Hartes Pflänzchen Wildpflanzen trotzen der Zivilisation Vorsicht Verbalattacke: Schreibtischtäter greifen an
Staubsauger und Arschlöcher – Literaten zur Lage der Nation
Nr. 230 | 30. Juli bis 12. August 2010 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass.
Der Sommer ist da.
Dazu passend: Sommerlich leichtes T-Shirt, 100% Baumwolle, für Gross und Klein.
Grosses Strandtuch 100 x 180 cm aus sehr langlebigem Zwirngarn, 100% handgepflückte Baumwolle. Mit Surprise-Logo eingewebt und von A bis Z in der Schweiz hergestellt. Vorder- und Rückseite verschiedenfarbig: vorne kühles Aquablau, hinten heisses Rot.
Herren CHF 25.– S M
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Damen CHF 25.– M L CHF 20.– XS S (auch für Kinder) Alle Preise exkl. Versandkosten.
Strandtuch (100 x 180 cm) CHF 65.–
50 Prozent des Verkaufspreises kommt Surprise zugute.
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*gemäss Basic 2008-2. Seite bitteMACH heraustrennen und schicken oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch
Ist gut. Kaufen! Wer etwas verkauft, braucht Geld. Schlichte Wahrheit – gute Sache. Denn 50 Prozent des Verkaufspreises kommt Surprise zugute. Alle Preise exkl. Versandkosten.
Surprise Zeitungs-Taschen (34 x 36 cm); CHF 37.50 neon-orange schwarz
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Surprise Rucksäcke (32 x 40 cm); CHF 89.– schwarz rot
230/10
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10 Natur Urbaner Wildwuchs BILD: MARTIN TÖNGI
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Inhalt Editorial Engagiert Leserbriefe Schöne Überraschung Basteln für eine bessere Welt Die Möglichkeit einer Insel Aufgelesen Steine gegen das Vergessen Zugerichtet Auf die Pelle gerückt Lösung Bilderrätsel Detailverliebt Erwin … im Park Porträt Illegal und kämpferisch Verbalattacken Schreibende Heckenschützen Le mot noir Zimmermangel Kirchenumnutzung Darf man das? Kulturtipps Eine Frau und ihr Hund Ausgehtipps Höhlentrip Erfolgsgeschichte Heftverkauf als Soziologiestudium Projekt Surplus Chance für alle! Starverkäufer In eigener Sache Impressum INSP
Sie wachsen neben Ticketautomaten und in Fussgängerzonen: Weil sie wie Unkraut aussehen, fallen wilde Stadtpflanzen aber meist nicht auf. Doch die Gewächse haben oft abenteuerliche Reisen hinter sich und leisten ihrer Verdrängung durch Menschenhand standhaft Widerstand.
17 Heimat Noch immer die Schweiz BILD: ISTOCKPHOTO
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Wo sind die Intellektuellen, die rundumschlägig die Vor- und Nachteile der Schweiz analysieren und scharfzüngig kritisieren? Sie haben sich zusammengetan und sich in der Initiative Kunst und Politik rechtzeitig zum 1. August Gedanken zur Schweiz gemacht.
20 Freitodbegleitung Die Wegbereiter BILD: ISTOCKPHOTO
Das Gift wird in Wasser aufgelöst, der Sterbewillige trinkt es und schläft sanft ein. Die Begleitung in den Freitod wie die Organisation Exit ihn praktiziert, ist unaufgeregt. Dafür sorgen auch die Sterbebegleiter, die sich um den Ablauf des Vorgangs und um Formalitäten kümmern. Emotionen lassen sie erst nach Erledigung ihrer Aufgaben zu.
Titelbild: iStockphoto SURPRISE 230/10
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BILD: DOMINIK PLÜSS
Leserbriefe «Die eingeflochtene Urnerboden-GüggelSage war eine schöne Überraschung.»
JULIA KONSTANTINIDIS, REDAKTORIN
Nr. 227: Ab uf d’Alp
Editorial Engagiert Früher gab es sie noch, die Künstler, Schriftsteller, Denker in der Schweiz, die nicht mit ihrer politischen Meinung zurückhielten und diese öffentlich kundtaten: Diese Spezies wird von Kulturkritikern und Politikern regelmässig als ausgestorben betrauert. Im Schatten der Grossen wie Frisch oder Dürrenmatt wuchs jedoch eine lebendige Künstlerszene heran, die eine dezidierte Meinung zu ihrer Heimat hat. Diese Künstler haben sich in der Initiative Kunst und Politik zusammengeschlossen und fördern die politische Auseinandersetzung unter Künstlern, Politikern, Medien und der Öffentlichkeit. Zum Nationalfeiertag haben sie sich Gedanken zum Zustand der Schweiz gemacht. Einige ausgewählte Texte lesen Sie ab Seite 17. Was passiert, wenn man sich mit seiner Meinung allzu sehr exponiert, haben die Personen in Reto Aschwandens Artikel auf Seite 14 erlebt. Zu viel Engagement wird von der Öffentlichkeit zuweilen nicht goutiert und geahndet, wie die Recherchen unseres Redaktionskollegen zeigen. Wohl aus genau diesem Grund wollte sich die Interviewpartnerin unseres Autors Joël Bisang nicht mit einem Foto abbilden lassen. Denn Sie hat einen höchst umstrittenen Job. Lesen Sie ab Seite 20 über den Berufsalltag einer Freitodbegleiterin. Daniel Rüetschis Engagement für eine intakte Natur bietet vordergründig wohl weniger Brisanz, politisch ist es aber durchaus. Der Biologe setzt sich dafür ein, dass wildwachsende Pflanzen und die in Symbiose zu ihnen lebenden Tiere in der Stadt genügend Raum haben. Denn was passiert, wenn die Stadtnatur immer mehr an Vielfalt verliert, weiss niemand. Der Experte nahm mich mit auf einen Stadtspaziergang, bei dem die so selbstverständlich anwesenden wie auch in ihrer Existenz latent bedrohten urbanen Wildpflanzen im Fokus standen. Ab Seite 10. Ich wünsche Ihnen gute Lektüre,
Fehlende Schlussdramatik Als eingeschworener Surprise-Leser hat es mich besonders gefreut, dass der Alpsommer im Surprise zum Thema wurde. Ich habe den Artikel gerne gelesen, schön, wie mit diesem meist versteckten Seitenthema das Ganze aufscheint. Und die eingeflochtene UrnerbodenGüggel-Sage war nochmals eine schöne Überraschung. Dazu kam dann allerdings eine Enttäuschung, die ich nicht verhehlen möchte, denn der Text unterschlägt dem Leser leider den dramatischen Schlussteil. Nach meinen Erinnerungen hat der Glarner Läufer den Urner, um doch noch etwas mehr Boden zu bekommen, so lange bekniet, ihn auf den eigenen Schultern nach oben tragen zu dürfen, bis jener einwilligte. Der Glarner trägt den Urner hoch – und bricht dann tot zusammen. Vielleicht war diese Kürzung auch eine Platzfrage? Dani Bodmer Antwort der Redaktion: Herr Bodmer hat recht. Gemäss der Legende endete der Grenzlauf in der Tat tragisch. Wir sind allerdings nicht ganz sicher, ob Redaktor Aschwanden diesen Ausgang aus Platzgründen unterschlagen hat. Es könnte auch sein, dass der Lokalpatriotismus des gebürtigen Urners dem Wahrhaftigkeitsstreben des Journalisten in die Quere gekommen ist.
Nr. 227: Mit Scharf – «Ausschaffungsinitiative: Zwei untaugliche Vorschläge» Enttäuscht Die Autorin findet es mit Verweis auf internationale Rechte unzumutbar, dass ein ausländischer Krimineller ausgeschafft werden kann. Da wird wieder einmal der Täter zum Opfer. Warum denkt B. Schild nicht an jene die von gewalttätigen Ausländern zusammengeschlagen wurden? Als Direktbetroffener kommen mir da ganz andere Gedanken. Meine Tochter wurde von drei Ausländerinnen spitalreif geschlagen. Sie musste in die Notaufnahme und leidet heute noch darunter. Dazu kommen immense Kosten. Nicht die Täterinnen wurden zur Kasse gebeten, mit dem richterlichen Hinweis, man wolle den jungen Leuten nicht die Zukunft verbauen. Was hat Frau Schild für einen Vorschlag, wie unsere Bürger dagegen geschützt werden? PS: Ich kaufe übrigens jedes Mal, wenn ich in Wädenswil den Surprise-Verkäufer Markus sehe, das Magazin. Manchmal habe ich bis drei Stück von der gleichen Ausgabe. Allerdings bin ich enttäuscht, wenn Ihre Redaktion eine solche Stellungnahme kommentarlos im Magazin erscheinen lässt. Otto Gerber, Wädenswil
Surprise ist auf Spenden angewiesen. Auch auf Ihre! Herzlichen Dank. PC-Konto 12-551455-3
Julia Konstantinidis Ihre Meinung! Bitte schicken Sie uns Ihre Anregungen oder Kritik: Strassenmagazin Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, T +41 61 564 90 70, redaktion@strassenmagazin.ch. Es werden nur Leserbriefe abgedruckt, die mit vollem Namen unterzeichnet sind. Die Redaktion behält sich vor, Briefe zu kürzen.
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ILLUSTRATION: WOMM
Nehmen Sie eine Schuhschachtel. Gehen Sie zum nächsten Spielplatz und stibitzen Sie aus dem Sandkasten eine Handvoll Sand. Leeren Sie den Sand in die Schachtel und formen Sie daraus einen Strand. Drücken Sie ein Sandkastenförmchen (oder eine Muffin-Form, erhältlich beim Grossverteiler) bis zum Rand in den Sand und füllen Sie die Form mit Wasser auf. Basteln Sie sich Ihren Palmenhain wie folgt: Schneiden Sie aus braunem Papier ein 15 x 9 cm grosses Rechteck aus. Schneiden Sie aus dem grünen Papier ein oder zwei Rechtecke (je nach dem wie viele Blätter die Palmen haben sollen) in den Massen 15 x 8 cm aus. Falten Sie das grüne Rechteck wie eine Ziehharmonika auf. Die Falten sollen ungefähr einen Abstand von einem Zentimeter zueinander haben.
Zeichnen Sie auf dem braunen Rechteck eine Hilfslinie etwa einen Zentimeter parallel zum unteren Rand. Schneiden Sie das Papier von unten bis zur Hilfslinie in regelmässigen Abständen ein (ca. 0,5 cm).
Zeichnen Sie dann eine Linie etwa einen Zentimeter parallel zum unteren Rand und ein halbes Palmenblatt an die linke, geschlossene Seite. Achten Sie darauf, dass der untere Rand und das halbe Blatt miteinander verbunden sind. Schneiden Sie das Gebilde aus.
Ziehen Sie die Palmenblätter vorsichtig auseinander und kleben Sie sie am oberen Rand des braunen Rechtecks fest. Jetzt rollen Sie das Ganze zu einer Palme zusammen.
Falten Sie die unteren Ränder nach aussen, damit die Palme stehen kann. Biegen Sie die Blätter nach aussen. Wenn Ihre Palme mehr Blätter bekommen soll, falten Sie ein weiteres grünes Rechteck zu einer Ziehharmonika. Zeichnen und schneiden Sie die Palmenblätter aus, ziehen Sie sie auseinander und rollen Sie sie wie auf dem Bild auf. Jetzt können Sie die weiteren Blätter oben in die Palme stecken.
Basteln für eine bessere Welt Das Leben nach den Ferien ist genau so schwer wie dasjenige vor den Ferien: In beiden Fällen fehlen uns Sand, Strand und das süsse Nichtstun. Bei allzu grossem Fernweh verschafft die Schreibtisch-Insel Abhilfe: Lassen Sie Sand durch die Finger rieseln, baden Sie die Fingerspitzen im Wasser und lauschen Sie dem Wind, der durch die Palmblätter weht … SURPRISE 230/10
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Aufgelesen News aus den 90 Strassenmagazinen, die zum internationalen Netzwerk der Strassenzeitungen INSP gehören.
24 000 Stolpersteine Lübeck. Der deutsche Bildhauer Gunter Demnig verlegt seit 1996 sogenannte Stolpersteine, um an Nazi-Opfer zu erinnern. Die im Pflaster eingelassenen Messingplatten am letzten Wohnort des Opfers nennen dessen Namen, Geburts-, Deportations- und Todesdatum, sofern bekannt. Mehr als 24 000 Stolpersteine gibt es unterdessen in Europa, 90 Prozent davon hat Demnig selbst verlegt, oft unter Einbezug von überlebenden Angehörigen. «Ein Mensch», sagt er, «ist vergessen, wenn sein Name vergessen ist.»
Gleichheit ist Glück Wien. Fast alle Probleme, die in ärmeren Gesellschaftsschichten häufiger vorkommen, etwa schlechterer Gesundheitszustand, geringere Lebenserwartung, Gewalt oder Alkohol, kommen in ungleichen Gesellschaften in eklatant höherem Ausmass vor. Entscheidend für die Lebensqualität ist somit nicht der wirtschaftliche Wohlstand eines Landes, sondern der Grad an Gleichheit. Das belegen Richard Wilkinson und Kate Pickett in ihrer Studie «Gleichheit ist Glück» mit vielen Zahlen und Analysen.
Ausbildung für obdachlose Kinder Nürnberg. Im US-Bundesstaat Colorado waren im Schuljahr 2008/09 rund 16 000 Schülerinnen und Schüler obdachlos gemeldet – 4000 mehr als im Schuljahr zuvor. Die Zahl steigt überall in den USA steil an, man vermutet insgesamt mehr als eine Million. Die Denver Public School hat deshalb ein Programm für obdachlose Kinder und Jugendliche eingeführt. Die Hilfsangebote reichen von ruhigen Orten für die Hausaufgaben über Nachhilfestunden bis zu eigens dafür eingerichteten Heimen.
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Zugerichtet Unheimliche Nähe Dorothea K.* hielt Samuel für einen guten Freund, und weil sie glaubte, er sei in Not, krank und arbeitslos, kaufte sie regelmässig für ihn ein. Woche für Woche stellte sie Migros-Säcke voller Lebensmittel vor seine Haustür oder legte einen Hunderter in den Briefkasten, manchmal auch zwei. Sie wollte dem Kirchenmusiker helfen, fragte telefonisch nach, wie es ihm gehe, bis zu 20 Mal pro Tag und nochmals so oft in der Nacht, nach seinen Konzerten fing sie ihn ab. Doch er wollte nichts mit ihr zu tun haben, erteilte ihr Kontaktverbot. Als sie ihm ein Glas Honig vorbeibrachte, griff die Polizei sie auf. Das war im November 2009. Jetzt sitzt Dorothea K., eine adrette Dame um die 50, auf der Anklagebank und folgt aufmerksam den Ausführungen des Gerichts. Es geht um die Frage, ob sie nach einem halben Jahr Therapie im stationären Massnahmevollzug der psychiatrischen Klinik Rheinau bleibt oder ob ihr Befinden mittlerweile eine ambulante Massnahme zulässt. «Ich möchte nach Hause, ich will frei sein», sagt Dorothea K. Stilsicher kleidet sie sich an diesem heissen Sommertag mit einem Hosenanzug aus hellem Leinen ein. Was sie denn in der Klinik so mache? «Basteln, malen, Sport treiben mit gewalttätigen Männern im Hochsicherheitstrakt.» Ob es stimmt, weiss man nicht. Dorothea hat ihre eigene Sicht auf die Dinge. «Ich bin zurechnungsfähig, normal, im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte.» Ihre Stimme ist fest, die Ausdrucksweise eloquent. Was ihr vorgeworfen wird, hält sie für übertrieben, die Anklage haltlos. Sie habe ihrem Jugendfreund nur ab und an einen Brief
geschrieben oder telefoniert, nachts nie. «Ich brauche keinen Arzt, ich brauche auch keine Medikamente.» Da ist sie sich sicher. Das psychiatrische Gutachten verschafft Klarheit: Es bescheinigt Frau K. eine paranoide Schizophrenie, deren Symptomatik von Wahnbildern bestimmt ist. Sie sei nicht in der Lage, das Unrecht ihrer Handlungen zu erkennen, eine stationäre Massnahme wird empfohlen. Auch die Staatsanwältin spricht sich für die Unterbringung in der Psychiatrie aus. Sie erhob Anklage wegen mehrfacher Nötigung, Hausfriedensbruch und Missbrauch einer Fernmeldeanlage. Selbst wenn die einzelnen Handlungen auf den ersten Blick harmlos erscheinen, «so war das Verhalten insgesamt ein Stalking und jagte Schrecken ein». Samuel, seine Ehefrau und ihre Kinder seien wegen der ihnen gänzlich unbekannten Frau K. chronisch unter Stress gestanden, sie fühlten sich ihrer Freiheit beraubt, die Tochter wollte nicht mehr allein vor die Tür gehen, aus Angst «sie» im Garten anzutreffen. Der Richter wertet die Taten als Nötigung. Trotzdem kann Frau K. nicht bestraft werden, weil sie zur Tatzeit schuldunfähig war, also weder in der Lage, ihre Handlung zu steuern, noch einzusehen, was sie damit anrichte. Die ehemalige Direktionssekretärin muss in Rheinau bleiben. «Es ist völlig ausgeschlossen, dass wir Sie sich selber überlassen.» Mit behutsamen Worten verabschiedet sich der Richter von Frau K.: «Ich lege es Ihnen ans Herz, akzeptieren und therapieren Sie Ihre Krankheit, damit Sie wieder in Freiheit leben können.» * Persönliche Angaben geändert. ISABELLA SEEMANN (ISEE@GMX.CH) ILLUSTRATION: PRISKA WENGER (PRISKAWENGER@GMX.CH) SURPRISE 230/10
Lösung Bilderrätsel/Gewinner Kreuzworträtsel 230
Der Unterschied lag im Detail Die ersten beiden gingen schnell, der dritte auch. Der vierte Unterschied auf dem Bilderrätsel fand sich immerhin nach ein paar Minuten suchen – und falls der fünfte noch auf seine Entdeckung wartet: Wir haben die Lösung für Sie. Die Gewinner des Bilderrätsels werden in der nächsten Ausgabe bekannt gegeben.
ERWIN
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… im Park
Die Surprise-Glücksfeen haben ausserdem die Gewinner des Kreuzworträtsels ermittelt: Der erste Preis, eine Surprise-Tasche gefüllt mit Überraschungen, erhält Erich Bauer aus Gelterkinden/BL. Der zweite Preis geht ins Bernbiet: Renate Hausser aus Bremgarten gewinnt das Surprise-Strandtuch. Auch die Gewinnerin des dritten Preises wohnt in der Region Bern. Die Surprise-Tasche geht an Annarosa Kälin-Ueltschi in Burgdorf.
VON THEISS
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Porträt Unter Druck von zwei Seiten Berhanu Tesfaye kehrte nach einem Studienaufenthalt im Ausland aus Furcht vor der politischen Situation nicht nach Äthiopien zurück, sondern suchte Zuflucht in der Schweiz. Mittlerweile lebt er hier als Sans-Papier. VON ISABEL MOSIMANN (TEXT) UND YOSHIKO KUSANO (BILD)
Berhanu Tesfaye holt eine blaue, laminierte Karte aus seinem Portemonnaie. Sie ist kleiner als eine Kreditkarte, auf einer Seite sind Tesfayes Personalien und sein Foto, auf der anderen befindet sich der Stempel des Durchgangszentrums Kemptthal. Andere Papiere besitzt der 52-jährige Äthiopier nicht, die äthiopischen musste er nach der Einreise in die Schweiz Anfang 2000 abgeben. Knapp zwanzig Jahre zuvor nahm der damals 23-Jährige seinen Bachelor of Science in Agrarwissenschaften in Addis Abeba entgegen und startete auf einer Baumwollplantage ins Arbeitsleben. In der Zeit der grossen Hungersnot in seiner Heimat Mitte der 80er-Jahre wechselte er als Planungsexperte ins Regierungsbüro für Hunger- und Katastrophenhilfe. Mit Ausnahme weniger Monate, in denen er für die Nothilfe der äthiopisch-orthodoxen Kirche arbeitete, war Tesfaye an verschiedenen Orten immer für die Regierung tätig. «In dieser Zeit war ich glücklich», sagt er über sein damaliges Leben als Landwirtschaftsplaner. Als im Mai 1991 die Militärregierung in seinem Land gestürzt und der Einparteienstaat etabliert wurde, änderte sich für Tesfaye nicht viel, unter anderem, weil er 1993 in eine Region versetzt wurde, wo in der Regionalregierung noch verschiedene Volksvertreter sassen. Und weil ihm als Landwirtschafts- und später auch Finanzplaner in Äthiopien die Arbeit nie ausging. Im August 1998 reiste Tesfaye mit einem Kollegen nach Den Haag, sie hatten ein Stipendium erhalten für eine Weiterbildung am Institute of Social Studies: «Kurz vor unserer Heimreise erreichte uns die Nachricht, dass die Regionalregierung ausgetauscht worden war. Ich war besorgt und beschloss, in den Niederlanden zu bleiben. Mein Kollege, der planmässig heimreiste, landete eine Woche nach der Rückkehr im Gefängnis.» In Anbetracht dieses Risikos wollte Tesfaye vorerst in Europa bleiben und stellte deshalb im Januar 2000 der Schweiz seinen Asylantrag. «Von der Asylunterkunft Dübendorf aus suchte ich Arbeit, ich wollte, wie bisher auch, für mich selbst sorgen. Damals war es möglich mit dem N-Ausweis, der den vorläufigen Aufenthalt in der Schweiz erlaubt, erwerbstätig zu sein. Fast drei Jahre arbeitete ich als Küchenhilfe, konnte mir eine Wohnung leisten, bezahlte Steuern, entrichtete Sozialabgaben und die zehn Prozent des Lohns auf das sogenannte Sicherheitskonto, mit dem die Kosten des Asylverfahrens gedeckt werden.» Nach dem ersten Negativentscheid 2002 und einem Rekurs folgte ein Jahr später die zweite Absage: Berhanu Tesfaye wurde nicht als Flüchtling anerkannt. Somit durfte er auch nicht mehr arbeiten. Von da an sorgte das Sozialamt für ihn, und er musste lernen, sich einen sinnvollen Tagesablauf zu geben. «Ausser einem dreimonatigen Beschäftigungsprogramm in einem Alterszentrum und ein paar Monaten Verkaufen des Strassenmagazins Surprise durfte ich nicht arbeiten. Fünf Jahre lang», erzählt er mit einer gewissen Verzweiflung in der Stimme.
2008 verschärfte sich Tesfayes Situation noch einmal: Er musste in die Notunterkunft im zürcherischen Kemptthal ziehen. Dort teilt er sich mit fünf anderen abgewiesenen Asylsuchenden ein Zimmer. Sein Hab und Gut sowie seine Akten bewahrt er in einem Korb unter dem Bett auf, ein paar Kleider hängen in einem Spind. Alles, was er zum Leben bekommt, sind 8.60 Franken pro Tag, in Form von Migros-Gutscheinen. «Würden 30 bis 40 Prozent der Parlamentssitze in meinem Land wieder von der Opposition besetzt, wären Veränderungen möglich, und ich könnte vielleicht gefahrlos heimkehren. Aber sie sind zu 99,6 Prozent von Angehörigen der Regierungspartei besetzt und unerwünschte Oppositionelle landen im Gefängnis oder ‹verschwinden›.» Tesfaye steht von zwei Seiten unter Druck: «Aus der Schweiz ausreisen darf ich nicht, ausser nach Äthiopien. Das ist aber wohl noch für längere Zeit nicht möglich. Hier bin ich ein Illegaler, weil mein Antrag abgewiesen wurde. Diese Situation bereitet mir viel psychischen Stress. Diese ständige Unsicherheit – hier wie auch in meinem Land – ist etwas vom Schlimmsten.» Als Illegalen kann man Tesfaye jederzeit festnehmen. Im Mai sass er vier Tage in Haft, weil die Polizei ihn nicht sofort identifizieren konnte. Zum Glück hat er den Humor noch nicht ganz verloren, zu der Busse über 100 Franken, die er zusätzlich zur Haft erhalten hat, meint er: «Warum ich die Busse bekommen habe, weiss ich nicht, ich verstehe nicht, was hinter den Gesetzesziffern steht. Und ich weiss auch nicht, wie ich die bezahlen soll – vielleicht mit den Einkaufsgutscheinen?» Mittlerweile ist der Äthiopier zehn Jahre in der Schweiz. Neben der ständigen Unsicherheit machen ihm die Perspektivenlosigkeit seiner Situation und die fehlende Tagesstruktur zu schaffen. Deshalb hat sich Berhanu Tesfaye Ablauf und Inhalt selbst gegeben: «Fast täglich lese ich in der Bibliothek Online-Zeitungen, um zu erfahren, was in Äthiopien und sonst auf der Welt geschieht. Ich engagiere mich im Flüchtlingscafé, helfe im Verein Bildung für alle bei der Unterrichtsorganisation
«Ich versuche normal zu leben – wie jemand, der 10 000 Franken monatlich verdient.»
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und feile weiterhin an meinem Deutsch. Ich versuche, ganz normal zu leben, genau wie jemand, der 10 000 Franken im Monat verdient, auch.» Um auf politischer Ebene etwas erreichen zu können, macht Tesfaye im Bleiberecht-Kollektiv Zürich mit und hat Ende Juni auf der kleinen Schanze in Bern für sein Anliegen und das zahlreicher anderer aufmerksam gemacht: Helfen würde ihm in seiner Situation die geforderte Regularisierung, also eine Amnestie für Papierlose, wie sie in anderen europäischen Staaten bereits erfolgt ist. Auf diese Art könnte Berhanu Tesfaye in Würde auf eine Verbesserung in seiner Heimat hoffen und gleichzeitig seinen Lebensunterhalt in der Schweiz – wie bereits vor sieben Jahren – selber verdienen. ■
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Natur Im Stadtdschungel Wild wachsende Antidepressiva und versperrte Käferwanderwege: In der Stadt spielt sich die Natur nicht nur in Gärten und Parks ab, sondern direkt vor unseren Füssen.
VON JULIA KONSTANTINIDIS (TEXT) UND MARTIN TÖNGI (BILDER)
Im Dunkeln tummeln sich Nachtschwärmer mit Bierflaschen am Rheinbord. Am Tag bevölkern erschöpfte Shoppingdamen, Geschäftsleute in der Mittagspause und trendige Teenager das Ufer des Stroms, der mitten durch die Stadt fliesst. Steinerne oder betonierte Uferverbauungen ermöglichen den Stadtbewohnern, das Bord zu begehen und sich nah ans Wasser zu setzen: Alles keine idealen Voraussetzungen für eine vielfältige Fauna und Flora. Und trotzdem, mitten in der Stadt finden sich Pflanzen, die Stadtindianer wohl noch nie von Nahem gesehen haben. Wie Zauberlehrlinge Daniel Rüetschi hingegen sieht sie, auch die kleinsten, an den unmöglichsten Orten: «Kürzlich sah ich auf dem Marktplatz neben dem Ticketautomaten zwischen den Pflastersteinen Moos und Löwenzahn wachsen», erzählt er. Der Biologe und Geograf mit eigenem Öko-Büro, ist bei Pro Natura Basel für die Pflege von Naturschutzgebieten zuständig. Das Erspähen von Wildpflanzen mitten in der Stadt ist gewissermassen seine «déformation professionelle». Trotz Asphalt und Betonbauten bahnen sich Pflanzensamen ihren Weg in Städte. Als Transportwege dienen ihnen dafür Korridore wie Flüsse, Bahnlinien oder auch Baumalleen. «Dadurch, dass sich die Städte immer weiter ausbreiten, werden diese Wanderwege allerdings immer öfter unterbrochen», warnt Rüetschi. Zum Beispiel, wenn eine Eisenbahnlinie mit einem Tunnel versehen wird und so etwa flugunfähigen Insekten der Weg abgeschnitten wird. Denn zusammen mit Pflanzen treten auch immer Tiere auf, die wiederum für den Fortbestand der Pflanzen wichtig sind. In freier Wildbahn finden Tiere und Pflanzen zueinander und haben sich über Jahrhunderte aneinander angepasst, sodass zwischen ihnen Abhängigkeiten entstanden sind. Bei der Stadtnatur ist das alles etwas komplizierter: Daniel Rüetschi zeigt während eines Stadtspaziergangs auf eine aus Feuerdorn angelegte Hecke. Zwar bringt das satte Dunkelgrün des Busches willkommene Farbe zwischen die Häuserzeile, wer aber genau hinschaut, bemerkt, dass an den Blättern und Ästchen nichts kreucht und fleucht – das Gebüsch
ist komplett leer. «Nur Bienen und Vögel können mit den Blüten dieser Pflanze etwas anfangen», weiss Rüetschi. Denn weil der Feuerdorn ein ausländisches Gewächs ist und natürlicherweise in der Schweiz nicht vorkommt, haben sich andere Tiere – Käfer oder Schmetterlingsraupen – nicht zusammen mit dieser Pflanze entwickelt und finden deshalb keinen Lebensraum auf ihr. Nur ein Paar Schritte weiter zeigt Daniel Rüetschi auf ein Paradebeispiel lebendiger Stadtnatur: Aus einer Ritze zwischen zwei Ufersteinen entlang des Rheinbords wächst kerzengerade eine Blume empor. An diesem gelben Exemplar der Königskerze fällt zwischen den Blüten und entlang des meterhohen Stängels eine schwarze Masse auf: «Das ist Raupenkot», erklärt Rüetschi, die Tiere finden offenbar auf dieser Pflanze ihr Zuhause. Über die Blüte gebeugt sinniert der Biologe: «Wir Menschen verhalten uns wie Zauberlehrlinge. Wir machen etwas, von dem wir denken, dass wir es brauchen – wissen aber nicht, welche Auswirkungen es auf das Gleichgewicht der Natur hat.» Hoffnung für Erdbockkäfer Bis zum Ende des Jahrhunderts werden mit dieser Verhaltensweise bis zu 30 Prozent der Tier- und Pflanzenarten auf der Welt verschwunden sein, so der Experte. Und er erzählt die Geschichte vom Erdbockkäfer, der in der Region Basel lediglich an drei Orten vorkommt. Einer davon ist am Grossbasler Ufer zwischen dem Hafen St.Johann, der Anlegestelle für Personenschiffe und dem Standort des Chemiekonzerns Novartis. Oder besser gesagt, war. Denn laut der Stadtgärtnerei BaselStadt nahm der Bestand des flugunfähigen Insekts in den letzten Jahren
«Durch die Ausweitung der Städte werden Wanderwege unterbrochen.»
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stark ab, weil sein Lebensraum wegen verschiedener Bauvorhaben immer kleiner wurde. Zwar wurde das Rheinbord auf diesem Abschnitt als Massnahme vor 14 Jahren zum Naturschutzgebiet erklärt, trotzdem fand sich seit 2004 kein Erdbockkäfer mehr in Basel. Hoffnung, dass das Insekt nicht gänzlich ausgestorben sei, keimte erst letztes Jahr wieder auf: Dann wurden einige wenige Käferexemplare neu entdeckt. SURPRISE 230/10
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Er zeichnete ein Mädchen, das seine Freundin sein sollte. Er hatte noch nie mit ihr gesprochen.
Grüne Hölle inmitten der Stadt – Grossbasler Rheinufer unterhalb der Pfalz.
Noch ist für Laien die drohende Einöde allerdings von blossem Auge nicht sichtbar, im Gegenteil: Der Blick auf die Mauern des Rheinufers offenbart eine unerwartete Blütenpracht. Zugegeben, die Blumen sind keine Orchideen und sehen teilweise etwas struppig aus, doch es sind nützliche Pflanzen, die da gedeihen. Die gelben, sternförmigen Blumen etwa, die auf den schlanken Stängeln einer dunkelgrünen Pflanze sitzen, sind die Blüten des Johanniskrauts. Es ist vielen NovembernebelGeplagten getrocknet und zu Pillen gepresst als biologisches Antidepressivum bekannt. Wenige Meter neben dem Johanniskraut streckt ein grünes Gewächs auf langen Stängeln seine schmalen Blätter der Sonne entgegen: Es ist Beifuss, das auch als Gewürz verwendet werden kann. Und überall wachsen zwischen den Steinen ausserdem weisse, schirmförmige Blumen auf dünnen hellgrünen Stielen. Diese hübschen Pflanzen sind die Vorgänger unserer Rüebli und heissen Wilde Möhren. Ihre Wurzeln wären theoretisch essbar – urbaner Fast Food der anderen Art. Nicht essbar, aber schön anzuschauen ist das Bitterkraut, das einträchtig mit den anderen Pflanzen seine gelben Blümchen präsentiert, die an Gänseblümchen erinnern.
ra damit, einen von Brombeerstauden völlig überwucherten 500 Meter langen Abschnitt zu öffnen. Die zweijährige Arbeit zeigt Wirkung – heute wachsen Königskerzen dort, wo früher stachlige Beerenstauden rankten. Die Arbeit der Naturranger zahlt sich aber nicht nur für die Pflanzenwelt aus: Das Pilotprojekt soll nun fest installiert werden. Trotz der Liebe zur unberührten Natur und dem Unverständnis über unnötige Einmischung der Menschen in das sensible Biotop der Stadtnatur, ist für Daniel Rüetschi klar, dass in der Stadt Hand an die Natur gelegt werden muss. Beim Blick über die Stadt von der Münsterpfalz auf Grossbasler
«Der Schluss einer Entwicklung ist immer der Wald.»
Ordnung mit Naturrangern Niemand hat diese Pflanzen gesetzt, niemand giesst sie, niemand macht ihnen Platz. Dass sie in bebautem, bewohntem Gebiet quasi als Eindringlinge leben, kann aber auch von Vorteil sein. Jedenfalls für jene Pflanzen, die in demjenigen Abschnitt der Uferstrasse wachsen, der von den Naturrangern bewirtschaftet wird: Eine Gruppe von Sozialhilfeempfängern startete vor zwei Jahren im Rahmen des Freiwilligenprogramms «Stadthelfer» der Sozialhilfe Basel unter Leitung von Pro Natu-
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Seite aus malt der Fachmann ein Bild davon, was passiert, wenn die Natur in der Stadt sich selber überlassen würde: «Der Schluss einer Entwicklung ist immer der Wald.» Würde das Rheinbord nicht mehr gepflegt, würden dort Ahorn- und Eschenbäume wachsen. «Beim nächsten Hochwasser würde das Wasser Löcher in den von den Baumwurzeln gelockerten Stein reissen, und der Fluss würde sich mit der Zeit seinen eigenen Lauf bahnen.» Es sind Bilder aus Katastrophenfilmen, die bei diesen Worten vor dem inneren Auge vorbeiziehen und so schaurige wie schöne Gefühle auslösen: die Häuser, Türme, Strassen, Plätze – alles überwuchert von einem Dschungel, Beton und Autos unter sich verbergend. Kürzlich erhielten Reisende im Hauptbahnhof Zürich einen Vorgeschmack drauf, wie es sein könnte, wenn Pflanzen an die Macht kommen: Durch die Lüftungsschlitze einer provisorischen Trafostation wuchsen wilde Brombeeren und lösten so einen zweistündigen Stromausfall in den meisten der Bahnhofsläden aus. SURPRISE 230/10
Die meisten gehen daran vorbei: Blühendes Zimbelkraut.
Raupenkot an Königskerzen: Daniel Rüetschi mit einem Stück Stadtnatur.
Unterhalb der Basler Pfalz entwickelt sich die Stadtnatur, am steilen Hang der im Rhein endet, ungehindert: Keine Partygemeinde, die dort ihre Abende verbringt, kein Wirt, der seine Tische hinstellt, kein Architekt, der dort ein Haus bauen soll. Dichte Holunderbüsche und Ahornbäume verdecken beinahe die Sicht von unten auf die Kathedrale. Unbemerkt von Passagieren der Münsterfähre, welche die Treppen hoch zur Pfalz erklimmen, und auch ungesehen von den Gästen der Freiluftbar Chill am Rhy, die in den Sommermonaten unterhalb des Münsters Feststimmung verbreiten, treibt das Zimbelkraut an einer Steinmauer seine Blüten. Die kleinen, zart violetten Blümchen blinzeln zwischen Efeuranken hervor und buhlen mit dem filigranen braunen Streifenfarn und mit Löwenzahn um Aufmerksamkeit. Am Rheinknie bleiben sogenannte Schwemmlinge gerne in der Flusskurve hängen. «Das ist der Grund, weshalb es hier auch Pflanzen aus dem Alpenraum gibt», erklärt Rüetschi. Das Klima in Basel ist für allerlei Pflanzen optimal – das milde und trockene Wetter lässt selbst Pflanzen wachsen, die sonst nördlich der Alpen nicht anzutreffen sind. Die Alpen im Flachland und spriessendes Grün inmitten von Shoppingzonen und Pflastersteinen, da dämmerts dem Urbanisten langsam: Pflanzen lassen sich durch Menschenhand nicht aufhalten. ■
Wächst aus dem Pflaster und ist essbar: Blüte einer wilden Möhre. SURPRISE 230/10
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BILD: ISTOCKPHOTO
Verbalattacken Griffel voll Gift und Galle Wer sich öffentlich exponiert, wird nicht selten mit üblen Zuschriften eingedeckt. Was für die Betroffenen bedrohlich wirkt, ist für die Absender meist bloss ein Frustventil. Opfer und Täter berichten.
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«Heb d’Schnorra, du domma huara Siach.» Diesen Zettel fand Michael Jäger aus Diepoldsau im St. Galler Rheintal eines Tages in seinem Briefkasten. Jäger ist FDP-Politiker, fleissiger Leserbriefschreiber und er unterhält auch einen eigenen Internetblog. Markige Feedbacks fechten ihn nicht an: «Wenn man sich exponiert und deutliche Worte findet, dann muss man mit Reaktionen rechnen.» Der politische Umgangston im Rheintal, wo die SVP in manchen Dörfern die absolute Mehrheit hat, sei halt ruppig: «Damit habe ich kein Problem. Aber anonyme, schmierige Zettel im Briefkasten, da kommen doch ungute Gefühle auf.» Wer öffentlich auftritt, zieht Aufmerksamkeit auf sich, und zwar nicht immer von der angenehmen Sorte. Je kontroverser ein Thema, desto heftiger die Angriffe. Die Menschenrechtsorganisation augenauf engagiert sich unter anderem in der Asylpolitik und dokumentiert die Zustände in den Ausschaffungsgefängnissen und Vorkommnisse bei Rückschaffungen. Das passt vielen nicht. «Sofort alle Schmarotzer AUSSCHAFFEN und Michael Jäger: das augenauf-Pack gleich mit!!!!!!!», lautete
dem Telefonbeantworten klängen nach «älteren rassistischen Herren, die sich über uns dermassen aufregen, dass sie fast einen Herzchasper kriegen.» Auch Blogger Michael Jäger stellt fest: «Wenn die Zuschriften deftig formuliert sind, stammen sie eindeutig öfter von Männern.» Darunter auch jüngere: Neben Rentnern, die mit bösen Briefen ihre Tagesfreizeit ausfüllen, gibt es auch 20-Jährige, die gerne mal Dampf ablassen. Hunde, die bellen, beissen nicht, weiss der Volksmund, und von Einzelfällen abgesehen folgen den bösen Briefen in der Schweiz selten Taten. Ernst genommen werden Beschimpfungen und Drohungen aber durchaus. Gegen aussen geben sich die Opfer von Verbalattacken zwar meist gelassen. Michael Jäger sagt: «Durch die Reaktionen fühle ich mich weder angestachelt noch demotiviert. Ich überlege höchstens, ob ich etwas so geschrieben habe, dass es die Betreffenden nicht verstanden haben.» Wer Angst zeigt oder sonst wie den Anschein erweckt, sich ins Bockshorn jagen zu lassen, macht aus Schmierfinken Sieger und ruft Nachahmer auf den Plan. Und diese Genugtuung möchte man den BILD: ZVG
VON RETO ASCHWANDEN
jüngst eine Zuschrift – das ist noch eine der «Mit ruppigen Reaktionen habe ich kein Prozitierfähigeren Äusserungen. Walter Angst ist blem. Bei anonymen Zetteln im Briefkasten Zürcher Gemeinderat der Alternativen Liste kommen aber ungute Gefühle auf.» und mediales Aushängeschild des 1.-MaiKommitees. Nach seinem letzten Medienauftritt als augenauf-Mitglied schrieb ein Mann namens Konrad Schläpfer per Mail: «Erschiesst endlich diesen Trottel.» schreibenden Heckenschützen nicht gönnen. Hinter vorgehaltener Angst findet eine solche Reaktion im Rahmen. «Meist kommen vor alHand räumen Betroffene allerdings ein, dass insbesondere Drohungen lem die Leute dran, für die wir uns einsetzen. Wir als Unterstützer wergegen Umfeld und Familie ungute Gefühle auslösen. Die Stadtpolizei den eher als Deppen dargestellt.» Heftiger seien die persönlichen AnZürich erklärt auf Anfrage, dass sie ab und an Anzeigen entgegennehfeindungen jeweils rund um den 1. Mai: «Da kommen dann richtig üble me von Menschen, die sich in der Öffentlichkeit bewegen und mit BeBeschimpfungen.» lästigungen oder Drohungen konfrontiert werden. Wie oft das vorkommt, kann sie nicht sagen, denn eine entsprechende Detailstatistik Schreibende Heckenschützen wird nicht geführt. Die St. Galler Justizdirektorin Karin Keller-Sutter geJe radikaler die Einstellung, desto militanter das Vorgehen – das gilt hört zu den wenigen Politikern, die öffentlich über Einschüchterungsfür Taten wie Worte. Die unangenehmste Begegnung machte Blogger versuche sprechen. Als Hardlinerin beim Thema Sicherheit im Umfeld Jäger, nachdem er sich über eine Sekte in der Region geäussert hatte. von Fussballspielen ist sie für Hooligans ein rotes Tuch. In einem InterDaraufhin wurde nicht nur sein Blog mit Schandmails überflutet – ein view mit der Wochenzeitung «WoZ» sagte Keller-Sutter im April dieses Führungsmitglied der Gruppe tauchte auch bei ihm zu Hause auf. Die Jahres, sie sei in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt: «Auf einer solBegegnung verlief glimpflich, angenehm war sie für Jäger aber nicht. chen Hassebene bin ich noch nie attackiert worden, und ich fälle ja Was sind das für Leute, die in Leserforen, aber auch direkt bei missauch sonst schwierige Entscheide, etwa im Ausländerrecht.» Aktenliebigen Mitmenschen Schimpf und Schande austeilen? Zuverlässige kundig sind Morddrohungen gegen die Bundesrätin Eveline WidmerDaten existieren nicht, denn oft operieren die Verfasser aus der AnonySchlumpf und auch ihre politischen Widersacher Ueli Maurer und Toni mität heraus. Betroffene berichten aber übereinstimmend, mehrheitlich Brunner machten entsprechende Erfahrungen. Christof Blocher bewegt seien die Absender männlich. Bei augenauf heisst es, die Stimmen auf sich schon seit Jahren nur mit Bodyguards in der Öffentlichkeit. SURPRISE 230/10
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Die nächsten Verwandten der anonymen Verbalmilitanten sind die Leserbriefschreiber, und in den Onlineforen, wo niemand kontrollieren kann (oder will), ob die Namen der Verfasser echt sind, verwischen die Grenzen ohnehin. Deshalb ist ein Blick aufs Psychogramm von Leserbriefschreibern aufschlussreich. Bei einer Befragung durch Soziologen der Uni Bern gaben 40 Prozent an, es ging ihnen beim Verfassen eines Leserbriefes darum, ihren Ärger loszuwerden. Zudem – so die Studie – verschaffe es ihnen Genugtuung, den eigenen Namen in der Zeitung zu lesen, und manche berichteten mit Freude von anerkennenden Worten aus dem Bekanntenkreis oder manchmal auch von Fremden. Wutabbau und Geltungsdrang seien die Hauptantriebe für Schreibtischtäter, so eine Schlussfolgerung der Untersuchung, bei der die Teilnahmequote signifikant höher lag als bei ähnlichen Studien. Wer seine Meinung unbedingt loswerden will, nutzt jede Gelegenheit zur Profilierung.
nicht einwandfrei daherkommen. Im Eifer des Gefechts kann einem schon mal ein Fehler unterlaufen. Allerdings zeugt oft auch der Inhalt nicht unbedingt von intellektueller Brillianz. So weit die abstrakte Phänomenologie. Nun zum Einzelfall. Ein Anruf bei Konrad Schläpfer, dem Mann, der Walter Angst von augenauf erschiessen lassen möchte. Der erklärt am Telefon freimütig und la-
«Ich weiss, dass das Blödsinn ist. Aber manchmal schreibe ich einfach aus einer Wut heraus.»
Ein einfacher Bürger Oft stehen dahinter Ohnmachtsgefühle und der Frust jener, die sich übergangen fühlen. Es sind selten Leute mit guter Ausbildung, tollen Jobs und gesellschaftlichem Renommée, die Gift und Galle durch den Griffel fliessen lassen. Oft verrät das Schreiben selbst die Schwächen seines Verfassers: «Augenauf eine Organisation von Schwulen und geistig behämmerte, die wir liebend gern und fest angeschnallt nach Nigeria verfrachten möchten.» Dieser Satz ist originalgetreu wiedergegeben, das heisst mit allen Fehlern, denn ein Kennzeichen von Hassmails ist der nachlässige Umgang mit den Regeln der Rechtschreibung, wie er auch in den Kommentarspalten im Internet verbreitet ist. Michael Jäger bestätigt, dass auch die Kommentare auf seinem Blog orthografisch oft
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chend, dass er im Affekt schreibe: «Ich bin kein Intellektueller, sondern ein einfacher Bürger, der rechts steht. Einmal habe ich den Grünen geschrieben, dass man ihren Präsidenten, diesen Trottel, aufhängen solle. Ich weiss, dass das Blödsinn ist. Aber manchmal schreibe ich einfach aus einer Wut heraus.» Immerhin unterschreibt Schläpfer seine Tiraden, die er an Zeitungen schickt, in Blogs platziert oder direkt an Institutionen und Personen adressiert, die ihn nerven, mit vollem Namen. Das müsse schon sein, findet er, aus der Anonymität zu operieren, sei keine Art. Er klingt stolz, als er erzählt, dass er nach Leserbriefen auch schon am Sonntagmorgen angerufen wurde von Leuten, die ihn beglückwünschten. Auch Andersdenkende hätten sich schon gemeldet, das sei okay: «Es darf jeder seine eigene Meinung haben, aber ich bleibe bei meiner.» Schöne Worte. Wird ein schreibender Heckenschütze konfrontiert, buchstabiert er zumindest im Tonfall zurück. Für die Adressaten ist dies ein schwacher Trost. Denn wer kann schon wissen, ob hinter einer Hassbotschaft ein trauriger Trottel steht oder ein gefährlicher Gewalttäter. ■ Legende SURPRISE 230/10
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Heimat Noch immer die Schweiz Wir sind eine Nation von Staubsaugern und Arschlöchern. In einem Land, das auf der politischen Intensivstation liegt, ist die Taktik, so zu tun, als wisse man von nichts, ziemlich naheliegend. Zum 1. August haben sich Schweizer Kunstschaffende Gedanken über die Lage der Nation gemacht. Herausgekommen sind Feiertagsreden der etwas anderen Art. Surprise hat vier davon ausgewählt.
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Trockenes Gras VON MILENA MOSER
VON GUY KRNETA
BILD: SEBASTIAN HOPPE
Da, wo ich lebe, gibt es viele Arschlöcher. Ich begegne ihnen jeden Tag. Sie parken mit ihren Lieferwagen auf dem Velostreifen. Sie biegen ab, ohne den Blinker zu betätigen. Sie drücken bei Gelb aufs Gaspedal. Oft haben sie ein Handy am Ohr. Wenn ich mit den Kindern am Fussgängerstreifen stehe, rast fast jedes Mal ein Arschloch vorbei. Ich erkläre den Kindern, dass sie Vortritt haben, dass es ihnen aber nichts nützt, wenn sie von einem Arschloch überfahren werden. Viele Arschlöcher, stelle ich fest, sind Autofahrer. Viele Arschlöcher sind Männer. Viele Arschlöcher sind Handybesitzer. Es gibt alte Arschlöcher und junge Arschlöcher. Gelegentlich gibt es auch Frauen. Ich habe begonnen, auf die Nummernschilder zu achten. Viele Arschlöcher, stelle ich fest, wohnen nicht in der Stadt. Sie brauchen die Stadt nur, um durchzurasen. Wenn jemand eine Initiative lancieren würde, die Nichtstadtbewohnern verbieten würde, in der Stadt Auto zu fahren, wäre ich der Erste, der sie unterzeichnete. Ich habe auch begonnen, mir die Nummern zu merken. Im Netz erkundige ich mich, wie die Arschlöcher heissen. In der Stadt muss ich per Mail bei der Kantonspolizei anfragen. In ländlichen Kantonen kann ich die Nummern direkt in die Suchmaschine eingeben. Auffallend viele Arschlöcher tragen ausländische Namen. Ich frage mich, warum ausgerechnet Leute mit ausländischen Namen in meinem Land Auto fahren wie die Arschlöcher. Wenn ich im Ausland bin, denke ich, benehme ich mich auch nicht wie ein Arschloch. Ich passe mich den Sitten und Gebräuchen der anderen an. Aber hier muss ich mich nicht den Sitten und Gebräuchen der anderen anpassen. Hier bin ich zu Hause. Und wenn das den Arschlöchern nicht passt, sollen sie bitte gehen. Ich finde nicht, dass Arschlöcher vom Land das Recht haben, in der Stadt meine Kinder zu überfahren. Ich finde nicht, dass Ausländer das Recht haben, meine inländischen Kinder zu überfahren. Ich finde nicht, dass Männer das Recht haben, meine Töchter zu überfahren. Ich finde nicht, dass Handybesitzer das Recht haben, Auto zu fahren. Mögen mich die anderen deswegen für ein Arschloch halten. Zu Hause ist da, wo ich das Recht habe, ein Arschloch zu sein.
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Guy Krneta, *1964, ist in Bern aufgewachsen und lebt heute in Basel. Er ist Dramatiker und Spoken-Word-Autor, u.a. Mitglied von «Matterhorn Produktionen» und der Gruppe «Bern ist überall».
Sie stellt den Staubsauger ab, als ich stehenbleibe, und lächelt verlegen. Erwischt! Mit der Hand fährt sie sich über das Gesicht, es ist heiss. «Eben», sagt sie. «Die Sonne!» Die Sonne trocknet die vom Rasenmäher abgeschnittenen Grashalme aus und färbt sie braun. Da kann sie noch so lange rechen, all die kleinen Spitzen, die erwischt sie nie. Und was macht das dann für eine Gattung, diese unregelmässigen braunen Sprenkel im grasgrünen Gras! Deshalb der Staubsauger. Gleich nach dem Rasenmäher und dem Rechen. Ich nicke, als leuchte mir das alles durchaus ein, und ich denke: Das glaubt mir natürlich wieder keiner. Dass ich das nicht erfunden habe. Immer diese Klischees! Immerhin, es ist nicht Samstag. Und ihr Auto steht ungewaschen am Strassenrand. Was macht das wieder für eine Gattung! Die Gattung. Gibt es dieses Wort in einer anderen Sprache? Nicht die Gattung Mensch oder Tier, nein, die Gattung, die es macht. Wie sieht das aus! Was sollen die Leute sagen! Gibt es ein anderes Land, in dem das so eine Bedeutung hat? Und ich nehme mich da nicht aus, ich bin nicht anders, wir sind nicht anders, wir Künstler, als alle anderen. Wir bewegen uns in exakt abgesteckten Zirkeln, wir erfüllen Erwartungen, die niemand aussprechen muss, wir schauen verstohlen über unsere Schultern, wir pressen die Lippen zusammen. «Warum macht die jetzt plötzlich Theater, die ist doch Journalistin?» «Und dann hat sie die Wäsche einfach hängenlassen, nach dem Regen!» «Also, das ist nicht mehr Rockmusik, was die machen, das ist Kleinkunst!» «Der Sohn soll ja Schulden haben!» Ob sie zwischen den Gestellen im Volg oder auf dem Weg vom Theaterfoyer zur Bar abgegeben werden, diese Kommentare unterscheiden sich höchstens inhaltlich. Ausgesprochen werden im sie im selben Ton und mit derselben Absicht: Dass hier ja niemand seinen Platz verlässt! Hallo? Zurück auf Feld eins! Wir schauen uns gegenseitig zu, beim Leben, beim Arbeiten, beim Denken, wir kommentieren und beurteilen, was wir sehen, konstant, und verhindern so zuverlässig, dass irgendetwas passiert. Dass sich irgendetwas ändert. Möglich wäre in diesem Land theoretisch ja alles – aber wo käme man da hin? «Wenn ich im Garten bin, bin ich glücklich», sagt sie, und schaltet den Staubsauger wieder ein. Ich gehe weiter. Wer bin ich, über ihr Glück zu urteilen? Noch immer die Schweiz: Das sind immer noch wir. BILD: NINA SÜSSTRUNK
Land der Arschlöcher
Milena Moser, *1963, hat in Zürich und San Francisco gelebt, jetzt in Möriken-Wildegg. Zwei Kinder grossgezogen, vierzehn Bücher veröffentlicht, zuletzt «Möchtegern».
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Die Weltmarke Schweiz (Based on a true Story)
Unsichtbare Nachbarn VON JOHANNA LIER
VON MICHEL METTLER
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Michel Mettler, *1966, lebt als Schriftsteller und Musiker in Brugg. Der Roman «Die Spange» erschien 2006. Jüngste Veröffentlichung: «H stellt sich Vor», gemeinsam mit Felix Kauf. Im kommenden Jahr ist er Gastprofessor am Collegium Helvticum in Zürich.
Es war Nacht. Plötzlich hörte ich draussen Stimmen und Schritte. Sie näherten und entfernten sich. Ich schlich in die Küche, zog die Axt aus dem Holz und legte sie unter das Bett. So in Sicherheit gebracht, lag ich mit klopfendem Herzen, blickte immer wieder zum Fenster. Plötzlich ein Knall, die Polentapfanne schlitterte durch die Küche, kurz darauf ein leises Schmatzen. Ich vermochte kaum mehr zu atmen, zog langsam die Decke bis unter das Kinn und verharrte in dieser Stellung, bis der Morgen über die Alp hereinbrach. Die Sonne und das Vogelgezwitscher haben mich erlöst aus dieser nächtlichen Panik – wie man sie nur aus der Kindheit zu kennen glaubt. Ich feuerte den Ofen ein und stellte die Ordnung in der Hütte wieder her. Es war der Siebenschläfer, der die Polentapfanne erobert hatte. Und wie die Bauern erzählten, musste es sich bei den nächtlichen Wanderern um die Tamilen gehandelt haben, die von Schleppern über den nahen Bergrücken gebracht, in den umliegenden leeren Ställen Schutz gesucht hatten. Die Flüchtlinge wären in der Regel höfliche Menschen, ausgehungert und völlig verängstigt, fügten die Bauern hinzu. Ich setzte mich auf die Bank vor der Hütte, blickte über die Wiese und hörte das Summen der Bienen und der Hummeln, vertrieb die lästigen Fliegen, die sich auf mein Gesicht setzten. Unten vom Weg hallte das Geschrei der Mountainbiker herauf, und eine vor Müdigkeit taumelnde Familie stapfte laut grüssend vorbei. Dann waren die Touristen wieder weg. Blaue Dämmerung. Durch die Ritzen in den Balken der Ställe quoll Dunkelheit. Ich näherte mich vorsichtig, schaute ins Gras, als ginge es darum, seltene Blumen zu pflücken, ging einmal rundherum und kehrte zurück. Einfach Essen hinstellen ist mir respektlos vorgekommen, das tut man mit Hunden und Katzen. Und anklopfen – das wurde mir eingeschärft – wäre absolut verboten. Denn die Flüchtlinge hätten viel Geld bezahlt, und würden sie entdeckt, müsste man sie sofort ausschaffen, und davor, erzählten die Bauern, hätten sie am meisten Angst. So tue, als wüsste mär’s nöd, isch s’Bescht für die arme Sieche, fügten die Bauern hinzu. In der Nacht schaute ich immer wieder zum Fenster. Plötzlich schien es mir, als glimmte eine Zigarette in der Finsternis auf. Ich schlich in die Küche, zerrte die Axt aus dem Holz, wieder im Bett zog ich die Decke langsam bis unter das Kinn. Und verharrte, bis der Morgen hereinbrach. Auch der Siebenschläfer ergötzte sich eine weiters Mal an meiner Polentapfanne. Denn in den Ställen fand er wohl nichts. ■ Weitere Texte zum Nationalfeiertag sind ab dem 5. August auf www.kunst-und-politik.ch zu lesen
BILD: ZVG
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Vielleicht der kreativste Politiker bei der Zukunftsplanung der Schweiz war jüngst Muammar al-Gaddhafi, als er kurzerhand ihre Auflösung anregte. Einzig bei der Wahl der Parteien, an die sie gehen sollte, bewies er wenig Sachverstand: Warum bloss die Nachbarländer? Weit realitätsnäher wäre es, das Land nach seinen Multis aufzuteilen, die schon längst ihre Anteilscheine gezeichnet haben. In deregulierten Zeiten könnte dabei «swiss made» als Claim ohne Weiteres fortbestehen, auch nach der Staatsauflösung. Hätte jemand etwas davon bemerkt? Ausserhalb der Schweiz wohl kaum, und innerhalb hätte man sich schnell daran gewöhnt – wie schon daran, dass Schweiz-Repräsentanten sich in unfreiwilligem Galgenhumor üben, dass Politsendungen zu Diffamationsforen für Populisten verkommen, an Magistratenslapstick zwecks Geiselbefreiung, dadaistische Promiverhaftungen, den Narzissmus philosophierender Verkehrsminister und kunstsammelnder Altbundesräte … Wenn aber ein Land so dauerhaft auf der politischen Intensivstation liegt, wird auch dies nach einer gewissen Zeit zur Normalität. Im Ausland sind unsere Notstandskapriolen kein Hingucker mehr. Man denkt nicht an Wiederbelebungsmassnahmen, man sieht sich nach anderen Pausenclowns um. Und die EU? Wird sie ernsthaft die Eingliederung des vollauf Blamierten in einen Verbund wünschen, der mehr und mehr der wirtschaftlichen Stärkung seiner Mitglieder dient, nachdem er einst Frieden und Verständigung hätte sichern sollen? Europa sieht in der Schweiz einen Handelspartner, der sich ab und zu als Schlichter am grünen Tisch gefällt. Wie beim Geschäft üblich: Stimmen die Konditionen nicht mehr, müssen neue ausgehandelt werden. In diesen Verhandlungen hat die Drehscheiben-Schweiz immer weniger Argumente. Daran würde auch die Umbenennung der Dufour- in Nestléspitze, des Piz d’Err in Fuorcla di Novartis, der Midi-Gruppe in Dents de Roche, des Jungfrau- in CS-Joch nichts ändern. Aber immerhin bei den asiatischen Touristen könnte es zum Vorteil gereichen. Denn gewiss wären Schweizer Weltmarken – Toblerone, Sandimmun, Swatch – das letzte, was man von der aufgelösten Confoederatio nach Gaddhafis Ehrenbegräbnis auf dem Rütli in Erinnerung behielte. Und dazu selbstredend die im Witz verbürgte Erfindung des Jodels auf einer stotzigen Berner Alp: Zwei japanische Touristen beugen sich über den Abgrund, halten Ausschau nach dem runtergefallenen Kofferradio (Sanyo, nicht Studer-Revox), und einer fragt den andern: «Hol i di Ladio/odel/hol du di Ladio?»
Johanna Lier, *1962, ist Dichterin und Journalistin und lebt in Zürich.
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BILD: KEYSTONE
Freitodbegleitung Die letzte Weggefährtin Immer mehr chronisch Kranke holen sich Unterstützung beim Sterben. Für sie bedeute der Tod Erlösung von Schmerz und Qual. Doch was löst das Dahinscheiden eines Menschen in den Leuten aus, die ihn dabei unterstützen? Eine Freitodbegleiterin erzählt. VON JOEL BISANG
Der graue, unauffällige Wohnblock in einem ruhigen Zürcher Aussenquartier, in dem die Sterbehilfeorganisation Exit ihren Sitz hat, lässt wenig Rückschlüsse auf sein Innenleben zu. Die Einrichtung im Innern des Gebäudes ist nüchtern und funktional, einzig das Büchergestell im Empfangsraum, bestückt mit zahlreichen Titeln zu Leben und Sterben, gibt Hinweise auf die nicht ganz alltägliche Tätigkeit der Menschen, die hier arbeiten. Unaufgeregt und nüchtern wirkt auch Heidi Vogt, die den Besucher nach kurzer Wartezeit in ihr Büro bittet. Im Gespräch überlegt sie manchmal lange, bevor sie antwortet, differenzierte Aussagen sind ihr wichtig. Denn mit Missverständnissen, was ihre Tätigkeit und Sterbehilfe generell betrifft, ist sie am laufenden Band konfrontiert.
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«Ich gehe so selbstbestimmt wie möglich durchs Leben und finde, auch wenn es ums Sterben geht, sollte man das grösstmögliche Mass an Selbstbestimmung beanspruchen dürfen», erklärt sie. Der Verlust der Selbstbestimmung, das Ausgeliefertsein am Lebensende, habe sie privat und im Beruf immer wieder beschäftigt. Und oft habe sie bei sich gedacht: «So möchte ich nicht sterben müssen.» Heute, nach vier Jahren, in denen die ehemalige Krankenschwester an 45 Freitodbegleitungen teilgenommen hat, sieht sie ihre Arbeit nicht mehr einfach als Beruf, sondern als eine Aufgabe. Das Telefon klingelt, Heidi Vogt hebt den Hörer ab. Der Mann am anderen Ende der Leitung erzählt nach einigen einleitenden Sätzen von seiner unheilbaren Krebskrankheit und seiner Verzweiflung. Vogt hört aufmerksam und verständnisvoll zu; zum Abschluss des Gesprächs erinnert sie den offensichtlich gut informierten Anrufer noch einmal darSURPRISE 230/10
an, dass er ein schriftliches Arztzeugnis sowie eine Bestätigung seiner Urteilsfähigkeit vorlegen muss, um sich für eine Freitodbegleitung anzumelden. Auflagen, die der Freitodbegleiterin helfen, sich ein erstes Bild vom Sterbewilligen zu machen. Aus Respekt für den Menschen Schwierig sei es jeweils, wenn der Wunsch eines Menschen nach Sterbehilfe zwar verständlich, eine Begleitung aber von Vornherein ausgeschlossen sei, sagt Vogt, nachdem sie den Hörer aufgehängt hat. Bei Menschen beispielsweise, die aus einer medizinisch nicht begründbaren Ursache nicht mehr leben wollen. Sie erzählt von einer betagten Frau die – obwohl kerngesund – nicht mehr alleine weiterleben wollte, nachdem ihr Mann einige Monate zuvor gestorben war. Persönlich könne sie das zwar gut verstehen und mitfühlen. «Wenn aber ein körperlich gesunder Mensch hier anruft und mir sagt, er wolle einfach nicht mehr leben, wird es nicht zu einer Freitodbegleitung kommen», sagt sie bestimmt. Dies deshalb, weil es in einem solchen Fall höchst unwahrscheinlich sei, dass sich ein Arzt finde, der ein Rezept für das Natrium-Pentobarbital (NaP) ausstelle – das Schlafmittel, mit dessen Einnahme die Sterbewilligen schliesslich aus dem Leben treten. «Ich respektiere den Menschen, der nicht mit seiner Krankheit weiterleben will», sagt die 55-Jährige, die für diesen Artikel aus Diskretionsgründen nicht fotografiert werden wollte. «Aber ich muss bei jeder Begleitung, die ich mache, persönlich absolut dahinterstehen können.» Weshalb es vorkommt, dass sie einen Fall einer anderen Begleitperson weitergibt. Heidi Vogt, die früher lange auf einer Drogenberatungsstelle für Schwerstabhängige gearbeitet hatte, fühlte sich angesprochen vom Inserat, mit dem Exit auf der Suche nach einer neuen Leitung für den Bereich Freitodhilfe war. «Ich hatte das Gefühl, hier alles einbringen zu können, was ich einmal gelernt habe», erzählt sie, «und die Führungsaufgabe hat mich gereizt». Eine Ausbildung im Bereich Supervision und Coaching kam ihr dabei ebenso entgegen wie ihr Amt als Stadträtin von Uster, das sie als SP-Vertreterin acht Jahre lang, bis 2002, ausgeübt hatte. Das Interesse ihres Umfeldes an ihrer neuen Tätigkeit sei anfänglich natürlich gross gewesen, sagt die Mutter zweier erwachsener Kinder. Mit der Zeit habe sich das aber gelegt.
ständig und ohne Hilfe ein, worauf er innerhalb von wenigen Minuten einschläft. Für die erfahrene Freitodbegleiterin beginnt damit die zweite Phase der Begleitung. Sie tritt aus der intimen Runde am Sterbebett heraus und nimmt mit der nötigen Sachlichkeit den Kontakt mit den Behörden auf, da jede Freitodbegleitung als aussergewöhnlicher Todesfall gilt und deshalb untersucht werden muss. «Man muss den Hebel umlegen, sich auf die sachliche Ebene fokussieren können, ohne dabei das soeben Erleb-
«Ich muss bei jeder Begleitung, die ich mache, absolut dahinter stehen können.»
Manchmal wird auch gelacht Hat der Sterbewillige auch nach der Anmeldung ein echtes Bedürfnis nach einer Begleitung, trifft sich Vogt mit ihm zu einem Gespräch. Weitere Gespräche folgen – so viele, bis alle Fragen, auch für die Angehörigen, geklärt sind. Danach liegt es beim Sterbewilligen, sich wieder zu melden. Von einigen Interessenten hört Exit deshalb nie mehr etwas – sei es, dass sie sich umentschieden haben oder dass sie in der Zwischenzeit eines natürlichen Todes gestorben sind. Kommt der Sterbewillige aber wieder auf Exit zu, manchmal auch erst nach Monaten, vereinbart Vogt einen Termin mit ihm – den Tag, an dem die Freitodbegleitung stattfinden soll. Ein spezieller Moment sei das jeweils, sagt Vogt. Denn in welcher anderen Situation würde jemand einen Termin zum Sterben vereinbaren? Den Tag der Begleitung selbst, dem ein intensiver Kontakt mit dem Sterbewilligen vorausgegangen ist, versucht die erfahrene Freitodbegleiterin ruhig und gelassen anzugehen. «Stress, eine gehetzte Stimmung, lassen sich nicht mit dieser Aufgabe vereinbaren», sagt Vogt. In der Wohnung des Sterbewilligen, wo Angehörige und Freunde versammelt sind, ist sie offen für Verbales und Nonverbales. «Ich versuche zu spüren, wahrzunehmen, was die Situation verlangt.» Was aber nicht bedeuten muss, dass eine bedrückte Stimmung herrscht. Im Gegenteil: «Da gab es durchaus schon Momente, in denen gelacht wurde», erinnert sie sich. Ist der Zeitpunkt gekommen, stellt die Freitodbegleiterin dem Sterbewilligen das Glas mit dem Schlafmittel hin. Dieser nimmt es selbSURPRISE 230/10
te aus den Augen zu verlieren», sagt sie. Eine brüsker Schritt, der einer Begleitperson aber keine Mühe bereiten darf. Es gilt, die notwendigen Formalitäten zu erledigen und zugleich die trauernden, oft aufgewühlten Angehörigen abzuschirmen. Anschliessend zieht sich Vogt zurück. Eine Begleitung ermüde, brauche viel Energie, sagt sie. Manchmal sei sie traurig, manchmal erleichtert über den positiven Ablauf – immer aber emotional berührt. «Was ich hier erleben darf, ist für mein Leben auf jeden Fall eine Bereicherung.» Zum Verarbeitungsprozess gehört, dass die Freitodbegleiterinnen und -begleiter ihre Begleitungen diskutieren und noch einmal Revue passieren lassen. Dass dabei von einer «schönen Begleitung» gesprochen wird, ist durchaus üblich. ■
Sterbehilfe in der Schweiz Von den gut 1300 Menschen, die in der Schweiz jedes Jahr freiwillig aus dem Leben scheiden, wird ein Teil durch Sterbehilfeorganisationen, Ärzte oder Angehörige begleitet. Freitodbegleitung ist hierzulande und in einigen wenigen anderen Ländern unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt. Exit, eine von vier in der Schweiz tätigen Sterbehilfeorganisationen, hat im Jahr 2009 insgesamt 217 Menschen beim selbstgewählten Suizid begleitet, 50 mehr als im Jahr 2008. Diesen Anstieg führt die Organisation auf das Älterwerden der langjährigen Mitglieder zurück, aber auch die Bevölkerungsentwicklung spielt eine Rolle. Die über 20 Freitodbegleiterinnen und -begleiter von Exit üben ihre Tätigkeit als Freiwillige aus, da Beihilfe zum Suizid nur dann straflos ist, wenn keine selbstsüchtigen Beweggründe vorliegen, worunter beispielsweise finanzielle Motive fallen würden (Art. 115 StGB). Verlangt wird zudem, dass neben der Begleitperson mindestens eine weitere Person anwesend ist, die eine Zeugenfunktion übernimmt. Verboten ist in der Schweiz die aktive Sterbehilfe, bei der die Begleitperson dem Sterbewilligen die tödliche Medikamentendosis selbst verabreicht. Während Sterbehilfeorganisationen wie Dignitas oder die weniger bekannte EX International auch Freitodbegleitungen für Ausländer anbieten, begleitet Exit nur in der Schweiz wohnhafte Mitglieder. Infrage kommen gemäss Statuten allerdings einzig Menschen mit hoffnungsloser Prognose (in der Regel Krebspatienten), unerträglichen Beschwerden oder unzumutbarer Behinderung. Gut ein Drittel aller Freitodbegleitungen betrifft dabei Personen ohne tödliche Krankheit. Diese sogenannt polymorbiden Patienten sind Menschen, die noch jahrelang mit ihren Beschwerden weiterleben könnten. Aus medizinischer Sicht sind sie aber in ihrem Leben so stark eingeschränkt, dass ihr Wunsch nach Freitodbegleitung in den Augen des behandelnden Arztes gerechtfertigt ist.
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BILD: ANDREA GANZ
Le mot noir Ferien im Keller Kürzlich in Frankreich. Ich packe im Familienhaus grad meine Strandtasche ein und will zur Tür hinaus, da rauscht Tante Catherine aus dem Souterrain: «Merde! Wir brauchen bis übermorgen noch ein Zimmer!» «Ich dachte, diesmal ist nur Fensterläden schleifen angesagt», bleibe ich mässig begeistert. Catherine sieht mitfühlend auf meine Sonnenbrille und mein Buch. «Was steht denn drin in deinem Roman?», will sie später im Keller wissen. «Woher soll ich das wissen?», zische ich zurück und stelle die Leiter auf. «Wissen wir wenigstens, wer kommt?» «Cousins aus Mailand.» «Mailand? Kennen wir die?» «Wir werden sie mögen!» «Wie alt?», werde ich jetzt doch misstrauisch. «Neun und zwölf. Sprechen nur Italienisch.» «Aber hier sprechen alle Französisch!» «Wir gucken auf Rai Uno ein bisschen Werbung»,
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winkt Catherine ab. «Dann haben wir die Basics.» «Okay…», klatsche ich mit einem Spachtel Masse auf die feuchte Betondecke. «Heisst das, der Auteuil-Film fällt heut Abend aus?» «Da hinten tropft es aus der Leitung!», schwenkt Catherine statt einer Antwort den Lötkolben. «Warum können die eigentlich nicht im Garten schlafen? Wie alle Italiener?», säge ich später mit Gewalt die Kellertüre auf. «Da ist schon voll!», informiert mich Catherine. «Voll?» «Géraldine kommt mit ihrem neuen Freund. Der hat einen Campingbus, und damit der nicht geklaut wird …» «Kann uns das nicht egal sein?», frage ich scheinheilig. «Wir müssen ihn hätscheln! Ist der Einzige, der in den letzten Jahren angebissen hat!» «Verstehe. Und der Strand?» «Julie schickt diesmal nur ihre Tochter. Und die kann man mit 14 nicht allein am Strand schlafen lassen. Mit Kevin!» «Schick doch Onkel Hervé mit», schlage ich vor. «Geht nicht, sein Rücken. Ausserdem nervt es ihn, dass das Strandzelt dauernd einkracht. Muss am Masten liegen … Wir gucken uns das an, wenn wir hier durch sind.» «Warum ist Onkel Hervé eigentlich noch in Paris?», frage ich nachdenklich. «Er kommt, sobald wir fertig sind!» Am nächsten Morgen verfugen Catherine und ich die neuen Bodenkacheln. «Du schläfst übrigens in der Garage. Damit du dich erholen kannst!» «Erholen?», ziehe ich die Braue hoch.
«Dafür kümmerst du dich am Strand um die Kleinen und um Paul, d’accord? Er darf mit 102 nicht mehr so weit rausrudern! Ich rette inzwischen die Hortensien.» «Was ist damit?» «Cédric ist von den Stufen gekracht und reingefallen.» «Ah, ich hab ihn schon vermisst! Ich dachte, er arbeitet …» «Die im Spital sagen, morgen kann er wieder essen.» «Da gibts aber Roastbeef!», wende ich ein. «Merde! Bon, dann pürieren wirs.» «Auf keinen Fall!» «Sonst ist er wieder eingeschnappt! Wie damals, als er den Grill zu stark angefacht hatte.» Zwei Tage später steht das neue Zimmer, da scheppert das Telefon. «Das war Pierre!», ruft Catherine ins Badezimmer. «Er kommt übers Wochenende!» «Cool!», rufe ich zurück und schüttle die letzten kalten Tropfen aus dem Duschschlauch. Pierre hat sich grad scheiden lassen. Also geht er problemlos in die Vorratskammer. «Hervé sagt, er bringt seinen Scheidungsgrund mit!» «Merde», knurre ich. «Kennen wir den?» «Wir werden ihn mögen!», streitet sich Catherine jetzt mit dem Hund um mein Handtuch. «Aber wir brauchen noch ein Zimmer!»
DELIA LENOIR LENOIR@HAPPYSHRIMP.CH ILLUSTRATION: IRENE MEIER (IRENEMEI@GMX.CH) SURPRISE 230/10
Kirchenumnutzung Museum ja, Schwimmbad nein Hohe Betriebskosten und schwindende Mitgliederzahlen der Landeskirchen machen vielerorts neue Nutzungskonzepte für Gotteshäuser nötig. Wie weit diese Umnutzungen gehen dürfen, ist aber umstritten.
Kirchen, die zu Kinos, Partytempeln oder Schwimmbädern umfunktioniert werden: Was hierzulande noch undenkbar scheint, gehört in Deutschland, England oder Holland längst zur Realität. Doch die Frage nach der Zukunft der (zu) vielen Gotteshäuser stellt sich zunehmend auch in hiesigen Kirchgemeinden Der Grund dafür ist bekannt: Bereits seit vielen Jahren leiden insbesondere die katholische, aber auch die reformierte Kirche an Mitgliederschwund. Da sich keine Umkehr dieses Trends abzeichnet, wird den Landeskirchen irgendwann das Geld für den Unterhalt ihrer zahllosen Gebäude fehlen. «Es ist tatsächlich so, dass man sich da und dort überlegen muss, ob der Betrieb aufrechterhalten werden kann», äussert sich Daniel Kosch betont vorsichtig. Zurzeit übe man sich bei diesem sensiblen Thema in Zurückhaltung, erklärt der Generalsekretär der RömischKatholischen Zentralkonferenz: «Schliesslich sind Kirchen geweihte Gebäude. Ein Verkauf oder gar Abriss wäre für viele Gläubige schwer nachvollziehbar.» Mindestens zehn bis 15 Jahre wird es laut Kosch noch dauern, bis schweizweit Kirchenschliessungen drohen könnten: «Die Gemeinden sind aber bereits jetzt aufgerufen, nach pragmatischen Lösungen zu suchen – etwa mittels der Weitervermietung von Räumen an anderssprachige Pfarreien und Gemeinden.» Für die Stadt Basel kommt dieser Aufruf bereits zu spät: Kürzlich verkündete der römisch-katholische Kirchenrat die Hiobsbotschaft, dass in den nächsten Jahren nur noch vier der zwölf Kirchen über die Kirchensteuer bezahlt werden können. Grund dafür ist der dramatische Rückgang von Katholiken im Stadtkanton: Zählten diese Anfang der 70erJahre stolze 90 000 Mitglieder, sind es heute nur noch gerade 30 000. Noch wird heftig darüber diskutiert, welche Kirchen es treffen soll. Zurzeit klärt etwa eine Studie, ob es Sinn macht, die Don-Bosco-Kirche in ein Museum für sakrale Kunst umzuwandeln. «Die meisten Kirchen stehen sowieso unter Denkmalschutz – das heisst, man kann sie nicht einfach zum Schwimmbad umfunktionieren», erinnert Carsten Gross. Der Pastoralraumleiter Grossbasel-Ost kann sich aber durchaus vorstellen, Kirchen zukünftig verstärkt ökumenisch zu führen oder vermehrt für kulturelle und soziale Projekte freizugeben. Eine solche, graduelle Öffnung für neue Nutzungsmodelle wäre wohl nicht nur für Basler Kirchgemeinden interessant: Denn auch in Luzern und Zürich häufen sich Meldungen über finanzielle Schwierigkeiten, an deren Ende das Schreckgespenst von Schliessung, Verkauf oder gar Abriss einer Kirche lauert. Dass zumindest eine valable Alternative bereits existiert, beweist das Konzept der Offenen Kirchen, das sich in den letzten Jahren zunehmender Beliebtheit erfreut. Eines der ältesten Modelle bildet der Offene St. Jakob in Zürich: «Als wir die Kirche vor 15 Jahren für weltliche Nutzungen öffneten, galten wir als Vorreiter», erinnert sich Pfarrer Theo SURPRISE 230/10
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VON TARA HILL
Die Basler Elisabethenkirche hat sich geöffnet – hier finden auch Modeschauen statt.
Bächtold. Damals sei einiges an Skepsis vorhanden gewesen. Heute sei die Nutzung des Gotteshauses als Ausstellungsraum, Konzertsaal oder Theater aber breit akzeptiert. Noch weiter als der Offene St. Jakob geht die Offene Kirche Elisabethen in Basel: Denn hier finden seit Jahren auch Partys und Discoabende statt. Ausserdem betreibt die Kirche ein eigenes Café – beides ohne Probleme. «Wir sind aber auch ein Sonderfall, da wir keine eigene Gemeinde haben», erklärt die römisch-katholische Theologin Monika Hungerbühler vom Leitungsteam. Ein «Ort der Gastfreundschaft», der allen offensteht, soll die Kirche sein. «Natürlich ist dies manchmal eine Gratwanderung», gibt die Theologin zu: «Es ist nicht immer einfach, Spiritualität, Kultur und soziale Anliegen gleichzeitig zu berücksichtigen. Zentral ist der gegenseitige Respekt.» Dass in Zukunft wohl immer mehr Kirchen umgenutzt werden müssen, bereitet Hungerbühler jedoch keine Sorgen: «Solange es immer noch genügend traditionelle Kirchen gibt, habe ich damit kein Problem. Als Alternative zum Abriss müssen Modelle der Umnutzung in Richtung Museum, Bibliothek, Konzertkirche, aber auch Moschee angedacht werden.» Angesichts des Mitgliederrückgangs sei man eben gezwungen, neue Lösungswege zu finden, lautet ihr nüchternes Fazit. Diese pragmatische Sichtweise scheint sich langsam durchzusetzen: «Eine gewisse Anpassung ist wohl unumgänglich», meint jedenfalls auch der Sprecher des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds (SEK), Simon Weber: «Denn nur, wenn sich die Kirche dem gesellschaftlichen Wandel öffnet, kann sie ihre Aufgabe erfüllen.» ■
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Kulturtipps
Auch Künstler sind Menschen – mit Ticks und Macken.
Buch Genial daneben Ob Leonardos Mona Lisa, Rembrandts Nachtwache oder Warhols Suppendosen … ein Blick hinter die Leinwände enthüllt manch skandalöses Geheimnis der Kunstgeschichte. VON CHRISTOPHER ZIMMER Unzertrennlich? Wendy liebt ihren Hund Lucy heiss.
«Nur wenige Künstler interessierten sich für Mathe, und wenn, dann nur, um die Summen für ausstehende Aufträge mit der Höhe der Kneipenrechnung zu vergleichen.» So locker vom Hocker und frisch von der Leber schreibt sich die amerikanische Journalistin und Buchautorin Elizabeth Lunday durch die Kunstgeschichte. 35 MeisterInnen von der Frührenaissance bis zur Pop-Art hat sie herausgepickt, deren Lebensgeschichte sie auf den Zahn fühlt. Dabei fördert sie allerlei zutage, Anrüchiges, Absonderliches, Allzumenschliches, wonach man in Kunstführern vergeblich sucht – abgesehen von der Sache mit Van Goghs Ohr, die sich nun mal nicht verbergen lässt. Und so lesen wir denn von Leonardos Knabenliebe, Caravaggios Mordlust oder Michelangelos unerträglichem Körpergeruch bis hin zum schlagzeilenträchtigen Liebesleben Picassos. Manche Enthüllungen sind rührend, andere noch heute haarsträubend, denn die Palette der Charaktere reicht vom Chorknaben bis zum Schwerenöter. Und wenn dann gar Salvador Dalì und Andy Warhol ihre Skandale zu Marketinginstrumenten stilisieren, ist es nicht mehr weit bis zu den It-Girls und Whatelse-Ikonen im Zeitalter von Paparazzi, Youtube und Co. Skandale allein aber wären für ein Buch von gut 300 Seiten etwas mager. Doch die Autorin bietet mehr als nur eine kurzweilige Anekdotensammlung. Scheinbar nebenbei jubelt sie uns allerlei Wissenswertes über Kunst und Kunstgeschichte unter. Unterhaltsam erzählt sie von Künstlern und ihren Biografien, von Maltechniken und den Einflüssen aussereuropäischer Kunst auf die Moderne, von Erfolgen und Niederlagen, von Wirkung und Nachwelt. Und liefert damit ein ungewöhnliches Kompendium, das die Kunst vom Staub des Akademischen und Musealen befreit – und das zu lesen einfach Spass macht. Begleitet werden die Kapitel von witzigen Illustrationen, die mit Künstlerportraits und biografischen Details spielen. Und was anfangs wie ein Minuspunkt erscheint – das Fehlen von Abbildungen der besprochenen Werke – macht durch ihre lustvolle Beschreibung auf Dauer schlicht neugierig. Was will man mehr? Elizabeth Lunday: Die grossen Künstler und ihre Geheimnisse. Walde + Graf 2010. CHF 32.–.
DVD Dame mit Hund «Wendy and Lucy» schildert die Geschichte einer jungen Frau, unterwegs mit ihrem Hund auf der Suche nach einem Job. Amerikanisches Independentkino, das unaufgeregt und unspektakulär daherkommt und wohl gerade deshalb haften bleibt. VON PRIMO MAZZONI
Eine junge Frau, Wendy, ist unterwegs von Indianapolis nach Alaska, wo sie einen Job zu finden hofft – mit dabei ihr Hund Lucy. In einem Kaff in Oregon gibt ihr Wagen den Geist auf. Während sie darauf wartet, dass die einzige Autowerkstatt vor Ort öffnet, versucht sie in einem Supermarkt Hundefutter zu stehlen. Dabei wird sie erwischt, und als sie von der Polizeiwache wieder zurückkommt, ist Lucy verschwunden. Nach ein paar Tagen verzweifelten Suchens und bangen Wartens, findet Wendy ihre heiss geliebte Lucy wieder. Doch als die Reise weitergehen soll, wird ihr klar, dass eine schwierige Entscheidung ansteht. «Wendy and Lucy» ist der dritte Langspielfilm der amerikanischen Filmemacherin Kelly Reichardt. Sie erzählt eine wohl – leider – alltägliche Geschichte von Menschen am Rande, die um ihre ökonomische Existenz kämpfen. Sie beobachtet genau und zeigt das, was ist, wie es ist. Ihr Stil ist schnörkellos. Nichts bekommt einen bedeutungsschwangeren Nachdruck aufgesetzt. Wenig geschieht, doch dies ist für die Figuren zentral. Dadurch erhält der Film eine Wahrhaftigkeit, und er beweist, dass man auch zart und leise grossen Eindruck machen kann. Nicht zuletzt auch dank seinen wunderbaren Darstellern, allen voran Michelle Williams («Brokeback Mountain», «Shutter Island») als Wendy. In einem kurzen Auftritt gibt es ausserdem Will Oldham zu sehen. Er ist vor allem bekannt als Musiker Bonnie Prince Billy und glänzte schon in Reichardts «Old Joy» in einer Hauptrolle. «Wendy and Lucy» (USA 2008), 80 Min. Original mit deutschen Untertiteln. Extras: Interview mit der Regisseurin. www.filmgalerie451.de/film/wendy-and-lucy/
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Die 25 positiven Firmen Diese Rubrik ruft Firmen und Institutionen auf, soziale Verantwortung zu übernehmen. Einige haben dies schon getan, indem sie dem Strassenmagazin Surprise mindestens 500 Franken gespendet haben. Damit helfen sie, Menschen in prekären Lebensumständen eine Arbeitsmöglichkeit zu geben und sie auf ihrem Weg zur Eigenständigkeit zu begleiten. Gehört Ihr Betrieb auch dazu? Die Spielregeln sind einfach: 25 Firmen werden jeweils aufgelistet, sind es mehr, fällt jener Betrieb heraus, der am längsten dabei ist.
In «Attache» wird mit aller Kraft gegen die Realität des Daseins angetanzt.
Tanz-Ton-Zirkus Anhänglichkeit und Abhängigkeit Der beharrliche, aber auch vergebliche Wunsch nach einer Begegnung beherrscht die drei Figuren des akrobatischen Tanztheaters «Attache». Das ist mal traurig und mal komisch – und wird düster-poetisch vor Augen geführt. VON MICHÈLE FALLER
Auf allen Vieren tastet sich die Frau vorwärts, den Arm sehnsüchtig ausgestreckt. Je weiter sie vordringt, desto mehr hält der meterlange Kapuzenumhang, der hinter ihrem Rücken festhängt, sie zurück. Geheimnisvolle Musik, die an das Tuten aus einem Telefonhörer erinnert, sowie an Töne, die von weit her oder unter Wasser ans Ohr dringen. Die Spannung wird zu gross, und mit laut scharrendem Geräusch rutscht die Frau auf dem Bauch zurück. Ein anderes Mal steht sie oben an einer steilen Rampe, und wenn sie auch dank des Umhangs wie ein Insekt in der Horizontalen der Schwerkraft trotzt, kommt sie trotz grösster Anstrengungen nicht an das Objekt der Begierde heran: den Menschen, der wie ein melancholischer Pierrot am unteren Ende der Rampe sitzt. «Attache» heisst die neuste Produktion der Companie Loutop, die mit dem eigenen Open-Air-Tourneetheater Vermittlungsarbeit in Sachen zeitgenössischer Tanz macht. Im französischen Wort «attache» ist «Band» und «festmachen» enthalten; aber auch Zuneigung, Eifer, Anhänglichkeit und Abhängigkeit. Genauso bei den drei Protagonisten in ihrer eigenartigen Welt eines Gerüstturms, von dem eine Rampe wie eine schmale Rutschbahn nach unten führt: Die konkreten Fesseln – wie etwa das gleichzeitig hinderliche und absichernde Kleidungsstück der Frau – stehen nicht nur für sich, sondern auch für zwischenmenschliche Anziehungs- und Abstossungskräfte. Ein «Trash-Märchen» lautet der Untertitel, und das Märchenhafte kommt in den surrealen Stimmungen und fabelwesenartigen Figuren – verkörpert von einer Tänzerin, einem Zirkusartisten und einem Musiker – klar zur Geltung. Da wird ein gewöhnlicher Mann zu einem Riesen, und wie Aschenbrödel vor dem unerreichbaren Prinzen steht die Frau vor ihm. «Das Trashige daran ist die düstere Seite», erklärt Maja Brönnimann von Loutop. «Anders als im Märchen kommt eben nicht alles gut.» Doch auch wenn kein Happy End wie bei den Gebrüdern Grimm geboten wird – wie im richtigen Leben gibt es auch bei unmöglichen Begegnungen düstere und schöne Seiten. Beide sollte man sich nicht entgehen lassen.
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Niederer, Kraft & Frey, Zürich
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Stoll Immobilientreuhand AG, Winterthur
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Kaiser Software GmbH, Bern
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Responsability Social Investments AG, Zürich
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chefs on fire GmbH, Basel
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Ingenieurbüro BEVBE, Bonstetten
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Gemeinnütziger Frauenverein Nidau
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VXL gestaltung und werbung ag, Binningen
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Scherrer & Partner GmbH, Basel
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TYDAC AG, Bern
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KIBAG Strassen- und Tiefbau
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OTTO’S AG, Sursee
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Klinik Sonnenhalde AG, Riehen
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Canoo Engineering AG, Basel
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Lehner + Tomaselli AG, Zunzgen
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fast4meter, storytelling, Bern
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Brother (Schweiz) AG, Baden
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Druckerei Hürzeler AG, Regensdorf
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IBZ Industrie AG, Adliswil
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Zeix AG, Zürich
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Zürcher Kantonalbank, Zürich
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Axpo Holding AG, Zürich
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Experfina AG, Basel
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AnyWeb AG, Zürich
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muttutgut.ch, Lenzburg
Möchten Sie bei den positiven Firmen aufgelistet werden? Mit einer Spende von mindestens 500 Franken sind Sie dabei! PC-Konto: 12-551455-3, Verein Strassenmagazin Surprise, 4051 Basel Zahlungszweck: Positive Firma + Ihr gewünschter Eintrag! Wir schicken Ihnen eine Bestätigung.
«Attache», 6. und 7. August (La Chaux-de-Fonds), 10. bis 15. August (Solothurn), 18. bis 22. August (Biel), 6. bis 10. September (Winterthur), 14. bis 18. September (Basel), www.loutop.com SURPRISE 230/10
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Ausgehtipps
Mos Def in der Rolle von Chuck Berry – «Cadillac Records».
Die Königin des Nouvelle Chanson: Françoiz Breut.
Zürich Musik fürs Auge
Zürich Mademoiselles Melancholie
Das Kino Xenix im Zürcher Kreis 4 feiert seinen 30. Geburtstag. Zur Feier des Jubiläums ist das diesjährige Open-Air-Programm dem Musikfilm gewidmet, also Streifen von, mit und über Musiker. Genreklassiker wie «High Fidelity» und «’Round Midnight» finden dabei ebenso Platz wie «Girls! Girls! Girls!», einer der berüchtigten Elvis-Filme, in denen sich der King handlungsfrei von Gesangseinlage zu Gesangseinlage hangelt. Als Entdeckung entpuppen könnte sich «Cadillac Records», ein Spielfilm über die Plattenfirma Chess, in dem Jeffrey Wright, Mos Def und Beyoncé Knowles in die Rollen der Blues- und Rock-Legenden Muddy Waters, Chuck Berry und Etta James schlüpfen. Selten gezeigt wird auch «Coal Miner’s Daughter», die Lebensgeschichte der Countrysängerin Loretta Lynn mit Sissy Spacek in der Hauptrolle. Und wer miterleben möchte, wie gestandene Punkrocker in ihr Bier heulen, besucht «The Future Is Unwritten», Julien Temples Denkmal für den verstorbenen Clash-Sänger Joe Strummer. (ash)
In Frankreich gilt Françoiz Breut als Königin des Nouvelle Chanson – eine Einschätzung, die in der internationalen Indieszene geteilt wird. The Walkabouts und Calexico coverten ihre Stücke, Howe Gelb widmete ihr die Hommage «Letter To Françoiz». Ihre Lieder sind sparsam arrangiert, der Rhythmus stolpert und holpert, allerlei Instrumente von Xylofon bis Trompete sorgen für beschwingte Melancholie und darüber erhebt sich Mademoiselles Stimme, die manchmal mädchenhaft wirkt, aber nie nur niedlich. Mal rockt sie in Americana-angehauchten Songs, dann klackern europäisch-elektronische Rhythmusspuren und bei Bedarf beweist la Breut beiläufig, dass sie jederzeit ein sentimentales Chanson draufhat. Im Vorprogramm präsentiert die junge Zürcherin Fiona Daniel ihr Debütalbum «Drowning» – ein Songreigen zwischen Kammermusik und Katharsis. (ash) Françoiz Breut, 7. August, 19.30 Uhr, Rote Fabrik, Zürich.
Shake! – Musikfilme zum 30. Geburtstag, bis 21. August, Kino Xenix, Kanzleiareal, Zürich. Daten und Zeiten: www.xenix.ch
Anzeige:
— www.theater-basel.ch, Tel. +41/(0)61-295 11 33 — 26
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Zürich Das klappt Besonders in der Wandersaison ist es aus unseren Ruck- und Hosensäcken nicht wegzudenken: das Schweizer Sackmesser. Der Alleskönner wurde einst als Werkzeug für Soldaten konzipiert, doch längst schon schnitzen auch Pazifisten ihre «Brätli-Stöcke» mit dem Klappmesser. Die verstaubare Klinge ist allerdings keine Erfindung der Schweizer, sondern schon viel länger und weit verbreitet bekannt. Das Landesmuseum zeigt Vorgänger und Varianten unseres roten Identitätsstifters und beleuchtet die Kulturgeschichte des Messers – vom bäuerlichen Werkzeug bis hin zum Exportschlager des «Swiss Army Knife». Unter Anleitung von Mitarbeitern der Firma Victorinox, die das Original herstellt, können Bastelfreunde ausserdem ihr eigenes Sackmesser an der Werkbank herstellen. (juk) «Das Sackmesser. Ein Werkzeug wird Kult», Ausstellung noch bis zum 24. Oktober; Werkbank Sackmesser, jeden Di., Do. und Sa. von 10 bis 13 Uhr und von 14 bis 17 Uhr, Anmeldung an der Kasse,
Auch Pazifisten mögen das Schweizer Armeemesser.
Reservationen: 044 218 66 66, Landesmuseum Zürich.
Gibts in Réclère «en masse»: Stalaktiten – hängende
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Tropfsteine.
Wünsch dir was!
Schweizweit Wünschen erlaubt Haben Sie unerfüllte Wünsche? Dann sollten Sie im August öfter in den Himmel schauen: Die Perseiden Sternschnuppen sind dann auf dem Weg über das Himmelszelt. Die Sternschnuppen – grob vereinfacht gesagt, Staubpartikel aus dem All – treten aus dem Sternbild des Perseus in die Erdatmosphäre ein und verursachen dadurch Leuchterscheinungen bevor sie verdampfen. Besonders gut und zahlreich sind die Sternschnuppen in den ersten drei Augustwochen zu sehen. Der Höhepunkt des Spektakels ist in der Nacht vom 12. auf den 13. August erreicht. Suchen Sie sich einen möglichst dunklen Ort mit unbehinderter Sicht nach oben und schicken Sie Ihre Wünsche gen Himmel auf dass sie in Erfüllung gehen. Zur Beobachtung eignet sich besonders die zweite Nachthälfte. (juk)
Réclère 7° C im Hochsommer Hinter Porrentruy wird die Schweiz entspannend provinziell und ziemlich französisch. Die Landschaft ist lieblich und offen, der Himmel fast so hoch wie in Holland, und auf den weiten Feldern reift Getreide. Willkommen in der Ajoie! Über Chevenez und Rocourt gehts nach Réclère. Hier wurde im 19. Jahrhundert ein fantastisches Höhlensystem entdeckt. Es gibt unzählige Tropfsteine in wundersamen Formen, und der «Dom» ist mit seinen 15 Metern Höhe gar der grösste Stalagmit der Schweiz. Sehr charmant ist die zweisprachige Höhlenführung: Die deutsche Übersetzung aus dem Französischen wird von der Führerin regelrecht in der Melodie ihrer Muttersprache vorgesungen. Und auch die französische Version hats für Deutschschweizer in sich – da kann es vorkommen, dass man – schon leicht hungrig – statt «la mousse pousse» (das Moos wächst) «Schoggimousse» versteht. (bo) Grotten von Réclère/JU, Führungen im August jeweils um 11.30, 14.30, 16.00 Uhr, Dauer 50 Minuten, Länge 1,5 km, Temperatur 7° C. Daneben Dinosaurierpark, Restaurant und Picknickplätze. www.prehisto.ch
Perseiden Sternschnuppen, im August, zu sehen am Himmel. SURPRISE 230/10
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Erfolgsgeschichte «Ich suche nicht mehr, ich finde» BILD: ZVG
Nina Bürgin (24) verkaufte sechs Jahre lang Surprise. Heute ist sie stellvertretende Leiterin einer Brockenstube und arbeitet auf ihre finanzielle Unabhängigkeit hin. AUFGEZEICHNET VON JULIA KONSTANTINIDIS
«Mit 17 wollte ich einfach einmal ein Jahr lang nichts tun. Ich hatte vier Jahre Heim hinter mir und meine Schulkarriere ohne Abschluss beendet. Ich merkte jedoch bald, dass das Nichtstun nicht gut ist für mich – heute weiss ichs noch besser. Ausserdem reichte das Geld, das ich beim Schnorren erhielt, nicht zum Leben. Nach einem halben Jahr riet mir mein damaliger Freund deshalb, mich bei der Sozialhilfe anzumelden. Gleichzeitig fingen wir beide an, Surprise zu verkaufen. Ich bekam den Verkaufsplatz vor dem Coop beim Hotel Europe im Kleinbasel, dieser Standort war für mich von Anfang an super. An das Verkaufen musste ich mich aber zuerst gewöhnen. Surprise zu verkaufen, ist das reinste Soziologiestudium, man kann die Menschen sehr gut beobachten und hat viel Zeit zum Nachdenken. Ich konnte in dieser Zeit üben, wie ich auf Leute zugehe und wie ich wann auf sie wirke. Da gab es auf beiden Seiten Unsicherheiten, bei den Passanten und bei mir als Verkäuferin. Ich merkte etwa, dass Leute oft abweisend reagierten, wenn ich sie grüsste, weil sie dachten, ich wolle ihnen etwas aufschwatzen. Ich habe einfach weiter gegrüsst, auch die, die nichts erwiderten und kauften. Und mit der Zeit wurde ich von den Menschen im Quartier wahrgenommen. Nicht, weil ich Surprise verkaufte, sondern als Person. Ich habe mir bald eine grosse Stammkundschaft aufgebaut. Das Surprise-Verkaufen kam meiner Lebenseinstellung entgegen: Ich wollte entscheiden können, wann ich arbeite und wie lange. Und wenn ich genug hatte, lief ich einfach davon. Auf der einen Seite brauchte ich diese Freiheit, auf der anderen löste sie mein Problem, dass ich es nicht schaffte, einmal für längere Zeit an etwas dranzubleiben, nicht. Denn beim Heftverkauf sagt dir niemand, wie viel du machen sollst. Ich war immer auf der Suche nach mir selber, hatte immer das Gefühl, dass ich mehr Zeit für mich selber brauche. Mit der Zeit liess ich das Surprise-Verkaufen etwas schleifen. Von der Sozialhilfe bekam ich deshalb die Auflage, mich auf Stellen zu bewerben, was ich aber nicht tat. Schliesslich musste ich letztes Jahr an einem Arbeitsprogramm teilnehmen und wurde von der Sozialfirma b2 beschäftigt. Das letzte halbe Jahr des Arbeitsprogramms arbeitete ich beim Paletten-Huber, einer Recyclingfirma in Bättwil. Das machte ich sehr gerne und immer wieder fand ich Gegenstände, die man noch gebrauchen konnte. Schon als Kind brachte ich immer Sachen mit nach Hause, die ich auf der Strasse gefunden hatte, und ich hatte auch schon mal für einige Monate in einer Brockenstube gearbeitet. Ich hatte die Idee, die Dinge, die ich beim Paletten-Huber fand, auf Flohmärkten zu verkaufen. Weil aber Herbst war, lief das nicht besonders gut an. Da erfuhr ich letzten Winter, dass die Brockenstube am
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Claramattweg im Kleinbasel zu gehe, und wir bewarben uns mit b2 darum. Ich wurde als stellvertretende Leiterin eingesetzt. Ich entschied, mich voll auf diese Aufgabe zu konzentrieren. Bisher habe ich immer gesucht und gesucht, jetzt finde ich und suche nicht mehr. Nur was mich selbst betrifft, werde ich wohl immer die Suchende bleiben. In der Brockenstube kann ich meine Vorliebe für Gebrauchtes voll ausleben – das Lustprinzip lässt sich für mich hier mit dem Arbeitsleben wunderbar kombinieren. Es macht mir Freude, Gegenstände mit Geschichte zu putzen und zu restaurieren und so jemanden Neues damit zu erfreuen. Im April bezogen wir unsere Räume. Seither renovieren wir das Haus und bauen unser Sortiment aus. Das Verkaufsmaterial finden wir vor allem bei Hausräumungen, die noch zahlreicher sein könnten. Im letzten Jahr wurde mir viel Vertrauen von den Vorgesetzten entgegengebracht – sowohl beim Paletten-Huber wie auch bei b2. Ich weiss es sehr zu schätzen, dass ich mit Leuten arbeiten kann, die meine Qualitäten fördern und mir auch mal eine zweite Chance geben. Meine Zukunft sehe ich auf dem ersten Arbeitsmarkt und mein nächstes Ziel ist, endgültig von der Sozialhilfe loszukommen und mit dem Lohn aus der Brockenstube finanziell unabhänging zu werden. Obwohl vieles schief ging in meinem Leben, finde ich, dass ich sehr viel Glück habe. Ich bin glücklich.» ■ Mehr über das Unternehmen b2 in Basel gibt es hier: www.b2basel.ch SURPRISE 230/10
Eine Chance für alle! Werden Sie Surprise-Götti oder -Gotte ber. Das verdient Respekt und Unterstützung. Regelmässige Verkaufende werden von Surprise-Sozialarbeiterinnen betreut, individuell begleitet und gezielt gefördert. Dazu gehört auch, dass sie von Surprise nach bestandener Probezeit einen ordentlichen Arbeitsvertrag erhalten. Mit der festen Anstellung übernehmen die Surprise-Verkaufenden mehr Verantwortung; eine wesentliche Voraussetzung dafür, wieder fit für die Welt und den Arbeitsmarkt zu werden.
Starverkäufer BILD: ZVG
Surprise kümmert sich um Menschen, die weniger Glück im Leben hatten als andere. Menschen, die sich aber wieder aufgerappelt haben und ihr Leben in die eigenen Hände nehmen wollen. Mit dem Verkauf des Strassenmagazins Surprise überwinden sie ihre soziale Isolation. Ihr Alltag bekommt Struktur und wieder einen Sinn. Sie gewinnen neue Selbstachtung und erarbeiten sich aus eigener Kraft einen kleinen Verdienst. Die Surprise-Strassenverkäuferinnen und -verkäufer helfen sich sel-
Als Götti oder Gotte ermöglichen Sie einer Strassenverkäuferin oder einem -verkäufer eine betreute Anstellung bei Surprise und damit die Chance zur Rückkehr in ein selbstbestimmtes Leben.
Kurt Brügger Basel
Fatima Keranovic Baselland
Marika Jonuzi Basel
Marlis Dietiker Olten
Marianne Zurlinden aus Gelterkinden nominiert Sokha Roth als Starverkäufer: «Ich freue mich immer, wenn ich Sokha Roth am Coop Bachletten antreffe. Mir gefällt seine freundliche und lustige Art. Manchmal macht er Spässe und sein herzhaftes Lachen wirkt ansteckend. Ausserdem ist er ein Sprachtalent – er spricht gut deutsch, und ich habe es auch schon erlebt, dass er schnell auf englisch und französisch umschalten kann. Ich wünsche ihm auf diesem Weg alles Gute.»
Ausserdem im Förderprogramm SurPlus: Peter Gamma, Basel Peter Hässig, Basel Tatjana Georgievska, Basel Bob Ekoevi Koulekpato, Basel Jela Veraguth, Zürich Andreas Ammann, Bern
Anja Uehlinger, Baden René Senn, Zürich Wolfgang Kreibich, Basel Jovanka Rogger, Zürich Marlise Haas, Basel
Nominieren Sie Ihren Starverkäufer! Schreiben Sie uns mit einer kurzen Begründung, welchen Verkäufer Sie an dieser Stelle sehen möchten: Strassenmagazin Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41+61 564 90 99, redaktion@strassenmagazin.ch
Ja, ich werde Götti/Gotte von: 1 Jahr: 8000 Franken
1/2 Jahr: 4000 Franken
1/4 Jahr: 2000 Franken
Vorname, Name
Telefon
Strasse
PLZ, Ort
Datum, Unterschrift
1 Monat: 700 Franken
230/10 Talon bitte senden oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch, PC-Konto 12-551455-3 SURPRISE 230/10
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Surprise ist: Hilfe zur Selbsthilfe Surprise hilft seit 1997 Menschen in sozialen Schwierigkeiten. Mit Programmen in den Bereichen Beschäftigung, Sport und Kultur fördert Surprise die soziale Selbständigkeit. Surprise hilft bei der Integration in den Arbeitsmarkt, bei der Klärung der Wohnsituation, bei den ersten Schritten raus aus der Schuldenfalle und entlastet so die Schweizer Sozialwerke.
Ich möchte Surprise abonnieren! 24 Ausgaben zum Preis von CHF 189.– (Europa: CHF 229.– ) (Verpackung und Versand bieten StrassenverkäuferInnen ein zusätzliches Einkommen.) Gönner-Abo für CHF 260.–
Eine Stimme für Benachteiligte Surprise verleiht von Armut und sozialer Benachteiligung betroffenen Menschen eine Stimme und sensibilisiert die Öffentlichkeit für ihre Anliegen. Surprise beteiligt sich am Wandel der Gesellschaft und bezieht Stellung für soziale Gerechtigkeit. Strassenmagazin und Strassenverkauf Surprise gibt das vierzehntäglich erscheinende Strassenmagazin Surprise heraus. Dieses wird von einer professionellen Redaktion produziert, die auf ein Netz von qualifizierten Berufsjournalistinnen, Fotografen und Illustratorinnen zählen kann. Das Magazin wird fast ausschliesslich auf der Strasse verkauft. Rund dreihundert Menschen in der deutschen Schweiz, denen der Arbeitsmarkt verschlossen bleibt, erhalten damit eine Tagesstruktur, verdienen eigenes Geld und gewinnen neues Selbstvertrauen.
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Herausgeber Strassenmagazin Surprise GmbH, Postfach, 4003 Basel, www.strassenmagazin.ch Geschäftsführung T +41 61 564 90 63 Fred Lauener, Agnes Weidkuhn (Assistenz GF) Öffnungszeiten Sekretariat Mo–Do 9–12 Uhr, T +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99 info@strassenmagazin.ch Redaktion T +41 61 564 90 70 Fred Lauener (Leitung), Reto Aschwanden, Julia Konstantinidis, Mena Kost, Thomas Oehler (Sekretariat) redaktion@strassenmagazin.ch Freie Mitarbeit Joël Bisang, Claudia Bosshardt, Michèle Faller, Tara Hill, Guy Krneta, Yoshiko Kusano, Delia Lenoir, Johanna Lier, Irene Meier, Primo Mazzoni, Michel Mettler, Milena Moser, Isabel Mosimann, Isabella Seemann, Udo Theiss, Martin Töngi, Priska Wenger, Christoher Zimmer Korrektorat Lucian Hunziker Gestaltung WOMM Werbeagentur AG, Basel Druck AVD Goldach Auflage 29 400, Abonnemente CHF 189.–, 24 Ex./Jahr Anzeigenverkauf T +41 61 564 90 90 anzeigen@strassenmagazin.ch
Sport und Kultur Surprise fördert die Integration auch mit Sport. In der Surprise Strassenfussball-Liga trainieren und spielen Teams aus der ganzen deutschen Schweiz regelmässig Fussball und kämpfen um den Schweizermeister-Titel sowie um die Teilnahme an den Weltmeisterschaften für sozial benachteiligte Menschen. Seit 2009 hat Surprise einen eigenen Chor. Gemeinsames Singen und öffentliche Auftritte ermöglichen Kontakte, Glücksmomente und Erfolgserlebnisse für Menschen, denen der gesellschaftliche Anschluss sonst erschwert ist. Finanzierung, Organisation und internationale Vernetzung Surprise ist unabhängig und erhält keine staatlichen Gelder. Das Strassenmagazin wird mit dem Erlös aus dem Heftverkauf und mit Inseraten finanziert. Für alle anderen Angebote wie die Betreuung der Verkaufenden, die Sportund Kulturprogramme ist Surprise auf Spenden, auf Sponsoren und Zuwendungen von Stiftungen angewiesen. Surprise ist eine nicht gewinnorientierte soziale Institution. Die Geschäfte werden von der Strassenmagazin Surprise GmbH geführt, die vom gemeinnützigen Verein Strassenmagazin Surprise kontrolliert wird. Surprise ist führendes Mitglied des Internationalen Netzwerkes der Strassenzeitungen (INSP) mit Sitz in Glasgow, Schottland. Derzeit gehören dem Verband über 100 Strassenzeitungen in 40 Ländern an.
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Hier könnte Ihre Werbung stehen. Werfen Sie Ihr Werbegeld nicht auf die Strasse. Investieren Sie es dort. Surprise erreicht 135 000 Leserinnen und Leser. Und das in den grössten Städten und Agglomerationen der Deutschschweiz.* Denn dort stehen die 380 Surprise-Verkaufenden für Sie auf der Strasse. Tagtäglich. Ganze 80 Prozent der überdurchschnittlich verdienenden und ausgebildeten Käuferinnen und Käufer lesen die gesamte Ausgabe oder zumindest mehr als die Hälfte aller Artikel. Das Strassenmagazin steht für soziale Verantwortung und gelebte Integration. Mit Ihrem Inserat zeigen Sie Engagement und erzielen eine nachhaltige Wirkung. Anzeigenverkauf, T +41 61 564 90 90, anzeigen@strassenmagazin.ch
*gemäss MACH Basic 2009-2.
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