Surprise Strassenmagazin 232/10

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Fettes Feindbild Wie Dicke diskriminiert werden Straffreiheit für Süchtige – neue Wege in der Drogenpolitik

Dilemma im Teller: Warum wir nicht essen, was wir wollen

Nr. 232 | 27. August bis 9. September 2010 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass.


Der Sommer ist da.

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*gemäss Basic 2008-2. Seite bitteMACH heraustrennen und schicken oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch

Ist gut. Kaufen! Wer etwas verkauft, braucht Geld. Schlichte Wahrheit – gute Sache. Denn 50 Prozent des Verkaufspreises kommt Surprise zugute. Alle Preise exkl. Versandkosten.

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10 Drogenlegalisierung Schluss mit der Strafverfolgung BILD: ISTOCKPHOTO

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Inhalt Editorial Wahre Werke Willkommen im Archiv Surprise zum Nachlesen Basteln für eine bessere Welt Das Kandidatenkarussell Aufgelesen Fehlerlose Eltern Zugerichtet Tarifordnung für Schlötterlinge mit scharf! Konsequente Suchtpolitik Erwin … ist zu dick Porträt Ein Leben fürs Hotel Netzwerkwelt Der Mensch als Beziehungsjäger Le mot noir Onkels Motorrad Ausstellung Kunst macht mobil Kulturtipps Schillernde Bekenntnisse Ausgehtipps Blick zurück nach vorn Verkäuferporträt Der Aussendienstler Projekt Surplus Chance für alle! Starverkäufer In eigener Sache Impressum INSP

Abgabeprogramme und Hilfsangebote haben die Zustände in der Drogenszene verbessert. Doch noch immer machen sich die Süchtigen mit jedem Schuss strafbar. Zudem steigt trotz polizeilicher Repression die Zahl der Kokainkonsumenten. Ein Expertengremium des Bundes bricht nun ein Tabu und fordert die Entkriminalisierung von Besitz und Konsum. Die Schweiz hat eine neue Drogendebatte, Surprise hat sich umgehört.

13 Übergewicht Dicke im Dilemma BILD: PLAINPICTURE

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Menschen, die deutlich mehr als das Normalgewicht mit sich herumtragen, müssen sich immer stärker für ihr Erscheinungsbild rechtfertigen. Denn dick ist man nicht einfach so, sondern weil man zu faul ist, zu willensschwach oder zu doof, um abzunehmen. Übergewichtige sehen sich mit einer steigenden Zahl von Vorurteilen und Anfeindungen konfrontiert. Um ihnen entgegen zu treten, müssen sie oft den Spagat zwischen dem eigenen Körperempfinden und den Erwartungen der Gesellschaft machen.

18 Ernährung Der Geist wär willig, doch der Konsument bleibt schwach BILD: ANDREA GANZ

Fast Food und Industrienahrung ist weder gesund noch lecker. Schmackhafter und bekömmlicher wären Milch und Gemüse vom Bauern aus dem Nachbardorf. Viele Konsumenten sehnen sich nach ursprünglichen Lebensmitteln – und kaufen trotzdem die Massenware vom Grossverteiler. Warum das so ist und wie der moderne Mensch aus der Zwickmühle zwischen Zeitmangel und Qualitätsbewusstsein findet, erklärt die Konsumforscherin Mirjam Hauser im Interview.

Titelbild: iStockphoto SURPRISE 232/10

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BILD: DOMINIK PLÜSS

JULIA KONSTANTINIDIS, REDAKTORIN

Editorial Wahre Werte

Archiv online Nichts verpasst! Haben Sie eine Surprise-Ausgabe verpasst oder erinnern Sie sich an eine Geschichte, die Sie gerne noch einmal lesen möchten? Ab sofort können Sie in unserem OnlineArchiv in Heften blättern, die auf der Strasse nicht mehr erhältlich sind. Auf unserer Website www.strassenmagazin.ch finden Sie unter der Rubrik «Magazin/Archiv 2009 und Archiv 2010» alle Ausgaben ab Nummer 200 zum Nachlesen. Wir wünschen frohes Stöbern und schöne Lektüre.

War es Zufall, dass ich statt eines Rivella rot ein kalorienärmeres Rivella blau serviert bekam, just als ich mit einer 140 Kilo schweren Frau am Tisch sass? Oder war die Eselsbrücke des Kellners so simpel wie falsch: Ein Rivella und ein Mineralwasser für den Tisch mit der dicken Frau – und schon hatte er die Diätvariante in der Hand? Übergewichtige fallen auf, irritieren. Weshalb sie eine andere Statur haben als die Bevölkerungsmehrheit, dafür gibt es so viele Gründe wie es Übergewichtige gibt. Und immer mehr von ihnen wehren sich gegen Pauschalverurteilungen und Diskriminierungen. Lesen Sie ab Seite 13 mit welchen Vorurteilen sie zu kämpfen haben. Konsumenten von illegalen Drogen werden durch die Kriminalisierung ihrer Sucht in das Klischee der abgestürzten Existenz gedrängt. Dabei könnten Drogenkonsumenten ein stabiles Leben mit Familie und Arbeit führen, wenn ihre Sucht nicht mehr in der Illegalität stattfinden müsste. Ein Expertenrat fordert nun genau das. Lesen Sie den Artikel darüber von Redaktor Reto Aschwanden ab Seite 10. Übergewicht und Sucht sind beides Auswirkungen einer modernisierten, immer schneller werdenden Welt. Mit dem steigenden Lebenstempo steigt auch die Sehnsucht nach festen Werten. Aber wir haben keine Zeit mehr dafür und deshalb essen wir zum Beispiel Fertigsuppe statt selbst gemachte Gemüsebrühe – die wir doch eigentlich viel lieber hätten. Über dieses Dilemma sprach Claudia Bosshardt mit der Sozial- und Wirtschaftspsychologin Mirjam Hauser, ab Seite 18. Auch in unseren zwischenmenschlichen Beziehungen würden wir uns wieder mehr Klarheit wünschen. Aber die technologischen Möglichkeiten haben die klassischen Kommunikationsmuster aufgehoben. Was das für Auswirkungen hat, schreibt Wolfgang Lotter ab Seite 16. Ich wünsche Ihnen eine gute Lektüre, J. Konstantinidis

Surprise ist auf Spenden angewiesen. Auch auf Ihre! Herzlichen Dank. PC-Konto 12-551455-3 Ihre Meinung! Bitte schicken Sie uns Ihre Anregungen oder Kritik: Strassenmagazin Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, T +41 61 564 90 70, redaktion@strassenmagazin.ch. Es werden nur Leserbriefe abgedruckt, die mit vollem Namen unterzeichnet sind. Die Redaktion behält sich vor, Briefe zu kürzen.

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ILLUSTRATION: WOMM

Öffnen Sie eine leere Schachtel Schmelzkäse und

Schneiden Sie eine WC-Rolle durch. Schieben

Leimen Sie die WC-Rolle mittig auf

legen Sie sie auf den Tisch.

Sie sie so zusammen, dass sich ihr Durch-

den Boden der Käseschachtel.

messer verkleinert. Kleben Sie die WC-Rolle mit Klebeband wieder zusammen.

Geben Sie Leim auf das obere Ende

Malen Sie das Karussell an, sobald der

Schneiden Sie aus Magazinen und Zeitungen

der Rolle und kleben Sie den Deckel

Leim trocken ist. Mit Haarspray können

Figuren aus, die auf dem Karussell fahren sol-

der Käseschachtel drauf.

Sie das Karussell lackieren.

len, zum Beispiel Rössli, Autos oder Kutschen.

Stechen Sie dort, wo die Figuren stehen sollen, mit einer Nadel kleine Löcher in den Boden des Karusells. Stecken Sie die Figuren am Zahnstocher in die Löcher.

Befestigen Sie die Figuren auf der Hinterseite mit einem auf die entsprechende Länge gekürzten Zahnstocher. Schneiden Sie aus Zeitungen, Magazinen oder Fotoalben Ihre Bundesratsfavoriten aus und kleben Sie sie auf das hohe Ross oder in die Bundesratslimousine.

Basteln für eine bessere Welt Das Karussell der Bundesratskandidaten kommt in Schwung! Gleich zwei freie Plätze im Regierungsreigen sind zu besetzen. Wer es aufs Surprise-Wahlkarussell schafft, hat schon mal keine schlechten Chancen. SURPRISE 232/10

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Aufgelesen News aus den 90 Strassenmagazinen, die zum internationalen Netzwerk der Strassenzeitungen INSP gehören.

Einsam Stuttgart. Eine Verkäuferin des Stuttgarter Strassenmagazins über Einsamkeit: «Zu zweit ist das Leben schön. Es kann aber auch passieren, dass der Ehemann trinkt und das hart verdiente Geld in die Wirtschaft trägt. Als Ehefrau wird man dann vielleicht schlecht behandelt: Beschimpft, geschlagen, gedemütigt. Geld hat man auch bald keines mehr. Und wenn man welches hätte – mit Geld kann man ja nicht reden und nicht lachen. Also geht man auf die Strasse, sucht sich einen Platz zum Schlafen. Unterwegs trifft man andere, die ebenfalls einsam sind.»

Ungemütlich München. In München fällt es den Bewohnern schwerer als früher, sich wohl zu fühlen: Auf einer Bank oder Mauer ein Eis essen oder einen Schwatz halten – vielerorts ist das nicht mehr möglich. Um zu verhindern, dass Jugendliche es sich im öffentlichen Raum gemütlich machen oder Obdachlose auf einer Parkbank übernachten, werden bauliche Massnahmen ergriffen: Mauern, die giebelartig zulaufen, Bänke, die durch Armstützen verhindern, dass man sich hinlegen kann – und die Telefonkabine, in die man sich bei Regen einst flüchten konnte, hat ebenfalls ausgedient.

Authentisch Salzburg. Nie wurde so viel über Kindererziehung debattiert wie heute – immer mit dem Ziel, als Eltern möglichst keine Fehler zu machen. Dabei: «Perfekte Eltern sind für Kinder eine grosse Hypothek. Sie schätzen es viel mehr, wenn ihre Eltern authentisch sind», so Erziehungscoach Edith Lettner. Oft seien es denn auch die sogenannt schwierigen Kinder, die erbarmungslos enttarnten, wenn Erziehung mehr mit gesellschaftlichen Normen und Vorstellungen zu tun hat als mit ehrlichem Anliegen.

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Zugerichtet Was kostet ein Seckel? Von einer Nacht auf die andere standen sich die Kumpels Albert und Bruno als erbitterte Rivalen gegenüber. Denn Alberts Freundin Petra wechselte zu Bruno. Das Glück des neuen Paars war dem versetzten Liebhaber verhasst. In Telefonanrufen verunglimpfte er die ehemaligen Freunde hemmungslos – bis Bruno den Schmähungen Einhalt gebot. Er liess ein schlimmes Wort über Alberts Mutter fallen. Die Mutter Alberts war Bruno gänzlich unbekannt. Er war auch nur darauf gekommen, sie zu beschimpfen, weil jener ja keine Freundin mehr hatte, deren Ehre er hätte beschmutzen können. Kaum war die Beleidigung derb und deftig ausgesprochen, ahnte Bruno, dass er einen Fehler begangen hatte. Albert zeigte ihn wegen Beschimpfung an. Das Delikt «Beschimpfung» wurde wohl eigens erfunden, damit auch erwachsene Mimosen eine Anlaufstelle zum «Rätschen» haben. Meist spricht der Richter eine Busse aus, von der der Anzeigeerstatter allerdings nichts hat. Ausser die Rachebefriedigung: «Ätsch, jetzt musst du dafür zahlen, dass du mich ‹Blöde Kuh› genannt hast.» Im Gegensatz zur üblen Nachrede oder der Verleumdung, welche dann vorliegt, wenn einer dem anderen wider besseres Wissen öffentlich unehrenhaftes Verhalten unterstellt, erfährt der Beschimpfte mit dem Urteil keine offizielle Ehrenrettung. Ein Blick in die Rechtsprechung gibt Auskunft über die Kreativität der Beleidiger und den Ermessensspielraum der Richter. So musste ein Basler Gericht bereits über die Zulässigkeit von «Verdammti Dräcksieche,

verfluechti Schoofseggel, Stingger, verdammti Arschlöcher» als Betitelung zweier Velofahrer entscheiden und büsste den Automobilisten mit 500 Franken. Nur «Affe» nannte ein Mann seine Frau und kam damit im Tessin günstig weg: 200 Franken. Mit den Worten «Wichser» und «Huerä Usländer» bedachte ein unzufriedener Gast den Pizzaiolo einer Prättigauer Beiz, was ihn um 350 Franken erleichterte. Für «Du huere Schafseckel, chasch din Sauhund nüd a d Leine neh!» und «Ich mach dir dä Siech susch kaputt» sind in Zürich 300 Franken zu bezahlen. Keinen Lyrikpreis, sondern eine Busse von 400 Franken erhielt jene Dichterin, die im Internet Verse über einen Aargauer Politiker schmiedete: «Do kännid mer en andere, gopferdeckel/fürs Gäld macht de alles, e sone S…». Begründung des Gerichts: Obwohl «Seckel» nicht ausgeschrieben sei, ergebe sich aus dem Reim doch implizit dieser strafbare Ausdruck. Auch Ausflüchte, so ausgefuchst sie sein mögen, werden selten honoriert. Ein Mann, der seinen Nachbarn vor Zeugen mit «Hueresohn» ansprach, behauptete nur «Huereseich» gesagt zu haben. Tarif in Thun: 600 Franken. Selbst der sizilianische Kurier, der einem Motorradfahrer den Stinkefinger gezeigt hatte, kam mit seiner ethnologischen Erklärung, wonach «Südländer raumgreifend gestikulieren», nicht durch. Busse: 500 Franken, Verletzung der Verkehrsregeln inklusive. Das Beschimpfungsverfahren Albert vs. Bruno stellt der Richter hingegen ein: Weil es um so gut wie gar nichts geht. Dass bei dem Männerstreit auch seitens Albert heftig ausgeteilt wurde, findet Bruno nicht weiter tragisch. Im übrigen hat er schon die nächste Freundin. ISABELLA SEEMANN (ISEE@GMX.CH) ILLUSTRATION: PRISKA WENGER (PRISKAWENGER@GMX.CH) SURPRISE 232/10


Drogenpolitik Raus aus der Kriminalität Experten des Bundes fordern Straffreiheit für den Besitz und Konsum von Drogen. Dafür ist es höchste Zeit. Denn die pragmatische Politik der letzten Jahre ist auf halbem Weg stehengeblieben. VON RETO ASCHWANDEN

Die Schweizer Drogenpolitik der letzten 15 Jahre ist eine Erfolgsgeschichte. Eigentlich. Und ein Gegenbeispiel zur oft beklagten Unbeweglichkeit des hiesigen Systems. Es war nicht nur die Drogenhölle der frühen 90er am Zürcher Letten, die zur Abkehr von der reinen Repressionspolitik führte. Nicht nur die braven Bürger in den Innenstädten, die morgens aus der Haustür und in gebrauchte, womöglich HIV-infizierte Spritzen traten. Auch in den vermeintlich heilen Welten der Innerschweiz, im Rheintal und im Berner Oberland kannte damals jeder einen, der am Heroin zugrunde ging. Und dabei Familie und Freunde mit ins Elend zerrte. So wie es die Väter mit dem Schnaps vorgemacht hatten. Süchtige sind krank und nicht kriminell. Sie brauchen Hilfe und nicht Strafe. So lautete die Lektion, die ein ganzes Volk oder zumindest eine an der Urne manifeste Mehrheit damals lernte. Seither erhalten Schwerabhängige ihren Stoff vom Staat oder können ihn zumindest in geschützten Einrichtungen konsumieren. Die Polizei sorgt derweil dafür, dass sich keine offenen Szenen bilden. So weit, so gut. Und doch ist der Wille zum moralbefreiten, lösungsorientierten Umgang mit Rausch und Sucht bis heute nicht konsequent umgesetzt worden. Wer sich mit verbotenen Substanzen berauscht, macht sich noch immer strafbar. Folge: Die Betroffenen erhalten Bussen, die sie nicht bezahlen können und deshalb in Haftstrafen umgewandelt werden. Die Abhängigen werden damit aus ihren sozialen und beruflichen Umfeldern gerissen. Das ist deshalb gravierend, weil dank der Abgabeprogramme viele Heroinkonsumenten trotz Sucht weitgehend integriert bleiben. Zudem verursacht die Kriminalisierung immense Kosten bei Polizei und Justiz.

ERWIN … ist zu dick

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Nun gibt es einen neuen Anlauf, den Drang zum Rausch zu entkriminalisieren. Und zwar nicht von Hanfaktivisten oder irgendwelchen utopischen Träumern. Es sind Gesundheitsfachleute des Bundes, die feststellen: Eine sinnvolle Suchtpolitik kann nicht entlang der Unterscheidung zwischen legal und illegal operieren. Besitz und Konsum aller Rauschmittel sollen deshalb nach dem Willen der Experten künftig straffrei bleiben (siehe Artikel Seite 10). Bei Surprise haben wir einige Verkaufende, die mit Suchtproblemen kämpfen – vielleicht hat Ihnen einer davon dieses Heft verkauft. Deshalb wissen wir, dass Abhängige ihr Leben nur dann in den Griff bekommen können, wenn sie Unterstützung beim Ausstieg aus den Drogen und Hilfe beim Wiedereinstieg in die Gesellschaft erhalten. Strafen hingegen verschärfen das Elend. Die Schweizer Drogenpolitik ist auf dem richtigen Weg. Eigentlich. Bloss ist sie auf halber Strecke stehengeblieben. Es ist Zeit, dass sie wieder in Bewegung kommt. Nicht eigentlich. Sondern wirklich. ■

VON THEISS

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Porträt Der Gastgeber Jon M. Conradin ist Hotelier mit Leib und Seele. Seine Welt ist das Hotel Schweizerhof in Santa Maria, das er in dritter Generation führt. Er wollte nie etwas anderes als seine Gäste glücklich machen. VON JANINE KERN (TEXT) UND IVO ANDRI (BILD)

Wie ein Grand Hotel aus vergangenen Zeiten sieht er aus, der Schweizerhof in Santa Maria, dem verträumten Dorf im Münstertal, am Fuss des Ofen- und des Umbrailpasses. Im grossen Jugendstil-Speisesaal diniert man umgeben von viel Holz unter einem grossen Kronleuchter. In den Vitrinen altes Porzellan, an den Fenstern schwere rote Vorhänge. Und mittendrin der Gastgeber Jon M. Conradin. Er begrüsst alle Gäste persönlich, serviert Wein und Essen, fragt hier nach dem Befinden und gibt dort einen Ausflugstipp, ist immer präsent und drängt sich nie auf. Conradin ist ein Gentleman von ausgesuchter Höflichkeit gepaart mit einem scharfsinnigen Humor: «Das Fleisch für Bresaola stammt aus Brasilien, jenes für Bündnerfleisch aus Argentinien», erklärt er einer Dame, die nach dem Unterschied gefragt hat. Seine Gäste sind im Schweizerhof für ein paar Tage Königinnen und Könige, denn es ist seine Ambition, sie glücklich zu machen. Diese Leidenschaft wurde Jon Conradin in die Wiege gelegt. Das Hotel Schweizerhof ist seit drei Generationen im Besitz der Familie. Es verkörpert die Geschichte einer Familie, die mit Ausdauer, Einfallsreichtum und Flexibilität viele schwere Zeiten überstand. Das Hotel wurde 1903 von Geschäftsleuten aus St.Moritz erbaut, zwei Jahre nach dem Bau der Strasse über den Umbrailpass, die das abgelegene Münstertal auch vom Veltlin her zugänglich machte. Allerdings blieb der Erfolg im Münstertal aus: Bereits 1909 musste die Gesellschaft Konkurs anmelden und das Haus verkaufen. Das war die Chance für die Familie Conradin aus Vulpera. Sie war gerade von der mächtigsten Familie im Dorf aus ihrem Gästehaus vertrieben worden. Im Hotel Schweizerhof wagte das Paar mit dem kleinen Sohn den Neustart mit einer guten Idee: Frau Conradin stammte aus der Basler Grossfamilie Preiswerk mit elf Geschwistern sowie 13 Tanten und Onkeln. Also wurde die ganze Familie Preiswerk gratis zu einer Übernachtung in den Schweizerhof eingeladen. Dass man damals nicht bloss für eine Nacht von Basel ins Münstertal reisen konnte, gehörte zur Strategie. Aber die Preiswerks kamen – und blieben. Und bezahlten für die zusätzlichen Nächte. Das Hotel kam in Schwung, und Jon Conradin ist noch heute beeindruckt vom klugen Marketing seiner Grosseltern. «Doch dann rasselten Österreich und Italien an der Grenze mit den Säbeln, der Erste Weltkrieg begann. Weil die Schweiz eine Invasion aus Italien befürchtete, marschierte die Armee im Münstertal und auf dem Umbrailpass auf. Als Kommandoposten bestimmte der Generalstabschef das Hotel Schweizerhof», weiss Conradin. So konnten sich die Conradins zwar finanziell über Wasser halten, aber die Böden im Hotel wurden durch die Nagelschuhe der Soldaten und die Kanonen im Speisesaal ruiniert. Für Renovationen blieb keine Zeit, denn noch vor Ende des Krieges kam 1918 die Spanische Grippe, und wieder bot nur der Schweizerhof genügend Platz, um die vielen Kranken aufzunehmen. Die Conradins überstanden diese Krise ebenso, wie sie die 1930er-Jahre und den Zweiten Weltkrieg überstanden.

1950 übernahm Jon Conradins Vater den Schweizerhof. Noch immer war das Hotel nur im Sommer geöffnet. «Es gab keine Heizung, nur einzelne Öfen im Speisesaal und in einigen Zimmern», erzählt Jon Conradin. Jon und seine drei Geschwister schliefen in den Gästezimmern – so lang es freie gab. «Wenn alles ausgebucht war, schliefen wir auf Strohsäcken in der Wäscherei», sagt Conradin. «Das war gang und gäbe zu der Zeit, wir kannten es nicht anders.» Die Kinder halfen selbstverständlich im Betrieb mit. Jon mochte das Hotel schon immer am liebsten. Auch als er mit 16 nach Chur auf die Mittelschule ging, kam er jeden Sommer nach Hause und arbeitete im Service mit. Bald war klar, dass er das Hotel weiterführen würde. In den frühen 1970er-Jahren war es so weit. Jon hatte Ideen, investierte in den Ausbau der Zimmer – und fand die Liebe. Eine junge Zürcherin, die mit ihren Eltern Ferien im Schweizerhof machte, eroberte das Herz des Hoteliers. 1983 zog Belinda nach Santa Maria und stieg in den Hotelbetrieb ein. Das Paar bekam zwei Töchter und begann, Themenwochen im Schweizerhof zu organisieren. Jon Conradin arbeitete oft bis Mitternacht im Restaurant, schlief eine Stunde und brach um ein Uhr mit einer Gruppe auf, um zum Sonnenaufgang auf dem Piz Chavalatsch zu sein. «Um zehn Uhr kamen wir zurück, um zwölf stand ich wieder für das Mittagessen im Restaurant», lacht er. «Heute habe ich nicht mehr so viel Kraft.» Conradins Ehe ging nach zehn Jahren auseinander. Er sei mehr mit dem Hotel als mit ihr verheiratet, warf ihm Belinda vor. «Wahrscheinlich hatte sie recht», sagt er selbstkritisch. Mit seiner Exfrau verbindet ihn heute eine enge Freundschaft. Auch die Töchter sind ihrem Vater verbunden. Doch der Schweizerhof bleibt für Jon Conradin Lebensmittelpunkt: «Das Hotel ist für mich wie ein Kind, zu dem man Sorge tragen muss. Es ist meine Existenz, und es macht mir viel Freude.» Diese Freude spüren die Gäste rund um die Uhr. Jon Conradin ist immer da, am Morgen beim Frühstück, danach an der Rezeption, am Mit-

«Wenn alles ausgebucht war, schliefen wir auf Strohsäcken in der Wäscherei.»

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tag im Restaurant, beim Abendessen im Speisesaal und später in der Bar. Seinen Gästen erfüllt er jeden Wunsch. Er weiss immer die richtige Wanderroute, putzt schmutzige Schuhe, gibt Wandersleuten seinen Feldstecher mit und leiht Gästen in Not sein Auto. Wenn der Schweizerhof Mitte November für zwei Monate schliesst, stellt Jon Conradin die Heizung ab und geniesst den Holzherd in seiner Wohnung im ersten Stock. Er besorgt die Administration, beantwortet Anfragen, die Arbeit geht nie aus. Ferien kennt er nicht. «Aber ich nehme es etwas ruhiger.» «Ich wollte nie etwas anderes machen als dieses Hotel führen», sagt er. Mittlerweile ist Jon Conradin 65 und macht sich Gedanken über die Zukunft. Die Töchter wollen den Schweizerhof nicht übernehmen, er wird in absehbarer Zeit verkaufen. Deshalb führt er jetzt auch nichts Neues mehr ein. Er kann loslassen. Aber den Gästen wird er fehlen. Denn einen wie Jon Conradin wird es im Schweizerhof nicht mehr geben. ■ SURPRISE 232/10


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BILD: KEYSTONE

Stress durch Strafverfolgung: Die Repression zwingt Süchtige zu riskanten Konsumformen.

Drogenlegalisierung Am Anfang der Debatte Die Schweizer Drogenpolitik gerät wieder in Bewegung. Nach einigen Jahren der relativen Ruhe fordert nun eine Expertenkommission des Bundes die Entkriminalisierung von Besitz und Konsum. Die Diskussion unter Fachleuten, Politikern und Betroffenen ist eröffnet.

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VON RETO ASCHWANDEN

Der Vorplatz der Kontakt- und Anlaufstelle Wiesenkreisel am Stadtrand von Basel ist gut gefüllt. Rund 30 Drogenabhängige stehen an diesem Freitagnachmittag im August auf dem abgesperrten Gelände, unterhalten sich, «mischeln», und immer wieder verschwinden ein paar im Gebäudeinnern, wo sie unter kontrollierten Bedingungen den mitgebrachten Stoff konsumieren können. Nein, besonders viel sei heute nicht los, meint Evelyne Flotiront zur Begrüssung. Die Leiterin der Kontakt- und Anlaufstellen (K+A) in Basel-Stadt ist sich mehr Betrieb gewohnt. In Basel-Stadt leben etwa 2000 von harten Drogen Abhängige, in den K+A verkehren rund 500 Süchtige. Zwei Drittel von ihnen absolvieren ein Abgabeprogramm, erhalten Heroin oder Methadon vom Arzt. Viele konsumieren zusätzlich Kokain und dessen aufputschende Wirkung hat Auswirkungen auf den Betrieb der K+A: «Bei Heroin hat man irgendwann seinen Pegel und dämmert weg. Kokain aber kann man immer noch mehr nehmen. Das führt zu Hektik und Aggressionen», erklärt Evelyne Flotiront. Die Kontakt- und Anlaufstellen dienen der Überlebenshilfe und Schadensminderung und gehören zu einem der Standbeine des VierSäulen-Modells. Dieses umfasst zusätzlich Prävention, Therapie und Wiedereingliederung sowie Repression und Kontrolle. In mehreren Abstimmungen hat das Schweizer Volk diesen Ansatz gutgeheissen. Die Initiative «Jugend ohne Drogen» hingegen, die einseitig auf Repression setzte, wurde genauso bachab geschickt wie die weitgehenden Liberalisierungsforderungen der «Droleg»-Vorlage. Die Polizei hält sich im Umfeld der K+A Wiesenkreisel zurück. Besitz und Kleinhandel toleriert sie, solang die Situation nicht überbordet, ansonsten kann es schon einmal eine Razzia geben. Szenenbildungen im öffentlichen Raum hingegen unterbindet die Polizei konsequent. Dieses koordinierte Vorgehen funktioniert hier wie auch anderswo nicht schlecht: Offene Szenen gibt es in der Schweiz kaum noch und die Todesfälle unter den Konsumenten sind seit dem traurigen Höhepunkt von 1992 mit 419 Toten massiv gesunken. Nur: Wie die vier Säulen gewichtet werden, entscheidet jede Stadt, jeder Kanton anders.

Gruppe dem sogenannten Public-Health-Ansatz (siehe Kasten). Dieser verzichtet «auf die gesundheitspolitisch wenig hilfreiche Unterscheidung zwischen legalen und illegalen Substanzen.» Dahinter steckt keine Ideologie, sondern purer Pragmatismus. François von der Linde, CoAutor des Leitbildes und Präsident der Eidgenössischen Kommission für Drogenfragen, erklärte gegenüber der Presse: «Verbote im Sinne des Strafrechts bringen nichts.» Unter Fachleuten hat sich die Ansicht, dass Süchtige nicht als Verbrecher, sondern als Kranke zu betrachten sind, schon lange durchgesetzt. Vor dem Gesetz aber macht sich jeder Konsument illegaler Dro-

«Die Unterscheidung zwischen legalen und illegalen Substanzen ist wenig hilfreich.»

Der Kranke als Verbrecher Rechtlich handelt es sich bei Besitz und Konsum von Betäubungsmitteln um Übertretungen, also um die leichteste Form eines Gesetzesverstosses. 2009 hatten sich in der Schweiz fast 35 000 Menschen wegen solcher Verstösse zu verantworten, darunter 4796 Minderjährige. Vor dem Gesetz ist Drogenkonsum etwa gleich gravierend wie das Missachten einer roten Ampel. Ob die Eltern – oder der Lehrmeister – eines 17-Jährigen, der eine Busse fürs Kiffen bekommt, das auch so sehen, ist eine andere Frage. Wer Drogen braucht, wird sich durch den Gesetzesbruch nicht vom Konsum abhalten lassen. Eine Expertengruppe des Bundes plädiert nun für ein grundsätzliches Umdenken: Im August präsentierte das Gremium sein Leitbild «Herausforderung Sucht», das unter anderem die Entkriminalisierung aller Rauschmittel und den straffreien Konsum umfasst. Dabei folgt die SURPRISE 232/10

gen bis heute strafbar. «Die User haben relativ häufig Kontakt mit der Polizei», sagt K+A-Leiterin Flotiront: «Wenn man alle Einträge unserer Klienten auf einen Haufen legen würde, käme ein ganz schönes Register zusammen.» Die Entkriminalisierung von Besitz und Konsum würde sie begrüssen: «Das brächte Ruhe in unseren Betrieb, denn die Illegalität sorgt für Stress.» Repression fordert Menschenleben Peter Wölfli* und Dominik Sutter* verkehren regelmässig in der K+A. Die langjährigen Drogenkonsumenten entsprechen dem Altersdurchschnitt der Klienten, der bei knapp 40 liegt. Die kontrollierte Abgabe sei eine gute Lösung, finden sie. Eine Entkriminalisierung von Besitz und Konsum wäre aber trotzdem nötig. «Das würde weniger Beschaffungsstress bedeuten. Je grösser der Stress, desto mehr machst du Sachen, die den Körper schädigen», sagt Wölfli. Sutter betont den Aspekt der Integration: «Heutzutage gibt es viele Abhängige, die sozial und beruflich eingebunden sind, sie haben Familien und Jobs. Durch die Illegalität läufst du aber permanent Gefahr, dass du eine Strafe erhältst und dadurch unter Umständen die Arbeit verlierst. Das kann zu einem sozialen Abstieg bis in den Ruin führen.» Auch für die Reintegration nach überwundener Sucht seien Vorstrafen hinderlich. Dass eine Entkriminalisierung zu mehr Neueinsteigern führen würde, glauben weder Wölfli noch Sutter. Nachholbedarf sehen sie aber bei der Prävention: «Bei den Jungen gibt es viel Neugier und Unwissen, deshalb muss man ihnen die Augen öffnen», sagt Sutter, der im Rahmen von Präventionsaktionen auch schon als Betroffener vor Schulklassen aus seinem Leben erzählte. Einen hohen Preis fordert auch die Repression – und zwar nicht nur an Geld, sondern auch an Menschenleben. Zu diesem Schluss kommt eine Studie, die Anfang Jahr veröffentlicht wurde. Die Forscher Rudolf Stohler und Carlos Nordt von der Psychiatrischen Uniklinik Zürich weisen darin einen Zusammenhang zwischen polizeilicher Konsumentenverfolgung und Drogentoten nach. Kurz gesagt: Je mehr Repression, desto mehr Tote. Nordt erklärt den Zusammenhang gegenüber der «UZH News» mit dem erhöhten Stress, dem Süchtige durch die Strafverfolgung ausgesetzt seien, was zu Überdosierungen führen könne. Mit Blick auf die lange Zeit umstrittenen Abgabeprogramme sagt der

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Gesundheitsexperten sind sich einig, dass eine Entkriminalisierung oder gar Legalisierung die Drogenprobleme massiv verringern könnte. Die grundsätzliche Straffreiheit ist aber bis heute ein Tabu. Denn sobald die Politik die Vorschläge der Fachleute aufnimmt, treten ideologische Denkmuster an die Stelle von sachlichen Einschätzungen. Insbesondere das rechte Lager bekämpft aus Prinzip jegliche Liberalisierung verbotener Substanzen. Umdenken braucht Zeit – nach Jahrzehnten des «War on Drugs» ist weiten Teilen der Bevölkerung nur schwer zu vermitteln, weshalb statt Polizisten und Staatsanwälten besser Ärzte und Präventivmediziner den Umgang mit Suchtmitteln aller Art regeln sollten. Evelyn Flotiront von den Basler K+A macht sich keine Illusionen: «Durch die Entkriminalisierung hätten die Konsumenten nicht länger das Stigma des Gesetzesbrechers. Das wäre wichtig. Doch wir stehen erst am Anfang der öffentlichen Debatte.» . ■

Forscher: «Während medizinische Behandlungen ihre Wirksamkeit ständig in Studien nachweisen müssen, scheint dies für die Repression nicht zu gelten.» Da sie ihre Ziele nur teilweise erreiche und dabei negative Auswirkungen habe, müsse die Frage nach ihrem Sinn gestellt werden dürfen. Ein Drogenkrieger denkt um Bereits beantwortet hat diese Frage der Tessiner FDP-Ständerat und Europaratsabgeordnete Dick Marty. In einem Interview mit dem österreichischen «Kurier» bezeichnete er das Drogenverbot Mitte August als «totale Pleite». Als Staatsanwalt ging Marty 15 Jahre lang energisch gegen Drogen vor und wurde für dieses Engagement von der Internationalen Vereinigung der Drogenbekämpfungsbehörden ausgezeichnet. Heute konstatiert er ernüchtert, vor Gericht gebracht hätte er «immer nur die Kleinen», während die Grosshändler «kaum gestört» würden. Nur eine weltweite Freigabe der Drogen könnte das Geschäft der Drogenkartelle zunichte machen. Marty ist der Ansicht, dass eine Legalisierung nicht zu mehr Konsumenten führen müsste, sofern das Geld, das heute in die Bekämpfung des Drogenhandels fliesst, in die Prävention gesteckt würde. Über die Umsetzungschancen seiner Forderung macht sich der Politiker keine Illusionen. Die globale Legalisierung von Drogen werde er sicher nicht mehr erleben, so der 65-Jährige. Bis heute fliesst wesentlich mehr Geld in die Repression als in die Prävention. «Ohne Repression geht nichts», sagt K+A-Leiterin Flotiront, «sie gehört zum Vier-Säulen-Modell, aber man sollte die Säulen gleich gewichten, das heisst, mehr in die Prävention investieren.» Beim Kokain beispielsweise steigt die Zahl der Konsumenten laut Daten aus der Schweizerischen Gesundheitsbefragung von 2002 und 2007 trotz Repression. Insbesondere Jugendliche haben heute öfter Erfahrung mit Kokain als noch vor einigen Jahren.

* Namen geändert

BILD: HANNA JARAY

Das Konzept «Public Health» «Public Health (Öffentliche Gesundheit) ist ein soziales und politisches Konzept, das durch Gesundheitsförderung, Krankheitsprävention und andere gesundheitsbezogene Interventionen auf Verbesserung von Gesundheit, Lebensverlängerung und Erhöhung der Lebensqualität von ganzen Bevölkerungen abzielt.» So definiert die Weltgesundheitsorganisation WHO den Ansatz, auf den sich die Experten des Bundes bei ihrem Leitbild für eine künftige Schweizer Suchtpolitik stützen. Auf den Rauschmittelkonsum übertragen, bedeutet das eine starke Betonung der Prävention sowie der Schadensminderung für Betroffene und ihr Umfeld. Das suchtpolitische Handeln soll sich am Schadenspotenzial einer Substanz orientieren und der tatsächlichen Problemlast für Individuum und Gesellschaft. Dieser Ansatz würde eine ganzheitliche Suchtpolitik ermöglichen, die Alkohol, Tabak sowie heute illegale Substanzen, aber auch Abhängigkeiten wie Spielsucht als Krankheiten betrachtet, die nicht mit dem Strafgesetzbuch behandelt werden können.

Gefährliches Katz-und-Maus-Spiel

Sicher und sauber: Heroinkonsum in der Abgabestelle.

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Im Bereich der synthetischen Stoffe, den sogenannten Partydrogen, läuft ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen Produzenten und Behörden. Weil im Betäubungsmittelgesetz jede Substanz genau definiert ist, reicht schon eine kleine Modifikation der chemischen Struktur und die Substanz gilt nicht mehr als illegal beziehungsweise erst dann, wenn sie der Gesetzgeber explizit verbietet. Dadurch hinken die Behörden den Entwicklungen in der Szene stets hinterher. An der diesjährigen Streetparade waren beträchtliche Mengen undefinierbarer Substanzen im Umlauf – die Polizei beschlagnahmte 700 Pillen mit unbekanntem Inhalt, die als Ecstasy verkauft wurden. Die Produzenten und Händler versuchen sich so vor Strafverfolgung zu schützen. Die Konsumenten dienen dabei als Versuchskaninchen, denn wie diese Stoffe genau wirken und welche Langzeitfolgen sie haben können, weiss niemand. SURPRISE 232/10


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Übergewicht Schwer getäuscht Dicke sind dumm und faul, und sie sind schuld, wenn die Kosten unseres Gesundheitssystems weiter steigen. Übergewichtige sind die neuen Feinde der gesundheitswahnsinnigen Gesellschaft. Doch das nehmen sie nicht einfach so hin.

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VON JULIA KONSTANTINIDIS

Es scheint, als habe die Gesellschaft nach den Rauchern eine neue Bevölkerungsgruppe gefunden, die für steigende Gesundheitskosten geradestehen muss: Kein Tag vergeht, an dem nicht Meldungen über gefährliches und ungefährliches Fett, Berichte über die gesundheitlichen Auswirkungen von Übergewicht oder Berechnungen von Zusatzkosten, die Dicke unseren Krankenkassen zumuten, durch die Medien gehen. Und dabei sind es nicht mehr nur Frauenzeitschriften, die das Thema aufgreifen. Der Tenor ist einstimmig: Übergewicht ist krankhaft und schadet der Gesellschaft. Ein entsprechend rauer Wind weht denjenigen entgegen, die den gängigen Normen nicht entsprechen. Und die sind dank des Body-MassIndex (BMI) schnell auszumachen: Wer einen BMI über 25 hat, ist übergewichtig, wessen Punktzahl über 30 liegt, leidet unter Adipositas, Fettsucht. In der Schweiz fallen 37,6 Prozent der Bevölkerung in eine der beiden Kategorien. Zugegeben eine hohe, wenn auch relativ stabile Zahl. Zu hoch, sagen Gesundheitsexperten, Gesundheitspolitiker, aber auch Gesundheitsfanatiker. Die Übergewichtigen sind ein Risiko für alle und so zahlreich, dass von einer Epidemie gesprochen wird. Die Zahl ist aber auch zu hoch, um die Übergewichtigen als Gesundheitssünder unter Generalverdacht zu stellen.

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Dick und gescheit Rosa L. ist zielstrebig, dynamisch und erfolgsorientiert. Sie hat sich von der KV-Stiftin über Abendmatur, Betriebswirtschafts- und Jurastudium zur Geschäftsleiterin eines Unternehmens mit 15 Angestellten hochgearbeitet und sich dann als Beraterin selbstständig gemacht. Es ist die perfekte Laufbahn einer karrierebewussten Frau. Legt sich die 50-Jährige nach einem ausgefüllten Tag allerdings auf ihr Sofa, sehen die meisten Leute jedoch das: Eine dicke Frau, die zu

faul ist, um etwas anderes zu tun, als herumzuliegen und fernzusehen. Man würde Rosa L. Willensschwäche unterstellen und an ihrer Intelligenz zweifeln. Denn gescheite Leute lassen sich nicht so gehen. Wäre Rosa L. bei einem Meter 68 statt der aktuellen 140 nur 60 Kilo schwer, würden Betrachter der Frau auf dem Sofa ein paar Mussestunden nach einem anstrengenden Arbeitstag gönnen: Eine Studie der kanadischen University auf Alberta ermittelte, dass dünnen Menschen, die auf einem Sofa liegen, die Ruhe gegönnt wird, während übergewichtigen Personen bei derselben Aktivität Faulheit, Undiszipliniertheit, Genusssucht und Zügellosigkeit attestiert wird. Die Studienergebnisse lassen sich vom Testlabor direkt auf den Alltag von Rosa L. übertragen: «Am meisten verletzt es mich, dass ich falsch eingeschätzt werde», erklärt sie. Wenn etwa der Arzt auf die Frage nach dem Beruf seiner Patientin bei ihrer Antwort aus allen Wolken fällt. Für Rosa L. nichts Aussergewöhnliches: «Einer übergewichtigen Frau traut man keine intellektuellen Fähigkeiten zu.» Der Arzt schloss aus der für ihn nicht zu vereinbarenden Kombination von Intelligenz und Übergewicht, dass Rosa L. aus einer Bauernfamilie stammen müsse. Anders konnte er sich ihre körperliche Erscheinung nicht erklären. Doch weit gefehlt – der Vater von Rosa L. war Beamter in Bundesbern. Die Frau mit den klaren blauen Augen und der farblich sorgfältig abgestimmten Kleidung ist ohne Vorverurteilungen aufgewachsen: «Ich nahm erst gegen Ende meines Studiums stark zu. Davor realisierte ich nicht, mit welchen Vorurteilen Übergewichtige konfrontiert sind.» So habe sie etwa nie Probleme gehabt, eine Stelle zu finden. Nun aber, da sie als Ergänzung zu ihrer Selbstständigkeit eine Teilzeitstelle sucht, hat sie Mühe, Arbeit zu finden. Sie schreibt das auch ihrem Erscheinungsbild zu. Denn die Reaktionen darauf sind augenfällig. Einem möglichen Arbeitgeber sei bei ihrem Anblick buchstäblich der Laden runtergegangen, als Rosa L. nach vielversprechender schriftlicher und telefonischer Bewerbung persönlich zum Vorstellungsgespräch erschien. «Nach der

Übergewichtige müssen Jobs – trotz gleicher Qualifikation – oft schlankeren Mitbewerbern überlassen.

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Absage für den Job sprach ich den Mann direkt auf seine Reaktion an. Er versicherte mir, dass seine Entscheidung nichts mit meinem Gewicht zu tun habe», erinnert sich Rosa L. Abnehmen kann sie dem Herrn diese Aussage bis heute nicht. Rosa L. reagierte pragmatisch auf ihre Erfahrungen: «Früher habe ich aus Prinzip Bewerbungen ohne Foto eingereicht. Heute lege ich eins bei. So wissen die Leute gleich, woran sie sind.» Wer zu viel wiegt, muss lernen, mit Vorurteilen umzugehen, besonders zu Zeiten, in denen die Wirtschaftslage nicht die rosigste ist: «Seit der Krise herrscht die Meinung, dass Übergewichtige mehr zur Kasse gebeten werden sollen», beobachtet Rosa L. Tatsächlich wird die Diskussion, ob Übergewichtige höhere Krankenkassenprämien bezahlen sollen, seit einigen Jahren geführt. Gemäss einer Schätzung, die 2009 im Auftrag des Bundesamts für Gesundheit durchgeführt wurde, entfallen knapp vier Milliarden Franken auf die direkten Kosten übergewichtsbedingter Erkrankungen – etwa auf die Behandlung von Diabetes oder Bluthochdruck. Was also ist einfacher, als Personen mit einem BMI von über 25 stärker zur Kasse zu bitten? Doch ist Rosa L. wirklich so viel ungesünder als eine normalgewichtige Person? Die Betriebswirtin ernährt sich seit Jahren vegetarisch, seit zwei Jahren gar vegan. «Ich bin gesund, meine Werte sind gut. Wenn die Leute eine übergewichtige Person sehen, überlegen sie nicht, ob diese gesund sein könnte», enerviert sie sich. Dass die Anfeindungen, die sie erlebt, nicht einfach Hirngespinste einer Betroffenen sind, zeigen die Erfahrungen, die Karin Hegar bei ihrer Arbeit macht. Die Psychologin ist Co-Leiterin des Behandlungsprogramms bei Adipositas mit Schwerpunkt Ernährungsverhalten und Lebensstiländerung am Universitätsspital Basel und deshalb viel in Kontakt mit Übergewichtigen. Auch sie weiss von Leuten, die Jobs trotz gleicher Qualifikation schlankeren Mitbewerbern überlassen mussten. «Das Image dicker Menschen ist von Attributen wie gemütlich, faul, unbelastbar geprägt. Dabei leisten übergewichtige Personen oft mehr, um von diesem Image wegzukommen.» Obwohl Hegar Übergewicht als grundsätzliches Gesundheitsrisiko einstuft, weist sie darauf hin, dass die Rechnung dick gleich ungesund nicht immer aufgeht. «Es gibt Faktoren, die diese Gleichung wieder aufheben. Lieber ein sich viel bewegender Übergewichtiger als ein schlapper Normalgewichtiger.»

Gesund ist aber nicht, wer dem ästhetischen Bild entspricht, findet Adler. «Gesundheit ist ein Teil eines ganzen, glücklichen Menschen. Wer mit sich selber zufrieden ist, ist auch gesund.» Fühle er sich wohl in seiner Haut, wirke sich das auf seinen Gesundheitszustand aus. Deshalb spricht Dominique Adler statt von Normalgewicht lieber von Wohlfühlgewicht. Und das liegt je nach individueller Wahrnehmung auch über dem BMI-Wert von 25. Krankmacher ortet Adler auch anderswo: «Fühlt sich eine dicke Person ausgeschlossen, wird sie unzufrieden, vielleicht isst sie deshalb umso mehr und gerät so in den Teufelskreis ungesunden Verhaltens.» Er möchte so, wie er ist, am Leben teilnehmen und fühlt sich deshalb durch zu enge Stühle, Autos, Flugzeugsitze, Toiletten oder Sportgeräte mit geringer Zuladung diskriminiert. Doch Dominique Adler lässt sich nicht in die Opferrolle drängen und kämpft auch mit seiner Internetseite dafür, dass das Selbstbewusstsein dicker Menschen nicht mehr von ihrem Gewicht abhängt. Damit stösst er offenbar auf Zustimmung – seine Internetseite zählt rund 64 000 Besucher pro Woche. Dick und kämpferisch Weder Rosa L. noch Dominique Adler entsprechen dem Bild, das von dicken Menschen so gerne in der Öffentlichkeit gemalt wird. Sie sind alles andere als willensschwache und verantwortungslose Dicke. Und auch sie wissen, wann ihr Körpergewicht zum Problem wird. Für Dominique Adler schrillen die Alarmglocken, wenn sein Körper wegen des Gewichts seinem Kopf nicht mehr nachkommt: «Wenn ich ein Hobby nicht mehr machen kann, weil es zu anstrengend ist, muss ich abnehmen, um mein Wohlfühlgewicht wieder zu erlangen. Alles was drunter ist, ist Luxus.» Auch er ist, wie wohl die meisten Übergewichtigen, diäterprobt, inklusive der Erfahrung frustierender Jo-Jo-Effekte. Dominique Adler kämpft gut gelaunt und selbstbewusst im Internet – mit Kontaktbörse für dicke Singles, Einkaufstipps, Rezeptsammlung, aber auch mit Informationen rund ums Dicksein für die Akzeptanz sei-

«Einer übergewichtigen Frau traut man keine intellektuellen Fähigkeiten zu.»

Dick und zufrieden Dass das Bild eines schweren Menschen, der sich gerne bewegt, nicht in die Köpfe normalgewichtiger Menschen passt, erfährt Dominique Adler zum Beispiel dann, wenn er im Sportgeschäft ein neues Snowboard kaufen will. «Die Leute zeigen sich oftmals überrascht, wenn ich ihnen sage, dass ich seit bald 23 Jahren Snowboard fahre», sagt der 43-Jährige, der 135 Kilos auf die Waage bringt. Durch die allgegenwärtige Übergewichts-Diskussion fühle er sich zunehmend unter Druck, etwas an seiner Situation ändern zu müssen. «Richtig aktuell wurde es, nachdem man die Raucher kleingemacht hatte. Ein neues Ziel musste her. Es geht um Politik.» Aber Dominique Adler ist gerne beleibter als der Durchschnitt, ihm gefallen auch Frauen, die etwas mehr auf den Rippen haben. Deshalb betreibt er zusammen mit seiner Frau die Internetseite rundnaund.ch – der Fettfleck auf dem Web. Der technische Sachbearbeiter ist ein selbstbewusster Übergewichtiger, der sich seine emanzipierte Haltung seit der Schulzeit, in der er stark zunahm, erarbeitet hat. «Ich wünsche mir eine Normalisierung der Diskussion», meint er. Denn ohne Druck fiele es vielleicht auch manchem Dicken einfacher, Kilos abzuspecken: «Der grösste Teil der Menschen, die abnehmen wollen, tut dies nicht wegen der Gesundheit, sondern weil sie einem Gesellschaftsbild entsprechen wollen, es geht um Ästhetik.» SURPRISE 232/10

ner Bevölkerungsgruppe. Er liegt damit auf der Wellenlänge des «fat acceptance movements», das seinen Ursprung in den USA hat und sich international gegen die Diskriminierung von Übergewichtigen einsetzt. In Deutschland wurde vor einigen Jahren mit der Gesellschaft gegen Gewichtsdiskriminierung ein deutschsprachiges Pendant ins Leben gerufen. Rosa L. hingegen kämpft auf juristische Weise gegen die Vorurteile und Diskriminierungen: Sie engagiert sich bei der Schweizerischen Adipositas Stiftung und bietet dort Rechtberatungen für übergewichtige Menschen an, die aufgrund ihres Körpergewichts bei der Arbeit oder in anderen Lebensbereichen diskriminiert wurden. Obwohl auch sie sich mehr Akzeptanz für Übergewichtige wünscht, ist sie sich der Risiken, die dieses mit sich bringt, bewusst: «Wenn ich durch mein Gewicht in meiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt bin, die Knie und Füsse schmerzen oder ich ausser Atem komme, ist der Leidensdruck zu hoch.» Deshalb hat sie sich zum Ziel gesetzt, ihr Gewicht innert zwei Jahren um die Hälfte zu verringern. Auch, weil sie sich dadurch bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt ausrechnet. Denn das momentane öffentliche Stimmungsbarometer lässt keine baldige Abkühlung der Diskussion um die Bedrohung der gesundheitswahnsinnigen Gesellschaft durch Übergewichtige vermuten. Doch der pauschalen Vorverurteilung erwächst Widerstand. Und der fällt ins Gewicht. ■ Für Rechtsberatungen und weitere Infos: www.adipositas-stiftung.ch www.rundnaund.ch

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Netzwerkwelt Beziehungen für Erwachsene Der moderne Mensch vernetzt sich täglich neu, geht Kooperationen ein und pflegt Kontakte. Was soll das? Verbergen sich hinter der sozialen Betriebsamkeit Verbindungen mit Substanz oder geht es nur um schlampige Verhältnisse? Ein Essay zum Beziehungsverhalten im Web-Zeitalter. VON WOLF LOTTER

Das schlampige Verhältnis Früher war nicht alles besser, aber manches klarer. Und Klarheit ist heutzutage ein knappes Gut. Nehmen wir das Wort Beziehung. Das stand vor einigen Jahrzehnten noch für etwas sehr Klares. Eine Beziehung hatten zwei Menschen, wenn sie miteinander was hatten, sich mochten oder gar liebten. Dieser Zustand war, auch wenn man nicht verlobt oder verheiratet war, verbindlich gedacht, nicht vage. Eine Beziehung war eine klare Sache mit klaren Regeln und einem klaren Ziel, nämlich das, was man hat, noch besser zu machen. Am Anfang dieser Beziehungen «erklärte» man sich. Man sagte einander, was Sache ist – und umgekehrt. Daneben gab es auch früher andere Beziehungskisten. Da hatten Menschen was miteinander, aber unverbindlich, mit vielen Hintertüren. Da wollte sich niemand erklären. Keine Verpflichtungen eingehen. Das nannte man ein schlampiges Verhältnis. Das kennen wir gut. Heute nennen wir es Netzwerk.

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Rein oberflächlich betrachtet treibt es jeder mit jedem, und das fängt früher an, als man denkt. Haben Marketing-Leute wirklich eine «tiefe Beziehung» zu ihren Kunden? Warum duzen uns Unternehmen, als ob wir ihre Kumpels wären? Kennen wir uns? Und warum bietet eigentlich niemand Ikea das Sie an? Wer so etwas fragt, gilt schnell als Spiesser. Von minimalem Benimm und etwas Distanz, die auch dabei helfen könnten, gewollte und echte Nähe besser zu erkennen, redet keiner. Und sonst? Die Netzwerke aller Art, ohne die man heute angeblich nicht mehr leben kann, pflegen soziale Promiskuität. Das führt zu vielen billigen Gelegenheiten, aber selten zu etwas Festem. Globale Beziehungskiste Das Wort Netzwerk ist erst in den vergangenen Jahren zur Worthülse geworden. Für Techniker war das Netzwerk stets eine eindeutige und verbindliche Sache, ein nachvollziehbares System, dessen Teile klar identifiziert werden können und jeweils eine bestimmte Funktion haben. Der systemtheoretische Ansatz förderte zutage, dass starre, hierarchische OrSURPRISE 232/10


ganisationen, die sich als abgeschlossene Welten verstanden, in einer komplexen, arbeitsteiligen Welt mit einer Vielzahl an unterschiedlichen Bedürfnissen und Funktionen zu nichts mehr taugten. Alte Unternehmen waren erfolgreich, weil sie alles im Griff hatten – und zwar hundertprozentig. Neue Unternehmen sind erfolgreich, weil sie wissen, mit wem sie zusammenarbeiten sollten, damit sie ein Problem lösen. Die Erfahrung gibt den neuen Organisationen recht. Ob Energie, Informationstechnik, Forschung und Innovation: Ohne Kooperation geht nichts mehr. Die Grenzen der alten Organisation sind gesprengt. Die alte Kontrollwirtschaft wird durch Beziehungswirtschaft ersetzt. Sind wir darauf vorbereitet? Freunde suchen Anders gefragt: Sind wir verbindlich genug? Lassen wir uns auf Zusammenarbeit wirklich ein? Sind wir beziehungsfähig? Tatsächlich ist das Wort Netzwerk für die meisten Leute eine Phrase, mit der man den Antworten auf diese Fragen prima ausweichen kann. Nie ging das leichter als im Web. Da ist so viel Interaktivität, so viel Gelegenheit, dass man gar nicht mehr zum Schuss kommen muss. Suchen wir in den Social Networks wirklich Freunde? Bei Freunden kennen wir Stärken und Schwächen, Vorlieben und Interessen, Richtung und Kurs. Man investiert Vertrauen und hat Respekt vor dem anderen. Das ist ein erhebliches Risiko. Es interessiert mehr als eine Fähigkeit; der Mensch besteht nicht nur aus Eigenschaften. Solche persönlichen Beziehungen erkennt man auch daran, dass man vortrefflich miteinander streiten kann, um letztlich gemeinsam voranzukommen. Diese ganze Aufstellung kennt kein «Vielleicht» und «Möglicherweise», keine soziale Schonhaltung und auch nicht den Wahn, man könne Beziehungen in ihre Bestandteile und Kategorien zerlegen, also gerade so, wie sich Teilnehmer in Social Networks heute präsentieren. Wie immer, wenn etwas nicht echt ist, gibt es dazu Formulare. Immerhin haben fast 500 Millionen Menschen auf Facebook so ein Formular ausgefüllt, um sich zu präsentieren. Dabei kommt heraus, was auch beim Amt rauskommt: nichts oder wenig. Statt Beziehungswirtschaft haben wir eine neue Form von Sozialbürokratie, diesmal eine freiwillige, Pro Forma 2.0 sozusagen.

Erklärungen Rein theoretisch ist diese Entwicklung nicht neu. Kooperation als Grundelement wirtschaftlichen Handelns beschäftigt die Wissenschaft seit Langem – etwa die Spieltheorie. Der Homo cooperativus als legitimer, überlegener Nachfolger des Homo oeconomicus ist aber ein neues Modell. Die Kooperation wird erwachsen, wird praktisch, alltäglich und normal. Ein gutes Zeichen. Doch solange über Netzwerke mit quasireligiöser Verehrung geredet wird, ist etwas faul. Der Homo cooperativus ist kein edler Gutmensch, sondern kennt seine Interessen – und wahrt sie durch die Kooperation. Der alte Beziehungsbegriff ist moralingetränkt, er tut immer so, als ob es keine Interessen gäbe. Deshalb wuchert auch die Heuchelei überall dort, wo es um Zusammenarbeit, Kooperationen, Netzwerke geht, so stark. Man darf einfach nicht sagen, was Sache ist: Ich kooperiere, weil es mir nützt. Miteinander arbeiten – das hiess in der Sprache der Organisationen noch vor einigen Jahren vor allem: übereinander herfallen (man kann das auch Fusionen nennen). Und Fusionen bedeuteten, dass man Marktanteile «eroberte», nicht etwa, dass man versuchte, neue Märkte zu

Kooperation ist ein evolutionäres Prinzip. Man legt zusammen, und aus 1 + 1 wird 3.

Quid pro quo Nur damit es keine Missverständnisse gibt: Nicht alle Menschen in Social Networks machen es sich so leicht. Und es genügt auch nicht, dass man sich nun schnurstracks von der Beliebigkeit der Netzwerkbeziehung gleich in den nächsten Irrtum flüchtet, die berüchtigte Beziehungsarbeit zum Beispiel. Mit diesem Wort belegten 68er-Sozialpsychologen jenen Eiertanz, bei dem man so lange über menschliche Verhältnisse redet, bis man sich nichts mehr zu sagen hat. Sozialingenieure doktern an ihren Verhältnissen so lange herum, bis sie zum Totalschaden werden. Das liegt an der leicht irren Idee, man könne menschliche Beziehungen allgemein und verbindlich planen, steuern, konstruieren und nach Bedarf zusammenschrauben – so lange, bis sie dem eigenen, meist völlig verkorksten Weltbild entsprechen. Das hat wenig mit Beziehungsfähigkeit zu tun, aber jede Menge mit Manipulation. Genau das will Kooperation eben nicht. Denn die Frage dabei lautet immer: Was könnt ihr denn anbieten? Was können wir für euch tun? Wie kommt dabei etwas heraus, das wir – jeder für sich – nicht so gut schaffen würden? Kooperation ist ein evolutionäres Prinzip. Man legt zusammen, und aus 1+1 wird 3. Das gilt in den neuen Netzwerken, wie es in den ältesten galt, die wir kennen. Die alten Lateiner haben den Sinn der Sache in der Phrase quid pro quo zusammengefasst. Dieses für jenes. Eine Beziehung ist kein Selbstbedienungsladen, kein Wunschkonzert. Eine Beziehung ist kein Geschenk. Eine Beziehung ist ein Geschäft. Ein Deal. Quid pro quo. SURPRISE 232/10

schaffen, indem die Kraft auf Innovationen gelenkt wurde. Als gelungene Fusionen galten diejenigen, bei denen alle Reste der Kultur des gekaperten Unternehmens beseitigt worden waren. Da ging es nur gelegentlich ums Geschäft, weit öfter um alte Rechnungen. Das funktioniert nicht mehr. Die Strukturen sind zu komplex. Die Mitarbeiter zu selbstbewusst. Die Märkte zu gesättigt. Statt zur Zwangsheirat kommt es heute zur Vernunftehe. Das ist nicht das Schlechteste. Resultate Unternehmensberater kennen die Beziehungswirtschaft aus eigenem Erleben. Viele von ihnen verbringen mehr Zeit in der Organisation ihrer Kunden als in der Firma, auf deren Gehaltsliste sie stehen. Sind sie jetzt Teil des Unternehmens, das sie bezahlt, oder eigentlich schon längst in die Kultur des Auftraggebers integriert? Die Praxis beantwortet diese Frage: Statt hohler Loyalität zum Boss gibt es eine Loyalität zur eigenen Arbeit. Wie bei jeder guten Beziehung geht es um Inhalte. Nicht um Formen. Und es geht um Unterscheidbarkeit. Warum aber sollten Spezialisten und Experten tun, was in Kooperationen unerlässlich ist – ihr Wissen teilen? War nicht die alte Ordnung so, dass man das, was man konnte, möglichst sorgsam vor dem Zugriff anderer – einschliesslich der eigenen Organisation – bewahren musste, um zu überleben? Jeder kennt sie, die kleinen Haie in der eigenen Firma, die Neider, die Abstauber und Quertreiber. Warum sollte es draussen, bei den alten Konkurrenten und nun potenziellen Kooperationspartnern, besser aussehen? Haben wir nicht alle gelernt, dass Kooperation eher bestraft wird als belohnt? Und sind Begriffe wie Team und Gruppe in der Realität nicht meist heuchlerische Umschreibungen von Kumpanei und organisiertem Nichtstun? Doch es geht eben nicht um Seilschaften, um den Betriebsklüngel, der allenthalben regiert und bestimmt, «was Sache ist». Wer wirkliche Kooperation will, muss gerade diese Spielchen abschaffen. Wer zulässt, dass die Kooperationsfähigkeit im Unternehmen leidet, schadet dem Geschäft. So einfach ist das. Tja, so einfach und so schwer. Denn die schlampigen Verhältnisse, die heute vielfach als Beziehung verkauft werden, sind noch weit verbreitet. In Sachen Beziehung stecken die meisten in der Pubertät. Und deshalb funktioniert sie so oft noch nicht, die richtige Beziehung, bei der aus eins plus eins drei werden könnte. Das ist aber das einzige Resultat, das zählt. Eine Beziehung für Erwachsene eben. ■

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Legende

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Ernährung Die Sehnsucht nach gutem Essen Fast Food und industriell produzierte Lebensmittel haben ein katastrophales Image. Eine Mehrheit in der Schweiz mag sie nicht – und kauft sie doch. Die Menschen sehnen sich nach natürlichen und handgearbeiteten Produkten – im Alltag sind sie ihnen aber zu kompliziert. Ein «Sehnsuchtsmantel» hat sich um unser Ernährungs- und Kaufverhalten gelegt, sagt eine neue Studie des Gottlieb Duttweiler Institute. Ein Gespräch mit der Autorin der Studie, der Psychologin und Trendforscherin Mirjam Hauser.

VON CLAUDIA BOSSHARDT (INTERVIEW) UND ANDREA GANZ (BILDER)

Frau Hauser, reden wir zuerst von den Werten, die hinter den Sehnsüchten stehen: Wie hat sich das Wertesystem der Konsumentinnen und Konsumenten verändert? Werte kommen und gehen nicht einfach, sondern verändern sich in ihrer Bedeutung. Der Wert «Zurück zum Ursprünglichen, zum Authentischen, zurück zu den Wurzeln» hat an Wichtigkeit gewonnen. Darunter verstehen die Leute: sich Zeit nehmen zum Essen, mit der Familie oder in Gemeinschaft essen, selber kochen, wissen, woher die Produkte kommen und wie sie verarbeitet wurden. Was ein paar Generationen früher selbstverständlich war – dass das Gemüse aus dem eigenen Garten und das Brot vom Bäcker im Dorf kam –, danach sehnen sich die Menschen heute. Welche Werte sind über eine lange Zeitdauer geblieben? Zum Beispiel der Wert Gesundheit. Er ist in den letzten Jahrzehnten dominant geworden und wird in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen. Neu ist das Bewusstsein, dass Werte sich überlappen, zum Beispiel der Wert Gesundheit und das Wertefeld «nachhaltig-biologischursprünglich». Die Konsumenten realisieren, dass das eine ohne das andere nicht möglich ist. Ein umfassendes Verständnis von Gesundheit bedingt, dass man sich Zeit nimmt fürs Essen, selber kocht und natürliche Produkte wählt.

Haben die Lebensmittelanbieter auf dieses neue Bedürfnis schon Antworten? Nein, bis jetzt gibt es nur Teilantworten. Für jeden Wert besteht ein Teilangebot. Zum Beispiel antwortet das Angebot «Functional Food» auf einen eng gefassten Gesundheitsbegriff: Ein bestimmter Mangel wird durch einen Nahrungsmittelzusatz behoben. Die Konsumenten wissen sehr wohl, dass dies keine nachhaltige Lösung ist. Für einen etwas weiter gefassten Gesundheitsbegriff mit einer leichten, bekömmlichen Ernährung, wie sie heute von verschiedenen Strömungen propagiert wird, gibt es ebenfalls Teilangebote. Aber für einen umfassenden Gesundheitsbegriff existiert noch gar kein Angebot. Die grosse Frage ist, wie können natürliche Lebensmittel für die grosse Masse produziert werden, so wie die Konsumenten es sich wünschen? Eigentlich eine paradoxe Situation: Die Masse wünscht sich nichtmassenproduzierte Lebensmittel. Wo sehen Sie da Lösungsansätze? Im Moment ehrlich gesagt nur in sehr kleinen Nischenangeboten. Wir beobachten in einigen Konzepten in Europa und in den USA, dass die

«Einfach, schnell, überall verfügbar – darauf wollen die Leute nicht verzichten.»

Es besteht also ein neues Bedürfnis, die einzelnen Werte zu verbinden. Und wenn sich die Werte widersprechen? Dann wird es schwierig! Zum Beispiel wird die «schöne heile Welt der Marken» nach wie vor von den Konsumenten gewünscht. Darunter verstehen wir Markenvielfalt, grosse Auswahl, einen gewissen Qualitätsstandard, ästhetische Verpackung, Haltbarkeit etc. Ebenso gehört dazu, dass man sich in einem Laden mit allem eindecken kann. Einfach, schnell, überall verfügbar – darauf wollen die Leute nicht verzichten.

Produzenten direkt mit den Konsumenten in Kontakt treten. Es entstehen spannende Kooperativen, in denen sich Produzenten und Konsumenten verbindlich zusammenschliessen: Die Konsumenten verpflichten sich, wöchentlich eine gewisse Menge, zum Beispiel an Gemüse, abzunehmen, zum Teil ohne zu wissen, was genau sie erhalten, aber immer mit der Sicherheit, dass es regionale, frische Produkte sind. Den Bauern garantiert dieses Modell einen sicheren Absatz. Die Zürcher Kooperative «ortoloco» funktioniert nach diesem Prinzip. «Tor14 Foodcoop Zürich» ist ein Zusammenschluss von Konsumenten, die nachhaltige Lebensmittel möglichst direkt bei den Erzeugern einkaufen, so den Zwischenhandel ausschliessen und die Produkte ohne Profit an ihre Mitglieder weitergeben.

Die Konsumenten wollen also den Batzen und das Weggli? Genau. Die grosse Frage ist nun: Wie kann man ein Angebot schaffen, das einige dieser Werte verbindet. Es ist klar, dass man nicht allen Werten gleichzeitig gerecht werden kann. Schnell, einfach, überall erhältlich und gleichzeitig ursprünglich und nachhaltig – das wird schwierig umzusetzen. Aber vielleicht lassen sich zwei, drei Werte in einem Angebot verbinden und neue Vertriebskanäle schaffen.

Interessant an diesen Modellen ist ja, dass es zu einem Vertrag zwischen Konsumenten und Produzenten kommt und die Beziehung verbindlich wird. Aber sind solche Modelle massentauglich? Nein, das sind Teillösungen. Aber wir glauben, dass sich noch sehr viele solche Nischenangebote herausbilden werden. Die grosse Revolution wird im Kleinen stattfinden. Das extremste Szenario wäre die totale Konsumverweigerung.

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Wie wahrscheinlich ist das? Sehr unwahrscheinlich! Wobei: Wenn sich massive Lebensmittelskandale ereignen würden, wird dieses Szenario schon eher denkbar. Wir wissen, dass kleinere Skandale der Vergangenheit den Unmut der Konsumenten gesteigert haben. Unsere Studie zeigt, dass die Sehnsüchte der Konsumenten noch grösser geworden sind. Und die Konsumenten wissen noch weniger, wie sie ihre Sehnsüchte verwirklichen können. Sie sind enttäuscht, dass Industrie und Handel zu wenig auf ihre Bedürfnisse reagieren. Gibt es vielversprechende Ansätze grösseren Stils? Ja, ein weiterer interessanter Ansatz ist, dass Produzenten zum Händler kommen. Zum Beispiel «Whole Foods» in den USA: Dieser reine BioSupermarkt stellt seine Produzenten in den Mittelpunkt und deklariert genau, was woher kommt. Produzenten – zum Beispiel Bauern – kommen in den Laden und erzählen, wie ihr Alltag im Gemüseanbau aussieht. Das fördert bei den Konsumenten das Verständnis dafür, was es braucht, um Güter des täglichen Bedarfs zu produzieren.

Wie sieht es mit den Bio-Linien von Coop und Migros aus? Wie könnten sie auf die neuen Bedürfnisse reagieren? Der Supermarkt als solcher hat nach wie vor ein riesiges Potenzial, weil er die breite Schicht abholen kann. Auch die Konsumenten sehen den Supermarkt weiterhin als Laden der Zukunft. Gleichzeitig sind sie skeptisch. Die Supermärkte könnten reagieren, indem sie die ganze Wertschöpfungskette transparent machen, und zwar von A bis Z. Es fehlt am Dialog. Convenience-Produkte, Fast Food und Take-aways haben ein katastrophales Image – das hält die Studie deutlich fest. Warum boomen diese Produkte trotzdem? Diese Art Produkte steht für die negativen Werte: industrielle Produktion, schlechte Qualität, Profitorientierung. Doch die «Macht der Situationen» ist stärker: Wir haben keine Zeit, wollen schnell unseren Hunger befriedigen – und kaufen gegen unsere Ideale. Solche «Zwangssituationen» wird es weiterhin geben; unser Arbeitsleben und

«Die Konsumenten handeln täglich gegen ihre eigenen Ideale.»

Und in Europa? In Deutschland gibt es zum Beispiel die BioSupermärkte «Alnatura» und «tegut». Diese Art Läden versucht die Gegensätze zu vereinen: eine gewisse Standardisierung des Angebots und gleichzeitig grosse Transparenz, Ehrlichkeit und klare Prinzipien. Denn die grösste Herausforderung ist, dass die Lebensmittelhersteller und Händler das Vertrauen der Kundschaft zurückgewinnen. Ohne Transparenz und Vertrauen läuft nichts mehr.

unsere Gesellschaft wird sich nicht fundamental verändern, sodass wir mehr Zeit haben. Das heisst, die Nachfrage nach schnellem Essen und Verfügbarkeit wird bleiben, aber sie verbindet sich mit den Werten gesund und nachhaltig! Es werden neue Angebote in diese Richtung entstehen.

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«Wir müssen die Konsumenten ernst nehmen.» Mirjam Hauser auf der Terrasse des GDI am Zürichsee.

Kennen Sie Beispiele? In den USA ist «fresh & easy» erfolgreich, ein Convenience-Store in oder in der Nähe von Wohnquartieren, der neben Grundnahrungsmitteln auch zahlreiche Fertiggerichte möglichst natürlich anbietet. Man kann also auf dem Heimweg das Nötigste einkaufen und gleich noch das vorbereitete Nachtessen besorgen. Sind sich die Konsumenten eigentlich bewusst, dass sie oft inkonsequent handeln? Ja, durchaus. Wir sehen aus den Daten, dass die Leute eigentlich gerne biologische Produkte kaufen und selber kochen möchten, aber die Zeit und das Wissen über die Zubereitung fehlen. Die Konsumenten stecken in einem riesigen Dilemma: Ihre Sehnsucht ist als Ideal vorhanden, aber sie können sie nicht konkretisieren und handeln täglich dagegen. Deshalb verharren sie weiterhin, wenn auch unglücklich, in ihren Gewohnheiten und alten Einkaufsmustern. Ist das nicht ein frustrierendes Resultat? Ja und nein! Immerhin ist das Bewusstsein der eigenen Inkonsequenz vorhanden, ebenso ein gewisses Ideal. Die Differenziertheit der Wertvorstellungen, die in den Konsumenteninterviews zum Vorschein kam, hat mich überrascht. Die Konsumenten sind also nicht so dumm, wie sie oft hingestellt werden? Genau! Sie sind sich ihrer Handlungen bewusst. Wir müssen sie wirklich ernst nehmen. ■ SURPRISE 232/10

Psychologin und Trendforscherin Mirjam Hauser (29) studierte Sozial- und Wirtschaftspsychologie sowie Politikwissenschaften an den Universitäten Zürich und Granada (Master of Science). Seit 2007 arbeitet sie als Forscherin am Gottlieb Duttweiler Institute und analysiert gesellschaftliche Veränderungen, insbesondere das Konsumentenverhalten in den Bereichen Ernährung und Wohnen.

Studie: Wertewandel im Konsumverhalten Die neue Studie des Gottlieb Duttweiler Institute (GDI) basiert auf 613 ausführlichen Konsumenteninterviews, die persönlich in der Schweiz und in Deutschland geführt wurden. Zum ersten Mal wurde im Bereich Ernährung ein neues Analyse-Instrument angewandt und der Werteraum der Konsumenten bestimmt. Durch periodische Erhebungen können die Veränderungen im kollektiven Wertespektrum gemessen werden. Der Basisbericht mit erstem Update kostet 240 Franken. Auf der Website des GDI ist eine prägnante, neunseitige Zusammenfassung als PDF abrufbar. www.gdi.ch Consumer Value Monitor (CVM) – Werteraum Food: Wie neue Sehnsüchte den Lebensmittelkonsum verändern (GDI-Studie Nr. 35/2010). Autorinnen: Nicole Lüdi, Mirjam Hauser ISBN 978-3-7184-7048-8

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BILD: ANDREA GANZ

Le mot noir Kleine Freiheit Neulich in der Familienküche in Frankreich. «Merde!», hackt Onkel Hervé wütend Petersilie. «Dass du mit 102 deinen schrottreifen Cadillac abgibst, d’accord! Aber ein Motorrad?!» «Da ist einer neidisch», schneidet Paul in Zeitlupe Brot. «Ich lebe die grosse Freiheit und du nicht!» «Freiheit?», schiesst Onkel Hervé das Blut ins Gesicht. «Beruhige dich!», kommt ihm Catherine zuvor. «Jetzt plättet er keine Nachbarsbäume mehr! Und wir können wieder Rosen pflanzen!» «Was gibts zum Abendessen?», nuschle ich am Tisch, in mein Buch vertieft. «Muscheln, Muscheln und Muscheln!» «Schon wieder?» «Geraldines neuer Freund hat die Kurve gekratzt», setzt mich Catherine ins Bild. «Verdammter Mist! Das gibts doch nicht!» «Sie sitzt seit heute morgen im Strandzelt und heult», fegt Onkel Hervé die Petersilie in den brodeln-

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den Topf. «Ihr hättet diesem neuen Freund halt was gönnen sollen!», wirft Paul ein. «Andere Frauen! Drogen! Wenn ich ihn gewesen wäre, hätte ich mich auch gelangweilt!» «Vielleicht war das Unkraut jäten zu viel für ihn?», putzt Catherine nachdenklich Muscheln. «Glaub ich nicht!», schüttelt Onkel Hervé den Kopf. «Mein Auto hat er doch auch anstandslos repariert!» «Und dass er nicht schwimmen kann, konnte ja keiner ahnen.» «Er konnte nicht schwimmen?», werde ich hinter meinem Buch neugierig. «Er sollte Paul gestern ans Ufer holen», flüstert mir Catherine zu. «Aber der rudert doch ziemlich weit raus!» «Wenn ich verfolgt werde, gebe ich Gas, ist doch klar!», macht Paul auf beleidigt. «Jedenfalls hat der ganze Strand mitgekriegt, wie Paul diesen Freund irgendwann aus dem Wasser schleifen musste!» «Ha! Und dann hab ich ihn in den Sand geknallt und gebrüllt: Beweg dich und du bist tot!» Catherine und ich sehen uns schweigend an. «Keine Ahnung, warum der junge Mann auf die Idee kam, meine Tochter zu heiraten!» «Er wollte sie heiraten? Endlich!», freue ich mich für Geraldine. «Jetzt nicht mehr.» «Das – ähm – liegt aber nicht an uns oder?», tauche ich wieder in mein Buch ab. Catherine wischt sich die Hände und schüttelt den Kopf. «Dass du ihn jeden Morgen das Strandzelt hast aufbauen lassen, war okay. Hervé hätte das mit seinem Rücken nicht geschafft.» «Ich hätte

Cédric fragen können?», säusle ich schuldbewusst. «Der liegt doch den ganzen Tag im Bett!» «Sind die Schmerzmittel. Der Arzt meint, vielleicht wird sein Kiefer nochmals operiert.» «Oder Pierre?» «Der hat mit seiner Magaly genug zu tun!», triumphiert Paul. «Hab ich euch übrigens erzählt, dass am Strand jetzt 57 Familienväter mitwetten?» «Wobei?», will Catherine wissen. «Bei ‹Wer legt Magaly zuerst flach›, was sonst!» «Bringst du Pierre deswegen das Rudern bei?», wird Catherine jetzt misstrauisch. «Natürlich nicht! Pierre soll ein bisschen Zeit für sich haben!», wehrt Onkel Hervé ab. «Der Stress im Büro …» Zwei Stunden später kommt Geraldine verheult vom Strand zurück. «Alles okay?», will ich vorsichtig wissen. «Okay? Die Nachbarskatze liegt tot in der Einfahrt!» «Tot?!» «Schon wieder?», zermalmt Onkel Hervé mit der Faust einen Knoblauch. «Der bringt uns um!» «Nicht meine Schuld!», wehrt Paul ab. «Du wolltest, dass ich mit dem Motorrad Brot hole …!»

DELIA LENOIR LENOIR@HAPPYSHRIMP.CH ILLUSTRATION: IRENE MEIER (IRENEMEI@GMX.CH) SURPRISE 232/10


Ausstellung Kunst macht mobil Im Zeughaus lagert normalerweise Zeug, das im militärischen Alltag gebraucht wird. Mit der Ausstellung «mobilmachen» im Zeughaus Gelterkinden wird die Welt des militärischen Materiallagers durch künstlerische Assoziationen neu belebt.

Am Rande des idyllischen Baselbieter Dorfs Gelterkinden liegt das Zeughaus. Die Fenster sind vergittert, doch die Türen stehen offen. «11.0 Telefonmaterial» lautet die Beschriftung eines Holzregals. Unweit davon befindet sich ein Schildchen mit der Aufschrift «Murmelifigger». Ein paar Maschendrahtzäune weiter sind die Regale mit «Warnzaunausrüstung», «MG 51» und «Mineurtasche» angeschrieben. Darauf befinden sich unzählige Kinderpuppen aller Hautfarben, die Kunststoffärmchen nach vorne ausgestreckt. Hier wachsen Bäume ohne Blätter aus einem Sandboden, und dort ist aus Holzpaletten eine Art Labyrinth mit Lichteffekten entstanden. Im Zeughaus Gelterkinden ist die Kunstausstellung «mobilmachen» zu Gast. Die Künstlerin und Initiantin des Projekts, Ursula Pfister, freut sich über die Möglichkeit, das Zeughaus im Rahmen einer Zwischennutzung mit Kunst zu beleben: «Geschichtsträchtige Örtlichkeiten liegen ja nicht gerade am Wegesrand.» Das Zeughaus sei ein Ort, der Geschichten von früher erzählt. «Es wurde leer geräumt, und nun kommen neue Geschichten der 23 Künstlerinnen und Künstler hinein.» Begonnen hat das Projekt «mobilmachen» nicht erst mit der Vernissage; das Publikum war bereits dazu eingeladen, bei der Entstehung der Kunst zuzuschauen. Und unter dem Motto «Militärmusik begegnet Kunst» wartete Mitte Juni das Spiel der Militärmusikkapelle RS 16-1 mit einem Konzert auf. «Das ist mein Markenzeichen, dass ich die Menschen in meine Projekte einbeziehe», sagt Pfister und schwärmt vom Konzert, dem grossen Besucherandrang und dem Engagement des Leiters des Rekrutenspiels. Ihr Plan, ein Publikum anzulocken, das sich sonst nicht in Galerien verirrt, ging auf. «Darum liebe ich diese Unorte», freut sie sich über die Durchmischung, und stellt im gleichen Atemzug klar, dass sie nicht erwarte, dass es alle toll finden. «Am wichtigsten ist mir, dass Fragen aufgeworfen werden.» Die Kunstwerke geben allerdings auch Antworten. Sie fügen sich in den Raum ein, stellen sich ihm entgegen, kommunizieren und spielen mit dem Vorhandenen, sodass teilweise die Grenzen zwischen «original Zeughaus» und «Kunstwerk» verschwimmen. Oft wird das Thema des Lagerns, Aufbewahrens und Etikettierens aufgegriffen, zum Beispiel bei den «Ceramic Disks» von Oswald Platten, der eine Art Archiv von «CDund LP-Fossilien» erfindet, die Informationen aus vergangenen Zeiten wie Bilder, Jahreszahlen, Porträts von Schlachtenführern und Feldherren enthalten sollen, und die sich dann und wann aus den Regalen in die Lüfte erheben. «Von Aff bis Zwipf» heisst der Beitrag von Matthias Frey, der Begriffe des inoffiziellen Schweizer Soldatenjargons an den verschiedensten Ecken des Zeughauses angebracht hat. Die witzigen, derben und von politisch unkorrekt bis diskriminierend in allen FacetSURPRISE 232/10

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VON MICHÈLE FALLER

«Ceramic Disks»: CD-Fossilien mit Fluchtinstinkt im Zeughaus.

ten schillernden Ausdrücke entfalten im Zwiegespräch mit der echten Zeughausbeschilderung erst ihr volles Potenzial an Komik oder Skurrilität. Während das Schanzwerkzeug neben dem «Chinesebeton» (Reisgericht) zum Schmunzeln animiert, löst «Gschtampfte Jud» (Fleischkonserve) im Zusammenhang mit Zitaten von jüdischen Emigranten des Zweiten Weltkriegs – wie sie in der Arbeit «Licht ins Dunkel» von Simone Berger an den Fenstern des Dachraums zu lesen sind – eher Beklemmung aus. Der Reiz von «mobilmachen» ist die Vielfalt der Auseinandersetzungen mit dem Themenkreis. Gleichzeitig zeigt das Projekt Gemeinsamkeiten des vermeintlichen Gegensatzpaars Kunst und Militär auf. Im Spannungsfeld von Zweckentfremdung und Originalinhalt des Zeughauses entfaltet sich eine ungeahnte Schönheit. Die Objektkunst – oft alltägliche, aus dem ursprünglichen Zusammenhang gerissene Gebrauchsgegenstände – findet im Zeughaus eine unerwartete Heimat. ■ Ausstellung «mobilmachen», bis 17. September, Zeughaus Gelterkinden. www.mobilmachen.ch

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Kulturtipps

Schwarz-weiss ist bei Nina Hagens Biografie nur das Coverfoto.

Buch Wer ist Nina Hagen? Fantastisch, denn seine Stimme gehört George Clooney: «Fantastic Mr. Fox».

Vieles wurde schon über die deutsche Sängerin Nina Hagen berichtet, ihr angedichtet und als Gerücht in die Welt gesetzt. Wer sie ist, weiss nur sie selbst. Mit ihrem Buch «Bekenntnisse» erhält die schillernde Figur ein selbst skizziertes Gesicht. VON ISABEL MOSIMANN

Wer sich auf Nina Hagens Buch einlässt, muss sich auch mit ihrem Glauben an Gott und Jesus auseinandersetzen. Das ist vielleicht nicht jedermanns Sache, doch im Zusammenhang mit ihrer Geschichte wird die Suche nach Halt nachvollziehbar. Als Kind war sie häufig sich selbst überlassen. Über ihre Kindheit schreibt die 1955 geborene Tochter des Drehbuchautors Hans Oliva Hagen und der Schauspielerin Eva-Maria Hagen: «Während mein unangepasster, intellektueller Papi mehr und mehr eingesperrt und abgeschnitten wurde, eilte meine Mutter von Erfolg zu Erfolg.» Den fehlenden Halt suchte «Kleen Nina» oft ausserhalb ihrer Familie. Mit einem Nachbarsmädchen ging sie regelmässig am Sonntagmorgen, wenn die Eltern schliefen, in die Kirche um die Ecke und kam jeweils «knallefröhlich aus dem Gotteshaus». Mit ihrer Pflegemutter auf dem Land – wohin sie als schwieriger Teenager von ihren überforderten Eltern verfrachtet worden war – betete sie jeden Abend zu Gott. Immer wieder zog sich Nina Hagen im Laufe ihres Lebens mithilfe ihres Glaubens aus dem Sumpf, oder eben, wie in Kapitel zwölf beschrieben, aus dem «Amsterdamer Schneegestöber». Ihre Erzählungen aus der Kindheit, die Umstände, in denen sie als junger Mensch in der DDR lebte, die Ausbürgerung, die Einflüsse von Liedermacher und Pflegevater Wolf Biermann, ihre Zeit als Punk und die Erfahrungen mit einem indischen Guru sind spannend, interessant und lebendig geschrieben. Und echt. An manchen Stellen flicht sie ihre Berliner Schnauze ein: «Weisste wat dett is? Sklaverei ist dette!» oder eigene Wortkreationen wie: «feuerrotmarylinlilasonnengelbbabyrosawiesengrünundhimmelblau». Das Buch trägt das Prädikat «echt Nina», und deshalb kann man ihr das missionarisch anmutende, ständig wiederkehrende Thema Glauben durchgehen lassen. «Nina Hagens Charakter könnte man mit zig Adjektiven beschreiben, nur mit einem nicht: langweilig!», schrieb eine Bloggerin im Internet. Das gilt auch für dieses Buch. Empfehlenswert ist ausserdem eine visuelle und akustische Kostprobe einer ihrer Lesungen auf youtube. Ihre Sprache und die auf dem Kopf drapierten farbigen Blumen darf man sich nicht entgehen lassen.

Film Fantastisches Fantoche Das Animationsfilmfestival Fantoche wird dieses Jahr mit «Fantastic Mr. Fox» eröffnet. Ein wunderbarer und witziger Trickfilm mit den Stimmen von George Clooney und Meryl Streep, der somit nun doch noch auf – zumindest eine – die Leinwand kommt. VON PRIMO MAZZONI

Der amerikanische Regisseur Wes Anderson hat sich einen Namen mit verschroben-komischen Spielfilmen wie «The Royal Tenenbaums» oder «The Darjeeling Limited» gemacht. Als anfangs Jahr seine Trickfilmadaption von Roald Dahls «Fantastic Mr. Fox» angekündigt wurde, war die Überraschung und Vorfreude gross. Allerdings fand dann der Film trotz prominenter Besetzung – neben George Clooney und Meryl Streep liehen auch Willem Dafoe, Jason Schwartzman und Bill Murray den Figuren ihre Stimmen – nicht auf die hiesigen Leinwände. Vielleicht weil der Puppentrickfilm (!) nicht mit überwältigendem 3D auffahren kann? Auf jeden Fall unverständlich, denn der Film ist, sorry, fantastisch, witzig, bis ins kleinste Detail liebevoll gestaltet und für Kinder und Erwachsene ein Spass. Wer es trotzdem nicht nach Baden ans Fantoche schaffen sollte, kann sich ab Mitte September mit der DVD trösten. Das Festival nicht zu besuchen, wäre aber schade. Denn es gibt so vieles zu entdecken: Neben dem internationalen und dem Schweizer Wettbewerbsprogramm sei zum Beispiel der Schwerpunkt Märchen empfohlen, der unter anderem ein Wiedersehen mit Walt Disneys «Schneewittchen und die sieben Zwerge» und dem grossartigen Anime «Mein Nachbar Totoro» von Hayao Miyazaki («Howl’s Moving Castle» und demnächst mit «Ponyo» in unseren Kinos) anbietet. Fantoche – internationales Festival für Animationsfilm, 7. bis 12. September in Baden. Programmübersicht und Tickets: www.fantoche.ch

Nina Hagen: Bekenntnisse. Pattloch Verlag 2010, Richtpreis CHF 30.50.

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Die 25 positiven Firmen Diese Rubrik ruft Firmen und Institutionen auf, soziale Verantwortung zu übernehmen. Einige haben dies schon getan, indem sie dem Strassenmagazin Surprise mindestens 500 Franken gespendet haben. Damit helfen sie, Menschen in prekären Lebensumständen eine Arbeitsmöglichkeit zu geben und sie auf ihrem Weg zur Eigenständigkeit zu begleiten. Gehört Ihr Betrieb auch dazu? Die Spielregeln sind einfach: 25 Firmen werden jeweils aufgelistet, sind es mehr, fällt jener Betrieb heraus, der am längsten dabei ist.

Gruppenbild im Gerätepark: Black Mountain.

Musik Griffige Psychedelic-Orgien

01

Schweizerisches Tropen- und Public HealthInstitut, Basel

02

Niederer, Kraft & Frey, Zürich

03

Stoll Immobilientreuhand AG, Winterthur

04

Kaiser Software GmbH, Bern

05

Responsability Social Investments AG, Zürich

06

chefs on fire GmbH, Basel

07

Ingenieurbüro BEVBE, Bonstetten

08

Gemeinnütziger Frauenverein Nidau

09

VXL gestaltung und werbung ag, Binningen

10

Scherrer & Partner GmbH, Basel

«No Hits» hiess der erste Hinhörer von Black Mountain. Irritierende sieben Minuten mit durchpochendem Discobeat und doch so gar nicht für die Tanzfläche gemacht. Denn zum technoiden Bumm-Bumm kamen Schamanengetrommel, flirrende Orgeln, fiepende Gitarren, quäkende Trompeten und die herrlich schräg harmonierenden Stimmen von Amber Webb und Stephen McBean. Dieser Song prägte sich ein, war jedoch zu verstörend, um entgegen dem Titel doch ein Hit zu werden. Die Konzerte ihrer ersten Schweizer-Tour waren denn auch nur spärlich besucht und so arbeiteten drei der fünf Musiker daheim in Kanada weiter für Insite, eine Organisation die sich um Drogenabhängige kümmert. Damit dürfte mit dem neuen Album «Wilderness Heart» Schluss sein. Denn auf ihrem Drittwerk brechen Black Mountain ihre ausufernden Soundorgien runter auf Songs von drei, vier Minuten mit griffigen Riffs und eingängigen Melodien. Nicht ganz unschuldig an dieser Entwicklung wird Produzent Dave Sardy sein. Der hat schon mit den Debütalben von Jet oder Wolfmother den 70er-Jahre-Rock wieder en vogue und vor allem charttauglich gemacht. Kandidaten für die Hitparade – wenn auch nicht für jene in der Schweiz – enthält «Wilderness Heart» einige. Nebst dem Titelsong wären da die herrlich orgelnde Single-Auskopplung «Old Fangs» oder das herzergreifende «Burried By The Blues». Gerade bei letzterem zeigt sich, dass die Stimmen wohl die grössten Gewinner der Zusammenarbeit mit Sardy sind. Kämpften sie bei den bisherigen zwei selbstproduzierten Alben auf Augenhöhe mit den Instrumenten, thronen sie nun klar über dem Sound. Der Song zeigt, dass die Band gewillt ist, neue Wege zu gehen, dabei aber darauf bedacht, ihre Identität zu bewahren. Einige eher finstere Songs von «Wilderness Heart» nahmen sie darum in Seattle mit Randall Dunn auf, der sonst die avantgardistischen Drone-Metaller von Sunn O))) produziert. Vielleicht war da doch noch die Furcht, dass ihnen andernfalls das Schicksal von Wolfmother und Jet blüht, die seit ihrem Hit-Debüt nichts annähernd Gutes veröffentlicht haben. Wir geben Entwarnung: «Wilderness Heart» funktioniert nicht nur im Jetzt, sondern liefert auch ein Versprechen für die Zukunft.

11

TYDAC AG, Bern

12

KIBAG Strassen- und Tiefbau

13

OTTO’S AG, Sursee

14

Klinik Sonnenhalde AG, Riehen

15

Canoo Engineering AG, Basel

16

Lehner + Tomaselli AG, Zunzgen

17

fast4meter, storytelling, Bern

18

Brother (Schweiz) AG, Baden

19

Druckerei Hürzeler AG, Regensdorf

20

IBZ Industrie AG, Adliswil

21

Zeix AG, Zürich

22

Zürcher Kantonalbank, Zürich

23

Axpo Holding AG, Zürich

24

Experfina AG, Basel

25

AnyWeb AG, Zürich

Black Mountain, «Wilderness Heart» (Jagjaguar/Irascible).

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Ihren Einsatz für die Junkies von Vancouver müssen die Musiker von Black Mountain wohl aufgeben. Denn dank ihres neuen Albums «Wilderness Heart» werden die Psychedelic-Rocker bald auf der ganzen Welt gefragt sein. VON OLIVIER JOLIAT

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Möchten Sie bei den positiven Firmen aufgelistet werden? Mit einer Spende von mindestens 500 Franken sind Sie dabei! PC-Konto: 12-551455-3, Verein Strassenmagazin Surprise, 4051 Basel Zahlungszweck: Positive Firma + Ihr gewünschter Eintrag! Wir schicken Ihnen eine Bestätigung.

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BILD: SABRINA CHRIST

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Ausgehtipps

Was ist hier falsch? Kunst von Cyprien Gaillard.

Aarau Zukünftige Vergangenheit Was wäre die Zukunft ohne die Vergangenheit? Was das Wünschen ohne das Erinnern? Jeder trägt ein anderes Bild von bereits Erlebtem in sich. Klar, dass wir uns in unseren kühnsten Zukunftswünschen darauf beziehen. Frei nach dem Motto «Gestern wird besser sein», beschäftigten sich 35 internationale und nationale Künstler unterschiedlicher Generationen mit der Schnittstelle zwischen Erinnerung und Zukunft: Da ist die Fotoinstallation von Fiona Tan, die eine Assemblage von Bildern aus Schweizer Familienalben zeigt, oder die als Wandarbeit dargestellte Liste der Namen aller Verwandten, an die sich der Brite Douglas Gordon erinnern kann. Cyprien Gaillard wiederum versieht antiquarische Landschafts-Kupferstiche mit modernistischen Gebäuden und bringt so Vergangenheit und Zukunft zusammen. (juk) Ausstellung «Yesterday will be better», noch bis zum 7. November, Aargauer Kunsthaus, Aarau.

Festhalten! Der Cirque de loin lebt akrobatisch gemeinschaftlich.

Auf Tournee Experiment Wohnen Der Zirkus Chnopf heisst jetzt Cirque de loin und ist mit seiner neuen Produktion «Bisou» im Land unterwegs. Das Programm bietet allerdings keine klassischen Zirkusnummern, sondern ist Zirkus im weiteren Sinne: Aus einem Wohnexperiment im dreistöckigen Wagen hat die 14-köpfige Truppe ein artistisch-musikalisches Theater entwickelt, das die herkömmliche Art des Zusammenlebens infrage stellt. Leben und Lieben – ein ewiges, akrobatisches Gschtürm. «Bisou» gibt ein humorvolles und dynamisches Bild davon ab, wie gemeinschaftliches Leben auch noch möglich ist. (juk) Cirque de loin, «Bisous», nächste Aufführungen: 28. August, 20 Uhr und 29. August, 17 Uhr, Am Horn, Richterswil; 2./3./4. September, jeweils 20 Uhr und 5. September, 17 Uhr, Schulhaus Pünt, Uster; 7. September, 20 Uhr und 8. September 19 Uhr, Weierwiese, Wil; 10./11. September, jeweils 20 Uhr und 12. September, 17 Uhr, Seeburgareal, Kreuzlingen ; weitere Aufführdaten: www.cirquedeloin.ch

Anzeige:

— www.theater-basel.ch, Tel. +41/(0)61-295 11 33 — 26

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Bern Führung durch den Schandfleck Schon vier Mal haben die Stadtberner an der Urne für das Kulturzentrum Reitschule votiert. Das ist für die SVP noch lange kein Grund, nicht weiter gegen den angeblichen «Schandfleck» zu mobilisieren. Am 26. September entscheiden die Stimmbürger deshalb über eine Initiative, die den Verkauf der Reitschule an den Meistbietenten verlangt. Dagegen wehren sich Berner Musiker mit der CD «Reitschule beatet mehr», im September sind die Reitschüler mit einem mobilen Stand in der Stadt unterwegs und wer schon immer mal wissen wollte, wie es in den legendären Gemäuern zu und her geht, sich aber nie so recht hingetraute, hat nun Gelegenheit: In der Gruppe gehts durch Beiz, Theater, Druckerei, Kino und allerlei weitere Räumlichkeiten. Wer möchte, kann anschliessend bei einem Apéro oder beim Znacht Vorstellungen und Vorurteile einem Reality-Check unterziehen. (ash) Führungen: 28. August, 4./5./9./11. und 15. September, jeweils 17 Uhr, Treffpunkt vor dem Eingangstor, Die beissen nicht: Die Reitschule lädt zum Besuch.

Scheppert roh und nuschelt dazu: Rockstar Jon Spencer (links).

Zürich Coole Sau Der Mann hat einen Ruf zu verlieren. Nämlich den als coolste Sau im ganzen Rock’n’Roll. Jon Spencer spielte mit Bands wie Pussy Galore, Boss Hog und der Blues Explosion stets altertümliche Stile für junge Hipster. So was schätzen Indie-Anhänger und weil der schöne Spencer auf der Bühne zum archetypischen Rockstar mutiert, stimmt auch der Unterhaltungsfaktor. Nun ist er mit der Formation Heavy Trash unterwegs. Natürlich scheppert auch die roh. Und doch gehört das aktuelle Album «Midnight Soul Serenade» zu Spencers zugänglicheren Platten. Frühe Rock’n’Roller wie Gene Vincent stehen Pate und mit diesen Vorbildern im Rücken singt Spencer hingebungsvoller den je. Live wird der Gesang wohl gewohnt cool vernuschelt, sodass man nur das «Yeah!» vor dem Gitarrensolo versteht. Der Mann hat eben einen Ruf zu verlieren. (ash) Heavy Trash, 8. September, 20.30 Uhr, Rote Fabrik, Zürich.

BILD: ZVG

BILD: DANIELLE ST. LAURENT

Reitschule, Bern. www.reitschulebietetmehr.ch

Basel 30 Jahre, 90 Künstler, 1 Fest Die Kaserne Basel wird 30 und schmeisst ein gigantisches Geburtstagsfest: Drei Tage lang zeigen 90 Kunstschaffende aller Sparten ihr Können und beleuchten die bewegte Geschichte des Kulturbetriebs: In der Mega-Performance «Zeitreise» etwa lassen Künstlerinnen und Künstler während sechs Stunden die vergangenen 30 Jahre revue passieren – unter anderem auf der Bühne stehen Musikerin Anna Aaron, die Performance-Gruppe Les Reines Prochaines, Schauspieler Ueli Jäggi, Regisseur Michael Koch und Choreograph Viet Dang. Im Rosstall zeigt Künstler und Dramaturg Mats Staub seine Installation «Feiertage – Jahrgang 1980», die 30-jährige Baslerinnen und Basler und ihr bisheriges Leben in den Mittelpunkt stellt. Und Matthias von Hartz und das Jugendsymphonieorchester Regio Basiliensis laden mit ihrer Orchesterkaraoke zum Mitsingen ein: Jeder aus dem Publikum kann aus einer Liste bekannter Songs einen Titel auswählen und diesen, unterstützt vom Jungendsymphonieorchester, von der Bühne schmettern: Happy Birthday! (mek) 30 Jahre Kaserne Basel, 2./3./4. September 2010, jeweils ab 19 Uhr, Kaserne, Basel. Detailprogramm: www.kaserne-basel.ch SURPRISE 232/10

… zum Geburtstag, liebe Kaserne, zum Geburtstag viel Glück!

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Verkäuferporträt «Ich lese immer alle Artikel» BILD: ZVG

Otti Janz (59) weiss nach vielen Jahren als Aussendienstarbeiter in der Privatwirtschaft, wie man seine Kundschaft berät. Heute verkauft er Surprise in Bern, besucht gerne Schwingfeste und die Heimspiele von YB. AUFGEZEICHNET VON ISABEL MOSIMANN

«Mein Weg zu Surprise führte über den Strassenfussball. Zu dem kam ich, weil ein Betreuer der Hausgemeinschaft von ‹WOhnenbern›, in der ich damals lebte, fragte, ob ich mitkicken wollte. ‹WOhnenbern› und Surprise hatten je eine Mannschaft, die an den Strassenfussballturnieren teilnahmen. Dank meiner Erfahrungen als Handball-Goalie in jungen Jahren schaffte ich es bis zum Goalie der Nationalmannschaft. Im August 2007 reiste ich mit meinem Team an den Homeless World Cup nach Kopenhagen. Zurück in der Schweiz, fing ich mit dem Verkauf von Surprise an. Seither verkaufe ich, wenn es meine Gesundheit zulässt, immer in etwa die gleiche Anzahl Magazine pro Ausgabe. Einen Standplatz habe ich nicht, ich verkaufe ‹fliegend› – dafür habe ich meine Stammkunden, die kaufen das Heft stets bei mir. Sobald die neue Ausgabe da ist, lese ich alle Artikel, so habe ich Gesprächsstoff für den Verkauf und kann den Inhalt weiterempfehlen. Im Verkauf habe ich Erfahrung, denn ich war viele Jahre im Aussendienst tätig. Ursprünglich habe ich Möbelschreiner gelernt, in Winterthur. Nach der Lehre ging ich nach Zürich zu Globus und arbeitete dort als Möbelverkäufer. Dank internen Weiterbildungen wurde ich Einkäufer. Nach zehn Jahren wechselte ich zur Migros, später zu Jelmoli. Für diese Firmen besuchte ich Möbelmessen in ganz Europa und kaufte Riesenmengen an Möbelstücken ein. Da war man natürlich jemand, wenn man als Einkäufer eines grossen Möbelanbieters an einen Stand kam! Wegen einer Frau wechselte ich nach Bern und arbeitete fünf Jahre für Büro Fürrer im Aussendienst. Die neue Herausforderung, in der Kundenbetreuung zu arbeiten, war mir sehr willkommen. Und schliesslich betreute ich für Siemens fünf Jahre lang im Aussendienst die ganze Ostschweiz im Bereich Beleuchtungstechnik. 1998 wurde ich arbeitslos. Weil ich keine Stelle fand, machte ich mich als Möbelhändler selbstständig. Doch mit der Zeit plagten mich mehr und mehr Existenzängste. Meine Nöte gingen so weit, dass ich in die psychiatrische Klinik Waldau in Bern eintreten musste. Nach zwei Jahren wechselte ich in die betreute Wohngemeinschaft von ‹WOhnenbern›, wo ich mein eigenes Zimmer hatte. Insgesamt lebten etwa 20 Leute dort. Das war eine gute Zeit. Auch meine Arbeit bei der Stiftung für berufliche Integration GEWA gefiel mir sehr gut, ich war dort Kurierfahrer und zuständig für den Postausgang. Leider war diese Stelle auf zwei Jahre beschränkt. Mit der Untätigkeit verschlechterte sich meine Gesundheit wieder und ich verbrachte noch einmal fast zwei Jahre in der Klinik. Heute lebe ich in einem Wohnheim in Utzigen, wo ich im Herbst eine nigelnagelneue kleine Wohnung beziehen kann. Ich muss sagen, mir geht es sehr gut. Dank einer Rückenoperation im Frühling habe ich kei-

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ne Schmerzen mehr und auch meine Bronchitis wurde schwächer. So kann ich auch wieder meinen Leidenschaften nachgehen: Fussballmatches und Schwingfeste besuchen. Ich bin Fan des Berner Fussballklubs YB und besuche, wann immer möglich, die Heimspiele. Auch die WM in Südafrika habe ich dieses Jahr am Fernsehen verfolgt. 2014 in Brasilien möchte ich live dabei sein! Mit dem Schwingen bin ich schon mein Leben lang verbunden: Mein Vater war Schwinger und mein Sohn ist Kranzschwinger. Ich selber habe nur als Bub geschwungen, habe aber zehn Jahre lang für die Berner Zeitung als ehrenamtlicher Berichterstatter Schwinganlässe besucht. Mein Vorgänger hatte mich eingeschleust, und so besuchte ich während zehn Jahren gratis die Wettkämpfe und lieferte dafür meine Berichte ab. Auch heute besuche ich gerne Schwingfeste. Das Eidgenössische in Frauenfeld habe ich mir auf jeden Fall nicht entgehen lassen.» ■ SURPRISE 232/10


Eine Chance für alle! Werden Sie Surprise-Götti oder -Gotte ber. Das verdient Respekt und Unterstützung. Regelmässige Verkaufende werden von Surprise-Sozialarbeiterinnen betreut, individuell begleitet und gezielt gefördert. Dazu gehört auch, dass sie von Surprise nach bestandener Probezeit einen ordentlichen Arbeitsvertrag erhalten. Mit der festen Anstellung übernehmen die Surprise-Verkaufenden mehr Verantwortung; eine wesentliche Voraussetzung dafür, wieder fit für die Welt und den Arbeitsmarkt zu werden.

Starverkäufer BILD: ZVG

Surprise kümmert sich um Menschen, die weniger Glück im Leben hatten als andere. Menschen, die sich aber wieder aufgerappelt haben und ihr Leben in die eigenen Hände nehmen wollen. Mit dem Verkauf des Strassenmagazins Surprise überwinden sie ihre soziale Isolation. Ihr Alltag bekommt Struktur und wieder einen Sinn. Sie gewinnen neue Selbstachtung und erarbeiten sich aus eigener Kraft einen kleinen Verdienst. Die Surprise-Strassenverkäuferinnen und -verkäufer helfen sich sel-

Als Götti oder Gotte ermöglichen Sie einer Strassenverkäuferin oder einem -verkäufer eine betreute Anstellung bei Surprise und damit die Chance zur Rückkehr in ein selbstbestimmtes Leben.

Jela Veraguth Zürich

Wolfgang Kreibich Basel

Tatjana Georgievska Basel

Andreas Ammann Bern

Susanna Keller aus Wabern nominiert Asmelash Mihretaeab als Starverkäufer: «Asmelash Mihretaeab gefällt mir, weil er sehr ruhig und diskret auf seinem Platz steht. Die lauten und auffallenden Verkäufer haben ihren Platz und so auch die leisen. Wir wechseln jeweils ein paar Worte. Ich weiss unterdessen, dass er sich weiterbildet, dass er endlich seine Papiere erhalten hat, dass er die orthodoxe Kirche besucht. Er grüsst mich mit meinem Namen. Ich freue mich immer, wenn ich ihn sehe!»

Ausserdem im Förderprogramm SurPlus: Peter Gamma, Basel Peter Hässig, Basel Bob Ekoevi Koulekpato, Basel Marika Jonuzi, Basel René Senn, Zürich Jovenka Rogger, Zürich

Anja Uehlinger, Baden Kurz Brügger, Basel Marlise Haas, Basel Marlis Dietiker, Olten Fatima Keranovic, Baselland

Nominieren Sie Ihren Starverkäufer! Schreiben Sie uns mit einer kurzen Begründung, welchen Verkäufer Sie an dieser Stelle sehen möchten: Strassenmagazin Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41+61 564 90 99, redaktion@strassenmagazin.ch

Ja, ich werde Götti/Gotte von: 1 Jahr: 8000 Franken

1/2 Jahr: 4000 Franken

1/4 Jahr: 2000 Franken

Vorname, Name

Telefon

Strasse

E-Mail

PLZ, Ort

Datum, Unterschrift

1 Monat: 700 Franken

232/10 Talon bitte senden oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch, PC-Konto 12-551455-3 SURPRISE 232/10

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Surprise ist: Hilfe zur Selbsthilfe Surprise hilft seit 1997 Menschen in sozialen Schwierigkeiten. Mit Programmen in den Bereichen Beschäftigung, Sport und Kultur fördert Surprise die soziale Selbständigkeit. Surprise hilft bei der Integration in den Arbeitsmarkt, bei der Klärung der Wohnsituation, bei den ersten Schritten raus aus der Schuldenfalle und entlastet so die Schweizer Sozialwerke.

Ich möchte Surprise abonnieren! 24 Ausgaben zum Preis von CHF 189.– (Europa: CHF 229.– ) (Verpackung und Versand bieten StrassenverkäuferInnen ein zusätzliches Einkommen.) Gönner-Abo für CHF 260.–

Eine Stimme für Benachteiligte Surprise verleiht von Armut und sozialer Benachteiligung betroffenen Menschen eine Stimme und sensibilisiert die Öffentlichkeit für ihre Anliegen. Surprise beteiligt sich am Wandel der Gesellschaft und bezieht Stellung für soziale Gerechtigkeit. Strassenmagazin und Strassenverkauf Surprise gibt das vierzehntäglich erscheinende Strassenmagazin Surprise heraus. Dieses wird von einer professionellen Redaktion produziert, die auf ein Netz von qualifizierten Berufsjournalistinnen, Fotografen und Illustratorinnen zählen kann. Das Magazin wird fast ausschliesslich auf der Strasse verkauft. Rund dreihundert Menschen in der deutschen Schweiz, denen der Arbeitsmarkt verschlossen bleibt, erhalten damit eine Tagesstruktur, verdienen eigenes Geld und gewinnen neues Selbstvertrauen.

Geschenkabonnement für: Vorname, Name

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Herausgeber Strassenmagazin Surprise GmbH, Postfach, 4003 Basel, www.strassenmagazin.ch Geschäftsführung T +41 61 564 90 63 Fred Lauener, Agnes Weidkuhn (Assistenz GF) Öffnungszeiten Sekretariat Mo–Do 9–12 Uhr, T +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99 info@strassenmagazin.ch Redaktion T +41 61 564 90 70 Fred Lauener (Leitung), Reto Aschwanden, Julia Konstantinidis, Mena Kost, Thomas Oehler (Sekretariat) redaktion@strassenmagazin.ch Freie Mitarbeit Ivo Andri, Claudia Bosshardt, Michèle Faller, Andrea Ganz, Hanna Jaray, Olivier Joliat, Janine Kern, Delia Lenoir, Wolf Lotter, Primo Mazzoni, Irene Meier, Isabel Mosimann, Isabella Seemann, Priska Wenger Korrektorat Alexander Jungo Gestaltung WOMM Werbeagentur AG, Basel Druck AVD Goldach Auflage 29 400, Abonnemente CHF 189.–, 24 Ex./Jahr Anzeigenverkauf T +41 76 325 10 60 anzeigen@strassenmagazin.ch

Sport und Kultur Surprise fördert die Integration auch mit Sport. In der Surprise Strassenfussball-Liga trainieren und spielen Teams aus der ganzen deutschen Schweiz regelmässig Fussball und kämpfen um den Schweizermeister-Titel sowie um die Teilnahme an den Weltmeisterschaften für sozial benachteiligte Menschen. Seit 2009 hat Surprise einen eigenen Chor. Gemeinsames Singen und öffentliche Auftritte ermöglichen Kontakte, Glücksmomente und Erfolgserlebnisse für Menschen, denen der gesellschaftliche Anschluss sonst erschwert ist. Finanzierung, Organisation und internationale Vernetzung Surprise ist unabhängig und erhält keine staatlichen Gelder. Das Strassenmagazin wird mit dem Erlös aus dem Heftverkauf und mit Inseraten finanziert. Für alle anderen Angebote wie die Betreuung der Verkaufenden, die Sportund Kulturprogramme ist Surprise auf Spenden, auf Sponsoren und Zuwendungen von Stiftungen angewiesen. Surprise ist eine nicht gewinnorientierte soziale Institution. Die Geschäfte werden von der Strassenmagazin Surprise GmbH geführt, die vom gemeinnützigen Verein Strassenmagazin Surprise kontrolliert wird. Surprise ist führendes Mitglied des Internationalen Netzwerkes der Strassenzeitungen (INSP) mit Sitz in Glasgow, Schottland. Derzeit gehören dem Verband über 100 Strassenzeitungen in 40 Ländern an.

Marketing T +41 61 564 90 61 Theres Burgdorfer Vertrieb T +41 61 564 90 81 Smadah Lévy (Leitung) Vertrieb Zürich T +41 44 242 72 11 Reto Bommer, Engelstrasse 64, 8004 Zürich, Mobile +41 79 636 46 12 r.bommer@strassenmagazin.ch Vertrieb Bern T +41 31 332 53 93 Alfred Maurer, Pappelweg 21, 3013 Bern, Mobile +41 79 389 78 02 a.maurer@strassenmagazin.ch Betreuung und Förderung T +41 61 564 90 51 Rita Erni Chor/Kultur T +41 61 564 90 40 Paloma Selma Strassensport T +41 61 564 90 10 Lavinia Biert Trägerverein Strassenmagazin Surprise Präsident: Carlo Knöpfel Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auch auszugsweise oder in Ausschnitten, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird von der Redaktion und dem Verlag jede Haftung abgelehnt. Surprise behält sich vor, an Verkaufende gerichtete Postsendungen zu öffnen. Barspenden an namentlich bezeichnete Verkaufende können nur bis zu einem Betrag von CHF 100.– weitergeleitet werden. Darüber hinausgehende Beträge sollen – im Einverständnis mit der Spenderin oder dem Spender – allen Verkaufenden zugute kommen. SURPRISE 232/10


Hier könnte Ihre Werbung stehen. Werfen Sie Ihr Werbegeld nicht auf die Strasse. Investieren Sie es dort. Surprise erreicht 144 000 Leserinnen und Leser. Und das in den grössten Städten und Agglomerationen der Deutschschweiz.* Denn dort stehen die 380 Surprise-Verkaufenden für Sie auf der Strasse. Tagtäglich. Ganze 80 Prozent der überdurchschnittlich verdienenden und ausgebildeten Käuferinnen und Käufer lesen die gesamte Ausgabe oder zumindest mehr als die Hälfte aller Artikel. Das Strassenmagazin steht für soziale Verantwortung und gelebte Integration. Mit Ihrem Inserat zeigen Sie Engagement und erzielen eine nachhaltige Wirkung. Anzeigenverkauf, T +41 76 325 10 60, anzeigen@strassenmagazin.ch

*gemäss MACH Basic 2010-1.


Macht stark.

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