Surprise Strassenmagazin 241/11

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Bauern global Wie Afrika in die Alpen kommt Enteignung: Willi Worbers Kampf um sein Daheim im Kreis 5

Satt und zufrieden statt steif und starr – ein Loblied auf den Januar

Nr. 241 | 7. bis 20. Januar 2011 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass.


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BILD: ISTOCKPHOTO

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13 Landwirtschaft Wohlstand durch Freihandel? Mit der Diskussion über Zölle und Subventionen ist der Kampf gegen die Armut in den reichen Ländern angekommen. Trotzdem subventionieren die USA und die EU ihre Agrarindustrien weiterhin massiv – zum Schaden der Bauern in Afrika und Asien. Während die einen gleiche Rechte und offene Grenzen für alle fordern, behaupten die anderen, dass auch Freihandel die Armut in den Entwicklungsländern nicht reduzieren würde.

16 Stadtentwicklung Im Schatten des Prime Tower Zürichs Westen boomt. Unerbittlich treiben die Stadt und private Investoren die Aufwertung der Industriebrachen voran. Doch mitten auf der Grossbaustelle trotzen zwei alte Häuser der Veränderung. Seit Jahren wehren sich die Bewohner gegen den Abriss ihres Zuhauses. Die Geschichte eines aussichtslosen Kampfes.

BILD: MILENA SCHÄRER

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Inhalt Editorial Nur Mut Leserbriefe Journalistische Lebenshilfe Basteln für eine bessere Welt Blick durch die Röhren Aufgelesen Mehr Strassenmagazine weltweit Zugerichtet Unschöne Verhältnisse Hausmitteilung Peter Aebersold und Paola Gallo informieren Porträt Starke Frau mit dünner Haut Geschichten Erzähler, keine «Märlionkel» Le mot noir Ziele setzen im Tessin Radio Profi-Sender ohne Chefredaktion Kulturtipps Zarte Musik unter harter Schale Ausgehtipps Comics auf Chinesisch Verkäuferporträt Ein Wandervogel Projekt Surplus Eine Chance für alle! In eigener Sache Impressum INSP

BILD: FLORIAN BACHMANN

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20 Jahresbeginn Der Unterschätzte Im Beliebtheitsranking belegt der Januar den letzten Platz: Er ist kalt und dunkel, die Partys sind vorbei und erst der Osterhase bringt neue Festtagslaune ins triste Dasein. Unser Autor Stephan Pörtner findet, dem ersten Monat im Jahr geschieht Unrecht. Dass der Jänner kälter ist als der August, kann auch er nicht schönschreiben – dafür liefert er einleuchtende Argumente, weshalb es gut wäre, diesem Monat mehr Beachtung zu schenken.

Titelbild: Keystone SURPRISE 241/11

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BILD: DOMINIK PLÜSS

Leserbriefe «Kein Schüler kann sich konzentrieren. Alle haben Angst vor Polizeikontrollen.»

JULIA KONSTANTINIDIS, REDAKTORIN

Editorial Mutig ins 2011 «Wutbürger» ist das Wort des Jahres 2010. Wutbürger sind Normalos, die aus Entrüstung darüber auf die Strasse gehen, dass mit ihnen gemacht wird, was irgendjemand ausserhalb ihres Einflussbereichs entscheidet. In Deutschland ist der Protest gegen das geplante Bahnhofsbauprojekt Stuttgart 21 ein Paradebeispiel für die neue Kraft der Bürgerinitiative. Auch Willi Worber hätte Grund genug, seinen Ärger öffentlich kundzutun: Ihm wird gerade sein Lebensraum genommen. Neben seinem Haus im Zürcher Kreis 5 schiessen Wolkenkratzer in die Luft, neue Strassen werden auf Grundstücken noch stehender Häuser geplant, seine Wohnung ist vom Abbruch bedroht. Der Prime Tower und der Mobimo Tower sind die markanten Wahrzeichen des «Maagdorfes», das bald anstelle von Willi Worbers Quartier stehen wird. Noch wehren sich Willi Worber und seine Nachbarn mit juristischen Mitteln gegen die Zwangsenteignung ihrer Wohnungen und Häuser. Doch man ahnt es: Sie sitzen gegenüber den Investoren und der Stadt wohl am zu kurzen Hebel. Lesen Sie die Geschichte von Willi Worber ab Seite 16. Zunehmend fühlen sich Menschen übergangen und fremdbestimmt. Das sollte uns alarmieren. Dass sie je länger, desto häufiger die Ungerechtigkeiten, die ihnen widerfahren, öffentlich machen, kann als Zeichen eines wachsenden Selbstbewusstseins der grossen Masse gesehen werden. In Stuttgart wird der neue Bahnhof wohl gebaut – trotz der Bürgerproteste. Doch der Widerstand hat die Verantwortlichen gezwungen, sich Gedanken über ihr Projekt und den Umgang mit Betroffenen zu machen. Zum Jahresanfang wünsche ich Ihnen Mut, sich für Ihre Anliegen einzusetzen, auch wenn es aussichtslos scheint: Vielleicht reicht der Widerstand nicht für die grosse Kehrtwende, aber er setzt mit Sicherheit auf allen Seiten Denkvorgänge in Gang. Und falls Sie noch mehr Gründe brauchen, dem kalten Januar Gutes abzugewinnen, wünsche ich Ihnen gute Lektüre mit dem Text von Stephan Pörtner ab Seite 20.

Optimistisch Wie schnell die Zeit vergeht! Fred Lauener gehört doch seit Jahren zum Erscheinungsbild von Surprise und hat die Erfolgsgeschichte seit 2007 mitgestaltet und mitgeschrieben. Aus geplanten zwei sind vier reichhaltige Jahre geworden, und er hat Surprise aus der eigenen Krise mit einem engagierten Team durch die seitherigen Gesellschaftskrisen geführt – mit brandaktuellen Themen und hellhörigen Artikeln. So können wir ihm und auch der ganzen Surprise-Mannschaft mit dem scheidenden Präsidenten Carlo Knöpfel bestens danken für die journalistische Lebenshilfe und dürfen, trotz neuer Herausforderungen, optimistisch in die Zukunft blicken. Christian Vontobel, Basel Nr. 239: «50 Jahre Pille – Was hat sich verändert ausser die Frisur» Mit Humor Folgendes zum Artikel «Armut – Das Portemonnaie als Portnütmee»: Ich bin alleinerziehende Mutter, verwitwet mit zwei erwachsenen Kindern in Ausbildung, bedingt erwerbsfähig infolge Krankheit, früher selbstständigerwerbend, keine Pensionskasse, ohne IV (in einem zehn Jahre dauernden Rechtsstreit abgelehnt). Ich war fünf Jahre Sozialhilfeempfängerin, habe drei Mal mit den Kindern Ferien verbringen dürfen und verzichte auf ein Auto – aus ökologischer sowie finanzieller Überzeugung. Ich war mehrere Jahre politisch tätig und habe zwei Prinzipien: «Humor ist, wenn Frau trotzdem lacht» und «Was mich nicht umbringt, macht mich stark.» Und ich glaube an das Schweizer Sozialsystem. Susanne J. Weyermann, per E-Mail Nr. 238: «Skihäsli ahoi! – Die Jagdsaison beginnt» Aus Angst Mit grossem Interesse habe ich den Artikel über die Autonome Schule im Heft Nr. 238 gelesen. Eine Freundin von mir unterrichtet an

der Schule – besser gesagt, sie hat bis jetzt unterrichtet. Vor Kurzem ist vor der Schule die Polizei aufgetaucht, hat viele Leute kontrolliert und verhaftet. Meine Freundin hat die Erlebnisse mit der Polizei aufgeschrieben: Der Unterricht wird unmöglich, weil kein Schüler sich konzentrieren kann. Alle haben Angst vor Polizeikontrollen; vor der Schule, auf dem Schulweg. Es ist 20 Minuten vor Unterrichtsbeginn. Ich bereite die Lektionen meiner Klasse vor und schaue aus dem Fenster. Zwei Schüler werden von drei Polizisten umstellt. Ich sehe, dass sie Angst haben. Angst, weil sie so genannten NEE-Status haben – d.h., sie haben ein Asylsgesuch gestellt, darauf wurde aber nicht eingetreten. Ich gehe zu den Polizisten und bitte sie, mir nicht einen meiner besten Schüler wegzunehmen. Die Polizistin fragt nach dem Unterrichtsbeginn. Um zwei Uhr, sage ich. Sie antwortet, dass ich meinen Schüler bis dahin zurückhaben werde. Ein anderer Lehrer informiert die drei Polizisten, dass abgemacht wurde, dass vor der Schule keine Kontrollen stattfinden. Die Polizisten ignorieren ihn. Sie nehmen meinen Schüler mit. Um zwei Uhr ist sein Platz leer und bleibt es auch. Es ist unmöglich, die Stunde abzuhalten. Alle sind nervös, eine der Schülerinnen hört nicht auf zu zittern. Draussen vor dem Fenster ist immer wieder die Polizei zu sehen. Eigentlich habe ich heute etwas über «Lernblockaden lösen» vorbereitet – das haben sich meine Schüler gewünscht. Es geht darum, dass man in der Schule ohne Angst lernen können soll. Ziemlich absurd, diese Situation. Als die Schule zu Ende ist, steht noch immer die Polizei vor dem Schulgebäude. Es wird beschlossen, dass alle gemeinsam rausgehen. Bei der Tramhaltestelle kommen weitere Polizeiautos dazu, und Polizisten mit Gummischrot stellen sich auf die Tramschienen. Der Bus und das Tram kommen nicht mehr durch. Nochmals werden zwei Schüler festgenommen. In den nächsten Tagen bleiben die Schulzimmer leer. Aus Angst. Patricia Morganti, per E-Mail

Surprise ist auf Spenden angewiesen. Auch auf Ihre! Herzlichen Dank. PC-Konto 12-551455-3 Ihre Meinung!

Herzlich,

Bitte schicken Sie uns Ihre Anregungen oder Kritik: Strassenmagazin Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, T +41 61 564 90 70, redaktion@strassenmagazin.ch. Es werden nur Leserbriefe abgedruckt,

Julia Konstantinidis

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die mit vollem Namen unterzeichnet sind. Die Redaktion behält sich vor, Briefe zu kürzen. SURPRISE 241/11


ILLUSTRATION: WOMM

Schneiden Sie mehrere Kartonröhren (ca. 4 Stück) in unterschiedlicher Länge ab.

Kleben Sie die Röhren wie Orgelpfeifen der Grösse nach aneinander.

Über die Enden, die nicht auf derselben Höhe liegen, können Sie farbige Folie kleben.

Lassen Sie Ihren Blick langsam über die Röhren gleiten – Sie werden sehen, Ihre Umgebung hält so manche ungeahnte Perspektive für Sie bereit.

Basteln für eine bessere Welt Sei es das Januarloch, die verpassten guten Vorsätze oder das Wintergrau – Anfang Jahr tut ein Perspektivenwechsel immer gut. Mit unserer Methode gucken Sie sicher nicht in die Röhre. SURPRISE 241/11

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Aufgelesen News aus den 90 Strassenmagazinen, die zum internationalen Netzwerk der Strassenzeitungen INSP gehören.

Erfolgsgeschichte Graz. Entgegen dem Trend rückläufiger Verkaufszahlen bei Printmedien sind im letzten Jahr weltweit zehn Prozent mehr Strassenzeitungen und -magazine verkauft worden als im Vorjahr. In 40 Ländern haben die 115 Titel des internationalen Netzwerks der Strassenzeitungen (INSP), zu dem auch Surprise gehört, 1,51 Millionen Exemplare verkauft. Hauptgrund für den Erfolg: Die spezielle Vertriebsform. Seit 1994 bringen rund 200 000 Verkäuferinnen und Verkäufer die Magazine auf der Strasse unter die Leute.

Kohle zum Zocken Stuttgart. Ein ehemaliger Spielsüchtiger erzählt: «Spielen war für mich Entspannung. Ruhe. Abschalten. Es nervt einen keiner. Es ist, wie einen Film zu schauen. Das Geldglücksspiel hatte meine Gedanken beherrscht. Am Morgen nach dem Aufstehen war mein erster Gedanke, wie ich jetzt am besten an Kohle komme, um zocken zu können. Ich habe immer mehr Schulden gemacht. Meiner Freundin habe ich Lügen erzählt. Irgendwann haben sie und mein Kind mir so leidgetan, dass ich mir in der Spielhalle freiwillig Hausverbot geben liess.»

Tabu Einsamkeit Nürnberg. Corinna Drebenstedt, Leiterin der Geriatrischen Tagesklinik am Nürnberger Klinikum, über Einsamkeit: «Viele Menschen sind gerne alleine und fühlen sich dabei nicht einsam. Wer weiss, dass er viele Leute anrufen könnte, ist nur alleine. Wer wenig soziale Kontakte hat und niemanden anrufen kann, fühlt sich hingegen einsam. Freunde sind wichtiger als Familie, weil Freunde im Gegensatz zur Familie ausgewählte Sozialkontakte sind. Die meisten Menschen, die einsam sind, reden nur darüber, wenn man sie ganz gezielt fragt: Fühlst du dich einsam?»

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Zugerichtet Eine Nummer zu gross Abgesehen davon, dass der Anzug nach der Mode des verflossenen Jahrhunderts geschnitten ist, war er offenbar für eine viel grössere Gestalt als die des nunmehrigen Besitzers bestimmt gewesen. Die Jackenärmel ragen ihm bis zu den Fingerspitzen, die Hose faltet sich mehrfach über den Schuhen, die Schulterpolster sacken ein, von Hemd und Krawatte ist kaum eine Spur zu sehen. Aber Signor Sassi* trägt seinen ausgetragenen Anzug mit Würde, schreitet formvollendet in den Gerichtssaal als wäre es die Lobby des «Baur au Lac». Ein fadendünner Schnauzer schwingt sich im eleganten Bogen über der Oberlippe. Der Scheitel ist perfekt gezogen. Auch seine Aussprache ist makellos, mit einer leicht italienischen sowie glarnerischen Färbung: «Ich war bedürftig», sagt er und seufzt und faltet die Hände. «Es geschah aus Hunger.» Signor Sassi kommt aus Süditalien, wo er vor 58 Jahren geboren wurde. Sein Lebensweg ist sozusagen ein gastronomischer Abstieg: Vom Chef de Service eines Edelitalieners über den Chauffeur eines Gemüsehändlers bis hin zum Dieb in der Delikatessenabteilung eines Kaufhauses. Irgendwo dazwischen haben ihn eine Scheidung, die Einsamkeit und der Alkohol aus der Bahn geworfen. Er nahm seine Einkaufstasche mit und füllte sie mit Pasteten und einer Dose Cumberlandsauce, Pilzterrinen, erstklassiger Salami, Mortadella und teurem Parmaschinken, französischem Edelkäse, Amaretti und einer Flasche Weisswein. Der Wert des Gourmetmenüs betrug 175 Franken und 25 Rappen; er kam nicht dazu, es zu geniessen. Beim Ausgang hat ihn die Hausde-

tektivin geschnappt. Man fand auch ein Stellmesser bei ihm. Er hatte es zwar nicht gezückt, um der Verkäuferin zu drohen «Camembert her oder Leben!», aber das Gesetz bestimmt: Wer bei einem Diebstahl eine gefährliche Waffe mitführt, begeht Raub. Das wird härter bestraft als ein simpler Ladendiebstahl. Das sollte jeder Dieb bedenken. Warum er das Küchenmesser mit sich führte, wird Signor Sassi gefragt. «Weil ich die Speisen im Park einnehmen wollte», sagt er, und man hat die malerische Szenerie eines Picknicks im Grünen vor Augen. De facto war es aber so, dass Signor Sassi mit den anderen Bewohnern des Männerheims der Heilsarmee nichts zu tun haben wollte. «Das soziale Umfeld stimmt dort nicht», sagt er indigniert, «mit denen möchte ich nicht tafeln. Ihre Tischmanieren, tsss …» Den Rest des Satzes lässt er in der Luft hängen. Dem höflichen Signore tut das Geschehene sehr leid: «Abschliessend will ich sagen, dass ich mich bei allen Beteiligten für den Ärger über das, was ich angerichtet habe, entschuldigen möchte. Ansonsten warte ich ab, was kommt.» Es kommt eine Strafe von neun Monaten, ohne Bewährung, der Signore hat ein grosses Vorstrafenregister. Fahren in angetrunkenem Zustand, Körperverletzung, Betrug. Er nimmt das Urteil kopfnickend, mit starrem, nachdenklichem Blick an. Dann schaut er prüfend seine Fingernägel an; sie scheinen ihm nicht rein genug. «Die Verhältnisse sind da wie dort unschön.» * Persönliche Angaben geändert. ISABELLA SEEMANN (ISEE@GMX.CH) ILLUSTRATION: PRISKA WENGER (PRISKAWENGER@GMX.CH) SURPRISE 241/11


