Surprise Strassenmagazin 252/11

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Wild

Städter im Naturkurs

Leiden mit Heidi – Nationalkrankheit Heimweh

Gott spielt nicht Lotto: Neuropsychologe Brugger über den Zufall

Nr. 252 | 17. bis 30. Juni 2011 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass.


Macht stark.

www.strassenmagazin.ch â?˜ www.strassensport.ch â?˜ Spendenkonto PC 12-551455-3 Strassenmagazin Surprise, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, Tel. 061 564 90 90, Fax 061 564 90 99


Titelbild: Luc-François Georgi

Editorial Surprise in Luzern BILD: DOMINIK PLÜSS

Ab Mitte Juni hat die Stadt Luzern eine zusätzliche Attraktion. Neben Highlights wie Kapellbrücke, KKL und Verkehrshaus gibt es neu alle zwei Wochen frisch ab Presse das Strassenmagazin Surprise zu kaufen. Was bisher in Luzern nur am Bahnhof zu finden war, ist in Zukunft an verschiedenen Orten dieser Stadt anzutreffen. Wir freuen uns, auch in der Innerschweiz mehr Menschen in sozialen Schwierigkeiten die Gelegenheit bieten zu können, selbstständig und selbstbestimmt eigenes Geld zu verdienen. Sie erhalten damit eine Tagesstruktur, können soziale Kontakte knüpfen und gewinnen neues Selbstvertrauen. Einer unserer Luzerner Verkäufer ist Andi H. Sie lernen ihn auf Seite 28 dieser Ausgabe kennen. PAOLA GALLO

Surprise kommt nach sorgfältiger Vorbereitung nach Luzern. Die Luzerner Behör- GESCHÄFTSLEITERIN den haben uns mit Interesse und Offenheit empfangen. Auch mit städtischen Organisationen mit ähnlichen Anliegen stehen wir in Kontakt. Denn Surprise will keine Konkurrenz zu bestehenden lokalen Initiativen sein. Sondern eine sinnvolle Ergänzung im Interesse der Betroffenen. Wir freuen uns auf viele neue Leserinnen und Leser in der Innerschweiz. Statt auswärts in Zürich oder Bern oder am Bahnhof Luzern finden Sie in Zukunft ihre persönliche Verkäuferin, ihren «eigenen» Verkäufer ganz in der Nähe. Bis Ende dieses Jahres möchten wir möglichst vielen Menschen in Luzern die Chance bieten, regelmässig das Strassenmagazin anzubieten. Lernen Sie diese persönlich kennen und freuen Sie sich auf unvergessliche Gespräche. Sie haben auch die Möglichkeit, ihre Lieblingsverkäuferin als Starverkäuferin zu nominieren. Wir freuen uns auf viele Nominationen aus Luzern, Ihre Leserbriefe und Anregungen. Selbstverständlich freuen wir uns auch auf jede Ihrer Spenden, die uns helfen, weiterhin Menschen in sozialen Schwierigkeiten zu unterstützen. Wir danken Ihnen für den Kauf dieses Strassenmagazins. Lesen Sie es, erzählen Sie Ihren Freunden und Bekannten davon und geben Sie es weiter. Ich wünsche Ihnen viel Spass bei der Lektüre der neuen Luzerner Attraktion. In Luzern und anderswo. Herzlich Paola Gallo

Surprise ist auf Spenden angewiesen. Auch auf Ihre! Herzlichen Dank. PC-Konto 12-551455-3 Ihre Meinung! Bitte schicken Sie uns Ihre Anregungen oder Kritik: Strassenmagazin Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, T +41 61 564 90 70, redaktion@strassenmagazin.ch. Es werden nur Leserbriefe abgedruckt, die mit vollem Namen unterzeichnet sind. Die Redaktion behält sich vor, Briefe zu kürzen. SURPRISE 252/11

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10 Naturkurse Der Städter als Urmensch In sogenannten «Naturkursen» lernen Städter, wie man ohne Handy und Feuerzeug im Wald überlebt. Um den Robinson Crusoe in sich zu wecken, übt man mit dem Bogen zu schiessen, Feuer zu entfachen und eine Notunterkunft zu bauen. Eine Reportage über Räucherritual und Übernachtungen im Tipi.

14 Heimweh Krankheit und Triebkraft BILD: ISTOCKPHOTO

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Inhalt Editorial Luzern, wir kommen Basteln für eine bessere Welt Strahlender Papierpilz Aufgelesen Ausgeben! Zugerichtet Fahnen und Fanfaren Leserbriefe Abgezeichnet Starverkäuferin Josiane Graner Porträt Einer von der alten Schule Psychologie Leben in Angst Wörter von Pörtner Promiattacke Reggae Mehr als bekiffte Rastas Kulturtipps Kult-Kopf mit Konsole Ausgehtipps Punk und Mord und Totschlag Verkäuferporträt Luzerner Einsiedler Projekt Surplus Eine Chance für alle! In eigener Sache Impressum INSP

BILD: LUC-FRANÇOIS GEORGI

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Die Sehnsucht nach der gewohnten Umgebung ist nicht nur ein Problem von Pfadfindern im Sommerlager. Unter Söldnern aus der Eidgenossenschaft einst weitverbreitet, wird Heimweh noch heute auch als «Schweizer Krankheit» bezeichnet. Auch wenn das Phänomen nicht mehr als Krankheit gilt, leiden Auswanderer und Kinder im Ferienlager noch immer an der «langen Zeit».

BILD: ANDREA GANZ

17 Glauben und Zweifeln Unmenschlicher Zufall

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Rational, kontrolliert und durchgeplant – so haben wir uns die Welt eingerichtet. Und wenn etwas Unvorhergesehenes geschieht, dann nur aus einem bestimmten Grund. Dass Dinge zufällig geschehen, können viele kaum akzeptieren. Der Neuropsychologe Peter Brugger erklärt im Interview, warum der Zufall für den Menschen eine Zumutung bedeutet.

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ILLUSTRATION: SIMON DREYFUS/WOMM

1. Nehmen Sie ein quadratisches

2. Falzen Sie so, dass sich die

Blatt Papier und machen Sie

Seiten in der Mitte treffen.

3. Umdrehen.

einen Falz von einer Ecke zur gegenüberliegenden.

4. Falzen Sie etwa auf

5. Falzen Sie die

Höhe der unteren

oberen Ecken entlang

gestrichelten Linie nach

der gestrichelten

hinten und entlang

Linien nach vorne und

6. Machen Sie einen Falz entlang

der oberen nach vorne.

wieder zurück.

der gestrichelten Linie.

8. Falzen Sie entlang der gestrichelten Linien zwei Mal nach vorne und 7. Öffnen Sie den durch

stecken Sie die Spitze

den Pfeil markierten

in den Falz. Stecken Sie

Teil und drücken Sie ihn

den Spitz in die Öffnung,

runter, dasselbe auf

so dass das Gebilde

der anderen Seite.

von selbst stehen kann.

9. Falzen Sie die

10. Umdrehen, atomwolkig bemalen, nach Belieben eine Anti-Atomsonne

Ecken nach innen.

dazuzeichnen oder einen Slogan dazuschreiben, und fertig ist der Gedenkpilz.

Basteln für eine bessere Welt Wie viele ihrer Altergenossen erkrankte das Mädchen Sadako aus Hiroshima einige Jahre nach dem Atombombenabwurf 1945 an Leukämie. Um sich und ihrem Umfeld Mut zu machen, begann sie, Kraniche zu falten – über 1000 Exemplare sollten es letztlich werden. Aus dieser Aktion entstand eine Friedensbewegung, der gefaltete Kranich gilt in Japan seither als Symbol gegen die Atomgefahr. Fukushima hat uns die Gefahren der zivilen Nutzung in Erinnerung gerufen. Falten auch Sie gegen das Vergessen: am besten gleich Atompilze. SURPRISE 252/11

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Aufgelesen News aus den 90 Strassenmagazinen, die zum internationalen Netzwerk der Strassenzeitungen INSP gehören.

Rostende Banknoten Berlin. Gestützt auf eine schon von Aristoteles gewonnene Erkenntnis, fordert Volkswirtschaftsprofessor Bernd Senf: Geld muss «rosten». Denn das Geld wurde einst eingeführt, um zwei wesentliche Nachteile des Tauschhandels aufzuheben: Dass der Tausch sofort und mit derselben Person erfolgen muss. Nun müsste laut Senf, wie die Ware selbst, auch ihr Gegenwert, das Geld, kontinuierlich an Wert verlieren. Damit bekäme der Besitzer einen Anreiz, es möglichst bald wieder auszugeben – zum Wohle der Volkswirtschaft und des Arbeitsmarktes.

Hartz-IV-«Grusical» München. Schauspielerin Bettina Kentner sprach und schrieb Dialoge für die Serie «reich und schön» – und musste, wie rund 1400 andere Selbstständige in München, gleichzeitig Hartz IV beziehen. Eine Kollegin liess sich auf Telefonsex ein, eine andere synchronisierte Pornos, um nicht zum Sozialfall zu werden. Kentner wählte einen anderen Weg: Sie verarbeitete ihre leidvollen Erfahrungen mit den Ämtern in «Grusical». Kentner gewann den Stuttgarter Autorenpreis – und konnte sich von Hartz IV abmelden.

Kein Geld für den Hund Kiel. Oft ist ein Hund der einzige Freund eines Obdachlosen. In Deutschland sehen sich jedoch immer mehr Menschen gezwungen, aus finanziellen Gründen ihren Vierbeiner im Tierheim abzugeben. Die Anzahl Heime hat sich landesweit seit 2005 um 39 erhöht. Meist ist fehlendes Geld die Ursache für die Abgabe des Tieres. Willy Sandvoss vom Landestierschutzverband Schleswig-Holstein spricht von einer «ganz fürchterlichen Entwicklung». Seit 30 Jahren ist er Tierheimleiter, «so heftig wie jetzt» sei es noch nie gewesen.

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Zugerichtet Voll in Fahrt Eines Nachts im September 2009 waren auf der Birmensdorferstrasse in Zürich ein Auto und ein Velo unterwegs. Christian B.* kutschierte nach einer gemeinsamen Beizentour Vater Aldo in dessen Ford Escort nach Hause. Tom C. kam ebenfalls vom Ausgang und fuhr auf seinem Velo heim. Auf Höhe der Hausnummer 80 lernten die drei sich kennen. Die Initiative ging von Vater Aldo aus. Er kurbelte das Fenster des Beifahrersitzes runter und brüllte den Velolenker an, er solle gefälligst das Licht einschalten. Pedaljünger lassen sich aber ungern massregeln, schon gar nicht von herumkrakeelenden Autofahrern. Tom C., Fanverantwortlicher eines Fussballclubs, drückte auf seine Druckluftfanfare, dass Aldo die Ohren dröhnten. Beim nächsten Rotlicht stieg der eine vom Sattel, die beiden anderen aus dem Auto. Wüste Worte und harte Fäuste flogen. Wäre nicht ein Mann, der die Szene vor einem Restaurant beobachtet hatte, couragiert eingeschritten, hätte es ein blutiges Ende nehmen können. Die Begegnung löste drei separate Verfahren aus. Autofahrer Christian B. muss sich vor dem Bezirksgericht Zürich verantworten – wegen Tätlichkeit und Fahrens in fahrunfähigem Zustand mit einer qualifizierten Blutalkoholkonzentration, kurz «Fiaz». Just bevor die Polizei in jener Nacht eintraf, büxte er aus, ohne seinen Vater, kehrte dann aber zu Fuss zum Tatort zurück. Was denn da los sei?, fragte er scheinfromm. Doch machten ihn Zeugen gegenüber der Polizei zweifelsfrei als besagten Autofahrer aus. Er musste ins Röhrchen pusten. Danach nahm man ihm

Blut ab, in dem 2,06 Promille Alkohol nachgewiesen wurden. Christian B., um die Vierzig, zappelt nervös vor der Anklagebank. Seine Existenz steht auf dem Spiel. Er ist von Beruf Garagist. «Das Billett ist berufsentscheidend», sagt er. Der Richter lässt sich von den Worten nicht einwickeln: «Wenn Ihnen der Fahrausweis so wichtig ist, verstehe ich nicht, warum Sie nicht an ihn denken, bevor Sie sich betrunken hinters Steuer setzen.» Während der letzten sechs Jahre wurde Christian B. bereits zwei Mal mit 1,5 Promille erwischt, ein Mal gar in der Probezeit. Drei Mal wurde ihm nun der Ausweis entzogen, einmal für drei Monate, einmal für 18 Monate und jetzt auf unbestimmte Zeit. Das wirft kein gutes Licht auf den Mann. Der Verteidiger streitet die Schwere des Falles nicht ab, doch sei sein Mandant als Garagist mit dem Fahrausweisentzug schon genügend bestraft. Überdies sei die Prognose günstig, Christian B. sei vor einem halben Jahr Vater geworden. «Die Geburt hat ihm die Augen geöffnet», sagt der Verteidiger. «Man darf das junge Familienglück nicht mit einer Gefängnisstrafe zerstören. Die Auswirkungen für das Kind wären fatal.» Aber der Richter glaubt nicht, dass das Lächeln eines Kindes einen Mann zur Raison bringen kann. Eher schon das Schnuppern von Gefängnisluft. Das Gericht verurteilt Christian B. zu 14 Monaten Freiheitsstrafe, die eine Hälfte bedingt, die andere kann er in Halbgefangenschaft absitzen. «Sie müssen endlich lernen, nicht zu trinken, wenn Sie fahren.» *Persönliche Angaben geändert. ISABELLA SEEMANN (ISEE@GMX.CH) ILLUSTRATION: PRISKA WENGER (PRISKAWENGER@GMX.CH) SURPRISE 252/11


BILD: ZVG

Leserbriefe «Surprise hat nur einen Fehler: Das Lesevergnügen ist viel zu kurz.» Dicker Herzliche Gratulation für die 250 Ausgaben. Dank an alle, die mitgewirkt haben und weiterhin viel Ideen und Erfolg. Surprise hat nur einen Fehler: Das Lesevergnügen ist viel zu kurz. Macht das Heft doch so dick wie die NZZ, aber bleibt so interessant wie Surprise eben ist. Christine Supersaxo, per E-Mail Ausgezeichnet Nach einer Operation mit anschliessender Reha habe ich mal wieder Surprise gekauft. Für das letzte Heft mein Kompliment! Es hat ein ausgezeichnetes Niveau, so dass das Lesen Freude macht. Nur eins hätte ich mir noch gewünscht: Jeweils eine ganz kurze Angabe zur/zum jeweiligen Autorin/Autor. Renate Löffler, per E-Mail

Nr. 248: «Verkannt – Rabenvögel sind besser als ihr Ruf» Abgezeichnet Das tolle Bild der Rabenkrähe auf der Titelseite hat mir so gut gefallen, dass ich meine Schülerinnen und Schüler diese Krähe auf schwarzes Papier abmalen liess. Anbei einige der so entstandenen Bilder. Regelmässig lese das Magazin und finde die Artikel spannend gestaltet; eines der wenigen Printmedien, welche ich gerne lese. Cornelia Baumann-Loosli, per E-Mail

Nominieren Sie Ihren Starverkäufer!

Starverkäuferin Josiane Graner

Schreiben Sie uns mit einer kurzen Begründung, welche/n Verkäufer/in Sie an dieser Stelle sehen möchten: Strassenmagazin Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 (0)61 564 90 99, redaktion@strassenmagazin.ch

Laura Moser aus Reigoldswil nominiert Josiane Graner als Starverkäuferin: «Ich sehe Frau Graner jeden Tag vor dem Coop beim Neubad in Basel und bewundere sie für ihren Mut, vor die Leute zu stehen und Surprise zu verkaufen. Frau Graner steht viel, obwohl sie an Krücken geht. Ich hätte diesen Willen nicht, freue mich aber jedes Mal, wenn ich sie sehe und ich kaufe ihr gerne eine Zeitschrift ab. Es würde mich unheimlich freuen, wenn sie die neue Starverkäuferin würde.»

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BILD: ZVG

Vom Surprise-Cover an die Klassenzimmerwand: Die Rabenkrähe.

Nr. 247: «Streetart – Visuelle Enteignung» Inakzeptabel Ihr Beitrag über die Sprayer – Sie nennen es «Streetart» – hat mich empört. Dass Surprise Leute verherrlicht, die Straftaten begehen, indem fremdes Eigentum besudelt und beschädigt wird, ist für mich inakzeptabel. Diese Schmierereien auf öffentlichen Bauten müssen dann wieder auf Kosten der Allgemeinheit entfernt werden. Heidi Fisch, Bern

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Porträt Ein Mann mit Eigenschaften Manchmal bringt das Leben wahre Klischees hervor: Der rastlose Schaffer Fred Tschanz (82) aus dem Zürcher Kreis 4 hat es tatsächlich vom Tellerwäscher zum Gastrokönig gebracht. VON ISABELLA SEEMANN (TEXT) UND NANDOR NAGY (BILD)

Wenn die Schweiz dem amerikanischen Traum «vom Tellerwäscher zum Millionär» etwas entgegenzusetzen hat, dann sind es vielleicht Lebensläufe aus dem Zürcher «Chreis Cheib». Einer davon beginnt in einer Dreizimmerwohnung an der Militärstrasse. Hier kommt 1929 Fred Tschanz zur Welt. Sein Vater stirbt zwei Jahre später und hinterlässt der Familie einen Schuldenberg. Seine tuberkulosekranke Mutter zahlt sie mit Heimarbeit und der Vermietung eines Zimmers ab. Häufig muss sie ins Sanatorium und gibt den Bub in die Obhut von Jugendheimen. «Bub», weist sie den kleinen Fred an, «du sollst dich nur mit Menschen abgeben, die klüger sind als du.» Nach Mutters Maxime richtet er sich bis heute. «Mein Bekanntenkreis besteht ausschliesslich aus Leuten, die gescheiter sind als ich», sagt der 82-Jährige. Hätte er nicht auf seine Mutter gehört, hätte er sich nicht hochgearbeitet, wäre er nicht Gründer der Fred Tschanz Management AG geworden, besässe er kein Haus mit eigener Kapelle, keine Kunstsammlung und keine Visitenkarte, auf die er zwei Berufsbezeichnungen hat drucken lassen: Hotelier – Restaurateur. Dabei wäre Fred Tschanz gerne Konzertpianist geworden. Als Bub nimmt er Klavierstunden, die sich die Mutter vom Munde abspart. Später kann er dank Stipendien das Konservatorium besuchen. Doch sein Traum findet ein jähes Ende, als die Mutter den Professor aufsucht und ihn fragt: «Ist mein Sohn ein Genie?» Das wisse er nicht mit Sicherheit zu sagen, aber Talent habe er gewiss, beschied ihr der Meister. Die Mutter interpretiert es auf ihre Weise: Wenn es keine Garantie dafür gibt, dass ihr Bub ein Genie ist, dann wird er als gewöhnlicher Musiker am Hungertuch enden. Eine Ausbildung zum Koch ist das einzig Richtige. «Essen müssen die Leute immer.» Nach der Lehre arbeitet Fred Tschanz im Café Odeon, wo er als Busboy, eine Art Bedienungshilfe, das dreckige Geschirr abräumt und Zigaretten aus seinem Bauchladen verkauft. Rund 20 Jahre später wird er Pächter des Odeons sein. Bis dahin aber wird er drei Mal ein Vermögen aufgebaut und zwei Mal alles verloren haben. Der rastlose Schaffer spart seinen Lohn und geht an die Hotelfachschule in Lausanne. Dann nach New York, wo er sich sein Geld für die Unterkunft im YMCA als Tanzlehrer verdient. Später findet er eine Anstellung als Oberkellner im damals exklusivsten Restaurant New Yorks, dem «Colony», und bedient Frank Sinatra, Elisabeth Taylor, Zsa Zsa Gabor und den Mafiaboss Jimmy Hoffa. Er macht richtig viel Geld und heiratet zum ersten von insgesamt vier Malen. Ehefrau Nummer eins ist eine Französin, mit der er zwei Töchter hat. Mit Ehefrau Nummer zwei, einer Jüdin, bleibt er nur vier Monate zusammen. Ihre Eltern erwirken eine Annulation der Ehe mit dem «Goy». An der Börse verspekuliert er sich. Allein und mit leeren Hosentaschen kehrt er 1962 in die Schweiz zurück. Sein zweiter Aufstieg beginnt in Hegnau bei Volketswil, wo er seine erste eigene Beiz übernimmt, den «Stammbaum», und sogleich seinen Pioniergeist unter Beweis stellt: Er setzt US-Beef und Eisbergsalat auf die Speisekarte, eine Novität in der Schweiz. Das Geschäft läuft wie ge-

schmiert. Eines Abends raucht ein Angestellter eine Zigarette, schläft ein. Der «Stammbau» brennt bis auf die Grundmauern nieder. Wieder muss er bei null beginnen. Tschanz ist getrieben. Er will etwas erreichen. Er jagt nach Erfolg, nach schönen Frauen, mittlerweile hat er Ehefrau Nummer drei geheiratet, das schottische Kindermädchen seiner Töchter, er kauft Restaurants, Cafés, Hotels, baut ein Gastroimperium auf. Vieles hat er unterdessen verkauft, heute sind noch drei Lokale in seinem Besitz, das Bauschänzli, wo er am Oktoberfest die Zwinglianer dazu bringt, auf den Bänken zu tanzen, das Le Chef, das er im Alter von 81 Jahren eröffnete, und das legendäre Odeon, das am 1. Juli sein 100-Jahr-Jubiläum feiert. Zeit für ein Mittagessen im Odeon. Seine vierte Ehefrau, Rafaela, holt ihn im Büro oberhalb des Lokals ab. Sie ist fast halb so alt wie er und stammt aus der Dominikanischen Republik. «Darüber können sich die Leute natürlich den Mund zerreissen, aber bis jetzt hat die Ehe gehalten», sagt Fred Tschanz, schmunzelt und bestellt eine Flasche Champagner beim Kellner. Der ideenreiche Gastronom hat das Odeon 1972 übernommen, allein der zentralen Lage wegen. Das Lokal selbst hatte einen schlechten Ruf. Die nahe gelegene Drogenszene breitete sich aus. Tschanz hat aus Prinzip keine Berührungsängste. Er geht zu den Rockern, klärt die Sache und fortan ist Ruhe. Und er holt die Homosexuellen, die schon früher im Lokal verkehrt haben, zurück. Das Odeon wird zum festen Treffpunkt der Gayszene, notabene zu einer Zeit, als diese gesellschaftlich noch nicht toleriert war. Aber ihre Genussfreudigkeit ist gut fürs Geschäft und entspricht auch dem Lebemann Tschanz. Seine Leidenschaften sind die klassische Musik, die Kunst, und er geht gerne auf die Pirsch. In seinem Haus in Hegnau hat er ein Jagdzimmer eingerichtet, wo er die selbst erlegten Krokodile, Bären, Löwen, Zebras, Nashörner als präparierte Trophäen zur Schau stellt. «Ich kann zu jedem Tier eine Geschichte erzählen», sagt er. Manche gehen gera-

«Mein Bekanntenkreis besteht ausschliesslich aus Leuten, die gescheiter sind als ich.»

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de noch glimpflich aus – für ihn. Als er in Miami kürzlich einem viereinhalb Meter langen Krokodil den Gnadenschuss geben wollte, schleuderte es ihn mit der letzten Zuckung seines Schwanzes an den nächsten Baum und brach ihm zwei Lendenwirbel. Dass er mit seinem Freizeitvergnügen die Tierschützer gegen sich aufbringt, nimmt er ruhig hin. «Jäger sind unverzichtbar», sagt er, «auch wenn viele Menschen kein Verständnis dafür aufbringen.» Fred Tschanz tut gerne Gutes und dieser Neigung kann er dank seines Vermögens ausgiebig frönen. Er gründete eine Stiftung zur Förderung und Unterstützung von behinderten Kindern. Auf die kommenden Jahre freut er sich, «dank meinen vielen Freunden und meiner Dankbarkeit, dass es mir so gut geht.» Die Begriffe Freund und Dankbarkeit sind von hohem Stellenwert im Wortschatz des Fred Tschanz. Er benutzt sie oft und meint es ernst. ■

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Naturkurse Ruf der Wildnis Folklore boomt, das Landleben auch, und manche Menschen wollen gleich ganz zurück zur Natur. Im Naturkurs stellen sich moderne Menschen der Wildnis: Drei Tage ohne Handy und Hahnenwasser, dafür mit Feuersäge und gegarter Forelle. VON MANUELA DONATI (TEXT) UND LUC-FRANÇOIS GEORGI (BILDER)

Natur ist in: Im Kleiderschrank jedes modebewussten Städters finden sich heute Wanderschuhe und Flanellhemd, Frauenzeitschriften geben ihren Leserinnen Tipps, wie sie ihre Stadtwohnung im «Landhausstil» dekorieren können, und Kosmetikkonzerne haben eigenständige Linien mit Naturprodukten entwickelt. Dass Outdoor-Equipment-Anbieter wie Mammut und Jack Wolfskin von der Peripherie an Zürichs beste Shoppingmeile gewechselt haben, erstaunt da nicht weiter. Natur ist in, und damit lassen sich gute Geschäfte machen. Doch ein Picknick im Stadtpark oder ein Waldspaziergang in den neuen Gummistiefeln – farblich passend zur Regenjacke – ist das eine. In der Natur leben, nach ihren Gesetzen zu überleben, etwas ganz anderes. Denn wer weiss schon, welche Wildpflanzen essbar sind und wie man ohne moderne Hilfsmittel Feuer entfacht? Welcher Stadtmensch kann Tierspuren zuordnen und fürchtet sich nachts nicht alleine im Wald?

Wildniskräuter-Kochkurs bei Andres Marbach, der das Lager gemeinsam mit Simon Hasler leitet, so gut, dass er auch gleich das Natur-Wochenende buchte. Mit blutigen Händen Drei Tage werden die fünf Kursteilnehmer zusammen mit Simon Hasler und Andres Marbach sowie ihrem Praktikanten Manuel Battaglia am Waldrand auf dem Gemeindegebiet von Tomils verbringen. Ein Ritual eröffnet den Kurs. Die ganze Gruppe sitzt um das Lagerfeuer im Indianerzelt, Simon Hasler reicht eine rauchende Schale mit glühender Kohle und Kräutern herum. Mit Hilfe einer Feder soll man sich einräuchern – ein gemäss indianischer Tradition reinigendes Ritual. Die Räucherzeremonie soll nicht nur trübe Gedanken und dunkle Mächte vertreiben, sie ist für die Kursteilnehmer auch ein deutliches Zeichen: Die nächsten drei Tage werden sie nach den Gesetzen der Natur leben, im Tipi schlafen, auf dem Feuer kochen und lernen, welche Wildpflanzen essbar sind und welche Hölzer sich auch nass zum Feuermachen eignen. Gleichzeitig müssen sie auf viele Annehmlichkeiten verzichten; Handys zu benutzen ist nämlich nicht erwünscht, und Warmwasser aus dem Hahn gibt es im Wald natürlich auch keines. Das Räucherritual muss genügen, um den Übergang von der technologisierten in die Natur-Welt zu schaffen, denn gleich im Anschluss steht die erste Aufgabe an: das Abendessen. Simon Hasler und Andres Marbach haben zwar einen Menuplan für das Wochenende aufgestellt und Lebensmittel eingekauft, doch der Rest wird gemeinsam erledigt. Zum Auftakt wird eine Forelle ausgenommen. Die Fische wurden von

Lieber draussen Genau bei dieser Ratlosigkeit setzen sogenannte Naturschulen an. In Kursen und Lagern kann der urbane Naturfreund all das lernen, was es zum Überleben in der freien Wildnis braucht. All zu fern von Lagerfeuer-Romantik und Indianer-Nostalgie ist das Ganze nicht, obwohl die Organisatoren betonen, dass die Ideologie im Vordergrund steht. «Durch die Techniken, die wir zeigen, soll die Beziehung der Teilnehmer zur Natur gestärkt werden», erklärt Simon Hasler, Geschäftsführer der Naturschule Woniya: «Die Menschen sollen wieder Freude an der Natur haben.» Allein im dunklen Wald, während es rundherum raschelt – Wie das in der Praxis funktioniert, zeigt sich das braucht Überwindung. im Kurs «Leben in der Natur I». Zwei Frauen und drei Männer zwischen 18 und 35 Jahren sind dafür im Mai aus verschiedenen Landesteilen ins Bündner Tal Domder Lagerleitung zuvor bei einer biologischen Zucht eingekauft. Das leschg gereist. Jürgen aus dem Wallis sieht man den Naturburschen nicht Ausnehmen der Innereien ist eine blutige und vor allem für ungeübte nur seiner Bräune wegen an, sondern auch an den Cargo-Hosen mit den Hände nicht einfache Angelegenheit. Überraschenderweise war gerade praktischen Seitentaschen und dem grossen Messer im Bund. Auch Yves diese Aufgabe für Chantal ein Grund, sich für den Kurs anzumelden. sieht mit seinen langen blonden Rastas genau so aus, wie man sich ei«Wie kann man Fleisch essen, aber sich vor dem Ausnehmen und Tönen Teilnehmer an einem Wildniskurs vorstellt. Keiner der fünf macht ten ekeln?», fragt die Goldschmiedin aus Gossau – und ist dann stolz, den Anschein, draussen im Wald hoffnungslos überfordert zu sein. als sie sich wie die anderen Kursteilnehmer überwinden und ihre FoGemeinsam ist allen, dass sie gerne und oft in der Natur sind, relle selbst essfertig herrichten kann. Gewürzt und in einem gespaltemanchmal fast lieber als in der Stadt, wie Yves sagt. Der 23-jährige nen Ast über dem Feuer gebraten, schmeckt die Forelle hervorragend. Steinmetz aus Lenzburg erzählt, wie er einen Monat lang mit dem KaDazu gibt es einen «Indianer-Eintopf» aus Bohnen, Linsen und Wildnu die Donau hinunterpaddelte. «Im Kurs möchte ich neue Techniken kräutern. Die Fische wurden übrigens von der Lagerleitung schon im lernen, um auf möglichst wenig Hilfsmittel angewiesen zu sein», erVoraus getötet – bei zu viel «Natur pur» hört der Spass bei dem typiklärt er. Pfadileiterin Corinna sucht neue Impulse für ihr Hobby, die 18schen Stadtmenschen dann eben doch auf. jährige Goldschmiedin Chantal liess sich von naturbegeisterten KolleKaum ist das Geschirr abgewaschen, die Fisch-Überreste für die gen motivieren und Flavio, Bäcker und Gärtner aus Uster, gefiel der Füchse in den Wald gelegt und der Kompost entsorgt, folgt die nächste

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Handarbeit: Mit Glut wird ein Loch in das Holz gebrannt, rundherum wird später ein LÜffel geschnitzt. SURPRISE 252/11

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Aufgabe. Jeder muss sich im Wald einen «geheimen Platz» suchen und dort eine halbe Stunde ausharren und beobachten. Sinn der Übung ist die Schärfung des Gehörs für Tiergeräusche. Ausserdem sollen die Teilnehmer lernen, ruhig abzuwarten, um so mit viel Glück ein Reh oder einen Fuchs beobachten zu können. Erstaunlicherweise fällt es nicht schwer, regungslos die Umgebung auf sich einwirken zu lassen. Schliesslich reiht sich im Wald ein Mikrokosmos an den anderen und auch ohne Fuchs und Reh ist es spannend genug, einer Ameisenstrasse zuzuschauen und Vogelstimmen zu lauschen. Wer sich traut, wird aufgefordert, seinen geheimen Platz auch im Dunkeln aufzusuchen. Der Selbstversuch der Journalistin zeigt, dass es doch erstaunlich viel Überwindung braucht, alleine im dunklen Wald zu sitzen, ohne sehen zu können, weshalb es links und rechts raschelt und knackt. Geschick, Geduld – und dann doch Streichhölzer Der zweite Kurstag beginnt früh: Um sieben Uhr setzt Andres Marbach einen Topf mit Haferkörnern aufs Feuer, die er zu einem nahrhaften Porridge aufkocht. Eine komfortable Situation, mit der der einsame Naturmensch normalerweise nicht rechnen kann: «Ist man in der Natur auf sich selbst gestellt», erklärt Praktikant Manuel Battaglia, «sollte man als Erstes einen sicheren Unterschlupf finden. Das gibt ein Sicherheitsgefühl, danach kann man sich dann ruhiger um Feuer und Nahrung kümmern.» Deshalb zeigt die Lagerleitung dann auch, wie eine sogenannte «Debris-Hütte» gebaut wird. Die Notunterkunft besteht aus einem Gerüst aus Ästen, das gerade so hoch ist, dass ein Mensch im Liegen darunter Platz hat. Das Ganze wird mit Erde und Laub überdacht und gleicht so einer Maulwurfshöhle. Durch die vielen Erd- und Laubschichten ist die Hütte wasserdicht, Laub im Inneren isoliert und wärmt zusätzlich. Mit vereinten Kräften steht das Hüttchen nach knapp

einer Stunde. Und die Notunterkunft kann auch getestet werden. «Ich ziehe schon das Tipi vor, und zwar nicht nur, weil es in der Nacht regnen soll», meint Chantal. Während die beiden jungen Frauen noch zögern, müssen sich die männlichen Kursteilnehmer einigen: Alle würden gerne in dem Erdhügel mitten im Wald übernachten. Schliesslich fällt die Wahl auf Flavio. «Etwas eng ist es schon», stellt er nach einem Probe-Liegen fest, doch die Herausforderung reizt ihn: «Es wird sicher eine spezielle Erfahrung, aber Angst alleine im Wald habe ich keine.» Jürgen schlief schon die erste Nacht mit Schlafsack und Iso-Matte draussen und wurde von einem Regenschauer geweckt. «Immerhin wirst du es trocken haben», meint er lakonisch. Eine weitere Herausforderung wartet am Nachmittag auf die Teilnehmer: Die Feuersäge, auch «Nervensäge» genannt. Wer selbst schon einmal versuchte, mit Hilfe dieser Konstruktion aus Bogen und spitzen Hölzchen durch Reibung Funken zum Sprühen zu bringen, weiss, woher dieser Übername kommt. Geschick und Geduld sind gefragt – und nur zu gerne greift man nach dem x-ten misslungenen Versuch zum Streichholz. Ob beim Brennholzsammeln und dem Anlegen einer sicheren Feuerstelle, beim Korbflechten, dem Kochen und Backen im Feuer, beim Besteckschnitzen und Erbauen einer Notunterkunft – eines hat der Naturkurs verdeutlicht: All diese Übungen sind eine Konzentration auf das Einfache. Und es braucht nicht nur Geschick, sondern vor allem Zeit und Geduld; zwei Dinge, die vielen im durchgeplanten und technologisierten Alltag fehlen. Die wenigsten werden nach einem solchen Kurs regelmässig in einer Debris-Hütte schlafen und mit der Feuersäge Funken entfachen. Doch ein paar Survival-Tipps für die nächste Wanderung schaden bestimmt nicht – schliesslich wecken drei Tage ohne Strom und fliessendes Wasser den Robinson Crusoe in jedem.

Keine Angst, das hält – die Debris-Hütte dient als Notunterkunft.

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Konzentration aufs Einfache: Anfeuern mit der «Nervensäge».

Freude an der Natur: Kursleiter Simon Hasler.

Naturkurse «Ideen für den Alltag»

Sie haben Wirtschaft studiert. Wie kommt es, dass Sie jetzt Naturkurse organisieren? Die Natur war immer schon sehr wichtig für mich. Ich bin in Heinzenberg, in der Nähe von Thusis GR, aufgewachsen, war als Bub immer viel draussen, spielte im Wald oder begleitete meinen Vater auf die Jagd. Die Berufswahl fiel mir schwer, auf Empfehlung der Berufsberaterin studierte ich dann Wirtschaft. Während des Studiums las ich viel von Tom Brown, die Lehren des amerikanischen Naturalisten faszinierten mich. Irgendwann war mir klar, dass ich mich nicht nur privat mit der Natur beschäftigen wollte, sondern auch beruflich. Ich habe dann bei Tom Brown in den USA verschiedene Kurse gemacht und Sozialpädagogik studiert.

In Wildniskursen und Tipilagern vermittelt Simon Hasler sein Naturwissen. Überleben ohne Hilfsmittel aus der Zivilisation, Tierspuren deuten und essbare Wildkräuter finden – für den 34-jährigen Bündner kein Problem. INTERVIEW: MANUELA DONATI

Simon Hasler, was wollen Sie den Kursteilnehmern vermitteln? Im Zentrum steht die Beziehung zur Natur, die gestärkt werden soll. Manche fragen sich vielleicht, weshalb sie Überlebenstechniken erlernen sollen, die sie eigentlich gar nicht brauchen. Doch es geht nicht ums Überleben, sondern um die Freude an der Natur, die wir wecken wollen. Viele Kursteilnehmer holen sich bei uns Ideen, die sie dann in ihren Alltag einbauen. Zum Beispiel Eltern, die dann gemeinsam mit ihren Kindern im Feuer Brot backen oder kochen. Kann man auch in der Stadt naturverbunden leben? Klar, zum Beispiel indem man selbst anpflanzt, das geht sogar auf einem Fenstersims oder dem Balkon. Und auch in der Stadt kann man Tiere beobachten, Vögel und Käfer gibt es überall, und wenn man Glück und Geduld hat, trifft man schon am Waldrand auf Füchse oder Dachse. SURPRISE 252/11

Werden Sie wegen Ihres Berufs manchmal schräg angeschaut? Nicht alle können verstehen, dass ich meine Liebe zur Natur zum Beruf machte und weshalb ich mit einem Wirtschaftsstudium Kinderlager organisiere. Vor allem am Anfang war es schwierig, ich wusste nicht, ob das Interesse an Tipilagern überhaupt da war. Mittlerweile habe ich von den Kursteilnehmern viele positive Rückmeldungen bekommen, die mich in meinem Tun bestätigen. ■

Zusammen mit seinem Team organisiert Simon Hasler seit acht Jahren Tipilager im bündnerischen Domleschg. Vor zwei Jahren gründete er die Naturschule Woniya. Diese bietet Winter- und Sommerkurse, Schneeschuhwanderungen und Tipilager für Kinder an. www.naturschule-woniya.ch

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BILD: KEYSTONE DPA DC DIETER KLAR

Identifikationsfigur für Heimweh-Geplagte: «Ich wusste genau, was Heidi erlebte.»

Heimweh Die Schweizer Krankheit

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Sollte Ihr Kind im Pfadilager über Heimweh klagen, so befindet es sich in guter Gesellschaft: Auch Studenten, Migranten und Menschen in Altersheimen kennen dieses herzzerreissende Gefühl. Schweizer Söldner sollen einst gar daran gestorben sein.

VON KARIN FREIERMUTH

heit. So schrieb etwa der Heerführer Ludwig Pfyffer 1569 in einem Brief über den Tod eines Schweizer Soldaten: «… Der Sunnenberg gestorben von heimwe …» – tatsächlich hatte wohl auch eine Verwundung aus der Schlacht bei Jarnac ihren Teil zum Ableben des Söldners beigetragen. Johannes Hofer, ein Basler Mediziner, bezeichnete das Heimweh 1688 in seiner Dissertation erstmals wissenschaftlich als eine Krankheit. Er führte auch den Begriff «Nostalgia» ein, der heute noch als medizinischer Fachterminus für Heimweh verwendet wird. Schweizer Söldner waren damals offenbar besonders davon betroffen. Jedenfalls ist in Europa bis heute die Bezeichnung «Schweizer Krankheit» (lat. morbus helveticus) gebräuchlich. Die Legende besagt, dass es Schweizer Soldaten im Heeresdienst verboten gewesen sei, den «Kuhreihen» zu singen, also jenes Lied, mit dem die Sennen auf der Alp ihre Kühe zum Melken anlockten. Denn man habe beobachtet, dass die Melodie bei vielen Söldnern Heimweh auslöste, weswegen sie entweder desertierten oder gleich daran starben. «Zudem hatte man in der damaligen Zeit ein sehr somatisches Konzept von Heimweh und ging davon aus, dass es im Zusammenhang mit

Plötzlich ist sie da, diese Sehnsucht nach dem Ort, wo man sich geborgen fühlt. Wie aus dem Nichts taucht sie auf und macht sich in der Brustgegend breit. Barbara Wittmer kennt dieses beklemmende Gefühl: «Ja, ich habe Heimweh, besonders abends vor dem Einschlafen.» Die Zwölfjährige nimmt regelmässig an Pfadilagern teil und geniesst dort die Zeit fernab des Alltags. Doch in Momenten, in denen es kein Programm und keine Ablenkung gibt, kommen Gedanken an zu Hause auf: «Ich vermisse vor allem meine Mutter. Ich frage mich, wie es ihr geht und was sie gerade macht.» So stark, dass sie ein Lager hätte abbrechen müssen, sei das Heimweh aber noch nie gewesen. Was hilft: «Wenn es jemand anderem auch besonders schlecht geht, trösten wir uns gegenseitig.» Und die Pfadfinderin sieht durchaus auch positive Seiten: «Es zeigt, dass man es schön hat zu Hause.» Barbaras Mutter, Christine Wittmer, sagt, dass ihre Tochter schon von klein auf immer wieder auswärts übernachtete: «Ich wollte nie, dass sich meine Kinder nur an Mamis Rockzipfel wohlfühlen.» Von sich selbst sagt sie, dass sie «lange Zeit» nach den Kindern habe, wenn diese einige Tage abweDen Kuhreigen zu singen, war Schweizer Söldnern versend seien. Heimweh im eigentlichen Sinne boten – sonst wären sie vor lauter Heimweh desertiert. kenne sie heute jedoch nicht mehr: «Für mich gibt es keinen Ort, den ich eindeutig als mein den Bergen und der Höhe steht», erklärt Kiss. In der Folge habe man Daheim bezeichnen würde. Auch zu unserem jetzigen Zuhause habe die Betroffenen auf Türme hinaufgeschleppt, natürlich ohne Erfolg. ich keine Bindung. Solange die Kinder bei mir sind, ist der Ort irreleErst seit Anfang des 19. Jahrhunderts wird Heimweh als psychologivant.» sches Phänomen verstanden. Doch noch heute gilt es in manchem Sprachgebrauch als Krankheit; sagt man doch im Englischen «homeHöhenluft als Heilmittel sickness» und im Französischen «maladie du pays». Es gab aber auch eine Zeit, in der Christine Wittmer sehr wohl von Heimweh – es scheint ein unzeitgemässes Gefühl zu sein in unserer Heimweh geplagt wurde: Nach der Trennung ihrer Eltern musste die globalisierten, auf Flexibilität und Mobilität ausgerichteten Welt, in der damals Siebenjährige zusammen mit ihrer Mutter von Basel nach Wien Melancholie keinen Platz hat. Doch worauf bezieht sich die intensive umziehen, in eine Stadt, für die sie von Beginn weg nur Abneigung Sehnsucht nach dem Unwiederbringlichen und wer leidet daran? Aleempfand: «Ich bekam damals mit, welch schlechten Ruf die Österreixander Kiss: «Heimweh haben Menschen, die von ihrem Zuhause weg cher in der Schweiz hatten; sie waren die Witzfiguren der Nation. Ich sträubte mich dagegen, eine von ihnen zu sein.» Deswegen schrieb sie der Grossmutter in der Schweiz auch einen Brief mit der Bitte, sie schnellstmöglich zu «befreien». Die Rettung blieb aus, doch Trost fand sie bei einer hierzulande wohlbekannten Romanfigur: «Damals las ich oft im Buch ‹Heidi› von Johanna Spyri, denn ich identifizierte mich stark mit Heidi. Ich wusste genau, was sie in Frankfurt erlebte, getrennt von ihrer vertrauten Umgebung und den geliebten Menschen. Ausserdem sah auch ich nur das, was am neuen Ort nicht stimmte. Ich verglich Österreich ständig mit der Schweiz: Wie duftet die Luft? Was gibt es in den Läden zu kaufen? Und die Beurteilung fiel natürlich immer zugunsten meiner alten Heimat aus.» Eine solche Idealisierung des Vergangenen erlebt Alexander Kiss in seinem Berufsalltag immer wieder: Der Leiter Psychosomatik am Universitätsspital Basel behandelt Menschen, die an körperlichen Beschwerden leiden, bei denen man aber keine organische Ursache gefunden hat. Darunter befinden sich viele Migranten und Flüchtlinge, die teilweise auch an heftigem Heimweh leiden: «Sie verspüren Schmerzen im Bauch, Kopf oder in der Brust und sind müde und appetitlos», stellt Kiss fest. Heutzutage sei Heimweh aber keine eigentliche Diagnose mehr. Ganz anders war dies noch zur Zeit, als die Eidgenossen als Söldner in Europa unterwegs waren: Damals galt Heimweh als tödliche KrankSind Christine und Barbara Wittmer getrennt, haben sie lange Zeit nach einander. SURPRISE 252/11

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Kunst: ÂŤHeimweh ist eine kreative Triebkraft. Was wäre beispielsweise sind, am neuen Ort aber nicht ankommen. Sie vermissen Orte, GerĂźdie deutsche Romantik ohne die Glorifizierung der Heimat?Âť che, Speisen, Menschen, Musik und trauern vergangenen Zeiten nach.Âť Treffen kann es jeden: InternatsschĂźler, Studenten, Gastarbeiter, AlAbschied vom Heimweh tersheimbewohner. Zur starken Belastung wird Heimweh dann, wenn Die Glorifizierung der Heimat – sie hat bei Christine Wittmer nie man sich in der neuen Umgebung vĂśllig abkapselt und sich nie wohlaufgehĂśrt. Obwohl ihr Integrationsprozess eigentlich schnell verlief, da fĂźhlt. Diese pathologische Situation beobachtet Kiss vor allem bei Misie die Sprache bald akzentfrei beherrschte, fĂźhlte sie sich nie heimisch granten, die unfreiwillig im Exil leben. ÂŤDas Bittere ist, wenn diese in Wien. Sie wollte Ă–sterreich so rasch wie mĂśglich den RĂźcken kehren Menschen in ihr altes Zuhause zurĂźckkehren und merken, dass der und in die Schweiz zurĂźckfahren. Im Alter von dreizehn Jahren lieferOrt, den sie mit dem Heimweh verbinden, nicht mehr der ist, den sie te ihr eine Cousine das stichhaltige Argument fĂźr dieses Unterfangen: in Erinnerung haben.Âť ÂŤDie Basler Chemie zahlt halt gut.Âť Noch heute hat Christine Wittmer Kiss behandelt niemanden, der ausschliesslich an Heimweh leidet. diesen Satz genau im Ohr, auch erinnert sie sich daran, wie sie von da Vielmehr sei es eine Mitursache fĂźr diverse Beschwerden. Die Patienan konsequent auf einen Studienplatz in Basel hinarbeitete. Schliessten wĂźrden gemäss ICD-10, der internationalen Klassifikation der lich gelang es ihr, auch die Mutter davon zu Ăźberzeugen, dass Wien Krankheiten, Diagnosen wie Depression, AnpassungsstĂśrung etc. erwirklich nicht der ideale Ort fĂźr ein Chemiestudium sei. ÂŤDas SchlĂźshalten. Auch in der Forschung sei Heimweh kein Thema mehr, weder selerlebnis war dann, als ich nach meiner Matura den Bescheid erhielt, in der Psychologie noch in der Medizin: ÂŤEs interessiert sich niemand dafĂźrÂť, ist Kiss Ăźberzeugt. Eigentlich entgegen dem Trend: ÂŤMan spricht oft von der MediziÂŤĂ–sterreicher waren die Witzfiguren der Nation. Ich sträubte nalisierung von Problemen. So waren beimich dagegen, eine von ihnen zu sein.Âť spielsweise BrustvergrĂśsserungen frĂźher kein Thema in der Medizin, heute sind sie es mehr an der Universität Basel aufgenommen worden zu sein. Nun wusste denn je. Beim Heimweh ist genau das Gegenteil passiert: Es war einmal ich, dass die Tage in Wien gezählt sind.Âť ein medizinisches Konzept, jetzt aber nicht mehr.Âť Diese ÂŤDemedizinaObwohl der Umzug nach Basel fĂźr die damals 19-Jährige eine groslisierungÂť bedeute aber noch lange nicht, dass kein Bedarf an weiteren se Umstellung war, empfand Christine Wittmer nie Heimweh nach Studien vorhanden sei, ist Kiss Ăźberzeugt: ÂŤIn den USA gibt es HunĂ–sterreich: ÂŤIch vermisste Wien nicht. DafĂźr gelang es mir mit der Zeit, derttausende von Mexikanerinnen, die illegal als Haushaltshilfen bei die Stadt und ihre Bewohner mit anderen Augen zu sehen. Heute akreichen Familien tätig sind. Wir wissen nichts Ăźber das Befinden dieser zeptiere ich Wien als Teil meiner Herkunft und verbinde die Stadt mit Frauen. Aber ich bin mir sicher, dass sie Heimweh haben.Âť Nur negaGenuss und Freude.Âť tiv sieht Psychosomatiker Kiss das Heimweh nicht und verweist auf die â–

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Glauben und Zweifeln «Zufall ist etwas Blasphemisches» Nichts ist so banal und zugleich so entscheidend wie der Zufall. Neuropsychologe Prof. Dr. phil. Peter Brugger erklärt das Phänomen der Kraft, die gar nichts will, doch alles schafft. Und warum der Mensch damit nicht klarkommt. VON OLIVIER JOLIAT (INTERVIEW) UND ANDREA GANZ (BILDER)

Peter Brugger, beschäftigt man sich mit dem Zufall, drängt sich die Frage auf: Ist Zufall Gott? Für gewisse Leute schon. Aber man kann es nicht generell auf diese Formel bringen. Aber ohne Zufall wären wir noch immer Bakterien. Es gäbe nicht mal eine Atmosphäre, in der die Bakterien sich zum Mensch entwickeln konnten. Ist der Zufall also für die Schöpfung verantwortlich? Zufall ist sicher verwandt mit der Gottesfrage. Aber wie bereits der deutsche Dichter Gotthold Ephraim Lessing definierte: «Zufall ist Gotteslästerung». Für religiös geprägte Leute ist Zufall sicher nicht mit Gott gleichzusetzen. Zufall hat gar einen negativen Charakter. Er ist ja weder gewollt noch gemacht. Gott geht nicht zufällig vor. Der plant und schafft Ordnung. SURPRISE 252/11

Religiös geprägte Menschen leben doch gottgefällig und haben deshalb nichts zu befürchten. Sie müssten dem Zufall doch eher positiv gegenüberstehen? Wer an Zufall glaubt, kann nicht an Gott glauben. Aber auch nichtreligiöse Menschen fürchten den Zufall. Viele wünschen sich doch einen Zufall, der ihr Leben positiv verändert, sei es im Lotto oder in der Liebe. Ja, aber das ist dann im Sinne eines Glücksfalles. Aber neutral betrachtet ist Zufall eher etwas Blasphemisches. Es steckt ja nichts dahinter, keine steuernde Macht. Ist für den Menschen der Zufall als Erklärung zu banal, dass er von Schicksal oder Fügung spricht, sobald der Zufall etwas bewirkt? Genau, darum versucht er, dem Ereignis einen Sinn zu verpassen. Woher der Sinn kommt, hängt dann von der Person ab. Für religiöse Menschen

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ist es Gott, andere machen paranormale Kräfte dafür verantwortlich, ein Mischding zwischen Religiosität und Wissenschaftsgläubigkeit. Dieses Mischding müsste die einzige Glaubensform sein, die dem Zufall gegenüber positiv eingestellt ist. Die reine Wissenschaft kämpft ja auch gegen den Zufall. Man kann ihn nicht erklären, nicht auf eine Formel bringen. Philosophisch betrachtet muss man ihn ja per Definition nicht erklären können. Es steckt ja keine Kraft dahinter. Es ist die Abwesenheit aller Ordnung. Da gibt es nichts zu erklären. Was ist dann der Job eines Zufallsforschers? Ich studiere nicht den Zufall per se, sondern den subjektiven Zufall. Also das Konzept, das der Mensch vom Zufall hat. Das müssen Sie erklären. Ich studiere den Umgang des Menschen mit Zufall unter kontrollierten Bedingungen. Ein Versuch dazu nimmt das Würfeln zu Hilfe. Ein Würfel hat ja sechs Seiten. Also ist da eine Wahrscheinlichkeit von einem Sechstel für jede Zahl. Wenn ein Mensch nun als Zufallsgenerator funktionieren soll und im Takt eines Metronoms aus dem Kopf immer eine zufällige Zahl von 1 bis 6 nennen soll, versagt er kläglich. Man versucht, bewusst zufällig zu werden. Das heisst, der Mensch lässt kaum eine 3 auf eine 3 folgen. Ein bekannter Effekt: Der Mensch unterdrückt die Wiederholung.

Situation mehr als Zufall beizumessen. Die Kraft und Macht hinter dem Zufall hat mich fasziniert. Ich wollte herausfinden, was dahintersteckt. Das war noch vor meinen Studium und ich glaubte: Da muss man etwas finden. Ein Wissenschaftler glaubt an Übersinnliches? Ich wollte immer alles wissen, auch was der Gegner denkt. Ich mag Kontroversen, bis heute. Zu einer Meinung will ich immer auch die Gegenmeinung kennen. Ich dachte, bei Alltagsereignissen wie diesen bedeutsamen Zufallsbegegnungen muss eine Kraft dahinterstecken oder eine Fähigkeit, in die Zukunft zu sehen. Telepathie oder Präkognition, das hat mich interessiert und ich habe auch daran geglaubt. Glauben Sie noch heute an Telepathie und ähnliches? Nein, auf gar keinen Fall. Der Moment verführt dazu, eine Kraft dahinter zu suchen. Aber man unterschätzt, was durch Zufall Erstaunliches passieren kann. Das klingt wahnsinnig unromantisch, aber im Lotto muss nun mal einer gewinnen. Die Bedeutung des Zufalls entsteht immer im Erlebenden. Diese Sinngebung ist auch interessant zu studieren.

«Wer an Zufall glaubt, kann nicht an Gott glauben.»

Ist chemisch im Gehirn feststellbar, wie der Mensch auf Unvorhergesehenes, also auf den Zufall, reagiert? Man kann die Chemie der Menschen im Alltag nicht anzapfen. Also dann, wenn etwas wirklich Unerwartetes geschieht. Aber wir versuchen das, was in der normalen Welt passiert, hier im Labor nachzustellen und zu untersuchen. Wir studieren dann, wie der Mensch auf diese künstlichen Zufälle reagiert. Wir interpretieren einerseits das Verhalten, andererseits messen wir mit einem EEG die Hirnströme. Wie läuft so ein Versuch? Einer basiert auf der Sprache. Beispielsweise hört man einen Satz, wo das letzte Wort nicht reinpasst. Zum Beispiel: In meinen Kaffee kommt Zucker und Zitrone. Es ist wahnsinnig, wie das EEG-Signal dann ausschlägt. Kommt Milch, passiert gar nichts. Der «Peak» ist messbar. Genau 400 Millisekunden nach dem überraschenden Wort kommt der Ausschlag, die Negativität 400 oder kurz N400. War «Ordnung in den Zufall bringen» Ihre Motivation zur ZufallsForschung? Nein, eigentlich kam ich extrem nüchtern dazu. Es ging anfangs um die «bedeutungsvollen» Zufälle. Etwa wenn man stark an eine Person denkt und diese dann per Zufall in der Stadt trifft. Man ist verführt, der SURPRISE 252/11

Eignet sich der Zufall nicht ebenso, um Fehltritte zu entschuldigen? Ja, klar. Aber das wirkt dann oft sehr fadenscheinig. Um auf die Anfangsfrage zurückzukommen: Zufall ist auf Erden durchaus die schöpferische Kraft. Sei es die Kunst, die Wissenschaft oder das Leben selbst: Der Zufall bringt alles weiter. Absolut. Das würde ich auf jeden Fall unterschreiben. ■

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50%

Wo zum Teufel ging ich eben hin? Ging ich nicht eben nach rechts?

