Allein im Exil Minderjährige im Flüchtlingsheim Beweisstück Abfallsack – der Ghüderfahnder ermittelt
Druck, Drill, Disziplin: Schulkritiker Jürg Jegge im Gespräch
Nr. 210 | 9. Oktober bis 22. Oktober 2009 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass.
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BILD: SASCHA EDI WIPF
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10 Erziehung «Mit dem Käse kochen, nicht mit den Löchern» Die Freiräume in der Schule werden kleiner, der Druck kommt von allen Seiten: Leistung, Effizienz, Konformität. Schulkritiker und Pädagoge Jürg Jegge erklärt im Interview, warum im Unterricht heute die Buben zu kurz kommen, was das mit der neoliberalen Erziehung zu tun hat – und wundert sich darüber, was die Leute sich alles gefallen lassen.
14 Abfall Spurensuche im «Ghüder» Ihren Mist in gebührenpflichtigen Abfallsäcken zu entsorgen, ist vielen Leuten zu teuer. Sie benutzen deshalb günstigere, aber unerlaubte Säcke. In mühevoller und aufwändiger Kleinarbeit machen sich in Bern Abfalldetektive auf die Suche nach den Abfallsündern.
BILD: ESTHER MICHEL
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Inhalt Editorial Anno Dummheit Leserbrief Lang lebe Surprise Basteln für eine bessere Welt Bärensprache Aufgelesen O du Fröhliche Zugerichtet Der Kügelidealer Mit scharf Big Brother greift um sich Erwin … und die Putzkolonne Porträt Granaten und Gerstensuppe Gipfeltreffen in Mailand Unsere Nati am Homeless World Cup Wörter von Pörtner Musiker ohne Würde und Talent Songwriting Vom New Wave zur Kammermusik Kulturtipps Der verhinderte Terrorist Ausgehtipps Mord früher, Mord heute Verkäuferporträt «Seit meine Familie hier ist, geht es mir gut» Projekt Surplus Chance für alle! Starverkäufer In eigener Sache Impressum INSP
BILD: THIERRY KLEINER
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16 Jugend «Ich habe jeden Tag Angst» Sie sind alleine unterwegs und kommen aus allen Ecken der Welt: Über 600 Kinder und Jugendliche baten die Schweiz im vergangenen Jahr um Asyl – meist vergeblich. Surprise hat zwei von ihnen getroffen und sie nach ihrer Vergangenheit, ihrer Flucht und ihren Wünschen gefragt.
Titelbild: Plainpicture SURPRISE 210/09
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BILD: DOMINIK PLÜSS
Leserbriefe «Ihr einseitiges Ausrufen für ein Ja zur IV-Zusatzfinanzierung ist keine gute Idee.»
FRED LAUENER, GESCHÄFTSFÜHRER
Editorial Anno Dummheit Erinnern Sie sich noch an die WASA-Studie von 2005? Unter dem Eindruck der stark wachsenden sonderpädagogischen Angebote im Schulbereich wie Sonderklassen, Förderunterricht oder therapeutische Massnahmen wurde die Entwicklung in sechs Kantonen untersucht. Unter anderem waren über 650 Lehrpersonen beauftragt worden, Lösungen zu verschiedenen Problemstellungen respektive Problemkindern vorzuschlagen; so wie sie es auch im Schulalltag taten. Die fiktiven Fälle in der Studie waren immer dieselben. Es ging um Verhaltensauffälligkeiten oder Lernstörungen. Aber die Namen der Schüler wechselten. Mal hiess das Problemkind Mike und sein Vater war Chefarzt. Mal hiess es Anton und kam aus einer einfachen Arbeiterfamilie. Oder Bekir, Einwandererkind aus dem Kosovo. Die Lösungsvorschläge der Lehrer waren erstaunlich: Für den Tunichtgut Mike aus gutem Haus wurde meist eine heilpädagogische Förderung empfohlen, während die Unterschichtler Anton und Bekir mehrheitlich in eine Sonderschule abgeschoben wurden. Schon 1976 wies der Zürcher Lehrer Jürge Jegge in seinem ersten Bestseller «Dummheit ist lernbar» auf diese und andere Mängel in der Schweizer Pädagogik hin. Seither publiziert er regelmässig über Schule und Gesellschaft. Seine neueste Streitschrift ist soeben erschienen. Das Gespräch ab Seite 10. Um Jugendliche geht es auch im Text unseres Mitarbeiters Amir Ali. Über 600 minderjährige Flüchtlinge erreichten letztes Jahr mutterseelenallein die Schweiz. Ihr Asylantrag war zumeist erfolglos – obwohl sie einen besonderen Schutz geniessen sollten. Zwei betroffene Jugendliche erzählen ab Seite 16. Der Gebührensack oder die Abfallvignette sind in vielen Kantonen längst Alltag. Doch wo bezahlt werden muss, wird auch geschummelt. In einigen Städten geht deshalb eine regelrechte Abfallpolizei auf Streife. Der Rapport beginnt auf Seite 14. Ich wünsche Ihnen gute Lektüre.
Lang lebe Surprise Das Strassenmagazin ist eine wirkliche Surprise, jedes Mal. Zum Beispiel die Gerichtskolumne «Zugerichtet» von Isabella Seemann: Mit sorgfältiger Art gelingt es der Autorin, Täterinnen darzustellen, die manchmal gleichzeitig auch Opfer sind. Oder das «Mit Scharf» zur Schweinegrippe: «Die wirkliche Pandemie heisst Gier». Es freut mich sehr, dass Surprise das so deutlich sagt. Und sowieso: Immer öfter sehe ich, dass Surprise wirklich Stellung bezieht für alle die Menschen, die diese Unterstützung wirklich brauchen. Aber: Wir alle brauchen Surprise, lang lebe Surprise. Moritz Jeckelmann, Bern
Nr. 209: «Sagt Ja zu uns!» Überzeugend Gratulation zu Ihrer Titelseite. Eigentlich müsste sie als Abstimmungsplakat breit gestreut werden – das würde die Chancen für die IV-Zusatzfinanzierung vergrössern. Bild und Text überzeugen. Immer nur von den Kosten redet man bei der IV – nie vom Leiden, das in den allermeisten Fällen dahinter steht. Traurig! Sven Siegrist, Zürich
Einseitig Ihr einseitiges Ausrufen für ein Ja zur IV-Zusatzfinanzierung ist keine gute Idee. Wenn schon ausrufen, dann beiden Varianten einen Platz einräumen. Man kann guter Treu auch anderer Meinung sein, wenn man für die Invaliden ist. Mit einem Nein helfe ich, einen Druck aufzubauen, der zu einer Revision führen muss, die den Namen verdient. Dann kommt als Lösung eventuell eine eidgenössische Erbschaftssteuer oder ein anderes Gesetz, das nicht die kleinen Leute belastet. Idda Schneider-Gabriel, Basel Hoffnungsvoll Beim Engagement für die Zusatzfinanzierung der IV zeigt sich Surprise von seiner besten Seite. Das strahlende Titelbild mit der gewinnenden Schlagzeile, das überzeugende Editorial von Fred Lauener und eine interessante Gesprächsrunde unter Fachleuten informieren die Leserinnen und Leser höchst anschaulich und faktenreich über die wissenswerten Aspekte der Abstimmungsvorlage. Hier wird keine Polemik mit dem Anschein von journalistischer Ausgewogenheit «verkauft», sondern es werden die offenen Fragen sorgfältig und transparent diskutiert. Wenn die Leserschaft des Strassenmagazins dank diesen Qualitäten wieder um 15 Prozent wachsen konnte, dann ist das sehr erfreulich und sicher auch ein hoffnungsvolles Zeichen für den Ausgang der IVAbstimmung. Christian Vontobel, Basel
Surprise ist auf Spenden angewiesen. Auch auf Ihre! Herzlichen Dank. PC-Konto 12-551455-3
Herzlich, Ihre Meinung! Bitte schicken Sie uns Ihre Anregungen oder Kritik: Strassenmagazin Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, T +41 61 564 90 70, redaktion@strassenmagazin.ch. Es werden nur Leserbriefe abgedruckt, die mit dem Namen unterzeichnet sind. Die Redaktion behält sich vor, Briefe zu kürzen.
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SURPRISE 210/09
ILLUSTRATION: WOMM
Schneiden Sie die Doppelseiten aus und nähen Sie sie mit Nadel und Faden in der Mitte zusammen. Schneiden Sie den Bären aus und kleben Sie ihn auf das Deckblatt. Schreiben Sie die deutschen Ausdrücke jeweils auf die linke Heftseite und die russische Übersetzung auf die rechte.
Beispiel:
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Deutsch:
Russisch:
Aussprache:
Hallo Bär!
Привет, Медведь!
Privet, Medved!
Willkommen in der Schweiz!
Добро пожаловать в Швейцарию!
Dobro pojalovat v Shveitsariu!
Wie geht es dir?
Как дела?
Kak dela?
Ich hoffe gut!
Я надеюсь, хорошо!
I nadeius,xorosho!
Ich heisse …
Меня зовут …
Menia zavut …
Hast du Heimweh?
Ты тоскуешь по дому?
Ty taskuesh pa domu? Ne petchalsia!
Sei nicht traurig!
Не печалься!
Hast du Hunger?
Ты голоден?
Ty goloden?
Möchtest du eine Karotte?
Хочешь морковку?
Khotchesh morkovku?
Ist Russland schön?
В России красиво?
V Rossii krasivo?
Ich liebe dich.
Я люблю тебя.
Ya lublu tebia …
Mach einen Handstand.
Сделай стойку на руках!
Zdelai stoiku na rukakh!
Lass uns zusammen Bajuschki Baju singen?
Споем вместе Баюшки-Баю?
Spoiom vmeste Baiushki bau
Bis zum nächsten Mal.
До скорого!
Do skorova !
Basteln für eine bessere Welt Der Bärengraben in Bern heisst neu Bärenpark. Ob sich die Mutzen aber wirklich freier fühlen als früher, bleibt dahingestellt. An Heimweh dürften die beiden neuen Bewohner der modernisierten Anlage gewiss ab und zu leiden. Denn Mischa und Mascha stammen aus Russland. Surprise tröstet die armen Tiere – auf Russisch! SURPRISE 210/09
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Aufgelesen News aus den 90 Strassenmagazinen, die zum internationalen Netzwerk der Strassenzeitungen INSP gehören.
Gefährliche Mutprobe Stuttgart. Mädchen lieben es, im Internet zu chatten. Ein Ulmer Polizist erklärt, was daran gefährlich sein kann: «In die Chatforen für Jugendliche gehen auch Männer. Nachdem sie ein Vertrauensverhältnis mit den Mädchen aufgebaut haben, bitten sie um ein Treffen.» Leider ziehe der Reiz des Verbotenen auch im Internet: «Manche sehen das als Mutprobe an. Ich habe eine Sammlung von Abschiedsbriefen, welche die Mädchen in ihrem Zimmer für die Eltern hinterlassen haben – für den Fall, das etwas schiefgehen sollte.»
Einfühlsam lügen München. Psychoanalytikerin Margarete Mitscherlich (97) über das Lügen: «Würden wir alle Phantasien äussern, die wir selbst über unsere liebsten Menschen haben, wäre die Hölle los: Wenn mir jemand eine Phantasie unterstellt, ich sie habe, aber leugne, weil es ihn kränken würde, dann bin ich kein schlechter Mensch, sondern ein einfühlsamer. Andererseits kann es gut sein, über Dinge zu sprechen, damit der andere sich an einer Lösung beteiligen kann. Sexuelle Perversionen etwa hat fast jeder. Sich damit auseinanderzusetzen, kann erleichternd sein.»
O du Fröhliche Berlin. In Indien arbeiten schätzungsweise zehn Millionen Kindersklaven an Produkten, die auch in Deutschland und der Schweiz angeboten werden. Mit Zügen werden die verkauften oder entführten Kinder zu den jeweiligen Arbeitsstätten transportiert. Siebenjährige, die ohne Schutzbrille Metallteile schweissen oder Kleinkinder, die 14 Stunden am Tag Kugelschreiber oder Weihnachtskugeln fertigen, haben es «gut» im Vergleich zu denen, die in den Steinbrüchen Ostindiens landen. http://video.google.com Stichwort: «Kindersklaven»
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Zugerichtet Null Komma drei Gramm und eine letzte Chance Aus dem Innenhof hallt die Parole «One, two, test» in die Stille des Gerichtssaals. Der Soundcheck fürs abendliche Sommerfest vermag des Richters Stimmung nicht zu heben. «Wie erklären Sie, dass Sie heute schon wieder hier stehen?», fragt er misslaunig. Die Worte werden in feinstes BBC-Englisch übersetzt. «Sie sind doch ein intelligenter Mensch, Herr Ugokwe*. Sie haben in Moskau Soziologie studiert», donnert der Richter nun und schlägt nach jeder Silbe mit der Handfläche auf den Tisch. «Weshalb stehen Sie heute wieder hier?» Kleinlaut antwortet Herr Ugokwe: «Wegen meiner Dummheit.» Ein solch gerüttelt Mass an Selbsterkenntnis ist in Gerichtssälen selten, doch der Richter ist unzufrieden. «Lesen Sie Zeitung? Kennen Sie den Begriff Kügelidealer?» Der 35jährige Nigerianer scheint keinen Schimmer zu haben, was die Presse über seinesgleichen schreibt. Dabei hätte ihm das eine Warnung sein können: Seit Kurzem setzen Polizei und Staatsanwaltschaft eine härtere Gangart gegenüber Dealern im Kleinformat ein. Herr Ugokwe ist der Widerhandlung des Betäubungsmittelgesetzes angeklagt. Es konnte ihm der Handel mit drei Kügelchen Kokain à 0,1 Gramm nachgewiesen werden. Die Staatsanwältin fordert eine unbedingte Gefängnisstrafe von zwölf Monaten. Früher hat er für ähnliche Taten höchstens gemeinnützige Arbeit aufgebrummt bekommen. Er ist vierfach einschlägig vorbestraft und nie reibungslos durch eine Bewährungszeit gekommen. «Sie haben eine Ehefrau und zwei Töchter. Weshalb dealen Sie mit Drogen?»,
fragt der Richter und schüttelt resigniert den Kopf. Herr Ugokwe sieht nicht aus wie jene Möchtegern-Gangsters, die sich mit Schirmmützen und schweren Pseudo-Goldketten an den Drogenumschlagplätzen der Stadt herumtreiben. Seine jugendliche Frische, die JohnLennon-Brille und die gebügelte Jeans lassen ihn eher wie einen frommen Studenten wirken. Seit zehn Jahren wohnt er in der Schweiz, mit C-Bewilligung, zum dritten Mal verheiratet, seine Frau arbeitet als Putzfrau, die Familie lebt von der Sozialhilfe. «Ich habe das Geld gebraucht», sagt er. Routiniert entgegnet der Richter: «Sie werden ja weiterhin Geld brauchen. Wollen Sie auch weiterhin dealen?» – «Nein, ich möchte mein Leben ändern», sagt Herr Ugokwe. «Geben Sie mir eine Chance.» Er hat eine Pflichtverteidigerin, die gut vorbereitet ist. Sie will den Richter davon überzeugen, dass es sich bei den schwarzafrikanischen Kügelidealern um ein komplexes gesellschaftliches Problem handle, das nicht im Gerichtssaal gelöst werden könne. Zur Anklage stünden hier lediglich der Handel mit 0,3 Gramm Kokain – und nichts anderes. Gleich werden die Richter und Gerichtsschreiberinnen, die Weibel und Sekretärinnen aus ihren Büros zum Partyzelt schwärmen. Herr Ugokwe erhält die letzte Chance, sein Leben und das seiner Familie auf die Reihe zu bringen: sechs Monate Freiheitsstrafe, aufgeschoben bei einer Probezeit von vier Jahren. Im Hof stimmt die Band den ersten Song an. * Namen geändert
ISABELLA SEEMANN (ISEE@GMX.CH) ILLUSTRATION: PRISKA WENGER (PRISKAWENGER@GMX.CH) SURPRISE 210/09
Überwachung Big Brother und Kleingeister Die Datensammler bei Staat und Industrie können nach Belieben schalten und walten. Der Bevölkerung gibt sorglos ihre Bürgerrechte preis, solange nur der eigene Lohn ein Geheimnis bleibt. VON RETO ASCHWANDEN
Am 24. Oktober werden zum zehnten Mal die Big Brother Awards (BBA) verliehen. Diese Preise gehen jedes Jahr an Personen und Institutionen, die schwerwiegende Datenschutzverletzungen begangen haben. Die Preisträger erscheinen in aller Regel nicht zur Übergabe. Doch darum geht es auch nicht. Wichtiger ist, dass die BBA bald die letzte Bastion bilden für all jene, die Datenschutz und Persönlichkeitsrechte noch ernst nehmen. Denn vor aller Empörung ist es erst einmal erstaunlich, mit welcher Gleichmut die rasante Ausbreitung von Überwachungsmassnahmen hingenommen wird. Proteste oder nur schon öffentliche Diskussionen als Reaktion auf Datensammlungen sind heutzutage nicht die Regel sondern die Ausnahme. Als Google Street View (für einen BBA nominiert) diesen Sommer Strassen und Gebäude aus der Schweiz online stellte, fanden sich viele Leute im Internet wieder. Die Gesichter waren teilweise nicht unkenntlich gemacht worden, was unangenehme Folgen hatte, etwa für Familienväter, die gerade aus dem Bordell kamen, als der Google-Bus mit der Rundumkamera vorbeifuhr. Unterdessen reichten die amtlichen Datenschützer Klagen ein. Ebenfalls Ärger gab es vor einigen Wochen, als der Bund bekannt gab, die Beteiligung an der so genannten Schweizerische Arbeitskräfteerhebung (SAKE) sei fortan obligatorisch. SAKE wird telefonisch durch ein privates Meinungsforschungsinstitut durchgeführt und beinhaltet Fragen zu Arbeit, Lohn und privaten Verhältnissen. In den Leserbriefspalten und Internetforen kochte die Volksseele über: Zwangsweise seine ganze Existenz offen legen – was für eine Sauerei! Das ist es in der Tat. Bloss ist dieser Protest ein Aufstand der Selbstgerechten. Dieselben Leute kümmert es ansonsten nämlich herzlich wenig, wenn unter irgendeinem Vorwand eine neue Datensammlung gestartet wird. Ende September stimmten die Stadtzürcher mit 73 Prozent
ERWIN
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für die so genannte Gamma-Datenbank (ebenfalls BBA-nominiert), mit der die Polizei im Umfeld von Sportveranstaltungen jeden fichierchen darf, der irgendwie gewaltbereit sein könnte. Die stramm bürgerliche NZZ kommentiert nach dem Urnengang: «Die Unschuldsvermutung, die laut Völkerrecht und Bundesverfassung für alle noch nicht straffällig gewordenen Personen gelten soll, wird zumindest empfindlich geritzt.» Auf der gleichen Doppelseite fand sich eine Kurzmeldung, wonach der Bund Rasern künftig GPS-Geräte in die Autos einbauen möchte, um stets über Standort und Tempo des Betreffenden informiert zu sein. Auch diese Massnahme würde eine Volksabstimmung problemlos bestehen. Es sind nämlich immer die anderen: Wer nicht randaliert, braucht keine Angst vor Gamma zu haben. Wer sich ans Tempolimit hält, kann Anti-Raser-Massnahmen bedenkenlos gutheissen. Wer nichts zu verbergen hat, hat nichts zu befürchten – der Standartsatz der grosskotzigen Kleingeister. Und so geben wir weiterhin für Cummulus- und Supercard-Punkte unsere Konsumgewohnheiten preis, veröffentlichen unser Privatleben bei Facebook und installieren Überwachungskameras an jeder Ecke. So richten wir unser Leben sicher und gemütlich ein. Solange bloss der Staat nicht kommt und wissen will, wie viel wir verdienen. Denn das geht Big Brother und Vater Staat nun wirklich nichts an. ■
und die Putzkolonne
VON THEISS
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Porträt Granaten und Gerstensuppe Dass sie mit 25 Jahren Nahostkorrespondentin der NZZ wurde, verdankte Karin Wenger neben Talent auch höherer Gewalt. Eigentlich wollte sie Bäuerin werden, doch nun wird sie bald für Radio DRS aus Indien berichten. VON STEFAN MICHEL (TEXT) UND YOSHIKO KUSANO (BILD)
Über die ersten Stufen der journalistischen Karriereleiter hatte sich Karin Wenger hinweg geschrieben, als sie mit 24 als Volontärin der Neuen Zürcher Zeitung nach Israel und Palästina reiste. «Ich war extrem schockiert, extrem beeindruckt und ich merkte, dass ich überhaupt nichts verstand.» Sie entschied, ihr Studium in Palästina fortzusetzen. An der Birseit-Universität bei Ramallah schrieb sie ihre Lizenziatsarbeit über das Selbstverständnis der Medienschaffenden in Israel und Palästina und lernte den Krieg von innen kennen. Die junge Frau aus der Schweiz war willkommen: «Die Menschen wollen, dass die Welt erfährt, wie es ihnen geht», erklärt Wenger. Natürlich wären viele am liebsten mit ihr in das sichere, reiche Land ausgereist. «Einige machten mir ihre Hochzeitsanträge selber, andere schickten ihre Mutter.» Dann erhielt ihre berufliche Laufbahn den entscheidenden Schub – und zwar von ganz oben: Yassir Arafat, der Übervater der palästinensischen Befreiungsbewegung, starb, und Wenger war eine von ganz wenigen deutsch schreibenden Medienschaffenden, die in den besetzten Gebieten lebten. Der typische Nahostjournalist wohnt in Israel und besucht das palästinensische Gebiet nur stundenweise. Die Neue Zürcher Zeitung erinnerte sich an ihre Volontärin und bestellte den ersten Bericht. Bald war die Studentin der Politikwissenschaft eine gefragte Autorin, neben der NZZ auch bei der Financial Times Deutschland und Spiegel online. «Es kommt mir schon weit weg vor», erzählt die 30-Jährige in einem Berner Café, während sie ihr Birchermüesli löffelt. Vor einem halben Jahr kam sie zurück in die Schweiz, nach über vier Jahren in Ramallah, Gaza und Damaskus. Satz für Satz taucht sie wieder ein in das Leben zwischen Checkpoints, Beschuss und dem palästinensischen Alltag, der keineswegs nur kriegerisch sei. «Ich wollte nicht nur über die grosse Politik schreiben, sondern zeigen, wie die Menschen leben und wie die dauernden Schikanen zu einer unheimlichen Wut führen.» Karin Wengers Reportagen handelten von Leuten beidseits der Grenze, deren Schicksal der Kampf um das Heilige Land ist. Sie liess Bauern zu Wort kommen, die nichts weiter wollen, als ihre Kinder grossziehen und ihre Felder bestellen. Sie interviewte Hamas-Kommandanten und junge Aktivisten, die selbstgebaute Raketen nach Israel schiessen. Tagebuchnotizen und Interviews mit israelischen Elitesoldaten und palästinensischen Widerstandskämpfern verdichtete sie zu ihrem Buch «Checkpoint Huwara». Der Horror des Kriegs scheint Wenger nicht verbittert zu haben. Sie spricht in kurzen präzisen Sätzen und mit ruhiger Stimme. Mitgefühl für die Opfer, Empörung über Ungerechtigkeit, die Sachlichkeit des NZZAuslandteils und eine jugendliche Freude am Beruf gehen bei ihr Hand in Hand. «Mir half, dass ich Vieles als Journalistin wahrnehmen und darüber schreiben konnte», erklärt sie, «zum Beispiel, wenn ich Stunden an einem Checkpoint stand.» Der Gefahr wich sie aus, so gut es eben ging. «Aber ein paar Mal war ich schon zu nahe dran, wenn Granaten aus Israel einschlugen.» Wichtig war für sie auch der Austausch mit den
Menschen im jüdischen Staat, um nicht einseitig zu werden. «Selbst aufgeschlossene Israeli haben zum Teil keine Ahnung, was in den besetzten Gebieten vor sich geht. Die waren schockiert von meinen Erzählungen und sind in einem riesigen Dilemma.» Das Pendeln zwischen Welten ist der im zürcherischen Bassersdorf aufgewachsenen Schweizerin in die Wiege gelegt worden. Ihre Eltern leben getrennt. Der Vater ist Maler, Bildhauer und Grafiker, stellt aus, reist viel. «Er hat den Blick für das Andere», beschreibt sie, ohne konkret zu werden. Aufgewachsen sind sie und ihre Schwester bei der Mutter, einer bodenständigen, sozial engagierten Frau. «Ich bin froh um mein Elternhaus. Man braucht Boden, um in den besetzten Gebieten arbeiten zu können. Als Zweifler geht das nicht.» Als Kind wollte sie Bäuerin werden, verbrachte manche Ferienwoche im Landdienst. Auf einer Südamerikareise nach der Matura arbeitete sie als Gaucha im argentinischen Hochland. Andere Welten zu entdecken wurde bald zu wichtig, um sich an die Schweizer Scholle zu binden. Im mexikanischen Chiapas begleitete sie als internationale Beobachterin Indigene, um diese vor Übergriffen zu schützen. Dass sie dazwischen auch als Snowboardlehrerin der Schweizer Spassgesellschaft diente, sieht sie nicht als Kontrast. «Ich bin überhaupt nicht spassfeindlich. Ich hatte auch in den besetzten Gebieten Spass, ging an den Strand und feierte Partys.» Nur für das Vergnügen zu leben, das wäre ihr freilich zu wenig. «Ich will reisen, Geschichten hören, Geschichten erzählen.» Zurück in die Schweiz kam die Journalistin, um sich auf den nächsten Auslandaufenthalt vorzubereiten. Noch im Nahen Osten, erhielt sie ein Jobangebot der Auslandredaktion von Radio DRS. Sie aber wollte noch nicht in die Schweiz zurück. «Dann war da noch diese Korres-
«Die Menschen in Palästina wollen, dass die Welt erfährt, wie es ihnen geht.»
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pondentenstelle in Indien frei – ich bewarb mich und bekam den Job», erklärt sie, als sei es das Normalste der Welt. In den vergangenen sechs Monaten erlernte sie in Bern das Handwerk des Hörfunks. In wenigen Tagen tritt sie ihre neue Stelle in Delhi an. Nach der Enge der besetzten Gebiete wird sie nun aus Indien, Afghanistan, Pakistan, Nepal, Bangladesh und Sri Lanka berichten. Kriege werden dort so erbittert geführt wie in Nahost, das Elend ist in einigen Gebieten noch grösser. Irgendwann in den nächsten Wochen wird ein Container in Delhi eintreffen, der neben ihrem Bett und etwas getrockneter Gerstensuppe auch die Ausrüstung eines kleinen Radiostudios enthält. Das wird sie einrichten, sich um die nötigen Bewilligungen und Akkreditierungen bemühen, ein Büro finden, Leitungen legen lassen. Sie muss ein Beziehungsnetz aufbauen, Menschen kennenlernen: Unter 1,4 Milliarden muss sie die Leute finden, die ihr die Geschichten jenseits der Schlagzeilen liefern. Und einen Platz für ihr Bett hat sie auch noch keinen. «Ich habe mich schon gefragt, ob ich das alles überhaupt schaffe. Aber es ist so lebendig und spannend. Da passiert so viel, von dem wir keine Ahnung haben.» Werden wir doch – sobald Karin Wenger auf Sendung geht. ■
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Erziehung «Jugendgewalt ist die Vogelgrippe der Pädagogik.» Jürg Jegge gehört zu den pointiertesten Kritikern des Schweizer Schulwesens. Auch im Pensionsalter gibt der Zürcher Pädagoge keine Ruhe. Soeben hat er eine neue Streitschrift gegen die «neoliberalen Verheerungen» in Schule und Gesellschaft veröffentlicht. Ein Gespräch über Jugendgewalt, eine Krankheit namens «Vergleichitis» und das Kochen mit Käse.