BILD: DOMINIK PLÜSS

BILD: DOMINIK PLÜSS

Hausmitteilung

Zurück auf Kurs

Alles neu

Ich bin seit 1999 im Vorstand von Surprise und stand schon zweimal in der Verantwortung, eine ernste Krise zu meistern. Nachdem wir 2006 fast Konkurs anmelden mussten, ist es unter der Leitung von Carlo Knöpfel und Fred Lauener gelungen, den Betrieb zu konsolidieren und die Qualität des Magazins weiter zu verbessern. Einen ersten Einbruch erlitten wir vor zwei Jahren, weil die AHV nicht mehr akzeptierte, dass unsere Verkäuferinnen und Verkäufer wie früher als Selbständigerwerbende galten, und uns zu Nachzahlungen im Betrag von rund 500 000 Franken zwang. Dennoch schien das Unternehmen vor einem Jahr auf guten Gleisen, und deshalb kündigte ich auf Ende 2010 meinen Rücktritt an. Doch seither hat sich die Lage dramatisch verschlechtert. Deshalb ist es für mich keine Frage: Ich will alles tun, um Surprise gemeinsam mit meiner Vorstandskollegin und meinen Vorstandskollegen, der neuen Geschäftsführerin Paola Gallo und allen Mitarbeitenden wieder auf Kurs zu bringen. Was ist geschehen? Unsere Verkaufszahlen sind 2010 eingebrochen, nicht weil uns die Leserinnen und Leser im Stich gelassen hätten, sondern weil wir wegen behördlicher Einschränkungen viele Verkaufende verloren haben. Einzelne Kantone lassen keine Flüchtlinge mehr zu, verschiedene Sozialhilfen haben strengere Regeln für die Einkommensdeklaration eingeführt, oder sie setzen den Freibetrag für einen Zusatzverdienst tiefer an als in den SKOS-Richtlinien empfohlen. Surprise hat sich deshalb im Netz bürokratischer Restriktionen verfangen. Das hat uns gezwungen, im Betrieb Stellen abzubauen. Ich musste neun Kündigungen verantworten, es war eine der schlimmsten Erfahrungen meines Berufslebens. Wie geht es weiter? Die Mitarbeitenden mussten teilweise Pensenreduktionen hinnehmen, dennoch sind sie hoch motiviert. Die Redaktion wird auch mit weniger Stellenprozenten weiterhin ein spannendes Magazin produzieren. Mit Paola Gallo fängt eine Geschäftsführerin neu an, die nicht zum ersten Mal vor der Aufgabe steht, eine Organisation aus einer Krise zu führen. Für sie und den ehrenamtlich tätigen Vereinsvorstand wird es in nächster Zeit darum gehen, neue Verkaufsformen zu erarbeiten und uns mit den sozialen Institutionen besser zu vernetzen, um beispielweise als Beschäftigungsprogramm anerkannt zu werden. Bis diese Neuorientierung greift, sind wir auf zusätzliche Spenden und Überbrückungsbeiträge angewiesen. Denn wir sind alle davon überzeugt, dass Surprise auch in Zukunft dingend nötig ist.

Neues Jahr, neue Aufgaben, viele gute Vorsätze. Surprise hat ein Jahr voller Turbulenzen hinter sich, die Verkaufende und Belegschaft durchgeschüttelt haben. Nun starten wir frisch aufgestellt ins Jahr 2011. Ich freue mich, die Herausforderungen der kommenden Zeit als neue Geschäftsleiterin in Angriff zu nehmen. Bestimmt wird auch das neue Jahr die eine oder andere Überraschung für Surprise bereithalten. Ich bin überzeugt, diese gemeinsam mit den engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie dem Vereinsvorstand gut bewältigen zu können. Mit meinem doppelten Migrationshintergrund (als Kind sizilianischer Eltern im Wallis aufgewachsen, nach der Matur in «d’Üssuschwiz») habe ich eine Affinität für Andersartigkeit. Immer wieder Unbekanntes zu entdecken, neue Umfelder zu erleben, anzunehmen und mit den eigenen Erfahrungen zu verbinden, gehört zu meinem Alltag – sei es mit meinem Mann und unseren drei Kindern, mit meinen FreundInnen oder im Beruf. Migration und Integration, Bildung und Kommunikation beschäftigten mich bereits in meinem bisherigen Berufsleben. Diese Erfahrungen werden mir helfen, meine neue Aufgabe tatkräftig zu gestalten. Ich freue mich darauf, Menschen, die um ihren Platz in der Gesellschaft kämpfen müssen, bei ihren täglichen Anstrengungen unterstützen zu können. Meine erste Aufgabe hier im Haus wird es sein, gute Rahmenbedingungen für die Strassenverkäuferinnen und Strassenverkäufer zu schaffen. Im Zeitalter der Effizienzsteigerung und der Leistungsvereinbarungen werden unterstützungsbedürftige Menschen allzu oft unter einer Lawine behördlicher Bürokratie begraben. Hier wollen wir Gegensteuer geben. Surprise ist ein Projekt, das der Armut ein Gesicht verleiht und den Betroffenen ihre Würde zurückgibt. Ich freue mich, die nächste Etappe meines Lebenswegs zusammen mit dem Surprise-Strassenmagazin zu gehen. Durch den Kauf unserer Magazine und die grosszügigen Spenden ermöglichen Sie, liebe Leserin, lieber Leser, unsere Arbeit. Ich danke Ihnen dafür, dass wir auch in Zukunft auf Ihre Unterstützung zählen können. Paola Gallo, Geschäftsleiterin

Peter Aebersold, Präsident Trägerverein Strassenmagazin Surprise SURPRISE 241/11

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Porträt Verletzlich wie ein Schmetterlingsflügel Lisa Huber wurde als «Schmetterlingskind» geboren. Sie leidet an einer genetisch bedingten Krankheit, durch die ihre Haut bei der kleinsten Belastung reisst. Ihr Leben lang kämpfte sie um Selbstbestimmung, heute kann sie zu sich stehen und sagt: «Ich fühle mich schön.» VON KARIN FREIERMUTH (TEXT) UND ANNETTE BOUTELLIER (BILD)

sen zu stehen. So entschied sie sich beispielsweise, eine Ausbildung in Kunst- und Ausdruckstherapie zu absolvieren, als die Situation an ihrem damaligen Arbeitsplatz unerträglich wurde. Anstelle ihrer ursprünglichen kaufmännischen Tätigkeit näht sie heute Kleider, malt und macht zeitgenössischen Tanz. Zwar bekommt sie davon manchmal Blasen, insgesamt tut ihr das Tanzen jedoch gut. «Ich fühle mich frei, wenn ich mich bewege. Das Tanzen ist wie Sauerstoff, ohne den ich nicht leben kann.» Als elementar betrachtet Lisa Huber auch ihre Eigenständigkeit – im Wissen darum, dass diese nicht selbstverständlich ist, denn ihre Hände sind permanent versehrt: Sie sind vollständig eingebunden und zusätzlich mit Handschuhen geschützt. Zu erkennen sind nur je ein Zeigefinger und ein Daumen. Die anderen Finger sind im Verlaufe der Jahre zusammengewachsen, eine typische Verwachsung bei Menschen, die an einer starken EB-Form leiden. Lisa Hubers Finger sind zwar beweglich, aber nicht grifffähig. Wenn sie etwas halten möchte, klemmt sie den Gegenstand zwischen ihre Handgelenke. Beim Autofahren steckt sie die Hände in zwei Ringe eines speziell angefertigten Steuerrads. Lisa Huber ist froh um ihr Auto, denn sie ist viel unterwegs: «Ich gehe gerne unter Leute, ich mag Menschen. Aber ich schütze mich vor ihnen. Ich trage immer lange Kleidung, damit ich ihren Blicken nicht so stark ausgesetzt bin. Denn die Leute schauen – manchmal angewidert. Wenn man mir sagt, dass man sich vor mir ekle, fühlt es sich an, als würde mir jemand die Luft abdrehen. Man ist so anders als die anderen. Man wird stigmatisiert, gerade als Frau, wenn man überhaupt nicht dem Bild einer attraktiven, potenziellen Partnerin entspricht. Die Chance auf eine Partnerschaft ist gleich null.» Wenn Lisa Huber dies sagt, hat das nichts mit Selbstmitleid, sondern mit Erfahrung zu tun. Zu oft wurde sie enttäuscht, zu oft wurde bloss ihr Äusseres taxiert und ihr Inneres übersehen: ihre fröhliche, witzige, interessierte und direkte Art; ihre Eloquenz und ihre Fähigkeit zur Selbstreflexion. Noch nie hatte sie einen Freund, verliebt war sie allerdings schon mehrmals. «Das geht bei mir sehr schnell. Es ist wie eine Explosion. Aber ich kann meine Sehnsucht nach körperlicher Nähe nicht ausleben. Lieben und geliebt zu werden, das ist ein tiefer Wunsch. Berührungen mit einem Menschen zu teilen, der einen bedingungslos annimmt – mit Haut und Haar.»

Es riecht nach Desinfektionsmittel und fetthaltigen Salben; Pflaster, Kompressen und Kosmetiktücher liegen herum. Vorsichtig sticht Lisa Huber eine Blase an ihrem Bein auf, tupft die herausquellende Flüssigkeit ab, legt einen Verband. Mit einer Schere entfernt sie verkrustete Hautstücke an ihrem Arm, behandelt offene Wunden, immer wieder wischt sie Blut ab – Lisa Huber macht ihre tägliche Wundpflege. Jeweils zwei Stunden pro Tag kümmert sie sich um ihren versehrten Körper, setzt sich mit ihrer Haut auseinander, welche ausserstande ist, ihren Organismus zusammenzuhalten, ihn vielmehr offen legt. Die eigentlich schützende Barriere zwischen Innen- und Aussenwelt ist schutzbedürftig. Lisa Huber leidet an Epidermolysis bullosa (EB), einer seltenen, erblich bedingten Hautkrankheit, bei der aufgrund eines Gendefekts ein bestimmter Eiweissbaustoff gar nicht oder nur mangelhaft gebildet wird. Dies führt dazu, dass die einzelnen Hautschichten nicht richtig zusammenhalten. Schon eine schwache Reibung oder ein leichter Druck kann zu Blasen, Verletzungen und blutenden Wunden führen. Die Krankheit äussert sich bereits bei der Geburt oder in den ersten Tagen danach, eine Heilung ist nicht möglich. In der Regel ist der gesamte Körper betroffen. Besonders gefährdet sind die Hände und Füsse, weil sie im täglichen Leben am stärksten belastet werden. Lisa Huber ist nicht die einzige in ihrer Familie, die mit EB geboren wurde. Zwei ihrer insgesamt neun Geschwister litten auch an der Krankheit und sind unterdessen an Hautkrebs gestorben, die Todesursache Nummer eins bei EB-Betroffenen. Lisa Huber dagegen hat ein aussergewöhnlich hohes Alter erreicht: 45 Jahre. «Ich kann nicht erklären, warum ich so alt bin. Aber ich schaue gut zu mir. Ausserdem habe ich gelernt, meinen Körper anzunehmen. Die tägliche Pflege ist nicht nur eine Wundversorgung, sondern auch eine Annäherung an meinen Körper. Es braucht eine grosse Eigenliebe, um mit dieser Haut zu leben und sie gerne zu bekommen. Heute fühle ich mich schön.» Bis es so weit war, musste Lisa Huber einen langen, schmerzhaften Prozess durchleben. Aufgewachsen in einer ärmlichen Bauernfamilie in der Innerschweiz, wurde ihr der Besuch der normalen Schule verwehrt, weil man damals über EB kaum etwas wusste. Sie wurde in ein Kinderheim gesteckt, fast zehn Jahre lang, war stets umgeben von Leichtbis Schwerstbehinderten. «Ich lernte nicht, mit der normalen Welt umzugehen und meine Bedürfnisse zu äussern. Nie wurde ich gefragt, was ich will. Ich steck«Ich verliebe mich sehr schnell. Ausleben kann ich die te immer nur ein, und stets wurde über mich Sehnsucht nach körperlicher Nähe aber nicht.» bestimmt.» Dabei war Lisa Huber eine gute Schülerin und machte einen Sekundarabschluss. Die letzten drei Jahre ihrer Schulzeit verbrachte sie an einer Die Scheu, EB-Betroffenen zu begegnen, ist gross. Doch Lisa Huber Volksschule in Zürich – emotional eine desaströse Zeit: Gruppenarbeifühlt sich im Zusammensein mit vielen Leuten am wohlsten. «Ich ten wollte niemand mit ihr machen; geplagt wurde sie permanent – möchte meine Gedanken hinaustragen, davon erzählen, wie es ist, mit subtil oder brutal direkt. «Ich war das ideale Opfer.» dieser Hypothek zu leben. Möchte teilen und geniessen können, will Erst im Erwachsenenalter und nur dank einer Psychotherapie lernte gefordert werden und mich aufrütteln lassen. Nur so kommt man weiLisa Huber, ihre eigenen Wünsche zu äussern und zu ihren Bedürfnister im Leben und kann sich entwickeln.» ■ SURPRISE 241/11

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Geschichten Wenn die Luft vor Spannung knistert Vor langer Zeit zogen Geschichtenerzähler durch die Dörfer und erzählten den Menschen die Sagen, Legenden und Schwänke ihrer Zeit. Doch dann wurden die Geschichten auf Papier gebannt, die Dörfer mit Radio und Fernsehen versorgt und das Erzählen wurde überflüssig. Heute erlebt die mündliche Tradition ein Comeback. Und mit ihr auch die Träger und Bewahrer des gesprochenen Wortes: die Geschichtenerzähler. VON CORINA BOSSHARD (TEXT) UND MARVIN ZILM (BILDER)

Kulturgut entdeckten. Vor lauter Anstrengung, die Geschichten durch das Aufschreiben vor dem Vergessen zu bewahren, geriet die ursprüngliche Situation, in der sie erzählt wurden, zunehmend in Vergessenheit. Im 20. Jahrhundert folgten Film und Radio und bald darauf das Fernsehen. Mit der «Gilde der Schweizer Geschichtenerzähler» war es damit endgültig vorbei. 1920 legte der letzte Schweizer Meistererzähler – ein Wanderschuster namens Barba Plasch aus dem Engadin, wo das Erzählen eine lange Tradition hatte – seine Kunst nieder und wurde aufs Alter hin Bauer. Jürg Steigmeier steht an einem Abend im Herbst 2010 unter einer Linde in Zug. Um ihn hat sich im Kreis ein Grüppchen geschart. Steigmeier sitzt der Schalk nicht nur im Nacken, er funkelt den Zuhörern regelrecht aus seinen dunklen Augen entgegen. Er erzählt ihnen vom Lindwurm, von der Schlangenkönigin und von Vrenelis Gärtli. Vom Glauben der Bergvölker, dass die Menschenseelen nach dem Tod in den Gletscher wandern und die Hebammen die Neugeborenen wieder aus den Gletscherspalten holen. Und von Frau Holle, die in kalten Winternächten mit ihrer Schar toter und ungeborener Kinderseelen von den Bergen hinunter in die Täler zieht. Dabei stampft er, dann fuchtelt er mit den Armen, reisst eine Fratze, singt wieder ein paar Zeilen, verändert innert Sekundenbruchteilen seinen Gesichtsausdruck, wird ernst, setzt sich hin und fixiert einen seiner Zuhörer, als spreche er nur zu ihm. «Geschichten schleifen sich durchs Erzählen ab, sie werden runder, wie Kieselsteine in einem Fluss», sagt Steigmeier. «Bei meinen Geschichten glaubt man mir schon fast wieder, dass sie mir einmal mündlich überliefert wurden.» Der gelernte Kindergärtner ist zurzeit der einzige professionelle Geschichtenerzähler der Deutschschweiz. Er erzählt schon seit gut 15 Jahren und hat sich ein Repertoire von über hundert alten, fast vergessenen Schweizer Sagen, Legenden und Märchen erarbeitet. Er betreibt Recherche, wühlt in Büchern aus dem Brockenhaus

Da sitzen sie, die Zürcher, an diesem Herbstabend, auf Kissen und Decken, im Schneidersitz oder aneinander gelehnt, in der Frauenbadi und nippen gedankenversunken an Rotwein und Bier. Den Blick haben sie konzentriert auf den Mann im schwarzen Anzug, wildem Haar und weissem Bart gerichtet, der vorne auf dem Podium sitzt. Der Mann, der sich Timmermahn nennt, erzählt ihnen eine Geschichte. Seine sonore Bassstimme füllt das Seebad. Seine krausen Wortschöpfungen und Lautmalereien ziehen das Publikum in ihren Bann. Es ist, als ob die Protagonisten seiner Geschichte zum Leben erwachen, vom Papier aufstehen und durch das Publikum spazieren würden. Das «Märli am See» im Seebad Enge erfreut sich regen Zulaufs. Märchen- und Geschichtenerzähler sind angesagter denn je, erleben geradezu eine Renaissance. Heute macht man es modern, etwas aufgepeppt, an hippen bis schrägen Orten: in der Frauenbadi eben, in Clubs wie dem Kaufleuten oder dem Mascotte. Und es zieht. Eine schon fast in Vergessenheit geratene Kunst erlebt ein Comeback. «Ich kann mir diese Faszination eigentlich nicht so richtig erklären. Wie ich mir auch nicht erklären kann, weshalb die Leute meine Bilder kaufen», gesteht Timmermahn und fährt sich mit der Hand durch den Bart. Timmermahn lebt vom Verkauf seiner Bilder. Nicht nur Kunstmaler, auch Geschichtenerzähler ist er aus Leidenschaft. Er sei eben ein Fabulierer, erzähle Geschichten, seit er denken könne. «Wir leben von der Spontaneität, dem Moment und der Unwiederbringlichkeit dessen, was wir erzählen. Ich denke, Geschichtenerzählen berührt die Leute, weil es so etwas Ursprüngliches hat. Die Menschen haben sich schon immer Storys erzählt.» Wer weiss, an welchem Feuer auf welchem Kontinent die Menschen die Langeweile entdeckten und einen Weg zu ihrer Vertreibung fanden, indem sie ihre Erlebnisse und Erfahrungen reflektierten, ihnen einen Rahmen gaben, das Unter den «Märlionkel» sind die Geschichtenerzähler, Lustige, Lehrreiche, Frivole oder Dramatische was die Jazzer unter den klassischen Musikern sind. daran hervorgehoben und Reales mit ihrer Fantasie verflochten hatten. Früher wurde zu jenach Material, übersetzt die Geschichten vom Schriftdeutschen ins dem denkbaren Anlass erzählt: an dunklen Winterabenden, während Schweizerdeutsche, übt und repetiert sie mehrere Stunden am Tag. «Ich eintöniger Arbeiten oder auf langen Wegen zur Arbeit. Erzählung und erzähle den Menschen gerne Geschichten, die ihnen ihre Wurzeln aufGesang wechselten ab, griffen ineinander. Es waren immer nur einige zeigen; Wurzeln, die auch der modernste Mensch noch in sich trägt. wenige, die offensichtlich so etwas wie Talent zum Erzählen besassen. Diese Geschichten leben in uns drin, über Generationen wurden sie Sie hatten je nach Temperament, Begabung und Interesse ihr eigenes weitergegeben. Ob wir sie kennen oder nicht, wir fühlen sie.» Und nach Repertoire und waren für ihre Kunst berühmt-berüchtigt. Das gesproeiner kurzen Denkpause fügt er hinzu: «Diese Geschichten bringst du chene Wort kannte damals keinen Besitzer, die Geschichten wurden einfach zum Klingen in den Leuten drin. Manchen schlägst du richtigweitergegeben, wanderten von Mund zu Mund, befanden sich in einem gehend ein Loch in die Kindheit.» steten Wandlungsprozess. Geschichten zu hören, ist ganz anders als alle modernen Formen des Entertainments. Für einmal sind da keine Buchstaben und keine LeinIntim wie auf der Bettkante wand, keine Mattscheibe, kein Lautsprecher und kein Touchscreen. Da Mit dem technischen Fortschritt fing man an, Geschichten zu konist ein lebendiges Gegenüber aus Fleisch und Blut, das uns volle Aufservieren; sie in Bücher, auf Tonträger und Zelluloid zu bannen. Im 18. merksamkeit abverlangt, geradezu eine Reaktion von uns fordert und und 19. Jahrhundert gab es sammelwütige Volkskundler wie die Brüder uns eine menschliche Urfähigkeit entfalten lässt, die in der heutigen MeGrimm, die in den damals überall erzählten Geschichten und Sagen ein

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Timmermahn: «Wir leben von der Spontaneität, dem Moment und der Unwiederbringlichkeit dessen, was wir erzählen.» SURPRISE 241/11

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können. «Wir sagen immer, wir machen keine Lesung, aber wir machen auch kein Theater, wir proklamieren die dritte Linie, das Erzählen dazwischen. Dieses wollen wir als eigene Kunstform verstanden wissen.» In der Deutschschweiz steht Steigmeier mit dieser Kunstform relativ einsam da. Anders sieht es bei seinen Kollegen im Ausland aus: In Deutschland gibt es bereits mehrere professionelle Erzähler und viele Erzählfestivals. In Grossbritannien ist die Storytelling-Szene seit den 80er-Jahren eine starke und wachsende Untergrundbewegung. Die grösste Erzählszene in Europa aber besitzt Frankreich. Dort ist das Erzählen eine vom Staat anerkannte und geförderte Kunstform und erlebte in den letzten 20 Jahren eine regelrechte Blüte. Das hat vermutlich auch mit den nordafrikanischen Immigranten zu tun, welche ihre Erzählkultur, die sich in ihrer Heimat noch länger erhalten hat, im Gepäck mit nach Frankreich brachten.

Jürg Steigmeier versteht das Erzählen als Kunstform.

dienflut oft wenig Nahrung findet: die Fantasie. Ein durch und durch intimes Medium. Als ob wieder jemand bei uns auf der Bettkante sitzen würde. Manche Zuhörer seien emotional überfordert, denken «Scheisse, der erzählt mir jetzt wirklich ein Märli» und kämen aus dem verlegenen Kichern nicht mehr raus, erzählt Steigmeier. Eine eigene Kunstform Als «Märlionkel» will Steigmeier auf keinen Fall bezeichnet werden. «Märlionkel oder -tanten sind für mich Leute, die mit Leidenschaft den Märchenschatz der Brüder Grimm pflegen», erklärt er. «Und – jetzt kommt es – sie erzählen dabei nicht ‹ihre› Version des Märchens, sondern lernen die Grimmsche Fassung Wort für Wort auswendig und geben sie genau so wieder.» Nur so kommt ihrer Meinung nach der reine und wahre Gehalt der Märchen zum Tragen. Die Grimm-Anhänger sind überzeugt, dass Märchen stets einen stark psychologischen Gehalt haben, dass sie Abbilder menschlichen Fühlens und Erlebens sind. Um auf die «Wahrheit, Weisheit und Schönheit» des Märchengutes aufmerksam zu machen und um die Märchenforschung zu fördern, haben diese Leute bereits 1956 ihren Verein gegründet: die Europäische Märchengesellschaft, 1993 folgte der Schweizer Ableger, die Schweizer Märchengesellschaft (SMG). Die SMG hat heute mehr als 400 Mitglieder, vom Akademiker bis zum Praktiker. In diesen Kreisen trifft man sich zu Märchen-Tagungen, Märchen-Kongressen und man lässt sich in Seminaren zum professionellen Märchenerzähler ausbilden. Vor allem von Frauen wird dieses Angebot heute rege genutzt. «Die anthroposophische bis militante Grimm-Ecke», spöttelt Steigmeier. Ihr Stil widerspricht dem seinen und wohl auch dem historischen Bild des Geschichtenerzählers. Unter den «Märlionkeln» sind die Geschichtenerzähler, was die Jazzer unter den klassischen Musikern sind. Ein Geschichtenerzähler liest nicht und er rezitiert nicht. Erzählen heisst, eine Geschichte ins Leben rufen, zwar ohne Bühnenbild oder Requisiten, dafür mit allen Möglichkeiten von Stimme, Mimik und Gestik. Und es heisst: Auf den Moment und das Gegenüber zugehen, reagieren

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Storytelling als Marketinginstrument Es verwundert daher nicht, dass auch die Schweizer Erzählszene ennet dem Röstigraben aktiver ist. Neben verschiedenen Erzählfestivals gibt es in Fribourg seit einigen Jahren sogar ein «Storyteller Museum», dessen Mission es ist, das Geschichtenerzählen zu fördern und zu verbreiten. «Ein völlig neues Museumskonzept, ein Museum, das Geschichten erzählt», erklärt Direktor André Dembinski. Das Museum biete eine multidisziplinäre Plattform für Wissenschaftler und Forscher – von Ethnologen bis zu Historikern und Sprachforschern –, aber auch für Praktiker, die sich mit dem Erzählen oder der «oralen Tradition», wie Dembinski sich ausdrückt, befassen. Ziel des Museums sei es, eine Verbindung zu schaffen zwischen der Kunst des Erzählens, den wissenschaftlichen Forschungsansätzen zur oralen Tradition und der breiten Öffentlichkeit. Dazu organisiert das Museum Ausstellungen in Einkaufspassagen, Ateliers und das grösste Erzählfestival der Schweiz, «Il était une fois». Nicht nur in den Kulturwissenschaften ist die Wiederentdeckung der Erzählkunst ein Thema. In den 80er-Jahren entwickelte sich das Erzählen in der pädagogischen Szene zu einem Renner und auch in der Psychotherapie wird auf die Methode zurückgegriffen. Und inzwischen hat selbst die Wirtschaft die Lunte gerochen und entdeckt, dass sich Geschichten prima eignen, um in die Köpfe und Herzen der Kundschaft zu gelangen. Spannende Geschichten bleiben besser im Gedächtnis als trockene Zahlen und Fakten. Wer Geschichten über Erfolge und Gewinne erzählt, gewinnt Mitarbeiter und Kunden. Storytelling heisst das Zauberwort heute – im Wissensmanagement, in der Organisationsentwicklung, im Marketing, im Branding. Da stehen sie nun, die Geschichtenerzähler, im Angesicht der Fülle von historisch idealisierenden, volkskundlichen oder pseudowissenschaftlichen Auffassungen ihres Metiers: Bewahrer immateriellen Kulturgutes, Grenzgänger zwischen Kunst und Alltag, zwischen Lesung und Theater, anthroposophisch angehauchte Märlifreaks, Vorbilder der modernen Unternehmenskommunikation, Gegenspieler der auf Schriftlichkeit fixierten Kommunikationsgesellschaft. Vielleicht bringt sie gerade die Menge dieser unterschiedlichen Auffassungen dazu, das Erzählen als das zu beschreiben, was es eigentlich immer nur war und auch in Zukunft bleiben wird: eine kulturelle Tätigkeit zwischen ein paar Menschen, die zu nichts mehr dienen soll als zum Vergnügen. «Ich finde Lachen ja nach wie vor etwas ungemein Lustiges», gesteht Timmermahn. «Ich erzähle daher einfach gern lustige Geschichten und finds schön, wenn ich die Leute zum Lachen bringe.» Steigmeier sieht das ähnlich: «Wenn ich ihnen einen Schauer über den Rücken jage, wenn die Luft vor Spannung knistert, wenn ich sehe, dass die Vordersten Tränen in den Augen haben, dann sind das magische Momente. Dann weiss ich: Ich mache meine Arbeit gut.» ■ Weitere Informationen: www.erzaehler.ch, timmermahn.ch und storytellermuseum.com. Dieser Artikel erschien ursprünglich im Kinki Magazine. SURPRISE 241/11


BILD: KEYSTONE

Landwirtschaft Bauern ohne Grenzen Gleiche Rechte und offene Grenzen für alle Landwirtschaftsprodukte klingt besser als die herrschende Benachteiligung der Entwicklungsländer. Doch würden Agrarproduzenten im Süden wirklich profitieren? Und was hiesse das für die Schweizer Landwirtschaft? Ein Blick in die unsichere Zukunft des Bauernstands.

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VON STEFAN MICHEL

Es war einmal die Diskussion über die Ursachen der Armut in Entwicklungsländern. Es war eine Diskussion zwischen links und rechts, zwischen Freund und Feind der freien Marktwirtschaft. Der Markt mache die Menschen im Süden arm, behaupteten die einen. Zu wenig Markt sei der Grund für ihre Not, sagten die anderen. Heute hat auch die Linke – zumindest in der Entwicklungspolitik – den Markt als Grundlage akzeptiert, auf der sich Menschen im Süden ein besseres Leben erarbeiten könnten. Und es streiten sich längst nicht mehr nur zwei Lager, welches das richtige Rezept sei. Die am meisten gehörte Forderung der letzten Jahre ist die der «gleich langen Spiesse». Gemeint ist, dass alle Menschen zu den gleichen Bedingungen am Weltmarkt teilnehmen können sollen. Zölle und Subventionen sorgen dafür, dass das heute nicht der Fall ist. Mit Zöllen kann ein Staat ein ausländisches Produkt teurer machen, als es eigentlich ist – vor allem teurer als das inländische. Umgekehrt verbilligen Subventionen die Güter aus dem eigenen Land gegenüber den importierten. Mit der Diskussion über Zölle und Subventionen kommt der Kampf gegen die Armut in den reichen Ländern an, denn viele von ihnen subventionieren ihre Industrie und besonders die Landwirtschaft und verschaffen ihr so einen Vorteil, den die Konkurrenz aus armen Ländern nie wettmachen kann. Sei es, weil sie sich teure Subventionen nicht leisten kann oder weil ihr als Bedingung für überlebenswichtige Kredite von der Weltbank oder dem Internationalen Währungsfonds verboten wurde, ihren Markt zu schützen.

