 24 Ausgaben zum Preis von CHF 189.– (Europa: CHF 229.– ) (Verpackung und Versand bieten StrassenverkäuferInnen ein zusätzliches Einkommen.)
Strassensport Der zweite Schwerpunkt von Surprise ist die Integration von sozial benachteiligten Menschen in der Schweiz über den Sport. Mit einer eigenen Strassenfussball-Liga, regelmässigem Trainings- und Turnierbetrieb, der Schweizermeisterschaft sowie der Teilnahme des offiziellen Schweizer Nationalteams am jährlichen «Homeless Worldcup» vernetzt Surprise soziale Institutionen mit Sportangeboten in der ganzen Schweiz. Organisation und Internationale Vernetzung Surprise ist eine nicht gewinnorientierte soziale Institution. Die Geschäfte werden von der Strassenmagazin Surprise GmbH geführt, die von dem gemeinnützigen Verein Strassenmagazin Surprise kontrolliert wird. Surprise ist führendes Mitglied des Internationalen Netzwerks der Strassenzeitungen (INSP) mit Sitz in Glasgow, Schottland. Derzeit gehören dem Verband gegen 100 Strassenzeitungen in über 40 Ländern an.
Gönner-Abo für CHF 260.–
Geschenkabonnement für: Vorname, Name
Impressum
Strasse
PLZ, Ort
Rechnungsadresse: Vorname, Name
Strasse
PLZ, Ort
Telefon
Datum, Unterschrift 204/09 Bitte heraustrennen und schicken oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch
30
Strassenmagazin und Strassenverkauf Surprise gibt das vierzehntäglich erscheinende unabhängige Strassenmagazin Surprise heraus. Neben einer professionellen Redaktion verfügt das Strassenmagazin über ein breites Netz von freien Berufsjournalistinnen, Fotografen und Illustratorinnen. Der überwiegende Teil der Auflage wird von Menschen ohne oder mit beschränktem Zugang zum regulären Arbeitsmarkt auf Strassen, Plätzen und in Bahnhöfen angeboten. Die regelmässige Arbeit gibt ihnen eine Tagesstruktur, neues Selbstvertrauen und einen bescheidenden aber eigenständig erwirtschafteten Verdienst. Für viele Surprise-Verkaufende ist das Strassenmagazin der erste Schritt zurück in ein eigenständiges Leben.
Herausgeber Strassenmagazin Surprise GmbH, Postfach, 4003 Basel, www.strassenmagazin.ch Geschäftsführung Fred Lauener Öffnungszeiten Sekretariat Mo–Do 9–12/14–16.30 Uhr, Fr 9–12 Uhr T +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch Redaktion Fred Lauener (Leitung), Reto Aschwanden, Julia Konstantinidis, Mena Kost, Agnes Weidkuhn (Koordinatorin), T +41 61 564 90 70, redaktion@strassenmagazin.ch Freie Mitarbeit Birgitt Cordes, Andi Cortellini, Michèle Faller, Michael Gasser, Etrit Hasler, Olivier Joliat, Stephan Pörtner, Nicole Pont, Milena Schärer, Christian Schnur, Isabella Seemann, Ursula Sprecher, Sarah Stähli, Udo Theiss, Priska Wenger, Christopher Zimmer Korrektorat Alexander Jungo Gestaltung WOMM Werbeagentur AG, Basel Druck AVD Goldach Auflage 24 500, Abonnemente CHF 189.–, 24 Ex./Jahr Anzeigenverkauf Mathias Stalder, T +41 76 409 72 06, anzeigen@strassenmagazin.ch
Vertrieb Smadah Lévy Basel Matteo Serpi, T +41 61 564 90 80 Zürich Reto Bommer, Engelstrasse 64, 8004 Zürich, T +41 44 242 72 11 Bern Alfred Maurer, Pappelweg 21, 3013 Bern, T +41 31 332 53 93 Betreuung und Förderung Rita Erni, Anna-Katharina Egli, T +41 61 564 90 51 Projekte/Kulturevents Paloma Selma, T +41 61 564 90 40 Strassensport Lavinia Biert, T +41 61 564 90 10, www.strassensport.ch Förderverein Strassenmagazin Surprise Präsident: Carlo Knöpfel
Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auch auszugsweise oder in Ausschnitten, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird von der Redaktion und dem Verlag jede Haftung abgelehnt. SURPRISE 204/09
Hier könnte Ihre Werbung stehen. Werfen Sie Ihr Werbegeld nicht auf die Strasse. Investieren Sie es dort. Surprise erreicht 123 000 Leserinnen und Leser. Und das in den grössten Städten und Agglomerationen der Deutschschweiz.* Denn dort stehen die 380 Surprise-Verkaufenden für Sie auf der Strasse. Tagtäglich. Ganze 80 Prozent der überdurchschnittlich verdienenden und ausgebildeten Käuferinnen und Käufer lesen die gesamte Ausgabe oder zumindest mehr als die Hälfte aller Artikel. Das Strassenmagazin steht für soziale Verantwortung und gelebte Integration. Mit Ihrem Inserat zeigen Sie Engagement und erzielen eine nachhaltige Wirkung. Anzeigenverkauf Mathias Stalder, T +41 76 409 72 06, anzeigen@strassenmagazin.ch
SURPRISE 204/09
31
Kaufen Sie ein Stadion Immer mehr sozial Benachteiligte finden Freude am Sport: 15 Teams streiten ab März dieses Jahres um den Schweizer Meistertitel der Obdachlosen Fussballer, eine Rekordzahl. Um die Begeisterung mit der passenden Infrastruktur unterstützen zu können, hat Surprise eine eigene Street-SoccerArena gekauft. Helfen Sie mit. Werden Sie Besitzer einer turniertauglichen Anlage von 22 x 16 m – mit Toren und Seitenbanden – und sponsern Sie einen oder gleich mehrere der 352 Quadratmeter à 100 Franken. Die Gönner werden auf einer Bande mit Namen verdankt.
Ja, ich will Stadion-Besitzer werden (Die Feldvergabe erfolgt nach Posteingang. Sollte ein gewünschtes Feld bereits verkauft sein, wird das nächste freie Feld zugeteilt.)
Ich kaufe folgende Felder à CHF 100 ( 1
2
3
4
5
6
7
8
9
= bereits vergeben)
10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22
23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66
Vorname, Name
67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110
Strasse
111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126 127 128 129 130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149 150 151 152 153 154 155 156 157 158 159 160 161 162 163 164 165 166 167 168 169 170 171 172 173 174 175 176
PLZ, Ort
177 178 179 180 181 182 183 184 185 186 187 188 189 190 191 192 193 194 195 196 197 198 199 200 201 202 203 204 205 206 207 208 209 210 211 212 213 214 215 216 217 218 219 220
Telefon
221 222 223 224 225 226 227 228 229 230 231 232 233 234 235 236 237 238 239 240 241 242 243 244 245 246 247 248 249 250 251 252 253 254 255 256 257 258 259 260 261 262 263 264
265 266 267 268 269 270 271 272 273 274 275 276 277 278 279 280 281 282 283 284 285 286 287 288 289 290 291 292 293 294 295 296 297 298 299 300 301 302 303 304 305 306 307 308 309 310 311 312 313 314 315 316 317 318 319 320 321 322 323 324 325 326 327 328 329 330
Datum, Unterschrift
331 332 333 334 335 336 337 338 339 340 341 342 343 344 345 346 347 348 349 350 351 352
Namenseintrag Gönnerbande
Ja
Nein
Anzahl Felder
Total Kaufpreis 204/09
Talon bitte heraustrennen und schicken an: Strassenmagazin Surprise, Strassensport, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch