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Das andere Ich Doppelgänger treffen aufeinander Endlose Schulbank: Was bringt Weiterbildung?

Stopfen statt Shoppen – mit Flickzeug gegen den Konsumwahn

Nr. 217 | 22. Januar bis 4. Februar 2010 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass.


Schöne Shirts! Und erst noch limitiert! Olivier Mossets (64) letzte Ausstellung nannte sich «Ten Monochromes» und zeigte – wie der Name verspricht – zehn unifarbene Werke des Schweizer Künstlers. Auf 3 à 3 Meter. Die hat Mosset zum Anlass genommen, um für Surprise zehn T-Shirts in denselben Farben zu entwerfen. Mit Surprise-Aufschrift. Und vom Künstler signiert.

Surprise-T-Shirt Preis CHF 40.–

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Ist gut. Kaufen! Wer etwas verkauft, braucht Geld. Schlichte Wahrheit – gute Sache. Denn 50 Prozent des Verkaufspreises kommt Surprise zugute. Alle Preise exkl. Versandkosten.

Surprise Zeitungs-Taschen (34 x 36 cm); CHF 37.50 neon-orange schwarz

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*gemäss Basic 2008-2. Seite bitteMACH heraustrennen und schicken oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch

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10 Schuldenberatung Experten der Existenzsicherung BILD: ISTOCKPHOTO

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Inhalt Editorial Geld, Doubles, Bildung Leserbriefe Wunderbares Basteln für eine bessere Welt Spinnenalarm Aufgelesen Egoseller Zugerichtet Kampfzone Strasse Mit scharf Politischer Trauermarsch Erwin … schaut in die Zukunft Porträt Das Model und der Abfall Konsum Geflickt hält länger Wörter von Pörtner Lesen, elektronisch Bildende Kunst Die Kunsthandwerker Kulturtipps Aus dem Leben eines Hobo Ausgehtipps Sofabilder Verkäuferporträt «Unser Leben ist besser geworden» Projekt Surplus Chance für alle! Starverkäufer In eigener Sache Impressum INSP

Steuern, Kleinkredite, Krankenkassen – in Krisenzeiten schnappt die Schuldenfalle noch schneller zu als in der Hochkonjunktur. Wer jetzt ins Minus rutscht, hat doppelt Mühe, wieder aus den roten Zahlen zu kommen. Helfen kann der zeitige Gang zu einer Beratungsstelle. Fachleute erzählen, welche Rechnungen zuerst bezahlt werden sollten und wo Schuldner Hilfe erhalten.

BILD: ESTHER MICHEL

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13 Gesellschaft Finde deinen Doppelgänger Haben Sie auch einen? Werden Sie von wildfremden Menschen angesprochen und für jemand anderes gehalten? Sagt man Ihnen, dass es ganz erstaunlich sei, wie sehr Sie doch diesem oder jener ähnlich sind – zum Verwechseln ähnlich? Esther Michel und Madeleine Wohlfahrt haben sich aufgemacht, um ihren Doppelgängern auf die Spur zu kommen. Und haben dabei nicht nur ihre eigenen gefunden.

BILD: ISTOCKPHOTO

17 Weiterbildung Für die Karriere lernen wir Ohne Weiterbildung sind die Chancen, auf der beruflichen Karriereleiter empor zu klettern, gering, so die allgemeine Haltung in der Berufswelt. Dabei gilt aber oft: Nicht was wir lernen ist wichtig, sondern dass wir lernen. Der Markt an Weiterbildungsangeboten floriert entsprechend. Die richtige Wahl der Ausbildung wird dadurch nicht einfacher.

Titelbild: iStockPhoto SURPRISE 217/10

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BILD: DOMINIK PLÜSS

FRED LAUENER,

Leserbriefe «Ich habe erlebt, wie der Verkauf von Surprise den Verkaufenden hilft, einen weiteren Schritt in die Integration zu wagen.»

GESCHÄFTSFÜHRER

Editorial Tabus, Bildung, Doubles

Nr. 216: «Die letzte Zigarette – Schriftsteller Pedro Lenz über das Rauchverbot»

Über Geld spricht man nicht, man hat es. Dieser Spruch ist mehr als bloss eine arrogante Redensart in besseren Kreisen. Wer viel Geld hat, tut meist gut daran, nicht darüber zu sprechen – wenn er es nicht verlieren sondern vermehren will. Nicht von nichts kommt es schliesslich, dass Diskretion und Verschwiegenheit zu den zentralsten Werten im Geldgeschäft gehören. Über Geld spricht aber auch nicht gerne, wer es nicht hat. Und schon gar nicht, wenn einen private Schulden drücken. Verschuldet zu sein gilt hierzulande immer noch – sofern man nicht ein prominenter Börsenspekulant, ein ehrenwerter Immobilienhai oder eine Bank ist – als moralisches Delikt; unbesehen der Gründe für die Misere. In diesem Fall hilft Diskretion und Verschwiegenheit nicht, sondern verschärft die Misere noch. Diese Erfahrung machen derzeit Tausende, die sich in guten Zeiten guten Mutes finanzielle Lasten zugemutet haben, die sie nun, in der Krise nicht mehr zu tragen vermögen. Unser Mitarbeiter Stefan Michel hat sich bei Schuldenberatungen umgesehen und berichtet ab Seite 10. Wer sich im Beruf nicht ständig weiterbildet, verpasst nicht nur den technologischen Fortschritt, sondern auch den Anschluss. Es drohen Karriereknick und sozialer Abstieg. Stimmt das wirklich? Und wenn ja, was ist zu beachten, wenn eine Weiterbildung mehr bringen soll als bloss bessere Aussichten auf einen guten Job? In seinem zweiten Beitrag in diesem Heft setzt sich Stefan Michel ab Seite 17 mit einer Bildungsindustrie auseinander, der die Krise scheinbar nichts anhaben kann. Ein ganz anderes Thema ist die offenbar irrige Annahme, jeder Mensch sei ein einzigartiges Wesen. Ab Seite 13 beweisen Esther Michel (Fotos) und Madeleine Wohlfahrt (Text) auf der Suche nach ihren eigenen Doppelgängerinnen, dass es immer mindestens zwei von uns allen gibt. Ich wünsche Ihnen gute Lektüre.

Tödliches Passivrauchen? Mit Interesse habe ich Lenz’ Essay über das Krebsgeschwür aus Übersee gelesen. Ergänzen möchte ich, dass dem Argument «Schutz von Passivraucher/innen» damit (von WHO, Politik und Interessenvertretungen) Gewicht verliehen wird, dass 70 bis 90-Jährige befragt werden, ob sie in ihrem Leben mit Raucher/innen zu tun hatten. Diese Frage wird überraschenderweise bejaht und wenn dann diese Menschen irgendwann sterben (vielleicht, weil ihre Uhr einfach abgelaufen ist), werden sie – so einfach ist das – statistisch zu «Tod durch Passivrauchen» gezählt. Der erste Schritt also, die europäischen Metastasen zu bekämpfen, wäre wissenschaftlich sauber zu arbeiten und publizierte Behauptungen fundiert zu belegen. Dumm nur, dass dabei herauskäme, dass Passivrauchen nicht tödlich ist. Heike Bombitzki, per E-Mail

Herzlich,

Nr. 215: «Alles Gute – Das Sonderheft zum Jahreswechsel» Kleine Wunder Vor einer Woche habe ich selbst erfahren, wie integrativ der Surprise-Verkauf für Asylsuchende sein kann. Seit zwei Monaten lehre ich einen Surprise-Verkäufer Deutsch. Mal redet er und ich korrigiere, mal spreche ich und er fragt nach. Immer haben wir ein Heft dabei, in das die neuen Ausdrücke und Sätze aufgeschrieben werden. Dazu unternehmen wir einiges zusammen – besuchen den Zoo, eine Fotoaus-

stellung, die Chagall-Fenster in der Fraumünsterkirche. Das bringt Gesprächsstoff und führt ihn in unsere Kultur ein. Nun, kurz vor Weihnachten gingen wir zusammen an eine Kinderweihnachtsfeier in der Kirche. Und ich staunte nicht schlecht: Als die Lektorin, die durch die Weihnachtsgeschichte führte, auftrat, strahlte der junge Mann aus Afrika, weil er sie beim Surprise-Verkaufen kennengelernt hatte und sie immer Zeit für ein Gespräch mit ihm hatte. Nach dem Weihnachtsspiel halfen wir beim Aufräumen, und mein Begleiter sagte, dass er alle Leute hier kenne. Sie hätten bei ihm jeweils vor dem Coop das Surprise-Magazin gekauft. Für mich war diese Begebenheit sehr eindrücklich. Ich habe erlebt, wie der Verkauf dieser Zeitung den Menschen Kontakte verschafft und mithilft, einen weiteren Schritt in die Integration zu wagen. Dank vieler Menschen, die bereit sind, ein wenig von ihrer Zeit zu verschenken, bewirken diese Kontakte hier und dort kleine Wunder. Ihr Magazin finde ich gut gemacht. Die Artikel sind gut geschrieben und spannend. Es ist ein Trost und eine Motivation, zu hören und zu lesen, dass es Menschen gibt, die sich für jene einsetzen, die am Rande der Gesellschaft stehen. Barbara Oehler, Thalwil Grosser Schriftsteller Nach längerer Zeit habe ich wieder einmal ein Strassenmagazin gekauft und freute mich über das Interview mit Alex Capus! Ein Schriftsteller, den ich sehr schätze, da er sehr gut recherchiert über Afrika geschrieben hat. Rosmarie Ehrsam, per E-Mail

Die Surprise-Glücksfeen haben die Gewinner des Kreuzworträtsels ermittelt: Der erste Preis, eine Surprise-Tasche gefüllt mit Überraschungen, erhält Peter Wahl aus Thun. Auch der zweite Preis geht ins Berner Oberland. Die Surprise-Tasche gewinnt Regula Stähli aus Thun. Und auch der dritte Preis bleibt im Bernbiet: Franziska Teuscher aus Bern kann die Surprise-Mütze in Empfang nehmen. Wir gratulieren den Gewinnern herzlich!

Surprise ist auf Spenden angewiesen. Auch auf Ihre! Herzlichen Dank. PC-Konto 12-551455-3 Ihre Meinung! Bitte schicken Sie uns Ihre Anregungen oder Kritik: Strassenmagazin Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, T +41 61 564 90 70, redaktion@strassenmagazin.ch. Es werden nur Leserbriefe abgedruckt, die mit vollem Namen unterzeichnet sind. Die Redaktion behält sich vor, Briefe zu kürzen.

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ILLUSTRATION: WOMM

Vier gleichlange Stücke Pfeifenputzer von der selben Farbe zurecht schneiden. Die vier Stränge bündeln und in der Mitte zusammenhalten.

Dort wird ein Pfeifenputzer einer anderen Farbe als Körper darum gewickelt.

Die Beine noch etwas abknicken und zurecht biegen.

Basteln für eine bessere Welt Wir sollen uns also bis auf die Knochen durchleuchten lassen, bevor wir in ein Flugzeug steigen. Da nimmts uns doch Wunder, ob dem Nacktscanner auch nichts entgeht: Das Spinnlein aus Pfeifenputzern schmuggeln wir unter unsere Kleider und sind gespannt, ob es arachnophobischen Alarm auslöst! SURPRISE 217/10

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Aufgelesen News aus den 90 Strassenmagazinen, die zum internationalen Netzwerk der Strassenzeitungen INSP gehören.

Die ersten, die untergehen Graz. Klimaaktivistin P. A. Pilitati macht auf die Folgen des massiv ansteigenden Meeresspiegels um den Pazifik-Inselstaat Kiribati aufmerksam. «Die Bäume am Strand fallen reihenweise um, das Salzwasser kommt immer weiter ins Land und verunreinigt das Trinkwasser.» Unterdessen müssten die Menschen weite Strecken gehen, um an sauberes Wasser zu kommen. «Kiribati wird innert Jahrzehnten untergehen. Deshalb brauchen wir unbedingt eine Reihe von Rechten, wie sie für alle Klimaflüchtlinge definiert werden müssen.»

Immer freundlich bleiben Hamburg. Das Hamburger Strassenmagazin hat ein Computerspiel entwickelt, in welchem der Spieler in die Rolle eines Verkäufers schlüpft, genannt Egoseller: Anstatt Granatwerfer werden Strassenmagazine gezogen, die möglichst zahlreich an den Mann und an die Frau gebracht werden müssen. «Das Verkaufsgespräch ist wie in der Realität der Gradmesser dafür, ob ein Kunde sich für den Kauf des Magazins entscheidet», so Hinz&KunztVerkäufer Joe Lechner, der das Computergame testete.

Geländewagen oder Kampfhund? Berlin. Das Berliner Strassenmagazin fragte den deutschen Psychoanalytiker Micha Hilgers, ob er die Meinung von Bundesrat Moritz Leuenberger teile, dass Geländewagenfahrer und Kampfhundehalter vergleichbar seien. Das tut er: «Vor allem dann, wenn diese Autos mit Rammstangen ausgestattet sind. Das ist ausserordentlich gefährlich für Fussgänger und Fahrradfahrer und soll bedrohlichen Charakter haben. Zudem werden schwere Geländewagen gekauft, weil man sich darin sicher und erhaben gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern fühlt.»

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Zugerichtet Ausgebremst und abgeschossen «Es ist das Beste, die erste Regung des Zorns sogleich zu ignorieren», riet Seneca. Denn wenn der Zorn begonnen hat, uns vom rechten Weg abzubringen, kann die Vernunft nichts mehr ausrichten. Nirgendwo sonst entfaltet der – meist männliche – Mensch so rasend und aus nichtigstem Anlass einen Zorn auf seine Mitmenschen wie im Strassenverkehr: Der Feierabendverkehr wälzte sich stadteinwärts. Vor einer rot leuchtenden Ampel kamen ein Peugeot zu stehen und rechts von ihm, in der Ausbuchtung der Haltestelle, ein Bus. An dessen Steuer sass Herr Djordjevic*, und wie er darauf wartete, dass das Signal auf «freie Fahrt» wechselt, streckte Herr Feuz den Kopf aus seinem Peugeot und brüllte ihn an, ob er eigentlich nicht ganz dicht sei, er hätte bei der letzten Bushaltestelle den Vortritt erzwungen und sich ihm rücksichtslos vors Maul gedrängt. Was nach diesem Wortscharmützel folgte, liest sich wie das Drehbuch eines Trash-Movie-Autors, stammt jedoch aus der Feder des Staatsanwaltes: «Der Buschauffeur sinnt auf Rache. Mit seinem 12 250 kg schweren Gefährt würde er bei der geplanten Action dem 1550 kg schweren PW weit überlegen sein, so seine Rechnung. Nachdem die Lichtsignalanlage grünes Licht gibt, fährt er nahezu gleichzeitig wie der PW-Lenker los, beschleunigt den Bus, reisst das Steuer absichtlich abrupt nach links und rammt den Peugeot mit voller Kraft. Diesen dreht es quer vor den Linienbus. Der Buschauffeur drückt nochmals aufs Gas und stoppt seinen Rachefeldzug erst nach 5 Metern.»

«Jemand kann sagen, ich bin schuld – was ist das? Wo ist die Gesetz hier in Schweiz?», radebrecht Herr Djordjevic in die Kamera von Tele Züri, das ihn und seinen Gegenspieler vor dem Bezirksgericht Zürich abgefangen hat. Die Staatsanwaltschaft klagt Herrn Djordjevic der groben Verletzung von Verkehrsregeln, des vorsätzlichen Körperverletzungsversuchs und der Sachbeschädigung an und beantragt eine bedingte Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu 70 Franken sowie 2000 Franken Busse. Sollte er schuldig gesprochen werden, drohen ihm zudem berufliche Konsequenzen. Herr Djordjevic ist seit fünf Jahren bei den Verkehrsbetrieben Glattal VBG angestellt. Im Übrigen fahre er seit 30 Jahren unfallfrei, sagt er dem Richter. Der gebürtige Serbe ist sichtlich ungehalten über die Anklage. Denn die Geschichte sei eine ganz andere. Der Peugeot-Lenker habe ihm den Vortritt verweigert und ihn vor der Ampel bespuckt. «Ja, er bedrohte mich und sagte, er werde mich umbringen.» Djordjevics Verteidiger plädiert für Freispruch. «Die Darstellung des Staatsanwalts ist doch recht abenteuerlich», kommentiert er trocken. Sachlich sei allein das Gutachten der wissenschaftlichen Dienste, die die «Black Box» des Busses ausgewertet haben. Demnach könne davon ausgegangen werden, dass Herr Feuz das Vortrittsrecht missachtete und das Tempo nicht anpasste, worauf es zu dem Unfall gekommen sei. Das Gerichtsurteil steht noch aus. Gewiss ist, dass einer der beiden für seine akute Geistesschwäche teuer bezahlen wird. * persönliche Angaben geändert ISABELLA SEEMANN (ISEE@GMX.CH) ILLUSTRATION: PRISKA WENGER (PRISKAWENGER@GMX.CH) SURPRISE 217/10


Arbeitslosenversicherung Auf asozialen Abwegen Auf der Bühne der Schweizer Sozialpolitik geben die Streicher den Ton an. Zurzeit wird die Revision der Arbeitslosenversicherung gegeben. Ein politischer Trauermarsch, bei dem die Solidarität mit den Verlierern auf dem Arbeitsmarkt zu Grabe getragen wird. VON CARLO KNÖPFEL*

Wer verstehen will, worüber heute bei der Arbeitslosenversicherung gestritten wird, muss auf die letzte Revision des Arbeitslosen- und Insolvenzgesetzes AVIG zurückblenden. Damals wollte man diese Sozialversicherung finanziell nachhaltig stabilisieren. Ziel war es, im konjunkturellen Aufschwung Überschüsse zu generieren, mit denen die Defizite im Abschwung gedeckt werden können. Über den ganzen Konjunkturzyklus hinweg würde sich so eine ausgeglichene Rechnung präsentieren lassen. Das Vorhaben scheiterte, weil sich die Ökonomen an den Universitäten und im Staatssekretariat für Wirtschaft SECO verkalkulierten. Insbesondere bei der Zahl jener Erwerbstätigen, die innerhalb eines Aufund Abschwungs ihre Stelle verlieren, waren ihre Annahmen falsch. Denn längst rechnet man mit mindestens 125 000 bis 130 000 Arbeitslosen pro Konjunkturzyklus, und auch das sind Annahmen, die von der Realität schon bald überholt werden dürften. Was nämlich nicht ins Kalkül einbezogen wurde und wird, ist der mit dem fortschreitenden Globalisierungsprozess einhergehende strukturelle Wandel auf dem Arbeitsmarkt. Zumindest ein Teil der Arbeitssuchenden hat zunehmend Schwierigkeiten, wieder eine Stelle zu finden. Keine Frage, der Arbeitsmarkt in der Schweiz entfernt sich immer mehr vom Ziel der Vollbeschäftigung. Angesichts dieser Zusammenhänge könnte die Arbeitslosenversicherung mit einer einfachen Erhöhung der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge und einem zeitlich befristeten Solidaritätszuschlag auf hohe

ERWIN

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Löhne saniert werden. Ob wir zwei oder drei Prozent an die Arbeitslosenversicherung abgeben, dürfte kaum jemanden schmerzen. Und dass sich die gut Verdiendenden etwas stärker für jene engagieren, die ihre Stelle verlieren, ist nichts anderes als ein selbstverständlicher Akt der Solidarität. Schliesslich ist die Arbeitslosenversicherung noch immer eine Sozial- und keine Privatversicherung. Doch was macht die Politik? Sie will die Sanierung vor allem durch Leistungskürzungen herbeiführen. Die Arbeitslosen sollen mit einem sinkenden Versicherungsschutz dafür büssen, dass sich Ökonomen bei der letzten Revision verhauen haben. Dabei soll es vor allem junge Stellensuchende und Langzeitarbeitslose treffen. Die einen sollen noch länger warten, bis sie Taggelder beziehen können, den anderen sollen die Taggelder mit steigender Bezugsdauer sukzessive gekürzt werden. Das Referendum gegen die geplante Vorlage ist mehr als nötig. Die soziale Schweiz muss mit einem klaren und unmissverständlichen Nein zu einem solchen Sozialabbau, wie er bei der Arbeitslosenversicherung betrieben wird, deutlich machen, dass eine unsoziale Politik wie diese in der Schweiz nicht geduldet wird. ■ *Carlo Knöpfel ist Direktionsmitglied von Caritas Schweiz und Präsident des Trägervereins Strassenmagazin Surprise.

… schaut in die Zukunft

VON THEISS

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Porträt Das Model mit der Motorsäge Model, Mami, Müllentsorgerin: Dodo Bachofner spielt in ihrem Leben viele Rollen. Den dauernden Spagat zwischen den Welten sah sie früher bei sich selbst als Charakterschwäche. Heute betrachtet sie ihren Drang nach Abwechslung als Stärke. VON AMIR ALI (TEXT) UND ANDREA GANZ (BILD)

Beim letzten Fotoshooting wollte man sie dann doch nicht. Dodo Bachofner sass schon in der Schminke, als man ihr beschied, ihre Haare seien zu kurz und sie wieder nach Hause schickte. «War mir auch gerade recht», sagt die 36-Jährige mit einer Spur Trotz in ihrer rauchigen Stimme. Sie weiss: Ihren Verdienst als Model kann sie nicht planen. Mal verdient sie an einem Tag ein paar Tausend Franken, dann wieder drei Monate gar nichts. Auch wenn die Frisur nicht stimmte, wurde Bachofner am Set vorsorglich die neue Tönung der Kosmetikfirma verpasst, für die sie ihr Gesicht hätte in die Kamera halten sollen. Und so sitzt sie mit haselnussbraunem Haar am langen Esstisch in ihrer Stube. Der schlichte hellblaue Wollpullover ist ein Findling aus einem anderen Teil ihres Lebens: Dodo Bachofner befreit auf Anfrage anderer Leute Keller und Garagen von Altglas, Dosen und Alu – und manchmal kommt sie so eben auch zu einer Designer-Lederjacke, einer Handtasche von Dolce&Gabbana oder eben einem Pulli. «Ist immerhin ein Tommy Hilfiger», schmunzelt Bachofner und streicht über die fein gestrickten Maschen. Seit einiger Zeit ist das Model auch als Entsorgerin tätig. Als sie bei ihrem Gotti jeweils Altglas und Ähnliches wegschaffte, wurde ihr bewusst, dass hier eine Nachfrage besteht. Dann ergab sich das eine aus dem anderen: Ihr Ex-Mann zog aus, und zur gleichen Zeit verlor Bachofner ihren Job als Bookerin in ihrer Modelagentur. Weil sie unter der Woche für ihren achtjährigen Sohn Malik da sein wollte, kam eine Vollzeitstelle nicht in Frage. Der Berater auf dem RAV glaubte nicht an den Businessplan, den sie für ihre Geschäftsidee – «Dodos Entsorgungsdienst» – vorlegte, sie habe doch keine Qualifikationen für so etwas. Die entschlossene Frau überlegte nicht lange und verzichtete auf das Karussell aus Bewerbungen schreiben und Arbeitslosengeld kassieren. «Kein Geld kassieren, keine Rechenschaft schuldig sein», hiess Bachofners einfache Rechnung. Viel braucht sie nicht zum Leben. Seit ihre Eltern in eine Wohnung gezogen sind, wohnt sie wieder in dem Haus, in dem sie aufgewachsen ist. Die Reben, die ihre Mutter vor 20 Jahren pflanzte, überwuchern im Sommer mittlerweile die ganze Fassade. Dass es genauso lange nicht mehr renoviert wurde, sieht man dem Häuschen an. Wie eine kleine Villa Kunterbunt steht es verwinkelt und etwas schief auf einem verschneiten Hügel an guter Lage: Auf der einen Seite der Blick über die Schlosstürme des mittelalterlichen Rapperswil auf das untere Ende des Zürichsees. Auf der anderen Seite erhebt sich der Bachtel, der Hausberg des Zürcher Oberlands. Die Einrichtung kommt aus dem Brockenhaus, auf dem abgewetzten Ledersofa liegt eine Wolldecke: das Lieblingsplätzchen der alten Hundedame Nera. Den hölzernen Clubtisch zieren gerahmte Fotos von Sohn Malik mit blonder Löwenmähne. Über einem Stuhl hängt ein blauer Helly-Hansen-Faserpelz. «Meine Lieblingsjacke», sagt Bachofner. Vieles an dem Häuschen hat sie selbst gemacht. «Klempnern kann ich mittlerweile ganz gut», sagt sie nicht ohne Stolz. Seit Kurzem hat sie eine Zentralheizung. Das Loch für den Gastank hackte sie eigenhändig mit

dem Pickel in den Boden ihres Gartens. «Jetzt friert uns im Winter das WC nicht mehr ein», stellt Bachofner lakonisch fest. Bevor sie vor über 20 Jahren an der Coiffeurschau eines Bekannten zum ersten Mal auf den Laufsteg kam, wäre sie nie auf die Idee gekommen, sich als Mannequin zu versuchen. «Ich war ein Feld-Wald-WiesenMädchen», beschreibt sich Bachofner rückblickend selbst. Doch der Tag sollte wegweisend sein für ihr weiteres Leben. Als sie bei der Frisurenschau ankam, direkt nach der Schule, zerzaust und mit Schnee in den Haaren, bekam sie gerade mit, wie eine andere Anfängerin von der ChefCoiffeuse einen Zusammenschiss bekam. Zu aufgetakelt, lautete das fachfrauliche Urteil. Bei Dodo Bachofner stellte sich dieses Problem nicht. Sie musste bloss die Hose herunterlassen, zum Cellulite-Check. Dann nahm die Model-Karriere für die 1 Meter 79 grosse Frau mit dem gleichmässig geschnittenen Gesicht ihren Lauf. «Ich habe mich nie als Fremdkörper im Modebusiness gefühlt», sagt Bachofner, die nach der Wirtschaftsmatura einige Jahre Ethnologie studierte. Sie komme gut zurecht, auch wenn sie nie verleugnen konnte, dass ihre Herkunft woanders liegt. «Mein Lieblingsspielzeug ist meine Motorsäge», erklärt sie. Wenn sie mit zerkratzten Händen und verschrammten Beinen vom Garten ans Fotoshooting geht, wird sie manchmal schräg angeschaut. Dann prallen die bodenständige Bachofner und Dodo das Model aufeinander. Aber dafür gibt es ja Make-up und Photoshop. «Ich finde es cool, ein Model zu sein – aber nur, solange ich am Arbeiten bin», meint sie. Freundinnen aus der Modelszene hat sie nicht viele. Das Klischee, meint Dodo Bachofner, stimme eben oft: «Models sind blond und dumm.» Früher führten Bachofner die Shootings noch in die ganze Welt, auf eine Ranch mit Wildpferden zum Beispiel, auf silbern glänzende Zugdächer irgendwo in der amerikanischen Weite. Und nach Kapstadt natürlich, die Stadt der Mode-Shootings. «Damals sah ich meine Anpassungsfähigkeit noch als Schwäche.» Heute sieht Bachofner sie als Stärke: «Ich weiss, wer ich bin. Ich verliere mich nicht. Ich kann auch mit Model Raquel Lehmann ein Cüpli trinken», sagt sie ernst. «Jedem seine Welt.» Zum Kundenkreis von Dodo der Entsorgerin gehören Senioren, WGs und Villenbesitzer von der Goldküste gleichermassen. Wenn sie, wie fast immer, gut gelaunt bei ihren Kunden vorbeischaut, nimmt sie sich auch

«Eine Entsorgerin finden die meisten dekadent.»

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mal eine halbe Stunde Zeit für ein Schwätzchen: «Das macht die Arbeit interessant.» Ihr ist klar, dass sie noch zu billig arbeitet: «Anfangs dachte ich, die Leute kommen in Scharen.» Aber die Krise habe ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht. Zudem brauche es ein Umdenken: «Eine Putzfrau hat mittlerweile fast jeder. Eine Entsorgerin finden die meisten aber noch dekadent.» Bachofners Ziel ist es, irgendwann vom Müll anderer Leute leben zu können. Dass der Erfolg sich mit der Zeit einstellen wird, davon ist sie überzeugt. Bis dahin freut sie sich halt am Kontakt mit Menschen aus verschiedenen Welten – und am einen oder anderen Designer-Accessoire aus einem High-Society-Keller an der Goldküste. ■

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BILD: ISTOCKPHOTO

Schuldenberatung Hochkonjunktur f端r Sanierer? In Krisenzeiten haben Schuldenberatungsstellen alle H辰nde voll zu tun, m端sste man meinen. Aber nichts da. Auch sie sp端ren die Krise. Allerdings anders als man denkt.

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VON STEFAN MICHEL

hin: Man gibt seinen ganzen Lohn aus und plötzlich flattert eine Steuerrechnung über mehrere tausend Franken ins Haus. Ein kleiner Trost, dass Schulden beim Staat mit Zinsen zwischen zwei und sechs Prozent die billigsten der Schweiz sind. An zweiter Stelle der Gläubigerhitparade stehen die Krankenkassen. Und die sind weit weniger geduldig als der Fiskus, weiss Hoby: «Sie machen rabiat Inkasso und warten nicht

Lange ging es gut. Traditionsfirmen, Grossbanken, Staaten, Ölscheichs und Alleinerziehende mit Minimallohn – alle hatten sie Schulden. Viele Firmen können ohne Kredite nicht arbeiten, manche Private nicht leben. Wenn sie zu sehr überziehen, wird die Rechnung teuer. Den Grossen hilft vielleicht der Staat oder, wenn sie selber Staaten sind, der WährungsAm billigsten sind Schulden beim Staat: Die Zinsen für fonds. Die Kleinen landen auf dem BetreiSteuerausstände betragen zwei bis sechs Prozent. bungsamt und in der Schuldenberatung. Creditreform, der Schweizerische Gläubilange mit der Betreibung.» Kein Problem seien hingegen Leasing-Verträgerverband, meldete bereits im vergangenen September eine alarmiege, so Roncoroni: «Die verstossen praktisch alle gegen das Bundesgesetz rende Zunahme der Firmenkonkurse um 25 Prozent gegenüber dem über Konsumkredite. Die meisten Forderungen gelten deshalb nicht.» Vorjahr. Die Privatkonkurse hingegen sind im gleichen Zeitraum leicht Die Krise verschont auch die Gläubiger nicht. Besonders Firmen sind gesunken. Creditreform-Sprecher Claude Federer kann allerdings keine mehr denn je auf ihr Geld angewiesen. «Viele schauen als Erstes, welEntwarnung geben: «Die Privatkonkurse werden wohl nachziehen. che Forderungen offen sind und machen diese geltend», erklärt Hoby, Schliesslich steigt mit den Firmenkonkursen auch die Arbeitslosigkeit.» «oder sie ziehen gleich ein Inkassobüro bei.» Dann wird es nicht nur ungemütlicher, sondern auch teurer, denn die Kosten der Spezialisten Die Folgen der Krise fürs Geld eintreiben werden regelmässig – und in den meisten Fällen Überrannt wird keine der befragten Schuldenberatungsstellen in St. rechtswidrig – dem Schuldner übertragen. «Die Inkassodienste scheiGallen, Zürich, Basel und Bern. Eine Zunahme stellen nur jene fest, die nen härtere Vorgaben zu haben», vermutet Roncoroni, «selbst bei Kliennicht schon vorher ausgelastet waren. David Laso von der Fachstelle ten mit Krankheitsgeschichten! Wie kann man da nicht nachgeben?» für Schuldenfragen im Kanton Zürich präzisiert: «Seit Anfang Herbst Doch es gibt auch die anderen. Gerade jetzt sind einige Firmen froh, nehmen die Telefonanfragen zu. Es scheint, dass jene, die ihre Stelle wenn sie wenigstens einen Teil ihrer Guthaben erhalten. David Laso beverloren haben oder eine Lohneinbusse hinnehmen mussten, ihre Restätigt: «Die Mehrheit ist kooperativ. Die sehen uns als verlängerte Inserven aufgebraucht haben.» Auch Selbstständigerwerbende rufen häukassostellen. Wir suchen eine Lösung, dank der unser Klient seine figer bei der Fachstelle an. Schulden sanieren kann und die Gläubiger zu ihrem Geld kommen. Sein Kollege in Bern, Mario Roncoroni, sieht die Auswirkungen der Wenn beide Seiten Opfer bringen, gibt es eine Lösung.» Auch Markus Krise noch weit entfernt: «Wer jetzt beginnt, sich zu verschulden, der Hoby, der als privater Schuldenberater eine etwas besser verdienende kommt in zwei oder drei Jahren zu uns.» Die meisten suchen erst Hilfe, Kundschaft vertritt, stellt fest, dass eine gewisse Erleichterung einsetzt, wenn sich die Schuldscheine stapeln oder der Rauswurf aus der Wohwenn er als Profi sich einschaltet. Vor allem dann, wenn es um eine nung unmittelbar bevorsteht. Und manche sogar noch später, wie RonNachlassstundung geht, also um einen gerichtlich verfügten Aufschub coroni erzählt: «Zur Schuldenberatung geht man, wenn man an eine der Zahlungsfristen. «Denn da arbeite ich im Auftrag des Gerichts.» Lösung glaubt, zum Beispiel wenn man eine neue Stelle gefunden hat.» Direkt wirkt sich die Krise hingegen auf jene aus, die bereits im SaPrivatkonkurs: Ausweg oder Sackgasse? nierungsprozess stecken. Jene, die ihre Schulden nach einem rigiden Manchmal bleibt trotzdem nur der Privatkonkurs. Wie bei der StunPlan und am Existenzminimum lebend abstottern. Wer in dieser Situadung werden alle Betreibungen und Verzugszahlungen gestoppt. Das tion den Job verliert oder weniger verdient, kann die Lösung seiner gesetzliche Existenzminimum wird etwas höher angesetzt als bei einer Geldprobleme bis auf weiteres vergessen. Ähnlich verhält es sich bei jeLohnpfändung. Übertrifft man dieses, zahlt man wieder Schulden ab, nen, die erst anfangen, sich zu verschulden. «Die Schlupflöcher werden bis zum Ende seines Lebens. Der Konkurs kommt für Laso aber nur als kleiner», erklärt Laso und meint damit keine Steueroptimierer, sondern ultima ratio infrage: «Wir haben 25-Jährige mit Aussicht auf jahrelange Leute am finanziellen Anschlag: «Engpässe durch Überstunden oder eiLohnpfändungen infolge massiver Überschuldung, nicht selten über nen Nebenjob zu kompensieren, ist jetzt nicht mehr möglich.» Umso 60 000 Franken. Im besten Fall können mit Hilfe der Fachstelle weitere schneller landen jene in der Schuldenfalle, die sich in der HochkonBetreibungen vermieden werden und die Schulden innert drei bis vier junktur bis an den Rand verpflichtet haben oder bereits am ExistenzJahren abgebaut werden. Bei vielen ist aber ein Privatkonkurs unumminimum leben. Noch rasanter geht das, wenn man den Job verliert gänglich. Er ermöglicht einen zweiten Start ins Erwachsenenleben.» oder wegen der schlechten Konjunktur weniger verdient. 20 oder 30 Wer jetzt in die Schuldenfalle tappt und sich wie ein normaler Prozent weniger Einkommen sprengen fast jedes Budget. Schuldner verhält, nämlich optimistisch bis zum Selbstbetrug oder mit hilflosem Fatalismus reagierend, dessen Sanierung wird stattfinden, Der Hauptkreditgeber der Schweiz wenn es der Wirtschaft wieder besser geht. Ein Grund, die Finanzen Der viel geschmähte Kleinkredit ist nicht das Hauptproblem. «Vielschleifen zu lassen, ist das nicht. Denn bis dann werden die jetzigen leicht die Hälfte meiner Kunden haben einen Konsumkredit», erklärt Neuschuldner mit 50 000 bis 250 000 Franken in der Kreide stehen und Markus Hoby, privater Schuldenberater in St. Gallen, «aber praktisch jejahrelang abzahlen oder bis an ihr Lebensende am Existenzminimum der hat Steuerschulden.» Roncoroni bestätigt: «Der Hauptkreditgeber leben. der Schweiz ist der Staat.» Steuerschulden sind der Klassiker schlechtSURPRISE 217/10

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Schuldenberatung «Eine Zahnarztrechnung kann genügen»

BILD: ZVG

Eva Schätti ist Präventionsverantwortliche bei der Basler Budget- und Schuldenberatungstelle Plusminus. Sie weiss, wie schnell jemand in die Schuldenspirale gerät, kennt aber auch Möglichkeiten, den Sturz ins Bodenlose aufzuhalten. INTERVIEW: STEFAN MICHEL

Angenommen, ich komme mit einem Berg von Schulden zu Ihnen. Was passiert dann? Der Infoladen ist unsere erste Anlaufstelle. Am besten bringt man Schuldscheine, Mahnungen, Steuererklärung und dergleichen mit. In einem ersten kurzen Gespräch machen wir uns ein Bild, entscheiden, ob Sie bei uns die richtigen Ansprechpersonen finden.

Was ist die Alternative? Das hängt von der Lebenssituation ab. Privatkonkurs oder ein Leben mit Schulden sind zwei Möglichkeiten. In der Sozialarbeit begleiten wir die Menschen, die bereit sind für einen Lernprozess und dafür Ziele entwickeln. Einige werden bis ans Ende des Lebens arm sein. Trotzdem ist es für diese Menschen eine Erleichterung, weil die Situation geklärt ist. Die Angst, die Post zu öffnen, schwindet. Halten Sie es für sinnvoll, wenn man Menschen aus dem privaten Umfeld einbezieht oder den Arbeitgeber? Wenn Sie einen guten Job haben und 5000 Franken Schulden, dann fragen Sie einen Verwandten. Das würde ich auch so machen. Bei den Arbeitgebern gibt es Unterschiede. Viele helfen ihren Angestellten, indem

Wenn ich bei Ihnen richtig bin, was passiert dann? Sie besuchen zuerst eine Infoveranstaltung. Dort lernen Sie, sich einen Überblick über Einnahmen und Ausgaben zu verschaffen. Viele haben noch nie ein Budget «Wer Schulden hat, ist geächtet. Nur Grossverdiener, gemacht. Erst danach beginnt die persönliche die straucheln, gelten immer noch als galant.» Beratung. Wir klären Schuldensumme und Gläubiger ab. Wir lernen Sie und Ihre Themen sie ihnen ein zinsloses Darlehen gewähren oder sie zu uns schicken. kennen. Welche Ziele haben Sie? Wie ist Ihr Gesundheitszustand? Was Aber es gibt Branchen, in denen sich die Arbeitnehmer davor scheuen, ist Ihnen wichtig? Ein junger Mensch hat oft andere Möglichkeiten als zuzugeben, dass sie ihre Finanzen nicht im Griff haben. Grundsätzlich ein 58-Jähriger. machen wir die Erfahrung, dass die Arbeitgeber wollen, dass es ihren Angestellten gut geht und deshalb an einer Lösung mitarbeiten. Wie hoch sind die Schulden der Leute, die zu Ihnen kommen? Das ist sehr unterschiedlich. Von 10 000 bis 200 000 Franken ist alles Gibt es Dinge, die man schneller bezahlen sollte und Schulden, die dabei. warten können? Miete, Steuern, Strom, Lebensmittel und Krankenkasse, solche laufenWer verschuldet sich typischerweise? den Kosten haben absolute Priorität. Bei Nicht-Bezahlung droht unter Es kann jeden treffen, jedes Bildungs- und Einkommensniveau. Den Umständen der Wohnungsverlust, oder ich sitze im Dunkeln. Das ZeiSelbstständigerwerbenden, dessen Geschäft nicht mehr läuft. Den Antungsabo oder die Billag sind weniger entscheidend. Das Wichtigste ist, gestellten, der die Stelle verliert, aber positiv denkt und auf eine neue dass man mit Gläubigern redet und sich nicht neu verschuldet. Stelle hofft. Er ändert nichts an seinem Lebensstil, braucht seine Ersparnisse auf und rutscht allmählich in die Schulden. Bei einer AlleinSchulden sind salonfähig geworden. Oder ändert sich das jetzt erziehenden mit drei Kindern kann schon eine Zahnarztrechnung über wieder? 2000 Franken die Schuldenspirale in Gang setzen. Trennungen sind ein Wir leben in einer Welt des «Kaufe heute, bezahle morgen!». Auf allen häufiger Grund für Schulden, oder auch die Geburt von Kindern. Plakatwänden wird das angepriesen. Aber wer seine Schulden nicht mehr im Griff hat, ist trotzdem geächtet, zumindest, wenn er kein Big Wann kommen die Leute zu Ihnen? Boss ist. Nur Grossverdiener, die straucheln, gelten immer noch als Die meisten erst, wenn es zu spät oder fast zu spät ist. Zum Beispiel, galant. wenn ihnen unmittelbar der Rauswurf aus der Wohnung droht – und ■ das passiert in der Schweiz nicht so schnell. Ich staune manchmal, wie lange es Leute mit ihren Schulden aushalten. Wie lange dauert eine Schuldensanierung? Eine Sanierung über drei Jahre ist realistisch. Das ist eine lange Zeit, in der man mit knappem Budget leben muss. Es gibt Einzelne, die auch länger durchhalten wollen. Schulden zu haben, kann sehr erdrückend sein.

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Gesellschaft Das doppelte (F)lottchen SURPRISE 217/10

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Saddam Hussein hatte mindestens vier, Elvis Presley hat Tausende und Michael Jackson inzwischen auch: Doppelgänger. Politiker verwenden sie aus Sicherheitsgründen und Schauspieler brauchen sie in Form von Stuntmen und Bodydoubles. Paul McCartney soll angeblich gar mit einem Doppelgänger ersetzt worden sein, als er 1966 bei einem Autounfall ums Leben kam. Stimmt vielleicht die Theorie, wonach es jeden Menschen auf der Welt zweimal gibt? Und was, wenn beide in derselben Stadt leben? Esther Michel und Madeleine Wohlfahrt haben sich in Zürichs Nachtleben auf die Suche gemacht. Gefunden haben sie sechs Doppelgänger-Paare, auch ihre eigenen. VON ESTHER MICHEL (BILDER) UND MADELEINE WOHLFAHRT (TEXT)

Micha und Oli Micha: Neulich hat mich ein Türsteher einen Abend lang böse angestarrt. Irgendwann musste ich ihm sagen, dass er mich wohl mit Oli verwechselt, der in besagtem Club einige Nächte zuvor den Feueralarm ausgelöst hatte. Das Gute daran: Wenn ich das nächste Mal etwas bosge, kann ich es getrost auf Oli schieben. Oli: Kürzlich hat mich ein Türsteher bei der Eingangskontrolle lustig angeschaut und wollte mir den Stempel auf die Stirn pressen. Irgendwann musste ich ihm sagen, dass er mich wohl mit Micha verwechselt, der einige Nächte zuvor mit einer Clownnase den Club betreten wollte. Das Gute daran: Wenn ich das nächste Mal den Clown spiele, kann ich es getrost auf Micha schieben. Esther und Monika Monika: Angefangen hat alles mit einem Bild von Esther, auf dem ich mich selber mit ihr verwechselt habe. Mir fiel plötzlich auf, dass wir uns gleichen, Esther meinte dazu nur: «Spinnst du?» Von diesem Tag an begann es wie auf Knopfdruck. Seitdem werden wir wirklich dauernd ver-

wechselt und bei jeder Gelegenheit gefragt, ob wir Zwillinge sind. Esther hat mich kürzlich an einem Event vertreten, es ist keinem aufgefallen, dass ich nicht dort war, wie praktisch! Esther: Inzwischen drehe ich mich schon um, wenn jemand «Monika» ruft. Ich wurde sogar von Monikas ehemaligem Liebhaber abgeknutscht, es hat also durchaus angenehme Seiten, diese DoppelgängerSache. Schade eigentlich, dass wir nicht verwandt sind, ich hätte nichts dagegen, ein paar Monika-Gene zu haben! Thomas und Dominik Thomas: Als wir uns vor zehn Jahren zum ersten Mal begegnet sind, war relativ schnell klar, dass wir beste Freunde werden würden. Wir sind uns in vieler Hinsicht sehr ähnlich. Vielleicht weniger vom Äusseren her, aber in unseren Wesenszügen, Ansichten und auch Lebensläufen. Bevor wir uns überhaupt kannten, waren wir fast gleichzeitig im Austauschjahr im Mittleren Westen der USA, anschliessend hatten wir denselben Arbeitgeber – und wir beendeten zur fast gleichen Zeit unsere erste lange Beziehung. Dominik: Wir wurden beinahe als eine Einheit wahrgenommen, die Charaktereigenschaften des einen wurden einfach in den anderen hin-

Türsteher trauen ihren Augen nicht, wenn Oli nach fünf Minuten schon wieder um Einlass bittet, aber eigentlich Micha (rechts) ist.

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Selbst die Liebhaber können nicht zwischen Esther (links) und Monika unterscheiden.

Ähnliches Aussehen und ähnliche Erfahrungen: Thomas (links) und Dominik. SURPRISE 217/10

Auch die Namen sind zum Verwechseln ähnlich: Madeleine (links) und Marlene.

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ein interpretiert. Wir wurden sogar schon im Doppelpack angemacht mit Sprüchen wie: «Ich würde euch beide daten – welcher ist eigentlich egal». Aber wir kommen natürlich nicht immer nur gut an. Es hat sich zwischen uns aufgrund der vielen gemeinsamen Erlebnisse eine starke Eigendynamik mit zahlreichen Insiderwitzen entwickelt. Einige finden uns zwar einzeln wohl nett, aber zusammen einfach nur unerträglich. Marlene und Madeleine Madeleine: Als wir eine Zeitlang an denselben Orten im Ausgang waren, wurden wir häufig verwechselt. Vielleicht, weil wir damals beide einen Freund mit Lockenkopf hatten, uns ähnlich sehen und dann auch noch fast gleich heissen, war es schwierig, uns auseinanderzuhalten. In letzter Zeit werden wir nicht mehr so oft verwechselt, aber es kommt immer noch vor, dass mich Leute wegen Club-Eintritten anquatschen, natürlich meinen sie Marlene, deren Mann Clubbetreiber ist. Marlene: Ich fand es ziemlich seltsam, als mich ein Barkeeper einmal mit «Schon wieder du?» begrüsste. Später lief mir Madeleine über den Weg, die kurz zuvor bei demselben Barkeeper bestellt hatte und zufälligerweise fast gleich angezogen war wie ich.

Barbara und Nicola Nicola: Ich habe mich schon lange gefragt, wer eigentlich diese Barbara ist, die mir so ähnlich sehen soll. Ich kenne ihren halben Freundeskreis, nur sie nicht. Durch dieses Fotoshooting haben wir uns nun endlich kennengelernt. Jetzt weiss ich, mit wem ich verwechselt werde, wenn ich das nächste Mal mit «He, kennst du mich nicht mehr?» begrüsst werde. Barbara: Ich war so aufgeregt, diese ominöse Nicola endlich zu sehen! Wir haben gleich beim ersten Treffen viele weitere Gemeinsamkeiten nebst unserem Aussehen entdeckt. Zum Beispiel unser Kleiderstil, Musikgeschmack und unser Sternzeichen. Es überrascht mich also nicht, dass wir uns nun auch noch gut verstehen. ■

Neil und Patrick Neil: Seit Patrick vor ein paar Jahren nach Zürich gezogen ist, werde ich hauptsächlich von hübschen Frauen mit «Pädi» angesprochen. So gesehen habe ich nichts dagegen, verwechselt zu werden. Patrick: Wir haben uns über meine Exfreundin kennengelernt, die sich damals in Neil verguckte. Sie war eigentlich auch die Erste, die die Ähnlichkeit betonte. Nebst unserem Freundeskreis und Aussehen ist auch unser Musikgeschmack ziemlich ähnlich. Daher legen wir inzwischen regelmässig gemeinsam auf.

Fotografin Esther Michel ist auf der Suche nach weiteren Doppelgängern: Wer also einen hat, kann sich unter dem Stichwort «Doppelgänger» bei e-michel@bluewin.ch melden. Und wer seinen Doppelgänger gerne finden möchte, kann sich unter www.doppelgaenger.com anmelden. Einfach einloggen und sich selbst anhand eines Fotos und zahlreicher Kriterien möglichst präzise beschreiben. Für einen ersten gemeinsamen DVD-Abend sind folgende Filmtips wärmstens zu empfehlen: – Face/Off (1997): John Travolta schlüpft mittels modernster Chirurgie in den Körper eines Terroristen. Oder war es umgekehrt? – The Crow (1998): Der Hauptdarsteller Brandon Lee starb bei einem Unfall am Set. Der Film wurde mit Doubles und Computeranimationen fertiggestellt. – Ein Zwilling kommt selten allein (1998): Hollywood-Sternchen Lindsay Lohan spielt in dieser Disney-Komödie eine Doppelrolle!

Teilen Aussehen und Freunde: Nicola (links) und Barbara.

Patricks (links) Ex verguckte sich in seinen Doppelgänger Neil.

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BILD: ISTOCKPHOTO

Weiterbildung Lebenslänglich auf der Schulbank Ob für die Karriere oder um wieder einen Job zu kriegen – sich weiterzubilden ist zur ungeschriebenen Pflicht geworden. Dabei ist die Weiterbildung oft bloss Selbstzweck: Es ist wichtiger, dass man lernt als was man lernt. VON STEFAN MICHEL

Wann haben Sie sich zum letzten Mal weitergebildet? Sind Sie zusammengezuckt? Haben Sie ihre Pflicht-Tage im Seminarraum noch nicht geleistet? Oder gehören Sie zu jenen, die Weiterbildung für so wichtig halten wie die Mittagspause mit den richtigen Leuten – beides kann ihre Karriere oder wenigstens ihre Zufriedenheit am Arbeitsplatz fördern, Sie kommen aber auch ohne klar. Oder sind Sie gar eine Totalverweigerin, ein Totalverweigerer? Ihnen widmete «Education Permanente», eine Fachzeitschrift für Weiterbildung, im April 2009 einen besorgten Artikel. Er zitiert eine Studie, gemäss der die «Nie-Teilnehmer» (nicht zu verwechseln mit den «temporären Nichtteilnehmern») überzeugt seien, dass ihnen Fortbildung weder mehr Lohn noch eine bessere Stelle einbringe. Der Mainstream glaubt an das Gegenteil. Nicht nur gilt es als sicher, dass man früher oder später dank Kursen und Seminaren beruflich aufsteigen oder auf Stellensuche bessere Chancen haben wird. Sich nicht regelmässig weiterzubilden, halten viele für geradezu unverantwortlich. Unmöglich mit der Entwicklung des eigenen Berufs Schritt zu halten, ohSURPRISE 217/10

ne sich regelmässig vermitteln zu lassen, was sich alles geändert hat! Die Chancen auf eine neue Stelle schwinden Tag für Tag, hält man sich nicht permanent fit mit Fortbildung! So sehen das nicht nur die Kursanbieter, sondern auch jene, die Stellensuchende beraten oder darüber entscheiden, welche Bewerberin die ausgeschriebene Stelle erhält. Lebenslanges Lernen, ein Begriff, der nach fernöstlicher Philosophie klingt, ist zum Gebot geworden, den Wirtschaftskapitäne wie kühle Bundesvertreter hoch halten. Wo gehts hier zum Traumjob? Weiterbildung ist in der Schweiz zu einem gewichtigen Markt geworden. Über tausend private, halb- und ganz öffentliche Anbieter von Weiterbildungsmassnahmen setzen mit rund 100 000 Lehrgängen jährlich über fünf Milliarden Franken um. Um das Thema Weiterbildung kommt nicht herum, wer seine Karriere gezielt vorantreiben will oder arbeitslos ist. Eine dritte Gruppe sind jene, die sich von einer Weiterbildung versprechen, den Einstieg in ihren Traumberuf zu schaffen, also endlich als Tanzlehrer zu arbeiten statt als Schuhverkäufer oder als Kamerafrau statt als Kindergärtnerin.

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Dass es möglich ist, sich bis zum Wunschjob weiterzubilden, davon ist Claudio Weiss überzeugt. Er ist Geschäftsführer des Schweizer Karriereportals karriere.ch. «Wenn jemand weiss, wo er steht und wo er hin will, dann können unsere Online-Tools und Beratungsservices aufzeigen, welche Schritte zum Ziel führen.» David Keel, der als Erwachsenenbildner und Organisationsberater arbeitet, sieht das anders: «Dass es einen direkten Weg zur Traumstelle gibt, ist Humbug. Dahinter steckt der alte Erfolgsmythos, dass man alles schaffen kann, wenn man nur fleissig genug ist.» Dass es erfolgreiche Einzelfälle gebe, streitet er nicht ab. Wichtiger für ihn ist: «Gesamtgesellschaftlich kann das nicht funktionieren, denn die Zahl der interessanten und gut bezahlten Stellen wächst nicht, je mehr Menschen sich weiterbilden. Beruflicher Erfolg hängt von vielen Faktoren ab. Ein wichtiger ist der Zufall.» Dass Karrieren keinesfalls ein Zufallsprodukt sind, vermittelt karriere.ch. Dort gibt es ein «Traumjob-Tool», mit dem man sich seine Idealstelle bausteinartig zusammensetzen kann: Per Mausklick wählt man Branche, Tätigkeit, Position in der Firmenhierarchie und natürlich das Salär, das man für angemessen hält. Man präzisiert seine Angaben und gibt seinen beruflichen Werdegang dazu. Das Resultat sind allerdings keine Stellenangebote, sondern Kontakte zu spezialisierten Beratern, die mit dem Traumjobkandidaten die nächsten Schritte auf dem Weg zum beruflichen Olymp besprechen. Karriereschritt oder Selbstverwirklichung Beratung brauchte Gaby Mantel keine, nachdem sie herausgefunden hatte, in welchem Bereich sie arbeiten wollte. Nach einem abgebrochenen Biologiestudium und diversen Bürojobs auf Assistenzstufe landete sie in der Personalabteilung eines grossen Unternehmens und wollte dort mehr Verantwortung übernehmen und kompetenter werden. «Dafür brauchte ich den Fachausweis als eidgenössisch diplomierte PersonalAnzeige:

fachfrau. Dazu gibt es keine Alternative», erklärt sie. Die Frage war nur noch, in welcher Zeit sie das schaffen wollte. Sie entschied sich für die kürzeste Variante: beim Kaufmännischen Verein in einem Jahr, neben ihrer Vollzeitstelle. «Das war sehr hart und ich würde es nicht unbedingt nochmals so machen.» Gelohnt hat es sich. Zuerst wurde sie befördert. Inzwischen ist sie in einer anderen internationalen Firma im Personalwesen angestellt. Keine klaren Vorstellungen hatte Nastasja Wolfensberger. Nach abgeschlossener Lehre zur Optikerin nahm sie in England Sprachunterricht bis zum «Proficiency Certificate», dem Diplom, mit dem sie sogar Englisch unterrichten könnte. Das war jedoch nie ihr Ziel. Sie interessierte sich für eine kreative Arbeit. Als sie von der freien Kunstschule F&F hörte, wo – im Gegensatz zu künstlerischen Fachhochschulen – keine Matura vorausgesetzt wird, bewarb sie sich spontan für den Lehrgang Fotografie. Nach einem Jahr wechselte sie in die Grafik und schloss zwei Jahre später ab. Danach fand sie eine Stelle in einem Transportunternehmen, wo sie neben etwas Grafik viel allgemeine Kommunikationsarbeit erledigte. Ihrer Vorstellung von kreativer Arbeit entsprach das nicht, weshalb sie nach einem Jahr kündigte. Als freischaffende Grafikerin kam sie auf keinen grünen Zweig. «Ich bin nicht so gut darin, mich anzupreisen und das ist entscheidend, um an Aufträge zu kommen», erklärt sie. Mit 30 Jahren holt sie nun die Berufsmatura nach, in der gesundheitlichsozialen Richtung. Dem Rat einer Mitarbeiterin der Berufsmaturitätsschule folgend, wählte sie die Richtung, deren Fächer sie am meisten interessieren. «In erster Linie mache ich das für mich. Ich denke aber schon, dass mir das etwas bringt.» Die zwei Geschichten zeigen, was Laufbahn- und Weiterbildungsexperten übereinstimmend bestätigen: Relevante Arbeitserfahrung, ein klares und realistisches Berufsziel sowie ein allgemein anerkannter Abschluss erhöhen die Chance markant, eine Stelle zu erhalten, die den eigenen Vorstellungen entspricht. Je länger man im Geschäft ist, desto höher wird der Druck, mittels Fortbildungskursen zu belegen, dass man auf der Höhe der Zeit ist. Dabei ist es wichtiger, dass man einen Kurs erfolgreich abgeschlossen hat, als das, was man dort gelernt hat. Claudio Weiss zitiert eine Befragung von zehn Teilnehmern einer Weiterbildung für Verkaufsleiter. «Sieben haben angegeben, sie seien danach aufgestiegen und verdienten heute mehr. Lediglich drei hingegen wenden das Gelernte im Berufsalltag oft an.» Ein Trost für manches praxisfern gescholtene Universitätsstudium.

Arbeitslos auf Kurs Weniger um Wünsche und Selbstverwirklichung geht es bei den Arbeitslosen. Weiterbildung ist für sie heutzutage fast schon obligatorisch. René Wehrli, Leiter des RAV Baden erklärt warum: «Weiterbildung kann entscheidend sein, um beruflich am Ball zu bleiben. Ein Informatiker, zum Beispiel, ist nach einem halben Jahr ohne Job schon fast weg vom Fenster.» Generell gehe es in der Weiterbildung von Stellensuchenden darum, ihre Arbeitsmarktfähigkeit zu erhalten oder zu erhöhen. Berufskenntnisse sind nicht der einzige Weg dazu. «Wenn wir feststellen, dass Sozialkompetenzen das Problem sind, dann ermutigen wir unseren Klienten, einen entsprechenden Kurs zu besuchen», stellt Wehrli klar. Erzwingen lasse sich jedoch nichts: «Ohne Eigenmotivation bringt kein Kurs etwas.» Es bleibt, für sich das richtige Angebot herauszufiltern, ob zur Karriereförderung oder um zurück ins Arbeitsleben zu finden. Dass dies angesichts des Dschungels aus Institutionen und der Blütenvielfalt an Titeln zur reinen Glückssache geworden sei, verneinen die für diesen Artikel befragten Experten: Welche Zertifikate in einer Branche etwas gelten, wissen jene am besten, die dort arbeiten und Beschriebe für freie Stellen anfertigen. Die Chance, eine solche zu ergattern, erhöht sich mit dem richtigen Weiterbildungspapier. Doch je mehr diesen Schein besitzen, desto wichtiger werden andere Qualitäten – oder ein noch fundierterer und noch intensiverer Lehrgang. Der Stolz des Heimbesitzers: Sven Unold vor seinem Wohnwagen mit selbst gebautem Vorbau.

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Die Personalfachfrau Karin Caflisch, Head Human Resources Marketing & Recruiting, KPMG Wie oft passiert es Ihnen, dass Sie einen Abschluss oder einen Titel in einem Bewerbungsdossier nicht kennen? Sehr selten. Für die Profile, die wir bei KPMG brauchen, kenne ich die Ausbildungen in- und auswendig. Welche Abschlüsse gelten wirklich etwas? Das kommt auf das Fachgebiet an. Eidgenössische Diplome sind immer gut, Berufsverbände bieten auch sehr gute Weiterbildungen an. Um einzuschätzen, wie hoch die Qualität eines MBA-Abschlusses ist, hilft es, nachzusehen, wo die Universität, die den Lehrgang anbietet, in internationalen Ranglisten steht.

Steht man in Bewerbungsverfahren besser da, je mehr man sich weitergebildet hat? Ausbildung um Ausbildung und Titel um Titel zu machen, ohne dieses Fachwissen praktisch anzuwenden, bringt nicht viel. Regelmässige Weiterbildung und das praktische Umsetzen im Beruf müssen sich die Waage halten. Warum soll man sich weiterbilden, wenn man seine Arbeit beherrscht? Jeder Job entwickelt sich weiter. Eine Weiterbildung kann fachliche Lücken schliessen, sie erweitert aber auch den Horizont und hilft, neue Netzwerke zu erschliessen. Weiterbildungen sehen nicht nur gut aus im CV. Es tut allen gut, sich ab und zu neue Inputs zu holen.

BILD: ZVG

Der Laufbahnberater Bert Höhn, Vizedirektor Laufbahnzentrum der Stadt Zürich

Wie findet man heraus, welche Weiterbildungen gut und welche schlecht sind? Entscheidend ist, dass eine Weiterbildung bei den Arbeitgebern etwas gilt. Darum ist es wichtig, dass der Anbieter einer Weiterbildung in seiner Branche bekannt und vernetzt ist. Fachhochschulen, staatliche und von Berufsverbänden anerkannte Weiterbildungen erfüllen diese Bedingungen in aller Regel. Lohnt es sich, ein Jahr Arbeitszeit und bis zu einem Jahresgehalt in einen angesehenen Master-Abschluss zu investieren?

Ein Master-Abschluss garantiert keine Traumstelle. Doch der Stellenwert der Weiterbildung ist hoch und die Personalchefs schauen darauf, ob sich ein Kandidat kontinuierlich und aus eigenem Antrieb weitergebildet hat. Bei vielen Arbeitsstellen geht es heute darum, sich anzupassen, flexibel zu sein und Neues zu lernen, weil sich die Arbeit stetig verändert. Wie viel nützt Weiterbildung einem Arbeitslosen? Wer zeigen kann, dass er die Arbeitslosigkeit genutzt hat, um sich weiterzubilden, steht besser da. Die arbeitslose Person muss aber auch wirklich motiviert sein für den Kurs, den sie belegt. Vor allem bei Menschen, die sich nie weitergebildet haben, kann die Vorstellung Angst auslösen, wieder in die Schule zu gehen. Reine Kopfarbeit ist in ihrem Fall zu vermeiden. Von einer Fortbildung, die auch noch etwas Freude bereitet, profitieren sie mehr.

BILD: ZVG

Der Weitergebildete Fabiano Annoscia, Mitarbeiter Segmentsmanagement Zürcher Kantonalbank

Sie haben viel in ihre Weiterbildung investiert. Warum? In einem grösseren Betrieb ohne Hochschulabschluss Karriere zu machen, ist heute fast nicht mehr möglich. Man braucht mindestens einen Fachhochschulabschluss. Also holte ich die Berufsmatura nach und studierte Wirtschaftskommunikation. Wie haben Sie die richtige Weiterbildung gefunden? Ich wollte im Marketing- oder PR-Bereich arbeiten. Die Studiengänge in Wirtschaftskommunikation waren damals noch in den Anfängen. Berufsbegleitende Angebote gab es damals nicht. Ich begann in Luzern, wechselte wegen des kürzeren Wegs nach Winterthur, und als es an der Hochschule für Wirtschaft in Zürich ein berufsbegleitendes KommuniStatt im Vorzelt kocht Peli Fischer ich diesen Winter im Bauwagen. kationsstudium gab, machte dort weiter bis zum Abschluss. SURPRISE 217/10

Was hat Ihnen das Studium gebracht? Nach dem Abschluss konnte ich eine interne Stage in der Werbeabteilung der Bank absolvieren. Dies ermöglichte mir, später in den Bereich Marketing- und Segmentsmanagement zu wechseln. Das im Studium erworbene Fachwissen ist für meine derzeitige Tätigkeit nicht zwingend notwendig. Zu lernen, wie man sich Wissen aneignet, Prioritäten setzt, mit Druck umgeht, davon profitiere ich schon. Ich habe regelmässig Kontakt mit meinen Studienkollegen. Das kann nützlich sein, wenn ich eine andere Stelle suche. Würden Sie etwas anders machen, wenn sie heute eine Weiterbildung suchten? Heute würde ich mich weniger blenden lassen von Hochschul-Prospekten und Infoveranstaltungen. Ich würde genauer fragen, ob ich lerne, was ich im Job brauche. Ich wüsste aber nicht, wie ich das damals hätte besser machen können. ■ Interviews: Peli Fischer Stefan und Michel Felix Müller in ihrer «Baronesse».

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BILD: SUSANNE KELLER

«Schirmdoktor» Erich Baumann bringt kaputte Schrime auf Vordermann.

Konsum Flicken statt Shoppen Der Winterspeck oder der Zahn der Zeit hinterlassen an Kleidern und Gebrauchsgegenständen Spuren. Doch die guten Stücke sind nicht verloren: Reparieren hilft – auch beim Sparen.

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VON JULIA KONSTANTINIDIS

Die Hosen sind plötzlich eine Nummer zu klein, der teure Wintermantel hat das Silvesterfeuerwerk nicht ohne Brandlöcher überstanden und der Lieblingsschirm wurde im Föhnsturm zerfetzt. Zu allem Elend ist Ihnen beim Weihnachtsgrosseinkauf die Achse am Einkaufswägeli gebrochen und als Sie den Weihnachtsbraten dann endlich auf dem Herd hatten, ist Ihnen aufgefallen, in welch schrecklichem Zustand Ihre seit Generationen vererbten Kupferpfannen sind. Am liebsten würden Sie sich im neuen Jahr des ganzen alten Krempels entledigen. Doch am Wintermantel hängen so viele Erinnerungen und die Kupferpfannen sind eigentlich 1-A-Qualität. Nicht zu vergessen, dass das Januarloch auch in Ihrem Portemonnaie klafft. Sowohl bei Nostalgikern als auch bei Preisbewussten heisst die Devise: flicken statt neu kaufen. Wo Motorsägen wieder scharf werden Was alles möglich ist, haben wir beinahe schon vergessen. Schlosser, Sattler, Messerschleifer erscheinen uns als Handwerker aus vergangenen Zeiten. Doch gerade bei ihnen gibts Hilfe für Kaputtes. Jean-François Gerzner etwa bringt Kupferpfannen mit Grünspan wieder in Schuss, indem er sie neu verzinnt. «Das ist ein sehr altes Handwerk», weiss Gerzner. Zwar werde dieser Service nicht mehr so häufig beansprucht, weil nur noch wenige Kupferpfannen in Gebrauch sind. Doch auch mit neueren Töpfen kann Gerzner was anfangen: Verbogene Böden richten zum Beispiel, damit der Energieverbrauch beim Kochen nicht zu gross ist. Er löst auch mit dem Sandstrahler Fettkrusten von Bratpfannen oder ersetzt abgebrochene Griffe. Der Fahrende, der seine Werkstatt im Graubündner Cazis hat, macht als Messerschleifer auch aus alten Klingen wieder neue, im Angebot hat er auch das Schärfen von stumpfen Motorsägen und das Reinigen von Aktenvernichtungsgeräten. «Ich mache Vieles vor Ort, meine Kundschaft kommt aus der ganzen Schweiz», erklärt Gerzner, der vollumfänglich von seinen Dienstleistungen als Messerschmied und Pfannenflicker lebt. Seine Kunden sind Privatpersonen, aber auch Firmen und Restaurants. In den Gasthäusern ist Gerzner oft bei einer Tätigkeit anzutreffen, von der die wenigsten wissen, dass es sie gibt: Er hobelt die Oberfläche von Schneidebrettern aus Kunststoff glatt. «In den Schneideritzen können sich Keime einnisten, deshalb müssen die Brettchen ab und zu abgeschliffen werden.» Die stumpfen Messer des Silberbestecks nachschleifen zu lassen, lohnt sich allemal. Gerzner gibt auf seiner Homepage als Richtpreis 4.50 Franken pro Silbermesser an. Die Gartenschere bringt er für sieben bis zwölf Franken wieder auf Vordermann. Kommen die Geräte ursprünglich nicht aus dem Billig-Discounter, ist die Reparatur eine valable Alternative zum Neukauf.

Defekts zurückgebracht werden. 100 bis 150 Schirme flickt Erich Baumann im Monat, durchschnittlich kostet eine Reparatur 17 Franken. Erich Baumann, der als Arbeitsagoge den Schirmservice zehn Jahre lang für eine Stiftung mit psychisch Kranken betrieb, flickt die Schirme heute nebenberuflich und aus Leidenschaft. Weil Ersatzteile schwer zu kriegen sind, da die Skelette der Schirme oft aus dem fernen Osten kommen, hat der Schirmdoktor eine Abmachung mit dem SBB-Fundbüro: Er bekommt die nicht abgeholten Schirme und verwertet ihre Einzelteile an seinen Reparaturobjekten weiter. Es sind die Emotionen, die uns an Lieblingsschirme, aber auch an Kleider binden. Auch dann noch, wenn die Hose zwickt oder der Reissverschluss der Handtasche, die seit 20 Jahren treue Begleiterin ist, hinüber ist. Alles kein Problem, das meiste lässt sich ändern oder flicken. «Männerhosen sind dazu gemacht, ausgelassen zu werden», beruhigt Schneiderin Ruth Näf, die ihr Atelier in Zürich hat. Bevor die teure, aber zu enge Anzugshose in der Kleidersammlung landet, ab damit zum Änderungsschneider. Der lässt die Hose aus oder nimmt sie ein und weiss auch, was zu tun ist bei kaputten Reissverschlüssen. Brandlöcher im Mantel macht Ruth Näf mit einem Stück Stoff, dass sie aus dem Innern

«Männerhosen sind dazu gemacht, ausgelassen zu werden.»

Ersatzteile aus dem Fundbüro Manchmal sind es aber nicht materielle Beweggründe, die eine Trennung von einem Gegenstand so schwer machen. Das weiss auch Erich Baumann. Er betreibt im bernischen Jegenstorf einen Schirmservice und nicht selten landet bei ihm auch Billigware auf der Werkbank: «Erinnerungen und Erlebnisse sind mit diesen Schirmen verbunden, die Besitzer hängen daran.» Meistens sind die Probleme mechanischer Art, etwa, wenn sich der Schirm nicht mehr öffnen oder schliessen lässt. Baumann bespannt aber auch blosse Gestelle – von Regen- und Sonnenschirmen – komplett neu. Nebst Privatkunden lassen sich auch Warenhäuser von Baumann helfen, etwa dann, wenn neu gekaufte Schirme wegen eines SURPRISE 217/10

des Kleidungsstücks herausnimmt, unsichtbar. Sie wüsste sogar, wie man einen abgewetzten Hemdkragen erneuern könnte, obwohl das in der Praxis noch nie verlangt wurde: «Ist das Hemd lang genug, schneidet man unten einen Streifen Stoff ab und überzieht damit den Kragen.» Selbst Fehlkäufe wie durchsichtige Bikinis sind nicht unbedingt dem Mülleimer geweiht: Lingerie-Schneidereien können mit hauchdünnen Einsätzen Abhilfe schaffen. Abgesehen davon, dass viele Frauen nicht gerne häufiger als nötig Schwimmbekleidung kaufen – weil, die Umkleidekabine, das Licht, die Unzulänglichkeiten des eigenen Körpers, Sie wissen ja –, lohnt sich diese Änderung meistens auch finanziell. Die Reparatur als Abenteuer Oft sind auch Schuhmacher eine gute Anlaufstelle, nicht nur für kaputte Schuhe, sondern auch für gebeutelte Ledertaschen, ausgerissene Gürtel oder in die Jahre gekommene Rucksäcke. Denn mit ihren Nähmaschinen schaffen die Schuhmacher den Durchstich auch bei Materialien, die auf normalen Maschinen nicht mehr zu retten sind. Selbst abgebrochene Räder von Kinder- oder Einkaufswägen können, sofern aus Metall, von einem Schlosser wieder funktionstüchtig angeschweisst werden. Ganz zu schweigen von den Sattlern und Innendekorateuren, die aus zerschlissenen Stühlen und Sofas wieder Schmuckstücke machen. Und wenn dann doch mal die Verlockungen der Konsumwelt zu gross sind, gibts Beruhigung fürs schlechte Gewissen: Das noch einwandfreie Handy, das dem neuen Modell weichen musste, kann etwa bei der Handy-Clinic abgegeben werden. Das Unternehmen verwendet die Einzelteile für Reparaturen oder verkauft die Geräte als Occasionen weiter. Und auch alte Brillengestelle können ein zweites Leben haben, sofern sie nicht in einer Schublade verstauben: Viele Optikergeschäfte nehmen alte Brillen entgegen. Sie geben sie an Hilfswerke weiter, die wiederum in Entwicklungsländern gute Verwendung dafür haben. Nostalgiker, Umwelt- und Finanzbewusste wissen: Bevor was für verloren erklärt wird, lohnt es sich, beim Handwerker nach Reparaturmöglichkeiten nachzufragen. Denn von der gelungenen Rettung des Lieblingskleids zu berichten, ist sogar noch aufregender, als von der letzten Schnäppchenjagd zu erzählen. ■

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BILD: GUIDO SÜESS

Wörter von Pörtner Der Leser Ich habe einen sogenannten E-Reader, ein elektronisches Lesegerät geschenkt bekommmen. Das stimmt nicht ganz. Ich habe es selber gekauft. Schon vor Monaten. Aber da die Akzeptanz der Dinger irgendwo zwischen Laubbläsern, Telefonmarketing und Abonnements propagandistischer Wochenzeitschriften anzusiedeln ist, behaupte ich eben, es sei ein Geschenk gewesen. Die Vorteile eines solchen Geräts leuchteten mir während des Reisens ein. Gestartet mit einer Handbibliothek, die einen ganzen Koffer füllte, der nicht leichter wurde, weil immer neue Bücher hinzukamen, denen unterwegs zu widerstehen unmöglich war, träumte ich oft von einer kompakteren Form des Lesestoffes. Der handliche MP3-Player, auf dem 13 025 Stücke, Musik und Hörbücher, gespeichert sind, leistete gute Dienste. Ich sehnte mich nie da-

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nach, ein Plattengestell mitzuschleppen. Doch Bücher sind etwas anderes. Heisst es. Das Papier rieche und das Blättern sei etwas Sinnliches. Es geht. Vor allem dicke Bücher eignen sich nur bedingt zum Lesen, es sei denn, man sitze steif an einem Tisch. Gerochen habe ich Papier vor allem dann, wenn es sich um ein Buch handelte, das lange Zeit in einem feuchten Keller gelegen hatte. Kaum in der Heimat, kaufte ich also einen Reader. Für mich gab es noch das Argument, dass man die eigenen Texte auf das Ding laden kann, es mir also möglich ist, meine zu überarbeitenden Werke dabei zu haben. Also kein faules Herumsitzen mehr. Kaum ist es angekommen, lade ich ein paar Bücher drauf. Die gesammelten Werke von Oscar Wilde kosten schlappe drei Franken, Shakespeare ist auch nicht teurer. Modernes schon. Gut, alles ist auf Englisch, deutsche Titel gibt es kaum. Die ersten Erfahrungen sind positiv. Ausser einer ständigen Angst, das Ding liegen zu lassen, lese ich im Tram englische Klassiker oder studiere mein Manuskript. Zudem ist es heute noch recht schick, mit so einem Ding zu hantieren. Etwa so, wie vor drei Jahren mit einem iPhone. Da aber niemand sieht, was man liest, kann man sich nicht mehr mit in der Öffentlichkeit vors Gesicht gehaltenen, brandaktuellen oder hochkomplizierten Titeln von den Gratisfutter-Schafen abgrenzen. Das kann allerdings ein Vorteil sein. Im Zug

sass mir ein Mann gegenüber, der angestrengt ein Buch mit dem sinngemässen Titel «Zuhören statt dreinschlagen» las. Ich habe mich dann woanders hingesetzt. Auch die beliebten Tarnumschläge, die Harry-Potter-Bücher in Ratgeber des Kalibers «Reich, fit und spirituell in fünf Minuten» verwandelten, braucht es nicht mehr. Was es immer noch braucht, ist Zeit fürs Lesen. Nach einigen Wochen hatte ich erst drei kurze Stücke von Wilde gelesen. Ausserdem hat ein Gerät auch seine Tücken. Es braucht Strom. Kaum in die Ferien gefahren, merke ich, dass ich das Aufladekabel zu Hause vergessen habe. Weil es so etwas nicht im Laden zu kaufen gibt, muss es in Amerika bestellt und ins Feriendomizil geliefert werden. Tatsächlich meldet sich nach wenigen Tagen eine nette Dame der Kurierfirma und erkundigt sich nach meinem genauen Aufenthaltsort. Offenbar habe ich es nicht gut erklärt. Seither telefonieren wir fast täglich, aber das Kabel will den Weg zu mir partout nicht finden. Der Reader liegt darnieder. So bin ich denn froh, dass ich zuunterst im Koffer die drei Bände «Krieg und Frieden» mitgeschleppt habe. Gar nicht so unbequem zum Lesen. Ausserdem raschelt das Papier beim Blättern. Und es riecht. Irgendwie altmodisch. STEPHAN PÖRTNER (STPOERTNER@LYCOS.COM) ILLUSTRATION: MILENA SCHÄRER (MILENA.SCHAERER@GMX.CH) SURPRISE 217/10


Bildende Kunst Die Kunst-Werkstatt Das junge Unternehmen Kunstbetrieb AG im Walzwerk Münchenstein lässt Künstlerträume wahr werden: Hier wird gebaut, was morgen im Museum steht.

Es ist ein Bild des Jammers. Die Beine, der Deckel, die Tastatur, ja selbst der Hocker – alles schlapp und kraftlos, als sei der Konzertflügel bei einer besonders einfühlsam gespielten Mozart-Serenade zerflossen wie eine Wachsfigur im Backofen. Und doch – das bedauernswerte Objekt ist hart wie Stahl. Wer hats erfunden? Urs Fischer, in Zürich aufgewachsener Künstler mit internationalem Renommee. Wer hats gebaut? Eine kleine Firma in Münchenstein/BL, Kunstbetrieb AG, der Ort, wo Künstlerträume wahr werden. Vor drei Jahren wurde das Unternehmen gegründet, heute sind die Auftragsbücher voll, der Ruf folgt den Werken über die Region hinaus, auch nach New York, wo Urs Fischer derzeit eine grosse Soloshow im «New Museum» zeigt. Auf 1300 Quadratmetern residiert die Kunstbetrieb AG, auf dem Industrieareal Walzwerk ausserhalb des Dorfs. Es riecht nach Lösungsmittel, nach Epoxidharz, Holzleim und tausend anderen Stoffen. Irgendwo sirrt eine Schleifmaschine, irgendwo trommelt eine Waschmaschine zum finalen Schleudergang. Auf den grauen Overalls steht das Firmenlogo: «Kunstbetrieb». Das Unternehmen wurde vor drei Jahren von Michèle Elsener und Martin Hansen, Glockengiesser aus St. Gallen, sowie von der Basler Kulturmanagerin Annina Zimmermann gegründet. Das Startkapital war klein, das Beziehungsnetz gross, und seit der Stahlgiesser Peter Gerber mit an Bord ist – er hat seine mächtigen Gussöfen mitgebracht –, ist hier (fast) alles möglich. Was man nicht selber fertigbringt, wird an befreundete Firmen weitergegeben. Von der Krise spürt man nichts. Oder nichts mehr. Anfang des letzten Jahres, da bekam man kalte Füsse, als plötzlich Stillstand herrschte, just nachdem man eine zweite, grössere Halle dazugemietet hatte. Vor allem dank international tätigen Künstlern wie Urs Fischer, Ugo Rondinone oder Andro Wekua hat sich die Lage entspannt. Dass Angus Fairhurst, Gründungsmitglied der Young British Artists, vor seinem Freitod 2008 seine letzten Bronzeaffen hier giessen liess, hat sich herumgesprochen. «Es war einer unserer ersten Aufträge überhaupt», sagt Zimmermann. Kunstbetrieb? Von Kunst ist erst einmal nicht viel zu sehen, die Betonung liegt klar auf den letzten zwei Silben. Auf einem fahrbaren Arbeitstisch stehen immerhin drei schlanke Grazien in Bronze, eben erst einer Gussform aus Silikon entschlüpft: Peter Moilliet, Mitbegründer der «Gruppe 48», lässt sie hier giessen. Manchmal kommt der 88-Jährige selbst vorbei, bespricht die Patinierung, wählt den Sockel. Ganz hinten befindet sich die Giesserei, das Herzstück der Kunstfabrik. Zwei Schmelzöfen und Schmelztiegel, daneben sieht es aus wie im Tresor der Nationalbank: Auf Paletten stapeln sich Barren aus Aluminium, Bronze, Zinn, Messing und warten auf ihre Kunstwerdung. Acht Kunstwerker sind hier beschäftigt, jeder hat sein angestammtes Metier. In der kleineren Halle wird mit Wachs und Kunststoff gearbeitet, in der grossen mit Holz und Metall. Kunst hat viele Gesichter, das fordert Flexibilität und viele Fähigkeiten: Ein Modellbauer ist dabei, zwei Kunstgiesser, ein Möbelschreiner und Innenarchitekt, eine Requisiteurin, eine Buchbinderin und neu eine Tierpräparatorin. Nur Künstler arbeiten hier nicht, offenSURPRISE 217/10

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VON ALEXANDER MARZAHN

(Kunst-) Handwerk: Kunstbetriebler, mit einer Skulptur des Künstlers Urs Fischer.

bar stellen sie ihr Talent ungern in den Dienst erfolgreicher Kollegen. «Wichtig ist, dass man sich nicht zu sehr auf ein Material spezialisiert hat», sagt Zimmermann, die im Büro die Fäden in der Hand hält, Offerten macht, Produktionspläne erstellt. Kleine Objekte sind für wenige Hundert Franken zu haben. Bei aufwendigen Produktionen wie dem Flügel sind sechsstellige Summen schnell erreicht. Meistens gehts hier um grössere Dimensionen, plastische Wagnisse wie das Bergmassiv, welches vom Künstlerduo Studer/van den Berg am Bildschirm entworfen wurde und nun als begehbare Installation auf grossen bedruckten Aluplatten verräumlicht werden soll. Manche Künstler helfen, wie Moilliet, aktiv mit, andere schicken per Mail eine digitale Vorlage und sehen ihr eigenes Werk erst in ihrer Galerie in Paris oder New York. Denn die Zeiten, in denen der eine mit Bronze, der andere mit Kunststoff arbeitet, sind vorbei. Am Anfang steht eine Idee, die Wahl des adäquaten Materials folgt erst danach. Der Kunstbetrieb leistet Geburtshilfe, berät und begleitet. Nur als Künstler sehen sich die Mitarbeiter nicht. «Ziel ist es, die eigene Arbeit zum Verschwinden zu bringen», sagt Zimmermann. «Die Handschrift des Betriebs ist unwichtig, das Objekt soll sich nahtlos ins Œuvre des jeweiligen Künstlers einreihen.» ■

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Kulturtipps

China ist im Wandel – Peter Hessler gelang auf den Strassen des Landes eine Studie mit grosser menschlicher Nähe.

Buchtipp Die Strasse als Lebensnerv Peter Hessler interessiert sich vor allem für eines: Strassen. Er folgt ihnen durch ganz China und erzählt dabei auf humorvolle Weise, wie sie das Leben der Menschen tief gehend verändern. VON OLIVER ZWAHLEN

China ist in Bewegung. Kaum etwas hat sich so stark verändert wie das Mobilitätsverhalten. Immer mehr Menschen kaufen sich ein Auto, Strassen erschliessen abgelegene Gegenden und wegen der besseren Infrastruktur verwandeln sich Berggegenden in Industriegebiete. Als Peter Hessler vor bald zehn Jahren den chinesischen Führerschein machte, wollte er genau diesen Phänomenen nachspüren. Im gemieteten Geländewagen reist der langjährige Korrespondent des «New Yorker» der Chinesischen Mauer entlang, die in den 30er-Jahren fast als Baumaterial für eine Autobahn hätte herhalten sollen, wie wir bei der Lektüre beiläufig erfahren. Hessler scheint auf der Reise durch die aussterbenden Dörfer im Westen mit martialischen Namen wie «Schlachtet die Hu ab» jeden mitzunehmen, der an der Strasse steht: Lastwagenfahrer, ehemalige Soldaten, und immer wieder «Dorfgrazien», die ihre Heimat verlassen, um in den Städten ihr Glück zu suchen. Szenenwechsel. Einige Zeit später mietet sich der Autor wenige Kilometer nördlich von Peking ein Bauernhaus. Wie viele Dörfer, droht auch Sancha zunächst auszusterben: Im ganzen Ort gibt es ein einziges Kind, denn die meisten jungen Familien wandern in die Städte aus. Doch dann kommt die neue Strasse und mit ihr die neue städtische Mittelschicht aus Peking, die das einfache Landleben geniessen will. Dank der engen Freundschaft zu einer Familie gewinnt Hessler Einblick ins Dorfgeschehen. So erzählt er detailreich von den Machtkämpfen vor einer Kandidatur zum Dorfvorsteher oder wie jemand seinen behinderten Bruder bei der Provinzbehörde stehen lässt, bis die Beamten schliesslich die staatliche Unterstützung doch noch auszahlen. Im dritten Teil des Buches besucht Hessler ein neues Fabrikquartier in Südostchina und erzählt, wie ein Unternehmer versucht, mit BHs reich zu werden. Was als ein einfacher Reisebericht aufgemacht ist, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als zweierlei: Einerseits ist «Überland» eine gut lesbare Studie zu einem sich ändernden Mobilitätsverhalten, andererseits gelingt es Hessler immer wieder, eine grosse Nähe zu den Menschen und deren Schicksale in einem sich rasch wandelnden Land zu schaffen. Etwas vom Besten, was in der letzten Zeit über China erschienen ist.

Fesselnd: Mias Kampf, mit Erwachsenen zurande zu kommen.

DVD Angriff der talentierten Mädchen Frisch, frech und fröhlich erzählt Helene Hegemann in ihrem Spielfilmdebüt die Geschichte der 15-jährigen Mia Fisch, die nach dem Tod der Mutter zu ihrer Tante nach Berlin zieht. Was schwere Kost sein könnte, kommt äusserst witzig daher. Dabei ist die Regisseurin, die auch gleich das Buch geschrieben hat, selbst ein erst 16-jähriger Teenager. VON PRIMO MAZZONI

Während sich allerlei Gremien aus Experten, Politikern und Filmschaffenden immer wieder aufs Neue die Köpfe einschlagen, was denn nun der beste Weg sei, das gute (= erfolgreiche) Filmschaffen zu fördern, taucht allenthalben – auch dies geschieht immer wieder – ein kleines UBoot auf, das neben allen Fahrwassern und quasi aus der falschen, weil ungelernten, also amateurhaften Ecke kommt, und fegt mit Mikro-Budget die Millionenkisten von der Leinwand (naja, nicht ganz, aber verdient wärs schon). Wie das kommt? Weil es wirklich um etwas geht. Weil jemand eine Geschichte erzählen muss, die ihm oder ihr auf der Seele brennt, kurz: eine Geschichte, die berührt. Helene Hegemann hat mit 14 die Mutter verloren. Zog zu ihrem Vater nach Berlin. Hat die Schule geschmissen. Das musste raus, und so entstand irgendwie – ohne nachzudenken, fast automatisch, wie sie selbst sagt – ein Drehbuch. Nach und nach liess sie einzelne Leute darin lesen. Schliesslich fand sich eine Produktionsfirma, die mit ihr das Projekt auf professioneller Basis realisierte. Das Ergebnis, «Torpedo», dauert nur 40 Minuten. Die sind aber wahrlich eine Bombe. Ein kleiner Film, der ruhig aber dennoch wild ist, der mit den Erzählkonventionen, seinem Publikum und sich selbst herumspielt, immer ernst bei der Sache bleibt, aber sich nicht zu ernst nimmt. Den Zuschauer stets in einer erfrischenden Unsicherheit schweben lässt, was denn nun ist, was nicht ist. «Torpedo» hat sehr gekonnt viele Register drauf. Kaum zu glauben, dass das erst der Anfang einer sehr jugendlichen Karriere sein könnte. TORPEDO (D 2008), 42 Min. Deutsch, englische Untertitel. Extras: Outtakes, Regie-Interview, Kurzfilm «Spassvögel 1». www.filmgalerie451.de/film/torpedo

Peter Hessler: Überland – Begegnungen im neuen China. Berlin Verlag, 555 Seiten. CHF 39.–

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Die 25 positiven Firmen Diese Rubrik ruft Firmen und Institutionen auf, soziale Verantwortung zu übernehmen. Einige haben dies schon getan, indem sie dem Strassenmagazin Surprise mindestens 500 Franken gespendet haben. Damit helfen sie, Menschen in prekären Lebensumständen eine Arbeitsmöglichkeit zu geben und sie auf ihrem Weg zur Eigenständigkeit zu begleiten. Gehört Ihr Betrieb auch dazu? Die Spielregeln sind einfach: 25 Firmen werden jeweils aufgelistet, sind es mehr, fällt jener Betrieb heraus, der am längsten dabei ist.

Ein Leben wie aus dem Booklet: Seasick Steve.

Musik Hobo mit Gitarre Seasick Steve besingt sein langes Leben auf der Strasse. Der Roots-Blues des Graubartes ist so eindringlich, dass sich nun das Dach der Royal Albert Hall über ihn spannt und sein neues Album «Man From Another Time» die Charts stürmt. VON OLIVIER JOLIAT

Seit wann er Gitarre spielt, weiss Seasick Steve genauso wenig, wie an welchem Tag er als Steven Gene Wold geboren wurde. Irgendwann in den 40er-Jahren, irgendwo in Kalifornien. Die Geburtsurkunde, wenn es denn eine gab, hat er mit der Flucht vor dem prügelnden Stiefvater zurückgelassen. Seither war Steve ein Hobo, wie in Amerika umherziehende Obdachlose bezeichnet werden. Er folgte auf Güterzügen den Ernten oder schlug sich mit anderen Gelegenheitsjobs quer durch die USA. 30 Jahre lang. Die Gitarre diente ihm bereits damals zur Aufbesserung der Reisekasse. Die Musik liess Seasick Steve Anfang der 90erJahre in Seattle auch erstmals länger sesshaft werden. Die Stadt mutierte gerade zum Mekka der Gitarrenmusik. Mit seinem eigenständig verschrobenen Stil wurde Steve ein gefragter Sessionmusiker und arbeitete als Produzent. Sein erstes eigenes Album realisierte er jedoch erst 2004, als er nach einem Herzinfarkt Ruhe suchte und mit seiner zweiten Frau in deren Heimat Norwegen zog. Ruhiger wurde es für Seasick Steve jedoch nicht. Denn mit seinem ersten Soloalbum «Dog House Music» begann für ihn ein neues Leben. Roots Music, egal ob Folk, Country oder Blues, ist im Aufwind. Und seit Seasick Steve mit seiner alten, nur mit drei Saiten bespannten Gitarre in einer englischen Fernsehshow auftrat, wollen alle den so authentischen wie charismatischen Musiker sehen. Mittlerweile spielte Steve vor 65 000 Leuten am Glastonbury Festival oder in der altehrwürdigen Royal Albert Hall. Seine Zeit als Hobo lebt auf dem neuen Album «Man from Another Time» jedoch weiter. Der Blues ist dank Steves einnehmender Stimme so wunderschön wie fern jeder Romantik, und passend instrumentiert mit Schrummel-Gitarre und Schepper-Schlagzeug. Spektakulär am schlichten Roots Blues ist vor allem, dass das Album auf Platz vier in die UKCharts einstieg. Als hätte er es geahnt, dankt Steve mit dem Song «Happy (to Have a Job)». Darin schwört er, nie zu vergessen, wem er seine jetzige Arbeit verdanke und darum immer alles zu geben. Man darf sich auf die Konzerte freuen.

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Brother (Schweiz) AG, Baden

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Druckerei Hürzeler AG, Regensdorf

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IBZ Industrie AG, Adliswil

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Zeix AG, Zürich

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Zürcher Kantonalbank, Zürich

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Axpo Holding AG, Zürich

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Experfina AG, Basel

08

AnyWeb AG, Zürich

09

muttutgut.ch, Lenzburg

10

Mobilesalad AG, Bern

11

Proitera GmbH, Basel

12

Coop Genossenschaft, Basel

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Alfacel AG, Cham

14

Kaiser Software GmbH, Bern

15

chefs on fire GmbH, Basel

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Statistik Georg Ferber GmbH, Riehen

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Locher Schwittay Gebäudetechnik GmbH, Basel

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Schützen Rheinfelden AG, Rheinfelden

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Responsability Social Investments AG, Zürich

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SV Group AG, Dübendorf

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Baumberger Hochfrequenzelektronik, Aarau

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Scherrer & Partner GmbH, Basel

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VXL AG, Binningen

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Thommen ASIC-Design, Zürich

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Ingenieurbüro BEVBE, Bonstetten

Möchten Sie bei den positiven Firmen aufgelistet werden? Mit einer Spende von mindestens 500 Franken sind Sie dabei! PC-Konto: 12-551455-3, Verein Strassenmagazin Surprise, 4051 Basel Zahlungszweck: Positive Firma + Ihr gewünschter Eintrag! Wir schicken Ihnen eine Bestätigung.

Seasick Steve, «Man From Another Time» (Atlantic/Warner).

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Ausgehtipps Bern Drogen, Drooogen, Droooooogen! Alkohol, Ecstasy, Haschisch, Heroin, Kokain, LSD, Speed und so weiter – bevor das Theaterstück auf Präventionstour durch Schulen und soziale Einrichtungen geht, ist es noch einmal in der Berner Vidmarhalle 2 zu sehen: Hanna, Anfang 40, verheiratete Hausfrau und Mutter, hält einen Vortrag über die Vorzüge regelmässigen Drogenkonsums. Gegen alle gesellschaftlichen Anfeindungen legt sie zwingend dar, dass Drogen gut sind für die Menschheit, angstfrei und schlank, mutig und stark machen. Zwischen Grössenwahn und Entzugserscheinungen pendelnd, unternimmt Hanna während ihres Diavortrags eine Reise Richtung Paradies. Und so wird die Drogenexpertin zur Drogensüchtigen und ihr professioneller Vortrag zum Bekenntnis eines gescheiterten Lebens. (mek.) Entzug und Grössenwahn: die süchtige Drogenexpertin.

«Welche Droge passt zu mir? Eine Einführung», 2. Februar 2010, 19.30 Uhr,

BILD: ZVG

Vidmarhallen, Könizsrasse 161, Bern-Liebefeld. www.stadttheaterbern.ch

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Schlagzeug statt Sofa: Familie in Varanasi.

Zürich Auf der Couch Das Sofa – der Dreh- und Angelpunkt gemeinschaftlichen Lebens: Der Schweizer Fotograf Fabian Biasio versammelte in Varanasi, der heiligen Stadt am Ganges in Indien, Familien unterschiedlicher Kasten und Religionen auf oder vor ihren Sofas. Seine Kamera war Biasio ein Türöffner, dank der ihm eindrückliche Einblicke in die vielschichtige indische Gesellschaft gelangen. (juk) Sofabilder aus Varanasi – Fotografien von Fabian Biasio, noch bis am 27. Juni, Völkerkundemuseum der Universität Zürich. www.musethno.uzh.ch.

— www.theater-basel.ch, Tel. +41/(0)61-295 11 33 — 26

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BILD: PAUL SENN, FFV, KUNSTMUSEUM BERN, DEP. GKS

Basel Verdingkinder erzählen Es ist noch nicht lange her: Vom frühen 19. Jahrhundert bis in die 1960er-Jahre war es in der Schweiz gängige Praxis, Kinder aus sogenannten Problemfamilien zu «entfernen». Oft wurden die Kinder armer Arbeiterfamilien oder Scheidungskinder von einer Amtsperson ohne Vorankündigung abgeholt und zu einem Bauern aufs Land verfrachtet. Dort mussten die Verdingkinder ihre Spielsachen abgeben – und die Arbeit bis zur totalen Erschöpfung begann. Lange Jahre blieb das Schicksal der Verdingkinder ein Tabu, das von den Behörden totgeschwiegen wurde. Nun rollt die vom Verein Geraubte Kindheit konzipierte Ausstellung «Enfances Volées – Verdingkinder reden» dieses dunkle Kapitel der Schweizer Geschichte auf: In Hördokumenten und Videos von Betroffenen wird sowohl der Alltag der Kinder wie auch der Umgang mit den traumatischen Erlebnissen dokumentiert. (mek) Die Ausstellung «Enfances Volées – Verdingkinder reden» ist noch bis zum 28. März in der Basler Barfüsserkirche zu sehen. www.hmb.ch

BILD: ZVG

1940: Zahnkontrolle bei einem Verdingmädchen durch den Armeninspektor.

Die graue Eminenz gibt sich die Ehre: Howe Gelb.

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Auf Tour Entspannter Eigenbrötler Manche bezeichnen Howe Gelb als «graue Eminenz des US-Gitarrenundergrounds». Andere nennen ihn Eigenbrötler. Und ganz Gewitzte ziehen den Vergleich zu Neil Young. Auf jeden Fall zählt der Songwriter aus Arizona zu den umtriebigsten Musikern seiner Generation. Statt das Profil für den grossen Erfolg zu schärfen, spielt er lieber mit verschiedenen Musikern unter wechselnden Bandnamen, zum Beispiel als Giant Sand, aus denen die Kitschtruppe Calexico hervorging. Gelb seinerseits bannt seine ureigene Americana ganz entspannt auf Platte um Platte, bis auch eingefleischte Fans den Überblick verlieren. Und wenn er gerade nicht im Studio werkelt, geht er auf Konzertreise. In der Schweiz macht der grosse Freistiler dabei gleich fünfmal Halt. Ausreden à la «Ist mir zu weit» gelten also nicht. (ash) 2. Februar, 20.30 Uhr, Café Kairo, Bern; 3. Februar, 20.30 Parterre Basel; 4. Februar, 20.20 Uhr, El Lokal, Zürich; 5. Februar, 21 Uhr, Flösserplatz, Aarau; 6. Februar, Di–So 10–17 Uhr www.verdingkinderreden.ch www.hmb.ch SURPRISE 217/10

21.30 Uhr, Grabenhalle, St. Gallen.

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Verkäuferporträt «Unser Leben ist besser geworden» BILD: ZVG

Das Ehepaar Regula Weilenmann Kumar, 39, und Sanjiv Kumar, 33, verkauft seit zwei Monaten Surprise in Winterthur. Manchmal müssen sie sich bei der Arbeit Sprüche anhören. Öfter aber staunen sie über die Grosszügigkeit der Menschen. AUFGEZEICHNET VON RETO ASCHWANDEN

Sanjiv Kumar «Früher haben wir beide die Gratiszeitung ‹.ch› verteilt. Zusätzlich habe ich Swiss-Flugzeuge gereinigt. Letzten Herbst sind wir auf Surprise aufmerksam geworden. Wir haben uns gemeinsam im Zürcher Vertriebsbüro gemeldet. Es war ganz unkompliziert. Wir bekamen die Verkaufsausweise mit den Nummern 6085 und 6086 sowie je zehn Magazine als Startkapital. Seit dem 17. November verkaufen wir das Heft in Winterthur. Regula Weilenmann Kumar Mein Verkaufsplatz liegt vor der Migros Neuwiesen sowie beim C&A in der Altstadt. Ich mache das nicht den ganzen Tag wie mein Mann, sondern nur stundenweise. Dies deshalb, weil ich im Restaurant Frohsinn in Eidberg Küchendienst mache. Dort gefällt es mir sehr, weil meine Arbeit geschätzt wird. Meine Arbeitszeit dort reicht weit in die Nacht hinein, deshalb kann ich am anderen Tag nicht schon um acht Uhr früh wieder auf der Strasse stehen, um Surprise zu verkaufen. Mein Standort ist der Bahnhof Winterthur. Manchmal stehe ich auch beim C&A in der Altstadt. Da ist immer viel Betrieb. Ich fange morgens um acht an. Über Mittag wechsle ich in meine andere Anstellung bei der Firma ISS, da reinige ich die Busse der Winterthurer Verkehrsbetriebe. Die beiden Jobs haben etwas gemeinsam: Ich bin unter Leuten und komme in Kontakt mit ganz verschiedenen Menschen. Und wie verschieden die Menschen sind! Es gibt Leute, die sind unzufrieden. Die benützen uns, um Dampf abzulassen. Deshalb möchten wir hier nicht zu viel erzählen. Denn manche grenzen einen erst recht aus, wenn sie über die Situation von jemandem wie uns Bescheid wissen. Ich bekam auch schon zu hören: Geh doch arbeiten. Da habe ich geantwortet: Was glauben Sie denn, was ich hier tue? Das ist ja Arbeit. Auch wenn ich nicht so hart schufte wie ein Eisenleger auf dem Bau. Aber den ganzen Tag in der Kälte stehen – das ist auch anstrengend. Es kommt vor, dass jemand aggressiv ist und dumme Sprüche macht. Das habe ich alles schon erlebt. Ich möchte aber sagen, dass die meisten Kunden freundlich sind. Manche wollen mich zum Beispiel zum Essen einladen. Das habe ich auch erlebt. Und einmal brachte mir eine Kundin Konfitüre mit. Das ist super nett, aber manchmal habe ich fast ein schlechtes Gewissen, denn diese Leute haben wahrscheinlich selber auch nicht viel Geld. Und ich kenne es einfach nicht, dass Menschen so grosszügig sind. Das habe ich nie erlebt, bevor ich angefangen habe, Surprise zu verkaufen. Seit wir Surprise verkaufen, ist unser Leben besser geworden.

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Die Arbeit tut uns beiden sehr gut. Sie hilft uns, einander zu unterstützen und miteinander ein Auskommen zu finden. In der Vorweihnachtszeit haben wir sehr gut verkauft. Wie das im neuen Jahr wird, wissen wir nicht, wir sind ja erst etwa zwei Monate dabei. Spannend finde ich, dass ich bei der Arbeit die Leute beobachten kann. Da gibt es alles: Vornehme, Mittelschicht und Arme. Interessanterweise kaufen die in den schicken Anzügen kaum einmal ein Heft, sondern sie ignorieren uns – als wären wir Luft. Bei den Reichen lernt man eben sparen. Die Kundschaft kommt eher aus der Mittelschicht. Im neuen Jahr möchten wir weiterhin Surprise verkaufen. Und ich will ein bisschen abnehmen. Und wir möchten zusammen Ferien machen. Für die Gesellschaft wünschen wir uns, dass man mehr zusammenhält. Wir hoffen, dass weniger Menschen ausgegrenzt werden. Dass mehr Leute eine Chance bekommen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen.» ■ SURPRISE 217/10


Eine Chance für alle! Werden Sie Surprise-Götti oder -Gotte ber. Das verdient Respekt und Unterstützung. Regelmässige Verkaufende werden von Surprise-Sozialarbeiterinnen betreut, individuell begleitet und gezielt gefördert. Dazu gehört auch, dass sie von Surprise nach bestandener Probezeit einen ordentlichen Arbeitsvertrag erhalten. Mit der festen Anstellung übernehmen die Surprise-Verkaufenden mehr Verantwortung; eine wesentliche Voraussetzung dafür, wieder fit für die Welt und den Arbeitsmarkt zu werden.

Gute Besserung! BILD: ZVG

Surprise kümmert sich um Menschen, die weniger Glück im Leben hatten als andere. Menschen, die sich aber wieder aufgerappelt haben und ihr Leben in die eigenen Hände nehmen wollen. Mit dem Verkauf des Strassenmagazins Surprise überwinden sie ihre soziale Isolation. Ihr Alltag bekommt Struktur und wieder einen Sinn. Sie gewinnen neue Selbstachtung und erarbeiten sich aus eigener Kraft einen kleinen Verdienst. Die Surprise-Strassenverkäuferinnen und -verkäufer helfen sich sel-

Als Götti oder Gotte ermöglichen Sie einer Strassenverkäuferin oder einem -verkäufer eine betreute Anstellung bei Surprise und damit die Chance zur Rückkehr in ein selbstbestimmtes Leben.

Kumar Shantirakumar Bern

Jovanka Rogger Zürich

Fatima Keranovic Baselland

Jela Veraguth Zürich

Vielleicht haben Sie ihn schon vermisst. Wer regelmässig den Basler Bahnhof frequentiert, kommt unweigerlich bei Surprise-Verkäufer Wolfgang Kreibich vorbei. Doch im Dezember schlug das Schicksal zu: Wolfgang Kreibich erlitt einen Herzinfarkt und wird sich für längere Zeit erholen müssen. Doch schon im Spital betonte der zähe Deutsche: «Ich werde zurückkehren.» Einstweilen wünschen wir ihm von Herzen gute Besserung.

Ausserdem im Förderprogramm SurPlus: Peter Gamma, Basel Peter Hässig, Basel Andreas Ammann, Bern Wolfgang Kreibich, Basel Kurt Brügger, Baselland Anja Uehlinger, Baden

Bob Ekoevi Koulekpato, Basel Marika Jonuzi, Basel Marlise Haas, Basel Tatjana Georgievska, Basel René Senn, Zürich

Nominieren Sie Ihren Starverkäufer! Schreiben Sie uns mit einer kurzen Begründung, welchen Verkäufer Sie an dieser Stelle sehen möchten: Strassenmagazin Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41+61 564 90 99, redaktion@strassenmagazin.ch

Ja, ich werde Götti/Gotte von: 1 Jahr: 8000 Franken

1/2 Jahr: 4000 Franken

1/4 Jahr: 2000 Franken

Vorname, Name

Telefon

Strasse

E-Mail

PLZ, Ort

Datum, Unterschrift

1 Monat: 700 Franken

217/10 Talon bitte senden oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch, PC-Konto 12-551455-3 SURPRISE 217/10

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Surprise ist: Hilfe zur Selbsthilfe Surprise fördert seit 1997 die Selbsthilfe von Menschen in sozialen Schwierigkeiten. Mit begleiteten Angeboten in den Bereichen Arbeit, Sport und Kultur fördert Surprise die soziale Selbständigkeit und berufliche Eingliederung, das Verantwortungsbewusstsein, die Gesundheit und eine positive Lebenseinstellung. Surprise gibt es in der deutschsprachigen Schweiz. Eine Stimme für Benachteiligte Surprise verleiht von Armut und sozialer Benachteiligung betroffenen Menschen eine Stimme und sensibilisiert die Öffentlichkeit für ihre Anliegen. Surprise beteiligt sich am Wandel der Gesellschaft und bezieht Stellung für soziale Gerechtigkeit.

Ich möchte Surprise abonnieren! 24 Ausgaben zum Preis von CHF 189.– (Europa: CHF 229.– ) (Verpackung und Versand bieten StrassenverkäuferInnen ein zusätzliches Einkommen.)

Strassensport Der zweite Schwerpunkt von Surprise ist die Integration von sozial benachteiligten Menschen in der Schweiz über den Sport. Mit einer eigenen Strassenfussball-Liga, regelmässigem Trainings- und Turnierbetrieb, der Schweizermeisterschaft sowie der Teilnahme des offiziellen Schweizer Nationalteams am jährlichen «Homeless Worldcup» vernetzt Surprise soziale Institutionen mit Sportangeboten in der ganzen Schweiz. Organisation und Internationale Vernetzung Surprise ist eine nicht gewinnorientierte soziale Institution. Die Geschäfte werden von der Strassenmagazin Surprise GmbH geführt, die von dem gemeinnützigen Verein Strassenmagazin Surprise kontrolliert wird. Surprise ist führendes Mitglied des Internationalen Netzwerks der Strassenzeitungen (INSP) mit Sitz in Glasgow, Schottland. Derzeit gehören dem Verband gegen 100 Strassenzeitungen in über 40 Ländern an.

Gönner-Abo für CHF 260.–

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Datum, Unterschrift 217/10 Bitte heraustrennen und schicken oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch

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Strassenmagazin und Strassenverkauf Surprise gibt das vierzehntäglich erscheinende unabhängige Strassenmagazin Surprise heraus. Neben einer professionellen Redaktion verfügt das Strassenmagazin über ein breites Netz von freien Berufsjournalistinnen, Fotografen und Illustratorinnen. Der überwiegende Teil der Auflage wird von Menschen ohne oder mit beschränktem Zugang zum regulären Arbeitsmarkt auf Strassen, Plätzen und in Bahnhöfen angeboten. Die regelmässige Arbeit gibt ihnen eine Tagesstruktur, neues Selbstvertrauen und einen bescheidenden aber eigenständig erwirtschafteten Verdienst. Für viele Surprise-Verkaufende ist das Strassenmagazin der erste Schritt zurück in ein eigenständiges Leben.

Herausgeber Strassenmagazin Surprise GmbH, Postfach, 4003 Basel www.strassenmagazin.ch Geschäftsführung Fred Lauener Öffnungszeiten Sekretariat Mo–Do 9–12/14–16.30 Uhr, Fr 9–12 Uhr T +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99 info@strassenmagazin.ch Redaktion Fred Lauener (Leitung), Reto Aschwanden, Julia Konstantinidis, Mena Kost, Agnes Weidkuhn (Koordination), T +41 61 564 90 70, redaktion@strassenmagazin.ch Freie Mitarbeit Amir Ali, Andrea Ganz, Olivier Joliat, Carlo Knöpfel, Alexander Marzahn, Primo Mazzoni, Esther Michel, Stefan Michel, Stephan Pörtner, Milena Schärer, Isabella Seemann, Udo Theiss, Priska Wenger, Madeleine Wohlfahrt, Oliver Zwahlen Korrektorat: Alexander Jungo Gestaltung WOMM Werbeagentur AG, Basel Druck AVD Goldach Auflage 29 400, Abonnemente CHF 189.–, 24 Ex./Jahr Anzeigenverkauf Therese Kramarz, T +41 61 564 90 90 anzeigen@strassenmagazin.ch

Marketing Theres Burgdorfer Vertrieb Smadah Lévy Basel Matteo Serpi Zürich Reto Bommer, Engelstrasse 64, 8004 Zürich T +41 44 242 72 11, Mobile +41 79 636 46 12 r.bommer@strassenmagazin.ch Bern Alfred Maurer, Pappelweg 21, 3013 Bern T +41 31 332 53 93, Mobile +41 79 389 78 02 a.maurer@strassenmagazin.ch Betreuung und Förderung Rita Erni, T +41 61 564 90 51 Chor/Kultur Paloma Selma, T +41 61 564 90 40 Strassensport Lavinia Biert, T +41 61 564 90 10 www.strassensport.ch Trägerverein Strassenmagazin Surprise Präsident: Carlo Knöpfel

Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auch auszugsweise oder in Ausschnitten, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird von der Redaktion und dem Verlag jede Haftung abgelehnt. SURPRISE 217/10


Hier könnte Ihre Werbung stehen. Werfen Sie Ihr Werbegeld nicht auf die Strasse. Investieren Sie es dort. Surprise erreicht 135 000 Leserinnen und Leser. Und das in den grössten Städten und Agglomerationen der Deutschschweiz.* Denn dort stehen die 380 Surprise-Verkaufenden für Sie auf der Strasse. Tagtäglich. Ganze 80 Prozent der überdurchschnittlich verdienenden und ausgebildeten Käuferinnen und Käufer lesen die gesamte Ausgabe oder zumindest mehr als die Hälfte aller Artikel. Das Strassenmagazin steht für soziale Verantwortung und gelebte Integration. Mit Ihrem Inserat zeigen Sie Engagement und erzielen eine nachhaltige Wirkung. Anzeigenverkauf Therese Kramarz, T +41 76 325 10 60, anzeigen@strassenmagazin.ch

*gemäss MACH Basic 2009-2. SURPRISE 217/10

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Kaufen Sie ein Stadion Immer mehr sozial Benachteiligte finden Freude am Sport: 15 Teams streiten ab März dieses Jahres um den Schweizer Meistertitel der Obdachlosen Fussballer, eine Rekordzahl. Um die Begeisterung mit der passenden Infrastruktur unterstützen zu können, hat Surprise eine eigene Street-SoccerArena gekauft. Helfen Sie mit. Werden Sie Besitzer einer turniertauglichen Anlage von 22 x 16 m – mit Toren und Seitenbanden – und sponsern Sie einen oder gleich mehrere der 352 Quadratmeter à 100 Franken. Die Gönner werden auf einer Bande mit Namen verdankt.

Ja, ich will Stadion-Besitzer werden (Die Feldvergabe erfolgt nach Posteingang. Sollte ein gewünschtes Feld bereits verkauft sein, wird das nächste freie Feld zugeteilt.)

Ich kaufe folgende Felder à CHF 100 ( 1

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= bereits vergeben)

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Vorname, Name

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Strasse

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PLZ, Ort

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Telefon

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E-Mail

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Datum, Unterschrift

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Namenseintrag Gönnerbande

Ja

Nein

Anzahl Felder

Total Kaufpreis 217/10

Talon bitte heraustrennen und schicken an: Strassenmagazin Surprise, Strassensport, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch


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