Schweizer Landwirte heute einhalten müssen und die zehn bis 20 Prozent des Preises ausmachen?» Es wäre dann schwierig, Schweizer Produzenten Stallgrössen und Düngemittel vorzuschreiben, die für die ausländische Konkurrenz nicht gelten, während diese ohne Schranken den Schweizer Markt erobern dürfte. «Unter gelockerten Vorschriften würden vielleicht ein paar ins Geschäft zurückkehren.» Zum Wohl von Tieren und Umwelt wäre das sicher nicht, genauso wenig wie die noch grössere Warenmenge, die in die Schweiz transportiert werden müsste. Zwar hat sich der Schweizer Agrarsektor in den letzten zwei Jahrzehnten gewandelt. Weg von der subventionierten Überproduktion in Richtung einer nachhaltigeren Landwirtschaft mit mehr Direktzahlungen für Nebenleistungen wie Landschaftspflege und Erhaltung der dezentralen Besiedlung. Auch mehr Wettbewerbsfähigkeit wird den Schweizer Bauern abverlangt, was nichts daran ändert, dass sie zu den geschütztesten der Welt gehören. Subventionen und Direktzahlungen machen rund die Hälfte ihres Einkommens aus und auch bei der selbst erwirtschafteten Hälfte profitieren die einheimischen Landwirte davon, dass die ausländische Konkurrenz – vor allem industriell produzierte Massenware – mit Zöllen und Importquoten zurückgebunden wird. Macht Freihandel frei? «Eine wettbewerbsfähige Schweizer Landwirtschaft mit entsprechend tieferen Subventionen ist ein Fernziel. Es braucht viel Zeit, es zu erreichen», erklärt Jan Atteslander von Economiesuisse. Den Kahlschlag will er nicht riskieren, fordert stattdessen, dass sich die hiesigen Landwirte auf exportfähige Qualitätsprodukte spezialisieren. «Da gibt es viel mehr als Käse: regionale Spezialitäten, Bio-Weine. Je mehr der Wohlstand wächst, etwa in China und Indien, desto grösser wird die Nachfrage nach solchen Gütern», ist der Aussenhandelsexperte überzeugt. Dass die stark abgeschirmte und staatlich unterstützte Schweizer Landwirtschaft international nicht kritisiert wird, wie das etwa den USA und der EU widerfährt, liegt daran, dass sie die Weltmarktpreise nicht merk-

SOS: Schweiz ohne Subventionen Es geht in dieser Diskussion nicht nur um die Landwirtschaft, doch sie steht im Zentrum. In den armen Ländern lebt die Mehrheit vom Bebauen des Bodens, sei es als Selbstversorger, Kleinproduzentinnen oder Plantagenarbeiter. Die Landwirtschaft trägt zudem zur Ernährung der Bevölkerung bei. Zumindest wenn die Ernten gut ausfallen, versorgen sich viele arme LänSolange Schweizer Produkte eine teure Alternative der noch immer selber. Andere haben sich auf sind, stören sich die Massenproduzenten nicht daran. Exportgüter spezialisiert, zum Beispiel auf Baumwolle oder Kakao. Das ist ökonomisch lich beeinflusst. Zu klein sind die Mengen, die sie exportiert, und sosinnvoll, wenn sie mit Kakao mehr Geld einnehmen, als der Reis kostet, lange Schweizer Produkte keine Preise drücken, sondern eine teure Alden sie einführen müssen. Wenn jedoch die Weltmarktpreise für die ternative sind, stören sich die Massenproduzenten nicht daran. Grundnahrungsmittel steigen, während die Exportpreise konstant blei«Warum sollen arme Staaten im Süden nicht das gleiche Recht haben, dann haben sie ein Problem. So geschehen 2008, als in vielen Länben, ihre Landwirtschaft zu schützen und ihren Ernährungssektor so zu dern Unruhen ausbrachen, weil Lebensmittel knapp wurden. Allerdings gestalten, wie sie es für richtig halten?», fragt Thomas Braunschweig gerieten damals nicht nur Nettoimporteure von Nahrungsmitteln in von der Erklärung von Bern (EvB) rhetorisch. Gleich lange Spiesse hält Schwierigkeiten. er für unerreichbar. «Die Kleinbäuerin aus Mali kann nie mit der indusWie viel ungleiche Handelsregeln zu dieser Situation beigetragen hatriellen Landwirtschaft des Nordens mithalten. Aber für die Ernährung ben, ist umstritten. Doch selbst wenn handelspolitisch Gleichheit zwiin ihrem Land ist sie wichtig.» Atteslander von Economiesuisse widerschen Nord und Süd herrschte, hätten arme Staaten grössere Schwierigspricht: «In den letzten Jahrhunderten stieg die globale Arbeitsteilung keiten als reiche, die nötige Nahrung einzuführen. stark und die Versorgung mit Agrargütern verbesserte sich massiv. Die Die radikale Lösung zum weltweiten Ausgleich ist: Weder Industrie ärmeren Entwicklungsländer müssten die Handelsschranken untereinoch Landwirtschaft werden staatlich subventioniert, Importbeschrännander reduzieren.» kungen sind verboten und Zölle dürfen nicht so hoch sein, dass sie sich Einig sind sich die Ökonomen darin, dass Exportsubventionen abgeauf die Marktchancen der verschiedenen Anbieter auswirken. Sandra schafft gehören. Und selbst die Bauernvertreterin Sandra Helfenstein Helfenstein vom Schweizerischen Bauernverband (SBV) weiss, was das pflichtet bei. Auch in den steckengebliebenen Verhandlungen der Dohaheissen würde: «Dann herrscht knallharter internationaler WettbeEntwicklungsagenda der WTO wurde das Verbot dieser unfairen Politik werb.» Von den aktuell noch rund 60 000 Schweizer Betrieben würden beschlossen. Solange aber in anderen Punkten keine Einigkeit herrscht, wenige Tausend übrigbleiben, schätzt die SBV-Sprecherin. «Diese würbleibt das toter Buchstabe und die USA und die EU subventionieren den wahrscheinlich Milch für ein paar Käsefabriken produzieren, mögihre Agrarindustrie weiterhin massiv – zum Schaden von Getreide, lichst in der Nähe der Autobahn, damit sie leicht abtransportiert werden Baumwoll- und Geflügelproduzenten in Afrika und Asien, um nur wekann.» Landwirtschaft in Berggebieten gäbe es keine mehr. Auch die nige Beispiele zu nennen. wachsende Biolandwirtschaft würde ohne Direktzahlungen auf einen Dass der Abschluss dieser Vertragsverhandlungen in weite Ferne geBruchteil schrumpfen. Gemüse und Früchte aus der Schweiz wüchsen rückt ist, liegt daran, dass die Entwicklungs- und Schwellenländer ihre entweder in Freizeitgärten oder wären ein reines Luxusprodukt. HelfenZugeständnisse bezüglich der Öffnung ihrer Märkte noch kaum mit stein: «Was würde aus all den Vorschriften und Normen, welche die

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zählbaren Gegenleistungen der reichen Staaten belohnt sahen. Braunschweig von der EvB und Helfenstein vom SBV plädieren denn auch für eine komplette Neuverhandlung des Dossiers, während Atteslander von Economiesuisse den raschen Abschluss der Doha-Runde für das Beste hält, was den armen Staaten passieren könnte. «Handel kann in Situationen der Nahrungsknappheit Leben retten», folgert er aus der Geschichte von Missernten und Nahrungskrisen. Freihandel mit Landwirtschaftsgütern werde die Armut in den Entwicklungsländern nicht reduzieren, erklärt Matthias Binswanger in seinem Buch «Globalisierung und Landwirtschaft. Mehr Wohlstand durch weniger Freihandel». Der Professor für Volkswirtschaft der Fachhochschule Nordwestschweiz und Privatdozent der nicht eben freihandelsfeindlichen Universität St. Gallen meint, dass von ungeschützten Agrarmärkten nur wenige Grossbetriebe und internationale Konzerne

profitieren würden, mit denen die Kleinbauern nicht mithalten könnten. In den Ländern des Südens, in denen letztere die Mehrheit stellen, vergrössere sich so die Armut, denn kein anderer Wirtschaftsbereich könne dort Millionen von Arbeitskräften aufnehmen. Die Schweizer Landwirtschaft braucht sich vor offenen Grenzen nicht allzu sehr zu fürchten. Der Verfassungsartikel 104 verpflichtet den Bund, dafür zu sorgen, dass die Bauern ihre Arbeit tun können. Zu der gehören neben dem Beitrag zur Versorgung der Bevölkerung der Landschaftsschutz und die dezentrale Besiedlung des Landes. So werden sie zwar mehr und mehr zu staatlich entlöhnten Landschaftsgärtnern, die nebenher Milch, Fleisch, Getreide oder Grünzeug produzieren. Doch jene Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten, die gerne lokal und saisongerecht einkaufen, sind ihnen dankbar, dass sie das weiterhin tun.

Landwirtschaft «Fairtrade konkurrenziert keine Schweizer Produkte»

BILD: ZVG

Lokal und saisongerecht einzukaufen, ist sinnvoll. Produkte aus fairem Handel sind es ebenfalls. Ein Widerspruch? Fairtrade-Experte und Familienvater Geert van Dok erklärt, zu was er greift. INTERVIEW: STEFAN MICHEL

Geert van Dok, nirgends werden so viele Fairtrade-Produkte gekauft wie in der Schweiz. Welchen Einfluss haben wir damit auf die Armut in Entwicklungsländern? Ich antworte zuerst quantitativ: 2009 bedeuteten die Schweizer Fairtrade-Einkäufe für Kleinbauern einen Mehrwert von neun Millionen Franken. Weltweit brachte das Fairtrade-System 3,5 Milliarden Euro in den Süden. Davon profitierten rund 1,2 Millionen Kleinbauern, ihre Familien eingerechnet sind es etwa sieben Millionen Menschen. Gemessen an der Anzahl Armer auf der Welt ist das ein Tropfen auf den heissen Stein. Viel wichtiger aber ist die qualitative Verbesserung, die Tatsache, dass sich Kleinbauern in Kooperativen organisieren, als Verhandlungspartner auftreten und in demokratischen Prozessen Entscheidungen fällen. Dieses Empowerment, dieser Gewinn an Autonomie, hat auch eine Ausstrahlung auf andere.

Es ist legitim, Äpfel und Birnen zu essen statt Bananen. Wenn man nur lokale Produkte kauft, trinkt man aber auch keinen Kaffee und keinen Schwarztee mehr. Für mich sind beide Positionen nachvollziehbar. Wenn man Südprodukte kauft, dann aus fairem Handel. Rein ökologisch betrachtet, sieht die Rechnung allerdings wieder anders aus. Denken Fairtrade-Importeure auch an Schweizer Produzenten, wenn sie neue Produkte aus dem Süden in die Schweiz einführen? Wir haben immer bereits erhältliche Südprodukte durch solche aus fairem Handel ersetzt. Schweizer Produkte werden dadurch kaum kon-

«Das ganze Welthandelsgebilde muss entwicklungsfreundlich gestaltet werden. »

Fairtrade-Produkte decken nur einen kleinen Teil der Exporte aus dem Süden ab. Soll man deshalb auch konventionell Produziertes aus dem Süden kaufen, um den Menschen dort zu einem besseren Einkommen zu verhelfen? Natürlich sind alle Kleinbauern und Plantagenarbeiter auf Verkäufe angewiesen. Aber beispielsweise den Arbeitern auf Kakaoplantagen in Côte d’Ivoire – viele sind Kinder – tut man angesichts ihrer Arbeitsbedingungen nichts Gutes, wenn man daraus hergestellte Schokolade kauft. Wichtig ist aber nicht, etwas nicht mehr zu kaufen, sondern die Produktions- und Handelsbeziehungen zu verbessern. Der faire Handel zeigt, dass es auch anders geht, ohne dass die Preise massiv ansteigen. Das ganze Welthandelsgebilde muss entwicklungsfreundlich gestaltet werden. Statt Fairtrade-Früchte und -Gemüse zu kaufen, könnte man sich auch an Schweizer Äpfel und Birnen halten. Was ist sinnvoller? SURPRISE 241/11

kurrenziert – ausser vielleicht beim Honig. Aber was in der Schweiz an Honig hergestellt wird, lässt sich verkaufen und deckt den gesamten Honigkonsum bei Weitem nicht. Auch der in Europa produzierte Reis würde nicht reichen. Vom Bauernverband ist der faire Handel jedenfalls noch nie kritisiert worden. Würden wir Äpfel aus Westafrika oder andere typische Schweizer Produkte aus dem Süden anbieten, wäre das wohl anders. Wann greifen Sie zu Schweizer Produkten, wann zum FairtradeProdukt aus dem Süden? Südprodukte kaufe ich nur aus fairem Handel. Wo es ein Frischprodukt aus der Schweiz gibt, nehme ich das. Nur Schweizer Honig übersteigt angesichts unseres Haushalts mit vier Kindern mein Budget. Der Fairtrade-Honig ist günstiger. ■

Zur Person: Geert van Dok ist Leiter der Fachstelle Entwicklungspolitik bei Caritas und Präsident der Max Havelaar-Stiftung. Co-Autor des Buches «Die Zukunft des Fairen Handels» (2008).

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Schöner neuer Westen: Der Prime Tower (links) und der Mobimo Tower (rechts) werfen ihre Schatten auf die verbliebenen Häuser an der Pfingstweidstrasse (Bildmitte).

Stadtentwicklung Fortschritt durch Forttritt Zürichs Westen boomt. Das einstige Industriequartier wandelt sich zum Trendviertel. Doch zwischen Hochhäusern und Baugruben kämpfen langjährige Anwohner um ihr Zuhause. VON YVONNE KUNZ (TEXT) UND FLORIAN BACHMANN (BILDER)

Willi Worber geht gerne spazieren in seinem Quartier. Nicht mehr ganz so gerne wie früher, denn «schön ist es ja nicht», wie er meint, und er schaut ein bisschen ratlos, aber auch leise amüsiert um sich. Das diffuse Grau des eisigen Winternachmittags verschmelzt die umliegende Landschaft aus Schutthügeln, rotweiss gestreiften Bauplanken, schwerem Gerät, provisorischen Parkplätzen und glänzenden Neubauten zu einem uninspirierten Panorama des urbanen Umbruchs. In gewissem Sinne ist die Turbinenstrasse in Zürichs Westen eine exklusive Wohnlage – nicht jeder residiert auf einer Grossbaustelle mit einem Investitionsvolumen von rund einer Milliarde Franken. Seit über 40 Jahren lebt er hier, in seiner ersten eigenen Wohnung, und es wäre dem 72-Jährigen auch ganz recht, wenn es die letzte wäre. Einst standen neun solcher ehemaliger Escher-Wyss-Arbeiterhäuser hier im Teilgebiet 7 des Entwicklungsareals; seit Mitte der Achtzigerjahre hat die Stadt diese aber bis auf zwei sukzessive aufgekauft, als Studentenwohnungen, Notschlafstellen und AIDS-Beratungsbüros zwischengenutzt und schliesslich abgerissen, das letzte im Herbst vergangenen Jahres. Zwei der

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Häuser sind übriggeblieben, weil sich deren Eigentümer stets gegen einen Verkauf entschieden hatten. Zusammengemauert kauern sie nun im Schatten des Fortschritts, das baufälligere der beiden wird von einem massiven Stahlträger auf dem Fundament gehalten. Zwischen den Baulinien Rund um Willi Worbers Zuhause wird eine 110 000 Quadratmeter grosse Industriebrache in einen modernen Stadtteil mit 280 000 Quadratmetern Geschossfläche, 5000 Arbeitsplätzen und 1500 Anwohnern umgenutzt. «Schrittweise und mit Respekt gegenüber seiner Geschichte», wie die Stadt Zürich auf ihrer Website glaubt. Auch die Bauherren Maag, Coop und Welti-Furrer üben sich in Wohlfühlfloskeln und Fortschritts-Superlativen. Zusammengefasst: Hier entsteht ein Stadtteil am verkehrstechnisch besten Standort Zürichs, wo Kultur, Vergnügen und Konsum, Geschäftsleben, hochwertige Arbeitsplätze und attraktives Wohnen symbiotisch verschmelzen. Künftig pulsiert hier ein inspirierendes Umfeld von urbanem und innovativem Lifestyle, Business- und Wohnraum für höchste Ansprüche. Im 81 Meter hohen Mobimo Tower wird nächstes Jahr das Fünf-Sterne-Hotel «Renaissance» eröffnet – wie SURPRISE 241/11


passend, das Quartier erlebt ja nichts weniger als eine Wiedergeburt. Eine noble dazu: Die Appartements über dem Hotel sind zum Verkauf ausgeschrieben: 5,5 Millionen Franken kostet eine 4,5-Zimmer-Wohnung, 22 500 Franken pro Quadratmeter. Dafür, dass das Ganze nicht allzu abgehoben daherkommen wird, sorgt die Maag Holding AG mit ihrem «Maag Village», einem Paradebeispiel der künstlichen Gemütlichkeit vom Reissbrett der Architekten und Stadtplaner. Mit einer wohlbekannten Mixtur aus Ateliers, kleinen Läden, Dienstleistern, Gewerbetreibenden, Kulturschaffenden sowie sozialen Nutzungen in den Erdgeschossen wird ein lebendiges, urbanes Dorf simuliert: Die FussMal wird die gängerebene des Maagdorfs soll dereinst einen verschoben, «öffentlichen, publikumsorientierten Charakter» aufweisen. Und, als wäre dies ein aussergewöhnliches Merkmal einer Stadt, soll das Village auch ein Ort sein, der «Besucher wie Anwohner zum Bummeln, Verweilen und Erkunden einlädt». Urbanität, Internationalität und vitales Dorfleben aufs Mal. Zürich will noch immer New York sein. Vielleicht versperrt der Prime Tower den Blick auf das Drama, das sich an der Turbinenstrasse abspielt. Mit 126 Metern ist der Prime Tower seit dem 7. Juli 2010 das höchste Gebäude der Schweiz, das «neue Wahrzeichen von Zürich West», jubelt die Stadt. Weiter noch geht die Eigentümerin Swiss Prime Site, die sich an Superlativen labt, «neue Massstäbe» setze man «punkto Architektur, Transparenz, Ausstrahlung und technischer Perfektion». Wahrscheinlich ist der Prime Tower auch das erste und einzige Hochhaus der Welt mit einem Untertitel: «A place in space». Und wem all das nicht reicht, dem sei versichert, dass, wer hier investiert, wahren Wert wählt, «picking the real value». Willi Worbers Zuhause ist zwischen die Baulinien geraten, 1998, als die Baudirektion des Kantons Zürich das neue Trassee der TurbinenSURPRISE 241/11

strasse auf den Plan der schönen neuen Stadt malte. Und zwar «praktisch vollständig», wie das Bundesgericht bei der ersten Beurteilung des Falls festhielt, die Strasse führe durch die Wohnhäuser hindurch. Die beiden Häuser sind zwar noch fein in Schwarz in die Pläne eingezeichnet, aber von einer dicken roten Linie überstrichen. Man hat nicht mit den Bewohnern geplant, aber auch nicht mit ihnen gerechnet. Sie setzen sich nämlich hartnäckig zur Wehr, traten unerschrocken einen langen juristischen Leidensweg an und machen der Public-Private-Partnership der Stadt mit den Investoren ihrerseits einen dicken roten Strich

geplante Strasse ein paar Meter nach Osten dann wieder wenige Meter nach Westen. durch die Rechnung. Nur deshalb stehen die Häuser noch, weshalb die heutige Zufahrtsstrasse s-förmig verläuft statt schnurgerade in die Baugrube von Mobimo. Nun spielt sich hier eine Technokratenposse rund um die formaljuristische Zwangsenteignung ab. Es scheint wie eine bürokratische Machtdemonstration des Staats, um dem Kapitalismus eine Schneise zu schlagen, ohne Rücksicht auf jene, die seit Jahrzehnten in diesem Quartier leben. Sie stellen sich verzweifelt-korrekt der malmenden Maschine des Fortschritts entgegen – und doch scheint es, als hätten sie keine Chance. Seit zwölf Jahren wird die geplante Turbinenstrasse gerichtlich mal ein paar Meter nach Osten, dann wieder wenige Meter nach Westen verschoben. Der Bund schützte die Häuser zunächst und ging davon aus, die Strasse sei ein Provisorium, der Kanton legte demgegenüber dar, dass «diese Annahme nicht zutrifft». Im September 2005 waren die Häuser gerettet, als neue Sonderbauvorschriften in Rechtskraft erwuchsen. Einen Monat später beschloss der Gemeinderat die «Abänderung,

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Willi Worber: «Wir haben einfach keinen Platz mehr.»

Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK), das derzeit zum zweiten Mal öffentliche und private Interessen gegeneinander abwägt, sei auch gerade hier gewesen, für einen «Augenschein». Dabei erklärten ihr Vertreter des Kantons, dass die Strasse 5000 Fahrten pro Tag zulassen müsse und die öffentliche Hand verpflichtet sei, Strassen zu bauen, die genügende Kapazität für den künftigen Verkehrsfluss gewährleisten, was nur mit ihrem Projekt möglich sei. Aber Willi Worber kann man kein X für ein U vormachen: «Geht man davon aus, dass es nachts kaum Verkehr hat, sind das 400 Personenwagen pro Stunde, oder 100 Lastzüge mit Anhänger.» Er zeigt hoch zur Pfingstweidstrasse, zur Kreuzung mit den Ampeln. «Der limitierende Faktor ist die Grünphase, die pro Fahrspur maximal vier Autos passieren lässt. Da spielt die Kapazität der Strasse gar keine Rolle! » Niemand nimmt das Wort «Enteignung» gerne in den Mund, denn Eigentum wird in diesem Land ja in Artikel 26 verfassungsrechtlich gewährleistet. «Ultima Ratio» sei es, erklärt auch die zuständige Juristin beim UVEK, wo der Fall derzeit als Fortsetzungsverfahren hängig ist, da die Hauseigentümer eine weitere Beschwerdemöglichkeit ausschöpfen. Doch im Grunde genommen geht es genau darum und man wird die Leute von der Turbinenstrasse um Grund und Boden prozessieren, bis der Enteignungsbann fällt. Denn ihre Häuser stehen im Weg des urbanen Fortschritts und der Netzvollendung der Nationalstrassen. «Wir haben einfach keinen Platz mehr», konstatiert Willi Worber. Eine Nachbarin kommt vom Einkaufen zurück, eine der Hauseigentümerinnen, in deren gepflegtem Garten in der wärmeren Jahreszeit noch immer die Rosen blühen. Mit der Presse rede sie nicht, sie sei eh schon berüchtigt, «Ah, Sie sind das», sagen die Bauarbeiter manchmal. Mit Nachbar Worber schwatzt sie aber gerne. Sie schmunzelt darüber, dass ihr bei den Begehungen kein Mineralwasser mehr angeboten wird. Und über den geplanten Park, wo auch die Natur rechtwinklig sein müsse. Besonders lustig findet Worbers Nachbarin, dass sie auf dem Fünf-Sterne-Hotel einen Nistkasten für Vögel einrichten wollen.

Ein Nagelhaus «made in Zurich» Löschung beziehungsweise Neufestsetzung» der Baulinien der TurbiIm Herbst letzten Jahres lehnte das Zürcher Stimmvolk die Errichtung nenstrasse – um mit den Baubegrenzungslinien derselben Sonderbaudes sogenannten Nagelhauses unter der Hardbrücke ab. Ein «Symbol und vorschriften übereinzustimmen. Damit waren die Turbinenhäuser zwar Denkmal» hätte es werden sollen, ein «architektonisch-künstlerisches «weniger stark, aber immer noch grösstenteils von den Baulinien Manifest gegen oder für den Wandel», eine «Artikulation von Prozessen erfasst», wie das Bundesgericht feststellte. der urbanen Transformation». Ein Ort, der die «rohen Kräfte der VeränWilli Worber ist überaus charmant, doch hartnäckig im Verfolgen seiderung» anmahne. Im boomenden Zürich West hätte das Nagelhaus von ner Interessen, und steht den Technokraten diesbezüglich in nichts Congqing in China nachgebaut werden sollen, das international viel Benach. «Es gibt kein einziges vernünftiges Argument dafür, dass man die achtung und Bewunderung ausgelöst hatte. Weil sich dessen Bewohner Turbinenstrasse nicht auch hätte anders planen können», meint er, «umgekehrt war dem Kanton kein Argument zu spitzfindig, um das Gegenteil zu behaupten. Man wird die Leute von der Turbinenstrasse in Grund und Hier wurde ganz einfach ein Zwang hergeBoden prozessieren, bis der Enteignungsbann fällt. stellt». Die Bewohner der Häuser und deren Anwälte versuchten immer wieder, Alternatizwei Jahre lang weigerten, ihr Zuhause zugunsten eines Einkaufszenven vorzuschlagen. Vier Versionen hat der Kanton schliesslich zuhantrums aufzugeben, stand es zuletzt einsam inmitten einer gigantischen den des Bundes ausgearbeitet, aber alle zur Ablehnung empfohlen, Baugrube auf einem Erdturm und wurde zum Symbol des Widerstandes ausser die, die er von Anfang an wollte. Eine wurde abgelehnt, weil des kleinen Bürgers gegen die Interessen des grossen Kapitals. dann die Tramrampe von der Hardbrücke keinen Platz mehr gehabt hätTatsächlich drückte das geplante Nagelhaus in Zürich nicht Widerte, und selbst als das Projekt 2005 gestrichen wurde, hielt der Kanton an stand aus, sondern Kapitulation vor der letzten Ideologie, die des freien dem Argument fest. Schliesslich könnte das Rampenprojekt jederzeit Markts nämlich, der selbst Widerstände als Affirmationen einzuverleiwiederkommen. Andere Vorschläge wären angeblich zu teuer gewesen ben vermag. Ein importiertes Widerstandssymbol «made in China» als oder die Steigung zu stark, die Stauspur zu kurz, oder das StrassenniRestaurant, Kiosk, Toilette und Bankomat unter eine Stadtautobahnveau so hoch, dass die Angestellten von Welti-Furrer nicht mehr vor brücke zu stellen, wäre keine Kunst gewesen, sondern ein Meilenstein dem Haus hätten parkieren können. in der Errichtung eines spassigen Funktions-Disneylands. Das Zürcher Stimmvolk sagte Nein zum chinesischen Nagelhaus. Nistkasten mit fünf Sternen Vielleicht könnte man jetzt mit der Planung einer Kopie des wahren ZürSo wie die Dinge nun stehen, hat Willi Worber bald keinen Platz cher Nagelhauses an der Turbinenstrasse beginnen. An der Hausmauer mehr, um hier zu leben. Vor Kurzem haben die Raumplaner nahe der würde ein denkwürdiger Satz von Willi Worbers Nachbarin stehen: Hausmauer eine grell-blaue Markierung auf den Boden gesprayt. Die «Vögel kriegen Sie bei uns umsonst.» Baulinie. Eine Juristin des Eidgenössischen Departements für Umwelt, ■

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1946 und 2010: Das Haus rechts im kleinem Bild wurde abgerissen. Das Nachbargebäude stützt ein Stahlträger. SURPRISE 241/11

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Jahresbeginn Im Januarhoch VON STEPHAN PÖRTNER (TEXT) UND MILENA SCHÄRER (ILLUSTRATION)

Gäbe es so etwas wie ein Monatsranking, wäre klar, wer das Schlusslicht abbekäme: Der Januar. Kein Monat ist unbeliebter, nie wird mehr gejammert. Januarloch und Tristesse überall. Doch hat er es wirklich verdient, der Januar, derart gescholten und verachtet zu werden? Ganz und gar nicht. Er kann erstens nichts dafür und ist zweitens besser als sein Ruf. Ein Teil des Januarblues beruht auf den Ausschweifungen des beliebten Dezembers, namentlich auf den Weihnachts- und Sylvesterexzessen, die Jahr für Jahr begangen werden. Nicht, dass ich etwas dagegen hätte, auch wenn ich diese Daten seit Jahrzehnten ignoriere und als ganz normale Tage bei Garten- oder Schreibarbeiten im Süden Frankreichs verbringe und deshalb stets

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wohlausgeruht, ausgewogen ernährt und unverkatert in den Januar starte. Auch wem aus sentimentalen, religiösen oder familiären Gründen an Weihnachten liegt, ist deshalb ja nicht verpflichtet, zu fressen und zu saufen, bis die Nähte platzen. Oder sich Wochen und Monate im Voraus durch den von der Geschenkindustrie produzierten Müll in den Einkaufstempeln zu kämpfen. Man kann sich schliesslich auf Geschenke beschränken, die man im Januar brauchen kann, als da sind: Bücher, Filme und warme Kleidung. Gerade letztere führt erstaunlicherweise immer noch ein Schattendasein, man möchte mitunter meinen, ihre Erfindung sei ein gut gehütetes Geheimnis, nur einem kleinen Kreis von Eingeweihten bekannt. Ein Mensch, der im August mit Pelzmütze, Daunenjacke und Lammfellstiefeln unterwegs wäre und sich über die Hitze beklagte, würde zu SURPRISE 241/11


Recht nur Unverständnis und Spott ernten. Anders verhält es sich mit Leuten, die im Januar mit Turnschuhen, Sommerjäckchen und weit geöffneten Blusen oder Hemden herumlaufen und klagen, es sei ihnen kalt. Sie ernten Mitgefühl, Verständnis und Zustimmung. Damit es nicht heisst, man hätte es nicht gewusst: Der Januar ist ein Wintermonat. Die Wintermonate sind in unseren Breitengraden kalt. Gegen Kälte helfen warme Kleidung, warme Getränke und die diversen Segnungen der modernen und traditionellen Heiztechnik. Die Annahme, dass kalt schlecht und warm gut sei, hat mir nie eingeleuchtet. Letztes Jahr bin ich um die Welt gereist und habe mich meist in warmen bis heissen Zonen aufgehalten. Das Einzige, was ich vermisste, waren ab und zu mal Schnee und Kälte. Auf Reisen gelangt man mitunter auch dorthin, wo sich die Kältemuffel zusammenrotten: An den Strand. Womit der Januar schon den ersten Punkt holt, denn ein Gutteil dieser Sonnenanbeter flieht im Jänner in wärmere Gefilde und kann denen, die hierbleiben, nicht auf den Wecker gehen. Allen, die sich keine grossen Reisen leisten können, sei versichert: Ob Kalifornien, Florida, Mexiko, Thailand oder gar Südindien – am Strand ist es überall gleich. Gleich öd. Weil es so öd ist, versucht man sich mit in der Hitze schädlicher Körperertüchtigung und gesteigertem Paarungsverhalten die Zeit zu vertreiben. Es braucht eine Menge Alkohol, Sex und Drogen, um es erträglich zu machen. In diesem Mythos vom tropischen Paradies, der in den Agentenromanen und -filmen der 1950er-Jahre erfunden wurde, freut man sich dann tagtäglich über die Temperatur. Heute: heiss. Gestern: heiss. Vorgestern: heiss. Immer: heiss. Das berichtet man stolz nach Hause, wo wir, die wir Menschen und keine Echsen sind, so tun, als seien wir neidisch, auf dass diese Tölpel möglichst lange in der Ferne bleiben und wir den Januar würdig begehen können. Gewiss sind die Tage kurz, aber es ist wie mit dem halbvollen Glas reine Ansichtssache. Genaugenommen sind die Nächte lang. Lang und unbeschwert, denn die ganzen Feierlichkeiten sind vorbei, die Konzertsäle und Theater bleiben geschlossen. Man hat also endlich einmal Zeit. Zeit ist Geld und viele haben im Januar kein Geld, aber wer braucht das schon, wenn er Zeit hat? Zeit, endlich all die guten, dicken Bücher zu lesen, die entweder zu Hause herumliegen oder in Bibliotheken und Brockenhäusern für fast nichts zu haben sind. Jeden Winter ein Klassiker. Einer über tausend Seiten. Das Tolstoi-Jahr ist zwar gerade vorbei, trotzdem wäre es doch eine gute Gelegenheit, endlich Krieg und Frieden zu lesen. Wenn man dann aus dem Roman auftaucht, aus einer fernen Zeit und einem fremden Land, ist der Januar vorbei, man ist ausgeruht, unterhalten und zufrieden. Wer nicht lesen will, kann hören. Im Internet findet man auf den Homepages der einschlägigen Radiostationen eine Menge alter und neuer Hörspiele, daneben gibt es Podcasts ohne Ende. Man kann sich zum Beispiel Vorlesungen eines ganzen Semesters theoretischer Physik der Universität Berkeley anhören. Oder Sprachkurse herunterladen. So dass man bei der Hausarbeit oder beim Dösen auf dem Sofa mehr Neues lernt als im verflossenen Jahr. Schliesslich gilt es, die Filme oder Serien, die man zu Weihnachten bekommen hat, hinunterzufräsen, wer bei Anbruch der Dunkelheit beginnt, kommt bis Mitternacht ganz schön weit (und zwischendurch kann man die Leute aus der Adressliste löschen, die einem weder Bücher noch Filme oder warme Kleidung schenken). Gerne trinkt man zum Buch oder zum Film ein heisses Getränk. Dazu hat man das Jahr über Kräuter angepflanzt, die nun ihre Wirkung entfalten. Wer das verpasst hat, kauft welche. Für den Preis von zwei oder drei guten Flaschen Wein kann man sich mit vielen Kräutern eindecken, eigene Mischungen kreieren und den Bauch wärmen bis im Frühling. Der guten alten Telefonkonversation kann wieder einmal ge-

frönt werden, da das Inlandfestnetztelefonieren ja kaum mehr etwas kostet. Wer hat nicht ein paar Kochbücher, mit Rezepten drin, die schon lange der Zubereitung harren? Es müssen ja nicht gerade Salate und kalte Suppen sein. Endlich kann man sein Repertoire erweitern, wohlfeile Saisongemüse harren an den Marktständen, um die sich niemand drängt, der köstlichen Verfeinerung. Allerdings ist niemand verpflichtet, in der Stube zu hocken, nur weil der Januar sich so trefflich dazu eignet. Auch draussen ist das Leben schön. Nichts erfrischt das Gehirn so wie klirrende Kälte. Während Wärme und Hitze träg und tumb machen, durchblutet sich der Kopf in der Kälte ganz von selber und produziert en passant die herrlichsten Gedanken und besten Ideen, die dann in den kommenden Monaten umgesetzt werden können. Ausserdem wird oft vergessen, dass wir das grosse Privileg haben, an einem Ort zu wohnen, an dem das Winterwunderland der Alpen vor der Tür liegt, selbst für Städter. In ein bis zwei Stunden ist man in atemberaubenden Landschaften, die zu besuchen andere hohe Kosten und lange Wege auf sich nehmen. Wir hingegen brauchen einzig eine Tageskarte der SBB. Damit fährt man günstig nach Arosa, Davos, Gstaad oder in andere, weniger bekannte Winterkurorte, geht spazie-

«Dass kalt schlecht und warm gut sei, hat mir noch nie eingeleuchtet.»

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ren, isst zu Mittag und kehrt abends wieder heim. Ein Ferientag für zwischendurch. Wobei es ja nicht nur ein Tag sein muss. Wer nicht gebunden ist, kann sich in den Bergen ein paar schöne Tage machen, die über Weihnacht-Neujahr doppelt so teuer und halb so vergnüglich sind. Wegen der vielen Leute. Niemand kann behaupten, es mangle an mehr oder weniger sinnvollen Beschäftigungsmöglichkeiten in Schnee und Eis. Vom Alternativtrendsport Tourenskifahren bis zum bedächtigen Curlingspielen ist vieles möglich. Ja selbst in der Stadt gibt es Kunsteisbahnen. Ein Besuch dort versetzt einen garantiert in die Zeit als Kind oder Teenager zurück. Plötzlich weiss man den Namen des Schwarms aus der dritten Klasse wieder. Und vielleicht findet man die Person ja auf Facebook und schwelgt bald gemeinsam in Erinnerungen. Selbst wer im Januar gern Turnschuhe trägt, braucht darauf nicht zu verzichten. Wie schön ist es doch, in der Kälte durch den Wald zu joggen, an gefrorenen Bächen und verzuckerten Tannen vorbei, über sonnenbeschienene Schneefelder. Oder auch durch den fallenden Schnee. Wenn Ohren und Finger warm werden von der Bewegung, nur wenig Leute unterwegs sind und schon gar keine Mountainbiker. Immer wieder erstaunlich, wie gut man selbst auf vereisten Wegen vorwärts kommt – und wie heldenhaft fühlt man sich bei der Rückkehr in die warme Stube. Nach der Körperertüchtigung lockt schliesslich das warme Bad, das auch nie so wohltut wie im Januar. Und wer immer noch nicht überzeugt ist, wem alles zu kalt und zu viel ist, der kann ja einfach mal schlafen, so viel schlafen wie noch nie. Unser Körper ist darauf ausgerichtet, bei Dunkelheit in den Schlafmodus zu sinken. Wenn man ihn also nimmt, wie er ist, und ihn sich nicht durch sinnloses Sonnensehen verdirbt, kann der Januar im Monateranking weit nach oben schiessen. Wer die Kälte und die Dunkelheit angenommen und genutzt hat, dem wird dann später im Jahr die Wärme und die Sonne intensiver wohltun, als dem, der diese als utopischen Dauerzustand ständig ersehnt und deshalb drei Viertel des Jahres enttäuscht ist. ■

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BILD: ANDREA GANZ

Le mot noir To-do-Listen Letzthin in einer Taverne im Tessin. «Fünf Punkte!», zählt meine Busenfreundin Marie ihre To-dos für 2011 zusammen. «Aha! Und was ist da drauf?», will ich ungeduldig wissen: «Mehr Minarette für das Engadin?» «Mehr Hausaufgaben mit den Kindern machen.» «Meinst du wirklich, dass aus denen noch was wird?», frage ich so arglos, wie ich kann. «Ich würde eher auf die Nachbarskinder setzen. Die haben wirklich Potenzial!» «Wir reden aber hier von meinen Gören», ist Marie jetzt ein bisschen angefressen. «Du wolltest Jahresziele, die du auch erreichen kannst!», schmolle ich zurück. «Und was steht denn auf deiner Liste?» «Kann ich nicht so gut entziffern», sage ich. «Dann würd ich «eine Brille» sagen! Du erkennst ja nicht mal deinen Hund!» «Ich weiss! Ist neuerdings schön ruhig!», halte ich die

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Speisekarte vor die Nase. «Und noch habe ich ja keinen Rittberger versaut!» «Wenn das mit der Brille bis Sommer nicht erledigt ist …» «Was?» «Abzug in der B-Note!», malt Marie auf ihrem Block ein grosses Kreuz. «Nächster Punkt?», weiche ich aus. «Ein neuer Tisch?», wirft Marie ein. «Das ist aber kein Jahresziel», blocke ich wie ein russischer Preisrichter ab. «Gib dir mal ein bisschen Mühe!» «Okay dann … zurück nach Afrika!» «Du willst zurück? Und wieder für drei Jahre?», frage ich jetzt traurig. «Mhm!» «Gut», gebe ich auf: «Dann ersetzen wir den ersten Punkt.» «Du könntest doch ein Stückchen Irland retten?», überlegt Marie. «Und wie soll ich das machen? Ohne dass es einer merkt?» «Du holst so einen Rennhund aus dem Heim und setzt ihn auf dein Sofa», überlegt Marie, weil ihr die Idee gefällt. «Mein Sofa, das hast aber du», erinnere ich sie. «Oh, okay … dann setz ‹irgend ein Sofa!› auf meine Liste!» «Rosshaar und bezogen mit ruppig gewordenem Samt!» «Das finden wir in Timbuktu sicher leicht», murrt Marie vor sich hin. Und laut: «Aber ich bin sicher, dass aus dem armen Windhund dann was wird!» «Nächster Punkt!», ignoriere ich mit vollem Mund ihre Bemerkung. «Wir könnten ein neues Projekt ausarbeiten?», stochert Marie in ihrem Risotto herum. «Schon wieder?», angle ich einen Champignon in meinem Teller. «Verstehe. Du arbeitest lieber mit den Nachbarskindern!» «Wäre billiger», wiege ich den Kopf.

«Aber natürlich lange nicht so toll!» «Und was ist mit diesem – wie hiess der Typ noch mal?», wechselt Marie rasch das Thema. «Wer? Oh, der ähm ich … finde einfach nicht die richtigen Kriterien», winde ich mich, so gut es eben geht. «Dann mach es doch wie dieser Greyhound. Wenn der losrennt, hat der wenigstens ein Ziel. Du ergreifst ja meistens nur die Flucht.» «Das ist so was von nicht wahr!», bin ich jetzt beleidigt. «Ich weiss immer genau, wohin ich flüchte!» Aber Marie verliert schon die Geduld: «Der Typ kommt auf die Liste! Oder du springst den Rittberger. Mit meinen Kindern im Arm!» Stunden später, bei Tavernenschluss. «Und was ist jetzt der letzte Punkt?», tippe ich den Bleistift an die Stirn. «Wir könnten versuchen, dieses Jahr würdevoll zu überleben?», schlägt Marie gemächlich vor. «Klar, warum nicht?», kritzle ich «Überleben» auf den Block. «Und wer verliert», spinne ich den Gedanken weiter, «übernimmt in einem Jahr den Wein!»

DELIA LENOIR LENOIR@HAPPYSHRIMP.CH ILLUSTRATION: IRENE MEIER (IRENEMEI@GMX.CH) SURPRISE 241/11


Radio Clubkultur am Küchentisch OpenBroadcast – das klingt nach Radio von allen für alle und damit nach einer etwas lottrigen Sache. Doch das erste Radio ohne Chefredaktion setzt seine Ansprüche hoch: Kultur, Kunst und Wissen – alles vom eigenen Herd –, soll bald auf professionellem Niveau zu hören sein.

Strickt man Software wie iTunes, Wikipedia, Facebook und einen Google-Kalender ineinander und vernetzt Kulturschaffende mit Wissenschaftlern und Musikern damit, entsteht eine Community-Radiostation. Oder ein Experiment, das zum Radio werden soll. OpenBroadcast heisst das Projekt, und es handelt sich dabei um das erste Radio, das nicht von einer herkömmlichen Redaktion gemacht wird. Radio als offener Kanal ist nichts Neues. OpenBroadcast verzichtet aber gleich ganz auf eine Chefredaktion und überlässt auch die redaktionelle Arbeit der Fach-Community. «Wir haben den Begriff der Öffentlichkeit intern kontrovers diskutiert», erklärt OpenBroadcastGründer Thomas Gilgen. «Mit der jetzigen Lösung hat bei uns jeder eine Chance. Wenn er aber bei Radio DRS seine eigene Sendung machen will, wird er bereits an der Rezeption abgewiesen. Das ist ein Unterschied.» Gilgen will mit seinem Projekt die Möglichkeiten des Bürgerjournalismus aktualisieren. Allerdings können bei OpenBroadcast neue Mitglieder nur auf Einladung eines bereits aktiven Mitglieds zur Community hinzustossen, denn das Einladungssystem funktioniert als Qualitätsfilter: Es gibt immer jemanden, der für die Arbeit des andern bürgen kann und muss. Entstehen soll ein Netzwerk an Sendungsmachern – zurzeit sind es vor allem Musiker, DJs, Radiojournalisten, Medienwissenschaftler –, das von zu Hause oder einem beliebigen anderen Ort aus sendet: Vom Küchentisch aus kann ein Autor Hörspiele senden, Clubbetreiber können Konzerte übertragen. Man kann aus dem Zug senden, aus dem Fussballstadion, aus dem Uni-Hörsaal. Ein DJ kann online einen Sendeplatz reservieren, zur angegebenen Uhrzeit den Fader hochfahren, und er ist on air. OpenBroadcast ist vor allem das, was von der Dachkantine übrigblieb: Thomas Gilgen war Mitbegründer des legendären Zürcher Clubs, und hier entstand die Idee für eine Radioplattform. Als die Dachkantine 2006 geschlossen wurde, haben die Betreiber das Abschlussfestival einen Monat lang mit einem Radioprogramm begleitet und erklärt. Damals wurde klar, dass ein Netzwerk von Leuten vorhanden ist, die nicht nur Lust auf das Medium Radio haben, sondern auch wissen, wie die Dramaturgie einer Musikstrecke funktioniert oder wie man Tonstrecken schneidet. «Eine wichtige Ressource, die man anzapfen sollte», findet Gilgen. Entgegen dem derzeitigen Trend des «hyperaktiven Morgenradios» will er fundierte Information auf den Sender bringen. Die Dachkantine war eine Plattform für Ideen, und dazu soll auch das Radio werden. Der Programmauftrag von OpenBroadcast umfasst gemäss Konzession denn auch Kultur, Wissen und Kunst. Seit einem halben Jahr sendet das Radio auf der digitalen «DAB+» -Frequenz, finanziert wird es durch eine private Stiftung. Die Hörerzahl SURPRISE 241/11

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VON DIANA FREI

Wenn alle Radio hören können, sollen auch alle Radio machen dürfen.

liegt je nach Tageszeit zwischen 10 000 und 30 000. Zurzeit ist noch hauptsächlich Musik zu hören, von einem vollständigen Programm mit regelmässigen Wortbeiträgen sind die Sendungsmacher noch weit entfernt, die Community ist zu klein. Das soll sich in den nächsten Monaten aber ändern: «Damit das Netzwerk wächst, wollen wir mit anderen Projekten zusammenarbeiten. OpenBroadcast stösst auf grosses Interesse bei Medienschaffenden, und die Idee wird von Universitäten und der ETH unterstützt.» Eine Zusammenarbeit mit der Zürcher Hochschule der Künste hat bereits stattgefunden, und eine Idee wäre, Wissenschaft und NGOs zu Sendungen über gemeinsame Themen zusammenzuführen. Zurzeit bereitet die langjährige DRS-Radiojournalistin und Filmspezialistin Franziska Oliver eine Pilotsendung über TV-Serien vor. Solche aufwendigen, professionell produzierten Beiträge werden Stiftungen zur weiteren Finanzierung angeboten. Über virale Möglichkeiten wie die Vernetzung mit Facebook hoffen die Betreiber, sowohl aktive User wie auch Hörer zu gewinnen. «Wenn man unser Radio mit den bestehenden vergleicht, dann ist es noch kein Radio. Aber wir haben nun mit der nötigen Software das Werkzeug geschaffen, damit OpenBroadcast ein Arbeitsinstrument für Medien-, Musik- und Kulturschaffende werden kann», so Gilgen. ■ www.openbroadcast.ch

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Kulturtipps

Dieses Buch gibt der Armut ein Gesicht. Bei Camilla und Silvestro springt der Funke, der nicht mehr erlöscht.

Buch Sichtbare Armut «Mein Reichtum ist meine Lebenserfahrung», sagt Surprise-Verkäuferin Margot Steiner im Buch «Vom Traum, reich zu sein». Was Reichtum und Glück für sie und 20 weitere Porträtierte bedeutet, haben Walter Däpp und Hansueli Trachsel festgehalten.

Kino Gefragte Geduld Camilla und Silvestro haben den Liebesmoment verpasst. Weshalb die beiden Hauptfiguren im Film «Dieci Inverni» erst diverse Umwege einschlagen müssen, bevor sich wieder eine Chance für sie ergibt. Eine Geschichte des Reifens.

VON ISABEL MOSIMANN VON MICHAEL GASSER

Das Wirtschaftsmagazin Bilanz veröffentlichte im Dezember die Liste der 300 Reichsten der Schweiz und rechnete aus, dass sie gemeinsam über ein Gesamtvermögen von 470 Milliarden Franken verfügen; 21 Milliarden mehr als im Jahr zuvor. Berichte und Bilder von Leuten mit klingenden Namen wie Oeri, Bertarelli, Blocher oder Federer finden sich zur Genüge. Über Menschen, die jeden Tag den Fünfliber zweimal umdrehen, bevor sie ihn ausgeben, wird hingegen nicht oft geschrieben. Der Journalist Walter Däpp und der Fotograf Hansueli Trachsel haben in ihrem Buch «Vom Traum, reich zu sein. Armutszeugnisse aus der Schweiz» 21 Armutsbetroffene porträtiert. «Armut ist in der Schweiz nicht sichtbar», sagt Walter Däpp, «deshalb wollten wir ihr ein Gesicht geben und zugleich Vorurteile abbauen.» In den Medien werde meist nur über Sozialschmarotzer, Kostenexplosion und Sozialhilfemissbrauch berichtet. «Wir haben ausnahmslos Leute getroffen, die gerne arbeiten würden», berichtet Däpp, der mit Trachsel bereits zahlreiche Reportagen und mehrere Bücher veröffentlicht hat. Eine Arbeitsstelle zu haben, ist mit sozialen Kontakten verbunden, mit Anerkennung und Erlebnissen. Das alles fehlt vielen Porträtierten, neben einem geregelten Einkommen, am meisten. Die 59-jährige Surprise-Verkäuferin Margot Steiner verlor ihre Arbeit 2002: «Seither habe ich mich erfolglos um etwa 300 Stellen beworben.» Von unzähligen Bewerbungen berichten auch andere Porträtierte – offensichtlich sind sie auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr gefragt. Manchmal reicht ein «Knick» im Lebenslauf, eine abgebrochene Lehre, ein Rückenleiden oder eine Scheidung, und schon dreht sich die Spirale abwärts. Der Verlust des Jobs kann den Verlust der Anerkennung, des Selbstwertgefühls, des Platzes in der Gesellschaft nach sich ziehen. Darauf zielt im Nachwort auch Hugo Fasel ab, Direktor Caritas Schweiz, wenn er aus der Präambel der Bundesverfassung zitiert: «... dass die Stärke des Volkes sich misst am Wohl der Schwachen.» Ziel jeder Armutspolitik muss für ihn – neben der materiellen Absicherung – sein, die Würde der betroffenen Menschen zu wahren und ihnen einen Platz in der Gesellschaft einzuräumen.

Gut Liebe will Weile haben. Das ist die Kernaussage von «Dieci Inverni» (Zehn Winter). Der Film des italienischen Regisseurs Valerio Mieli begleitet seine beiden Protagonisten zehn lange Jahre. Die 18-jährige Camilla (Isabella Ragonese), ein Landei, macht sich auf, um in Venedig russische Literatur zu studieren. Kaum angekommen, fällt ihr der gleichaltrige Silvestro (Michele Riondino) auf. Sie ist mit einer Stehlampe unterwegs, er mit einem Bäumchen. Sie nähern sich an und verbringen gar eine gemeinsame Nacht in ihrem Bett, ganz unschuldig. Man spürt: Die zwei begehren sich, getrauen sich aber nicht. Silvestro versteckt sich zwar hinter einer grossen Klappe, ist jedoch fast genauso schüchtern wie Camilla. Dann ist der Moment verflogen, man zieht seiner Wege. Und trifft doch immer wieder an der Uni, an Partys oder in Moskau aufeinander. Der Funke zwischen ihnen keimt stets neu auf, doch mal ist er und mal ist sie anderweitig liiert. Als Camilla von einem anderen ein Kind erwartet, scheint die Tür für eine gemeinsame Zukunft endgültig geschlossen. «Was hast du erwartet?», fragt sie Silvestro, der dem werdenden Vater aus Frust einen Kinnhaken verpasst und von dannen stapft. Doch noch ist nicht aller Tage Abend und Jahre später erhalten die beiden nun Gefestigten eine erneute Chance. «Dieci Inverni» ist eine fragmentarisch und betont ruhig erzählte Geschichte des Reifens. Ein Liebesfilm, der es versteht, ohne Kitsch auszukommen. Basierend auf Erlebnissen des Regisseurs, der über seine Arbeit sagt: «Ich habe eine Form der Romantik gesucht, die wahr und zugleich märchenhaft ist.» Dementsprechend leicht entrückt ist das Kulissenbild Venedigs, das zwar dessen hässliche Seiten nicht versteckt, sie jedoch häufig leicht verklärt. Die Realität ist in «Dieci Inverni» spürbar, bleibt aber Nebensache. Im Vordergrund stehen die Poesie, die Gefühle und die Geduld, die es in der Liebe zu bewahren gilt. Ein charmanter Streifen ohne Firlefanz, dafür mit melancholisch-stimmiger Musik von Vinicio Capossela. «Dieci Inverni», Regie: Valerio Mieli, Italien (2009), 99 Minuten, ab 6. Januar in Deutschweizer Kinos.

Walter Däpp, Hansueli Trachsel: Vom Traum, reich zu sein. Stämpfli Verlag AG Bern, CHF 29.–.

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Folgen der Songwriter-Tradition: The Decemberists.

Musik Polierte Revolution

Die 25 positiven Firmen Diese Rubrik ruft Firmen und Institutionen auf, soziale Verantwortung zu übernehmen. Einige haben dies schon getan, indem sie dem Strassenmagazin Surprise mindestens 500 Franken gespendet haben. Damit helfen sie, Menschen in prekären Lebensumständen eine Arbeitsmöglichkeit zu geben und sie auf ihrem Weg zur Eigenständigkeit zu begleiten. Gehört Ihr Betrieb auch dazu? Die Spielregeln sind einfach: 25 Firmen werden jeweils aufgelistet, sind es mehr, fällt jener Betrieb heraus, der am längsten dabei ist.

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commilfo Isabelle Wanner, Baden

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atelier111.ch, Basel

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Zürcher Kantonalbank, Zürich

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Philip Maloney, Privatdetektiv

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Brother (Schweiz) AG, Baden

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Druckerei Hürzeler AG, Regensdorf

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IBZ Industrie AG, Adliswil

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Alfacel AG, Cham

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Thommen ASIC-Design, Zürich

45 Jahre nach Bob Dylans Auftritt beim New Port Festival sind verzerrte Gitarren im Folk kein Tabubruch mehr. Trotzdem war das Erstaunen gross, als The Decemberists auf ihrem letzten Album die Gitarren aufheulen liessen. «The Hazards of Love» war nicht nur ihr bislang lautestes Album, sondern auch das erfolgreichste. Band-Vordenker Colin Meloy beschwingte das anscheinend: Kein Jahr ist vergangen, schon klopft der Nachfolger an. Das Album heisst «The King is Dead». So wurde früher ein Regentenwechsel verkündet. Allerdings mit dem Anhang «… Long live the King!». Ohne diesen war es eine Parole der Revolutionäre. Etwa der Dezembristen, die 1825 versuchten, den russischen Zaren zu stürzen. Das gelang nicht, doch immerhin inspirierten sie eine Band aus Portland, Oregon. Mit diesen Vorzeichen durfte man ein Album mit zünftig Zunder erwarten. Und dann eröffnen Mundharmonika, Lagerfeuergitarre und Schunkelbeat: «Don’t carry it all» – lad dir bloss nicht zu viel auf die Schultern, schon gar nicht Verantwortung – beschwichtigt Meloy im Opener. Sanft, friedlich und reduziert instrumentiert geht es weiter. Das ganze Album lang: harte Schale, weicher Kern. Die Band erklärt, man wollte weg vom teilweise pompös arrangierten Sound der Vorgängeralben, zurück zu organisch klingender Musik und amerikanischer Songwriter-Tradition. Als Studio wählte man eine Scheune mit Ausblick ins Grüne, als Vorbild Neil Youngs «Harvest». Seinen Geist hört man denn auch in Songs wie «Down by the Water». Hier funktioniert das Wechselspiel von Meloy und Sängerin Gillian Welch perfekt. Sie ist in Europa erst mit dem Soundtrack zum Coen-Epos «O Brother, where Art Thou?» bekannt geworden. In den USA ist Welch jedoch längst ein Star der Alternative-Country-Szene. Gemeinsam mit R.E.M.-Gitarrist Peter Buck bildet sie die zwar kurze, aber sehr illustre Gästeliste auf dem Album. Haucht Welch panflötenartig «Hu-hu» wie in «January Hymns», begeistert das wohl vor allem Freunde von Simon & Garfunkel. Nicht nur hier klingt «The King Is Dead» etwas arg poliert. Ein paar Ecken und Kanten stünden der Musik ganz gut. Wenn schon Scheune und Natur im Infoblatt steht, will man das auch spüren. So wirkt die Musik oft wie ein funkenfreies Cheminée-Feuer ab DVD: Ganz nett fürs Ambiente, wärmen kann es aber nicht. Und eine Revolution wird erst recht nicht entzündet. Zum Hängen auf dem Sofa taugt das Album aber prima.

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Coop Genossenschaft, Basel

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AnyWeb AG, Zürich

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Velo-Oase Bestgen, Baar

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Schweizerisches Tropen- und Public Health-

The Decemberists «The King Is Dead» (Beggars Banquet/MV).

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The Decemberists legen mit ihrem sechsten Album falsche Fährten: Wer zünftig Zunder erwartet hat, wird von Mundharmonika und Lagerfeuergitarre überrascht. VON OLIVIER JOLIAT

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Institut, Basel 14

Niederer, Kraft & Frey, Zürich

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Stoll Immobilientreuhand AG, Winterthur

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Kaiser Software GmbH, Bern

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Responsability Social Investments AG, Zürich

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chefs on fire GmbH, Basel

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Ingenieurbüro BEVBE, Bonstetten

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Gemeinnütziger Frauenverein Nidau

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VXL gestaltung und werbung ag, Binningen

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Scherrer & Partner GmbH, Basel

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TYDAC AG, Bern

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KIBAG Strassen- und Tiefbau

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OTTO’S AG, Sursee

Möchten Sie bei den positiven Firmen aufgelistet werden? Mit einer Spende von mindestens 500 Franken sind Sie dabei! PC-Konto: 12-551455-3, Verein Strassenmagazin Surprise, 4051 Basel Zahlungszweck: Positive Firma + Ihr gewünschter Eintrag. Wir schicken Ihnen eine Bestätigung.

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Ausgehtipps

Das Ensemble Neue Horizonte Bern setzt sich mit dem Werk Pousseurs auseinander.

Auf Tournee Hommage und Zwiesprache

Besucher im Helmhaus: Petits Hommes des Étoiles von Karin Clairsinvil (2010).

Zürich Bouquet aus Gegensätzen

Der im März 2009 verstorbene belgische Komponist Henri Pousseur ist eine der prägenden Figuren der Musik nach 1950. So war er einer der Ersten, der in den 60er-Jahren ein streng strukturbezogenes Denken auf viele musikalische Sprachen hin öffnete. Das Ensemble Neue Horizonte Bern hat mehrfach mit Henri Pousser zusammengearbeitet und stand über Jahre mit ihm in Verbindung. Nun setzten sich die Musiker in zwei rund 70-minutigen Konzertprogrammen komponierend und interpretierend mit dem Werk Pousseurs auseinander. Singen wird zu diesem Anlass die Tochter des Komponisten, Mezzosopranistin Marianne Pousser. (mek)

Berechenbar seien die Zuordnungen im Zürcher Kunstsystem. Meinen zumindest Simon Maurer, Leiter des Helmhauses, und der freie Kurator Michael Hiltbrunner. Und so gestalteten sie die Ausstellung «Wenn die Nacht am dunkelsten ist, kommt der Tag» auf abenteuerliche Weise: Künstler aus ganz verschiedenen Umfeldern stellen aus – vom blutjungen Gestalter, der noch in Ausbildung ist, bis zum vergessenen Artisten, von dem lange nichts mehr zu hören war. Und selbst einige geläufige Namen aus der mittleren Generation zeigen für einmal kaum bekannte Werkgruppen. Auch inhaltlich prallen Gegensätze aufeinander: Expressiver Trash trifft akribische Geometrie, Handwerk auf Intellekt. Das Konzept mag chaotisch wirken, vor Ort aber zeigt sich ein sorgfältig ausgewähltes Bouquet voll wundersamer Blüten. Und: Am 7. Januar spielen die Weltraumforscher zum 30-jährigen Bandjubiläum eines ihrer raren Konzerte. (ash)

Das Ensemble Neue Horizonte Bern interpretiert Henri Pousser. Marianne Pousser: Sopran. Urs Peter Schneider: Leitung. Samstag, 8. Januar, 18 Uhr, ZHdK Musikhochschule, Zürich. Sonntag, 9. Januar, 17 Uhr, Dampfzentrale, Bern. Sonntag, 16. Januar, 17.30 Uhr, Gare du Nord, Basel. Montag, 7. März (ohne Marianne Pousseur), 19 Uhr, Atelier Piamaria, Biel.

Helmhaus, Zürich, Dienstag bis Sonntag, 10 bis 18 Uhr, Donnerstag, 10 bis 20 Uhr,

BILD: CHRISTIAN FLIERL

die Ausstellung läuft bis 23. Januar. www.helmhaus.org

Biel Urbanes Südafrika 20 Jahre nach dem Ende der Apartheid und ein halbes Jahr nach der Fussballweltmeisterschaft holt uns eine Fotoausstellung in die Realität von Südafrika zurück. Die Arbeiten von vier Schweizer Fotografen – darunter Christian Flierl, der regelmässig für Surprise arbeitet – thematisieren Phänomene im urbanen Raum des afrikanischen Landes. Die Bilder zeigen teilweise überraschende Seiten des städtischen Alltags in Johannesburg, Soweto und Kapstadt. Die Fotokünstler hinterfragen mit dem Blick Aussenstehender die Befindlichkeit der südafrikanischen Gesellschaft, ihre Werke umkreisen Spannungsfelder wie sozialer Status und Architektur, Privatsphäre und Öffentlichkeit, Sicherheit und Gewalt oder Zentrum und Peripherie. (juk) Fragments – Urban Realities in South Africa, Vernissage: Samstag, 15. Januar, 17 Uhr, Ausstellung vom 16. Januar bis zum 13. März, PhotoforumPasquArt, Biel.

Sieht amerikanisch aus, ist aber südafrikanisch – Einfamilienhaus in Soweto.

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www.photoforumpasquart.ch SURPRISE 241/11


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Zürich Beatbox-Literatur Melinda Nadj Abonji ist der Shooting Star der Schweizer Literaturszene. Für ihren Roman «Tauben fliegen auf» erhielt sie 2010 sowohl den deutschen wie auch den Schweizer Buchpreis. Als Performerin ist sie nach wie vor ein Geheimtipp. Dabei tritt sie seit über zehn Jahren gemeinsam mit dem Rapp-Poeten und Human Beatboxer Jurczok 1001 auf die Bühne. Gemeinsam entwickelten sie einen eigenen Stil aus kurzen Erzählungen, Spoken Word, Beatboxing und elektrischer Geige. Die einzelnen Elemente werden über ein Loopgerät in Endlosschlaufen geschickt. Dadurch entsteht trotz Zweierbesetzung ein orchestraler Sound, der dank prägnanter Sprache direkt und eindringlich bleibt. Nach Auftritten an Sprechbühnen und Literaturfestivals im In- und Ausland sind Melinda Nadj Abonji & Jurczok 1001 nun im Moods zu erleben. (ash)

Poesie in Endlosschlaufen: Nadj Abonji & Jurczok 1001.

Samstag, 15. Januar, 20.30 Uhr, Moods, Zürich. Chinesische Comics zeigen den Gesellschaftswandel.

Basel Polit-Comics Anzeigen:

Bewerbung Neuorientierung bei Stellenlosigkeit, Pensionierung oder Kündigung

Tuschzeichnungen, Aquarelle oder animierte Bilder – in Zusammenarbeit mit dem Nationalmuseum in Peking ist in der Schweiz erstmals Comic-Kunst aus China zu sehen: Millionenfach gedruckt und bis in die hintersten Winkel der Volksrepublik gelesen, waren die Lianhuanhua (Kettenbilder) ab 1950 wichtiger Bestandteil der Politikvermittlung oder interpretierten die klassische chinesische Literatur. Heute werden hauptsächlich Manhua gelesen, deren Themen- und Stilmix in den 1990er-Jahren den sozialistischen Einheitslook abgelöst hat: Manhua sind ein farbiger Ausdruck der im Wandel begriffenen, auseinanderdriftenden Gesellschaft Chinas. (mek) «Wortbilder. Comics aus China», noch bis zum 13. März zu sehen im Cartoonmuseum Basel.

ProKonzept

www.cartoonmuseum.ch

Beratung, Coaching, Training Tel. 077 467 31 90

— www.theater-basel.ch, Tel. +41/(0)61-295 11 33 — SURPRISE 241/11

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Verkäuferporträt «Mein tägliches Brot verdienen» BILD: ZVG

Nach einer gescheiterten Ehe ging Ruedi Hirschi (57) auf Wanderschaft quer durch die Schweiz. Zurzeit verkauft er Surprise in der Christoffelunterführung im Berner Hauptbahnhof, sucht eine Anstellung und hofft, bald wieder eine eigene Wohnung beziehen zu können. AUFGEZEICHNET VON ISABEL MOSIMANN

«Ursprünglich habe ich in Rümlang Metallbauschlosser gelernt. Aufgewachsen bin ich mit meinen Eltern und drei Brüdern im Nachbardorf Oberhasli. Über zwölf Jahre habe ich geschlossert und geschweisst, auf Montage und in der Werkstatt. Irgendwann merkte ich, dass es Zeit war für eine berufliche Veränderung. Zunächst arbeitete ich im Liegenschaftsdienst als ‹fliegender Hauswart›, liess mich aber nach einem Jahr zum Storenmonteur umschulen. Nach vier Jahren in einer grossen Storen-Firma beschloss ich 1994, mich im Bereich Rollladen und Storen selbstständig zu machen. Ich war 26 Jahre verheiratet. Nach fünf Jahren Ehe eröffnete mir meine damalige Frau, sie wolle keine Kinder. Ihr war die berufliche Karriere wichtiger. Ich war enttäuscht, denn ich hatte mir immer Familie gewünscht. Aber so war es halt. Eifersüchtig war ich nie, vertraute meiner Frau stets. Deshalb schenkte ich den Hinweisen aus meinem Umfeld, dass meine Frau Herrenbesuche hätte, während ich im Ski-Weekend war, keinen Glauben. Doch dann flog alles auf. Wie ein Bombe. Und ich bin einfach weggegangen, wollte nichts mehr wissen von den Menschen. Im Geschäft habe ich alles so gelassen, wie es war. Während zwei Jahren war ich unterwegs. Mal habe ich auf der Rigi übernachtet, mal habe ich Bauern geholfen und dafür Kost und Logis gekriegt, eine Zeitlang habe ich ‹Guschti› gehütet auf einer Alp bei Schönried. Ich habe nie aufgegeben, und irgendwie kam ich immer über die Runden. Eigentlich war ich einfach ein Wandervogel. 2006 ging ich nach Thun, wohnte dort vier Monate im Passantenheim der Heilsarmee und fing an, eine Stelle zu suchen. Das dortige RAV vermittelte mich relativ rasch an eine Käserei in der Nähe von Thun, wo ich für die nächsten vier Jahre Emmentaler putzte, Mutschli machte und im Keller die grossen Käselaibe drehte. Doch dann breitete sich bei mir im Daumen plötzlich ein Ekzem aus. Ich musste ihn operieren lassen und fiel drei Monate aus. Während meines Ausfalls merkte ich, dass mir die Arbeit in der Käserei nicht mehr zusagte und kündigte. Mit der Stelle kündigte ich auch meine Studiowohnung und zog wieder los. Seit gut zwei Monaten bin ich nun in Bern. Für die Hans Leutenegger AG hatte ich hier kürzlich – aber auch schon in früheren Jahren – einen Temporäreinsatz. Im Februar, wenn die Saison für Storenmonteure wieder beginnt, könnte sich dort möglicherweise etwas ergeben. Bis dorthin ist mir jede Arbeit recht. Ich will etwas tun. Es kann auch Einkaufen für ältere Leute sein. Hier in Bern wohne ich im Passantenheim der Heilsarmee oder in einem Haus von ‹WOhnenbern›. Ich habe auch schon im Bed and Breakfast übernachtet – wobei, das ist meist zu teuer. Damit ich meine Übernachtungen und das Nötigste zum Leben berappen kann, verkaufe ich seit Anfang Dezember in der Christoffelunterführung Surprise. Manch-

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mal staune ich über die Leute, die mit sturem Blick an mir vorbeieilen. Gerade in der Weihnachtszeit hatte ich das Gefühl, die rennen alle ‹wie gstört› den Geschenken nach. Die Leute, die das Heft kaufen, sind fast immer freundlich, lächeln und manche runden den Betrag noch auf. Ich finde Surprise ganz grundsätzlich eine gute Sache, und für mich persönlich ist es momentan eine sehr gute Möglichkeit, mein tägliches Brot zu verdienen. Finanzielle Unterstützung erhalte ich keine. Ich könnte vielleicht einen Antrag stellen, aber das will ich nicht. Ich sorge für mich selber. Für das neue Jahr wünsche ich mir wieder eine geregelte Arbeit, am liebsten als Storenmonteur, weil ich dort am meisten Wissen und Erfahrung habe. Und dann hoffe ich, dass ich bald ein Zimmer oder ein Studio finde, wo ich für mich gemütlich kochen und auch einmal in Ruhe einen Film schauen kann. Denn das ist natürlich in diesen Passantenheimen nicht möglich.» ■ SURPRISE 241/11


Eine Chance für alle! Werden Sie Surprise-Götti oder -Gotte Surprise kümmert sich um Menschen, die weniger Glück im Leben hatten als andere. Menschen, die sich aber wieder aufgerappelt haben und ihr Leben in die eigenen Hände nehmen wollen. Mit dem Verkauf des Strassenmagazins Surprise überwinden sie ihre soziale Isolation. Ihr Alltag bekommt Struktur und wieder einen Sinn. Sie gewinnen neue Selbstachtung und erarbeiten sich aus eigener Kraft einen kleinen Verdienst. Die Surprise-Strassen-

verkäuferinnen und –verkäufer helfen sich selber. Das verdient Respekt und Unterstützung. Regelmässige Verkaufende werden von Surprise gezielt unterstützt. Die Teilnehmer am Programm SurPlus sind sozial abgesichert (Ferien, Krankheit). Mit der Programmteilnahme übernehmen die Surprise-Verkaufenden mehr Verantwortung; eine wesentliche Voraussetzung dafür, wieder fit für die Welt und den Arbeitsmarkt zu werden. Tatjana Georgievska Basel

Bob Ekoevi Koulekpato Basel

Marlies Dietiker Olten

Kurt Brügger Basel

Marlise Haas Basel

René Senn Zürich

Jela Veraguth Zürich

Peter Hässig Basel

Fatima Keranovic Baselland

Andreas Ammann Bern

Jovanka Rogger Zürich

Wolfgang Kreibich Basel

Marika Jonuzi Basel

Peter Gamma Basel

Ausserdem im Förderprogramm SurPlus: Anja Uehlinger, Baden

Ja, ich werde Götti/Gotte von: 1 Jahr: 6000 Franken

1/2 Jahr: 3000 Franken

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241/11 Talon bitte senden oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch, PC-Konto 12-551455-3 SURPRISE 241/11

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Surprise ist: Hilfe zur Selbsthilfe Surprise hilft seit 1997 Menschen in sozialen Schwierigkeiten. Mit Programmen in den Bereichen Beschäftigung, Sport und Kultur fördert Surprise die soziale Selbständigkeit. Surprise hilft bei der Integration in den Arbeitsmarkt, bei der Klärung der Wohnsituation, bei den ersten Schritten raus aus der Schuldenfalle und entlastet so die Schweizer Sozialwerke.

Ich möchte Surprise abonnieren! 24 Ausgaben zum Preis von CHF 189.– (Europa: CHF 229.– ) (Verpackung und Versand bieten StrassenverkäuferInnen ein zusätzliches Einkommen.) Gönner-Abo für CHF 260.–

Eine Stimme für Benachteiligte Surprise verleiht von Armut und sozialer Benachteiligung betroffenen Menschen eine Stimme und sensibilisiert die Öffentlichkeit für ihre Anliegen. Surprise beteiligt sich am Wandel der Gesellschaft und bezieht Stellung für soziale Gerechtigkeit. Strassenmagazin und Strassenverkauf Surprise gibt das vierzehntäglich erscheinende Strassenmagazin Surprise heraus. Dieses wird von einer professionellen Redaktion produziert, die auf ein Netz von qualifizierten Berufsjournalistinnen, Fotografen und Illustratorinnen zählen kann. Das Magazin wird fast ausschliesslich auf der Strasse verkauft. Rund dreihundert Menschen in der deutschen Schweiz, denen der Arbeitsmarkt verschlossen bleibt, erhalten damit eine Tagesstruktur, verdienen eigenes Geld und gewinnen neues Selbstvertrauen.

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Herausgeber Strassenmagazin Surprise GmbH, Postfach, 4003 Basel, www.strassenmagazin.ch Geschäftsführung T +41 61 564 90 90 Paola Gallo, Agnes Weidkuhn (Assistenz GF) Öffnungszeiten Sekretariat Mo–Do 9–12 Uhr, T +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99 info@strassenmagazin.ch Redaktion T +41 61 564 90 70 Reto Aschwanden (verantwortlich), Julia Konstantinidis, Mena Kost, Thomas Oehler (Sekretariat) redaktion@strassenmagazin.ch Freie Mitarbeit Florian Bachmann, Corina Bosshard, Annette Boutellier, Karin Freiermuth, Diana Frei, Michael Gasser, Olivier Joliat, Yvonne Kunz, Delia Lenoir, Irene Meier, Stefan Michel, Isabel Mosimann, Stephan Pörtner, Milena Schärer, Isabella Seemann, Priska Wenger, Marvin Zilm Gestaltung WOMM Werbeagentur AG, Basel Druck AVD Goldach Auflage 29 400, Abonnemente CHF 189.–, 24 Ex./Jahr Anzeigenverkauf T +41 76 325 10 60 anzeigen@strassenmagazin.ch

Sport und Kultur Surprise fördert die Integration auch mit Sport. In der Surprise Strassenfussball-Liga trainieren und spielen Teams aus der ganzen deutschen Schweiz regelmässig Fussball und kämpfen um den Schweizermeister-Titel sowie um die Teilnahme an den Weltmeisterschaften für sozial benachteiligte Menschen. Seit 2009 hat Surprise einen eigenen Chor. Gemeinsames Singen und öffentliche Auftritte ermöglichen Kontakte, Glücksmomente und Erfolgserlebnisse für Menschen, denen der gesellschaftliche Anschluss sonst erschwert ist. Finanzierung, Organisation und internationale Vernetzung Surprise ist unabhängig und erhält keine staatlichen Gelder. Das Strassenmagazin wird mit dem Erlös aus dem Heftverkauf und mit Inseraten finanziert. Für alle anderen Angebote wie die Betreuung der Verkaufenden, die Sportund Kulturprogramme ist Surprise auf Spenden, auf Sponsoren und Zuwendungen von Stiftungen angewiesen. Surprise ist eine nicht gewinnorientierte soziale Institution. Die Geschäfte werden von der Strassenmagazin Surprise GmbH geführt, die vom gemeinnützigen Verein Strassenmagazin Surprise kontrolliert wird. Surprise ist führendes Mitglied des Internationalen Netzwerkes der Strassenzeitungen (INSP) mit Sitz in Glasgow, Schottland. Derzeit gehören dem Verband über 100 Strassenzeitungen in 40 Ländern an.

Marketing T +41 61 564 90 61 Theres Burgdorfer Vertrieb Basel T +41 61 564 90 81 Markus Hurschler, Zoë Kamermans Vertrieb Zürich T +41 44 242 72 11 Reto Bommer, Engelstrasse 64, 8004 Zürich, Mobile +41 79 636 46 12 r.bommer@strassenmagazin.ch Vertrieb Bern T +41 31 332 53 93 Andrea Blaser, Alfred Maurer, Pappelweg 21, 3013 Bern, Mobile +41 79 389 78 02 a.maurer@strassenmagazin.ch Betreuung und Förderung T +41 61 564 90 51 Rita Erni Chor/Kultur T +41 61 564 90 40 Paloma Selma Strassensport T +41 61 564 90 10 Lavinia Biert Trägerverein Strassenmagazin Surprise Präsident: Peter Aebersold Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auch auszugsweise oder in Ausschnitten, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird von der Redaktion und dem Verlag jede Haftung abgelehnt. Surprise behält sich vor, an Verkaufende gerichtete Postsendungen zu öffnen. Barspenden an namentlich bezeichnete Verkaufende können nur bis zu einem Betrag von CHF 100.– weitergeleitet werden. Darüber hinausgehende Beträge sollen – im Einverständnis mit der Spenderin oder dem Spender – allen Verkaufenden zugute kommen. SURPRISE 241/11


Gut betucht.

Dazu passend: Leichtes T-Shirt, 100%Baumwolle, für Gross und Klein.

Grosses Badetuch 100 x 180 cm aus sehr langlebigem Zwirngarn, 100% handgepflückte Baumwolle. Mit Surprise-Logo eingewebt und von A bis Z in der Schweiz hergestellt. Vorder- und Rückseite verschiedenfarbig: vorne kühles Aquablau, hinten heisses Rot.

Herren CHF 25.– S M

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Damen CHF 25.– M CHF 20.– XS S (auch für Kinder) Alle Preise exkl. Versandkosten.

Strandtuch (100 x 180 cm) CHF 65.–

50 Prozent des Verkaufspreises kommt Surprise zugute.

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*gemäss Basic 2008-2. Seite bitteMACH heraustrennen und schicken oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch

Ist gut. Kaufen! Wer etwas verkauft, braucht Geld. Schlichte Wahrheit – gute Sache. Denn 50 Prozent des Verkaufspreises kommt Surprise zugute. Alle Preise exkl. Versandkosten.

Surprise Zeitungs-Taschen (34 x 36 cm); CHF 37.50 neon-orange schwarz

Surprise City-Taschen (24,5 x 35,5 cm); CHF 40.– rot blau schwarz

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Surprise Rucksäcke (32 x 40 cm); CHF 89.– schwarz rot

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*gemäss Basic 2008-2. Seite bitteMACH heraustrennen und schicken oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch SURPRISE 241/11

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Von Aarberg bis Zuoz. Surprise gibt es beim Strassenhändler Ihres Vertrauens. Oder im Abo per Post.

24 Ausgaben für 189 Franken oder als Gönner-Abo für 260 Franken. Gutes lesen, Gutes tun und gleich bestellen! www.strassenmagazin.ch, www.strassensport.ch, Spendenkonto PC 12-551455-3 Strassenmagazin Surprise, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, T +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99


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