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40%

20% Eben ging ich nach rechts ...

Gemäss Versuchsanordnung von Dr. Prof. phil. Peter Brugger, Neurologisches Institut, Universität Zürich.

Schon Einzeller meiden wegen ihres Erinnerungsvermögens die Wiederholung.

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GRAFIK: WOMM

Will der Mensch originell sein? Vielleicht. Es gibt dazu verschiedene Theorien, sicher weiss man es nicht. Dafür haben wir herausgefunden, dass Leute, die im Alltag mehr bedeutungsvolle Zufälle erleben, sich weniger trauen, im Würfelversuch zweimal die gleiche Zahl aufeinanderfolgen zu lassen.

Nicht nur die Liebe, viele entscheidende Wendungen im Leben eines Menschen werden mit Zufall begründet. Stimmt. Aber auch hier sprechen Menschen dann von Bestimmung oder Fügung. Es würde die Romantik nehmen, wenn man beim Finden des Traumpartners von Zufall sprechen würde. Weil, man passt so gut zusammen – das kann kein Zufall gewesen sein!

Wegstrecke zwischen erzwungener und freier Wahl

Widerstrebt der Mensch von Natur aus dem Zufall? Der Mensch kann nicht vollkommen spontan reagieren. Wollte er wirklich eine absolut zufällige Reihe produzieren, müsste er seine Vergangenheit, also seine vorangegangenen Antworten, vergessen können. Aber das ist nicht nur menschenunmöglich. Schon Einzeller haben ein «Erinnerungsvermögen» und sind bestrebt, Wiederholungen zu vermeiden. Das haben wir mit Spermien nachgewiesen (siehe Abbildung).

Man kann dem Zufall einen individuellen Sinn verpassen. Kann man ihn auch beeinflussen? Den Zufall selbst nicht. Aber wenn ich immer in meinem Büro sitze, treffe ich wahrscheinlich nie meine Traumfrau, weil hier kaum eine Frau reinkommt. Gehe ich nach draussen, ist die Möglichkeit für eine zufällige Begegnung natürlich viel grösser.


BILD: ISTOCKPHOTO

Psychologie Furchtbare Angst Höhenangst, Spinnenphobie, Horror, vor Leuten zu sprechen – es gibt unzählige Ängste. Werden sie nicht überwunden, können sie zur Krankheit werden. Schätzungsweise jeder Fünfte leidet einmal in seinem Leben an einer Angsterkrankung. Ein Betroffener erzählt.

VON ISABEL MOSIMANN

Wovor haben Sie Angst? Vor was fürchten sich Ihre Freunde und Bekannten? Wenn Sie darüber nachdenken, kommen Ihnen vielleicht Leute aus Ihrem Umfeld in den Sinn, die beispielsweise panische Angst haben vor dem Besuch beim Zahnarzt und deswegen seit Jahren keine Praxis mehr von innen gesehen haben. Weitverbreitet sind auch Tierphobien – übermässige Angst vor Spinnen, Schlangen oder Hunden. Das sind Ängste, zu denen die Leute in der Regel stehen. Daneben gibt es aber unzählige Ängste, die man etwa im Pausengespräch am Cafeteriatisch nicht so leichtfertig preisgibt. Wer steht schon hin und sagt: «Ich fürchte mich wahnsinnig in dunklen Räumen, weil ich Angst habe, hinter der Türe könnte ein böses Monster stehen», oder: «Ich kann keinen Vortrag vor Leuten halten, weil ich Angst habe, in Ohnmacht zu fallen.»

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Angstgefühle werden sehr oft von Scham begleitet, denn niemand gibt gerne zu, ängstlich zu sein. Mutig, stark, selbstsicher – das sind Adjektive, mit denen wir gerne in Verbindung gebracht werden. Aber bange Gefühle, Furcht und Angst weisen auf Unzulänglichkeit hin. Darauf, dass wir zu etwas nicht fähig sind. Der Horror im Bus Schwäche zeigen braucht eine gewisse Stärke. Ist diese zu wenig vorhanden, vertuschen die Menschen ihre Ängste beziehungsweise die Angsterkrankung lieber. So auch E. F., der genau aus diesem Grund nicht mit vollem Namen zitiert werden will: «Meine ersten Angstgefühle und Panikattacken erlebte ich vor bald 17 Jahren. Im Bus in die Stadt fühlte ich plötzlich den Drang, auszusteigen. Meine Hände wurden feucht vom Schweiss, das Herz schlug schneller, Magen und Hals SURPRISE 252/11


zogen sich zusammen. Beklommen stand ich auf, drückte den Halteknopf und musste, von meinem Gefühl her, unendlich lange warten, bis sich die Türen öffneten. Die verbleibende Strecke bis zu meinem ursprünglichen Ziel ging ich zu Fuss. Mit der frischen Luft und den Besorgungen, die ich zu erledigen hatte, legten sich die Symptome wieder. Heute würde man vielleicht sagen, ich stand am Rande eines Burnouts, damals sprach ich von einem ‹Beinahe-Nervenzusammenbruch›. In jenem Sommer war einfach zu viel zusammengekommen. Für die Uni hatte ich sehr viel zu tun, Vorbereitungen für das bevorstehende Sommerlager standen an. Meinen schwer kranken Grossvater wollte ich auch regelmässig besuchen. Und zu all dem hatte mir die damalige Freundin auch noch eröffnet, sie werde wahrscheinlich bald in ihre Heimat Neuseeland zurückkehren. Ich fühlte Druck von allen Seiten und wusste mit Anfang 20 noch nicht, wie ich mit diesem Stress umgehen sollte.» E. F. erzählt von weiteren Erlebnissen, Panikattacken im Zug, in der Gondelbahn und im Tunnel. Er dachte damals, er kriege das schon wieder in den Griff. Doch die Ängste hielten immer mehr ihn im Griff, und zwar bis heute: «Ich fahre Auto, vermeide aber lange Tunnel, nehme nie den Bus, den Zug, die Seilbahn oder den Sessellift. Sobald ich mich nicht mehr in der Lage fühle, aus- oder abzusteigen, wann ich will, steigen Angst und Panik in mir auf. Das Gleiche gilt natürlich auch für Lifte. Wenn ich mir nur schon vorstelle, eingeschlossen zu sein und minuten- oder stundenlang auf Hilfe warten zu müssen, drehe ich durch. Mir ist durchaus bewusst, dass die Wahrscheinlichkeit minim ist, dass ich irgendwann, irgendwo steckenbleibe, aber das nützt mir nichts. Die Angst vor der Angst ist und bleibt da.» Damit sich dieses Verhalten erst gar nicht «einschleifen» kann, rät Alessia Schinardi, Oberärztin am Zentrum für Angst- und Depressionsbehandlung Zürich (ZADZ), Betroffenen unbedingt dazu, sich Hilfe zu suchen – und zwar je eher, desto besser: «Das muss nicht bei uns am ZADZ oder in einer psychiatrischen Klinik sein, bereits der Besuch einer Selbsthilfegruppe kann helfen. Wichtig ist, dass man das Angstverhalten angeht und nicht anfängt, gewisse Situationen zu meiden, denn dort beginnt die Angst vor der Angst. Das kann zu einer Chronifizierung der Angst führen, und das wiederum zu Depressionen und Zwangserkrankungen.»

wird flacher und schneller – das hilft, schnell die Flucht zu ergreifen oder aber bereit für den Kampf – oder eine Prüfung – zu sein. Beeinträchtigen Angstgefühle zu sehr den Alltag und die Lebensqualität, bietet die Angst- und Panikhilfe Schweiz (APhS) mit einer Website und einer Hotline eine wichtige Anlaufstelle. Gegründet wurde die APhS im Jahr 2000 von drei Betroffenen. Sie hat neben der Hilfestellung für Betroffene auch das Ziel, die breite Öffentlichkeit zu informieren und Aufklärungsarbeit zu leisten. «Auch heute noch wissen viele Hausärzte nicht genügend Bescheid über Angsterkrankungen. Weil die Ausbildung und das Wissen fehlen, werden oft nur körperliche Symptome behandelt wie Herzrasen oder Schlafstörungen. Im Schnitt dauert es sieben Jahre bis zur Erkennung des eigentlichen psychischen Leidens», weiss Marco Todesco, Präsident der APhS und selbst Betroffener. Ihn hat der Umzug in eine andere Gegend glücklicherweise zu einem neuen Arzt geführt, der die Ursachen seiner Beschwerden sehr rasch erkannt hat. Konkret geholfen haben ihm dann Medikamente und eine Verhaltenstherapie sowie der Besuch einer Selbsthilfegruppe. «Der Nutzen von Selbsthilfegruppen ist nicht zu unterschät-

Angstgefühle werden sehr oft von Scham begleitet. Mutig, stark, selbstsicher – so wollen wir sein.

Bloss keine Sprüche E. F. erlebte damals nichts Lebensbedrohliches. Während einer harmlosen Busfahrt erlitt er eine Panikattacke, ausgelöst durch die Mehrfachbelastung und den seelischen Stress. Doch er verknüpfte diese unguten Gefühle mit dem Busfahren. Und nach und nach mit anderen Situationen, in denen man sich «eingesperrt» fühlen könnte. Natürlich vermied er fortan je länger, je mehr angstauslösende Situationen. Über seine früheren Reisegewohnheiten und -erlebnisse erzählt er: «Ich fuhr jeden Tag Bus, pendelte zum Teil mit dem Zug, habe auf Interrail ganze Tage und Nächte in Zügen verbracht, bin nach Südamerika geflogen. Und einmal, als 18-Jähriger, bin ich während eines Wintersturms nach England geflogen. Das Flugzeug flog durch Luftlöcher und wurde recht stark geschüttelt. Während der Turbulenzen habe ich unbeschwert mit Sitznachbarn geplaudert und habe einfach gewartet, bis wir gelandet sind. Heute bin ich nur noch zu Fuss, mit dem Velo oder mit dem Auto unterwegs – das ist schon verrückt.» Obwohl Angst in übersteigertem Mass zur Krankheit wird, ist sie grundsätzlich ein ganz normales Gefühl wie Wut oder Freude. «Angst ist, wie alle unsere Emotionen, eine sinnvolle Sache, die uns schützt. Und ein gewisses Mass an Angst ist gut, beispielsweise vor einer Prüfung oder einem Auftritt. Von Lampenfieber sprechen ja fast alle Künstler», sagt Fachärztin Schinardi. Bei Angst erhöht sich die Muskelanspannung, die Aufmerksamkeit aller Sinne wird gestärkt, die Atmung SURPRISE 252/11

zen», findet Todesco, «gerade Menschen mit Angsterkrankungen neigen zum sozialen Rückzug, und da kann der Besuch einer Selbsthilfegruppe ein Antrieb sein, um rauszugehen und andere Leute zu treffen.» Auch für Ursula Woodtli, die seit fast zehn Jahren bei der APhS-Hotline Anrufe entgegennimmt, ist klar: «Wer sich an Fachleute, an die APhS oder an Selbsthilfegruppen wendet, kann nur gewinnen.» Das gelte auch für Angehörige, denn die seien sehr oft ebenfalls überfordert. «Wichtig ist, die Betroffenen ernst zu nehmen und sich nicht über ihre Ängste lustig zu machen. Auch witzig oder gut gemeinte Sprüche können kontraproduktiv sein und das sowieso schon geringe Selbstwertgefühl noch vermindern.» Partner, Eltern, Geschwister können den Betroffenen ihre Hilfe anbieten, dürfen aber nicht die Verantwortung übernehmen. Hat jemand Angst, aus dem Haus zu gehen, sollten Angehörige also nicht bei der betroffenen Person im Haus bleiben, sondern ihr anbieten, ein paar Schritte nach draussen zu tun. Für Woodtli gilt ganz grundsätzlich: «Mitfühlen, aber nicht mitleiden. Und: Angsterkrankungen gehören immer und so bald wie möglich in professionelle Hände.» Bis jetzt hat E. F. seine Ängste nur halbherzig angepackt. Einerseits, weil er sich vor der Angst fürchtet, andererseits aber auch, weil sein Alltag nicht beeinträchtigt ist. «Ich habe mir mein Leben so eingerichtet, dass ich stressfrei leben kann. Zum Skifahren gehe ich beispielsweise in kleine Skigebiete, wo es Bügellifte gibt. Die Gondel- und Sesselbahnen überlasse ich andern. Das tönt ‹zweckoptimistisch›, aber ich lasse den Kopf wegen meinen Ängsten nicht hängen.» ■

Informationen und Anlaufstellen: Angst- und Panikhilfe Schweiz: 0848 801 109, www.aphs.ch Schweizerische Gesellschaft für Angst & Depression: www.sgad.ch Unter beiden Adressen kann die 40-seitige und gut verständliche Broschüre «Angsterkrankungen. Wenn Angst zur Krankheit wird» bestellt werden. Auf beiden Websites sind weiterführende Links, Informationen und Publikationen für Betroffene, Angehörige und Fachleute zu finden.

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BILD: GUIDO SÜESS

Wörter von Pörtner Majestätsbeleidigung Das Ereignis liegt schon ein paar Wochen zurück, aber noch immer wird es in den Talkshows der USA heiss diskutiert. Die grosse Frage lautet wieder einmal «Darf man das?» bzw. «Ging das zu weit?». In einem Land wie den USA, in dem Politiker fast grundsätzlich nur unter der Gürtellinie zuschlagen, in dem Schwulenhasser, Pornografen und Auschwitzlügner sich auf die in der Verfassung festgeschriebene freie Meinungsäusserung berufen, debattiert man wieder einmal über das, was gesagt werden darf und was nicht. Auslöser der Diskussion ist die Moderation der Golden Globe Awards durch den britischen Komiker Ricky Gervais. Der von «The Office», das mit viel Erfolg nach Amerika exportiert wurde. Was er Unerhörtes getan hat? Er hat die AListe Hollywoods durch den Kakao gezogen,

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sich über sie lustig gemacht, ein paar Seitenhiebe augeteilt. Damit hat er ein Tabu unserer Zeit gebrochen. Denn Schauspieler sind längst nicht mehr bloss gut aussehende Menschen, die es hinkriegen, sich so zu bewegen, wie ihnen vom Regisseur gesagt wird, die ausdrucksvoll Dinge sagen können, die jemand anders geschrieben hat und in ihrer Freizeit Ehen eingehen und auflösen. Schauspieler, überhaupt Prominente, sind die Aristokraten unserer Epoche. Auch wenn Schauspielberuf und Prominentenstatus zunehmend vererbt werden, könnte theoretisch jeder und jede es schaffen, so zu werden wie sie, die Lichtgestalten. Denn, das werden sie nicht müde zu betonen, sie sind eigentlich ganz normale, einfache Menschen. Nur mit ein bisschen mehr Glück, Talent und Geld, das sie jedoch dafür einsetzen, die Welt zu retten. Alle widmen sich einem guten Zweck. Alle kämpfen für oder gegen irgendetwas. Natürlich mit Erfolg, ja was glauben Sie denn? Das Einzige, was sie für ihren unermüdlichen und selbstlosen Einsatz für unseren inneren und äusseren Frieden verlangen, ist ein bisschen Respekt. Den hat ihnen Ricky Gervais verweigert. Er hat auf ihre wunden Punkte, auf ihre Eitelkeit, auf ihre wohl inszenierte Wohltätigkeit und ihre Verachtung für das Fussvolk hingewiesen, indem er darüber ein paar Witze gerissen hat. Das hat bisher noch keiner gewagt und offenbar empfinden es viele Men-

schen als Majestätsbeleidigung. Wie es sich gehört, kommt sie von einem Fremden. Der im Gastland mit offenen Armen aufgenommen, mit Ruhm und Ehre überschüttet wurde, im von ihm verhöhnten Unterhaltungssektor. Erst noch ein Engländer. Ausgerechnet! Wo doch England noch über Adel und sogar eine Majestät im alten Sinne des Wortes verfügt. Warum beleidigt er nicht die? Weil es niemanden interessieren würde. Anlässlich der Hochzeit von Prinz William mit Kate Dingsda (keine Schauspielerin, aber bald auch wohltätig) wurden in England obszöne, beleidigende, höhnische oder feindselige Artikel publiziert, Souvenirs hergestellt, Reden gehalten. Gehört zum Programm. Grossgähn. Die Rollen haben sich verschoben. Es ist ein Skandal, sich über Menschen, die so tun, als seien sie Politiker, Könige, Revolutionäre, Wissenschaftler, Soldaten, Polizisten oder Gangster lustig zu machen. Dazu sind schliesslich die echten da.

STEPHAN PÖRTNER (STPOERTNER@LYCOS.COM) ILLUSTRATION: MILENA SCHÄRER (MILENA.SCHAERER@GMX.CH) SURPRISE 252/11


Reggae Alpenglühen im Offbeat-Land Sommerzeit ist Sonnenzeit, ist Strand und «Sunshine Reggae». Good Vibes sind wichtig für die jamaikanische Musik, doch steckt mehr dahinter als Kiffen zu Bob Marley. Der Karibiksound ist längst im Binnenland Schweiz angekommen und funktioniert auch auf Schweizerdeutsch. Teil fünf der Surprise-Serie über Subkulturen.

Basel ist derzeit das Epizentrum der Schweizer Reggae-Szene. Weniger, weil man am Rheinknie mehr Sonnenstunden zählt als im Tessin. Vielmehr steht hier das One Drop Studio der Scrucialists. Sind die Musiker nicht als Backing Band für nationale und internationale ReggaeStars auf Tour, produzieren sie im Studio mit diversen Künstlern Singles und Alben. Gerade entstehen hier Dancehall-Tunes für den Stereo Luchs und Songs für das neue Phenomden-Album. Phenomden ist ein Phänomen. Der Zürcher Sänger hat in den letzten sechs Jahren Mundart-Reggae populär gemacht. Gerade ist er von seinem zweiten, mehrmonatigen Besuch in Jamaika zurückgekehrt. Die Karibikinsel ist seine wichtigste musikalische Inspirationsquelle. Einen helvetischen Reggae gibt es für ihn nicht: «Ich mache Roots-Reggae und besinge genauso die Probleme des Alltages wie die Sänger in Jamaika. Nur unterscheiden sich hier halt Leben, Probleme und der Ton, den man treffen muss, damit die Leute zuhören.» Der kleine Karibikstaat ist das Mutterland des Reggae. Man könnte auch sagen, dank Reggae hat die Insel ihre Identität gefunden. Hier mischten sich karibische Völker mit afrikanischen Sklaven, die von den Kolonialmächten für die Arbeit auf den Zuckerrohrplantagen herangeschifft wurden. Anfang des 20. Jahrhunderts entstand hier auch die Rastafari-Religion. Bis heute besingen deren Jünger den als Erlöser verehrten ehemaligen Kaiser Äthiopiens, Haile Selassie I., und die Rückkehr nach Afrika. Afrikanische Trommelmusik hatte längst Eingang in den jamaikanischen Mento und die karibischen Stile Calypso, Merengue und Rumba gefunden, als man Anfang der 50er-Jahre in Jamaika via Transistorradio Sender aus Florida empfing, die Rhythm and Blues spielten. Die jamaikanischen «Soundsystems» übernahmen schnell die neue, angesagte Musik. Soundsystems nannte man die Leute, die eine Dancehall, also eine Disco, betrieben, der DJ war der Soundman. Einer davon, Prince Buster, suchte Musiker und kreierte aus R&B und den karibischen Stilen den Ska. Dank Betonung des Off-Beats und forschem Tempo äusserst tanzbar, wurde der Ska schnell populär. Jamaika hatte zur Unabhängigkeit von 1962 nun auch eine eigene Musik. In Europa wurde dieser Stil erst durch das Ska-Revival im England der späten 70er mit Bands wie The Specials oder Madness populär. In Jamaika wurde der Ska jedoch schon 1966 vom wesentlich entspannteren Rocksteady abgelöst. Zu süffigen Melodien wurde vor allem die Liebe besungen. Ende der 60er wurden der Bass und die synkopierten Rhythmen dominanter. «Do the Reggay» von Toots & The Maytals gab diesem EarlyReggae-Stil einen Namen. Bob Marley begründete dann 1973 mit seinem «Catch A Fire»-Album, was den meisten Leuten in den Ohren schwingt, wenn sie Reggae hören. Obwohl er in seinen Texten nebst den RastafariSURPRISE 252/11

BILD: MATTHIAS TOBLER

VON OLIVIER JOLIAT

Zürich – Kingston: Phenomden produzierte sein Album in Jamaika.

Lobpreisungen oft Politik und Gesellschaft anprangerte, wurde Marley der erste jamaikanische Weltstar. Auch 30 Jahre nachdem er einem Krebsleiden erlag, ist er die unangefochtene Symbolfigur des Reggae. Die Musik entwickelte sich jedoch stets weiter: Rub-A-Dub-Style, Dancehall – dauernd drückt ein neuer Tune, ein neuer Stil nach. Deshalb zieht es Schweizer Reggae-Musiker wie die Zürcher Ganglords, Phenomden oder die Scrucialists immer wieder nach Jamaika. Scrucialists-Gitarrist Luc Montini kennt und schätzt beide Welten: «In Jamaika ist alles aufs Jetzt ausgelegt. In der Schweiz wird dagegen die ganze Bandbreite jamaikanischer Musik geschätzt.» Es gibt in der Alpenrepublik viele Bands, Soundsystems und auch Produzenten. Die Szene lebt und ist produktiv. Im Mutterland des Reggae werden die Schweizer Künstler aber noch nicht wahrgenommen. Phenomden: «Ich hatte dort ein paar Auftritte, die gut ankamen. Aber der einzig schweizerische Einfluss in Jamaika ist eine beliebte Zigarettenmarke namens Matterhorn.» In der Schweiz lebt dafür der einzige lebende Superstar der Jamaikaner, Lee Scratch Perry. Der exzentrische «Salvador Dalí des Dub» produzierte einst Grössen wie Prince Buster, Bob Marley oder Max Romeo. Heute lebt der 75-jährige Perry in Einsiedeln und hat gerade das Album «Rise Again» veröffentlicht. Es glüht im Offbeat-Land. ■ Phenomden und The Scrucialists live: 26. Juni, Touch The Air, Wohlen; 8. Juli, Lake Splash, Twann; 30. Juli, Rockfest, Schmerikon. www.phenomden.ch, www.scrucialists.com Lee Scratch Perry «Rise Again» (M.O.D. Technologies/Namskeio).

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BILD: ZVG

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Kulturtipps

Laut und wild: die philosophische Möwe. Weder seicht noch kopflastig: Paul Kalkbrenner ist zurück.

Buch Wundertüte Philosophie

Musik Die Techno-Krake

Ein gefiederter Naseweis lädt grosse und kleine Wunderfitze ein, gemeinsam die Philosophie zu entdecken.

Mit «Berlin Calling» avancierte Paul Kalkbrenner auch ausserhalb der Techno-Szene zum Kult-Kopf. Nun meldet er sich ohne Film und Stimme zurück, schlicht «Icke Wieder». Reicht ja auch.

VON CHRISTOPHER ZIMMER VON OLIVIER JOLIAT

Das mit dem Fragen beginnt schon früh. Neugierig erobern Kinder die Welt mit ihrem Wieso-Weshalb-Warum-Refrain, und auch in der Schule gehören die grossen «Ws» zum Grundwerkzeug. Von da ist es nicht mehr weit bis zur Philosophie. Denn dazu, so die Kinderphilosophin Kristina Calvert, brauche es bloss «Neugier und Spass am Wundern». Mit ihrem Buch «Wolkenbilder+Möwendreck» möchte sie Erwachsene und Kinder zum gemeinsamen Philosophieren anstiften. Dazu hat sie einen Begleiter erdacht, der die kleingrossen Philosophen auf das Abenteuer des Denkens mitnimmt. Dieser Wandergefährte ist aber kein Stubenhocker, sondern ein rechter Schreihals: eine Möwe. Eine, die laut und wild durch die Welt streunt und der das Fragen mehr zustösst, als in den Sinn kommt. Damit das nicht zu sehr durcheinanderpurzelt, gibt’s erst einmal eine Einführung in die philosophischen Themen, um die es geht. Und das ist auch gut so. Denn es geht um nicht weniger als Erkenntnistheorie (Was kann ich wissen?), Ethik (Was soll ich tun?), Metaphysik (Was darf ich hoffen?) und Philosophische Anthropologie (Was ist der Mensch?). Zu schwere, unverdauliche Brocken? Damit dem nicht so ist, werden ein paar Tricks verraten, wie das Klären von Begriffen und Beispiele aus dem Leben oder aus Märchen, Fabeln und Geschichten, mit denen auch Abstraktes anschaulich gemacht werden kann. Und schon geht es mit der Möwe hinauf zu den Wolken – und das Fragen beginnt: Verstehen wir etwas besser aus der Nähe oder aus der Ferne? Oder wie ist das, wenn etwas so schön ist, dass die Zeit verfliegt? Was ist dann Zeit? Darf man im Dunkeln Nasenbohren? Was ist erlaubt und wenn nicht, woher weiss man das? Und wie ist das mit dem Glück? Oder wer bin ich, wenn ich plötzlich aussehe wie ein rot-gestreiftes Zebra? Kleine wildbunte Geschichten sind das, mit ebensolchen Illustrationen, die das Fragen weiterspinnen. Geschichten, die dazu einladen, gemeinsam mit Kindern zu entdecken, dass das Philosophieren ein Rätselspass sein kann und alles andere ist als graue Theorie. Kristina Calvert (Text), Sabine Dittmer (Illustrationen): Wolkenbilder+Möwendreck. 16 Geschichten und 16 Bilder zum Philosophieren mit Kindern. Aracari Verlag 2011. Fr. 27.90 – Begleitmaterialien, Bastelanleitungen, Spielvorschläge kostenlos unter: www.aracari.ch

So treffsicher Krake Paul an der WM 2010 die Gewinner vorhersagte, so stilsicher zieht Kalkbrenner Paul die Regler seiner Konsolen. Der in Leipzig geborene Wahlberliner hat dem Techno wieder Wumms verliehen und zugleich das Klischee widerlegt, dass sich bumm-bumm per se auf dumm-dumm reimt. Nicht, dass seine Tracks besonders kompliziert wären. Im Gegenteil. Kalkbrenners Musik ist wunderbar eingängig. Selbst wenn ein ganzes Stadion dazu hüpft, wird kaum einer daneben klatschen. Dass Kalkbrenner heute kommerziell auf einer Stufe mit Tiesto oder Paul van Dyk steht, ist das Verdienst von «Berlin Calling». Für den Film seines Freundes Hannes Stöhr sollte er eigentlich nur den Soundtrack schreiben. Doch dann schlüpfte Kalkbrenner für das Drogen-Drama im Berliner Techno-Milieu in die Rolle des Hauptprotagonisten DJ Ickarus, dem bei seinen Drogen-befeuerten Höhenflügen die Festplatte durchbrennt, weshalb er in der Klapsmühle landet. Ein Szene-Dokument, anzusiedeln zwischen «Trainspotting» und «8 Mile», das zu Recht für den Deutschen Filmpreis 2009 nominiert wurde. Der Soundtrack holte bald Platin. Kalkbrenner katapultierte dieser Erfolg in die Oberliga. Statt in Clubs legt er heute in Stadien auf. «Als die Sache losging, wusste ich nicht, wie mir geschah. Ich war ziemlich ‹lost›: Allein das ganze Geschreie! Da denkst du erst mal, das geht nicht gut aus ...», verriet er dem Szene-Magazin «De:bug». Darum nennt er das Nachfolgealbum – sein insgesamt fünftes – bescheiden «Icke Wieder». Und man kann seinen Befürchtungen zum Trotz festhalten: Es kommt gut! Die ersten beiden Tracks, «Böxing Leise» und «Gutes Nitzwerk», sind auch ohne Stimmen Hymnen. Auf Gesang verzichtet Kalkbrenner glücklicherweise komplett. So vermeidet er es, trotz lüpfig-seichten Harmonien und Beats in die nervige Vocal-House-Ecke abzugleiten. Wohl die Anti-Haltung eines unfreiwillig in den Kommerz Abgerutschten. Kalkbrenner: «Ich versuchte mich darauf zu konzentrieren, eine gute Show zu machen und nicht wie David Guetta zu werden.» Das ist ihm gelungen. Die nach Ausdrücken seines Kumpelwortschatzes benamsten Tracks kommen so unaufgeregt daher, dass man verleitet ist, sie als angenehm treibende Loungebeschallung abzuhaken. Doch dreht man richtig am Volume-Regler, entfalten sie ihre brutale Kraft. Paul Kalkbrenner: «Icke Wieder» (Paul Kalkbrenner/TBA).

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Die 25 positiven Firmen Diese Rubrik ruft Firmen und Institutionen auf, soziale Verantwortung zu übernehmen. Einige haben dies schon getan, indem sie dem Strassenmagazin Surprise mindestens 500 Franken gespendet haben. Damit helfen sie, Menschen in prekären Lebensumständen eine Arbeitsmöglichkeit zu geben und sie auf ihrem Weg zur Eigenständigkeit zu begleiten. Gehört Ihr Betrieb auch dazu? Die Spielregeln sind einfach: 25 Firmen werden jeweils aufgelistet, sind es mehr, fällt jener Betrieb heraus, der am längsten dabei ist.

Hundert Prozent Energie: Schüler der 3A beim Proben.

Theater Träume vom realen Leben Im transkulturellen Theaterprojekt «fremd?!» gehen Jugendliche gemeinsam mit Theaterprofis der Frage nach, wer hier eigentlich wem fremd ist. VON MICHÈLE FALLER

«Ich habe einen Traum.» Die eine träumt von einem Dasein als Chemielaborantin, der andere davon, als Fussballstar entdeckt zu werden. Die nächste sieht sich als Kriminalkommissarin und wieder ein anderer als König Artus persönlich. Die Träume, die im Stück «fremd?!» auf die Bühne gebracht werden, sind teils sehr real, teils etwas hoch gegriffen. Doch eines haben sie alle gemeinsam: Sie sind echt. Der Titel des vor fünf Jahren gegründeten transkulturellen Theater- und Bildungsprojekts bezieht sich auf die jungen Darsteller selbst. Es sind Jugendliche aus Quartieren, in denen kulturelle Vielfalt das Leben bestimmt – im konkreten Fall die Schulklasse 3A des Inselschulhauses Kleinhüningen in Basel-Stadt. Im Stück geht es um ihre eigene Lebenswirklichkeit, die nicht selten einen Spagat zwischen dem Zuhause und dem öffentlichen Raum erfordert. «Es ist wie eine Fahrt durch die Köpfe der Kids», beschreibt Schauspielerin und Regisseurin Susanne Abelein das Geschehen auf der Bühne. Zusammen mit dem Breakdancer Ilijaz Yusufi, dem Rapper Erdem Cayir und dem Musiker Muhi Tahiri bildet sie das Regieteam. «Wann proben wir denn richtig?» oder «Wann kriege ich endlich meinen Text?», sei sie oft gefragt worden, berichtet die Theaterfrau schmunzelnd. Die für die Jugendlichen verwirrende Tatsache, dass die Theaterhandlung mit ihnen selber zu tun hat, ist zentral. Denn beim Projekt geht es darum, die Selbstwahrnehmung zu schulen und das Selbstbewusstsein zu fördern. «Wir möchten den Blick auf die Möglichkeiten erweitern und verborgene Talente entdecken», sagt Abelein. Schon während der Proben habe sich etwa ein eher zurückhaltendes Mädchen als beste Tänzerin entpuppt. Überraschungen, was bisher ungeahnte Fähigkeiten betrifft, dürften die Aufführungen auch für Eltern und Lehrerschaft bereithalten. «Die Kids bringen eine tolle Energie mit», schwärmt Abelein und lächelt dann verschmitzt: «Das hat auch etwas Anarchisches.»

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Odd Fellows, St. Gallen

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Coop

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Arbeitssicherheit Zehnder GmbH, Ottenbach

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Velo-Oase Bestgen, Baar

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Schweiz. Tropen- und Public Health-Institut, BS

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Augusta-Raurica-Loge Druidenorden Basel

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Druckerei Hürzeler AG, Regensdorf

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Klinik Sonnenhalde AG, Riehen

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Stellenwerk AG, Zürich

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www.bauernschlau.ch, Hof, Web, Kultur

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Axpo Holding AG, Zürich

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AnyWeb AG, Zürich

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Niederer, Kraft & Frey, Zürich

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Gemeinnütziger Frauenverein Nidau

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Knackeboul Entertainment, Bern

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Locher Schwittay Gebäudetechnik GmbH, Basel

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Kaiser Software GmbH, Bern

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Responsability Social Investments AG, Zürich

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Lions Club Zürich-Seefeld

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TYDAC AG, Bern

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bewegstatt.ch, Janine Holenstein, Frauenfeld

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VXL gestaltung und werbung ag, Binningen

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Scherrer & Partner GmbH, Basel

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D. Heer Geigenbau, Winterthur

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KIBAG Kies und Beton

Möchten Sie bei den positiven Firmen aufgelistet werden? Mit einer Spende von mindestens 500 Franken sind Sie dabei! PC-Konto: 12-551455-3, Verein Strassenmagazin Surprise, 4051 Basel Zahlungszweck: Positive Firma + Ihr gewünschter Eintrag. Wir schicken Ihnen eine Bestätigung.

«fremd?!», Mi, 22. Juni, 19 Uhr, Do, 23., und Fr, 24. Juni, 10.30 Uhr und 19 Uhr, Kaserne Basel. www.kaserne-basel.ch Ausserdem die Nachfolgeproduktion «Was heisst denn hier fremd?!», Mo, 20. Juni, 20 Uhr, Matthäuskirchplatz, Basel. SURPRISE 252/11

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Ausgehtipps

Tragisch: Shakespeare in Dialekt.

Identitätsspiel à la Frisch: Gantenbein!

Winterthur Interaktiver Theaterspaziergang

Der Zausel mit dem Klangteppich: Dan Bejar.

Zürich Wohlklang vom Zerstörer Dan Bejar ist ein kurliger Geselle. Als Songwriter und Sänger gehört er zu den harmonieseligsten seiner Generation. Doch seine Band nennt er Destroyer (dt. Zerstörer) und in den Texten geht es öfter recht gruselig zu und her. Statt in die Fussstapfen altvorderer Songwriter-Grössen zu treten, bewirtschaftet der Kanadier aus Vancouver lieber Nischen im Indieland. Sei es mit der eigenen Band, mit dem Vaudeville-Trio Swan Lake oder bei den melodiewütigen Powerpoppern The New Pornographers, bei denen er – ganz seiner Vorliebe für Verwirrung und Versteckis gemäss – als «secret member» fungiert. Das neuste Destroyer-Album heisst «Kaputt», klingt aber formvollendet wie Roxy Music zu ihren Glanzzeiten. Disco-Schlagzeug, Saxophon-Soli, Synthesizer und Glockenspiel sorgen für einen Sound, der den Begriff «Klangteppich» nicht verdient sondern fordert. Nun gibts die Wohlklang-Hymnen zwischen Kunst und Kitsch live. (ash)

Man stelle sich vor: Man ginge mit Blindenbrille und Blindenstock durch die Strassen. Man spielte sein Spiel mit den Passanten und würde zum Hauptdarsteller seiner eigenen Fiktion. Man stelle sich vor: Mein Name sei Gantenbein. So könnte die Anleitung zum Audiowalk lauten, der vom Theater Winterthur aus begehbar ist. Der Theaterbesucher schlüpft in die Rolle des Ich-Erzählers aus Max Frischs Roman «Mein Name sei Gantenbein». Und der gibt vor, blind zu sein. Mit einem MP3-Player am Ohr geht man wie von einer inneren Stimme geleitet durch die Strassen von Winterthur. Und wie könnte es bei Max Frisch anders sein: Man lässt sich auf ein Spiel mit Identitäten ein. Klar, dass man als Depot für die Verkleidung an der Theaterkasse erst mal seine Identitätskarte hinterlegen muss. (dif) Play Gantenbein!, Montag bis Freitag, 11 bis 18 Uhr,

Luzern Schmachten auf der Halbinsel Bei «Romeo und Julia» kommt den meisten wohl zuerst der Balkon in Verona in den Sinn. Jetzt darf man aber auch an die Tribschener Halbinsel denken, denn da zeigen die Luzerner Freilichtspiele Shakespeares tragische Liebegeschichte. Jetzt, wo die Abende wieder lauschiger werden und die Lerchen und Nachtigalle wieder zu zwitschern beginnen, darf man unter freiem Himmel mitschmachten und mitleiden. Die bekannten Schlegel-Verse werden durch Gisela Widmers Dialektfassung ersetzt. Die Freilichtspiele sind für Luzern bereits ein traditioneller Event, der alle zwei Jahre stattfindet. Und dass sich «Romeo und Julia» auch als massentaugliches Spektakel eignet, hat schon Baz Luhrmann mit seiner filmischen Version als modernes Pop-Märchen bewiesen. (dif) Romeo und Julia, bis 20. Juli, jeweils 21 Uhr, beim Richard Wagner Museum Tribschen. Genaue Spieldaten und weitere Infos auf www.freilichtspiele-luzern.ch

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noch bis 23. Juni. Startpunkt Betriebsbüro, Theaterstrasse 4. Reservation: Theater Winterthur www.theater.winterthur.ch

Destroyer, Fr, 24. Juni, 20.30, Rote Fabrik, Zürich.

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BILDER: NICOLAS Y. AEBI (PÖRTNER), PINO ALA (HERZIG)

Dass einem das Blut in den Adern gefriert: Krimiautoren Herzig und Pörtner.

Bern Mörderischer Punk «He shot me down.» Sie denken an «Kill Bill», an Quentin Tarantino, Samurai und roten Schnee im Japangarten? Wir denken an Stephan Pörtner – unseren Kolumnisten –, Rock’n’Roll und Blut auf der Konzertbühne. Genauer gesagt, an: Rock’n’Crime. So etwas kommt heraus, wenn sich zwei zusammentun, die sowohl den Punkrock wie das Erzählen blutiger Geschichten im Blut haben. Denn begleitet wird der 80-er-Bewegungs-Veteran aus Zürich von Michael Herzig, wie er Verfasser von Milieu-Krimis und ebenfalls einer, der sich in den Bars von Zürichs Langstrasse bestens auskennt. Herzig kann dazu noch eine gescheiterte Rockstarkarriere vorweisen. Womit es ihm weit besser erging als Pörtners Krimifigur Charlie Amok, dessen Karriere als Punkrocker mit einem Loch im Kopf endete. Klar, dass es zu solchen Geschichten so richtig krachen und rumpeln muss. Dafür werden die Punkrocker von The Goodbye Johnnies sorgen. (fer) He Shot Me Down. Lesung und Konzert. Do, 30. Juni, 21.30, Café Kairo, Bern.

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Sie nennt es Burlesque’robatic: Olive Caligari.

Stans Vaudeville im Chäslager Tingel Tangel, so wurde im späten 19. Jahrhundert das Metier wandernder Kleinkünstler genannt; Artisten, Tänzerinnen und Musiker, die es nicht in die grossen Häuser der Metropolen geschafft hatten und statt dessen durch die Provinz tingelten. Freundlich war der Begriff nicht gemeint, doch wie so oft erfuhr auch diese einst verschmähte Art der Unterhaltung später eine Rehabilitierung. Heute gelten Veranstaltungen zwischen anrüchigem Varieté und bizarrem Zirkus als Geheimtipps für Leute, die übers zeitgenössische Showbiz nur noch gähnen können. Und so präsentiert das Chäslager in Stans stolz seine eigene Tingel Tangel Chilbi. Da gibt es Vaudeville-Theater, Tattoo- und Flammenshows, die akrobatische Burlesque-Show von Olive Caligari und auch rumpelnde Zirkuspolkas mit Jane Walton aus Berlin. Wem es ob des dicht gedrängten Programms sturm im Kopf wird, findet Ablenkung in der Ausstellung «Phantasmagoria», einem Panoptikum wundersamer Erscheinungen und Freakshows. Hereinspaziert, hereinspaziert. (ash) Tingel Tangel Chilbi, Fr, 24. und Sa, 25. Juni, Chäslager, Stans. www.chaeslager.ch

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Verkäuferporträt «In der Dämmerung höre ich ihren Atem» BILD: DIANA FREI

Andi H. (49) verkauft schon seit zwei Jahren Surprise in Luzern. Er ist zwar gerne allein. Trotzdem freut er sich, wenn in Zukunft einige Verkäufer mehr in der Stadt stehen. AUFGEZEICHNET VON DIANA FREI

«Ich bin Luzerner, aber meine Familie kommt ursprünglich aus Boswil im Aargau. Es gibt dort noch ein Schlössli, das uns aber nicht mehr gehört. Wir waren vor 800 bis 900 Jahren Adlige. Zu meiner Familie habe ich einen guten Kontakt. Ich habe auch Onkeln und Tanten, die mich unterstützen. Aber natürlich ist es immer gut, wenn ich ihnen von ein paar Erfolgen im Leben erzählen kann. Zum Beispiel, dass ich mir beim Surprise-Verkauf einen grossen Kreis an Stammkunden aufbauen konnte. Die geben mir auch mal ein Nötli für ein Heft. Ich verkaufe meistens beim Helvetiagärtli. Die Leute sitzen da schon bei zehn bis zwölf Grad Celsius draussen. Die beiden Restaurants dort haben mir den Verkauf erlaubt. Einmal bin ich einen Moment abgesessen, da hat mir die Serviertochter zwei Franken von ihrem Trinkgeld gegeben. Surprise verkaufe ich seit zwei Jahren. Bisher war es etwas mühsam, Nachschub an Heften zu bekommen, weil es in Luzern kein Vertriebsbüro gibt. Jetzt soll aber eins eingerichtet werden. Lange hatte ich nur einen einzigen Standplatz, bei einer Säule im Bahnhof. Nun sind auch andere Standorte hundert Prozent legal, vom Sozialdepartement abgesegnet. Ich finde es gut, wenn noch ein paar weitere Verkäufer hinzukommen. Viele Passanten fragen mich: ‹Wieso wird Surprise hier kaum verkauft?› Die kennen es aus Basel und Zürich. Bis jetzt hatte ich hier kaum Arbeitskollegen. Aber ich kann Einsamkeit gut ertragen, ich verstehe mich als Stadteinsiedler. Schon als Kind war ich oft allein. Zwischen elf und 15 Jahren hatte ich keine Freunde, sondern sass zu Hause auf dem Sofa und las Comichefte, Donald Duck. Nach der Matura ging ich als Bauhandlanger nach Köln. Ein Freund meines Vaters hatte dort eine Baufirma. Ich blieb etwas mehr als einen Sommer lang, dann ging ich nach Zürich, machte Temporärjobs bei der Post und als Chauffeur. Dann bekam ich dank einem Freund einen guten Job. Meine Freundin kam zu mir in die Schweiz und wir heirateten. Sie war Thailänderin, ich hatte sie in den Ferien kennen gelernt. Nach knapp acht Jahren ist sie an Krebs gestorben. Sie war immer die Einzige für mich. Ich habe von Anfang an gemerkt, dass uns so etwas wie eine Bruder- und Schwesterbeziehung verbindet. Meine Mutter und ihre Stiefmutter sind aus dem gleichen Holz geschnitzt. Wir hatten die gleiche Kindheit, das gleiche Schicksal. In der Dämmerung nach dem Abendrot, wenn ich in meinem Zimmer sitze, höre ich manchmal ein Atmen, und ich glaube, sie ist es. Es war eine glückliche Zeit mit ihr. Es lief mir auch finanziell gut damals. Nachdem sie gestorben war, hat sich einiges verändert. Dass ich auf dem Trottoir Magazine verkaufe, ist für mich eine Endstation. Trotzdem

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mache ich es gerne. Ich rede gerne mit den Leuten und mache auch mal ein Kompliment. Meistens sind es die Frauen, die Surprise kaufen. Ich fände es gut, wenn mehr soziale Themen im Heft wären. Ruhig etwas pointiert. Ich selber schreibe Weltuntergangsgeschichten. Das sind Zeitkommentare, historische Vergleiche. In meinen Weltuntergangsgeschichten wende ich auch Bibelzitate auf die Gegenwart an und ziehe geistesgeschichtliche Quervergleiche. Das Wissen dazu habe ich. In Fribourg habe ich früher ein paar Semester Philosophie studiert. Oft beziehe ich mich auf die Prophezeiungen des Nostradamus. Für ihn ist das Jahr 2040 zentral. Er kündigt nicht gerade den Weltuntergang an, aber er schreibt: ‹Dann wird auf einen Schlag alles klar werden.› Ich weiss nicht, was klar werden wird. Wenn ich es wüsste, würde ich ein Buch schreiben, statt Surprise zu verkaufen. ‹Die neue Gesellschaft› hiesse es vielleicht, und es hätte eine zehn Mal höhere Auflage als ‹Harry Potter›. Ich denke, der zeitgeschichtliche Ablauf ist vorbestimmt. Es ist also irrelevant, ob ich selber auf etwas hoffe. Als ich mit meiner Frau verheiratet war, habe ich noch nicht geschrieben. Ich habe mich auch nicht mit solchen Themen beschäftigt. Damit habe ich erst angefangen, als es mit ihr zu Ende ging.» ■ SURPRISE 252/11


Eine Chance für alle! Werden Sie Surprise-Götti oder -Gotte Surprise kümmert sich um Menschen, die weniger Glück im Leben hatten als andere. Menschen, die sich aber wieder aufgerappelt haben und ihr Leben in die eigenen Hände nehmen wollen. Mit dem Verkauf des Strassenmagazins Surprise überwinden sie ihre soziale Isolation. Ihr Alltag bekommt Struktur und wieder einen Sinn. Sie gewinnen neue Selbstachtung und erarbeiten sich aus eigener Kraft einen kleinen Verdienst. Die Surprise-Strassenverkäuferinnen und -verkäufer helfen sich

René Senn Zürich

selber. Das verdient Respekt und Unterstützung. Regelmässige Verkaufende werden von Surprise gezielt unterstützt. Die Teilnehmer am Programm SurPlus sind sozial abgesichert (Ferien, Krankheit). Mit der Programmteilnahme übernehmen die Surprise-Verkaufenden mehr Verantwortung; eine wesentliche Voraussetzung dafür, wieder fit für die Welt und den Arbeitsmarkt zu werden.

Peter Gamma Basel

Marlies Dietiker Olten

Jela Veraguth, Zürich Kurt Brügger, Basel Anja Uehlinger, Baden Peter Hässig, Basel

Tatjana Georgievska, Basel Josiane Graner, Basel Wolfgang Kreibich, Basel Andreas Ammann, Bern

Ausserdem im Förderprogramm SurPlus: Marika Jonuzi, Basel Fatima Keranovic, Baselland Bob Ekoevi Koulekpato, Basel Jovanka Rogger, Zürich

Ja, ich werde Götti/Gotte von: 1 Jahr: 6000 Franken

1/2 Jahr: 3000 Franken

1/4 Jahr: 1500 Franken

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1 Monat: 500 Franken

252/11 Talon bitte senden oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch, PC-Konto 12-551455-3 SURPRISE 252/11

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Surprise ist: Hilfe zur Selbsthilfe Surprise hilft seit 1997 Menschen in sozialen Schwierigkeiten. Mit Programmen in den Bereichen Beschäftigung, Sport und Kultur fördert Surprise die soziale Selbständigkeit. Surprise hilft bei der Integration in den Arbeitsmarkt, bei der Klärung der Wohnsituation, bei den ersten Schritten raus aus der Schuldenfalle und entlastet so die Schweizer Sozialwerke.

Ich möchte Surprise abonnieren! 24 Ausgaben zum Preis von CHF 189.– (Europa: CHF 229.– ) (Verpackung und Versand bieten StrassenverkäuferInnen ein zusätzliches Einkommen.) Gönner-Abo für CHF 260.–

Eine Stimme für Benachteiligte Surprise verleiht von Armut und sozialer Benachteiligung betroffenen Menschen eine Stimme und sensibilisiert die Öffentlichkeit für ihre Anliegen. Surprise beteiligt sich am Wandel der Gesellschaft und bezieht Stellung für soziale Gerechtigkeit. Strassenmagazin und Strassenverkauf Surprise gibt das vierzehntäglich erscheinende Strassenmagazin Surprise heraus. Dieses wird von einer professionellen Redaktion produziert, die auf ein Netz von qualifizierten Berufsjournalistinnen, Fotografen und Illustratorinnen zählen kann. Das Magazin wird fast ausschliesslich auf der Strasse verkauft. Rund dreihundert Menschen in der deutschen Schweiz, denen der Arbeitsmarkt verschlossen bleibt, erhalten damit eine Tagesstruktur, verdienen eigenes Geld und gewinnen neues Selbstvertrauen.

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Herausgeber Strassenmagazin Surprise GmbH, Postfach, 4003 Basel www.strassenmagazin.ch Öffnungszeiten Sekretariat 9 – 12 Uhr, Mo – Do T +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99 info@strassenmagazin.ch Geschäftsführung Paola Gallo, Agnes Weidkuhn (Assistenz GF) Anzeigenverkauf T +41 61 564 90 90, M +41 76 325 10 60 anzeigen@strassenmagazin.ch Redaktion T +41 61 564 90 70, F +41 61 564 90 99 Reto Aschwanden (Nummernverantwortlicher), Florian Blumer, Diana Frei, Olivier Joliat, Mena Kost redaktion@strassenmagazin.ch Ständige Mitarbeit Alexander Jungo (Korrektorat), Delia Lenoir, Irene Meier, Stephan Pörtner, Milena Schärer, Isabella Seemann, Priska Wenger, Christopher Zimmer Mitarbeitende dieser Ausgabe Manuela Donati, Michèle Faller, Karin Freiermuth, Andrea Ganz, Luc-François Georgi, Isabel Mosimann, Nander Nagy Gestaltung WOMM Werbeagentur AG, Basel Druck AVD Goldach Auflage 29 400, Abonnemente CHF 189.–, 24 Ex./Jahr Marketing, Fundraising T +41 61 564 90 61 Theres Burgdorfer, t.burgdorfer@strassenmagazin.ch

Sport und Kultur Surprise fördert die Integration auch mit Sport. In der Surprise Strassenfussball-Liga trainieren und spielen Teams aus der ganzen deutschen Schweiz regelmässig Fussball und kämpfen um den Schweizermeister-Titel sowie um die Teilnahme an den Weltmeisterschaften für sozial benachteiligte Menschen. Seit 2009 hat Surprise einen eigenen Chor. Gemeinsames Singen und öffentliche Auftritte ermöglichen Kontakte, Glücksmomente und Erfolgserlebnisse für Menschen, denen der gesellschaftliche Anschluss sonst erschwert ist. Finanzierung, Organisation und internationale Vernetzung Surprise ist unabhängig und erhält keine staatlichen Gelder. Das Strassenmagazin wird mit dem Erlös aus dem Heftverkauf und mit Inseraten finanziert. Für alle anderen Angebote wie die Betreuung der Verkaufenden, die Sportund Kulturprogramme ist Surprise auf Spenden, auf Sponsoren und Zuwendungen von Stiftungen angewiesen. Surprise ist eine nicht gewinnorientierte soziale Institution. Die Geschäfte werden von der Strassenmagazin Surprise GmbH geführt, die vom gemeinnützigen Verein Strassenmagazin Surprise kontrolliert wird. Surprise ist führendes Mitglied des Internationalen Netzwerkes der Strassenzeitungen (INSP) mit Sitz in Glasgow, Schottland. Derzeit gehören dem Verband über 100 Strassenzeitungen in 40 Ländern an.

Vertriebsbüro Basel T +41 61 564 90 83, M +41 79 428 97 27 Zoë Kamermans, Patrick Würmli, Spalentorweg 20, 4051 Basel, basel@strassenmagazin.ch Vertriebsbüro Zürich T +41 44 242 72 11, M +41 79 636 46 12 Reto Bommer, Engelstrasse 64, 8004 Zürich, zuerich@strassenmagazin.ch Vertriebsbüro Bern T +41 31 332 53 93, M +41 79 389 78 02 Andrea Blaser, Alfred Maurer, Pappelweg 21, 3013 Bern, bern@strassenmagazin.ch Strassenchor T +41 61 564 90 40, F +41 61 564 90 99 Paloma Selma, p.selma@strassenmagazin.ch Strassensport T +41 61 564 90 10, F +41 61 564 90 99 Lavinia Biert (Leitung), Olivier Joliat, David Möller l.biert@strassenmagazin.ch, www.strassensport.ch Trägerverein Strassenmagazin Surprise Präsident: Peter Aebersold Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auch auszugsweise oder in Ausschnitten, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird von der Redaktion und dem Verlag jede Haftung abgelehnt. Surprise behält sich vor, an Verkaufende gerichtete Postsendungen zu öffnen. Barspenden an namentlich bezeichnete Verkaufende können nur bis zu einem Betrag von CHF 100.– weitergeleitet werden. Darüber hinausgehende Beträge sollen – im Einverständnis mit der Spenderin oder dem Spender – allen Verkaufenden zugute kommen.

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Gut betucht.

Dazu passend: Leichtes T-Shirt, 100%Baumwolle, für Gross und Klein.

Grosses Badetuch 100 x 180 cm aus sehr langlebigem Zwirngarn, 100% handgepflückte Baumwolle. Mit Surprise-Logo eingewebt und von A bis Z in der Schweiz hergestellt. Vorder- und Rückseite verschiedenfarbig: vorne kühles Aquablau, hinten heisses Rot.

Herren CHF 25.– S (schmal geschnitten) Kinder CHF 20.– XS S Alle Preise exkl. Versandkosten.

Strandtuch (100 x 180 cm) CHF 65.–

50 Prozent des Verkaufspreises kommt Surprise zugute.

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*gemäss Basic 2008-2. Seite bitteMACH heraustrennen und schicken oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch

Ist gut. Kaufen! Wer etwas verkauft, braucht Geld. Schlichte Wahrheit – gute Sache. Denn 50 Prozent des Verkaufspreises kommt Surprise zugute. Alle Preise exkl. Versandkosten.

Surprise Zeitungs-Taschen (34 x 36 cm); CHF 37.50 neon-orange schwarz

Surprise City-Taschen (24,5 x 35,5 cm); CHF 40.– rot blau schwarz

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Surprise Rucksäcke (32 x 40 cm); CHF 89.– schwarz rot

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*gemäss Basic 2008-2. Seite bitteMACH heraustrennen und schicken oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch SURPRISE 252/11

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Von Aarberg bis Zuoz. Surprise gibt es beim Strassenhändler Ihres Vertrauens. Oder im Abo per Post.

24 Ausgaben für 189 Franken oder als Gönner-Abo für 260 Franken. Gutes lesen, Gutes tun und gleich bestellen! www.strassenmagazin.ch, www.strassensport.ch, Spendenkonto PC 12-551455-3 Strassenmagazin Surprise, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, T +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99


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