Surprise Strassenmagazin 231/10

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Abenteuerpfad Der Schulweg als Entdeckungsreise Datenschutz im Web: Missbrauch ist oft selbstverschuldet

Durchbeissen! Im Landdienst lernen Jugendliche fürs Leben

Nr. 231 | 13. bis 26. August 2010 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass.


Der Sommer ist da.

Dazu passend: Sommerlich leichtes T-Shirt, 100% Baumwolle, für Gross und Klein.

Grosses Strandtuch 100 x 180 cm aus sehr langlebigem Zwirngarn, 100% handgepflückte Baumwolle. Mit Surprise-Logo eingewebt und von A bis Z in der Schweiz hergestellt. Vorder- und Rückseite verschiedenfarbig: vorne kühles Aquablau, hinten heisses Rot.

Herren CHF 25.– S M

L

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Damen CHF 25.– M L CHF 20.– XS S (auch für Kinder) Alle Preise exkl. Versandkosten.

Strandtuch (100 x 180 cm) CHF 65.–

50 Prozent des Verkaufspreises kommt Surprise zugute.

Vorname, Name

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Datum, Unterschrift 231/10

*gemäss Basic 2008-2. Seite bitteMACH heraustrennen und schicken oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch

Ist gut. Kaufen! Wer etwas verkauft, braucht Geld. Schlichte Wahrheit – gute Sache. Denn 50 Prozent des Verkaufspreises kommt Surprise zugute. Alle Preise exkl. Versandkosten.

Surprise Zeitungs-Taschen (34 x 36 cm); CHF 37.50 neon-orange schwarz

Surprise City-Taschen (24,5 x 35,5 cm); CHF 40.– rot blau schwarz

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Surprise Rucksäcke (32 x 40 cm); CHF 89.– schwarz rot

231/10

*gemäss Basic 2008-2. Seite bitteMACH heraustrennen und schicken oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch

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10 Landdienst Ferienjob für Idealisten BILD: CHRISTIAN SCHNUR

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Inhalt Editorial Lebensschule Leserbriefe Wie «Ewigi Liebi» Gewinner Bilderrätsel Drei Frauen machten das Rennen Basteln für eine bessere Welt Engel für alle Aufgelesen Mit Emigranten im LKW Zugerichtet Auf den Hund gekommen Strassenfussball Der letzte Test Erwin … und der Schulbeginn Porträt Ein Mann für alle Fälle Künstliche Intelligenz Von der Natur abgeschaut Wörter von Pörtner Verschwörerische Gleichschaltung Musik als Therapie Saiten statt Spritzen Kulturtipps Grosser Fisch, kleines Mädchen Ausgehtipps Farbenlehre mit Goethe Verkäuferporträt Kämpfer für die Meinungsfreiheit Projekt Surplus Chance für alle! Starverkäufer In eigener Sache Impressum INSP

Das grosse Geld ist im Landdienst nicht zu machen. Doch der traditionellste Schweizer Ferienjob ist Gold wert: Er bringt Jugendliche dazu, selbst zu denken und durchzubeissen, auch wenns schwer fällt.

17 Schulweg Auf dem Abenteuerpfad BILD: CHRISTIAN FLIERL

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Schade, dass so viele Kinder von ihren Eltern mit dem Auto vor die Schule gekarrt werden. Denn wer zu Fuss unterwegs ist, erlebt die unglaublichsten Dinge. Auf wenigen Metern, in kurzer Zeit – und erst noch gratis: Surprise war mit zwei Drittklässlern auf dem Schulweg.

20 Datenschutz Big Brother bedien dich BILD: ISTOCKPHOTO

Wenn Unternehmen Daten ihrer Kundschaft sammeln und vermarkten, ist die Empörung gross. Dabei geben die meisten Menschen bereitwillig persönliche Daten preis. Aus Geiz und Faulheit liefern wir uns Geschäftemachern aus – und unser Umfeld gleich dazu.

Titelbild: Christian Flierl SURPRISE 231/10

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BILD: DOMINIK PLÜSS

Leserbriefe «Bei der Liebe ist Surprise immer für eine Überraschung gut.»

JULIA KONSTANTINIDIS, REDAKTORIN

Editorial Vom Leben lernen In meinem ersten Ferienjob als Verkäuferin in der Manor-Kinderkleiderabteilung musste ich als 16-Jährige plötzlich viel Geld verwalten und werdende Mütter beraten. Das Geld, das ich verdiente, ist schon längst verpulvert. Aber die Erfahrungen, jeden Tag acht Stunden in einem Kaufhaus zu stehen und zu arbeiten, Verantwortung für mir anvertrautes Geld zu übernehmen oder die verschiedensten Menschen zu bedienen, sind mir damals «eingefahren» und beeinflussen mich wohl noch immer. Dieselben Lebenserfahrungen machen Jugendliche, wenn sie in den Ferien Landdienst leisten: Sie müssen Verantwortung übernehmen für ihr Handeln, müssen Arbeiten machen, die vielleicht eintönig oder anstrengend sind. Sie lernen sich dabei in einer neuen Umgebung kennen und bekommen einen Einblick in ein zukünftiges Berufsleben. Anders als in der Manor ist ihr Lohn vor allem idealistischer Art: Er besteht aus Kost und Logis sowie einem Sackgeld. Surprise hat drei Landdienstler auf ihren Gastbauernhöfen besucht. Ab Seite 10. Roboter können nicht vom Leben lernen. Wie aber bringt man einer Maschine menschliches Verhalten bei? Rolf Pfeifer erforscht die künstliche Intelligenz und erklärt es ab Seite 14. In der Schule lernen sie das ABC, auf dem Weg dorthin lernen Kinder allerdings auch was fürs Leben. Lesen Sie ab Seite 17, was zwei Primarschüler auf ihrem Schulweg erleben. Die Reportage von Janine Kern liefert die besten Argumente dafür, warum man darauf verzichten sollte, den Nachwuchs mit dem Auto in die Schule zu karren. Auch Erwachsene können noch vom Leben lernen: Zum Beispiel den Umgang mit persönlichen Daten und deren Verbreitung im Internet. Ab Seite 20 schreibt Redaktor Reto Aschwanden darüber, wie leichtfertig viele Menschen im Internet private Daten preisgeben. Ich wünsche Ihnen eine gute Lektüre,

Herzlichen Dank Ich möchte der Redaktion und dem Heer der freien Mitarbeiter herzlich für die interessanten Artikel danken, die ich (keine typische Heftleserin) gerne lese. Gerda Koller, Zürich Nr. 228 «Der Fremde» Beeindruckend Ich hatte wieder einmal Zeit, Surprise zu lesen. Der Artikel von Valerie Segler hat mich beeindruckt. Es wäre interessant, auch die Seite vom Ehemann und dessen Freundin zu hören. Jutta Morger, per E-Mail Nr. 229 «Späte Liebe» Nachdenklich Bei der Liebe ist Surprise immer für eine Überraschung gut. Jeder Artikel stellt für sich ein Liebes-Special dar – eine tolle Leistung des höchst motivierten Autorenkollektivs! Es muss gar nicht immer sentimental und romantisch-

endgültig sein, auch grobe Gerichtsfälle, komplizierte Trennungen und gespielte Liebesszenen verraten viel über den unergründlichen Seelenzustand von uns verliebten Zeitgenossen. Besonders nachdenklich stimmte mich aber das köstliche Zwiegespräch der beiden alten, aber nicht zu spät Verliebten im nur scheinbar lammfrommen Altersheim. Das klingt ja wie «Ewigi Liebi», alle jungen Liebesgeschichten dürfen wieder lebendig werden, auch der vergangene Schmerz ist nicht vergessen und die trauernde Katze hilft schliesslich, die neue Heimat und das glückbringende Altersheim zu finden. Und wer weiss, vielleicht gibt es nach einem Jahr wieder einen Heiratsantrag! Christian Vontobel, Basel

Gewinner Bilderrätsel Die Einsendungen mit der Auflösung des Bilderrätsels überfluteten die Surprise-Redaktion beinahe. Fast alle Wettbewerbsteilnehmer haben die fünf Unterschiede richtig entdeckt. Doch gewinnen konnten nur drei. Die Surprise-Glücksfee ermittelte drei Frauen als glückliche Siegerinnen: Der erste Preis, eine Surprise-Tasche gefüllt mit Überraschungen, geht an Liliane Beck-Staedeli in Basel. Monika Fawer aus Sarnen kann sich schon bald mit dem zweiten Preis, dem Surprise-Strandtuch, in der Badi sonnen und Greta Wolff aus Oberglatt kann als dritte Gewinnerin die Surprise-Tasche in Empfang nehmen. Herzlichen Glückwunsch!

Surprise ist auf Spenden angewiesen. Auch auf Ihre! Herzlichen Dank. PC-Konto 12-551455-3

Julia Konstantinidis Ihre Meinung! Bitte schicken Sie uns Ihre Anregungen oder Kritik: Strassenmagazin Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, T +41 61 564 90 70, redaktion@strassenmagazin.ch. Es werden nur Leserbriefe abgedruckt, die mit vollem Namen unterzeichnet sind. Die Redaktion behält sich vor, Briefe zu kürzen.

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ILLUSTRATION: WOMM

Nehmen Sie schönes Geschenkpapier.

Legen sie das Rechteck vor sich hin.

Öffnen Sie das Papier wieder und

Schneiden Sie daraus ein 14 x 12 Zentimeter

Falten Sie eine Diagonale.

falten Sie die andere Diagonale.

grosses Rechteck aus.

Öffnen Sie das Papier wieder und schlagen

Falten Sie es dann wieder zurück und

Jetzt falten Sie das Papier so zu einem

Sie es über den Mittelpunkt der Diagonalen

drehen Sie das Papier um.

Dreieck, wie es die Faltlinien vorgeben (vorne steht der Rand über).

nach hinten um.

Jetzt falten Sie die vorderen seitlichen

Schlagen Sie die Ränder wie

Ränder zur senkrechten Mittellinie.

auf dem Bild nach hinten.

Schneiden Sie die unteren Zipfel ab.

Schneiden Sie einen kleinen Kreis aus Karton und malen Sie dem Schutzengel ein Gesicht.

Schneiden Sie dabei eine ganz leichte Rundung in das Kleid.

Als Haare können Sie ein paar Wollfäden zusammenbinden und am Kopf Ankleben. Kleben Sie den Kopf zum Schluss am Körper fest.

Basteln für eine bessere Welt Motorboote, die Badende zu Tode fahren, ein Grossevent, der in der Katastrophe endet, Jugendliche, die prügeln und morden, eine Naturkatastrophe mit ungewissen Langzeitfolgen: Die Welt scheint in letzter Zeit ein gefährliches Pflaster zu sein. Deshalb brauchen wir tüchtige Schutzengel, jeder von uns. SURPRISE 231/10

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Aufgelesen News aus den 90 Strassenmagazinen, die zum internationalen Netzwerk der Strassenzeitungen INSP gehören.

Illegal nach Europa Wien. Fabrizio Gatti reiste für sein Buch «Bilal» mit Auswanderungswilligen durch Afrika ans Mittelmeer – im LKW tagelang durch die Wüste, ständig Plünderern ausgesetzt: Haben die Reisenden nichts, werden sie ausgesetzt. Während sie alles verkaufen, um Europa zu erreichen, verdienen die Schlepper prächtig: Ist der LKW voll, macht das 150 Tickets oder 6000 Euro. Am Ende warten die gefährliche Überfahrt nach Lampedusa und das Auffanglager, das an die NS-Zeit erinnert.

Biopiraterie per Gesetz Nürnberg. Früher hoben die Bauern einen Teil ihrer Ernte als Saat fürs nächste Jahr auf. Sie konnten frei darüber verfügen. Heute gehört das Saatgut zunehmend multinationalen Konzernen, die dafür kräftig kassieren. So durfte die Speisekartoffel «Linda» nicht mehr angebaut werden, weil ihr Besitzer nicht mehr an ihr verdienen konnte. Der Sortenschutz war ausgelaufen: Die Saatgutfirma konnte daher nebst dem Verkaufspreis keine Lizenzgebühr mehr erheben.

Weltweit (fast) gratis urlauben Freiburg. Als Globetrotter preiswert reisen, abseits von überfüllten Hotels oder Campingplätzen übernachten und erst noch Land, Leute und Kultur hautnah erleben: Der Hospitality Club, eine unkommerzielle Internetplattform, verbindet Menschen auf der ganzen Welt miteinander. Das Netzwerk von Reisenden und Gastgebern, die einander kostenfreie Übernachtungsmöglichkeiten anbieten, hat weltweit über 320 000 Mitglieder in 207 Ländern: www.hospitalityclub.org

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Zugerichtet Verbissene Hundedamen Herr Wächter* gibt Wilma einen Abschiedskuss auf die feuchte Nase und mahnt den Hundesitter, gut auf sie aufzupassen. Dann geht er durch die Glastüre des Bezirksgerichts, winkt ihr von drinnen nochmals zu. Auf die Frage der Richterin nach seinen familiären Verhältnissen antwortet er: «Wilma begleitet mich Tag und Nacht.» Berufshalber sind die beiden allabendlich in einem Industriegebiet unterwegs, um nach dem Rechten zu schauen. In einer Herbstnacht vor einem Jahr kreuzten sich ihre Wege mit jenem von Herrn Brand und seiner Hündin Nora. Die beiden Hundedamen gingen aufeinander los. Beide bluteten, Wilmas Ohr war angerissen und musste genäht werden. Herr Wächter hatte sich in den Kampf der Bestien gestürzt, um sie zu trennen, und wurde selber gebissen – die Narbe an der Hand ist noch zu sehen. Im Eifer des Gefechts hieb er allerdings dem anderen Hundehalter die Leine mit dem Karabinerhaken an die Schläfe, so dass der danach im Gitterzaun hing wie ein nasser Sack. Vor Gericht beruft sich Herr Wächter auf den Notwehrparagrafen, er habe die Hunde unter Einsatz seines Lebens getrennt, aber damit kommt er nicht durch. Der Paragraf gilt nur für Menschen, nicht für Tiere, belehrt ihn die Richterin. Und da die Hundeleine mit Karabinerhaken in dieser Situation als gefährliches Werkzeug gilt, wird der Schlag ins Gesicht als nicht mehr leichte Körperverletzung gewertet. Die Staatsanwältin forderte neben einer Geldbusse von 300 Franken auch eine unbedingte Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 30 Franken. Weil Herr Wächter schon eine

Körperverletzung mit Bewährung auf seinem Strafkonto hat. Der Sicherheitsangestellte hatte dann und wann schon mit dem Gericht zu tun. Es fing 2001 nach dem Verlust seines Jobs als Ingenieur mit Fahren in angetrunkenem Zustand an, und ging weiter mit Nötigung. Geschieden ist Herr Wächter auch, seine Kinder sieht er nur sporadisch. Man könnte nun spötteln, jetzt sei er vollends auf den Hund gekommen, aber das wäre verkehrt. Der Hund gibt Herrn Wächters Leben Halt und Inhalt. Wilma, ein weisser Schweizer Schäferhund, sei «intelligent, treu, wachsam, arbeitswillig und gut ausgebildet». Anders die Mischlingshündin Nora. Herr Brand hatte das herrenlose Tier in Südspanien gefunden, der Hund reagiert unberechenbar und aggressiv auf andere Hunde. Als er ihn ausführte, riss er sich von der Leine und verbiss sich in Wilmas Schenkel und dann in Herrn Wächters Hand. «Solche Leute», sagt der 57jährige Wachmann mit verächtlichem Tonfall, «beherrschen ihren Hund nicht.» Es geht aber nicht um Hundeerziehung. Es geht um den Karabinerhaken. Herr Wächter gibt den Schlag mit der Leine zu, aber ohne den Haken, der sowieso keiner ist, sondern ein Klickverschluss, wenn auch aus Edelstahl. Der Geschädigte sei ihm in den Rücken gefallen und habe ihn angeschrieen. «Mein Adrenalin war auf hundertachtzig», sagt Herr Wächter, «wegen Wilma, da passierte es irgendwie.» Die Richterin senkt den Tagessatz auf 25 Franken. «Danke», sagt Herr Wächter erleichtert. «Ich brauche nämlich jeden Rappen für das Spezial-Hundefutter.» * Persönliche Angaben geändert. ISABELLA SEEMANN (ISEE@GMX.CH) ILLUSTRATION: PRISKA WENGER (PRISKAWENGER@GMX.CH) SURPRISE 231/10


BILD: RUBEN HOLLINGER

Surprise Strassensport Fussballfest zum Saisonabschluss VON OLIVIER JOLIAT

Die Surprise Strassensport-Liga steuert auf das Finale zu. Das wird gefeiert! So locken zum Saisonabschluss, nebst dem Fussballspektakel der Liga-Teams, weitere Attraktionen auf den Hof der Kaserne Basel. Fussball-Künstler Rafael Spajic zeigt, dass das Runde nicht immer ins Eckige muss, um Fussballfans zu entzücken: Der in Zürich geborene Ballvirtuose lebt mittlerweile in Kroatien und spielt dort auf höchstem Niveau Futsal – eine dem bei uns gespielten Street Soccer sehr ähnliche Fussballvariation. Mit seinen Tricks entzückt er das Publikum bei Turnieren von Zagreb bis London. Rafael spielt zudem auch im All-Star Team, welches die Surprise Nationalmannschaft zum letzten Testspiel vor dem Homeless World Cup in Rio de Janeiro fordert. Angeführt werden die All-Stars von Massimo Ceccaroni. Mittlerweile vor allem als Trainer der 1. Mannschaft des BSC Old Boys aktiv, schnürt der Kultspieler des FC Basel für Surprise wieder selbst die Fussballschuhe. Weiter im Team sind Nationalrat Beat Jans, die Basler Grossrätin Mirjam Ballmer, Brandhärd DJ Johny Holiday und Amber Unit Sänger Victor Hofstetter. ■ Sonntag, 22. August, 11 bis 17 Uhr, Kaserne Basel. 13 Uhr Freestyle Show und Testspiel Surprise Nati

In Bern kickten die Surprise Nati-Spieler noch gegen Schauspieler Leonardo Nigro, in Basel wartet unter anderem

gegen das All-Stars Team.

Massimo Ceccaroni auf die Strassenfussballer.

ERWIN

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… und der Schulbeginn

VON THEISS

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Porträt Der Abschlepper Hans-Peter Gerber ist die Ruhe selbst und die Seriosität in Person. Kein Wunder, wird er zu komplizierten Bergungen in der ganzen Schweiz gerufen. Mit gleicher Leidenschaft kümmert er sich um kleine Autopannen. VON CLAUDIA BOSSHARDT (TEXT) UND LUCIAN HUNZIKER (BILD)

Im leuchtend gelben, blitzblanken Pannenwagen braust Hans-Peter Gerber zu seinen Einsätzen und begrüsst mit festem Händedruck sein Gegenüber. Braungebrannt und mit Bürstenschnitt steht er da, ein Charakterkopf. Er ist die Ruhe selbst und die Seriosität in Person. Die gestressten Autofahrerinnen und Autofahrer spüren sofort: Jetzt kann ihnen nichts mehr passieren. Hans-Peter Gerber wird die Panne beheben oder das Auto abschleppen. Er weiss, was zu tun ist. Bei einem Einsatz sei der erste Eindruck entscheidend, erzählt der 59-Jährige. Deshalb muss das Auto sauber, der Mechaniker proper angezogen und der Tonfall freundlich sein. «Wir müssen Vertrauen wecken, denn der Kunde fällt sein Urteil in den ersten Sekunden, bevor es überhaupt zur Sache geht», erklärt der Inhaber des grössten Pannenund Unfallservices der Nordwestschweiz. Nicht selten kommt es vor, dass die Leute ihren Frust über die Panne an seinen Mitarbeitern auslassen, «als wären wir schuld daran». Oder dass sie den Pannenhelfer mit der Versicherung verwechseln, die nur einen bestimmten Teil der Leistungen bezahlt. Dabei möchte Hans-Peter Gerber doch nur, dass der Kunde oder die Kundin dort ankommt, wo er oder sie hin will. Und am Schluss zufrieden ist. Seine Leidenschaft ist die Strasse. Obwohl er mittlerweile 36 Mitarbeitende beschäftigt, teilt er sich selber genau gleich in die Zwölf-Stunden-Schichten ein wie seine Angestellten. Ausserdem rückt er dann aus, wenn kein anderer mehr da ist. «Mir ist es enorm wichtig, dass ich jeden Tag auf die Strasse kann – sei es bei kleinen Pannen oder bei grossen Bergungen», sagt er mit ungebrochener Begeisterung. Warum? «Ich mag die Menschen», antwortet er schlicht. «Sie sind unsere tägliche Herausforderung. Dem Auto ist es ja egal, ob es kaputt ist oder nicht.» Hans-Peter Gerber ist Unternehmer mit Leib und Seele. Und doch ist es für den gestandenen Mann überhaupt nicht selbstverständlich, dass er dort angekommen ist, wo er heute steht. «Ich hatte eine schlechte Ausgangslage. Riesiges Glück und riesige Zufälle waren im Spiel.» Und man darf wohl ergänzen: ein aussergewöhnlich starker Wille. Prägend war eine Ungerechtigkeitserfahrung in seiner Kindheit. Schon als Zwölfjähriger musste er beim Bauer in der Nähe arbeiten gehen und durfte dafür dort die Mahlzeiten einnehmen. Seine Schulkollegen hingegen, die in den Ferien demselben Bauer beim Dreschen halfen, erhielten dafür einen Lohn – ganze 15 Franken pro Stunde. Der Jugendliche fasste einen Entschluss: «Wenn ich es später einmal irgendwo hinbringe, dann mache ich es anders.» Heute hat er für seine Angestellten einen Mahlzeitendienst organisiert, Gerechtigkeit ist ein wichtiges Führungsprinzip, und die Atmosphäre im Betrieb ist familiär. Als 26-Jähriger übernahm der gelernte Maschinenmechaniker mit seiner heutigen Frau Maria eine Tankstelle. Aus dem Bernbiet verschlug es ihn nach Pratteln. «Es war uns egal wohin, wir wollten einfach zusammen etwas Eigenes beginnen», erzählt er. Seine Frau arbeitet heute

noch im Betrieb, in der Buchhaltung und in der Zentrale. Schon damals zeigte sich Hans-Peter Gerbers Innovationsfreude: Er bediente die Tankstelle auch am Wochenende – in den 70er-Jahren eine Novität. «Nebenher begann ich, Fahrzeuge abzuschleppen.» Aber er war naiv, hatte den falschen Partner, verschuldete sich. Trotzdem machte er weiter, denn: «Ich spürte, dass hier etwas drinliegt.» Er informierte sich in den Nachbarländern und kaufte 1982 als erster in der Schweiz ein professionelles Bergungsfahrzeug mit Kran und Seilwinde. Damit erschloss er sich einen neuen Markt. Sechs Jahre später stand eine weitere Investition an, denn Gerber wurde vermehrt zu Lastwagenunfällen gerufen. Ausschlaggebend war ein Unfall im Arisdorf-Tunnel: «Wir versuchten, den Lastwagen mit einem selbst konstruierten Fahrzeug hochzuheben – und befanden uns plötzlich in der Luft, denn wir waren zu leicht. Da wusste ich, die nächste Grösse muss her.» Die nächste Grösse war ein vierachsiges Bergungsfahrzeug mit einem Schwerlastkran und Unterfahrlifter – das erste seiner Art und Grösse in Europa. Bergungen sind Hans-Peter Gerbers Spezialgebiet. Er wird zu Unfällen in der ganzen Schweiz gerufen, etwa als im Juni ein Reisecar im Wallis von der Strasse abkam und umstürzte. Oder wenn ein Betonmischer von 25 Tonnen ein ungeteertes Strässchen abrutscht. Dann braucht es Berechnungen, einen Geologen und einen kühlen Kopf. Hans-Peter Gerber hat schon alles geborgen, was in eine Havarie verwickelt werden kann: Flugzeuge, Züge, Trams, Lastwagen, Reisebusse. Neuste Anschaffung ist ein Luftkissensystem, mit dem man umgekippte Fahrzeuge wieder aufrichten kann. Aber Gerber wird vorsichtiger: «Je älter ich werde, desto mehr Gespenster sehe ich. Früher war Sicherheit viel weniger Thema, weil man die technischen Mittel nicht hatte. Ich liebte das Risiko und legte mich unter manchen Lastwagen. Heute ist mir das Leben mehr Wert. Jeder Fehlzug kann tödlich sein.» Auch deshalb mag er die ganz normale Pannenhilfe immer mehr. Geändert hat sich auch sein Vorgehen bei Bergungen: «Früher baute man mehr auf Erfahrung und Intuition. Heute macht man Zeichnungen, Berechnungen und ein Briefing zum Vorgehen.» Es braucht seriöse

«Heute ist mir das Leben mehr Wert. Jeder Fehlzug kann tödlich sein.»

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Kenntnisse in Statik und Kräftelehre. Seine ernorme Erfahrung in diesem Fachgebiet will er nutzbar machen. Bei der Entwicklung des neuen Berufsbildes «Strassenhelfer/Strassenhelferin» setzt er sich deshalb dafür ein, dass mehr als nur Basiswissen in der Bergung zur Ausbildung gehört. Und was macht der arbeitsfreudige Mann in der raren Freizeit? Er geht zum Beispiel an die Thuner Festspiele und schaut sich das Musical «Dällebach Kari» an. Überhaupt, die Musik hat es ihm angetan, vor allem die klassische: «Es gibt nichts Schöneres, als mit 200 Stundenkilometer über eine deutsche Autobahn zu fahren und dabei Wiener Klassik zu hören.» ■

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Landdienst Reifeprüfung auf dem Hof Sie könnten bei McDonald’s Hamburger braten oder am Fliessband ihr Sackgeld aufbessern. Doch Jugendlichen, die in den Ferien auf dem Bauernhof arbeiten, gehts nicht ums schnelle Geld: Sie möchten Neues sehen und fürs Leben lernen.

VON JULIA KONSTANTINIDIS (TEXT) UND CHRISTIAN SCHNUR (BILDER)

Himbeeren, Mirabellen, Kirschen – Yannick, Silvana und Matias werden sie noch lange in Erinnerung behalten: Denn diese Früchtchen dominierten ihre Tages- und Wochenabläufe während ihres Landdiensteinsatzes, der wohl traditionellsten Form des Ferienjobs in der Schweiz. Yannick, Chätsch Yannick wird in Zukunft mit Kennerblick die Kirschen anschauen, die er isst. Denn auf dem Hof der Familie Gut auf dem Chätsch in Rümlang, einer Zürcher Gemeinde, die an die Stadt grenzt, hat der 14-Jährige gelernt, wie Kirschen sortiert werden und wofür die schönen und weniger schönen zu gebrauchen sind. «Diese Arbeit hat mir sehr gefallen, denn man kann sie gemeinsam machen und dabei auch miteinander sprechen», findet der Schüler. Auch die Verkaufsaktion, die Yannick zusammen mit den vier Gut-Kindern nach der Kirschenernte startete, war Neuland für ihn: Sie zogen mit den frischen Früchten von Nachbar zu Nachbar und boten sie zum Kauf an. Weil Yannick in Appenzell Innerrhoden auf dem elterlichen Landwirtschaftsbetrieb aufwächst, kennt er jedoch viele der anfallenden Arbeiten auf dem Gutschen Hof von zu Hause. «Für Stadtkinder ist der Landdienst vielleicht nicht so geeignet, sie haben es schwerer, die Dinge zu lernen», überlegt Yannick, der früher die Idee hatte, zu bauern, wenn er erwachsen ist – jetzt liegt die Präferenz bei Metallbauschlosser. Aber auch er freut sich, wenn der Landdienst nach zwei Wochen vorbei ist: «Ich werde mich gerne ausruhen und gehe dann sicher viel Töfflifahren, ich habe erst gerade die Prüfung gemacht. Ausserdem freue ich mich auf unseren Hund daheim, auf die Familie und die Freunde.» Die Erholung hat sich Yannick verdient, denn der Landdienst sei nicht nur Vergnügen: «Es ist beides, Ferien und Arbeit.»

zen mit acht Jungen. Und die haben Silvanas Zimmer und vor allem ihren Koffer zu ihrem Hauptquartier ernannt. Am Landdienst gefällt der Jugendlichen, dass selbstständiges Arbeiten gefragt ist: «In der Schule wird einem gesagt, was man tun muss, hier muss man die Arbeit selber sehen.» Stall ausmisten, Mirabellen pflücken, Kochen, Rasen mähen, den Hofladen bedienen – Silvana geht die Arbeit auf dem Tempelhof jedenfalls nie aus. Besonders jetzt nicht, da die Bäuerin mitsamt den Kindern in den Ferien ist und sie für den Bauern und die Angestellten kochen muss. «Ich habe das meiste, was ich hier mache, schon einmal gekocht», erzählt sie. Und der Bauer, Martin Meier, meint gutmütig: «Hier sind immer alle sehr hungrig.» Für ihn sollen die Landdienstler eine Unterstützung im Betrieb sein, Leute mit zwei linken Händen sind ihm keine Hilfe. Mit Silvana ist er zufrieden, ihn beeindruckt die Länge ihres Aufenthalts: «Normalerweise kommen die Jugendlichen für ein, zwei Wochen. Wir wussten nicht, ob Silvana die vier Wochen durchhalten würde, aber sie beisst sich durch.» Silvana hat in den ersten drei Wochen Bekanntschaft mit allerlei Beerensorten gemacht und das Sammeln in der prallen Sonne ist etwas, auf das sie nach dem Landdienst wirklich locker verzichten kann. Die jungen Katzen wird sie allerdings – obwohl sie ihr in den Nächten den Schlaf rauben – vermissen, wenn sie wieder daheim ist. Bauer Meier möchte den Jugendlichen seine Grundeinstellung zur Arbeit mitgeben: «Es gibt Dinge, die man machen muss, auch wenn sie nicht so toll sind.» Gleichzeitig will er aber

«Landdienst braucht Ausdauer, man muss arbeiten können – und flexibel sein.»

Silvana, Tempelhof Aus der Stadt kommt sie zwar nicht, trotzdem hat sie nichts mit Landwirtschaft zu tun: Silvana aus Klosters im Bündnerland verbringt vier Wochen auf dem Tempelhof in Rümlang, über den beinahe im Sekundentakt startende und landende Flugzeuge hinwegdonnern. «Ich habe mir den am tiefsten gelegenen Hof ausgesucht und einen, der keine Kühe hat», erklärt Silvana ihre Wahl. Die 17-Jährige flüchtet in den Sommerferien gerne aus ihrem bergigen Zuhause und hat sich nach dreieinhalb Wochen gut in der Unterländer Grossstadt-Agglomeration eingelebt. «Am Anfang war es schon ein bisschen komisch, immer mit den vielen Tieren», meint sie. Auf dem Tempelhof leben zwar keine Kühe, dafür Ziegen, Hunde, Esel, Hasen, Enten, Hühner, Pferde und vier Kat-

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auch Landwirtschafts-Vorurteile abbauen. Sein Hof ist nicht der klassische mit Kühen und Milchwirtschaft, sondern er betreibt auch eine Besenbeiz und einen Hofladen. Ob sie all das, was sie während ihres Landdienstes tut, jemals wieder gebrauchen wird, weiss Silvana nicht. Wohl eher nicht, denn ihre Zukunftspläne sehen keine Beschäftigung auf einem Bauernhof vor: Matura machen, Auslandaufenthalt, Studium. «Auf die Erfahrung, einfach mal zu machen, etwas auszuprobieren, so wie beim Kochen, werde ich aber bestimmt wieder zurückgreifen können», ist Silvana überzeugt. Matias, Riedenholzhof «Ich musste mich an die Beeren gewöhnen», beschreibt Matias taktvoll seine Erfahrungen mit der Beerenernte. Der 14-Jährige ist tapfer, sagt, er mache das, was man ihm auftrage. Man glaubt es ihm aufs Wort. Der Schüler, der mit Yannick im Appenzellerland auf einem Bauernhof aufwächst, weiss, was es heisst, körperlich zu arbeiten, und wenn er SURPRISE 231/10


Weiss mit der Mistgabel umzugehen: Yannick packt im Landdienst mit an. SURPRISE 231/10

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sagt, dass er beim ÂŤBeerelenÂť auf die Zähne beissen muss, dann nicht, weil ihm die Arbeit zu anstrengend ist, sondern weil er sich mehr Abwechslung wĂźnscht. Aber so ist es in der Landwirtschaft, da muss gemacht werden, was ansteht – auch das weiss er. Und zum GlĂźck sind da nicht nur Beerenstauden auf dem StadtzĂźrcher Riedenholzhof der Familie KĂźchler, sondern auch Ăźber 60 KĂźhe, die gemolken werden mĂźssen. Sie entschädigen Matias fĂźr die Stunden zwischen den Himbeeren. Das abendliche Melken in der Melkanlage des KĂźchlerschen Hofs ist ein Highlight seines zweiwĂśchigen Aufenthalts bei der Familie: In einen Teil des Stalls werden die KĂźhe nacheinander Ăźber Sensoren eingeschleust. FĂźr acht Tiere gibts ÂŤAndock-StationenÂť. Die KĂźhe werden an Melkmaschinen angeschlossen und der Melkvorgang via Computer gesteuert. Die Milch fliesst durch einen Schlauch direkt in den Tank in einem angrenzenden Raum. ÂŤZu Hause haben wir nicht so viele Maschinen, unser Hof liegt am Steilhang und wir haben viel weniger KĂźheÂť, berichtet Matias. Deshalb mĂśchte er bis zum Ende seines Aufenthalts auf dem Riedenholzhof auch noch so oft wie mĂśglich mit Maschinen arbeiten: ÂŤIn nächster Zeit sollen auf den Feldern Strohballen gemacht werden, da wäre ich gerne dabei.Âť Sein Vater sei auf die Idee mit dem Landdienst gekommen: ÂŤMein Bruder und ich wollten nicht mit in die Familienferien und auf ein Ferienlager hatten wir nicht gross Lust.Âť Im Internet hat sich Matias dann den Riedenholzhof fĂźr den Landdienst ausgesucht. ÂŤEs ist lustig, mal in Stadtnähe zu wohnen, aber immer mĂźsste ich das nicht habenÂť, meint der Appenzeller Innerrhodner aus Oberegg mit kritischem Blick auf die Autobahn, die nicht weit entfernt vom Hof der Familie KĂźchler vorbei fĂźhrt. Er habe einfach mal etwas anderes sehen wollen als den elterlichen Betrieb. ÂŤIch weiss nicht, ob ich später mal in der Landwirtschaft

ÂŤIn der Schule wird einem gesagt, was man tun muss, hier muss man die Arbeit selber sehen.Âť etwas mache, aber ich mĂśchte gerne kĂśrperlich arbeitenÂť, Ăźberlegt der drahtige Teenager. Dass er als Landkind ausgerechnet auch noch die Ferien im ländlichen Umfeld verbringt, findet Matias nicht seltsam. Im Gegenteil, er sieht in seinem Hintergrund einen Vorteil fĂźr diese Art von Ferienjob: ÂŤEs braucht Ausdauer und man muss arbeiten kĂśnnen – und flexibel sein. Wenn du in den Beeren bist und dann im Stall was passiert, musst du eben dort helfen.Âť Ob das Stadtkinder packen wĂźrden, weiss Matias nicht so recht: ÂŤVielleicht kĂśnnten sie erst mal fĂźr einen Tag schauen und dann entscheiden, ob das was ist fĂźr sieÂť, meint er. Idealismus gefragt Um vom Landdienst profitieren zu kĂśnnen, braucht es eine gute Portion Idealismus und Neugierde. Jugendliche, die einfach mit ihrem Job Geld verdienen mĂśchten, sind auf den BauernhĂśfen fehl am Platz: Nebst Kost und Logis erhalten die Teenager je nach Alter zwischen 12 und 20 Franken Sackgeld pro Arbeitstag. Die Arbeitszeiten betragen, je nach Alter, zwischen 40 und 48 Wochenstunden maximal. Doch auch die Bauernfamilien, die Landdienstler aufnehmen, mĂźssen mit Idealismus an die Sache gehen: Sie wissen nicht, mit wem sie temporär ihr Haus teilen und wen sie an ihrem Leben teilhaben lassen. Das verlangt Offenheit und Vertrauen. FĂźr Sonja KĂźchler vom Riedenholzhof ist Matias ein GlĂźcksfall – mit ihm habe es sofort ÂŤgegeigtÂť. Man merke ihm seinen ländlichen Hintergrund an, das mache einiges einfacher. Denjenigen, die nicht aus dem Landwirtschafts-Milieu kommen, will die Bäuerin zeigen, welche Ar-

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Die Stunden zwischen den Himbeerstauden vergisst Matias nicht so schnell.

Übungsfeld Küche: Silvana bekocht den ganzen Bauernhof.

beiten auf einem Hof anfallen und ihnen einen Eindruck vom Leben in einer grösseren Gemeinschaft als der Kernfamilie geben: «Bei uns sitzen täglich sieben bis acht Personen zum Essen gemeinsam am Tisch, für viele Landdienst-Jugendliche ist das ungewohnt.» Meistens findet man sich, aber Sonja Küchler hatte auch schon Gäste, mit denen es überhaupt nicht geklappt hat. Dann wurde der Einsatz frühzeitig beendet. Auch Martin Meier vom Tempelhof musste schon einen Jugendlichen früher als geplant nach Hause schicken: «Das war, wie wenn wir ein Kind mehr zur Betreuung hätten», meint er. Und das geht nicht.

«Der Landdienst ist eine gute Vorbereitung auf das Berufsleben, die Landwirtschaft ist ein komplexes Berufsbild und wird oft unterschätzt», findet Sonja Küchler vom Riedenholzhof, während sie im Hofladen Kunden bedient. Matias stimmt ihr zu – er lernt gerade fürs Leben. ■

Können ausloten So offen die Bauernfamilien sind und die Jugendlichen in das landwirtschaftliche Leben einführen, so angewiesen sind sie auch auf die Mithilfe der Landdienstler. Im Gegenzug lernen sie aber auch Neues kennen: «Man erhält Einblick in die Welt der Jugendlichen, ihr Verhalten gegenüber uns Erwachsenen und den Kindern, sagt viel über sie aus», überlegt Martin Meier. «Die einen arbeiten gerne für sich, andere kleben an einem.» Mit beidem sei umzugehen, das müsse man einfach ausloten. Annelies Gut, die Gastbäuerin von Yannick, führt ein Gästebuch, in das die Jugendlichen gegen Ende ihres Aufenthalts schreiben. Sie kommen aus den verschiedensten Regionen, sogar aus Ländern wie Holland oder Frankreich. Neben vielen herzlichen Dankeschöns und besten Erlebnissen kann man da und dort zwischen den Zeilen auch von schwierigeren Zeiten lesen. «Stadtkinder sind vielleicht etwas weniger patent, manchmal gibt es auch Berührungsängste, weil jemandem das Umfeld auf dem Bauernhof unbekannt ist. Aber die Landdienstler geben ihr Bestes», hat Annelies Gut in den vielen Jahren, in denen sie Jugendliche aufnimmt, beobachtet. SURPRISE 231/10

Mehr Städter Die in den 20er-Jahren für Studenten und Lehrlinge obligatorisch eingeführten Hilfsheuerdienste waren die Vorläufer des heutigen Landdiensts. Mit der Aufhebung des Obligatoriums 1946 kam der Landdienst auf freiwilliger Basis, wie er heute angeboten wird, zu seiner Form. Seit 2009 nennt sich die Vermittlungsstelle des Landdiensts Agriviva – man wollte sich vom Wort «Dienst» im Namen trennen. Jugendliche, die Landdienst leisten möchten, können sich unter www.agriviva.ch einen Hof aussuchen. Die Betriebe sind dort mit Profilen über die Art ihrer landwirtschaftlichen Ausrichtung aufgeführt. Agriviva ist immer auf der Suche nach Höfen, die Landdienstler aufnehmen: Von den etwa 60 000 Schweizer Betrieben bieten rund 1000 Höfe Plätze für den Arbeitseinsatz an. Zwar hatte der Landdienst mit rund 6000 Einsätzen jährlich Ende der 60er-Jahre seinen Beliebtheits-Höhepunkt erreicht, doch letztes Jahr leisteten immerhin 2672 Jugendliche einen Einsatz. Etwas mehr als die Hälfte waren Mädchen. Letztes Jahr meldeten sich zudem mehr städtische Jugendliche zum Legende Landdienst an als solche aus ländlicher Umgebung. (juk)

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Künstliche Intelligenz «Verstehen durch Nachbauen» Seit über 20 Jahren forscht Rolf Pfeifer auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz. Spezielle Experimente helfen ihm, Verhalten und Fähigkeiten von Wesen zu begreifen. VON JOHANNA WEDL (TEXT) UND ANDRI POL (BILD)

Herr Pfeifer, haben Sie den Film «Artificial Intelligence» gesehen? Ja, an den Streifen kann ich mich erinnern. Ich fand ihn alles in allem stimulierend, er hat eine provokative Botschaft. Vor allem eine Szene ist mir geblieben: Der Knabe, ein Roboter, isst Spinat und merkt, dass er das Essen nicht verdauen kann. Sein Stoffwechsel ist ganz anders als der des Menschen. Rein äusserlich unterscheidet er sich aber kaum von einem Menschen. Durch das ähnliche Aussehen dürfen wir uns nicht täuschen lassen. Die Szene weist übrigens einen direkten Zusammenhang mit dem «Embodiment» auf. Wofür steht dieser Begriff «Embodiment»? Es geht um das Zusammenspiel zwischen dem Körper, der physikalischen Interaktion mit der Umwelt und der Informationsverarbeitung vom Gehirn. «Embodiment» meint, dass Intelligenz einen Körper benötigt, damit es zu physikalischen Interaktionen mit der Umgebung kommen kann. So wird das Lernen über die Aussenwelt überhaupt erst ermöglicht. Wir untersuchen die Rolle des Körpers bei der Entwicklung von intelligentem Verhalten. Wie definieren Sie künstliche Intelligenz im Allgemeinen? Die künstliche Intelligenz ist ein Forschungsgebiet, das drei Ziele hat. Erstens geht es darum, biologische Systeme wie Menschen und Tiere zu verstehen. Zweitens müssen Prinzipien extrahiert werden, die allgemeingültig sind, damit sie bei künstlichen Systemen angewendet werden können. Das dritte Ziel ist dann die Entwicklung dieser künstlichen Systeme.

Wie meinen Sie das? Nun, aus evolutionsgeschichtlicher Sicht ist die Fortpflanzung das Wichtigste. Ob dafür Intelligenz notwendig ist, weiss ich nicht. Einfache Bakterien beispielsweise leben sehr gut seit Millionen von Jahren. Unter künstlicher Intelligenz kann sich der Laie nur schwer etwas vorstellen. Könnten wir auf das Forschungsgebiet nicht schlicht verzichten? Betrachten wir unsere alternde Gesellschaft und denken daran, dass man den Menschen bis ins hohe Alter möglichst viel Autonomie geben will. Das lässt sich zu einem grossen Teil durch Maschinen unterstützen. Es ist mir bewusst, dass es für viele Horror ist, von einer Maschine gepflegt zu werden. Ich gebe Ihnen daher noch ein weiteres Beispiel: Wenn Sie beispielsweise beim Ski fahren stürzen, das Knie verletzen und vorübergehend nicht mehr gehen können. Würden Sie lieber den Lift nehmen oder sich von einer Person die Treppe hochtragen lassen? Ich würde den Lift nehmen. Eben. Das heisst, sie kompensieren ihre eingeschränkten Körperfunktionen mit Hilfe einer Maschine. Benützen Sie einen Lift, müssen Sie niemanden fragen, Sie brauchen nur einen Knopf zu drücken. Maschinen geben einem zusätzliche Autonomie. Es mag sein, dass es für einen engen Kontakt eine andere Art von Maschinen braucht. Man spricht in diesen Bereichen übrigens von der biologisch inspirierten Robotik.

«Die Intelligenz ist für das Überleben einer Spezies wahrscheinlich nicht von zentraler Bedeutung.»

Sie beschäftigen sich seit Mitte der 80er-Jahre mit dem Thema. War Ihr damaliger Forschungsansatz mit dem heutigen vergleichbar? Oh nein, in keiner Art und Weise. Alles beruhte auf Programmen, nichts drehte sich um Roboter oder Embodiment. Wir arbeiteten auf einer sehr abstrakten Ebene, die weit von unserem heutigen Ansatz entfernt liegt. Was fasziniert Sie so sehr an diesem Fachgebiet? Es gibt schon Tage, an denen ich nichts mehr damit zu tun haben will (lacht). Aber Intelligenz ist etwas extrem Faszinierendes. Es hat gesellschaftlich einen aussergewöhnlich hohen Stellenwert, viel höher als Emotionen. Obwohl ich eingestehen muss, dass die Intelligenz für das Überleben einer Spezies wahrscheinlich nicht von so zentraler Bedeutung ist.

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Worum handelt es sich dabei? Es geht darum, bei Menschen und Tieren zu beobachten, wie etwas funktioniert. Man setzt auf die Zusammenarbeit mit Neuro- und Sportwissenschaftlern, aber auch mit Verhaltensbiologen. Das bringt uns viel Wissen darüber, wie wir Roboter konstruieren müssen. Insbesondere jene, mit denen wir direkt interagieren wollen. Da geht es dann um die Anwendung von künstlicher Intelligenz. Wo findet sich künstliche Intelligenz im Alltag? Wir sind, ohne es zu merken, bereits davon umgeben. Zumindest trifft das auf den klassischen algorithmischen Ansatz zu; denken wir etwa an Google. Die Suchmaschine enthält viele nützliche Algorithmen, die ihren Ursprung in der künstlichen Intelligenz haben. Ich denke an SuchSURPRISE 231/10


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verfahren und Mustererkennung. Dasselbe gilt für ein Schachprogramm. Wir haben zudem automatisierte Transportmittel und clevere Putzmaschinen, die uns viel Arbeit abnehmen. Für viele Einzeltätigkeiten gibt es eine Maschine, die etwas schneller und besser erledigt. Was noch fehlt, sind menschenähnliche Maschinen. Der Mensch kann sehr viele Dinge gleichzeitig tun. Beispielsweise kann er zur selben Zeit gehen, ein Schaufenster anschauen, eine Tasche tragen und reden. Menschen interagieren schnell und sanft mit der Umwelt und reagieren sofort auf Veränderungen. Eine Maschine mit diesen Fähigkeiten zu bauen, ist eine grosse Herausforderung.

In Ihrem Labor in Zürich Oerlikon gibt es eine Forschungsstation, bei der die Informationsverarbeitung an Pflanzen untersucht wird. Konkret soll ein Roboter lernen, den gesamten Nährstoffhaushalt der

«Um Intelligenz zu verstehen, brauche ich die Konfrontation mit der realen Welt.»

Wer durch die Gänge Ihres Labors wandert, entdeckt in jedem Büro ein anderes Experiment. Was für eine Bedeutung haben Experimente in Ihrer Forschung? Ich brauche das reale Experiment unbedingt. Natürlich könnte ich in einem Lehnstuhl sitzen und den ganzen Tag nachdenken, wie ich etwas lösen will. Aber um Intelligenz tatsächlich zu verstehen, brauche ich die Konfrontation mit der realen Welt. Man muss etwas bauen. Dann sieht man sofort, ob es funktioniert. Warum ist das Experiment so wichtig? Wir können nur beschränkt vorhersehen, was passiert. In der Robotik erlebt man immer wieder Überraschungen. Das reale Experiment lässt sich durch keine Simulation ersetzen, obwohl wir viel simulieren. Ein Naturwissenschaftler lebt von reproduzierbaren Experimenten, weil er dadurch sehr viel lernt. In der Intelligenzforschung kommt ein neuer Typ von Experimenten dazu. Wie sieht der aus? Mich interessiert ein Verhalten oder eine Fähigkeit. Ich möchte etwa wissen, wie eine Ameise den Weg zum Haufen zurück findet, wenn sie Futter entdeckt hat. Ich kann die Ameise studieren, oder aber ich baue zusätzlich ein System, das dieselben Funktionalitäten besitzt wie die Ameise. Dadurch verstehe ich ein Phänomen viel besser. Dafür genügt es nicht, einen Algorithmus anzuwenden. Das Motto lautet: «Verstehen durch Nachbauen». Lässt sich dieser Slogan auch auf den Menschen anwenden? Ja, durchaus. Ich will verstehen, wie Menschen aus einem Glas trinken können. Wer menschliche Tätigkeiten imitiert, hofft, irgendwann einen humanoiden Roboter zu entwickeln. Das sind Maschinen, die menschenähnliche Fähigkeiten besitzen. Dieser Typ Roboter wird etwa im Film «Artificial Intelligence» gezeigt.

Pflanze zu optimieren. Wie weit darf künstliche Intelligenz aus Ihrer Sicht gehen? Ich sehe momentan keine Grenze. Wir versuchen deshalb, biologische Systeme mit Robotern zu koppeln. Wenn ich daran denke, dass dank intelligenten Implantaten Gehörlose plötzlich wieder hören können, ist das phänomenal. Die Leute sind total begeistert und ihre Lebensqualität hat sich vervielfacht. Da geht es auch um künstliche Intelligenz. Aber man kann nicht einfach einen Chip ins Gehirn setzen und meinen, keine Sprachen mehr lernen zu müssen. Es wird sich auch zeigen, was sich als ökonomisch machbar durchsetzen wird. Ich persönlich finde einen Roboter, der sich am Menschen orientiert, ein geniales Forschungsziel. Das klingt, als hätten Sie davon schon eine konkrete Vorstellung? Mir schwebt ein «companion robot» vor, diesen Ansatz hört man oft aus Japan. Es geht dabei um einen Roboter, der sich wie ein Kumpel verhält. Er soll Aufgaben abnehmen und gleichzeitig lieb und nett sein. Leider sind wir meilenweit davon entfernt, so etwas auch nur annähernd zu haben. Ein Mensch hat beispielsweise Haut, über die er fühlen kann. Das ist nur eine von vielen Herausforderungen. Vielleicht ist es auch eher so, dass man auf Einzeltätigkeiten spezialisierte Maschinen haben wird, ich weiss es nicht. Die letzten Worte in dieser Sache sind noch nicht gesprochen. ■ Das Interview erschien zum ersten Mal im NZZ Campus Magazin vom Mai 2010.

Zur Person Rolf Pfeifer ist 1947 geboren. Er hat an der ETH Zürich Physik und Mathematik studiert. Dort erwarb er auch seinen Doktortitel in Computerwissenschaften. Seit 1987 ist er der Direktor des Artificial Intelligence Laboratory (AI-Lab) am Institut für Informatik der Universität Zürich. Neben seiner Tätigkeit am AI-Lab forscht und lehrt Rolf Pfeifer unter anderem an Universitäten in Brüssel, Peking, Schanghai, dem MIT in den USA, Tokio, Italien sowie dem Sony-Computerwissenschaften-Labor in Paris. Pfeifer ist geschieden und hat zwei erwachsene Söhne. Als besonderes Hobby nennt der Wissenschaftler das Ausprobieren neuer Biersorten.

In der Intelligenzforschung weisen sich naturwissenschaftliche und philosophische Fragestellungen in die Schranken. Inwieweit ist ein menschliches Bewusstsein naturwissenschaftlich erforschbar? Tatsächlich versuchen wir, die Frage des Bewusstseins auszuklammern. In unserer Forschung gibt es derart viele Fragestellungen, dass wir das anderen überlassen können. Ich denke, die Neurowissenschaften beispielsweise kommen dem Bewusstsein näher. Ein weiterer Punkt ist, dass zum Bewusstsein viele unterschiedliche Erklärungsansätze und Theorien bestehen und sie alle eine gewisse Plausibilität haben. Ist das Bewusstsein ein zu komplexer Bereich, um es in Ihre Forschung einzubinden? Da bin ich mir nicht sicher. Es ist einfach eine schlüpfrige Sache. Da steht unweigerlich auch die Frage des freien Willens an, und das ist etwas, was nicht unumstritten ist. Die Fragestellung fasziniert mich. Aber ehrlich gesagt, wüsste ich nicht, wie man das wissenschaftlich richtig angeht.

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Legende SURPRISE 231/10


Schulweg Unterwegs im Abenteuerland Landauf und landab sind die Kinder am Morgen wieder unterwegs in die Schule. Auf einem Schulweg von zehn Minuten gibt es Abenteuer f端r einen ganzen Tag zu erleben.

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VON JANINE KERN (TEXT) UND CHRISTIAN FLIERL (BILDER)

«Um halb acht gehen wir los und sagen tschüss», erklärt die neunjährige Mia vor dem Gartentor. «Das ist manchmal lustig und manchmal blöd und manchmal langweilig.» Ihr Patchworkbruder Luca, acht Jahre alt, nickt. Langweilig ist es immer dann, wenn sich die Erwachsenen einmischen, bevor es losgeht. Wenn die Kinder eine Jacke anziehen müssen, obwohl es gar nicht kalt ist. Wenn sie aufgehalten werden in der Tür, obwohl sie eigentlich schon unterwegs sind. Denn auf dem Schulweg sind die Kinder endlich unter sich, ohne die Kontrolle von Eltern und Lehrpersonen. Ein wertvoller Freiraum, in dem das Quartier erkundet wird, in dem soziale Beziehungen erprobt und gepflegt werden, in dem sich die Knirpse ganz ihrem eigenen kindlichen Rhythmus hingeben können. «Hier trennen sich unsere Wege» Kurz nach dem Gartentor überqueren Luca und Mia eine stark befahrene Strasse – glücklicherweise die einzige auf ihrem Schulweg. Dann trennen sich ihre Wege für kurze Zeit, während beide je ein Gspänli abholen. «Hallo Mia, ich komme gleich!», tönt es durch die Gegensprechanlage. Und dann ziehen die beiden Mädchen los, singend die dritte im Bunde abzuholen. Wenn Luca bei seinem Freund klingelt, sitzt dieser meist noch beim Frühstück. Dann darf er am Familientisch warten, bis es gemeinsam weitergeht. Ein Stück weiter vorne, beim kleinen Park, holen sie die Mädchen wieder ein: «Dann wird es richtig spannend, wenn alle zusammen sind», sagt Mia. «Mit Schulsack treten und so.» Strahlende Gesichter. «Manchmal trifft man nicht den Schulsack, sondern das Füdli des Kindes. Das tut dann richtig weh», fügt Luca lakonisch an. Manche Dinge laufen jeden Tag genau gleich ab. Trotzdem bleibt Raum für spontane Entscheidungen oder Überraschungen auf dem Weg: Linke oder rechte Trottoirseite? Mitten durch das Pärkli oder aussenrum? Die Wahl der Strassen hat System: Wer auf der Hauptstrasse geht, trifft viele Kinder an, wer den Weg durch eine Seitenstrasse wählt, will lieber allein sein. «Manchmal finden wir Umwege lustig», erklärt Mia. «Aber in letzter Zeit ist es mir zu kompliziert, so oft abzubiegen.»

auf der Seite des Nachbargebäudes hängt, würde Luca gerne abschrauben, um nachzusehen, ob sich dahinter etwas verbirgt. Beweise haben sie noch keine gefunden. Aber es fühlt sich an wie bei den «Drei ???», deren Geschichten die beiden Jungen gemeinsam ab CD hören. Haken schlagen, Tempo wechseln Mia spielt keine Detektivspiele. Dafür springt sie gern über die Hecken bei den Wohnblocks gleich vor der Eisenbahnbrücke. «Das gibt mir ein richtiges Glücksgefühl», sagt sie, strahlt und hüpft weiter. Auch das gehört zum Schulweg: Haken schlagen, plötzlich die Bewegungsart und das Tempo wechseln, trotten, rennen, hüpfen, vorwärts, rückwärts, Stopp. Darum geht es auch bei dem Spiel auf der Eisenbahnbrücke, das alle Erstklässler jedes Jahr spielen: Zuerst vor der Brücke warten, bis ein Zug kommt. Kaum ist die Lokomotive unter der Brücke, rennen alle los. Ziel ist es, auf der anderen Seite anzukommen, bevor der letzte Wagen unter der Brücke durch ist, sonst explodiert sie. Rettung bringen unterwegs nur die kleinen Betonvierecke im Trottoir. Trotz besseren Wissens, dass die Brücke heil bleiben wird, garantiert das Spiel jeden Morgen Herzklopfen. Luca und Mia sind inzwischen zu gross, um noch mitzuspielen. Hingegen macht es ihnen Spass, Papierflugzeuge von der Brücke auf die Schienen und die heranbrausenden Züge zu werfen. Mia und ihre Freundinnen dürfen manchmal Notizpapier oder alte Arbeitsblätter aus

Die Wahl der Strassen hat ein eigenes System.

Streiche aushecken, Rätsel lösen Fast jedes Haus am Weg beschwört eine Erinnerung herauf. Vor einem Haus mit üppigen Blumentöpfen kichert Mia plötzlich: «Ah, hier habe ich einmal einen Blumenstrauss für meine Mama aus den Töpfen gepflückt. Er ist sehr schön geworden.» Weiter vorne schaut manchmal eine behinderte Frau aus dem Fenster. Auch die Briefkästen am Weg sind immer einladend. «Wenn ich Glück habe, finde ich eine Wasserflasche auf der Strasse. Dann nehme ich sie und giesse Wasser in den Briefkasten», gesteht Luca. Die beiden Kinder glucksen vor Vergnügen. «Aber es kommt ja selten vor, dass eine Wasserflasche auf der Strasse liegt», beschwichtigt er. Um gleich noch anzufügen, dass es im Winter auch gut mit Schnee funktioniere. Der Reiz des Verbotenen ist auf dem Schulweg gross. Der Ideenreichtum der Kinder auch: Ein Junge wollte einmal Zeitungen in die Auspuffe der Autos stecken. Mia und Luca erinnern sich nicht, ob er es wirklich getan hat … Weiter vorne an der Strassenecke, mitten im beschaulichen Wohnquartier, ist ein Geschäft für Bürogeräte. Auf Luca übt dieser Laden eine magnetische Anziehung aus: «Ich und mein Freund glauben, dass hier gefälschte Ware verkauft wird», raunt er verschwörerisch. Deshalb haben die beiden einmal ihre Detektiv-Notizbüchlein mitgenommen und Indizien gesammelt. Website notiert, Preise und Produkte registriert, Auto- und Bestellnummern abgeschrieben, Türen überprüft, den Kellerabgang erforscht. Die Hausnummer, die an einem sehr seltsamen Ort

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dem Klassenzimmer mitnehmen, aus denen sie dann Flugzeuge falten. Luca holt sich gerne die Faltblätter von den Pfadis und Blauringlern, die manchmal vor dem Schulhaus für neue Mitglieder werben. Sein Trick, um mehr als einen Flyer zu ergattern: «Ich sage, ich brauche zwei Zettel, weil mein Freund vom Kindergarten auch in die Pfadi will.» Auch andere Dinge fliegen bisweilen auf den Bahndamm: Znüniböxli, Schuhe, Turnsäcke oder Bälle. Die Böschung hinunterzuklettern ist strengstens verboten. Wer holt die Turnsäcke und Schuhe dann wieder hoch? «Keine Ahnung», sagt Luca. «Die liegen da ein paar Tage, und irgendwann sind sie weg.» Ein Junge sei natürlich trotz Verbot schon einmal ein Stück weit hinuntergeklettert, um einen Hüpfball zu holen, berichtet er unter Mias missbilligendem Blick. Den Ball warf er dann mit Genuss auf die Schienen, und alle schauten zu, wie er unter dem Zug zerplatzte. Jungs jagen Mädchen – Mädchen jagen Jungs Natürlich gibts auch immer mal wieder Streit. Das nervt, findet Mia, aber es macht auch Spass, die anderen zu foppen. Von unten an die Schulsäcke treten, einander mit Löwenzahnblumen peitschen, die Mütze klauen, das Znüniböxli wegkicken, Wrestling – all das, was die Erwachsenen so schnell nervös werden lässt. Meistens ist es wirklich nur Spass, aber manchmal wird eine Grenze überschritten: «Wenn ich mit einem vollen, schweren Schulsack aus der Schule komme, nervt es mich schon, wenn die Jungs mich treten», sagt Mia und verdreht die Augen. «Aber das ist normal unter den Kindern, also zwischen den Geschlechtern», fügt sie weise an. Jungs jagen Mädchen, Mädchen jagen Jungs. Trotzdem kommt es vor, dass Mia einen anderen Weg nimmt, um jemandem auszuweichen. Luca kam einmal mit einem geschwollenen Auge nach Hause, weil ein Spasskampf ausgeartet war. Wirklich schlimm wird es für Luca und Mia aber nie. Keine Banden lauern auf dem Schulweg, keine Schikanen, keine Gewalt. Und die Erwachsenen? Sie sollen wenn möglich Randfiguren bleiben. Im besten Fall werden sie zu einem täglichen Fixpunkt. «Wir treffen immer dieselbe Frau mit einem kleinen Hund, der Lisa heisst», erzählt Mia. «Sie ist sehr nett, der Hund kennt uns und freut sich, uns zu sehen.» SURPRISE 231/10


Dann gibt es noch den freundlichen Italiener mit zwei Hündchen, die einmal mit Mias gebastelter Wolke gespielt haben. Und den unfreundlichen Mann, auch mit Hund. «Bei dem machen wir manchmal Klingelstreiche», kichert Luca. «Dann laufen wir schnell davon und rufen Hundealarm!» Eine alte Bekannte ist auch die Frau, die täglich durchs Quartier spaziert, vor allen Leuten stehenbleibt, die Arme ausbreitet und sie mit schwarzen Zahnlücken wortlos anlacht. Die Kinder finden sie sonderbar, aber sie gehört ins Quartier wie alles andere, was ihnen täglich begegnet. Die Zeit vergessen Am liebsten bleiben Mia und Luca aber gerne unter sich auf dem Schulweg. Nur auf den grossen Bruder freut sich Mia jeden Mittwoch, wenn er früher vom Gymnasium kommt und vor der Schule auf sie wartet. «Er bringt mir dann immer eine Cola oder einen Eistee mit», erzählt sie nicht ohne Stolz. Überhaupt bietet der Heimweg noch einmal neue Spiele und Schleichwege. Durch einen – wohl verbotenen – Garten, um den Weg abzukürzen. Am Abbruchhaus vorbei, in das sich Luca einmal hineingetraute, um einen Zimmerschlüssel zu stibitzen. Heute ist dort eine grosse Baustelle, die mit Gerüst und «Betreten verboten»-Schildern lockt. Ein Abstecher aufs Klettergerüst des Kindergartens zögert das Heimkommen noch ein wenig hinaus. Und zu guter Letzt sind da noch die Dornenhecken vor dem Genossenschaftsblock, die immer voller Spinnen sind. Dort kann man verweilen, die in den Netzen zappelnden Tiere beobachten und darüber diskutieren, ob Bienen oder Spinnen nützlicher sind. Um danach ungerührt zu versuchen, möglichst viele Spinnen anzuspucken. Bis es irgendwann schon spät ist und die Mutter aus dem Fenster zum Essen ruft. ■ Bis möglichst viele Spinnen mit Spucke getroffen sind, muss das Zmittag warten.

Bedrohter Freiraum Der Freiraum Schulweg gerät immer stärker unter Druck. Stark befahrene Strassen erschweren es den Kindern, ihr Wohnumfeld gefahrlos zu erkunden. Viele Eltern reagieren darauf, indem sie ihre Kinder zur Schule fahren – und damit das Verkehrsaufkommen weiter erhöhen und andere Kinder gefährden. Auch vor Belästigungen und Gewalt wollen die Eltern ihre Kinder schützen. Inzwischen sind viele Gemeindebehörden auf das Problem aufmerksam geworden. In Aesch (BL) will der Gemeinderat die Sicherheit der Kinder auf dem Schulweg verbessern und mit Flyern und Plakaten an die Eltern gelangen. Denn das «Mama-Taxi» mag für Eltern und Kinder bequem sein und Sicherheit vortäuschen. Es beraubt aber die Kinder vieler Möglichkeiten, die Welt zu erkunden und sich im eigenen Rhythmus zu entwickeln. Der Schulweg zu Fuss ist allemal viel spannender, als vom Rücksitz eines Autos bloss Häuserfassaden und den Himmel vorbeiziehen zu sehen. (jak) Mehr Informationen: www.schulweg.ch oder www.schulweg-erlebnisweg.ch SURPRISE 231/10

Losdüsen wie der Blitz ist besonders bei Hundealarm wichtig.

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BILD: ISTOCKPHOTO

Datenschutz Alles Exhibitionisten Klagen über die Sammelwut von Internetfirmen bilden das Grundrauschen des Digitalzeitalters. Die Rollenverteilung ist klar: Die Datensammler sind böse, arglose Konsumenten die unschuldigen Opfer. Doch in Wirklichkeit sind die meisten selber schuld. VON RETO ASCHWANDEN

Beim Jammern sind jeweils alle dabei. Sorgen Firmen wie Google oder Facebook mit ihrer Datensammlerei für Negativschlagzeilen, folgt jeweils kollektive Empörung. Politiker, Konsumentenschützer und Volkes Stimme rufen umgehend nach neuen Gesetzen gegen das unkontrollierte Treiben. Jeder hat ein Recht auf Privatsphäre und wo die verletzt wird, braucht es Gegenmassnahmen. Im Alltag allerdings sind viele vermeintliche Opfer von Datenkraken schlicht selber schuld. Wie sorglos Menschen persönliche Informationen preisgeben, zeigte unlängst eine Studie zum Verhalten von Online-Shoppern des deutschen Instituts Zukunft der Arbeit (IZA). Die Teilnehmenden sollten sich zwischen zwei Anbietern entscheiden, die DVDs verkaufen. Anbieter eins bot die DVDs einen Euro günstiger an als sein Konkurrent, wollte allerdings zusätzlich zu den kaufrelevanten Informationen auch monatliches Einkommen und Geburtsdatum wissen; Anbieter zwei erkundigte sich lediglich nach

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der Lieblingsfarbe – 39 von 42 Studienteilnehmern bestellten bei Anbieter eins. Selbst als die Forscher in einer weiteren Untersuchungsrunde beide Anbieter den gleichen Preis verlangen liessen, bestellte noch die Hälfte beim neugierigeren. Nichtsdestotrotz gaben drei Viertel der Studienteilnehmer bei der Befragung an, sie interessierten sich für Datenschutz und gar 95 Prozent fanden, der Schutz ihrer privaten Daten sei ihnen wichtig. Die Forscher verstanden die Welt nicht mehr: Im Alltag zeige sich offensichtlich eine «stark ausgeprägte Naivität», heisst es in den Schlussfolgerungen. Hirnlos und entblösst Geiz ist geil und für Internetinhalte bezahlen wir schon grad gar nichts. Google und Facebook sind gratis und so soll es auch bleiben, denn wir haben uns daran gewöhnt, dass Online-Angebote kostenlos zur Verfügung stehen. Die alte Weisheit, dass es nichts umsonst gibt, blenden wir dabei aus. Dahinter steckt eine Mischung aus Naivität und Bequemlichkeit. Ende Juli gab der Online-Händler Amazon eine neue SURPRISE 231/10


Kooperation mit Facebook bekannt. Nun können registrierte AmazonKunden dem Unternehmen Zugriff auf ihr Facebook-Profil erlauben. Vorteil: Amazon kann nach Auswertung dieser Informationen gezielt Vorschläge machen, welche Bücher, Filme oder CDs dem Kunden gefallen könnten. Damit nicht genug. Wer dem Online-Händler Zugriff auf seine Facebook-Freundesliste erlaubt, muss sich künftig weder Geburtstage noch Vorlieben merken – denn Amazon wird aufgrund der Facebook-Informationen rechtzeitig passende Geschenkideen präsentieren. Wie immer lautet das Standardargument, dass ja niemand gezwungen werde, der Verknüpfung der Daten zuzustimmen. Das ist richtig. Und Menschen mit ein bisschen Hirn und nicht allzu ausgeprägter Faulheit werden sich vor solchen Entblössungen hüten. Bloss: Die Bekannten eines Amazon-Kunden, der dem Unternehmen Zugriff auf seine Facebook-Freunde erlaubt, wissen von nichts und können sich nicht dagegen wehren, dass der Online-Händler Angaben zu Geburtsdatum, Wohnort und Vorlieben erhält. Amazon verspricht, dass die Freunde nicht direkt angegangen würden. Klingt rücksichtsvoll, soll wohl aber vor allem unwilligen Reaktionen vorbeugen. Dabei hätte Amazon kaum viel zu befürchten. Datenschutz bildet ein grosses Thema für Politik und Medien – der breiten Masse aber ist es schnuppe, was gewinnorientierte Firmen alles über ihre Kunden wissen. Im Prinzip findet man die Datensammlerei zwar nicht gut, und spätestens wenn beim Znacht das Telefon klingelt und ein aufdringlicher Schwätzer Krankenkassenvergleiche oder Zeitungsabos verkaufen möchte, wird es ärgerlich. Im Alltag aber reicht ein kleiner Preisvorteil, die Aussicht auf einen Wettbewerbsgewinn oder purer Exhibitionismus, um irgendwelchen Unternehmen die Eckdaten des eigenen Lebens auf dem Silbertablett zu servieren. Der eidgenössische Datenschutzbeauftragte Hanspeter Thür schreibt in seinem aktuellen Jahresbericht über Internet-Firmen: «Sie kennen die Vorlieben ihrer Kunden, wissen, wo sie sich bewegen, mit wem sie in Kontakt sind, was sie interessiert und was sie denken. Die heutigen hoch effizienten Analysesoftwares entdecken in diesen Informationen Algorithmen, welche die Erstellung nahezu perfekter Persönlichkeitsund Konsumprofile ermöglichen. Damit wird zielgenaues Werben in noch nie dagewesenem Ausmass ermöglicht.»

Auch wem seine persönlichen Daten egal sind, muss sich bewusst sein, dass diese für Geschäftsleute bares Geld bedeuten. Und wer im frommen Wahn lebt, die Betreiber der grossen Online-Unternehmen würden die Privatsphäre ihrer Kundschaft respektieren, lese die Aussagen von zwei führenden Köpfen der Internetwelt. Facebook-Gründer Mark Zuckerberg äusserte in einem Interview, er fände das Konzept von Privatsphäre nicht mehr zeitgemäss. Und Google-Chef Eric Schmidt sagte unlängst: «Wenn es etwas gibt, von dem Sie nicht wollen, dass es ir-

Ein kleiner Preisvorteil – schon präsentieren wir die Eckdaten unseres Lebens auf dem Silbertablett.

Privatsphäre ist out Laut aktuellen Untersuchungen ist sich eine Mehrheit der Internetnutzer durchaus bewusst, dass sie selber die Hauptverantwortung für ihre Daten tragen. Gleichzeitig gibt fast die Hälfte an, es fehle ihnen an Informationen, wie sie sich schützen können. Ein gutes Drittel findet, der Staat müsse sich für verstärkten Datenschutz im Internet einsetzen. Doch die Gesetzgebung hinkt den rasant voranschreitenden Entwicklungen der digitalen Welt zwangsläufig hinterher. Das aktuelle Datenschutzgesetz stammt aus dem Jahr 1992, einer Zeit, als das Internet noch kein Massenmedium war. Datenschützer Thür fordert nun eine Gesetzesänderung, die Firmen wie Facebook verbietet, alle Daten, die nicht gesperrt werden, zu verwenden. Stattdessen sollen nur noch die Informationen nutzbar sein, die der Kunde ausdrücklich freigegeben hat. Bis sich nur schon der Bundesrat mit Thürs Vorstoss beschäftigt, wird es Frühling 2011. Und bis eine Gesetzesvorlage ins Parlament kommt, wird Facebook seine Nutzungsbestimmungen bestimmt schon mehrfach geändert haben. Für den Konsumenten ist das mühsam und zeitaufwendig. Denn ein erster Schritt zur Kontrolle über die eigenen Daten ist die Lektüre des Kleingedruckten, also die sogenannten «Allgemeinen Geschäftsbedingungen» (AGB). Die Unternehmen verstecken diese mit Absicht irgendwo in den Tiefen ihres Internetauftritts und die umständlichen Ausführungen fördern den Reflex, die AGB ohne genaueres Studium einfach zu akzeptieren. Und schon liefert man seine Daten aus. SURPRISE 231/10

gend jemand erfährt, sollten Sie es vielleicht gar nicht erst tun.» Wer Schmidts Haltung zynisch findet, kann sich nur mit einem Umkehrschluss wehren: Wenn Sie nicht wollen, dass Google und Co. Ihre Daten vermarkten, sollten Sie ihnen von Anfang an keine Informationen liefern. Der Preis dafür ist allerdings ein Einsiedlerdasein ausserhalb der schönen neuen Onlinewelt. ■

«Eigenverantwortung braucht Transparenz»

BILD: ZVG

Fünf Fragen an Bruno Baeriswyl, Präsident der Vereinigung der Schweizer Datenschutzbeauftragten. Sind Leute, die im Internet sorglos persönliche Daten preisgeben, selber schuld, wenn Unternehmen diese verwerten? Das wäre eine einseitige Betrachtungsweise. Denn damit die Leute ihre Eigenverantwortung wahrnehmen können, braucht es Transparenz: Die Unternehmen müssten den Leuten klar sagen, was sie mit den Informationen machen, damit der Konsument über die Preisgabe von Daten entscheiden kann.

Was kann der Einzelne tun, um seine Daten zu schützen? Er muss sich fragen: Wieso ist ein Angebot gratis? Dann stellt er fest: Es ist ja eigentlich nicht gratis, weil seine Daten kommerziell genutzt werden. Dieses Bewusstsein fehlt? Ja. Die persönlichen Informationen werden gesammelt und zusammengefasst, und das kann negative Auswirkungen haben. Das Internet vergisst nichts. Mechanismen, um Informationen zurückrufen oder löschen zu können, fehlen heute weitgehend. Um mich effektiv zu schützen, müsste ich also eigentlich offline gehen. Das ist in der heutigen Informations- und Kommunikationsgesellschaft keine Option. Deshalb braucht es Alternativen. Denn wenn Sie die allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Ihnen alle Rechte wegnehmen, nicht akzeptieren, können Sie viele Dienstleitungen gar nicht nutzen. Was kann der Gesetzgeber tun? Er müsste die Unternehmen verpflichten, Lösungen anzubieten, die dem Selbstbestimmungsrecht entgegenkommen. Denn Freiheit bedeutet nicht nur, selber über die Bekanntgabe von Daten bestimmen zu können, sondern auch einen Bereich zu haben, in dem man in Ruhe gelassen wird.

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BILD: GUIDO SÜESS

Wörter von Pörtner Verschwörungstheorie Eigentlich mag ich Verschwörungstheorien. Das Dumme ist nur, dass es wenige wirklich Gute gibt. Paranoider Schwachsinn wie «Die Weisen von Zion» oder die These von den Illuminaten und Rosenkreuzern bieten vielleicht gute Thrillergrundlagen, lassen sich aber nur schwer an der Wirklichkeit festmachen. Sucht man aber, bloss aus Spass, Beweise dafür, dass wir eine einzige manipulierte Masse sind, wird man erstaunlich schnell fündig. Nehmen wir als Beispiel die Sommerferien. An den Verkehrswegen gen Süden, in den Bergen und sogar am Zürichsee trägt alles Tenue légère. Entweder Bermudas und Flipflops oder Turnschuhe und gekürzte Cargohosen, letztere meist in Beige. Die sonst so aussagekräftige und sorgfältig zusammengestellte Kleidung weicht für ein paar Wochen der Freizeituniform.

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Es ist aber nicht nur die Ferienkleidung, die Zweifel am freien Willen in unserer Gesellschaft aufkommen lässt. Sportliche und spirituelle Massenevents wie Ironman-Triathlons, Fussballmeisterschaften oder Dalai Lama-Besuche waren vor noch nicht allzu langer Zeit Randgruppenphänomene. Warum packt eine ganze Generation das nackte Grauen vor der Untenrumbehaarung, die jahrtausendelang niemanden störte? Warum tauchten plötzlich Wörter wie «angenehm» oder «stemmen» in Zusammenhängen auf, in denen sie bisher nichts verloren hatten? Warum machen heute so viele Leute Yoga, gehen wandern oder zelten und fahren Rennvelo? Natürlich sind alle überzeugt, allein aufgrund persönlicher Kriterien zu entscheiden, aber wenn am Schluss immer dasselbe herauskommt, kann man schon ins Grübeln kommen, warum das so ist. Ist der Mensch eben doch ein Herdentier? Steht der Wille, Teil von etwas zu sein, dahinter? Oder versteckte Werbebotschaften? Die internationalen Ladenketten, die uns nur vorgaukeln, es gäbe eine Auswahl? Wem diese Erklärungen zu harmlos sind, dem steht eine grosse Auswahl möglicher Bösewichte zur Verfügung, die uns willenlos machen: Der Staat und Geheimdienste, religiöse Fanatiker, die Medien oder aufstrebende Grossfirmen bieten sich an. Ich selber hatte zeitweilig ein Möbelhaus im Verdacht, in

seinen Filialen Gehirnwäsche zu betreiben, da alle, die auf der Suche nach einem Nachttischchen waren, mit neuer Bettwäsche, drei Topfpflanzen und einem 154-teiligen Geschirrset nach Hause kamen. Ich sah mich schon, von meiner mit Brockenhausmöbeln verbarrikadierten Wohnung aus, den Widerstand organisieren. Auch Google und Apple streben danach, die Kontrolle über unser Leben zu ergreifen. Heisst es. Tatsächlich erinnern die Präsentationen von Steve Jobs ein wenig an die Machtdemonstrationen des James Bond Widersachers SPECTRE. Das Jobs genervt darauf hinweist, dass er niemanden zwingt, seine Gadgets zu kaufen (für die er nicht mal gross Werbung macht), hilft nicht viel. Weil man einfach ein iPhone haben muss. Die ganzen Theorien scheitern aber an der Tatsache, dass noch keine finstere Macht die Weltherrschaft übernommen hat. Trotzdem kann es nicht schaden, ab und zu an festen Wahrheiten, wie der, dass unsere Gesellschaft eine individualistische sei, zu zweifeln. Oder sich zu fragen, woher diese Annahmen überhaupt stammen. Wobei dann durchaus der Verdacht aufkommen kann, dass es sich dabei um eine Verschwörung handeln muss. STEPHAN PÖRTNER (STPOERTNER@LYCOS.COM) ILLUSTRATION: MILENA SCHÄRER (MILENA.SCHAERER@GMX.CH) SURPRISE 231/10


Musik als Therapie Im Rausch der Akkorde Jeden Dienstagabend verwandelt sich die Kontakt- und Anlaufstelle im Basler Industriegebiet in einen Proberaum. In der Band Stoffwechsel bedröhnen sich Suchtmittelabhängige mit lauter Musik statt mit harten Drogen.

Das Schlagzeug treibt, Bass und Gitarren spielen schleppende Akkordfolgen, das Keyboard setzt melancholische Tupfer. Beim Refrain schlägt die Stimmung um, die Musik wird passend zum Text aggressiver: «Seelenmord» skandieren die Sängerinnen immer wieder. Diese Szene könnte in irgendeinem Proberaum stattfinden. Doch Stoffwechsel, so heisst die Band, die nach Ladenschluss in den Räumlichkeiten der Kontakt- und Anlaufstelle (K+A) Basel übt, besteht aus Menschen mit schweren Suchtproblemen. Die Musik soll ihnen helfen, Selbstbewusstsein aufzubauen und die persönlichen Verhältnisse zu stabilisieren. Initiiert wurde das in der Schweiz einzigartige Projekt vom Sozialarbeiter und ehemaligen Profimusiker Carsten Meyer sowie von Baschi Hausmann, der vor seiner Anstellung bei K+A mit den Lovebugs und Fucking Beautiful national erfolgreich war. Anfangs dachten Hausmann und Meyer an eine Coverband, und sie hatten auch schon die Akkorde einiger bekannter Rocksongs besorgt. Doch die Musiker wollten von Beginn weg eigene Stücke spielen. «Wir haben ja genug zu erzählen», findet Bassist Manuele, der auch Texte verfasst. Die haben es in sich: Kindsmissbrauch, Gewalt, Abhängigkeit und Tod sind die Themen, die Texte ungeschönt und – was bei Profibands oft einen Promophrase ist, trifft hier die Tatsachen – direkt aus dem Leben gegriffen. Die Musiker berichten übereinstimmend, dass die wöchentlichen Proben einen wichtigen Platz in ihrem Leben einnehmen. Susan, eine der Sängerinnen, hielt vor einem Jahr das erste Mal ein Mikrofon in der Hand. Heute wirft sie sich mit grosser Selbstverständlichkeit in Pose und sagt: «Ich freue mich jeden Dienstag auf die Probe.» Für Dani, der bei Stoffwechsel nach 16 Jahren Musikabstinenz wieder Gitarre spielt, «war die Band meine Motivation ins Methadonprogramm zu gehen. Denn nur so komme ich zum Üben.» Manuele, der erst vor einem Jahr angefangen hat, Bass zu spielen, geht es ähnlich: «Ich konsumiere weniger, seit ich hier mitspiele.» Sex, Drugs und Rock’n’Roll bilden gemäss dem Klischee eine Einheit. Die Musiker von Stoffwechsel wissen, dass das Blödsinn ist. Konzentrierte Proben bedeuten schon im nüchternen Zustand eine Herausforderung. Sind die Musiker verladen, geht bald gar nichts mehr. Die Mitglieder von Stoffwechsel disziplinieren sich deshalb gegenseitig. «Möglichst nüchtern bei der Probe, kein Konsum bis auf vielleicht mal ein Bier – das haben sie unter sich abgemacht», erzählt Sozialarbeiter Meyer, der an diesem Abend an den Drums aushilft. Auch Hausmann spielt mit, den Takt geben aber die Drogenabhängigen an. «Wir unterstützen die Leute hauptsächlich bei Arrangement und Songwriting», erzählt Hausmann, dessen gute Kontakte in die Basler Musikszene beim Auftreiben von Instrumenten und Equipment von Nutzen waren. SURPRISE 231/10

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VON RETO ASCHWANDEN

Riffs statt Heroin: die Band Stoffwechsel.

Nur zum Plausch treffen sich die Musiker nicht. Im Winter wurde eine CD mit drei Songs eingespielt, im Juni fand vor der Anlaufstelle die Plattentaufe statt. Ungewohnt sei es schon gewesen auf der Bühne, erzählt Manuele grinsend: «Aber der Nervöseste von allen war Baschi.» Nun arbeitet man jeden Dienstag an neuen Songs. Weil zum Kern von sieben Leuten immer wieder neue Musiker stossen, nimmt das Repertoire nur langsam Gestalt an. Ihre Ideen verfolgen Stoffwechsel aber genau so entschlossen wie andere Bands. An diesem Abend spielen sie wieder und wieder zu einem wuchtigen Hardrockriff, das sich Gitarrist Dani ausgedacht hat. Irgendwann tritt einer, der sich bislang in eine Ecke gedrückt hat, entschlossen ans Mikrofon und steigt mit bluesigem Röhren ein. Die Musiker suchen Augenkontakt beim Spielen, lachen, tanzen, und wenn ein Song zu Ende ist, beklatschen sie sich gegenseitig. Auch wenn nur der Band wegen keiner von ihnen von den Drogen loskommen wird, so ist der Name Stoffwechsel doch Programm: In der Musik erleben die Beteiligten einen Rausch, der weder den Körper noch die Seele zerstört. Keyboarderin Julia sagt: «Die Musik ist einfach etwas, das gut tut, gerade wenn man sonst schlecht drauf ist.» ■ Für Konzertangebote und CD-Bestellung: www.suchthilfe.ch

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Kulturtipps

Wanda kann alles sein –

Klingt gar nicht nach Radiohead: Philip Selway.

auch ein Wal.

Buch Freischwimmen Zu dick, zu dünn, zu klein, zu gross, zu jung, zu alt … Vorurteile und falsche Normen haben Dauerkonjunktur. Doch manchmal hilft schon ein wenig Fantasie, um den Glauben an sich selbst nicht zu verlieren.

Singer/Songwriter Der Damm ist gebrochen Bislang galt Philip Selway als das stille Schlagzeuger-Wasser von Radiohead. Mit 43 veröffentlicht er nun sein erstes Soloalbum, das so gar nichts mit dem Arena-Rock seiner Band gemein haben will. Und stattdessen viel fein arrangiertes Balladenwerk bietet. VON MICHAEL GASSER

VON CHRISTOPHER ZIMMER

«Wanda-Walfisch-dick-und-rund, Wanda-Walfisch-hundert-Pfund», rufen die anderen Kinder, wenn Wanda ins Schwimmbecken springt und es hoch aufspritzt, so hoch wie die Fontäne eines Wals. Denn Wanda ist dick. Und alle machen sich lustig über sie. Kein Wunder, dass sie sich vor fast allem fürchtet, denn wer nicht an sich selbst glaubt, hat immerzu Angst. Davor, zu versagen, nicht so zu sein wie die anderen, nicht das leisten zu können, was erwartet wird. Egal, wie falsch und ungerecht das alles ist. Doch Wanda hat auch Glück. Denn ihr Schwimmlehrer lacht nicht über sie, sondern sagt ihr, dass sie alles sein kann, wenn sie es sich nur fest vorstellt. Zuerst findet Wanda das komisch, doch dann probiert sie es aus. Sie denkt Feder und ist leicht, sie denkt Riese und fürchtet sich nicht auf dem Heimweg, sie denkt Igel und kann schnell einschlafen. Plötzlich mag Wanda Hase selbst Rüebli und Wanda Känguruh kann hoch springen. Und das Wasser ist auf einmal ihr Element, in dem sie sich freischwimmt als Sardine, Aal, Hai, Paddelboot, Surfbrett oder Delfin. Sie taucht ohne Spritzer ein wie eine Rakete und krault und gleitet in allen Lagen wie eine Eins. Und zu guter Letzt zeigt sie sogar als Riesenwal, was sie drauf hat. Ein internationales Tandem – der in Genua lebende Liestaler Davide Calì und die in Hamburg wohnende Petersburgerin Sonja Bougaeva – hat ein wunderbares Bilderbuch geschaffen, in dem von der Macht der Fantasie erzählt wird. Von der Fähigkeit, den falschen Bildern, die andere einem überstülpen, die eigenen Bilder entgegenzusetzen und darin Stärke und Selbstvertrauen zu finden. In dieser kleingrossen Geschichte werden sich Grosse und Kleine wiedererkennen, denn das Diktat der Normen ist leider ein zeitloses Phänomen. Und nicht weniger in den einfallsreich gestalteten Bildern, die die Geschichte nicht nur begleiten, sondern dieses Buch auch zu einem spannenden Seherlebnis und einer abenteuerlichen Entdeckungsreise machen. Davide Calì (Text), Sonja Bougaeva (Bild): Wanda Walfisch. Atlantis Verlag 2010. CHF 24.80.

Schlagzeuger sind nette Menschen. Aber selten gute Songschreiber. So die Regel. Die Solo-Bemühungen von Ringo Starr, Charlie Watts, Phil Collins und Konsorten bieten jedenfalls selten mehr als musikalische Leichthäppchen. Als ruchbar wurde, dass Drummer Philip Selway nach Jahren stiller Banddienste bei Radiohead mit seinem eigenen Ding an den Start geht, hegte man dementsprechend kaum grosse Hoffnungen. Aber siehe da. Der Brite macht seine Sache überraschend gut. Es schüchtere schon ziemlich ein, mit einer Songschreibergrösse wie Thom Yorke in derselben Formation zu sein, gestand Selway in Interviews. Weshalb seine eigenen Kompositionen bis dato kaum ausserhalb seiner vier Wände zu hören waren. Als 2006 seine Mutter starb, brach der lange aufgestaute Kreativdamm. Jetzt oder nie war seine plötzliche Devise. Und so machte sich der heute 43-Jährige daran, sein erstes Soloalbum, «Familial», zu planen. Ratschläge oder gar Hilfe seiner Bandkumpels wollte er keine. Im Gegenteil: Selway untersuchte das Eingespielte immer wieder auf Klangeinflüsse von Yorke und Co. Wurde er fündig, löschte er die Stellen. Während Radiohead für arenatauglichen Alternative-Rock stehen, der sich zunehmend elektronisch gebärdet, schlägt Selway einen ganz anderen Weg ein. Nichts da mit drängendem Rock, bei ihm dreht sich so ziemlich alles um Balladen. Die sind aber nicht etwa vom Folk oder von omnipräsenten akustischen Gitarren angetrieben, sondern von subtilen Beats und vertrackten Loops. Was überrascht: Der dreifache Familienvater hat für «Familial» von seinem Instrument Abstand genommen. Die zehn Songs kommen ohne wuchtiges Schlagzeug aus, nicht aber ohne Percussion. Diese ist aber nicht da, um entscheidende Direktiven zu geben, sondern um vorhandene Strukturen zu akzentuieren. Das Album kommt einem 32-minütigen melancholischen Summen gleich, ebenso schicksalsergeben wie unaufgeregt. Vieles ist fragil, alles ist sanft. Und dank einer durchgängigen Schlichtheit beeindruckend. Einen Kleinstminuspunkt gibts für den Gesang, bei dem sich der Künstler zu wenig getraut. «Wer zu Radiohead gehört, für den liegt die Latte eben schon sehr hoch», lässt sich Selway in seiner offiziellen Biografie zitieren. Selbstbewusstsein sieht anders aus. Doch «Familial» muss keinen Vergleich scheuen. Philip Selway: «Familial» (Bella Union/Irascible), ab 27. August im Handel erhältlich.

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Die 25 positiven Firmen Diese Rubrik ruft Firmen und Institutionen auf, soziale Verantwortung zu übernehmen. Einige haben dies schon getan, indem sie dem Strassenmagazin Surprise mindestens 500 Franken gespendet haben. Damit helfen sie, Menschen in prekären Lebensumständen eine Arbeitsmöglichkeit zu geben und sie auf ihrem Weg zur Eigenständigkeit zu begleiten. Gehört Ihr Betrieb auch dazu? Die Spielregeln sind einfach: 25 Firmen werden jeweils aufgelistet, sind es mehr, fällt jener Betrieb heraus, der am längsten dabei ist.

Good cop, bad cop: Aber was heisst das wirklich?

Kino Was ist ein guter Polizist? «Police, Adjective» untersucht Begriffe wie Moral, Gesetz und Gerechtigkeit. Der Protagonist will ein guter Polizist sein. Darf er dabei nach seinem Gewissen handeln? VON FABIENNE SCHMUKI

Der junge Polizist Cristi verbringt seine Tage mit der Beschattung dreier Jugendlicher, die gemeinsam Gras rauchen. Durch den Konsum von Marihuana machen sie sich in Rumänien strafbar. Die Detektivarbeit geht nur sehr langsam voran und Cristi hat auch nach einer Woche Beschattung kaum Nennenswertes herausgefunden. Aber Cristi hat keine Eile: In den meisten EU-Ländern ist der Konsum von Haschisch legal und deshalb, so denkt Cristi, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich das Gesetz auch in Rumänien ändern wird. Weshalb also das Leben eines jungen Mannes mit mehreren Jahren Gefängnis ruinieren? Cristi ist ein genauer Mensch, er rapportiert jeden Vorfall, auch wenn im Grunde nichts geschieht. Er spricht in seiner wortkargen Art mit seiner Frau Anca über Diverses, bloss nicht über seine Arbeit. Trotz seiner effizienten Arbeitsweise gerät Cristi immer wieder in Situationen, die seine Arbeit verlangsamen: Da ist der gekränkte Arbeitskollege, welcher der Dringlichkeit von Cristis Angelegenheiten nicht gerecht werden will. Oder die Sekretärin, die lieber mit einem Freund zu Mittag essen will, als Cristi einen Gefallen zu tun. Da ist der Anwalt, der streng das Gesetz befolgt, und der Polizeichef Anghelache, der Cristi in einem langen und soliden Vortrag weismachen will, welches die Aufgabe eines guten Polizisten ist. «Police, Adjective» ist der zweite Langzeitspielfilm von Corneliu Porumboiu und hat 2009 in Cannes den Jurypreis sowie den FIPRESCI Award gewonnen. Der rumänische Regisseur, der seinen Film selber geschrieben und produziert hat, observiert genau und hält die Kamera stets auf neutraler Ebene. Porumboiu filmt die Beschattung in Echt-Zeit; die Dialoge sind spärlich, doch die Worte sorgfältig gewählt. Immer wieder finden sich in den Aussagen Anspielungen auf die Situation Rumäniens im EU-Raum sowie die Bedeutung und den Sinn der drei Gs des Films: Gewissen, Gesetz, Gerechtigkeit. Porumboiu entpuppt sich als äusserst geduldiger Beobachter. Er urteilt nicht und verrät kaum etwas über das Innenleben seiner Protagonisten. Doch in der Ruhe liegt die Kraft dieses behutsamen Films, der uns auf unspektakuläre Art und Weise aufzeigt, wo die grössten Gewissenskonflikte herrühren können.

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Niederer, Kraft & Frey, Zürich

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Stoll Immobilientreuhand AG, Winterthur

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Kaiser Software GmbH, Bern

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Responsability Social Investments AG, Zürich

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chefs on fire GmbH, Basel

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Ingenieurbüro BEVBE, Bonstetten

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Gemeinnütziger Frauenverein Nidau

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VXL gestaltung und werbung ag, Binningen

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Scherrer & Partner GmbH, Basel

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TYDAC AG, Bern

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KIBAG Strassen- und Tiefbau

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OTTO’S AG, Sursee

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Klinik Sonnenhalde AG, Riehen

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Canoo Engineering AG, Basel

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Lehner + Tomaselli AG, Zunzgen

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fast4meter, storytelling, Bern

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Brother (Schweiz) AG, Baden

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Druckerei Hürzeler AG, Regensdorf

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IBZ Industrie AG, Adliswil

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Zeix AG, Zürich

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Zürcher Kantonalbank, Zürich

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Axpo Holding AG, Zürich

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Experfina AG, Basel

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AnyWeb AG, Zürich

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muttutgut.ch, Lenzburg

Möchten Sie bei den positiven Firmen aufgelistet werden? Mit einer Spende von mindestens 500 Franken sind Sie dabei! PC-Konto: 12-551455-3, Verein Strassenmagazin Surprise, 4051 Basel Zahlungszweck: Positive Firma + Ihr gewünschter Eintrag! Wir schicken Ihnen eine Bestätigung.

Police, Adjective (2009), 113 Min., Rumänisch mit deutschen und französischen Untertiteln. Ab 26. August 2010 in den Deutschschweizer Kinos.

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Ausgehtipps

Spionin mit Gerechtigkeitssinn: Satu Blancs Giovanna.

Am Tag ist das Rhybadhysli was fürs Auge, die Nacht wird dort zum Hörerlebnis.

Basel Hören statt sehen

Basel Macht und Machenschaften im Mittelalter

am 19. August; weitere Aufführungen am 2./16./30. September, Detailprogramm und

Alle Wege führen nach Basel. Denn hier tagt das Konzil. Geistliche und weltliche Würdenträger aus dem ganzen Abendland bevölkern die Stadt. Die Kirchenversammlung selbst bringt nicht den gewünschten Erfolg. Der Konflikt zwischen den Reformwilligen und den Papstanhängern hat sich aufs Äusserste zugespitzt. Im Gefolge eines Kardinals befindet sich auch Giovanna. Verkleidet als Mann, dient sie ihm als Sekretär. Sie wird Zeugin des Konzils und der immer groteskeren Streitigkeiten um die Vorherrschaft in der Christenheit. Als bekannt wird, dass es einem der Konzilteilnehmer gelungen ist, die grösste Fälschung der Geschichte aufzudecken, wird Giovanna vom Kardinal ausgesandt, die brisante Entdeckung unschädlich zu machen. Sie aber setzt alles daran, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Die Schauspielerin und Historikerin Satu Blanc lässt vor ihrem Publikum eine Metropole und einen Machtkampf lebendig werden, der die Welt bewegte. (phg)

Infos: www.tiloahmels.ch/10_rheinhoeren.php

Satu Blanc, «Die Spionin aus Rom», 24. und 25. August, 19 Uhr, Kellertheater Isaak,

Openair-Kinos haben sich in unserem Sommer längst etabliert, sie gehören zum Unterhaltungsprogramm wie die Wurst zum 1. August. Etwas ungewöhnlicher ist ein Abend in einer Openair-Hörspiel-Aufführung. Ort des Geschehens ist das «Rhybadhysli Santihans» – das Rheinbad im Basler St. Johann-Quartier. Bequeme Liegestühle, Decken und Kissen garantieren entspanntes Zuhören. Und auch auf einen Temperatursturz ist man am Rhein vorbereitet: Wer will, bekommt eine Wärmeflasche. Während die Geschichten die Ohren füllen, können die Hörer ihren Blick über die Kulisse des nächtlichen Basels schweifen lassen und ihr ganz persönliches Kino im Kopf abspielen. (juk) Rhein hören!, jeweils donnerstags, 20 Uhr, bei jedem Wetter; nächste Aufführung

Münsterplatz 16, Basel. Anmeldung erforderlich: Tel. 061 261 47 50 oder E-Mail an

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satu@gmx.ch; www.satublanc.ch

Ofenpass/Nationalpark «Ich zeig dir was, was du nicht siehst» Was machen eigentlich die Hirsche, wenn es dunkel wird? Wie hat man früher Waren über die hohen Alpenpässe transportiert? Antworten auf diese und viele andere Fragen erhalten Familien auf dem Kinderpfad Champlönch im Schweizerischen Nationalpark am Ofenpass. Das Konzept ist ausgefeilt: Jede Familie leiht sich im Nationalparkzentrum in Zernez einen digitalen Wanderführer mit GPS. Entlang des Wanderwegs meldet sich der elektronische Begleiter an verschiedenen Stationen mit spannenden Hintergrundgeschichten, die jeweils mit der Umgebung in direktem Zusammenhang stehen. Zum Beispiel: Am Weg liegt eine Hirschsuhle. Auf dem digitalen Wanderführer hören die Kinder in einem Hörspiel, was hier in der Nacht passiert. Eine sehr unterhaltsame Art, vor grossartiger Naturkulisse die Leiden des Wanderns zu vergessen. (jak) Der Kinderpfad Champlönch führt vom Parkplatz P1 an der Ofenpassstrasse zum Hotel Il Fuorn. Anfangsund Endpunkt der Wanderung sind stündlich mit dem Postauto ab Zernez erreichbar. Kosten (inkl. Büchlein, CD und digitaler Wanderführer): CHF 19.– für einen Tag. Reservation empfohlen: Nationalparkzentrum

Mit sprechendem GPS macht wandern Spass.

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Zernez 081 851 41 41. SURPRISE 231/10


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Zürich Entspannt am Röntgenplatz Zürichs wilden Westen überlassen die Einheimischen am Wochenende meist gern den Auswärtigen. Am Röntgenplatzfest aber erobern sich die Bewohner des Kreis fünf ihr Revier zurück. Am Freitag geht es entspannt los mit Jazz von Pierre Favre und indischen Klängen von Ken Zuckerman und Sanju Sahai. Der Samstagnachmittag gehört traditionell den Kids, die zwischen Sirupbar und Tanzwettbewerb wuseln, bevor am Abend die Boogie-Urviecher Los Dos und Palkomuski mit tausend Takten Tanzmusik für Bewegung vor der Bühne sorgen. Die Musik ist aber nicht das Wichtigste, denn während des Anstehens an der Bar trifft man meist alte Bekannte, die einen auf den neuesten Stand in Sachen Nachwuchs und Neubauwohnungen bringen. Das alles läuft so entspannt, dass auch Erstbesucher schneller als sonst in dieser Stadt Anschluss finden. (ash) Röntgenplatzfest, 27. und 28. August, Röntgenplatz, Zürich. www.roentgenplatzfest.ch

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Schall und Rauch am Röntgenplatz: Palkomuski.

Dornach Himmelsblau und Morgenrot Auf wenige Dinge war Goethe so stolz wie auf seine vor 200 Jahren veröffentlichte Farbenlehre: «Auf alles, was ich als Poet geleistet habe, bilde ich mir gar nichts ein. Es haben treffliche Dichter mit mir gelebt, es lebten noch trefflichere vor mir, und es werden ihrer nach mir sein. Dass ich aber in meinem Jahrhundert in der schwierigen Wissenschaft der Farbenlehre der einzige bin, der das rechte weiss, darauf tue ich mir etwas zugute …» (Goethe zu Eckermann). Das Goetheanum in Dornach überrascht mit einer interaktiven, spannenden Ausstellung. Himmelsblau und Morgenrot, Regenbogen und Prismen, farbige Schatten und Spektrenprojektionen auf Kinoleinwand machen uns staunen. Für Erwachsene und Kinder, Wissenschaftlerinnen und neugierige Laien! (bo)

Anzeigen:

Experiment Farbe – 200 Jahre Goethes Farbenlehre. Eine interaktive Ausstellung. Noch bis 31. August 2010 Goethe war sicher auch von Regenbogen fasziniert.

am Goethanum in Dornach. www.experimentfarbe.ch

— www.theater-basel.ch, Tel. +41/(0)61-295 11 33 — SURPRISE 231/10

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Verkäuferporträt «Ich weiss, wie wertvoll freie Meinungsäusserung ist» BILD: ZVG

Samuel Amare (37) desertierte aus der eritreischen Armee und musste als Regierungskritiker seine Heimat verlassen. Die traumatische Flucht zu Fuss und per Boot endete in der Schweiz. Hier fühlt er sich sicher, weil er keine Angst haben muss, wenn er seine Meinung sagt. AUFGEZEICHNET VON YVONNE KUNZ

«Tag und Nacht patrouillierten wir damals im Grenzgebiet zwischen Eritrea und Äthiopien. Von 1999 bis 2006. Während und nach dem Grenzkrieg, der 1998 ausgebrochen war. Ich trug dabei immer zwei Bomben, eine Kalashnikov und 120 Schuss Munition auf mir. Das Leben in der eritreischen Armee ist hart: Nur einmal pro Jahr durfte ich nach Hause reisen und meine Familie in Asmara, der Hauptstadt des Landes, besuchen. Ich hatte mit meinen acht Geschwistern eine ziemlich glückliche Kindheit. Mein Vater arbeitete lange Zeit als Buchhalter und machte sich aufs Alter mit einem Pullovergeschäft selbstständig. Nebenbei gab er immer auch Autofahrstunden. Seit einem Jahr ist er nun schon tot. Der Gram und die Trauer hatten ihn krankgemacht. Zwei meiner Brüder, einer davon mein Zwilling, sind im Krieg umgekommen. Das hat er nie ganz verkraftet. Seit meiner Flucht 2008 habe ich ihn nie wieder gesehen. Anrufen will ich meine Familie auch nicht – ich habe Angst, dass sie überwacht werden und dann wegen der Anrufe Schwierigkeiten bekommen. Ich bin nämlich ein Deserteur und Regierungskritiker. Man steckte mich ins Militärgefängnis, weil ich die Politik und die Regierung meines Landes hinterfragte. In Diskussionen mit anderen Soldaten und meinen Vorgesetzten sagte ich immer wieder: Eritrea ist eine Militärdiktatur. Noch nie haben demokratische Wahlen stattgefunden, das muss sich ändern! Wir haben ein Einparteiensystem, und was ist das anderes als eine Diktatur? Wegen dieser Äusserungen wurde ich eines Tages von der Militärpolizei abgeführt und in den Knast geworfen. Zwei Jahre und sieben Monate war ich in einem Inselgefängnis, wie Alcatraz. Wir bekamen täglich drei Liter Wasser pro Kopf – auch bei 42 Grad Hitze. Zu essen gab es nur Brot mit Tunke. Sanitäre Anlagen gab es keine, gewaschen haben wir uns vielleicht ein Mal im Monat. Und wenn ich Probleme machte, gab es Prügel mit der Peitsche. Als man mich freiliess, tauchte ich unter. Mithilfe einiger Freunde in der Armee gelangte ich zu Fuss über die Grenze in den Sudan. Ich durchquerte das Land, teils die Sahara und gelangte nach Libyen und von dort mit einem Boot in zwei, drei Tagen nach Italien. Ich wollte eigentlich gar nicht in die Schweiz, aber die Organisation, die meine ‹Reise› arrangiert hatte, brachte mich nach Vallorbe. 3000 US-Dollar habe ich dafür bezahlt. Wie lange der Weg war, weiss ich nicht mehr. Ich könnte nicht mal mehr sagen, ob es Wochen oder Monate waren. Es war schlimm, ich will mich gar nicht erinnern. Meine Familie wusste nichts von meiner Flucht, aber ich hatte keine andere Möglichkeit, als zu gehen. Ich darf nicht zu sehr darüber nachdenken, dass ich sie wohl nie wieder sehen werde. Wenn ich ins Grü-

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beln komme, dann lenke ich mich mit einem Spaziergang ab, muss mich bewegen. Toll ist in diesen Momenten auch, wenn ich mich mit meinen eritreischen Freunden hier in Zürich austauschen kann. Freundschaft ist gerade dann besonders wichtig. Als ich in die Schweiz kam, war natürlich alles neu für mich. Jetzt sage ich: Es ist alles gut für mich. Ich weiss auch, dass ich es sagen könnte, wenn es nicht so wäre – und ich weiss wirklich, wie wertvoll die freie Meinungsäusserung ist. Hier ist alles ruhig, alles friedlich. Das einzige Problem ist das Wetter. Mal ist es heiss, dann kalt. Jetzt regnet es, in zehn Minuten scheint sicher wieder die Sonne. Surprise verkaufe ich in Thalwil, seit knapp einem Jahr. Es ist eine gute Sache, denn so kommt man mit den Leuten ins Gespräch. Ich lerne die Menschen hier besser kennen und sie begegnen durch den Verkauf auch mal jemandem wie mir. Deshalb gefällt mir diese Arbeit. Aber eigentlich bin ich ja Automechaniker und mein Wunsch ist es, diesen Beruf wieder auszuüben. Derzeit suche ich nach einer Praktikumsstelle in einer Autogarage. Eventuell finde ich dadurch eine Lehrstelle oder noch besser: eine Festanstellung. Dann hätte ich endlich freie Fahrt ins Leben.» ■ SURPRISE 231/10


Eine Chance für alle! Werden Sie Surprise-Götti oder -Gotte ber. Das verdient Respekt und Unterstützung. Regelmässige Verkaufende werden von Surprise-Sozialarbeiterinnen betreut, individuell begleitet und gezielt gefördert. Dazu gehört auch, dass sie von Surprise nach bestandener Probezeit einen ordentlichen Arbeitsvertrag erhalten. Mit der festen Anstellung übernehmen die Surprise-Verkaufenden mehr Verantwortung; eine wesentliche Voraussetzung dafür, wieder fit für die Welt und den Arbeitsmarkt zu werden.

Starverkäufer BILD: ZVG

Surprise kümmert sich um Menschen, die weniger Glück im Leben hatten als andere. Menschen, die sich aber wieder aufgerappelt haben und ihr Leben in die eigenen Hände nehmen wollen. Mit dem Verkauf des Strassenmagazins Surprise überwinden sie ihre soziale Isolation. Ihr Alltag bekommt Struktur und wieder einen Sinn. Sie gewinnen neue Selbstachtung und erarbeiten sich aus eigener Kraft einen kleinen Verdienst. Die Surprise-Strassenverkäuferinnen und -verkäufer helfen sich sel-

Als Götti oder Gotte ermöglichen Sie einer Strassenverkäuferin oder einem -verkäufer eine betreute Anstellung bei Surprise und damit die Chance zur Rückkehr in ein selbstbestimmtes Leben.

René Senn Zürich

Marlise Haas Basel

Bob Ekoevi Koulekpato Basel

Jovanka Rogger Zürich

Claudia Aronis aus St. Gallen nominiert Rene Widmer als Starverkäufer: «Heute stand er vor dem Globus. Ich wollte das Magazin kaufen, hatte aber nur 5.50 anstatt 6 Franken dabei. Er sagte ganz cool, wegen der 50 Rappen soll ich mir keine Sorgen machen. Er hätte etwas Trinkgeld gemacht und lege die 50 Rappen von seinem Trinkgeld dazu, dann könne ich das Magazin gerne haben. Das war herzig. Ich gehe immer zu ihm, weil er sehr freundlich grüsst und immer lächelt.»

Ausserdem im Förderprogramm SurPlus: Peter Gamma, Basel Peter Hässig, Basel Tatjana Georgievska, Basel Marika Jonuzi, Basel Jela Veraguth, Zürich Andreas Ammann, Bern

Anja Uehlinger, Baden Kurz Brügger, Basel Wolfgang Kreibich, Basel Marlis Dietiker, Olten Fatima Keranovic, Baselland

Nominieren Sie Ihren Starverkäufer! Schreiben Sie uns mit einer kurzen Begründung, welchen Verkäufer Sie an dieser Stelle sehen möchten: Strassenmagazin Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41+61 564 90 99, redaktion@strassenmagazin.ch

Ja, ich werde Götti/Gotte von: 1 Jahr: 8000 Franken

1/2 Jahr: 4000 Franken

1/4 Jahr: 2000 Franken

Vorname, Name

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1 Monat: 700 Franken

231/10 Talon bitte senden oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch, PC-Konto 12-551455-3 SURPRISE 231/10

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Surprise ist: Hilfe zur Selbsthilfe Surprise hilft seit 1997 Menschen in sozialen Schwierigkeiten. Mit Programmen in den Bereichen Beschäftigung, Sport und Kultur fördert Surprise die soziale Selbständigkeit. Surprise hilft bei der Integration in den Arbeitsmarkt, bei der Klärung der Wohnsituation, bei den ersten Schritten raus aus der Schuldenfalle und entlastet so die Schweizer Sozialwerke.

Ich möchte Surprise abonnieren! 24 Ausgaben zum Preis von CHF 189.– (Europa: CHF 229.– ) (Verpackung und Versand bieten StrassenverkäuferInnen ein zusätzliches Einkommen.) Gönner-Abo für CHF 260.–

Eine Stimme für Benachteiligte Surprise verleiht von Armut und sozialer Benachteiligung betroffenen Menschen eine Stimme und sensibilisiert die Öffentlichkeit für ihre Anliegen. Surprise beteiligt sich am Wandel der Gesellschaft und bezieht Stellung für soziale Gerechtigkeit. Strassenmagazin und Strassenverkauf Surprise gibt das vierzehntäglich erscheinende Strassenmagazin Surprise heraus. Dieses wird von einer professionellen Redaktion produziert, die auf ein Netz von qualifizierten Berufsjournalistinnen, Fotografen und Illustratorinnen zählen kann. Das Magazin wird fast ausschliesslich auf der Strasse verkauft. Rund dreihundert Menschen in der deutschen Schweiz, denen der Arbeitsmarkt verschlossen bleibt, erhalten damit eine Tagesstruktur, verdienen eigenes Geld und gewinnen neues Selbstvertrauen.

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Herausgeber Strassenmagazin Surprise GmbH, Postfach, 4003 Basel, www.strassenmagazin.ch Geschäftsführung T +41 61 564 90 63 Fred Lauener, Agnes Weidkuhn (Assistenz GF) Öffnungszeiten Sekretariat Mo–Do 9–12 Uhr, T +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99 info@strassenmagazin.ch Redaktion T +41 61 564 90 70 Fred Lauener (Leitung), Reto Aschwanden, Julia Konstantinidis, Mena Kost, Thomas Oehler (Sekretariat) redaktion@strassenmagazin.ch Freie Mitarbeit Claudia Bosshardt, Christian Flierl, Philipp Gafner, Michael Gasser, Lucian Hunziker, Olivier Joliat, Janine Kern, Yvonne Kunz, Stephan Pörtner, Andri Pol, Milena Schärer, Fabienne Schmuki, Christian Schnur, Isabella Seemann, Udo Theiss, Johanna Wedl, Priska Wenger, Christopher Zimmer Korrektorat Alexander Jungo Gestaltung WOMM Werbeagentur AG, Basel Druck AVD Goldach Auflage 29 400, Abonnemente CHF 189.–, 24 Ex./Jahr Anzeigenverkauf T +41 76 325 10 60 anzeigen@strassenmagazin.ch

Sport und Kultur Surprise fördert die Integration auch mit Sport. In der Surprise Strassenfussball-Liga trainieren und spielen Teams aus der ganzen deutschen Schweiz regelmässig Fussball und kämpfen um den Schweizermeister-Titel sowie um die Teilnahme an den Weltmeisterschaften für sozial benachteiligte Menschen. Seit 2009 hat Surprise einen eigenen Chor. Gemeinsames Singen und öffentliche Auftritte ermöglichen Kontakte, Glücksmomente und Erfolgserlebnisse für Menschen, denen der gesellschaftliche Anschluss sonst erschwert ist. Finanzierung, Organisation und internationale Vernetzung Surprise ist unabhängig und erhält keine staatlichen Gelder. Das Strassenmagazin wird mit dem Erlös aus dem Heftverkauf und mit Inseraten finanziert. Für alle anderen Angebote wie die Betreuung der Verkaufenden, die Sportund Kulturprogramme ist Surprise auf Spenden, auf Sponsoren und Zuwendungen von Stiftungen angewiesen. Surprise ist eine nicht gewinnorientierte soziale Institution. Die Geschäfte werden von der Strassenmagazin Surprise GmbH geführt, die vom gemeinnützigen Verein Strassenmagazin Surprise kontrolliert wird. Surprise ist führendes Mitglied des Internationalen Netzwerkes der Strassenzeitungen (INSP) mit Sitz in Glasgow, Schottland. Derzeit gehören dem Verband über 100 Strassenzeitungen in 40 Ländern an.

Marketing T +41 61 564 90 61 Theres Burgdorfer Vertrieb T +41 61 564 90 81 Smadah Lévy (Leitung) Vertrieb Zürich T +41 44 242 72 11 Reto Bommer, Engelstrasse 64, 8004 Zürich, Mobile +41 79 636 46 12 r.bommer@strassenmagazin.ch Vertrieb Bern T +41 31 332 53 93 Alfred Maurer, Pappelweg 21, 3013 Bern, Mobile +41 79 389 78 02 a.maurer@strassenmagazin.ch Betreuung und Förderung T +41 61 564 90 51 Rita Erni Chor/Kultur T +41 61 564 90 40 Paloma Selma Strassensport T +41 61 564 90 10 Lavinia Biert Trägerverein Strassenmagazin Surprise Präsident: Carlo Knöpfel Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auch auszugsweise oder in Ausschnitten, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird von der Redaktion und dem Verlag jede Haftung abgelehnt. Surprise behält sich vor, an Verkaufende gerichtete Postsendungen zu öffnen. Barspenden an namentlich bezeichnete Verkaufende können nur bis zu einem Betrag von CHF 100.– weitergeleitet werden. Darüber hinausgehende Beträge sollen – im Einverständnis mit der Spenderin oder dem Spender – allen Verkaufenden zugute kommen. SURPRISE 231/10


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*gemäss MACH Basic 2009-2.


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