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VON RETO ASCHWANDEN (INTERVIEW)
Zur Person
UND SASCHA EDI WIPF* (BILDER)
Herr Jegge, nach der Lektüre Ihres neuen Buches «Fit und fertig» fühlte ich mich deprimiert. Wieso? Sie schreiben davon, wie Menschen kaputt gespart werden – ein düsteres Bild unserer Welt. Es ist eine Tatsache, dass die Reichen immer reicher werden und die Armen immer ärmer. Und es ist ebenfalls eine Tatsache, dass der Neoliberalismus sich quer durch unsere Gesellschaft frisst. Nun kommt eine Generation, die nichts anderes mehr kennt, die in der Schule von Anfang an auf Konkurrenz und Effizienz getrimmt wurde. Ich finde es richtig, das zu zeigen – ohne Beschönigung und Schnörkel. Sie kritisieren, dass die Schüler heute auf eine neoliberale Norm getrimmt werden. In den Lehrerzimmern und Schulbehörden gibt es allerdings sehr viele Leute, die wie Sie aus einem 68er-Umfeld kommen. Das stimmt schon. Aber viele Leute in den Schulbehörden sehen die negativen Folgen ihrer Normierungsbestrebungen nicht. Messbarkeit und Vergleichbarkeit schaffen doch objektive Kriterien. Dadurch spielt es keine Rolle mehr, ob der Vater vom Züriberg kommt oder aus Anatolien, sondern die Leistung zählt. Das ist fairer. Und dann vereinheitlicht man Kriterien auch noch von Kalkutta bis Novosibirsk. Dabei sind die Verhältnisse überall anders. Das ist auch der «Seich» mit dieser PISA-Studie: Ganz vorn liegen die Finnen, die seit Jahren eine sozialdemokratische Schulform pflegen. Dann kommen aber bald mal die Koreaner, wo im Stil der 50er unterrichtet wird. Was sollen also diese Vergleiche? Wichtiger wäre doch, bei uns zu schauen, dass wir die jungen Leute befähigen, hier vernünftige Arbeit liefern zu können. Die «Vergleichitis» bringt gar nichts. Trotzdem: Vergleichen wir mal in der historischen Perspektive. Sie haben drei Generationen der Schule miterlebt: als Schüler in den 50er-Jahren, dann als Lehrer in den 70ern und heute als Schulkritiker. War womöglich das alte System letztlich nicht besser als das heutige: statt Gleichmacherei eine Art wohlmeinende Willkürherrschaft? Es kommt in etwa aufs selbe raus. Mein Vater war Lehrer, dadurch bin ich relativ schlank durchgerutscht. Dran gekommen sind die aus den unteren Schichten. Das ist auch heute noch so, nicht mit Schlägen, dafür werden sie mit zynischen Sprüchen blöd hingestellt. Ungerecht ist beides.
Jürg Jegge (1943) arbeitete zunächst als Primar- und Sonderschullehrer. 1976 erschien sein erstes Buch «Dummheit ist lernbar», eine erfolgreiche Streitschrift gegen eine Bildungspolitik, die Schulversager nicht unterstützt, sondern überhaupt erst erzeugt. Später folgten weitere Bücher zu Schule und Bildung. Jegge betätigte sich ausserdem als Liedermacher, war Radiomitarbeiter und gab auch ein kurzes, kontroverses Gastspiel als Moderator beim Schweizer Fernsehen. Seit 1985 leitet er die Stiftung Märtplatz. Soeben erschien im Limmat Verlag sein neustes Werk «Fit und fertig – Gegen das Kaputtsparen von Menschen und für eine offene Zukunft.»
die Hausaufgaben und führen das Heft sauber. Und vor allem kann ein Mädchen den Lehrer so anschauen, dass der meint, es passe auf. Das reicht für einen Vierer. Im neuen Buch präsentieren Sie einen «Disziplinplan», auf dem eine Schulbehörde verschiedene Vergehen und die angedrohten Massnahmen aufführt. Rauchen und freche Bemerkungen gegenüber Erwachsenen gehören dabei in dieselbe Kategorie wie Schlägereien. Dieser Unsinn ist weit verbreitet. Ich habe im Buch absichtlich nicht angegeben, aus welcher Schulgemeinde das Dokument stammt, denn es gibt viele, die solche Regelungen haben. Lassen Sie uns über die Jugendgewalt sprechen. Die Vogelgrippe der Pädagogik. Sie behaupten, es sei primär ein Medienthema. Die Welt ist nicht gewalttätiger geworden. Es ist mir schleierhaft, wie Leute, die den Zweiten Weltkrieg mitbekommen haben, jammern können, die Welt heute sei brutaler. Es handelt sich also um ein reines Wahrnehmungsproblem? Nein, es gibt auch eine gesellschaftliche Übereinkunft, dass man Vieles als Gewalt bezeichnet, das früher anders betrachtet wurde.
«Wer die Welt in den Griff bekommen will, muss sie als Saustall darstellen.»
Welches sind die markantesten Veränderungen im Vergleich zur Schule früher? Die Freiräume werden kleiner, denn der Druck kommt von allen Seiten: Leistung, Effizienz, Konformität. Der bekannte Schweizer Kinderarzt Remo Largo beklagt, die Buben kämen im Unterricht heute im Vergleich zu den Mädchen zu kurz. Das hat meiner Meinung nach nichts mit dem Geschlecht zu tun, sondern damit, dass die Schule in erster Linie Anpassungsleistungen honoriert. Mädchen werden auch heute noch früh zur Anpassung erzogen: Sie kommen selten zu spät, machen SURPRISE 210/09
Es wird schneller Alarm geschlagen? Ja. Früher hat man sich regelmässig mit den Bewohnern des Nachbardorfs geprügelt. Alte Leute erzählen manchmal mit leuchtenden Augen von solchen Raufereien. Aber wenn ein paar Junge mit Bierdosen vor dem Gartentörchen hocken, ruft man die Polizei. Wir leben heute so verdichtet, auf derart engem Raum, dass viel mehr Leute auf einem Haufen sind als noch vor 20 Jahren. Und so entsteht der Eindruck, die Gewalt nehme zu. Immer mehr Leute auf engem Raum sind das eine. Zum anderen herrscht auch eine Anspruchsmentalität: Bedürfnisbefriedigung sofort, ohne Rücksicht auf andere. Das ist einer der «Erfolge» der neoliberalen Erziehung.
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In der Schule gibt es, wie erwähnt, klare Verhaltensregeln. Aber am Samstagabend im Ausgang landet der Abfall auf dem Boden. Wer reklamiert, wird angepöbelt oder gar verprügelt. Natürlich. Aber die Jugendlichen haben doch gelernt, dass man das nicht macht. Das nützt nichts. Das sind rein formale Sachen, so was wie Sandförmchen. Wenn es kein Bindemittel gibt, zerfällt der Sandkuchen sobald man die Form wegzieht. Aber noch einmal: Es gibt ein Gewaltphänomen, aber nicht in dem Ausmass, wie behauptet wird. Wer hat denn ein Interesse an der Übertreibung? Der Soziologe Kurt Imhof sagte kürzlich an einer Tagung: Bei der Gewaltdiskussion trifft das Machtstreben der Rechten auf die Gefühligkeit der Linken. Die ganzen Sozialarbeiter im Saal waren gar nicht begeistert. Ich glaube, es haben alle ein Interesse: Kindergärtner, Lehrerinnen und Sozialarbeiter können erklären, wie schwer es ist im Leben und was sie Gutes tun können. Und den Rechtspolitikern kommt es gelegen, denn eines ist klar: Wer die Welt in den Griff bekommen will, muss sie als Saustall «Abrichten, darstellen.
nicht mit den Löchern. Abrichten, damit jemand funktioniert, das ist keine Methode für Menschen, das macht man mit Hunden. Der Märtplatz ist eine Nische für die jungen Leute, die hier eine Ausbildung machen können – wie weit haben Sie sich damit auch selber eine Nische eingerichtet? Es ist immer beides. Ich habe mehr von meinem Leben, wenn die Menschen um mich herum auch etwas von ihrem haben. Hinter der Frage steht im Prinzip eine alte Unterstellung: Entweder ist einer ein Gutmensch oder ein Arschloch. Aber im Grund genommen gehört beides zusammen. Ein typischer Gutmensch sind Sie ja nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ihr Publikum aus dem Sozi-Milieu Freude hat, wenn Sie in Ihren Büchern mit Ihrem Alkoholkonsum kokettieren. (lacht) Und zwar nicht nur theoretisch. Die Idee zum Märtplatz ist ja angeblich bei einem Doppelliter Veltliner entstanden.
damit jemand funktioniert, das ist keine Methode für Menschen, das macht man mit Hunden.»
Und den Menschen damit Angst machen. Sie beschreiben die Angst als einen der grossen Motoren der Menschheit: Man passt sich an und versucht, möglichst effizient zu funktionieren. Woher kommt diese Furcht? Es geht um Verlustängste, Existenzängste, solche Sachen. Leute, die als Kind starke Liebe erfahren haben, reagieren vielleicht weniger mit Angst, die sind womöglich stärker. Ich wundere mich immer wieder, wieso sich die Menschen so viel gefallen lassen. An der Urne wird zwar vielleicht mal die eine oder andere Privatisierung abgelehnt. Momentan sind alle sauer auf die Manager, die noch immer hohe Boni beziehen. Die Fähigkeit zur Empörung wäre also da. Aber es geht niemand hin und zündet den Bonzen die Häuser an. Oder sprayt zumindest ein paar Parolen drauf. Alle leiden schön nach Sparten getrennt. Wenn sich die Lehrer beklagen, heisst es: Ja, ihr mit den vielen Ferien. Sind es die Ärzte, die ausrufen, antwortet man: Ihr mit den Swimmingpools. Alle sind im eigenen Schema drin. Vielleicht braucht es einfach noch mehr Zeit, bis sich Lehrer, Ärzte, Sozialarbeiter, Kunstschaffende zusammentun und sagen: So können wir nicht arbeiten. 1985 haben sie den Märtplatz gegründet, eine Einrichtung, in der Jugendliche wohnen und eine Berufslehre machen können, die mit den Bedingungen der freien Wirtschaft nicht zurecht kommen. Wie machen Sie Ihre Schützlinge fit für den Wettbewerb draussen? Erst einmal: Das «Geschützte» am Umfeld hier ist, dass die Leute nicht gleich rausgeknallt werden, wenn Zwischenfälle passieren. Wir packen aber niemanden in Watte. Sie wollen Selbstständigkeit und innere Stärke fördern. Gleichzeitig müssen Sie Ihre Lehrlinge vorbereiten auf diese normierte und effizienzgesteuerte Welt draussen. Das wirkt wie ein Widerspruch. Ist es auch. Wir leben ja nicht völlig losgelöst von der Aussenwelt. Unsere Theaterwerkstatt etwa übernimmt auch externe Aufträge. Wenn die Lehrlinge ein Bühnenbild herstellen, dann werden auch mal Nachtschichten nötig. Sie vertragen keinen permanenten Druck und Drill, schafft man aber die richtigen Rahmenbedingungen, sind sie auch unter Stress zu tollen Leistungen fähig. Man muss mit dem Käse kochen, SURPRISE 210/09
Das ist richtig. Wir waren zu dritt: Lorenz Bosshard, der heute hier als Lehrmeister arbeitet, ich und der Doppelliter. Der Märtplatz erlaubt Ihnen, genussvoll den eigenen Weg zu gehen. Ja, aber man muss schon sehen: Ich bin ja eine eher unbedeutende Figur. Keine mit Vorbildfunktion? Die Leute haben halt was zu grinsen. Nach dem Erscheinen von «Dummheit ist lernbar» im Jahr 1976 wurde ich eine Zeit lang als Wanderprediger rumgereicht und bin mir vorgekommen wie eine Art Pädagogik-Emil. Ein Hofnarr? Das ist kein Nachteil. Mit einem schlechten Ruf lebt sichs ungeniert. ■ *Sascha Edi Wipf absolviert bei Märtplatz im dritten Lehrjahr die Ausbildung zum Fotografen.
Stiftung Märtplatz Der Märtplatz ist eine Ausbildungsstätte in Rorbas (ZH) für «Jugendliche mit Startschwierigkeiten». Gegründet wurde die Einrichtung 1985 von Jürg Jegge und Lorenz Bosshard. Heute bietet Märtplatz Unterkunft und Ausbildung für etwa 25 junge Menschen, die ohne Zeit- und Profitdruck in zehn verschiedenen Bereichen – unter anderem Gastronomie, Fotografie und Schneiderei – einen Lehrabschluss machen können. Betreut werden die Lehrlinge von 15 Ausbildnern, alles Fachleute auf ihrem Beruf, Sozialarbeiter hingegen gibt es keine. Märtplatz finanziert sich durch Beiträge, die von IV oder auch der Jugendanwaltschaft für die einzelnen Jugendlichen überwiesen werden, Subventionen bezieht der Betrieb keine. Laut Gründer und Geschäftsführer Jürg Jegge ist die Erfolgsquote sehr hoch: «Mehr als die Hälfte unserer Ehemaligen lebt ohne Unterstützung durch die öffentliche Hand. Ein weiteres Drittel ist in Teilzeitpensen im ersten Arbeitsmarkt tätig.»
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Abfall Sack für Sack gegen die Willkür In vielen Städten gibt es offizielle Abfallsäcke. Wer seinen Mist nicht darin entsorgt, verstösst gegen die Regeln. In Bern stöbert «Ghüderdetektiv» Paul Zurflüh die Abfallsünder auf. VON JULIA KONSTANTINIDIS (TEXT) UND THIERRY KLEINER (BILD)
Donnerstag, zehn Uhr morgens. Paul Zurflüh steht am ersten Tatort dieses Tages. Buristrasse, Quartier Ostring, Bern. Das Corpus Delicti ist schnell gefunden, es liegt am Strassenrand. Zurflüh holt einen Nummernzettel und seine digitale Kompaktkamera aus dem Auto. Routiniert klebt er eine gelbe Etikette mit Ort, Zeit und Datum auf das Beweisstück, den Zettel mit der Nummer daneben. Er drückt auf den Auslöser der Kamera, packt das Stück, trägt es zum Kastenwagen und wirft es auf die Ladefläche. Im Laufe des Tages werden sich dort die Beweise stapeln. Paul Zurflüh, Angestellter der Abfallentsorgung Bern, ist Ghüderpolizist und jeden Tag mit seinem Wagen auf Achse, auf der Jagd nach falsch entsorgtem Abfall. Wie derjenige, der an der Buristrasse in einem schwarzen 35-Liter-Sack deponiert wurde. Weil seit zweieinhalb Jahren der Haushaltabfall nur noch in den gebührenpflichtigen blauen Abfallsäcken der Stadt Bern auf die Strasse gestellt werden darf, liessen die Müllmänner den gebührenfreien schwarzen Sack stehen und alarmier-
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ten Zurflüh. Bei 227,9 Kilo Hauskehricht pro Einwohner im letzten Jahr ist der Prozentsatz des so falsch entsorgten Mülls verschwindend klein: Er liegt unter 0,1 Prozent. Doch Bern tut alles, um sein Image als Schmuddelstadt loszuwerden. Auch wenn dazu die falschen Abfallsäcke einzeln eingesammelt werden müssen. 2008 wurden rund 2300 Säcke «beschlagnahmt». In 400 Fällen wurde eine Anzeige bei der Polizei eingereicht. Was diese Arbeit die Abfallentsorgung Bern kostet, ist nicht genau zu beziffern, der Posten ist in der Jahresrechnung integriert. Der Betriebsaufwand für die Abfallentsorgung lag im letzten Jahr bei 29,59 Millionen Franken. Der Ertrag, der mit Abfallbussen und anderen diversen Einnahmen erzielt wurde, wird in der Jahresrechnung der Abfallentsorgung mit 0,1 Millionen Franken angegeben. Für das unkorrekte Deponieren von Abfällen konnten letztes Jahr ungefähr 800 Aufwandrechnungen geschrieben werden. Während Paul Zurflüh durch die Berner Altstadt fährt und mit geübtem Blick die Abfallcontainer und –säcke kontrolliert, knackt es erneut im Funkgerät. Diesmal liegt am Kalcheggweg ein schwarzer 60-LiterSURPRISE 210/09
Abfallsack. Zwar klebt eine der Abfallmarken dran, die vor der Zeit der blauen Säcke gültig waren – der Abfallsünder hat vielleicht in bester Absicht gehandelt. Doch Zurflüh kennt kein Pardon: Gelbe Etikette, Nummernzettel, Beweisfoto und ab in den Kastenwagen mit dem Sack. «Man muss am Ball bleiben», ist Zurflüh überzeugt und erklärt selbstironisch, er sei stets am «Puls des Ghüders». Der 56-Jährige ist ein bodenständiger Berner und die Gemütsruhe, mit der er seinem Job nachgeht, hilft ihm, nicht am Sinn seiner Arbeit zu zweifeln: «Der Aufwand ist grösser als der Ertrag», meint er, auf die Erfolgsquote seiner Arbeit angesprochen. Denn die falschen Säcke einzeln einzusammeln, ist das eine. Das andere ist, die Identität des Abfallsünders zu finden. Obwohl oft von Nachbarn, Hausabwarten oder gar von ehemaligen Abfallsündern selbst Hinweise eingehen, braucht Zurflüh einen unabhängigen Beweis, sei es für die «Abfallentsorgung zur Unzeit» oder «illegal bereit gestellten Abfall»: «Solange ich die Person nicht anhand ihrer Personalien überführen kann, ist nichts zu machen.» Deshalb muss er den Abfall nach Indizien auf die Identität der Abfallsünder durchsuchen. Doch die Entsorger wissen oft, dass sie etwas Falsches tun und vermeiden tunlichst, in ihrem Müll Spuren ihrer Person zu hinterlassen. Ganz perfide Zeitgenossen geben sich dem Ghüderpolizist gar zu erkennen: «In Bümpliz treffe ich regelmässig einen Mann, der mir zuschaut, wie ich seinen schwarzen Sack mitnehme. Er lacht und sagt, dass ich darin nichts finden werde.» Natürlich fühle er sich dann verarscht. Für viele ist Zurflüh der Buhmann: «Die sehen mich und sagen, aha, wegen Ihnen musste ich eine Busse bezahlen.» Doch Mitleid hat er nicht. Ausser vielleicht, wenn es sich um alte Menschen handelt. «Wenn ich mir eine alte Frau vorstelle, die nur von der AHV und der Ergänzungsleistung lebt …» Absolut kein Verständnis hat er für Advokaten oder Ärzte, die sich nicht um die korrekte Entsorgung ihres Abfalls scheren und am Schluss noch ihren Putzfrauen die Schuld am Fehler geben. Aber eben, oft genug verschwindet die Identität der Abfallsünder zusammen mit ihrem ganzen Mist in den Müllbergen der Berner Kehrichtverwertungsanlage. Im letzten Jahr betrug der Anteil von illegal entsorgtem Abfall insgesamt 1507 Tonnen – bei einer totalen Abfallmenge von 65 400 Tonnen.
könnte. Der ehemalige Besitzer des 60-Liter-Sacks, der als nächster geschlitzt wird, feiert offensichtlich gerne Partys: Dutzende von Bierbüchsen, Verpackungen von Zigarettenstangen, eine leere Jack DanielsFlasche – alles ziemlich versifft. Paul Zurflüh dreht und wendet mit behandschuhten Händen und gezielten Griffen die grössten Stücke. Doch auch hier wird er nicht fündig, keine Adresse, kein Name. Im ersten der vier Säcke aus dem Marziliquartier sind viele Petflaschen und zerissene Fotos. Vielleicht eine zerflossene Liebe? Die Schnipsel häufen sich auf der Arbeitsfläche, solches Material ist interessant für Paul Zurflüh. Auf einem Stück sind ein Poststempel zu erkennen und der Anfang eines Strassennamens. Wie bei einem Puzzle setzt Zurflüh die Schnipsel aneinander – vergebens. Als nächstes fischt er einen Werbeprospekt aus dem Unrat. Und hat endlich Glück. Das Magazin ist mit einer persönlichen Adresse versehen. Schnell werden der
«Manche Leute verstehen nicht, weshalb man für Abfall bezahlen soll.»
Verräterische Werbung Im Marziliquartier liegen vor einem etwas schäbigen Wohnblock gleich vier schwarze Säcke zum Abholen bereit. «Wenn die Leute aufs Budget schauen, wird oft falsch entsorgt», weiss Paul Zurflüh. Er kennt die Stadt und ihre Einwohner, an gewisse Orte kehrt er jeden Tag zurück und findet illegal entsorgten Abfall. Denn der Mann hat nicht nur die schwarzen Säcke im Auge, sondern auch illegale Sperrgutdeponien und zu früh auf die Strasse gestellte offizielle Abfallsäcke. An besonders neuralgischen Orten hat die Stadtverwaltung Piktogramm-Schilder aufgestellt, die das Deponieren von Abfall verbieten. «Es ist besser geworden», beurteilt Zurflüh die Situation seit dem Beginn seiner Laufbahn als einer von zwei Ghüderpolizisten vor drei Jahren. Seine Erfolge sind klein und deshalb umso wichtiger. Paul Zurflühs Tour endet in der Kehrichtverwertungsanstalt. Im Bauch der Anlage, dort, wo die Mistkübelautos auf ihren nächsten Einsatz warten, hat er sich einen Arbeitstisch eingerichtet, direkt an der Lade eines der Fahrzeuge. Hier «schlitzt» er die Säcke – auf der Suche nach ihren Besitzern. Eine Scheinwerferlampe beleuchtet die Arbeitsfläche grell, Zurflüh legt den ersten Sack auf den Tisch und öffnet ihn mit einem schnellen Schnitt der Länge nach, Abfall quillt heraus. Der Vergleich mit einem Seziertisch drängt sich unweigerlich auf. Was beim Schlitzen zum Vorschein kommt, ist die reinste Gesellschaftsstudie: Der Sack, der an der Buristrasse stand, wurde wohl von einer Frau gefüllt. Neben Brotresten kommen ein Massageschwamm, eine Spraydose Haarschaum, Modeschmuck und Kosmetika zum Vorschein. Aber nichts, was Paul Zurflüh einen Hinweis zur Identität der Person geben SURPRISE 210/09
Sack und der endgültige Beweis drapiert und noch einmal fotografiert. Dann wandert der zerfledderte Werbeprospekt zusammen mit einem Formular in eine Klarsichtfolie. «Jetzt können wir den Aufwand für die Bearbeitung des falsch entsorgten Abfalls verrechnen», erklärt Paul Zurflüh. Pro Sack sind das ungefähr 86 Franken. Per Post geht die Rechnung an den Abfallsünder im Marziliquartier. Bei den nächsten Säcken findet er keine Anhaltspunkte dafür, wer die falschen Säcke deponiert haben könnte. Dafür bringt ihn der Inhalt einmal mehr zum Sinnieren: Mehrere noch volle Teeschachteln und unangebrochene Pasta-Packungen kommen zum Vorschein. «Da jammern die Leute über die hohen Abfallgebühren, aber wenn sie nur einkaufen würden, was sie wirklich brauchen, hätten sie Geld übrig, um die blauen Säcke zu kaufen.» Doch er weiss auch, dass bei diesem Thema die Meinungen auseinandergehen: «Manche Leute verstehen nicht, weshalb man für Abfall bezahlen soll.» Am Ende dieses Arbeitstages hat Paul Zurflüh 28 schwarze Säcke eingesammelt und geschlitzt, doch nur eine Adresse gefunden. «Das ist eine schlechte Ausbeute», meint er. Doch er bleibt am Ball, auch am kommenden Tag. ■
Weit verbreitete Gebührenpflicht Um die Ausgaben für die immer aufwändiger werdende Abfallentsorgung auszugleichen, wurde in den letzten Jahrzehnten in immer mehr Städten und Gemeinden die gebührenpflichtige Abfallentsorgung eingeführt. In der Deutschschweiz hat sich die verursachergerechte Finanzierung weitgehend durchgesetzt: Gebühren werden mengenbezogen – mit der «Sackgebühr» - erhoben. Das am meisten verbreitete Entsorgungssystem ist die Kombination von mengenbezogener und nicht verursachergerechter Gebühr geregelt – dabei werden Grundgebühren erhoben oder die Finanzierung über Steuermittel ermöglicht. In der Romandie ist die Einführung der verursachergerechten Gebühren noch weniger fortgeschritten als in den deutschsprachigen Kantonen. Abfalldetektive wie in Bern gibt es in einigen grösseren Städten der Deutschschweiz, so etwa in Zürich, Basel, Winterthur oder St. Gallen. Die Vorgehensweise dieser Fahnder ist unterschiedlich, einige Gemeinden führen Stichproben durch, andere gehen regelmässig auf Kontrolle. (juk)
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Die Skilager-Atmosphäre täuscht: Die Zukunft der minderjährigen Asylsuchenden im Zentrum Lilienberg ist ungewiss.
Jugend Geflohen, geprüft, geduldet Kinder und Jugendliche gelten hierzulande als «verletzlichste Kategorie aller Asylgesuchsteller». Doch gerade weil Minderjährige besonderen Schutz geniessen, stehen viele unter dem Generalverdacht des Missbrauchs. Zwei Lebensgeschichten aus dem Zentrum für unbegleitete minderjährige Asylsuchende.
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VON AMIR ALI (TEXT) UND ESTHER MICHEL (BILDER)
Hoch über Affoltern am Albis thront ein riesiges, verwinkeltes Haus. Mit seinen blassen, türkisfarbenen Fensterläden und dem unscheinbaren Türmchen erinnert es an die typische Schweizer Ferienkolonie oder Skilager-Unterkunft. Das Haus auf dem Lilienberg jedoch ist ein Heim der besonderen Art: Im Auftrag des Kantons Zürich von der Fachorganisation AOZ geführt, dient es seit 2006 als Zentrum für Minderjährige, die ohne ihre Eltern oder andere nahestehende Verwandte oder Bekannte in die Schweiz kommen und hier einen Asylantrag stellen. Zu Spitzenzeiten lebten im vergangenen Jahr auf dem Lilienberg über 75 junge Asylsuchende, mittlerweile hat sich die Zahl bei rund 40 Jungen und zehn Mädchen eingependelt, die meisten von ihnen im Teenageralter. Kinder werden wenn möglich bei Verwandten oder Pflegefamilien untergebracht, aber ausnahmsweise leben auch einige Bewohner unter zwölf Jahren auf dem Lilienberg. Verschiedene internationale Abkommen zum Schutz des Kindes gestehen den unbegleiteten Minderjährigen Asylsuchenden, auf Amtsdeutsch UMA, Sonderrechte zu. In einer Weisung des Bundesamtes für Migration (BfM) werden sie als «verletzlichste Kategorie aller Asylgesuchsteller» bezeichnet. Entsprechend fasst man sie in der Asylpraxis etwas sanfter an. Sie haben zwar keine besseren Chancen auf die Gewährung von Asyl. Aber wer minderjährig ist, darf grundsätzlich nicht ausgeschafft werden.
unterschiedlicher nicht sein. Da ist auf der einen Seite die kontaktfreudige 15-Jährige, vor rund acht Monaten aus einem zentralasiatischen Land eingereist, seither im Lilienberg: Das Schweigen der schwarzen Schafe «Ich kenne meine Mutter nicht. Sie starb früh, ich erinnere mich nicht an sie. Irgendwann heiratete mein Vater wieder. Bis dahin war mein Leben zwar hart, aber gut. Als diese Frau auftauchte, wurde alles schlecht. Sie war immer betrunken, und bald begann auch mein Vater zu trinken. Das Geld wurde immer knapper, wir konnten uns kaum mehr etwas zu essen kaufen, meine Schulsachen musste ich mir selbst organisieren. Mein Vater kam ins Gefängnis, ich weiss nicht weswegen. Er kehrte nie zurück. Der Sohn meiner Stiefmutter trank auch viel und konsumierte Drogen. Er war 19, und ich hatte Angst vor ihm. Eines Nachts lag ich krank im Bett und hörte schon, wie er betrunken nach Hause kam. Die Tür meines Zimmers liess sich nicht abschliessen. Es war nicht das erste Mal, dass er mich bedrängte, aber dieses Mal war es wirklich schlimm. Danach konnte ich zu Hause nicht mehr sein. Ich lebte auf der Strasse, zusammen mit anderen, verkaufte Zeitungen oder andere Dinge, sang auf der Strasse. Eines Tages fragte mich eine Frau nach meinen Eltern. Sie hatte schon öfters etwas gekauft von mir. Ich mochte das Gefühl, das sich jemand für mich interessiert. Die Frau meinte, sie könne mir helfen. Sie gab mir ein Zugticket und sagte, ich solle verreisen, woanders könne ich ein besseres Leben haben.» Was Asylsuchende auf ihren Reisen tatsächlich alles erleben, wer ihnen bei der Flucht hilft und mit welchen Motiven, bleibt meist im Dunkeln. Es liegt aber auf der Hand, dass Jugendliche besonders einfach auszubeuten sind, sei es sexuell oder etwa als Drogenkuriere. Sie sind den Leuten, die ihnen die Reise organisieren, ausgeliefert und zu Dank-
Geduldet zwischen den Paragrafen Im Jahr 2008 reisten 631 UMA in die Schweiz ein, 389 «Fälle» wurden vom BfM erledigt, gerade einmal 25 Minderjährige erhielten Asyl. Für die jungen Leute ist es besonders schwierig, die Kriterien zu erfüllen. Politische Verfolgung können sie kaum geltend machen. Und auch wenn in ihrer Hei«Ich wollte meine Heimat nicht verlassen. Es standen mat Krieg herrscht, kommen sie in Erkläwichtige Prüfungen in der Schule an.» rungsnotstand: Dass alle Angehörigen tot oder vermisst sind, diese Geschichte glaubt einem barkeit verpflichtet. Der Preis dafür wird nicht nur mit Geld, sondern an der Grenze längst niemand mehr einfach so. Doch auch bei einem auch mit Schweigen bezahlt. Nichteintretensentscheid (NEE) oder einem abgelehnten Gesuch muss Der zweite Bewohner des Lilienbergs, der seine Geschichte erzählt, die Rückführung in die Heimat häufig warten. Das Herkunftsland muss ist ein 17-jähriger Ostafrikaner. Er gehört wegen seiner Herkunft und vom Bund als sicher eingestuft werden. So erhalten die meisten Kinder Hautfarbe zu der Gruppe der Asylsuchenden, denen an der Grenze am und Jugendlichen zwar negative Entscheide, bleiben aber dennoch in meisten Misstrauen entgegengebracht wird, die in der Bevölkerung am der Schweiz, bis sie volljährig sind. meisten auffallen, die am häufigsten von der Polizei kontrolliert werWer sich dem Zentrum Lilienberg nähert, wähnt sich zunächst auf den. Auf sein Asylgesuch wurde nicht eingetreten, der Rekurs ebenfalls dem Pausenplatz eines Oberstufenschulhauses. Jungs hängen lässig abgewiesen. Sein Herkunftsland gilt jedoch nicht als sicher, deshalb ist auf den Stufen vor dem Eingang, daneben tuscheln und kichern die er seit einem Jahr in der Schweiz. Davon hat er sechs Monate im GeMädchen. Nichts verrät auf den ersten Blick die dramatischen Gefängnis verbracht: schichten dieser jungen Leute. Zwei der Bewohner erzählen, unter wel«Nachdem mein Vater aus dem Gefängnis kam, verliess er mit meichen Umständen sie in die Schweiz gelangt, wovor sie geflohen sind, ner Mutter und meinen Geschwistern das Land. Ich weiss nicht genau, welche Enttäuschungen sie erlebt haben und welche Hoffnungen sie was er getan hat, auf jeden Fall hatte er Probleme mit den Behörden trotz allem immer noch haben. Die beiden Hauptdarsteller könnten SURPRISE 210/09
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Alter: 17, Herkunft: Ostafrika, Monate im Flughafengefängnis Zürich-Kloten: sechs. Sagt: «Ich denke zu viel über dieses Leben nach, ich habe genug.»
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und mit seinen ehemaligen Freunden. Sein Anwalt riet auch mir, so schnell wie möglich auszureisen, weil ich sonst wegen der Geschichten meines Vaters in Probleme geraten könnte. Aber ich wollte nicht weg, es standen wichtige Prüfungen in der Schule an. Meine Mutter sagte, wenn du nicht fliehst, bist du selbst schuld. Ich blieb mit meiner Tante zurück. Als die «Freunde» meines Vaters bei uns auftauchten, wusste ich, dass ich gehen musste. Meine Tante verkaufte das eine Haus, das meinem Vater gehörte. Mit dem Geld organisierten wir einen Pass mit italienischem Visum und ein Flugticket für mich.» «Warum muss ich ins Gefängnis?» «Im Herbst 2008 landete ich in Zürich. Bei der Kontrolle für den Flug nach Rom merkten die Schweizer Grenzpolizisten sofort, dass die Papiere gefälscht waren. Es kamen immer mehr Uniformierte. Wir schicken dich zurück, sagten sie. Ich sagte, ich kann nicht zurück. Ich verbrachte zwei Monate im Niemandsland im Transit-Bereich des Flughafens. Zwei Mal erhielt ich negativen Bescheid. Entweder du gehst zurück oder du kommst ins Gefängnis, sagten sie.» Bis zu 21 Monate können abgewiesene Asylsuchende ab 15 Jahren laut Gesetz eingesperrt werden. Seit Anfang 2008 waren schweizweit insgesamt 140 Jugendliche in Haft. Diese können sie jederzeit selbst beenden, indem sie sich freiwillig zur Ausreise bereit erklären. «Nach weiteren vier Monaten im Flughafengefängnis sagten sie, du bist frei, und ich landete im Lilienberg. Endlich hatte ich ein wenig Platz zum Atmen, hatte Ruhe und konnte in die Schule. Ich habe keinen einzigen Tag Schule verpasst, seit ich hier bin. Letzten Monat wollte ich nach Zürich. Als ich am Hauptbahnhof ausstieg, dauerte es keine fünf Minuten. Ich gab den zwei Polizeibeamten den Zettel vom Lilienberg, ein anderes Dokument hatte ich nicht. Du hast zweimal einen Nichteintretensentscheid, sagten sie, wir müssen dich mitnehmen. So landete ich in einer Zelle in der Kaserne. Ich habe nie jemandem etwas getan, keine Drogen verkauft, nichts gestohlen. Wenn ich frage, warum muss ich immer wieder ins Gefängnis, dann heisst es, das ist das Gesetz, dein Gesuch ist abgelehnt. Ich denke zu viel über dieses Leben nach, ich habe genug. Wenn sie mir Geld geben, oder ein Ticket, dann gehe ich. Wohin, weiss ich nicht.» Im Asylbereich im Allgemeinen – und so auch bei den UMA – gibt es Geschichten und Geschichten. Die einen sind die wirklich erlebten. Die anderen sind die Versionen des eigenen Lebens, die beim Antrag auf Asyl zu den Akten gegeben werden. Die rechtlichen Kriterien, die über Eintreten oder Nicht-Eintreten, über vorläufige Aufnahme oder endgültige Abweisung entscheiden, dringen durch bis in die Sahelzone und zum Hindukusch. Man kann sich darüber streiten, ob Migration ein Menschenrecht ist, ob Armut und Perspektivenlosigkeit in der Dritten Welt von den Gewinnern der globalen Wirtschaft aufgefangen werden müssen oder nicht. Dass die Kriterien für die Anerkennung als Flüchtling und die Gewährung von Asyl im Westen immer restriktiver gesetzt und immer strenger überwacht werden, ist für viele Menschen jedenfalls kein Grund, die lange, strapaziöse und oftmals gefährliche Reise ins vermeintliche Paradies nicht zu wagen.
ren an weissen amerikanischen Kindern entwickelt, und Kritiker halten sie für ungeeignet, um das Alter asiatischer oder afrikanischer Jugendlicher zu ermitteln. Seltener, weil sehr viel teuer, wird eine Analyse am ganzen Körper gemacht, werden unter anderem auch Körperbehaarung und Genitalien untersucht. Für die Betroffenen demütigend, liefert diese Form der Altersbestimmung den Behörden exaktere Resultate. Wird am Alter nicht gezweifelt, ist man bis zum 18. Geburtstag geduldet. Wenn die Jugendlichen volljährig werden, haben sie die gleichen Aussichten wie alle anderen Asylbewerber, die nicht bleiben dürfen: Obwohl es seit dem Vertrag von Dublin verboten ist, versuchen Viele, weiterzuziehen und in einem anderen Land erneut Asyl zu beantragen. Andere tauchen unter, wer Glück hat oder ein wenig nachhilft, der heiratet. Eine Rückkehr ins Herkunftsland dürfte für die meisten eine denkbar schlechte Alternative sein. «Manchmal sagen sie, ich sei gar nicht 15, ich solle zurück in mein Land», erzählt das Mädchen aus Zentralasien. »Es tut mir weh, als Lügnerin dazustehen. Eigentlich habe ich jeden Tag Angst. Dass ich gehen muss. Meine Anwältin sagt, jetzt bist du jung, jetzt darfst du hier bleiben. Wenn ich 18 werde, muss ich die Schweiz wahrscheinlich verlassen. Ich geniesse jeden Tag, den ich hier sein kann. Hier bin ich in Sicherheit, habe Menschen, die sich um mich kümmern und mich in die Schule schicken. Manchmal fühle ich mich fremd hier und denke, wieso bin ich bloss weggegangen. Die Leute fragen mich, wie konntest du so jung eine so weite Reise machen. Aber es war keine bewusste Ent-
«Das Leben als Asylsuchende ist wie eine Reise in einem kleinen Schiff auf dem Ozean.»
Zeigt her eure Hände Wer angibt, minderjährig zu sein, steht schnell unter dem Verdacht, diesen Sonderstatus missbrauchen zu wollen. Von den im Jahr 2008 eingereisten UMA waren laut Statistik des BfM gut 95 Prozent zwischen 15 und 18 Jahren alt. Dieser Alterskategorie wird besonders viel Misstrauen entgegengebracht. «Mit Unterstützung wissenschaftlicher Methoden», wie es in der Verordnung zum Asylgesetz heisst, können die Behörden das tatsächliche Alter eines Gesuchstellers ermitteln. Relativ häufig wird der Mittelhandknochen analysiert, dessen Fugen etwas über das Alter verraten können. Die Methode wurde in den 30er-JahSURPRISE 210/09
scheidung. Ich vermisse mein Land, meine Kultur. Aber dennoch, in der Heimat war ich blind. In der Schweiz haben sich meine Augen geöffnet, sah ich plötzlich Araber, Latinos und Schwarze. Ich realisierte, dass die Welt vielfältiger ist, als ich sie bisher kannte. Ich hatte früher keinen Respekt vor dem Leben, das ist jetzt anders. Das Leben als Asylsuchende ist wie eine Reise in einem kleinen Schiff auf dem Ozean. Du wirst von grossen Wellen hin und her geworfen und drohst dauernd zu kentern und unterzugehen. Und dann wieder herrscht Flaute, bewegt sich gar nichts und alles ist wie gelähmt. Aber irgendwie kommst du immer durch, irgendwie geht es immer weiter.» ■
Sonderregeln für Minderjährige 631 unbegleitete minderjährige Asylsuchende (UMA) haben 2008 aus den verschiedensten Ecken der Welt die Schweiz erreicht. 2007 waren es gut 200, im Jahr zuvor rund 250 UMA. Minderjährige erhalten im Gegensatz zu erwachsenen Asylsuchenden einen Beistand, der die rechtliche Vertretung übernimmt und den jungen Menschen im Asylverfahren zur Seite steht, für sie Rekurse einlegt und sie über ihre Rechte und Pflichten aufklärt. Im Kanton Zürich, wo 2008 rund 150 UMA lebten, übernehmen die Rechtsvertretung drei Spezialistinnen der kantonalen Zentralstelle MNA (Mineurs Non Accompagnés, wie die UMA auch genannt werden).
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Nach der Medaillenübergabe. Hintere Reihe (v.l.n.r.): Julien, Trainer David, Urs, Ivan, Nathan, Hayelom; Mitte: Team Manager Lavinia, Santiago, Diego; vorne: Kiflom
Strassensport Die Welt in Milano Die Schweiz hat sich bei ihrer sechsten Homeless World Cup Teilnahme um zehn Plätze verbessert. Das Team feierte am Schluss jedoch anderes: Freundschaften, Erfahrungen und Trikots aus der ganzen Welt. VON OLIVIER JOLIAT (TEXT UND BILDER)
Der Auftakt zum Homeless World Cup in Mailand begann für die Schweiz enttäuschend. Hoch motiviert und mit Titelträumen aus dem Trainingslager angereist, kassierte das junge Team zum Auftakt gleich fünf Niederlagen. Den Weltmeistertitel konnte die Surprise Strassensport Nati damit vergessen. Verloren hatte sie nicht nur, weil sie mit Costa Rica, Schottland, Finnland, Holland und Namibia starke Gruppengegner zugelost bekommen hatte. Das Team harmonierte schlecht. Die Spieler suchten ihr Glück in Einzelaktionen. Euphorisiert und auch etwas nervös vom Worldcup Trubel, vergassen die Schweizer, was ihnen Trainer David Möller die Woche davor eingebläut hatte: Teamwork. Doch statt frustriert aufzugeben, raufte sich das Team für die zweite Gruppenphase zusammen. Die Nörgel-Egos wurden zu Gunsten des Teamgeists endlich abgelegt. Die Spieler motivierten sich gegenseitig und konnten gegen Kambodscha prompt ihren ersten Sieg feiern. Es folgten weitere Siege und Niederlagen, immer wichtiger jedoch wurde, was neben dem Spielfeld ablief. Die Schweizer nutzten die einmalige Gelegen-
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heit, sich mit 500 Spielern aus 48 Nationen auszutauschen. Chile oder auch Namibia waren Stammgäste im Schweizer Zelt des Players Village. An Festival-Zeltstädte erinnerten die Toi-Toi-Toiletten und Duschen des Camps. Der Spielerlaune konnte das jedoch genauso wenig anhaben wie die eineinhalb Stunden dauernde Odyssee zu den Spielarenen im Parco Sempione. Und selbst dort, im Herzstück des diesjährigen Homeless World Cup, war von fehlenden Match-Uhren und Toranzeigen bis zu den unerfahrenen und zuweilen unglücklich agierenden Schiedsrichter-Lehrlingen einiges dem Anlass unwürdig. Doch der Enthusiasmus der Spieler machte locker wett, dass die Milaneser Organisation ziemlich versagt hatte. Den Weltmeistertitel musste zwar der Ukraine überlassen werden. Als am Turnierende die Schweizer ihre Medaillen und einen Silberteller für den 38. Rang entgegennahmen, war die Freude bei den Spielern trotzdem gross. Weniger, weil sie damit besser abgeschnitten haben als das letzte Schweizer Team. Nebst neuen Freunden, Erfahrungen und Trikots aus aller Welt holte sich jeder Spieler einen persönlichen Motivationsschub, um daheim im Alltag wieder nach vorne zu spielen. ■ SURPRISE 210/09
Mit Teamgeist und Einsatz drehten die Schweizer einen 2:3 Halbzeitrückstand geDiego und Nathan vor dem Schweizer Zelt im Spieler Camp.
gen Kambodscha in einen 6:4 Sieg – ihren ersten.
Die ehemalige Fifa-Schiedsrichterin Nicole Petignat: In Milano unterstützte sie
Gratulationen vom Fanclub: Die Strassenmagazin-Belegschaft ist zur Unterstüt-
die Schweizer als Fan. Nächste Saison ist sie wieder als Unparteiische engagiert.
zung der Strassensport Nati extra nach Mailand gereist.
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BILD: GUIDO SÜESS
Wörter von Pörtner Musik-Entschädigung Die Musikindustrie überlegt sich, Urheberrechte für Klingeltöne zu kassieren, da diese einer öffentlichen Aufführung gleichkämen. Ich finde, dass ich entschädigt werden müsste, wann immer ich gezwungen werde, Musik zu hören, ohne danach verlangt zu haben. Ich liebe Musik und besitze zirka 1500 Singles, 8000 LPs und CDs, auf meiner Festplatte tummeln sich 20 000 Songs. Ich höre vier bis acht Stunden Musik pro Tag und bezahle brav für die Lieder, die mir gefallen. Obwohl es immer schwieriger wird, Musik, für die man bezahlt hat, auch zu hören. Dafür wird einem Musik, die man nicht hören will, überall und ständig um die Ohren geschlagen. Sie seiert aus schlechten Kopfhörern, wummert aus tiefgelegten Autos, blubbert durch Kaufhäuser und Cafés, quengelt aus Mobiltelefonen. Anstatt den ehrlichen Musikliebhaber mit Kopier-
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schutzunfug zu plagen, würde besser eine Methode entwickelt, die es nur dem Käufer erlaubt, seine Musik zu hören. Technisch sollte das machbar sein, alles ist machbar. Die öffentlich aufführbare Version wäre dann ungleich teurer, weil der Preis Entschädigungen enthielte – nicht an den in Millionen schwimmenden Star –, sondern an das unfreiwillige Publikum. Was hat es mir beispielsweise genutzt, dass ich als Teenager das Queen-Albums «News of the World» nicht gekauft habe, weil mir das Stück «We are the Champions» missfiel? Nichts. Der Hymne der Grümpelturniersieger und Firmenanlassabräumer ist seit dreissig Jahren nicht auszuweichen und es tut jedesmal weh. Aber nicht nur die grosse, böse Industrie dröhnt einen zu, es gibt auch unzählige unabhängige Musikanten, die meinen, man hätte auf sie gewartet. Strassenmusik ist ein halbwegs fairer Deal, da die Darbietung immerhin so gut sein muss, dass jemand stehen bleibt, zuhört und entscheidet, ob sie ein paar Münzen wert ist. Anders sieht es bei Musikanten aus, die sich ein Publikum suchen, das nicht weglaufen kann. Wenn ich mit dem Tram von A nach B fahre, in einem Boulevard-Café die Zeitung lese oder in einem Restaurant essen will, steht mir der Sinn nicht nach Versionen von «Yesterday», «Ring of Fire» oder «Besamemucho». Ich gehe in Restaurants, um zu essen und mit mir werten Menschen, die ich sowie-
so zu wenig sehe, zu reden, nicht um unsympathischen Leuten, die drein schauen, als sei ihnen die Welt etwas schuldig, beim Musizieren zuzuhören. Es hat schon fast in Handgreiflichkeiten geendet, weil ich «Aufhören» gerufen habe. Ich würde ihnen ja Geld geben, wenn sie still mit Schildern, auf denen «Musiker ohne Talent und Würde» steht, durchs Lokal gingen. Denn das sagen sie mit ihrer Darbietung aus. Doch halt. Musik ist doch ein Ausdruck von Lebensfreude, nur ein verbitterter Bösmensch könnte etwas dagegen haben. Falsch. Wer Musik grundsätzlich gut findet, hat sich nicht damit beschäftigt, hat die Zeit und den Aufwand gescheut, den es braucht, einen Geschmack mit Vorlieben und Abneigungen zu entwickeln. Wer etwas von der Sache versteht, geht die Musik hören, die ihm gefällt, reist viele Kilometer für Musiker, die nur gerade 20 Personen anziehen bei ihrem einzigen Konzert im Lande. Der Rest der Leute begnügt sich mit der von der Industrie für jede Lebenslage bereitgestellten stereotypen Hits. Für die der echte Musikfreund, wie gesagt, entschädigt werden sollte, wann immer er ihrer Aufführung unfreiwillig beiwohnen muss. Und sei es nur als Klingelton. STEPHAN PÖRTNER (STPOERTNER@LYCOS.COM) ILLUSTRATION: MILENA SCHÄRER (MILENA.SCHAERER@GMX.CH) SURPRISE 210/09
Songwriting Die Nacht auf dem Dach in Paris And Also The Trees waren eine Kultband des New Wave. Nach Stilwechseln und Firmenpleiten verschwand die Gruppe in der Versenkung und Sänger Simon Huw Jones nach Genf. Nun feiern sie eine grandiose Auferstehung.
«Ich weiss nicht, zu welcher Szene wir gehören. Das ist ein Problem für unser Management. Sie haben keine Ahnung, wie sie uns vermarkten sollen und wir können ihnen nicht sagen, wie wirs gern hätten.» Nein, Simon Huw Jones gehört nicht zu einer jungen Band, die ihren Platz in der Musiklandschaft erst noch finden muss. Doch auch 30 Jahre nach der Gründung von And Also The Trees findet der Sänger: «Wir stehen ziemlich allein da.» Zu Beginn der 80er-Jahre gab es in der britischen Musikszene ein Vakuum. Punk hatte alles, was vorher war, weggeblasen, überlebte aber den eigenen Erfolg auch nicht. So formierten sich überall im Königreich neue Bands, die von der Stilklammer New Wave notdürftig zusammengehalten wurde. In diesem Umfeld bewegte sich auch die Band um Simon Huw und seinen Bruder Justin Jones: «Es war eine spannende Szene, weil viele Dinge gleichzeitig abgingen. Und es war zu Beginn noch nicht so engstirnig, wie es dann bald wurde.» Richtig hip waren die Musiker aus dem ländlichen Worcestershire nie. Während die trendsetzenden Bands aus den Städten kalt und hart von Untergang und Entfremdung sangen, entwickelte Justin Jones ein Faible für mandolinenartig schwebende Gitarrenklänge, zu denen sein Bruder als romantischer Dichter melancholische Weisen vortrug. Der legendäre, mittlerweile verstorbene Radio-DJ John Peel brachte das Problem der Band auf den Punkt: «Too british for the british.» Dafür formierte sich in Deutschland und Frankreich eine kleine, aber eingeschworene Fangemeinde. Als die 90er anbrachen, machten sich And Also The Trees auf zu neuen Ufern. «Wir verschifften unsere Musik sozusagen über den Ozean nach Amerika», erinnert sich Simon Huw Jones. Verschwunden war die verträumte Atmosphäre, nun dominierte der schrille Sound amerikanischer Grossstädte – allerdings nicht in einem zeitgenössischen Sinn, sondern eher so wie in alten Filmen mit Cadillacs, Trenchcoats und Jazzklubs. Viele Fans reagierten enttäuscht und mit Liebesentzug: Konzerte floppten und als dann auch noch ihre Vertriebsfirma pleiteging, blieben auch die Einnahmen aus Plattenverkäufen aus. Zum Schluss des Jahrzehnts schienen And Also The Trees am Ende. Etwas Gutes hatten die 90er für Simon Huw Jones aber doch parat. «Nach einem Konzert in Bern kamen ein paar weibliche Fans backstage», erzählt der Sänger und lacht, weil er weiss, dass nun ein absolutes Rockstar-Klischee folgt: «Und eine davon wurde meine Frau.» Jones zog nach Genf (wo er mit Young-Gods-Drummer Bernard Trontin unter dem Namen November ein Ambient-Album einspielte), wurde Vater und legte die Band für ein paar Jahre ad acta. Seit 2003 aber sind And Also The Trees wieder aktiv. Auf zwei neuen Platten kehrten die Musiker zurück zu dunkleren Klängen. Den Kreis schliesst nun ein Album mit Akustikversionen älterer Songs. Die Idee dazu lieferte ein französischer Fan. «Er fragte uns, ob wir auf seiner Dachterrasse in Paris einen Geheimgig ohSURPRISE 210/09
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VON RETO ASCHWANDEN
Vom New Wave zur Kammermusik: Simon Huw Jones von And
ne Strom spielen würden. Zuerst wollten wir nicht, aber als wir uns dann durchgerungen hatten, fühlte es sich befreiend und aufregend an», erzählt Jones, der nächstes Jahr 50 wird. «Unplugged»-Platten sind oft kreative Bankrotterklärungen, «When The Rains Come» aber ist ein Glücksfall: And Also The Trees kleiden ihre Lieder in Arrangements ganz ohne Schlagzeug, nur mit Kontrabass, Gitarre und etwas Akkordeon. Selbst wer die ursprünglichen Versionen vorzieht, lauscht gebannt den Neufassungen, die Jones treffend als «eine Art Kammermusik» beschreibt: «Die Platte funktioniert nicht, wenn sie im iPod läuft, während du durch eine lärmige Stadt gehst. Du solltest diese Songs an einem ruhigen Ort hören oder im Konzert. Wir spielen dieses Programm ganz bewusst in kleinen Sälen und bisher hat das sehr gut funktioniert.» Ob es auch in Zürich klappt, zeigt sich Mitte Oktober, beim ersten Deutschschweizer Auftritt dieser einzigartigen Band seit über zehn Jahren. ■ 13. Oktober, 21.30 Uhr, Rote Fabrik, Zürich. Aktuelles Album «When The Rains Come» (Irascible)
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Kulturtipps
In den Hirnwindungen von Finn Linder sorgt eine Maus für Chaos.
Buch Der verhinderte Terrorist In ihrem zweiten Roman «Maus im Kopf» seziert die Autorin Sandra Hughes aus Basel die Hirnwindungen eines verklemmten Losers. VON ANNA WEGELIN
Finn Linder, 43, lebt in einem kleinen Haus an der Grenze zwischen Basel und der Vorortsgemeinde Allschwil. Er hat schon mindestens neunhundertdreiundfünfzig Kreuzworträtsel gelöst und verbringt die meiste Zeit am Computer. Am liebsten addiert er: «Zahlen sind sein Metier, sie sind verlässlich.» Doch selbst sie können durcheinander geraten: Finn Linder war 19 Jahre lang Buchhalter in einem Treuhandbüro. Dort hiess es, er sei im persönlichen Umgang «ein wenig verklemmt». Als seine Bilanzen nicht mehr stimmen, wird er entlassen. Finn kann einem richtig Leid tun: Zuerst hat ihn seine Mutter nicht gewollt, dann ist ihm die Frau davongelaufen und jetzt ist er ohne Arbeit. Doch damit nicht genug: Er ist auch noch hässlich und fett. Als Teenager verspürte er vor seinen Fressattacken wenigstens noch unbändige Lust. Doch mit 18 kann er die Unmengen nicht mehr erbrechen. Sie bleiben ihm im Hals stecken. Frage: Was macht ein ordnungsliebender «Chnorzi», ein elender Verlierer, ein armes Würstchen, das ständig und von allen auf den Deckel kriegt? Antwort: Ein Ventil für die aufgestaute Wut suchen. Finn zermanscht den Rumcake, den er für eine Arbeitskollegin gebacken hat. Er flüchtet in die Welt des Cyberspace und findet im Chatroom das verheissungsvolle Mittel zum Befreiungsschlag. Die Autorin Sandra Hughes (43) lässt ihrem Antihelden null Chance, irgendwie vom Fleck zu kommen. Bis zum offenen Schluss nicht. Der Roman «Maus im Kopf» ist eine gnadenlos durchgezogene Reise durch die klaustrophobischen Hirnwindungen Finn Linders, die im Strassenlabyrinth von Basel-Allschwil ihre topografische Entsprechung finden. Die Grenzen zwischen Realität und Wahn sind von Anfang an durchlässig. Bald ist klar: Irgendwann muss die «Maus im Kopf», beziehungsweise hinter Finns Badezimmerwand explodieren. Sandra Hughes debütierte vor drei Jahren mit dem vielbeachteten Roman «Lee Gustavo». Auch im vorliegenden, jedoch viel kompakter geschriebenen und szenisch angelegten Buch lautet das Motto: einer gegen alle. Doch während Lee ein regelrechter Überlebenskünstler war, ist Finn ein totaler Versager. Sandra Hughes: Maus im Kopf. Roman. Limmat Verlag, Zürich. 198 S., CHF 32.
Mit dem Zebra vor der Linse lässt sichs punkten.
Computerspiel Auf Hemingways Spuren Die Finanzkrise lässt uns zweimal überlegen, ob noch genügend Geld für Ferien da ist. Der Traum einer Safari ist in unbezahlbare Ferne gerückt. Doch mit dem Spiel Hakuna Matata holen wir uns die Tiere Afrikas zum Billigfliegertarif nach Hause. VON SERGE HAUSER
In der Rolle eines weiblichen oder männlichen Fotografen gehts gleich zur Sache: Ein Guide führt die Safariteilnehmer spielerisch in die Funktionen ein und schon finden sich die Spieler im Basecamp wieder. Dort haben sie Zugriff auf Laptop, Fotokiste, Album und andere Menüfunktionen. Wichtig ist vor allem der Laptop, er dient der Kommunikation mit der ersten Welt. Per E-Mail kommen Aufträge, um zu tierfotografischem Ruhm zu gelangen und damit auch die Fotoausrüstung aufzubessern. Da fragt etwa eine Universität an, die ein Bild einer seltenen Zebraart möchte, und das renomierte National Geographic Magazine hätte gerne das Bild eines gähnenden Nilpferds. So gehts ab mit dem Jeep, um die Landschaft zu erkunden. Leider folgt das Fahrzeug nur vorgegebenen Routen, aber es ist jederzeit möglich anzuhalten und die Umgebung zu Fuss zu erkunden. Gute Spots und Tiere sind vom Wagen aus mit dem Feldstecher auszumachen. Ist ein geeigneter Platz gefunden, steigt der Spieler aus und schleicht sich langsam ans Foto-Objekt an oder er legt sich hinter einem Busch auf die Lauer. Aber Vorsicht, die Tiere sind sehr scheu und werden teils auch aggressiv. Greifen sie an, verliert der Spieler alle auf der Tour geschossenen Fotos und findet sich im Basecamp wieder: Auf dass die Jagd nach dem Meisterfoto von neuem losgeht. Das alles mag nun unspektakulär klingen – doch Hakuna Matata ist kein hektischer «Knöpfchendrückparcours», sondern ein entspannender Feierabendtitel. Das Spiel lebt hauptsächlich vom Forscherdrang der Spieler und der aussergewöhnlichen Grafik und Atmosphäre. Die Landschaften sind toll inszeniert und die Tiere bewegen und verhalten sich unglaublich realistisch. Zum Spiel gibt es aussserdem eine Enzyklopädie, in der sich interessante Informationen zu den Tieren finden. Störend ist einzig, dass man das Spiel selber importieren muss, da es in Europa offiziell nicht erhältlich ist. Hakuna Matata (PS3, englisch/chinesisch), www.playasia.com, ca. CHF 35 inkl. Versand.
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Im Badehaus: Reinigung für Körper und Seele.
Kino Aufbrechen und ankommen Ein junger Profimusiker verliert seinen Job – und wird zum Leichenbestatter: Nach anfänglichem Ekel und Scham verteidigt er seine neue, prestigearme Karriere hartnäckig. VON MICHÈLE FALLER
Ein Sinfonieorchester in Aktion. Doch kaum ist Beethovens Neunte verklungen, ist es auch mit «Freude, schöner Götterfunken» vorbei. Der Zuschauerraum ist praktisch leer. Zwei Minuten später wird das bankrotte Orchester aufgelöst, und auf der leeren Bühne bleibt der Cellist mit offenem Mund zurück. Hoch verschuldet muss er sein Cello verkaufen und verlässt Tokio, um mit seiner Frau ins Haus seiner Kindheit in die Provinz zurückzukehren. Vom verheissungsvollen Stichwort «Aufbruch» in einem Stelleninserat angelockt, erfährt der junge Mann erst nach dem Vorstellungsgespräch, worum es im Job geht: «Körper in Särge legen», erklärt der Chef lakonisch. Gezeichnet von der harten Prüfung erster Aufträge als «Einsarger», ändert sich seine Beziehung zum neuen Job, als er seinen Chef zum ersten Mal bei einer Nokan-Zeremonie beobachtet. Der «Okuribito» («Jemand, der auf die Reise schickt») wäscht, kleidet und schminkt die Verstorbene vor den Augen der Angehörigen. Daigo ist tief beeindruckt von der Ruhe, Präzision und sanften Liebenswürdigkeit, mit der sein Chef die Tote verabschiedet. Doch nun folgt die Herausforderung, sich gegenüber seinem Umfeld zu behaupten. Trotz aller Widerstände wird Daigo stets von guten Seelen begleitet: Von einem alten Mann, der immer wieder auftaucht, und von der Besitzerin des Badehauses, wo nicht nur Körper geschrubbt werden, sondern auch Seelen zur Ruhe kommen. «Departures» ist ein beeindruckender, rührender und zuweilen auch etwas rührseliger Film, was aber die Intensität und Glaubwürdigkeit der dargestellten Gefühle ohne weiteres wettmachen. Wie nahe das Leben und der Tod beieinander liegen, führt Regisseur Yojiro Takita mit klaren Bildern vor. «Die Lebenden essen die Toten», sagt Daigos Chef, bevor er einen Fisch verspeist. Und auch beim Abschied von den Toten, die auf die Reise geschickt werden, liegen die Gegensätze nahe beieinander. Bewegende und oft groteske Szenen spielen sich während der Zeremonien ab. Es wird geklagt, gelacht, gestritten, geschlagen, Schuld zugewiesen und bereut. Dann fliessen die Tränen, es wird verziehen – auch ohne zu verstehen – und Abschied genommen.
Die 25 positiven Firmen Diese Rubrik ruft Firmen und Institutionen auf, soziale Verantwortung zu übernehmen. Einige haben dies schon getan, indem sie dem Strassenmagazin Surprise mindestens 500 Franken gespendet haben. Damit helfen sie, Menschen in prekären Lebensumständen eine Arbeitsmöglichkeit zu geben und sie auf ihrem Weg zur Eigenständigkeit zu begleiten. Gehört Ihr Betrieb auch dazu? Die Spielregeln sind einfach: 25 Firmen werden jeweils aufgelistet, sind es mehr, fällt jener Betrieb heraus, der am längsten dabei ist.
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Locher Schwittay Gebäudetechnik GmbH, Basel
02
Schützen Rheinfelden AG, Rheinfelden
03
Responsability Social Investments AG, Zürich
04
SV Group AG, Dübendorf
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Baumberger Hochfrequenzelektronik, Aarau
06
Scherrer & Partner GmbH, Basel
07
VXL AG, Binningen
08
Thommen ASIC-Design, Zürich
09
Ingenieurbüro BEVBE, Bonstetten
10
Schweizer Paraplegiker-Stiftung, Nottwil
11
Ernst Schweizer AG, Hedingen
12
JL AEBY Informatik, Basel
13
iuliano-gartenbau & allroundservice, Binningen
14
Druckerei Hürzeler AG, Regensdorf
15
KIBAG Kies und Beton
16
Inova Management AG, Wollerau
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SVGW, Zürich
18
Brother (Schweiz) AG, Baden
19
Segantini Catering, Zürich
20
Axpo Holding AG, Zürich
21
AnyWeb AG, Zürich
22
Kaiser Software GmbH, Bern
23
fast4meter, Storytelling, Bern
24
IBZ Industrie AG, Adliswil
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Velo-Oase Bestgen, Baar
Möchten Sie bei den positiven Firmen aufgelistet werden? Mit einer Spende von mindestens 500 Franken sind Sie dabei! PC-Konto: 12-551455-3, Verein Strassenmagazin Surprise, 4051 Basel Zahlungszweck: Positive Firma + Ihr gewünschter Eintrag! Wir schicken Ihnen eine Bestätigung.
«Departures», Regie: Yojiro Takita, 130 Min., Japan 2008, derzeit in den Deutschschweizer Kinos. 210/09 SURPRISE 210/09
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Ausgehtipps
Fachseminare für Sozialfirmen Führen in Sozialfirmen Sozialfirmen stellen hohe Anforderungen an Leitung und Mitarbeitende. Im Spannungsfeld von unternehmerischer Ausrichtung und sozialen Zielen werden von Führungskräften entsprechend hohe integrative Fähigkeiten erwartet: Das Selbstverständnis als Führungsperson und Möglichkeiten der Personalentwicklung in der eigenen Organisation sind zentrale Aspekte zum Erfolg. Beginn und Dauer
29. bis 31. Oktober und 18. Dezember 2009, 4 Tage
Businessplan für Sozialfirmen Der Aufbau einer Sozialfirma stellt eine grosse Herausforderung an werdende Sozialunternehmende dar. Ein solider Businessplan hilft, Visionen und Ideen in einen sozial-unternehmerischen Erfolg umsetzen zu können. Beginn und Dauer
18. bis 20. November 2009, 3 Tage
Integriertes Prozess- und Qualitätsmanagement für Sozialfirmen Sozialfirmen stellen sich zur Aufgabe, Menschen, die aus irgendeinem Grund keinen Zugang zum ersten Arbeitsmarkt haben, die Integration ins Arbeitsleben zu ermöglichen. Sie verfolgen damit eine wirtschaftliche und soziale Zielsetzung. Das Prozess- und Qualitätsmanagement berücksichtigt beide Zielsetzungen ausgewogen. Beginn und Dauer
25. bis 27. November 2009, 3 Tage
Übles Gerät: Für was es eingesetzt wurde, erfahren Sie im Polizeimuseum Zürich.
Zürich Mord früher, Mord heute Es soll ja Leute geben, die beim Anblick eines Polizisten das unangenehme Gefühl übermannt, etwas angestellt zu haben. Wohlbemerkt; ohne jede reale Grundlage. Für einmal lohnt es sich, dem Abhau-Reflex zu widerstehen und der Gendarmerie die Stirn zu bieten. Und zwar mit einem Besuch im Kriminalmuseum der Kapo Zürich, das einst der Ausbildung des Polizeinachwuchses diente und heute allen ab dem 18. Lebensjahr offen steht: Lassen Sie sich vom Fachmann erklären, wie Bösewichte im Mittelalter zur Bestrafung gestreckt oder in der Limmat geschwenkt wurden und die verschiedenen Todesstrafen wie Ersäufen, Verbrennen, Enthaupten oder Rädern näherbringen. Lernen Sie die raffinierten Methoden des Drogenschmuggels kennen, mit denen sich die Grenzpolizei konfrontiert sieht. Und überzeugen Sie sich von der enormen Bedeutung der Spurensicherung – anhand von Fällen wie Elternmord oder Pilzvergiftung. (mek) Kriminalmuseum der Kantonspolizei Zürich, Polizeikaserne, Kasernenstrasse 29, Zürich. Kostenlose zweistündige Führungen: Mo bis Do, 18 und 20 Uhr und Fr, 18 Uhr.
Information und Anmeldung
Besuche müssen frühzeitig angemeldet werden: 044 247 22 11. Das Mindestalter
Fachhochschule Nordwestschweiz Hochschule für Soziale Arbeit Frau Ursina Ammann Riggenbachstrasse 16 4600 Olten +41 62 311 96 27 ursina.ammann@fhnw.ch
beträgt 18 Jahre. www.kapo.zh.ch
Details zu den Angeboten unter www.fhnw.ch/sozialearbeit/weiterbildung
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Struppig wie seine Songs: Joseph Arthur.
Zürich Struppiger Charme Ebony Bones und ihre Entourage machen am Shift-Festival elektronische Musik.
Wenn sich die Scheinwerfer auf einer Person bündeln, dann verbleiben andere zwangsläufig im Dunkeln. In den letzten Jahren stand deshalb eine ganze Reihe von US-Songwritern neben Ryan Adams im Schatten. Dabei hätte jemand wie Joseph Arthur durchaus das Potenzial für ähnliche Erfolge. Er beherrscht sämtliche Disziplinen der Liedermacherkunst, vom akustischen Folk über schlierige Americana bis zum vollverstärkten Rock. Wahrscheinlich ist auch Ihnen schon mal einer dieser wunderbaren Songs nachgelaufen, bloss wussten sie nicht, woher der struppige Kerl mit dem charmanten Grinsen stammte. Egal. Jetzt kommt Joseph Arthur mit seiner Gitarre in die Stadt und für diesen Abend werden sich alle Lichter auf ihn richten. (ash)
Basel Elektronischer Zauber Magisches spielt sich am diesjährigen Shift-Festival ab. Exponenten der elektronischen Künste zeigen ihre Installationen zum Thema Magic. Technische Kommunikation und elektronische Medien entwickeln manchmal ein Eigenleben, das schon fast ans Zauberhafte reicht. Fasziniert, ängstlich oder erwartungsfroh stehen die ausstellenden Künstler diesen magischen Kanälen gegenüber. Wie diese Gefühle verarbeitet werden, ist an der Ausstellung zu entdecken. Wer sich vor allem übers Ohr mit elektronischer Kunst befassen will, dem sei das Musikprogramm des Festivals empfohlen, in dem sowohl Pioniere wie Newcomer das Publikum mit Elektrosound verzaubern. (juk) Shift-Festival der elektronischen Künste, 22. bis 25. Oktober, Dreispitzareal Münchenstein (Festivalzentrum an der Helsinkistrasse, Eingang Emil Frey-Strasse, Tor 13) und Schaulager, Münchenstein. Es verkehren Shuttle-Busse. www.shiftfestival.ch.
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22. Oktober, 20.20 Uhr, El Lokal, Zürich.
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Luzern Schnelle Nachrichten Die Kürzestnachrichten, die zwecks Schnellinformation auf den News-Seiten von Zeitungen stehen, sollen einen raschen Überblick über das Weltgeschehen ermöglichen. Oft sind die Nachrichten aber derart kurz gehalten, dass sich der Leser am Kopf kratzt und sich die Geschichte schlussendlich selbst zusammenreimt. Auf diese Art inspiriert, präsentieren die Protagonisten des Textexpress – Autoren, Journalisten und Slampoeten – ihre rasanten Kurztexte. (juk)
Grundsätzlich ganzheitlich. Seit mehr als 30 Jahren. Komplementärmedizin – die Stärke der St. Peter Apotheke. Kompetente Beratung von 8 Uhr morgens bis 20 Uhr abends. Wir freuen uns auf Ihren Besuch!
Quelle der kreativen Inspiration: Expressbox.
Textexpress, 21. Oktober, 20 Uhr, Kleintheater Luzern.
Immer offen von 8 bis 20 Uhr St. Peter Apotheke, Silvia Briggen AG St. Peterstrasse 16, CH-8001 Zürich T 044 211 44 77, F 044 212 04 91 www.stpeter-apotheke.com
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Verkäuferporträt «Seit meine Familie hier ist, schlafe ich gut» BILD: ZVG
Mihretab Teklemichael (34) spielt mit seinen Söhnen gerne Fussball. Und er freut sich immer, wenn die Kunden ihn beim Heftverkauf in Bern mit Vornamen begrüssen – auch wenn es nicht sein richtiger ist. AUFGEZEICHNET VON STEFANIE ARNOLD
«Eigentlich ist mein Vorname Mihretab. Aber die meisten Kundinnen und Kunden nennen mich Michael. Das ist einfacher zu merken – Mihretab heisst in der Schweiz ja sonst niemand. ‹Wie geht es dir, Michael?› ‹Schön dich zu sehen, Michael.› ‹Wie waren deine Ferien, Michael?›. Wenn ich jeweils freitags und samstags vor der Migros Kirchenfeld in Bern Surprise verkaufe, werde ich von vielen Kunden begrüsst. Das freut mich, ich habe gerne Kontakt mit Menschen. Ich würde sagen, 80 Prozent der Kunden sind sehr nett. Ich möchte unbedingt besser Deutsch lernen. Jeweils montags, dienstags und mittwochs gehe ich zur Schule. Meine beiden älteren Söhne Robel (neuneinhalb) und Abel (sechseinhalb) gehen auch zur Schule. Und seit Anfang Monat kann auch meine Frau Luala Deutschkurse besuchen. Nur Medahanie, der Jüngste, geht nicht zur Schule. Er ist noch zu klein. Meine Familie ist erst vor zwei Monaten mit dem Flugzeug in die Schweiz gekommen. Davor hatte ich sie drei Jahre lang nicht gesehen. Als ich aus Eritrea fliehen musste, war Luala mit Medahanie im fünften Monat schwanger. In Eritrea war ich lange im Militär, 13 oder 14 Jahre. Eines Tages hiess es: ‹In Somalia gibt es ein Problem, du musst dort kämpfen.› Das wollte ich nicht. Deshalb wurde ich verhaftet. Ich war einen Monat im Gefängnis, 13 Tage lang durfte ich nicht schlafen – bis ich gesagt habe: ‹Okay, ich gehe nach Somalia›. Aber ich wollte das nicht. Deshalb bin ich geflohen, zuerst in den Sudan, dann weiter über Libyen und Italien in die Schweiz. Jetzt bin ich seit einem Jahr und sechs Monaten hier. Am Anfang ging es mir überhaupt nicht gut. Ich war im Asylzentrum und konnte nichts tun. Hatte keine Kontakte, war immer nur zu Hause. Da hat mir ein Kollege gesagt: ‹Komm doch zu Surprise.› Also bin ich ins Surprise-Büro gegangen. Fredi, der Vertriebsleiter in Bern, hat eine Kopie meines Ausweises gemacht und zwei Monate später konnte ich als Verkäufer anfangen. Das war gut. Jetzt habe ich etwas zu tun. Seit meine Familie in der Schweiz ist, geht es mir noch besser. Früher konnte ich in der Nacht nur vier Stunden schlafen. Jetzt schlafe ich immer durch, manchmal sogar zwölf Stunden. Meine Frau und die Kinder sind zu Fuss von Eritrea in den Sudan gelaufen, mit einem Mann, der den Weg kannte und dem sie Geld zahlen mussten. Eines Tages läutet bei mir das Telefon. Ich schaue drauf und sehe: Es ist eine sudanesische Nummer. Ich nehme ab, und meine Frau ist am Apparat! Mein Sozialarbeiter hat dann einen Brief ans Bundesamt für Migration geschrieben und meine Frau hat eine Kopie ihres Ausweises gefaxt. Nach vier Monaten konnten Luala, Robel, Abel und Medahanie einreisen. Ich bin mit Kollegen nach Zürich gefahren und habe sie am Flughafen abgeholt.
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Seit meine Frau und die Kinder hier sind, gibt es immer viel zu tun. Ich helfe meiner Frau im Haushalt; beim Putzen oder Wäsche waschen. Und die Kinder kommen und sagen ‹Papa, Papa! Komm spielen!› und ziehen mich am Arm. Wir spielen dann Fussball oder gehen spazieren. In Gümligen gibt es ein Fussballfeld für Kinder, dort sind wir oft. Oder wir gehen an den Bielersee, an die Aare oder in die Stadt. Manchmal fahren die Kinder auch mit dem Velo. Robel kann das schon richtig gut. Es ist immer etwas los. Ich komme zu Hause kaum mehr dazu, Bücher oder Zeitungen zu lesen. Deshalb lese ich so viel wie möglich im Tram und im Bus. Denn ich möchte unbedingt perfekt Deutsch lernen. Auch meine Frau und meine Kinder sollen perfekt Deutsch lernen. Das ist mein grösster Wunsch.» ■ SURPRISE 210/09
Eine Chance für alle! Werden Sie Surprise-Götti oder -Gotte ber. Das verdient Respekt und Unterstützung. Regelmässige Verkaufende werden von Surprise-Sozialarbeiterinnen betreut, individuell begleitet und gezielt gefördert. Dazu gehört auch, dass sie von Surprise nach bestandener Probezeit einen ordentlichen Arbeitsvertrag erhalten. Mit der festen Anstellung übernehmen die Surprise-Verkaufenden mehr Verantwortung; eine wesentliche Voraussetzung dafür, wieder fit für die Welt und den Arbeitsmarkt zu werden.
Starverkäuferin BILD: ZVG
Surprise kümmert sich um Menschen, die weniger Glück im Leben hatten als andere. Menschen, die sich aber wieder aufgerappelt haben und ihr Leben in die eigenen Hände nehmen wollen. Mit dem Verkauf des Strassenmagazins Surprise überwinden sie ihre soziale Isolation. Ihr Alltag bekommt Struktur und wieder einen Sinn. Sie gewinnen neue Selbstachtung und erarbeiten sich aus eigener Kraft einen kleinen Verdienst. Die Surprise-Strassenverkäuferinnen und -verkäufer helfen sich sel-
Als Götti oder Gotte ermöglichen Sie einer Strassenverkäuferin oder einem Strassenverkäufer eine betreute Anstellung bei Surprise und damit die Chance zur Rückkehr in ein selbstbestimmtes Leben.
Nike Mai Bachmann (5) aus Zürich nominiert Jela Veraguth als Starverkäuferin: «Ich finde Jela Veraguth eine ganz Gute! Sie verkauft mir jeweils die Zeitung, sie ist lässig und ich habe auch schon einmal Süssigkeiten bekommen. In den Herbstferien darf ich vielleicht mithelfen, die Zeitungen zu verkaufen. Papa kann die Einkäufe dann alleine machen.» Kurt Brügger Baselland
Marika Jonuzi Basel
Andreas Ammann Bern
Kumar Shantirakumar Bern
Ausserdem im Förderprogramm SurPlus Peter Gamma, Basel Peter Hässig, Basel Wolfgang Kreiblich, Basel Bob Ekoevi Koulekpato, Basel René Senn, Zürich
Anja Uehlinger, Baden Jela Veraguth, Zürich Fatima Keranovic, Baselland Marlise Haas, Basel
Ihre Nominierung schicken Sie bitte an: Strassenmagazin Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41+61 564 90 99, redaktion@strassenmagazin.ch
Ja, ich werde Götti/Gotte von 1 Jahr: 8000 Franken
1/2 Jahr: 4000 Franken
1/4 Jahr: 2000 Franken
Vorname, Name
Telefon
Strasse
PLZ, Ort
Datum, Unterschrift
1 Monat: 700 Franken
210/09 Talon bitte senden oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch, PC-Konto 12-551455-3 SURPRISE 210/09
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Surprise ist: Hilfe zur Selbsthilfe Surprise fördert seit 1997 die Selbsthilfe von Menschen in sozialen Schwierigkeiten. Mit begleiteten Angeboten in den Bereichen Arbeit, Sport und Kultur fördert Surprise die soziale Selbständigkeit und berufliche Eingliederung, das Verantwortungsbewusstsein, die Gesundheit und eine positive Lebenseinstellung. Surprise gibt es in der deutschsprachigen Schweiz. Eine Stimme für Benachteiligte Surprise verleiht von Armut und sozialer Benachteiligung betroffenen Menschen eine Stimme und sensibilisiert die Öffentlichkeit für ihre Anliegen. Surprise beteiligt sich am Wandel der Gesellschaft und bezieht Stellung für soziale Gerechtigkeit.
Ich möchte Surprise abonnieren! 24 Ausgaben zum Preis von CHF 189.– (Europa: CHF 229.– ) (Verpackung und Versand bieten StrassenverkäuferInnen ein zusätzliches Einkommen.)
Strassensport Der zweite Schwerpunkt von Surprise ist die Integration von sozial benachteiligten Menschen in der Schweiz über den Sport. Mit einer eigenen Strassenfussball-Liga, regelmässigem Trainings- und Turnierbetrieb, der Schweizermeisterschaft sowie der Teilnahme des offiziellen Schweizer Nationalteams am jährlichen «Homeless Worldcup» vernetzt Surprise soziale Institutionen mit Sportangeboten in der ganzen Schweiz. Organisation und Internationale Vernetzung Surprise ist eine nicht gewinnorientierte soziale Institution. Die Geschäfte werden von der Strassenmagazin Surprise GmbH geführt, die von dem gemeinnützigen Verein Strassenmagazin Surprise kontrolliert wird. Surprise ist führendes Mitglied des Internationalen Netzwerks der Strassenzeitungen (INSP) mit Sitz in Glasgow, Schottland. Derzeit gehören dem Verband gegen 100 Strassenzeitungen in über 40 Ländern an.
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Strassenmagazin und Strassenverkauf Surprise gibt das vierzehntäglich erscheinende unabhängige Strassenmagazin Surprise heraus. Neben einer professionellen Redaktion verfügt das Strassenmagazin über ein breites Netz von freien Berufsjournalistinnen, Fotografen und Illustratorinnen. Der überwiegende Teil der Auflage wird von Menschen ohne oder mit beschränktem Zugang zum regulären Arbeitsmarkt auf Strassen, Plätzen und in Bahnhöfen angeboten. Die regelmässige Arbeit gibt ihnen eine Tagesstruktur, neues Selbstvertrauen und einen bescheidenen aber eigenständig erwirtschafteten Verdienst. Für viele Surprise-Verkaufende ist das Strassenmagazin der erste Schritt zurück in ein eigenständiges Leben.
Herausgeber Strassenmagazin Surprise GmbH, Postfach, 4003 Basel www.strassenmagazin.ch Geschäftsführung Fred Lauener Öffnungszeiten Sekretariat Mo–Do 9–12/14–16.30 Uhr, Fr 9–12 Uhr T +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99 info@strassenmagazin.ch Redaktion Fred Lauener (Leitung), Reto Aschwanden, Julia Konstantinidis, Mena Kost, Agnes Weidkuhn (Koordination), T +41 61 564 90 70, redaktion@strassenmagazin.ch Freie Mitarbeit Amir Ali, Stefanie Arnold, Michèle Faller, Serge Hauser, Olivier Joliat, Thierry Kleiner, Yoshiko Kusano, Esther Michel, Stefan Michel, Stephan Pörtner, Milena Schärer, Isabella Seemann, Udo Theiss, Anna Wegelin, Priska Wenger, Sascha Edi Wipf Gestaltung WOMM Werbeagentur AG, Basel Druck AVD Goldach Auflage 25 800, Abonnemente CHF 189.–, 24 Ex./Jahr Anzeigenverkauf Therese Kramarz, T +41 61 564 90 90 anzeigen@strassenmagazin.ch
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Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auch auszugsweise oder in Ausschnitten, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird von der Redaktion und dem Verlag jede Haftung abgelehnt. SURPRISE 210/09
Schöne Shirts! Und erst noch limitiert! Olivier Mossets (64) letzte Ausstellung nannte sich «Ten Monochromes» und zeigte – wie der Name verspricht – zehn unifarbene Werke des Schweizer Künstlers. Auf 3 à 3 Meter. Die hat Mosset zum Anlass genommen, um für Surprise zehn T-Shirts in denselben Farben zu entwerfen. Mit Surprise-Aufschrift. Und vom Künstler signiert.
Der in Berlin lebende Schweizer Künstler Erik Steinbrecher (45) hat für Surprise eine Fotosammlung von Werbetexten durchforstet. Daraus sind drei T-Shirts mit «flüchtigen Hinweisen» entstanden. In Steinbrechers Worten: «Dadurch, dass der Text auf Schulterhöhe steht, ist er nicht dekorativ.» Dafür mutiere jeder T-Shirt-Träger zum Werbeträger.
Surprise-T-Shirt Preis CHF 40.–
Hinweis-T-Shirt Preis CHF 20.–
a Preis
ag l h c s b
kau r e v s Au
Fuchsia Kelly Green
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Zu bestellen auf: www.strassenmagazin.ch/website/streetshop/produkte.html
Ist gut. Kaufen! Wer etwas verkauft, braucht Geld. Schlichte Wahrheit – gute Sache. Denn 50 Prozent des Verkaufspreises kommt Surprise zugute. Alle Preise exkl. Versandkosten; *limitiertes Produkt
ältlich! nicht erh Zurzeit
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Surprise Zeitungs-Taschen (34 x 36 cm); CHF 37.50
Surprise City-Taschen* (24,5 x 35,5 cm); CHF 40.– rot blau
Vorname, Name
Telefon
Strasse
PLZ, Ort
Datum, Unterschrift
Surprise Rucksäcke (32 x 40 cm); CHF 89.– schwarz rot
210/09
*gemäss Basic 2008-2. Seite bitteMACH heraustrennen und schicken oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch SURPRISE 210/09
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Kaufen Sie ein Stadion Immer mehr sozial Benachteiligte finden Freude am Sport: 15 Teams streiten ab März dieses Jahres um den Schweizer Meistertitel der Obdachlosen Fussballer, eine Rekordzahl. Um die Begeisterung mit der passenden Infrastruktur unterstützen zu können, hat Surprise eine eigene Street-SoccerArena gekauft. Helfen Sie mit. Werden Sie Besitzer einer turniertauglichen Anlage von 22 x 16 m – mit Toren und Seitenbanden – und sponsern Sie einen oder gleich mehrere der 352 Quadratmeter à 100 Franken. Die Gönner werden auf einer Bande mit Namen verdankt.
Ja, ich will Stadion-Besitzer werden (Die Feldvergabe erfolgt nach Posteingang. Sollte ein gewünschtes Feld bereits verkauft sein, wird das nächste freie Feld zugeteilt.)
Ich kaufe folgende Felder à CHF 100 ( 1
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= bereits vergeben)
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Vorname, Name
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PLZ, Ort
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Datum, Unterschrift
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Namenseintrag Gönnerbande
Ja
Nein
Anzahl Felder
Total Kaufpreis 210/09
Talon bitte heraustrennen und schicken an: Strassenmagazin Surprise, Strassensport, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch