Surprise Strassenmagazin 255/11

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Im Südsudan Geschichten aus einer neuen Nation Mit Matura zur Prokura: Nach dem Gymi in die Firma

Flip-Flops und andere Verkehrssünden – Ein Stich ins Vespa-Nest

Nr. 255 | 29. Juli bis 11. August 2011 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass.


Macht stark.

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Titelbild: Simon Murphy

Editorial Unabhängigkeiten BILD: ZVG

Am 9. Juli ist der Südsudan unabhängig geworden. Einige Tage zuvor ist Danielle Batist von INSP, dem internationalen Netzwerk für Strassenzeitungen, in den Sudan gereist. Sie hat versucht, die Stimmung vor dem Neustart einzufangen. Sie traf auf Hoffnungen und Ängste und auf schwierige Rahmenbedingungen. Ihre Berichterstattung hat sie den Strassenzeitungen, die dem INSP angehören, zur Verfügung gestellt, und so erhielten wir exklusive Texte aus dem Sudan, die uns nahe gegangen sind. Ein Mitarbeiter der örtlichen Caritas nahm die Journalistin zu Razigi mit. Der Junge ist blind und muss lernen, sich ein neues Leben zu ertasten. Zur Schule gehen kann er deswegen im Gegensatz zu seinen Geschwistern nicht, aber sein Umfeld arbeitet nun darauf hin, dass er doch noch die Brailleschrift lernen kann. DIANA FREI REDAKTORIN In der Schweiz spielt sich die Bildung auf einem ganz anderen Niveau ab. Soviel ist bekannt. Neu ist allerdings, dass Firmen Maturanden gleich nach ihrem Schulabschluss anwerben. Die Vorteile scheinen für beide Seiten zu überwiegen: Hier lernfähige junge Leute, dort Berufserfahrung und Praxisbezug. Gerade die Machertypen unter den Maturanden fühlen sich davon angesprochen. Das passt zur Entwicklung auf politischer Ebene: Vor wenigen Wochen hat der Bundesrat beschlossen, ein eigentliches Bildungsdepartement zu schaffen. Die Universitäten und die ETH werden mit der Berufsbildung und den Fachhochschulen erstmals unter einem Dach vereint sein. Berufsbildung und akademischer Weg nähern sich langsam an. Dass viele Maturanden keine akademische Ausbildung anstreben, sondern nach der Matur direkt einen Beruf erlernen wollen, stellt auch Avenir Suisse fest. Der Think-Tank spricht sich daher für ein «duales Studium» für Maturanden aus, also für die Verbindung von Berufsbildung und Studium – und zwar als anerkannter, institutionalisierter Bildungsweg. «Damit wird sichergestellt, dass der Studiengang inhaltlich breit abgestützt ist und keine zu starke Spezialisierung im Sinne einzelner Unternehmen erfolgt. Dies ist wichtig, um die berufliche Mobilität der Absolventen sicherzustellen», schreibt Avenir Suisse in einer Studie. Denn wichtig ist: Wer eine Ausbildung absolviert, muss trotz Bindung an ein Unternehmen unabhängig bleiben können.

Wir wünschen Ihnen eine gute Lektüre. Herzlich Diana Frei

Surprise ist auf Spenden angewiesen. Auch auf Ihre! Herzlichen Dank. PC-Konto 12-551455-3 Ihre Meinung! Bitte schicken Sie uns Ihre Anregungen oder Kritik: Strassenmagazin Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, T +41 61 564 90 70, redaktion@strassenmagazin.ch. Es werden nur Leserbriefe abgedruckt, die mit vollem Namen unterzeichnet sind. Die Redaktion behält sich vor, Briefe zu kürzen. SURPRISE 255/11

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10 Ausbildung Büro statt Vorlesung BILD: ISTOCKPHOTO

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Inhalt Editorial Bildungswege Basteln für eine bessere Welt Nachflackernde Feriengefühle Aufgelesen Glück als Verfassungsrecht Zugerichtet Wellness im Hippiehemd Mit scharf Temporausch und Konsumgüter Porträt Anti-Atom-Schwestern Le mot noir Familienbesuch Punk Anarchie und Hausverbot Kulturtipps Zuschauer als Performer Ausgehtipps Alles Wurscht Verkäuferporträt Zum Lehren gezwungen Projekt Surplus Eine Chance für alle! In eigener Sache Impressum INSP

Aufs Gymi folgt die Uni – das ist der übliche Weg für Maturanden. Seit einiger Zeit aber werben Grossunternehmen Mittelschulabgänger direkt an. Statt im Studium erfolgt die weitere Ausbildung «on the job». Zwei junge Männer berichten von ihrer Arbeit bei der Post und bei einer Versicherung. Und ein Berufsberater sagt, was der Direkteinstieg in die Arbeitswelt bringt.

12 Im Südsudan Alte Wunden im neuen Staat BILD: SIMON MURPHY

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Seit dem 9. Juli ist der Südsudan eine eigenständige Nation. Die neue Freiheit schürt grosse Hoffnungen für die Zukunft. Doch das Land ist geprägt von Jahrzehnten des Bürgerkriegs und der Armut. In unserem Themenschwerpunkt berichtet ein Rückkehrer von seinen Träumen und der Ankunft in der Realität eines Staates, dem es am Nötigsten fehlt. Und wir erzählen die Geschichte von Razigi, einem blinden Jungen, der – wie sein Land – versucht, unter schwierigen Bedingungen einen Weg in die Selbstständigkeit zu finden.

BILD: ISTOCKPHOTO

19 Motorroller Sonntagsfahrer im Berufsverkehr Sie benützen den Velostreifen, brettern bei Rot über die Kreuzung und tragen dabei völlig unpassende Kleidung. Rollerhalter fahren schlecht und dafür ohne Rücksicht auf Verluste. Kein Wunder steigen die Unfallzahlen: Immer mehr Rollerfahrer verletzen sich und andere. Der Roller ist die Schande des Stadtverkehrs. Eine Polemik.

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ILLUSTRATION: WOMM

1. Nehmen Sie ein grosses Glas oder eine Vase und schneiden Sie ein Stück einer Landkarte oder eines Stadtplans so zu, dass es einmal rundherum passt. (Wenn Ihnen Radrennfahren und Pilgern nicht so liegt, kann es auch die Karte Ihres Pub-Crawls durch London oder die Nachzeichnung einer Kreuzberger Nacht sein.)

2. Sorgen Sie mit schwarzem oder buntem Klebeband unten und oben für einen schönen Abschluss.

3. Stellen Sie ein Teelicht hinein oder kleben Sie mit einem Stück Knetmasse eine grössere Kerze hinein, je nach Grösse des Glasbehälters.

Basteln für eine bessere Welt Willkommen zurück aus den Ferien! Vielleicht sind Sie gerade mit dem Velo die Tour de France nachgefahren oder zu Fuss nach Santiago de Compostela gepilgert? Gut. Oder Sie haben eine Odyssee durch Griechenland hinter sich, weil es gewisse Strassen nur auf der Karte gab? Auch gut. Ach so, Sie haben ein Navi und halten Karten sowieso für ein Relikt aus der Steinzeit? Noch besser! Basteln Sie sich doch einen Lichtblick für den grauen Arbeitsalltag. SURPRISE 255/11

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Aufgelesen News aus den 90 Strassenmagazinen, die zum internationalen Netzwerk der Strassenzeitungen INSP gehören.

«Bruttonationalglück» Wien. Der Lateinamerika-Experte und Journalist Werner Hörtner beklagt, dass heute bei uns eine «per se amoralische Wirtschaft» praktiziert würde. Es ginge auch anders: In Bhutan geht die Regierung vom Indikator «Bruttonationalglück» aus, der spirituelle Werte in die Messung des Wohlbefindens einbezieht. Und in Ecuador und Bolivien ist das Konzept des «Guten Lebens» in die Verfassung geschrieben worden: Für das Wohlbefinden des Menschen sei der soziale Zusammenhalt und die Sorge um die Natur zentral.

Vertrauenswürdiger Journalismus London. Er war das Thema in den letzten Wochen in England: Der Abhörskandal beim Revolverblatt «News of The World». Er führte dazu, dass Besitzer Rupert Murdoch die meistgelesene Boulevardzeitung Englands nach 168 Jahren auflöste. Nicht ganz so alt und auflagenstark ist «The Big Issue» aus London. Dafür lebt das populäre Strassenmagazin noch. Und hat nun einen umso stärkeren Trumpf in der Hand. Neu prangt auf der Titelseite der Slogan: «Journalismus, dem Sie vertrauen können.»

Deutsch für Ungebildete Graz. In Österreich trat am 1. Juli die zehnte Verschärfung im Ausländerrecht innerhalb von fünf Jahren in Kraft. So ist nun etwa die ausländische Ehefrau eines Österreichers gezwungen, schon in ihrem Herkunftsland Deutsch zu lernen – denn sie hat gleich nach Ankunft die erste Sprachprüfung zu bestehen. Für die Staatsbürgerschaft muss sie Deutsch auf Maturniveau können. Ausser sie wäre «hoch qualifiziert» oder aus der EU – dann wäre sie von der Regelung ausgenommen.

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Zugerichtet Ein unheilsamer Nebenberuf Was hat den Knick in seinem Lebenslauf verursacht? Sein Werdegang hört sich gut an: Abgeschlossene Berufsausbildung, Hotelfachschule in Sri Lanka, seit 1983 in der Schweiz, eingebürgert, in Luxushotels als Chef de Service tätig, danach Ayurvedist mit eigenem Reisebüro und Massage-Studio, zweimal verheiratet, ein Kind. Kein Grund für eine kriminelle Karriere. Was war los? «Weiss auch nicht», sagt der Mann mit der braunen Wolljacke, unter der ein grellbuntes Hippiehemd hervorlugt. Ramanan S.*, 50 Jahre alt, war einer von jenen Tamilen, die hart schuften und den Traum von einem besseren Leben haben. Aber nichts ist passiert. Ausser, dass Ramanan sich ein Strafregister zugelegt hat. Jetzt wird am Bezirksgericht wegen Betrugs verhandelt. Vor dem Prozess hat ihm sein Anwalt eingeschärft: «Also rein, erzählen, wie es war – ohne Wenn und Aber, und dann ‹bitte, bitte› sagen.» Also sagt Herr Ramanan: «Es war ein Fehler. Es tut mir leid. Bitte, bitte, geben Sie mir noch eine Chance.» Weil sein Wellness-Business nicht sonderlich gut lief, beantragte er Sozialhilfe. Das Geschäft führte er weiter. Seine Einkünfte aber gab er nicht an. Das Amt kam dahinter und Herr Ramanan vor Gericht. Innert 63 Monaten nahm er 83 667 Franken und 50 Rappen Nothilfegelder ungerechtfertigt entgegen. «Das Verschulden ist nicht mehr leicht», meint der Staatsanwalt. «Herr S. täuschte die Sozialen Dienste systematisch, gleichzeitig war er äusserst umtriebig und baute sein Geschäft auf.» Der Straftatbestand des Betrugs sei erfüllt, sogar gewerbsmässiger Betrug sei denkbar. Der Pflichtverteidiger

setzt sich für seinen Mandanten mit einem Furor ein, wie es bei seinesgleichen selten zu erleben ist. «Er hat Fehler begangen, aber er ist kein rücksichtsloser, kalter Mensch.» Vor 20 Jahren sei es zu einer Zäsur im Leben seines Mandanten gekommen. Er verursachte schuldhaft einen Autounfall. Kurze Zeit später sei er in eine Fehde mit Landsleuten geraten, die ihn die Treppe hinuntergeworfen hätten. Fortan sei sein Leben von Schmerzen geprägt gewesen. Die IV habe er wegen fehlender Mitwirkung verwirkt. Seine Passivität sei wohl die Folge seiner Depressionen. Ein Strafvollzug sei nicht nötig, der Angeklagte sei geständig und die Prognosen seien günstig. Der Richter schliesst sich dem Staatsanwalt an, spricht Herrn S. des gewerbsmässigen Betrugs schuldig und setzt zu einer Standpauke an. «Das Sozialamt hatte Vertrauen in Sie, Herr S. …» Man soll schliesslich auch nicht in jedem Sozialhilfebezüger einen Kriminellen sehen. Dies aber setze voraus, dass auf der anderen Seite vertrauenswürdige Personen sitzen. 14 Monate Freiheitsstrafe, bedingt. Für die Entschädigung ans Sozialamt wird auf den Zivilweg verwiesen. «Wie soll es nun weitergehen mit Ihnen?», fragt der Richter. «Ich versuche, wieder als Ayurvedist zu arbeiten», sagt Herr S. «Wenn es meine Gesundheit zulässt.» Vielleicht hat er einen Ausspruch von Hippokrates verinnerlicht: «Krankheiten fallen nicht vom Himmel, vielmehr sind sie das Resultat all der kleinen Sünden, die wir täglich begehen.»

*Persönliche Angaben geändert. ISABELLA SEEMANN (ISEE@GMX.CH) ILLUSTRATION: PRISKA WENGER (PRISKAWENGER@GMX.CH) SURPRISE 255/11


Werbung und Politik Das Recht auf Luxus Ist Rasen cool? Autofahren ein Recht? Oder ein Luxus? Und trotzdem ein Recht? Oder anders gefragt: Was müssen wir an Werbekampagnen noch alles über uns ergehen lassen? VON FLORIAN BLUMER

so heisst es im Postulat weiter, belasteten sie «unnötig die Umwelt». Natürlich war kurz darauf in der «Weltwoche» zu lesen, dass Sozialhilfeempfänger im Ferrari zum Sozialamt fahren und nun eine längst fällige Debatte in Gang gekommen sei. Alles Blocher oder was? Nicht ganz: Anderer Meinung ist man scheinbar bei der Automarke Lancia. Deren Verantwortliche führen, so scheints, eine millionenschwere Kampagne gegen die Entrechtung sozial Benachteiligter. Auf grossen Plakaten steht Hollywood-Schauspieler Vincent Cassel – auch er ein Mann von Format, mit trendigem Bart und eiscoolem Blick – lässig neben dem neuesten Lancia und der Parole: «Luxus ist ein Recht.» Werbung sorgt für viel Konsum und damit Wirtschaftswachstum, dafür, dass unsere Pendlerzeitung und unser Mail-Account gratis und die Fernsehgebühren nicht noch höher sind. Schön, im Gegenzug schlucken wir dafür Raser-Propaganda, das Verhöhnen sozial Schwacher und jeden noch so dreisten Unsinn, der uns zwecks Verkaufsförderung ins Unterbewusstsein gehämmert wird? Wir sind doch nicht blöd, oder? ■

Nominieren Sie Ihren Starverkäufer!

Starverkäuferin Tsirha Tesfankiel

Schreiben Sie uns mit einer kurzen Begründung, welche/n Verkäufer/in Sie an dieser Stelle sehen möchten: Strassenmagazin Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 (0)61 564 90 99, redaktion@strassenmagazin.ch

Annemarie Müdespacher aus Dietikon nominiert Tsirha Tesfankiel als Starverkäuferin: «Diese freundliche Frau aus Eritrea, alleinerziehende Mutter von vier Kindern, hat sicher kein einfaches Leben. Trotzdem strahlt sie immer sehr viel Lebensfreude aus. So ist es jedes Mal eine herzliche Begegnung, wenn ich sie am Samstag nach dem Marktbesuch an der Zentrumsecke in Dietikon treffe. Es würde mich sehr freuen, wenn die Frau Tesfankiel als Starverkäuferin im Heft erschiene.»

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BILD: ZVG

Ein Mann gibt Gas. Im Temporausch fliegt ein gut aussehender, legerer Typ im Fiat 500 über die Strassen, beflügelt von jugendlichem Übermut, geerdet vom Gefühl, alles im Griff zu haben. Ein moderner James Dean? Nicht ganz: Während Deans Temposucht in der Kollision mit einem anderen Lenker ihr natürliches Ende fand, hat unser Tempobolzer tatsächlich alles unter Kontrolle. Und das nicht etwa, weil er der vorsichtige Typ wäre: Nach dem Höllenritt von einem älteren Mann mit Bewunderung in der Stimme gefragt, ob er denn nie bremse, dreht sich der Angesprochene zur Kamera und antwortet uns mit überlegenem Lächeln: «Nur in allerletzter Sekunde.» Nur in allerletzter Sekunde wollte auch Amir B. (27) bremsen. Doch wie bei James Dean wäre dieser Zeitpunkt dummerweise noch ein, zwei Sekunden früher gewesen. So kam ein zweiter Autolenker von der Fahrbahn ab, raste in die Leitplanke und überschlug sich. Meldungen wie diese bringen die Volksseele zum Kochen. Und so schreit im Namen der «Raser-Initiative» Adrian Amstutz von der SVP den Webusern entgegen: «Die Todesraser müssen gestoppt werden!» «Raser sind Kriminelle!», doppelt Peter Malama von der FDP nach, und auch Daniel Jositsch von der SP stellt, etwas nüchterner, fest: «Raser gefährden Leben.» Alle fordern sie, dass diese härter drangenommen werden. Raser mag niemand, gerade im Wahljahr 2011. Autofahrer, die lieber ordentlich aufs Gas als rechtzeitig auf die Bremse treten, sind uncool. Oder? Noch uncooler sind Sozialhilfeempfänger. Denn die dürfen – in Basel und wohl bald auch in Zürich – noch nicht mal ein Auto besitzen. Der Zürcher Kantonsrat stimmte kürzlich für ein SVP-Postulat, das ihnen das Recht dazu entziehen will. Denn schliesslich, so die Begründung der Volkspartei-Vertreter, könne sich keiner bei einer Grundentschädigung von monatlich 977 Franken diesen Luxus leisten. Zudem,

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SURPRISE 255/11 BILD: KARIN SCHEIDEGGER


Porträt Zwei Schwestern gegen AKWs Drei Monate lang zelteten die Gymnasiastinnen Tina und Livia Jakob im Anti-AKW-Camp in Bern. Dies blieb nicht ohne Auswirkungen auf Tinas Maturprüfungen – dafür machte das Camp aus den Schwestern Freundinnen. VON FLORIAN BLUMER

Es war halb vier Uhr morgens, als Livia aus dem Schlaf gerissen wurde, weil ihr ein Polizist mit der Taschenlampe mitten ins Gesicht leuchtete. Vom Schlaf benommen, schälte sie sich aus dem Zelt, draussen schallte es an ihr Ohr: «Hände ausstrecken!» In Handschellen wurde die 17-Jährige, zusammen mit 25 weiteren Campierern, auf den Polizeiposten abgeführt. Ihre ältere Schwester beneidet sie um diese Erfahrung: «Es war immer meine Horrorvorstellung, dass das Camp geräumt wird, wenn ich nicht da bin», sagt Tina. Tatsächlich ging sie in der besagten Nacht um halb zwei nach Hause, um noch etwas zu lernen. Tina ist 19 und hat soeben ihre letzte Maturprüfung hinter sich. Drei Monate lang schliefen sie und ihre Schwester fast jede Nacht im Anti-AKW-Protestcamp auf dem Rasenstück beim Viktoriaplatz vor dem Hauptgebäude der Bernischen Energiewerke BKW. Mehrere 100 Menschen – Schüler, Lehrlinge, Freaks, Alt-68er, Rentner – gehören zum Kreis derer, die über die drei Monate auf dem Gelände verkehrten. Ein kleines Zirkuszelt hatte es dort für Versammlungen und Konzerte, einen Infostand, Küche, Dusche, eine eigens gebaute Holzhütte, Gartentische, Bänke – alles eingehüllt in weithin sichtbare Transparente mit Parolen wie: «Mühleberg abschalten – Umwelt zuerst, Profit zuletzt». Kennen gelernt hatten sie «das Camp» im Anschluss an die erste grosse Demonstration nach Fukushima, die Oberstufenschüler aus BernBethlehem organisiert hatten. Tina sagt, sie habe nur darauf gewartet, dass «endlich etwas geht». Zwei Tage darauf kehrte sie mit dem eigenen Zelt unter dem Arm auf den Viktoriaplatz zurück, um auch mal eine Nacht mitzucampieren – «aus dieser Nacht wurden dann drei Monate». Ihre Schwester folgte ihr einen Tag darauf nach. Was Tina überraschte, obwohl sie als Töchter eines Gewerkschafters beide das Demonstrieren schon von Kindesbeinen an kannten. Livia sagt selbst: «Ich machte einfach viel Sport, Tina war mehr die Alternative.» Sie sei jedoch auch schon immer politisch interessiert gewesen und nach Fukushima war ihr klar, dass sie sich nun auch engagieren müsse. Die beiden Schwestern ergänzen sich in ihren Aussagen, Tina redet etwas mehr. Sie erklärt: «Wir sagten immer, dieses Camp ist unser Leben. Das ist zwar etwas überspitzt formuliert, aber es ist schon so: Ich stellte das Camp über alles.» Dies führte dazu, dass sie bei der Begründung von Schulabsenzen mit der Zeit immer kreativer wurde: «Verstrahlt» gab sie einmal als Grund für das Verpassen einer Französischstunde an. Dennoch: Martin Essig, ihr ehemaliger Klassenlehrer, spricht am Telefon – mit Abstrichen bei den Absenzen – äusserst positiv über seine Schülerin. Er finde es bewundernswert, wie konsequent sie ihre Sache durchziehe. Und: «Wenn das mit der Englischprüfung nicht gewesen wäre, dann hätte sie wohl mit der besten Matur ihres Jahrgangs abgeschlossen. So war es immer noch die zweitbeste.» «Das mit der Englischprüfung» ist eine Zwei, die Tina im Maturaufsatz erhielt, nachdem sie – von einer Nacht im Camp

kommend – diesen in einem mutigen Experiment in nur drei Sätzen abgehandelt hatte. Die Klassenkameraden hatten nicht immer Verständnis für ihr Engagement, sagt Tina: So seien sie enttäuscht gewesen von ihr, als sie vom Abschlussausflug in Montreux nach Hause fuhr – weil es galt, nach der Räumung des Camps einen neuen Platz zu besetzen. Dieser hatte allerdings nur für ein paar Stunden Bestand und Tina fuhr wieder zurück an den Genfersee. Denn die Klasse und der Abschluss seien ihr natürlich sehr wichtig gewesen, sagt sie, aber: «Ich habe halt etwas gefunden, das mir noch wichtiger ist.» Obwohl sie fast jede freie Minute im Camp verbrachte, führte sie in der Zeit dennoch ihre – unentgeltlichen – Nachhilfe-Workshops für matheschwache Klassenkollegen weiter. «Ich fürchte, dass einige mit einer Eins durch die Maturprüfung rasseln», begründete sie ihr Engagement gegenüber dem Klassenlehrer. Beide sagen, dass sie das Leben im Camp stark verändert habe. Tina: «Dadurch, dass ich nicht einfach den erwarteten Weg ging, habe ich gesehen, dass man auch anders leben könnte. Dass es darauf ankommt, mit welchen Leuten du zusammen bist und was man zusammen macht – und nicht wie du wohnst und welchen Komfort du hast.» Auch Livia sagt, sie habe eine neue, einfachere Art zu leben kennen gelernt. Beide berichten, dass sie im Camp «sehr tiefe Freundschaften» schlossen. «Ich kam jeweils abends nicht in erster Linie her, um zu demonstrieren», wirft Tina ein. Das Camp sei für sie immer beides gewesen, Gemeinschaft und politisches Engagement. Tina und Livia lernten im Camp auch die Schattenseiten der Basisdemokratie kennen. So betonen beide, dass die oft bis zu vier Stunden dauernden «Vollversammlungen» auf dem Gelände nicht ihr Ding gewesen seien. Anstatt stundenlang «z’liire» und anderen beim «Liire» zuzuhören, seien sie lieber aktiv gewesen – im internen Ordnungsdienst bei der Velodemo nach Mühleberg zum Beispiel, oder beim Mobilisieren ihrer Mitschüler für den grossen Schülerstreik vom 24. Mai. Letzteres war ein grosses Erfolgerlebnis. Tina: «Nach den ersten negativen Reaktionen

«Verstrahlt» gab Tina einmal als Grund für das Verpassen einer Französischstunde an.

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befürchteten wir, dass das eine peinliche Sache wird, dass wir da mit zehn Leuten zur Demo kommen. Wir organisierten dann ein Zmorge vor dem Schulhaus, Transparente zum Bemalen – am Schluss war fast das ganze Schulhaus vor dem Eingang versammelt.» Politikerinnen wollen beide dennoch nicht werden, sagen sie – aber «Aktivistinnen» bleiben. Auf die Frage, wie sie eigentlich zueinander stünden, antworten die Schwestern mit einer spontanen Umarmung. «Wir sind zwar vorher schon gut miteinander ausgekommen», sagt Livia, «wir sind aber kaum je zusammen weggegangen.» Dies habe sich mit dem Camp verändert. «Und wir sind auch schon unsere gemeinsame WG am Planen», sagt sie. «Oder besser gesagt: unser erstes gemeinsames besetztes Haus», korrigiert Tina, und lacht. ■

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BILD: ISTOCKPHOTO

Ausbildung Die Profi-Lehrlinge Wer die Matur hat, geht studieren: Das ist der gängige Weg. Firmen beginnen nun aber, vielversprechende Schulabgänger schon vorher abzuzweigen, um sie selber auszubilden. VON ELISABETH WIEDERKEHR

Seit längerem geht in der Schweiz ein Gespenst um. Das Gespenst der Akademisierung. Zuletzt hat die liberale Denkfabrik Avenir Suisse ausführlich vor ihm gewarnt. Fakt ist, dass die Maturquoten hoch sind und die Schülerinnen und Schüler aller Wahrscheinlichkeit nach nicht klüger als noch vor ein paar Jahren. Fakt ist auch: Längst nicht alle, die eine Matur in der Tasche haben, zieht es an die Universitäten. Die Matur ist attraktiv, weil sie viele Türen öffnet. Zuweilen auch ganz ungeahnte. So richteten vor ein paar Jahren die Banken speziell auf Maturanden abgestimmte Ausbildungsprogramme ein. Andere Branchen wie IT oder Versicherungen zogen nach und entwickelten systematisch Lehrgänge für Schulabgänger mit Reifeprüfung. Ab Herbst bietet auch Novartis als einer der ersten in der Schweiz tätigen Grosskonzerne in Zusammenarbeit mit der Dualen Hochschule Baden-Württemberg einen entsprechenden Ausbildungsgang an. Mit einer klassischen Lehre haben diese Ausbildungen, die in der Regel ein bis zwei Jahre dauern und mit einem brancheninternen Zertifikat abgeschlossen werden, kaum etwas zu tun.

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Der 19-jährige David Aeschlimann war sich über seine «grundsätzliche Abneigung gegen die Universität» schon im Gymnasium im Klaren. Gegen das Informatikstudium an einer Hochschule, das an sich seinen Interessen entsprochen hätte, sprachen für ihn zudem die Schilderungen eines Kollegen, der mit seinem akademisch ausgerichteten Informatikstudium hadert. Da kam Aeschlimann das erst seit kurzem existierende «Way-up»-Angebot der Post gerade recht, das Praxis bietet. Nach der Matur hat er sich für den zweijährigen Informatiklehrgang beworben. Den Lohn bezeichnet er als «gäbigen Nebeneffekt». Die Ausbildung ist spezifisch auf den Arbeitgeber ausgerichtet. Trotzdem fühle er sich von der Post nicht vereinnahmt, sagt Aeschlimann. Hat er einmal den Militärdienst absolviert, hofft er auf eine Stelle, die es ihm ermöglicht, nebenher an einer Fachhochschule zu studieren. Die jungen Arbeitnehmer an das Unternehmen zu binden, sei nicht primäres Ziel der Ausbildungsgänge, sagt Marc Loosli, Ausbildungsleiter für die Kaufleute der Post. Aber: «Wichtig ist uns, dass die Maturanden so von der Post profitieren, dass sie später entweder gerne zu uns zurückkommen oder allenfalls Geschäftsbeziehungen mit uns aufnehmen», SURPRISE 255/11


sagt er. Ein interner Lehrgang biete da interessante Möglichkeiten, sich gegenseitig kennen zu lernen und sich «gut zu verkaufen». Die Post bemüht sich darum, die «geeignetsten Lernenden» für sich zu gewinnen, so Loosli. «Das ist für ein erfolgreiches Überleben eines Unternehmens existenziell», ist er überzeugt. Da liegt die Vermutung nahe, dass die Ausbildungsgänge wohl oder übel auf Kosten normaler Lehrstellen gehen. «Bei uns ist dem nicht so», sagt Loosli. Die Post setze die «Profi-Lernenden» – wie er sie nennt – an anderen Orten ein als die Lehrlinge und ziehe lediglich aus dem Umstand Nutzen, dass die ehemaligen Maturanden innert kurzer Zeit viel Stoff aufnehmen und sich auch in relativ komplexen Aufgaben schnell zurechtfinden. Was ihnen in der Regel am meisten fehle, seien «Problemlösungstechniken, bestimmte andere Arbeitstechniken und Projektmanagement», sagt Loosli, der den Maturanden in gezielt ausgerichteten Kursen ebendiese Kompetenzen vermittelt. Attraktive Leute für komplexe Aufgaben Auch die Basler Versicherungen haben vergangenes Jahr erstmals zwölf Schulabgängern mit Matur eine Ausbildung mit hohem Praxisanteil ermöglicht. Diesen Herbst werden zwölf weitere Auszubildende hinzukommen. «Innerhalb des Versicherungsverbands haben wir entschieden, die Maturanden gezielt anzusprechen, weil wir klar sehen, dass es immer mehr Abgänger vom Gymnasium geben wird», erklärt Andrea Bruhin, Leiterin Nachwuchsentwicklung bei der Basler Versicherung. Einer von ihnen ist Michel Heitz. Er visierte – ohne sich viel zu überlegen, wie er rückblickend sagt – ein Sport- und Betriebswirtschaftsstudium an. Schon in der ersten Semesterwochen merkte er jedoch: «Das ist überhaupt nicht mein Ding, zu theorielastig, zu langatmig.» Da kam ihm die Ausschreibung der Basler Versicherungen für den neuen Lehrgang sehr zupass. Er bewarb sich und gehört seit einem knappen Jahr zu den Ersten, die direkt nach der Schule in der Versicherung Fuss fassen, dort in mehrere Abteilungen hineinschauen und in einem Fachbereich assistieren. Eineinhalb Jahre dauert der Lehrgang, abgeschlossen wird auch er mit einem Branchenzertifikat des Berufsbildungsverbands. Die Leiterin Nachwuchsentwicklung betont auch, dass der Ausbildungsgang vonseiten der Versicherung eine Investition und deshalb darauf angelegt sei, dass die Absolventen nach Möglichkeit weiter im Unternehmen beschäftigt werden – «vorausgesetzt die Leistung stimmt und es lassen sich auf sie zugeschnittene Stellen finden». Für die Versicherung ist es attraktiv, Leute anzustellen, die schnell mit komplexen Aufgaben betraut werden können, auch wenn sie noch über keine spezifische Ausbildung verfügen. «Der Pilotstudiengang war erfolgreich, sodass ab Herbst auch in Lausanne und Genf Maturanden in unser Unternehmen einsteigen», sagt Bruhin. Die zwölf Ausbildungsplätze am Hauptsitz seien zusätzlich entstanden und gingen nicht auf Kosten von Lehrstellen: «Die Maturanden übernehmen andere Arbeiten und sind zeitlich wesentlich mehr im Unternehmen.» Der 21-jährige Michel Heitz ist mit seiner Entscheidung, der Uni den Rücken zu kehren, heute mehr als zufrieden. «Der Lehrgang hält bis jetzt absolut, was ich mir von ihm versprochen habe», sagt er. Und das war: «Einblick in die Arbeitswelt, Praxiserfahrung und Chancen, einen Job zu bekommen, mit dem sich später ein berufsbegleitendes Fachhochschulstudium in Betriebsökonomie finanzieren lässt.» Der Ausbildungslohn (der vom Versicherungsverband für diesen Lehrgang empfohlene Jahreslohn liegt zwischen 24000 und 36000 Franken) war für Michel Heitz nach eigenem Bekunden nicht ausschlaggebend, nach Abbruch des Universitätsstudiums diesen Weg einzuschlagen: «Es war einfach das Richtige.»

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Karriere «Maturanden sind arbeitsmarktfähig» Die Privatwirtschaft hat ihre Chancen erkannt, intelligente junge Leute anzuwerben. Doch in der Öffentlichkeit habe sich die Berufsbildung noch nicht als Alternative zu weiterführenden Schulen etabliert, sagt Berufsberater René Diesch. INTERVIEW: ELISABETH WIEDERKEHR

René Diesch, was verbauen sich junge Menschen, die sich direkt nach der Schulausbildung von einer Firma anstellen lassen? Nichts, im Gegenteil: Sie haben so die Gelegenheit, zuerst Berufspraxis zu sammeln und können, falls sie das wollen, zu einem späteren Zeitpunkt trotzdem studieren. Es ist ein Fakt, dass zahlreiche Maturandinnen und Maturanden nach Abschluss des Gymnasiums nicht ein Studium beginnen wollen, sondern einen direkten Einstieg ins Berufsleben anstreben. Da stellt sich die Frage, ob diese Schulabgänger überhaupt den für sie richtigen Abschluss gemacht haben. Bekanntlich ist die Gymnasialquote besonders in Stadtkantonen im Grunde zu hoch. Man muss sich schon überlegen, ob und wie Schülerinnen und Schüler zu einem früheren Zeitpunkt, etwa nach Abschluss der obligatorischen Schulzeit und vor dem Eintritt in ein Gymnasium, noch besser über die Gleichwertigkeit der Bildungswege und die Möglichkeiten der Berufsbildung informiert werden können. Nicht die vielen Maturanden stellen die Herausforderung dar, sondern die Tatsache, dass die Berufsbildung in weiten Teilen der Bevölkerung noch nicht als gleichwertige Alternative zu weiterführenden Schulen betrachtet wird. Vorausgesetzt, man hat die Matur in der Tasche: Ist ein früher Berufseinstieg ohne Studium überhaupt sinnvoll – volkswirtschaftlich betrachtet? Ein Studium macht dann Sinn, wenn die Maturandinnen und Maturanden von diesem Weg überzeugt sind. Da die Matura Hochschulfähigkeit bescheinigt, wird der Weg in ein Studium der «Normalfall» bleiben. Die brancheninternen Ausbildungsprogramme werden vergleichsweise immer «Nischenprodukt» bleiben. Doch diese «Nischenprodukte» sind beliebt und werden immer zahlreicher angeboten: Was bedeutet das bildungspolitisch? Ich gehe davon aus, dass auch weiterhin ein Grossteil der Maturandinnen und Maturanden den Studienweg wählen wird. Es wertet die Matura als eigenständigen Abschluss aber auf, indem dieser so nicht nur als Eintrittsbillett zur Universität, sondern auch als valide Grundlage für den Berufseinstieg betrachtet werden kann. Maturandinnen und Maturanden sind also offenbar «arbeitsmarktfähig». ■ Zur Person: Der gelernte Jurist René Diesch ist seit 2010 stellvertretender Leiter Berufsberatung, Berufs- und Erwachsenenbildung am Erziehungsdepartement Basel-Stadt. Er arbeitete beim früheren Bankverein als Nachwuchsbetreuer und war bei der UBS Leiter des «HR Talents Team» der Region Nordwestschweiz.

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Unabhängigkeit Ein Baby namens Freiheit

Zu Hunderttausenden haben sie die Grenze überquert, sie kamen per Boot, Bus oder zu Fuss. Nach Jahrzehnten des Bürgerkriegs mit dem Norden sind viele Südsudanesen nach Hause zurückgekehrt, um der Geburt ihrer neuen Nation beizuwohnen. VON DANIELLE BATIST, STREET NEWS SERVICE, (TEXT) UND SIMON MURPHY (BILDER)

Im westlichen Randgebiet der südsudanesischen Hauptstadt Juba haben sich um die zwei Dutzend Menschen auf dem Grundstück des lokalen Anführers versammelt. Es ist ein sehr heisser Tag, die Sonne brennt unbarmherzig, und die Menschen drängen sich um den einzigen grossen Baum im Hof, um etwas Schatten zu bekommen. Plastikstühle für die Männer werden gebracht, die meisten Frauen und Kinder setzen sich auf eine grosse, gewebte Matte auf dem Boden. Sie versammeln sich regelmässig, um sich gegenseitig zu unterstützen und über ihre Zukunft zu diskutieren. Einige sind schon vor Monaten zurückgekehrt, andere sind gerade angekommen. Patriotismus aus der Ferne Bereits vor dem Referendum im Januar, bei dem 99,7 Prozent der christlichen und animistischen Südbevölkerung für die Abspaltung vom islamischen Norden stimmten, kehrten jeden Tag Hunderte von Familien zurück. Das Comprehensive Peace Agreement (CPA), ein umfassendes Friedensabkommen, das 2005 von der Regierung in Khartum und der südsudanesischen Befreiungsbewegung Sudan People’s Liberation Movement (SPLM) unterzeichnet wurde, hat viele überzeugt, dass die Freiheit näher rückt. Die Flüchtlinge hatten sich immer gewünscht, eines Tage heimkehren zu können. Nach dem Friedensschluss gab es für viele kein Halten mehr. Viele frühe Rückkehrer gehören zu Familien, die seit Jahrzehnten weg waren. Wie Richard Luka (32), der 2006 zurückkam. Sein Vater hatte Juba in den Siebzigern als Junggeselle verlassen, um in der Nord-Hauptstadt Khartum eine Arbeit zu finden. Er heiratete und bekam Kinder, die er dank des Geldes, das er als Schneider verdiente, in die Schule schicken konnte. Stets hoffte er auf den Tag, an dem seine Kinder ihr Heimatland sehen würden. Doch diese Hoffnung schwand mit dem Ausbruch des zweiten Bürgerkriegs 1983. Für den jungen Richard war das Leben im Norden von der Sehnsucht nach einem Ort geprägt, den er niemals gesehen hat. In Khartum aufgewachsen, lebte er zwischen zwei Welten. In der Schule sprach er

Arabisch wie die anderen Kinder und versuchte sich zu integrieren. Zu Hause sprach die Familie ihre Muttersprache Bari, um ihre südlichen Wurzeln aufrechtzuerhalten. «Meine Eltern haben uns alles über Juba erzählt. Wann immer sie es im Fernsehen gesehen haben, haben sie uns dazu gerufen. Es sah für mich so schön aus. Mein Traum war es immer, zurückzugehen. Ich wusste, das ist mein Zuhause.» 1995 gab es rund um Juba intensive Kämpfe. Im Militärprogramm im Fernsehen sah die Familie Bilder von Soldaten im Kampf. Seine Heimatstadt unter Beschuss zu sehen, entfachte einen Patriotismus in Richard, den er vorher nicht kannte. «Mein Bruder und ich sagten zu meinem Vater: Vater, können wir kämpfen gehen?» Er sagte: «Macht erst die Schule fertig. Dann könnt ihr losziehen und für euer Land kämpfen.» Die logistischen Herausforderungen im Umgang mit den heimkehrenden Südsudanesen sind immens. Das UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge richtete deshalb ein Unterstützungssystem ein. Meldebüros wurden eröffnet und Schiffe, LKWs und Busse bereitgestellt, um die Menschen und das Gepäck zu transportieren. An den Ankunftspunkten in Juba und anderen Städten im ganzen Süden wurde von der Welthungerhilfe und anderen Wohltätigkeitsorganisationen ein Notfallprogramm gestartet, um die Rückkehrer mit dem Nötigsten zu versorgen: Essen, Kochutensilien und Seife. Monatelang bereitete Vater Luka seine Familie auf die Rückkehr in ihr Heimatland vor. Nach dreiwöchiger Wartezeit im Hafen der Stadt Kosti durften sie ein von der UN gechartertes Dampfschiff besteigen, das sie

«Im Fernsehen sah Juba so schön aus. Mein Traum war es immer, zurückzugehen.»

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auf dem Nil nach Juba brachte. Richard erinnert sich an die Abfahrt: «Sobald wir an Bord waren und den Hafen verliessen, sind alle an Deck gegangen und haben gewunken. Wir sangen ‹Auf Wiedersehen, Araber, wir verlassen euch jetzt.› Wir waren so glücklich, dass es endlich los ging.» Die Reise dauerte einen Monat. Das Schiff war überfüllt, Mücken plagten die Passagiere an Bord. Die UN hatte Menschen von verschiedenen Stämmen zusammengepackt, was anfangs zu Unruhen führte. Doch schnell begannen sie zusammenzuarbeiten. «Wir hatten alle die SURPRISE 255/11


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Das Dorfleben neigt sich dem Abend zu: Hauptstrasse in Mundri, S端dsudan

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«Der stolzeste Vater der Welt.» – Rückwanderer Richard Luka

Marsch- und Lauftraining in Flip-Flops: Schulmädchen mit ihrer Lehrerin auf der gekiesten Hauptstrasse von Mundri.

gleichen Erfahrungen, also teilten wir sie», erinnert sich Richard. «Als wir in Juba ankamen, waren wir wie eine grosse Familie.» Keine Papiere, kein Obdach Nach dem Ja zur Unabhängigkeit im Januar hat die Regierung des Südsudans einen Aufruf an ihre Einwohner im Exil gestartet: Kommt heim und helft beim Wiederaufbau eurer Nation. Als Anreiz wurde jeder heimkehrenden Familie ein Stück Land versprochen. Doch auch wenn es Pläne zur Verteilung der zugewiesenen Flächen gibt – offiziell sind die meisten Rückkehrer obdachlos. Einige haben versucht, auf das Grundstück ihrer Familie zurückzukommen, aber nach Jahrzehnten der Abwesenheit ist das Land von anderen besetzt. Und Anspruch durch Abstammung zu erheben, ist schwierig oder gar unmöglich, denn vielen fehlen die amtlichen Dokumente, die als Beweis dienen könnten. Trotz Unterstützung von der internationalen Gemeinschaft bedeutet der Zustrom der Rückkehrer eine enorme Belastung für die entstehende Nation. In einem Land, in dem gemäss UN-Statistiken neun von zehn Menschen von weniger als einem Dollar am Tag leben, ist der Mangel an Essen, Trinkwasser, Kanalisationen, Sicherheit und medizinischer Versorgung schon jetzt gross. Die Infrastruktur, um den steigenden Bedarf zu decken, ist zerbrechlich. Die neue Republik Südsudan misst 650 000 Quadratkilometer – das entspricht knapp der Fläche Frankreichs. Trotzdem gibt es nur knapp 50 Kilometer gepflasterte Strassen – und die sind überwiegend auf die Hauptstadt Juba beschränkt. Die Zahl der Rückkehrer wächst und es werden noch viele weitere erwartet. Nach Aussagen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind allein in den letzten sieben Monaten über 300 000 Menschen in den Süden zurückgekehrt. Etwa 140 000 Menschen sind zwischen November 2010 und Juni 2011 mit Hilfe der südsudanesischen Regierung und der UN zurückgekehrt. Die anderen haben die Reise selbst organisiert. Nach drei Jahrzehnten der Abwesenheit muss die Familie Luka komplett von vorne beginnen. Der Vater hat Probleme, mit seinem Einkommen als Schneider auszukommen, und Richards Arbeit als Kleinbauer bringt kaum genug ein, um seine Familie zu ernähren. Er lernte SURPRISE 255/11

seine Frau Nora in Juba kennen und heiratete sie kurz darauf. Bald kommt ihr erstes Kind zur Welt. «Es bereitet mir schlaflose Nächte, wenn ich darüber nachdenke, wie es wird, wenn das Baby geboren ist. Wie soll ich drei ernähren, wenn ich bereits mit zweien Schwierigkeiten habe? Das macht mir grosse Sorgen.» Richard träumt davon, die Universität abzuschliessen, die er in Khartum begonnen, aber wegen Geldmangels abgebrochen hat. Richards und Noras Baby wird eines der ersten der neuen Republik Südsudan sein. Wenn man Richard fragt, wie er es findet, dass sein Kind auf südsudanesischem Grund geboren wird, leuchten seine Augen: «Es ist sehr speziell. Ich werde der stolzeste Vater der Welt sein.» Er weiss auch schon, wie das Kind heissen soll. Egal, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird, es wird Hora heissen – «Freiheit» auf Juba-Arabisch. ÜBERSETZT VON JESSICA MICHAELS Die Recherchereise für die Sudan-Artikel in diesem Heft wurde durch die Caritas finanziert. Für Spenden zugunsten der Arbeit von Caritas im Südsudan informieren Sie sich bei Caritas Schweiz auf www.caritas.ch oder telefonisch unter: 041 419 22 22.

Afrikas blutigster Bürgerkrieg Der Sudan stand zwischen 1899 und 1956 unter britisch-ägyptischer Herrschaft. Bis 1946 war das Land in eine Nord- und eine Südhälfte geteilt. Während dieser Zeit konzentrierte sich die Entwicklung auf den Norden, während die Bundesstaaten im Süden und andere Randregionen, darunter Darfur, politisch und wirtschaftlich in hohem Masse benachteiligt wurden. Als das Land seine Unabhängigkeit erlangte, vernachlässigte die islamische Regierung im Norden weiterhin den Süden, wo Animisten und Christen die Mehrheit bilden. Dies führte zum ersten Bürgerkrieg, der eine halbe Million Menschenleben kostete. Trotz eines im Jahr 1972 geschlossenen Friedensabkommens kam es ab 1983 zu neuen Kämpfen. Als 2005 der zweite sudanesische Bürgerkrieg endete, ging er als Afrikas längster und blutigster Bürgerkrieg in die Geschichtsbücher ein. UN-Schätzungen zufolge wurden in dem Konflikt zwei Millionen Menschen getötet und mehr als vier Millionen Menschen mussten aus ihrer Heimat fliehen.

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Südsudan Kriebelmücke statt Kugelwunden Die Unabhängigkeit lässt viele Südsudanesen erwartungsvoll in die Zukunft blicken. Doch einige hat der Bürgerkrieg zuvor erblinden lassen. Einer davon ist Razigi Kometi. Wie sein Land sucht auch er seinen Weg in die Zukunft.

VON DANIELLE BATIST, STREET NEWS SERVICE, (TEXT) UND SIMON MURPHY (BILDER)

Die Strasse zur Hütte der Familie Kometi ist ein holperiger Feldweg, beidseitig von hohem Gras und Unkraut überwuchert. Besonders in der Regenzeit kann es eine Herausforderung sein, sich zum fast zehn Kilometer abseits der Hauptstrasse gelegenen Grundstück durchzuschlagen. Es gibt moderne Legenden über Mitarbeiter von Hilfsorganisationen, die im Matsch steckenblieben und in ihrem Fahrzeug übernachten mussten, während im Gebüsch Hyänen lauerten. Doch das hält Ergotherapeut Andrew Maina nicht davon ab, sich mindestens zweimal pro Woche auf den Weg hierher zu machen. Er hat guten Grund dazu, sagt er. Und deshalb würde er auch dann gehen, wenn er die gesamte Strecke zu Fuss bewältigen müsste. Das verborgene Erbe des Bürgerkrieges Maina betritt das scheinbar verlassene Gelände. Er läuft zu einer der zwei Lehmhütten und kniet sich vor dem Eingang nieder. Seine Stimme klingt sanft und behutsam, als er spricht. «Razigi, bist du da?» Wenige Sekunden später erscheint ein schüchtern wirkender, 13 Jahre alter Junge im tönernen Türrahmen. Er trägt ein gelbes Hemd, das an einer Seite zerrissen ist, und kurze, graue Hosen mit grossen Löchern. Seine nackten Füsse scharren im roten Sand. Als er langsam ins Freie tritt, lässt er eine Hand am Strohdach der Hütte entlang gleiten. Die andere umklammert ein dünnes Bambusrohr. Seine Augen sehen getrübt und leblos aus. Razigi Kometi ist blind. Andrew Maina arbeitet für die Sudan Evangelical Mission (SEM) – eine südsudanesische Caritas für Behinderte. Er nimmt Razigi bei der Hand und führt ihn zu einer kleinen, überdachten Kochstelle in einer Ecke des Grundstücks. Sie setzen sich auf niedrige Holzhocker neben der Feuerstelle. Andrew legt einen Stift auf einen kleinen, aus Bambusrohren gefertigten Tisch und bittet Razigi, den Gegenstand zu finden. Der Junge legt seine Hand routiniert mit der Handinnenfläche nach oben auf den Tisch und sucht so die Oberfläche ab, bis seine Haut den Stift berührt. Er nimmt ihn auf und befühlt ihn mit beiden Händen. Zum ersten Mal während dieses Besuches sagt Razigi etwas: «Stift». Maina lobt ihn und legt den nächsten Gegenstand hin. Es sind einfache Übungen wie diese, erklärt er später, die von grosser Bedeutung für Razigis Zukunft sind. «Wir befinden uns erst am Anfang des Trainings. Wir bringen ihm bei, wie er mit dem Handrücken erst eine Oberfläche erfühlen kann, bevor er zugreift. So verletzt er sich die Finger nicht. Sicherheit ist unsere Priorität. Aber unser grösstes Ziel ist es, ihm sein Selbstvertrauen zurückzugeben.» Vieles hat zu Razigis Unsicherheit beigetragen. Er wuchs im kleinen Dorf Lui auf, in einer der ärmsten Gegenden des Südsudan. Seine frühe Kindheit war geprägt vom Konflikt zwischen dem überwiegend muslimischen Norden und dem von Katholizismus und Stammesreli-

gionen dominierten Süden. Regierungssoldaten und Rebellen der sudanesischen Volksbefreiungsarmee (SPLA) kämpften in einem Konflikt, der sich zu Afrikas längstem Bürgerkrieg entwickeln sollte. 2005 wurde ein Friedensabkommen unterzeichnet, damals war Razigi sieben Jahre alt. Seine Mutter Mary hoffte, dass das Ende des Krieges einen Neubeginn für sie und ihre acht Kinder bedeuten würde. Doch das Unglück schlug erneut zu. Obgleich der Nil weit entfernt vom Dorf verläuft, war sich die Familie Kometi seiner Gefahren wohl bewusst. Das Trinken des Wassers konnte krank machen, und zu ertrinken war eine reale Gefahr für jene, die näher am Wasser lebten. Und dann waren da noch die im Nil brütenden Parasiten, von denen eine der gefährlichsten die Kriebelmücke ist. Sie überträgt die Krankheit Onchozerkose, auch Flussblindheit genannt. Über 37 Millionen Menschen sind infiziert, und 99 Prozent aller Fälle finden sich in armen afrikanischen Gemeinden auf dem Land. Onchozerkose führt zu Hautkrankheiten und Sehschäden mit Lähmungserscheinungen, und im schlimmsten Falle zur Erblindung. Razigi und seine Mutter wurden beide von der Kriebelmücke gestochen. Bei frühzeitiger Diagnose und Behandlung könnte die Erblindung verhindert werden. Doch das medizinische Zentrum in der Region hatte nicht annähernd genügend Ressourcen und Medikamente standen nicht zur Verfügung. Als Maina in Kontakt mit den Kometis kam, waren Razigis und auch Marys Augen bereits irreparabel geschädigt. «Wenn Leute an Kriegsopfer denken, stellen sie sich oft Kugelwunden oder Landminenverletzungen vor», sagt Maina, «sie denken nicht an all die Menschen, deren Krankheit oder Tod hätte verhindert werden können, wenn angemessene Behandlung gewährleistet gewesen wäre. Viele der Behinderungen unserer Patienten sind direkt auf den kompletten Mangel an medizinischer Versorgung während des Krieges zurückzuführen.»

«Er weint, weil er einfach nur so sein möchte wie die anderen.»

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Geschätzte 3,2 Prozent der Bevölkerung im Südsudan sind blind – selbst für Afrika eine aussergewöhnlich hohe Zahl. Viele Fälle rühren von Infektionen, die durch Parasiten übertragen werden. Oft könnten sie verhindert werden. Für die Familie von Razigi und viele andere war es allerdings unmöglich, den Kontakt mit der Kriebelmücke zu meiden. Maina erklärt: «Während des Krieges mussten sie nahe beim Wasser bleiben, um zu überleben. Sie assen den Fisch, tranken das Wasser. Der Fluss ernährte sie – und liess sie auch erblinden.» Während des Krieges und in absoluter Armut aufgewachsen, hatte Razigi nie ein sorgenfreies Leben. Der Verlust seines Augenlichtes setzte ihm zusätzlich derart zu, dass seine Betreuer von der Hilfsorganisation seinen Zustand als ‹besorgniserregend› bezeichneten. Bei den ersten Besuchen durch SEM-Mitarbeiter weigerte er sich oft, seine Hütte zu verlassen. Versuche, ihn im Gebrauch des Blindenstocks zu unterSURPRISE 255/11


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Andrew Maina bringt Razigi immer wieder dazu, einige Schritte weiter zu gehen …

richten, endeten damit, dass er diesen verärgert wegwarf. Die Lage wurde noch schwieriger, als alle jüngeren Geschwister von Razigi begonnen hatten, die Schule zu besuchen. Plötzlich war er alleine auf dem Grundstück, mit niemandem zum Spielen und nichts zu tun. Als Antwort auf die Frage, ob er gerne mit den anderen Kindern zur Schule gehen würde, füllen sich seine grossen, dunklen Augen mit Tränen. Sie laufen an seinem Gesicht hinunter, als er mit dem Kopf nickt. Er wispert Maina wenige Wörter zu. «Er weint, weil er einfach nur so sein möchte wie die anderen.» Verschreckte Kinder Viele Südsudanesen sind durch den Krieg traumatisiert. In Mainas Heimatland Kenia, wo er seinen Beruf erlernte, verhalten sich Kinder «wie im Buche»: kindlich, spontan. In WestÄquatoria, einer der südlichsten Provinzen des Südsudans, leiden seine jungen Patienten oft unter Angst und hohem Stressniveau, fürchten laute Geräusche und unerwartete Bewegungen. Bei den Kometis zeigen sich nach langen Übungsstunden langsam Erfolge von Andrew Mainas Bemühungen. Auf seine Nachfrage hin, was Razigi seit seinem letzten Besuch getan habe, antwortet der Junge schüchtern: «Ich habe letzte Nacht meine Kleider gewaschen.» «Das hast du sehr, sehr gut gemacht», antwortet ein breit lächelnder Maina. Und als Razigi in der Hütte verschwunden ist, sagt er zu seinem Kollegen: «Dies ist ein Meilenstein.» Orientierungs- und Mobilitätstraining sind bei der Weiterentwicklung einer erblindeten Person von grösster Wichtigkeit, Unterstützung von Seiten der Familie und von Verwandten ist dabei entscheidend. Maina und seine Kollegen würden gerne vermehrt mit Razigis Mutter arbeiten und sie lehren, wie sie sich selber helfen und ihren Sohn unterstützen kann. Vorerst müssen sie aber ihre Aufmerksamkeit auf das Kind beschränken, weil die Mittel knapp sind. Eine Tante, die bei der Familie lebt, hilft aus, wenn die Therapeuten nicht vor Ort sind. Der Präsident des Südsudan, Salva Kiir, hat eine demokratische Regierung und Entwicklung versprochen, aber die Herausforderungen sind enorm. 85 Prozent der Bevölkerung im Südsudan leben unterhalb der Armutsgrenze, im Norden sind es 46 Prozent. Die nationale Lebenserwartung entspricht 58,5 Jahren, aber die ungleiche Verteilung von Wohlstand und der mangelnde Entwicklungsstand im Süden bedeuten, dass die tatsächliche Lebenserwartung für die neue Nation weit darunter liegen dürfte. In einem Land, das ganz von vorne beginnen muss, wird es lange dauern, bis die Bemühungen der Regierung auch

… davor traute sich Razigi kaum aus der Lehmhütte heraus.

Über 37 Millionen Menschen sind mit der Flussblindheit infiziert.

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das Leben der Menschen in abgelegenen Gegenden verbessern. In der Zwischenzeit unternehmen Caritasverbände und Kirchen kleine Schritte, um die Leben der Schwächsten der Nation zu verbessern. Mit ein wenig Glück kann die Dorfschule Razigi nächstes Jahr in Brailleschrift unterrichten. Ein Lehrer würde das gern übernehmen, und SEM sucht nach Möglichkeiten, seine Ausbildung zu finanzieren. Sie hofft ebenfalls, einige Spezialspielzeuge und Hilfsmittel erwerben zu können, etwa einen Fussball mit einer Klingel im Inneren. Fussball war Razigis liebster Sport. Hinter den zwei Lehmhütten der Kometis befindet sich ein langer, unbefestigter Pfad. Er ist nur wenige 100 Meter lang, aber als Razigi erblindete, wurde er für ihn endlos. Am Ende des Pfades lebt einer seiner zwei einzigen Freunde. Früher kannte er den Pfad in- und auswendig, aber ohne seine Sehkraft fürchtet er sich zu sehr davor, das Grundstück zu verlassen. Am Ende jedes Besuches begehen Maina und Razigi gemeinsam den Pfad. Razigi läuft voraus, berührt links und rechts mit einem Rohr das Gras, so bleibt er auf dem Pfad. Er zählt die Schritte, bis er die Anzahl Schritte erreicht, bei der sie letztes Mal umkehrten. Und dann legt ihm Maina eine Hand auf die Schulter und ermutigt ihn sanft, einige wenige Schritte weiterzugehen, bevor sie dieses Mal umkehren. Sie hoffen, in wenigen Monaten das Ende des Pfades zu erreichen. ■ ÜBERSETZT VON JULIA SCHNEIDER SURPRISE 255/11


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Motorroller Übermotorisiert und unterbelichtet Rollerfahrer sind die Geissel des Stadtverkehrs. Sie können nicht fahren und halten sich an keine Regeln. Was andere Verkehrsteilnehmer nervt, bestätigt die Statistik: Rollerfahrer bauen immer mehr Unfälle und sind erst noch selber schuld daran.

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Wenns knallt, zählt jede Faser: Typische Rollerfahrer mögens luftig, länger leben aber Fahrer mit Schutzkleidung.

VON RETO ASCHWANDEN

Im städtischen Verkehr ist man sich einiges gewohnt: Autos auf den Tramschienen, Velos auf dem Trottoir, Fussgängerinnen, die den Kinderwagen wie einen Rammbock über Kreuzungen schieben. Aber egal, wie wildsäuisch sich der urbane Verkehrsteilnehmer aufführt, es gibt eine Gruppe, die selbst den rücksichtslosesten Autofahrer, den frechsten Velofahrer und den dümmsten Fussgänger toppt: die Rollerfahrer. Als Motorroller werden verschiedene motorisierte Zweiräder bezeichnet. Die geschmackvolle Variante repräsentiert die Vespa, also jenes «Motorino», das in den Filmen Fellinis elegant durch die römische Grossstadtkulisse tuckerte. Daneben existiert eine Vielzahl von Vehikeln, die ihr Design einem Kompromiss zwischen Ästhetik und Funktionalität schulden. Und dann gibt es noch Modelle, die aussehen, als hätte eine Selbsterfahrungsgruppe versucht, aus Staubsaugerteilen einen Töff zu bauen. Regelverstoss als Überlebensstrategie Ähnlich unterschiedlich wie ihre Gefährte kommen die Fahrer daher. Einen Helm tragen zwar alle, denn der ist Vorschrift. Unterhalb des Halses kommt aber Stil vor Sicherheit. Relativ weit verbreitet ist der Anzugträger mit Schlips und Halbschuhen, der ins Büro fährt. Weiter ist eine grosse Varietät an Freizeitbekleidung zu beobachten: Jeans, Hemden und Shirts aller Farben und Formen, Shorts und Röcke und dazu Turnschuhe, Sandalen oder Flip-Flops. Ausgesprochen rar ist hingegen der anständig angezogene Rollerfahrer. Handschuhe und Nierengurte, sta-

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bile Hosen und Lederjacken – was bei Bikern zur Standardausstattung zählt, ist dem durchschnittlichen Rollerfahrer gänzlich unbekannt. Die Bekleidung ist nicht der einzige Bereich, in dem der urbane Rollerfahrer Defizite aufweist. Auch sein Verhalten im Verkehr entspricht nicht den gängigen Vorstellungen. Betrachtungen an einer beliebigen Kreuzung lösen beim durchschnittlich empfindlichen Zeitgenossen Reaktionen irgendwo zwischen Kopfschütteln, Kampfbereitschaft und Schreikrampf aus. Um Verkehrsregeln foutiert sich der Rollerfahrer, denn schliesslich gehört er mit seiner Karosse zu den Coolen und darf sich deshalb aufführen wie ein Velofahrer: Rechts überholen, Rotlichter missachten, auf der Velospur fahren und parkieren, wos grad passt. Nun macht dieses Verhalten auch einen Velofahrer nicht unbedingt sympathisch, im Gegensatz zum motorisierten Mitmenschen bedient er sich zur Fortbewegung aber immerhin seiner Muskelkraft. Zudem beherrscht der Grossteil der Radler seinen Untersatz, auch das ein Unterschied zum Rollerfahrer. Der kann nämlich nicht fahren und unterbewusst weiss er das auch, deshalb getraut er sich nicht in die Nähe von Fahrzeugen, die grösser sind als ein Smart. Geradezu panische Angst hat der Rollerfahrer vor Lastwagen, darum eiert er an den Strassenrand, um dort einen Velofahrer abzudrängen. Oder ihm zumindest den Weg zu versperren, denn um rechts am Brummi vorbeizukommen, braucht es einen schmalen Lenker oder zumindest so viel Nervenstärke, dass zwischen Bordstein und Blechwand nicht plötzlich die Hände zittern. Denn das ist eben der Unterschied zwischen Velo- und Rollerfahrer. Der eine hält sich nicht an die Regeln, weil er sich selber zu helfen weiss, der andere ist so hilflos, dass er ohne Regelverstoss nicht überleben kann. SURPRISE 255/11


So weit sind dies wenig wohlmeinende Betrachtungen eines Velofahrers, der schon viel zu viele unerfreuliche Begegnungen mit Rollern erlebt hat. Leider bestätigen amtliche Statistiken den subjektiven Unmut. Die Zahl der Unfälle mit Rollern steigt stetig. In der Stadt Zürich etwa verdoppelte sich die Zahl der schwerverletzten Rollerfahrer von 2009 auf 2010 von zehn auf 20. Gar verdreifacht hat sich im gleichen Zeitraum die Zahl der Unfälle zwischen Fussgängern und Rollern. Das ist auch deshalb bemerkenswert, weil 2010 aufgrund des schlechten Wetters weniger Roller unterwegs waren als im Jahr davor. Die Gesamtzahl der Rollerunfälle sank denn auch, was aber nicht verhindern konnte, dass mehr gravierende Zwischenfälle auftraten. Gemäss Polizeistatistik liegt die Schuld mehrheitlich bei den Rollerfahrern. «Sie sind meist nicht besonders geübte Fahrer und halten sich oft nicht an die Verkehrsregeln», erklärte Markus Eigenmann von der Verkehrsunfallprävention der Stadtpolizei Zürich. Dazu kommt die Eigenwahrnehmung: «Viele Rollerfahrer betrachten sich nicht als Motorradfahrer, deshalb benützen manche auch die Velospur oder schlängeln sich durch die stehende Kolonne.» Wernher Brucks, Chef der Verkehrsunfallauswertung der Stadt Zürich, hat die Unfallzahlen ausgewertet. Zwischen 2003 und 2010 verunfallten in Zürich 1173 Motorradfahrer und 868 Rollerfahrer. In den letzten Jahren hat sich dieses Verhältnis jedoch verschoben. «Aktuell verunfallen mehr Roller als Motorräder», erklärt Wernher Brucks. Aus seinen Zahlen kann er auch herauslesen, wer welches Zweirad fährt: «Motorradfahrer sind vor allem Männer mittleren Alters. Roller dagegen werden auch zu einem grossen Teil von Frauen bewegt sowie auch von jüngeren oder älteren Personen.»

Selten tritt die menschliche Beschränktheit so gebündelt zutage wie beim Rollerfahrer. Gespräch zu kommen. Einsicht sei bei den meisten vorhanden, sagt Markus Eigenmann. Oft aber siege die Bequemlichkeit: «Das ist ein psychologisches Phänomen: Wenn etwas eine Zeit lang gut gegangen ist, geht der Mensch davon aus, dass auch weiterhin nichts passieren wird.» Tatsächlich ist diese Einstellung menschlich. So gebündelt wie beim Rollerfahrer tritt die Beschränktheit unserer Spezies allerdings selten zutage. Fussgänger und Velofahrer spüren ihre Verletzlichkeit am eigenen, ungeschützten Leib. Autofahrer schützen im Notfall Airbag und Knautschzone, Töfffahrer Kombis mit Hightech-Protektoren oder zumindest eine Schicht robustes Leder. Der Rollerfahrer hingegen gibt einfach Gas – übermotorisiert und unterbelichtet. Evolutionär betrachtet ist seine Prognose eher ungünstig. ■ Weitere Infos zur Rollerkampagne der Stadtpolizei Zürich: www.8ig.tv/Rollerkampagne.html

Bequem ins Verderben Die steigenden Unfallzahlen der Motorroller stehen in scharfem Kontrast zur allgemeinen Tendenz: Gemäss den Mitte Juli vom Bundesamt für Statistik (BfS) publizierten Daten, ist die Zahl der Strassenverkehrsunfälle mittlerweile auf das Niveau der 1950er-Jahre gesunken. Seit dem Zweiten Weltkrieg starben nie weniger Menschen im Strassenverkehr als heute, allein in den letzten 20 Jahren sank die Zahl der Verkehrstoten um 61 Prozent, jene der Schwerverletzten um 43 Prozent. Der Grund dafür, dass sich die Unfallzahlen bei Motorrollern gegenüber denen des Gesamtverkehrs entgegengesetzt entwickeln, liegt in ihrer steigenden Verbreitung. Motosuisse, die Vereinigung der Schweizer Motorrad- und Rollerimporteure belegt dies mit Zahlen: 1990 fuhren in der Schweiz gerade mal 12 000 Roller herum, heute sind es 265 000, allein 2010 gab es gut 20 000 Neuimmatrikulationen. Gemäss Schätzungen ist in der Stadt Zürich jedes zweite motorisierte Zweirad ein Roller. Kein Wunder können hierzulande 500 Händler existieren, die ausschliesslich Roller anbieten. Der Grund für diesen Boom liegt auf der Hand. Immer mehr Menschen pendeln zur Arbeit und insbesondere in der Stadt sind die Strassen chronisch verstopft. Wieso also nicht vom Auto auf den Roller umsteigen? Eine grosse Sache ist das nämlich nicht: Wer das Autobillet hat, braucht bloss eine achtstündige praktische Grundschulung zu besuchen. Danach ist das Fahren von Rollern und Töffs bis 125 Kubikzentimeter ohne weitere Prüfung erlaubt. Die Verkehrsunfallprävention der Stadtpolizei Zürich führt dieses Jahr zum wiederholten Mal eine Rollerkampagne durch. Dabei liegt der Fokus insbesondere auf der Bekleidung. Markus Eigenmann sagt: «Rollerfahren hat ein südländisches Flair. Viele Leute verbinden es mit einem easy Lifestyle und ein bisschen Schickimicki, deshalb fahren sie leicht bekleidet.» Mit Spots und einer mobilen polizeilichen Beratungsstelle will die Präventionskampagne vermitteln, dass Hosen und Jacken mit Protektoren nicht nur Schutz bieten, sondern auch modischen Ansprüchen gerecht werden können. Im Rahmen der Kampagne halten die Beamten der Verkehrsunfallprävention Rollerfahrer mit unpassender Kleidung auch direkt auf der Strasse an und versuchen, mit ihnen ins SURPRISE 255/11

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BILD: ANDREA GANZ

Le mot noir Familienbesuch Neulich am Familientisch in der Bretagne. «Ist euch schon aufgefallen», greift Cousin Cédric einen Fisch aus meinem Teller, «seit einige von uns gestorben sind, ist es richtig ruhig geworden!» «Finger weg!», bremse ich ihn mit der Gabel. «Oder die landet in deinem Auge!» «Wird das jetzt blutig?», fragt mein Stephan aus Zürich etwas ängstlich. «Ich durfte nämlich schon mit deinem Onkel rudern.» «Das war kein Rudern!», meldet sich Oncle Paul, 103, hinter dem Herd zurück. «Das war ein Entendümpeln!» «Paul!», gehe ich dazwischen. «Ich sag nur, was Sache ist! Aber dafür war dein Stephan wirklich pünktlich! Um sechs Uhr zwanzig gings ins Wasser!» «Ich wollte höflich sein», wehrt sich mein Zürcher tapfer. «Genau das meine ich!», schwingt Oncle Paul den Löffel. «Ich hatte nicht mal Zeit, Julie ganz auszuziehen!» «Hier ist das zwischen sechs und sieben», kläre ich meinen

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Zürcher auf. «Wie habt ihr euch eigentlich getroffen?», wechselt Tante Catherine rasch das Thema. «Privat-Liquidation», nicke ich ihr dankbar zu. «Er hat 18 Meter Bambus angeboten und ich hab ihn gekauft. Für einen Kunden.» «Bambus ist gut», nickt Tante Catherine mir zu. «Dann heisst das, er hat keinen grünen Daumen?», kombiniert Cousin Cédric jetzt weiter. «Das heisst, die landet gleich in deinem Auge!», schnappe ich zurück. «Ich habe gehört, dass du bald Vater wirst?», versucht mein Zürcher ein Gespräch in eine neue Richtung. «Ja richtig! Aurélie ist schwanger!», stimmt Tante Catherine mit ein. «Das heisst, wir wissen nicht genau, wer nun der Vater ist», übersetze ich für meinen Zürcher. «Ist doch egal!», wettert Oncle Paul mit den Bohnen. «Hauptsache, es kommt wieder Leben in die Bude! Ist hier inzwischen wie im Altersheim!» «Ist der immer so?», will mein Zürcher leise wissen. «Im Moment hält er sich ganz gut», wiege ich den Kopf und lächle: «Hat dir das Rudern heut gefallen?» «Du hast Glück, dass ich noch lebe», knurrt mein Zürcher langsam. «Wir haben den Frachtdampfer knapp überholt.» «Morgen wird er dich aus dem Boot schubsen und dann die Küstenwache alarmieren», gebe ich ihm einen Tipp. «Die sollen dich erst auffischen, wenn du einen Pass vorweist.» «Ich bin also nicht der Erste, den er rudern lässt?», will mein Zürcher spröde wissen. «Doch natürlich!», lüge ich.

«Yann hat übrigens angerufen», trompetet Cousin Erwan ungebremst über den Tisch. «Und wer ist dieser Yann?», fragt mein Zürcher leise weiter. «Nachher!», zische ich zurück. «Der schwimmt wieder ohne Weste über den Atlantik!», bläst Cousin Cédric in dasselbe Rohr. «Ich wusste gar nicht, dass Schluss ist mit euch beiden!», schaltet sich Cousine Geraldine muffig mit ein. «Und wer ist dieser Yann?», will mein Zürcher noch einmal wissen. «Später!», zische ich zurück. In eine Stille. «Und diese ähm Aurélie kriegt bald ein Kind?», versucht mein Zürcher jetzt einen Small-Talk. «Nur weiss man nicht, von wem?» «Wer weiss schon, wie viele Kinder er tatsächlich hat», sinniert Cousin Erwan vor sich hin. «Ich habe keine», weiss mein Zürcher. «Und Aurélie will es nicht wissen», klatscht ihm Tante Catherine Eclaires auf den Teller. «Vielleicht macht ihr endlich Platz für blonde Feger!» «Paul!» «Sonst bleiben wir hier weiterhin scheisspünktlich!»

DELIA LENOIR LENOIR@HAPPYSHRIMP.CH ILLUSTRATION: IRENE MEIER (IRENEMEI@GMX.CH) SURPRISE 255/11


Punk Revoluzzer mit übersteuerten Gitarren Punk war anfangs gegen alles, und alle waren gegen Punk. 35 Jahre später steckt Punk überall drin: in der Musik, Mode, der Kunst und im Kaufhaus. Teil sechs der Surprise-Serie über Subkulturen.

Bunte Haare, schwarze Doc Martens und dazwischen was Verwaschenes und Zerfetztes – das Outfit vereint bis heute die Pubertäts-Revoluzzer aller Länder. Doch Angst verbreiten diese Punks heute kaum. Das war Ende der 70er-Jahre anders: «Punks bedeuteten Lämpen. Wir hatten überall Hausverbot, legten es aber auch vorsätzlich darauf an», erinnert sich Lurker Grand, Verfasser von «Hot Love – Swiss Punk & Wave 1976 – 1980». Die neue Punk-Welle kam aus England, die Hymne zum Pogen und Pöbeln hiess «Anarchy in the UK». Mit der ersten Single der Sex Pistols von 1976 entlud sich auf der Insel der angestaute Jugendfrust. «No Future», der Refrain ihrer zweiten Single «God Save the Queen», wurde zum Schlachtruf des Punk. Der Sound traf den Nerv der Zeit wie ein Schlag auf die Patellasehne, der das Bein unkontrolliert ausschlagen lässt. Die Jugendbewegung war politisch nicht gerichtet, sie war einfach Anti. Vor allem Anti-Regierung und Anti-Autoritäten, -Lehrer, -Eltern, -Bürgertum. Lurker: «Psychos, Schwule, Behinderte, Linke, Rechte, Ausländer: Die Leute, die sich in der Szene tummelten, waren alle unterschiedlich und hatten andere Motivationen. Aber alle waren Aussenseiter einer sehr konformen Gesellschaft und wollten etwas ändern.» Punk war das Sammelbecken der Unzufriedenen. Die gab es zwar schon länger. Auch den Musikstil gab es bereits vor 1977, das wegen der Debüt-Alben von The Clash und später der Sex Pistols oft als Geburtsjahr des Punk gehandelt wird. Schon in den 60ern spielten Bands rohen, aggressiven Garage Rock mit stark übersteuerten Gitarren und Geschrei. Die Keimzelle des Punkrock war jedoch das CBGB. Der kleine Konzertclub im Big Apple wurde zur Heimat von Bands wie The Stooges, Suicide, Blondie, Patti Smith, den New York Dolls oder The Ramones. Bei allen Drogen-, Sex- und sonstigen Exzessen: Punk ist es auch die Geschichte von jungen Menschen auf der Suche nach einem Gegenentwurf zur konservativen Gesellschaft und dem aufgeblasenen Musikbusiness. Dieser Geist fesselte Malcolm McLaren. Der Engländer zog nach dem Kunststudium nach New York. Dort versuchte er sich auch als Manager der New York Dolls und schickte sie in grellen Transen-Klamotten auf die Bühne. Statt zum Erfolg führte das im puritanischen Amerika ins Gefängnis. Zurück in London castete er für die Umsetzung seiner Musikund-Mode-Vision die Sex Pistols, benannte den Style «Punk» und startete damit eine Revolution. Auch in der Schweiz. Die Szene war klein, doch musikalisch breit gefächert. Während sich jugendliche Bands wie die Nasal Boys oder TNT («Züri Brännt») am aufrührerischen UK-Punk orientierten, experimentierten kultiviertere Exponenten wie Dieter Meier oder Taxi («Campari Soda») mehr mit wavigen Klängen der New Yorker Szene. Geeint waren SURPRISE 255/11

BILD: ROLAND STUCKY

VON OLIVIER JOLIAT

The Clash backstage am 1. Oktober 1977 im Kaufleuten in Zürich

sie im Kampf gegen Langeweile und für Freiraum. Angetrieben wurden alle von der «Do-it-Yourself»-Philosophie des Punk. Lass dir von keinem sagen, was oder wie du es zu tun hast: Tu es einfach! Diese Punk-Losung führte über die 80er-Jahre-Unruhen, die autonomen Kulturzentren und Häuserbesetzungen zur Emanzipation der Schweizer Jugendkultur. So schnell und so brutal der Punk kam, so schnell verpuffte auch seine Energie. Harte Drogen und Gewalt liessen die Szene zu Grunde gehen. Offenheit, Unterschiedlichkeit und jugendliche Naivität wurden ihr zum Verhängnis. Viele Punk-Aktivisten verwerteten ihr Potenzial im Medien-, Politikoder Kulturbusiness. Das Establishment wiederum fand heraus, wie sich das Label Punk zu Geld machen lässt. Heute findet man RamonesT-Shirts bei H&M, die Haute-Couture setzt immer wieder auf Punk-Chic und biedere Vorzeige-Fussballer tragen Irokesen-Frisur. Ausgerottet ist der Punk jedoch nicht. Aber er nun aufgesplittet. Das Spektrum reicht von Labels im Geiste des Punks wie Voodoo Rhythm, die musikalisch mehr die Garage-Trash-Wurzeln pflegen, bis zu musikalisch Normiertem wie gezähmten Teenage-Punk. Aber welcher Punk will schon sagen, dass das falsch ist. ■ «Hot Love – Swiss Punk & Wave 1976 – 1980», Lurker Grand & andere, Edition Patrick Frey; «Please Kill Me – The uncensored oral history of Punk», Legs McNeil & Gillian Grand, Grove Press; www.swisspunk.ch.

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Mit «Tarzan» wurde Cheeta zur Celebrity in

BILD: ZVG

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Kulturtipps

Der Chauffeur ist der Fährmann: Griechische Mythologie mit weichen Sitzpolstern.

Hollywoods Affentheater.

Buch So ein Affentheater!

Performance Cadillac und Sans-Papiers

Das Warten hat eine Ende. Endlich ist sie da. Die ultimative Hollywood-Autobiografie – von Cheeta, Tarzans kreischfideler Dschungelgefährtin.

Für zehn Tage lädt «Stromereien» zum Spazieren, Schlendern und Entdecken ein. Der Kunstgenuss bewegt sich stets im Grenzgebiet zwischen Fiktion und Realität.

VON CHRISTOPHER ZIMMER

VON MICHÈLE FALLER

Sie werden nicht mehr häufig gezeigt, die alten Tarzanfilme. Der Mann im Lendenschurz aber, der an einer Liane durch den Urwald schwingt, ist im kollektiven Bewusstsein geblieben. Und sein Schrei, der es sogar bis zum Handy-Klingelton gebracht hat: Aaahhheeyeeyeeyeeaaaahheeyeeyeeyaahhh! Für manche öffnet dieser Urlaut die Erinnerung an ein farben- und dezibelprächtiges Dschungelpanorama, mit einer Artenvielfalt, die eine Arche hätte füllen können. MGM, die Produktionsfirma vieler TarzanFilme, leistete sich eine ganze Menagerie davon. Und mitten darin wurde ein wild fuchtelndes, kreischendes, rückwärtssaltoschlagendes und zähnebleckendes Pelzknäuel zum Star: Cheeta. Nun hat Hollywoods Vorzeigeschimpansin ihre Autobiografie geschrieben. Eine Parodie? Natürlich, was sonst. Aber dieses Buch ist noch mehr: eine rauschhaft-bissige Satire und ein kenntnisreich-schonungsloser Blick hinter die Kulissen der Traumfabrik. Dorthin, wo die Leinwandgottheiten öffentlichkeitswirksam im Luxus schwelgten und zugleich den Studiobossen gnadenlos ausgeliefert waren. Wo die Höhe der Fanpost-Stapel (die Einschaltquoten von damals) allein über Aufstieg und Fall entschieden, und die Stars sich mit Suff-und-Kopulations-Orgien betäubten. In diese Welt wird Cheeta wie in den Strudel eines durchgeknallten Drehbuchs gerissen. Eines Drehbuchs voller Geschichten: vom Überlebenskampf Cheetas zwischen dem Damoklesschwert der Tierexperimente und der Scheinwelt des Kulissendschungels, von Tarzan-CheetaJane, der schrillsten Dreiecksbeziehung der Filmgeschichte, von einer Zeit vor der Seelenlosigkeit der Pixel-Helden und von Cheetas grosser Liebe zu Johnny Weissmüller, dem fünffachen Olympiasieger und einzig wahren Tarzan. Mit beiden meint es das Schicksal nicht gut: Weissmüller geht bankrott, wird Hoteltürsteher und endet als Tattergreis im Rollstuhl. Cheetas Karriere führt über B-Movies und die Theaterprovinz zum Unsterblichkeitsmaskottchen für Seniorenheime. Doch obwohl es nicht viel gibt, an dem Cheeta ein gutes Affenhaar lässt, bleibt sie der Traumfabrik doch bis zum Ende verfallen. So ist dieses Buch nicht nur ein Abgesang, sondern auch ein Liebeslied auf das legendäre Tinseltown aka Hollywood.

Sprechen die beiden jungen Intellektuellen wirklich mit den Enten? Ist es Zufall, dass diese eigenartige Passantin mit der exzentrischen Gangart schon seit Tagen jeweils um die gleiche Zeit hier vorbeikommt? Das und Ähnliches mögen sich Anwohner und Passanten im Umkreis des Tanzhauses Zürich fragen, die nichts vom Performance-Festival «Stromereien» wissen, das heuer zum sechsten Mal stattfindet. Zum Glück sind bei der Performance-Kunst nie alle Beteiligten vorinformiert, denn die Kunstform lebt nicht nur von der Interaktion von «eingeweihtem» Publikum und Performern, sondern eben auch von zufälligen Zuschauern, die nicht selten unversehens zu Darstellern werden. Die «Stromereien», die mit Aktionen, Musik und Installationen der Limmat entlang die Stadt erkunden und verändern, bieten dieses Jahr nicht nur die klassischen Performance-Spaziergänge, an denen man drei bis vier Werke wie etwa den erwähnten Enten-Vortrag «Duckland» erleben kann, sondern auch drei längere Performances in erwartet ungewohnter Umgebung sowie Workshops und Installationen. «Man kann verschiedene Formate ausprobieren und sich auf viele überraschende Begegnungen gefasst machen», sagt Projektleiterin Bettina Holzhausen und weist auch auf die während des ganzen Festivals stattfindende Choreografie «Topologie» hin, bei der die Performer täglich einen bestimmten Weg begehen – was bei Anwohnern eingangs erwähnte Déjà-vu-Erlebnisse auslösen könnte. Vielversprechend und exklusiv kommt die Performance «Nachtfahrt» daher, die zu einer Fahrt mit einer Cadillac-Limousine Baujahr 1968 lädt. Gänzlich anderen Charakter hat «Fishing in line, Fishing line, Fishing one line, Fishing@line», bei der eine Gruppe von Sans-Papiers knietief im Wasser stehend ihre Fischerruten nach Papieren und Plastikkarten auswirft. Klingt schlicht, kann aber sehr komplex werden, wenn die Zuschauer sich ins Geschehen einmischen. Bei «8037» schliesslich werden gar die Anwohnerinnen der Postleitzahl des Festivalgeländes zu Performance-Kuratoren. Stromereien 11. Performance Festival Zürich, 3. bis 12. August, rund ums Tanzhaus Zürich, Wasserwerkstrasse 129. genaue Angaben zu Ort und Zeit auf www.stromereien.ch

James Lever: Ich, Cheeta. Die Autobiographie. Edition Tiamat 2011. CHF 27.90

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Die 25 positiven Firmen Diese Rubrik ruft Firmen und Institutionen auf, soziale Verantwortung zu übernehmen. Einige haben dies schon getan, indem sie dem Strassenmagazin Surprise mindestens 500 Franken gespendet haben. Damit helfen sie, Menschen in prekären Lebensumständen eine Arbeitsmöglichkeit zu geben und sie auf ihrem Weg zur Eigenständigkeit zu begleiten. Gehört Ihr Betrieb auch dazu? Die Spielregeln sind einfach: 25 Firmen werden jeweils aufgelistet, sind es mehr, fällt jener Betrieb heraus, der am längsten dabei ist.

Alle sind eingeladen. Der Eremit schmeisst seine Begräbnisparty.

DVD Willkommen zu meiner Bestattung! In «Get Low» lässt sich Robert Duvall als rüstiger Eremit ein Begräbnisfest organisieren. Warum er unbedingt noch lebendig dabei sein möchte, erzählt Aaron Schneiders Regieerstling. VON NILS KELLER

Als Felix Bush (Robert Duvall) zu Beginn erfährt, ein entfernter Bekannter sei gestorben, meint er zum Boten knapp: «Was hat ihn erwischt?» «Nichts – er war einfach alt», entgegnet dieser verdutzt. Kurz darauf beschliesst der seit 40 Jahren in Abgeschiedenheit lebende Felix abrupt, dass er nun unter die Erde wolle. Vor seinem Ableben jedoch soll ihm eine grosse Abschiedsfeier gehalten werden: Der berüchtigte Einsiedler lädt alle ein, die eine der abstrusen Geschichten über ihn zum Besten geben können. Der örtliche Pfarrer hat für solche unseligen Wünsche kein offenes Ohr und nur dank den finanziellen Schwierigkeiten des Bestattungsunternehmens findet Felix überhaupt eine Möglichkeit, seinen letzten Wunsch umzusetzen. Das anfängliche Misstrauen des Bestatters (Bill Murray) und seines Assistenten (Lucas Black) erweist sich als gerechtfertigt, als aus dem vermeintlich einfach zu verdienenden Geld eine Kutschenfahrt in Felix Bushs zwielichte Vergangenheit wird. «Get Low» handelt nicht vom ehrenvollen Altern, und auch das Sterben interessiert die Autoren Provenzano und Mitchell kaum. Vielmehr gewähren sie ihrer Hauptfigur eine Chance auf Vergebung. Dazu wird die Legende eines Eremiten im Tennesse der 30er-Jahre genutzt, der seine eigene Bestattungsparty schmiss. Wenn mit fortschreitender Handlung trotz Felix Bushs Verbitterung Augenblicke von menschlicher Nähe aufblitzen, liegt dies einerseits an den überzeugenden, ruhig gehaltenen Bildern und am alles überragenden Robert Duvall, der seine greise Figur bis ins äusserste Barthaar beleben kann. Seine schauspielerische Bandbreite reicht vom rüden Kauz über den gebrochenen Liebhaber bis zum tröstenden Freund. Sowieso besticht das gesamte Ensemble, dem auch die immer noch keck schwungvolle Nase von Sissy Spacek angehört, auf ganzer Linie. So endet «Get Low» auf der Leinwand zwar mit Grabsteinen und Blumen, im Herzen jedoch mit der Erleichtung, dass die Vergangenheit durch den Akt des ehrlichen Erzählens verziehen werden kann. In gewisser Weise: Geschichte gut, Ende gut.

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VXL gestaltung und werbung ag, Binningen

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Scherrer & Partner GmbH, Basel

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Balcart AG, Carton Ideen Lösungen, Therwil

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KIBAG Bauleistungen

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responsAbility, Zürich

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Odd Fellows, St. Gallen

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Coop

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Arbeitssicherheit Zehnder GmbH, Ottenbach

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Velo-Oase Bestgen, Baar

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Schweiz. Tropen- und Public Health-Institut, BS

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Augusta-Raurica-Loge Druidenorden Basel

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Druckerei Hürzeler AG, Regensdorf

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Klinik Sonnenhalde AG, Riehen

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Stellenwerk AG, Zürich

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www.bauernschlau.ch, Hof, Web, Kultur

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Axpo Holding AG, Zürich

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AnyWeb AG, Zürich

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Niederer, Kraft & Frey, Zürich

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Gemeinnütziger Frauenverein Nidau

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Knackeboul Entertainment, Bern

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Locher Schwittay Gebäudetechnik GmbH, Basel

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Kaiser Software GmbH, Bern

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Responsability Social Investments AG, Zürich

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Lions Club Zürich-Seefeld

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TYDAC AG, Bern

Möchten Sie bei den positiven Firmen aufgelistet werden? Mit einer Spende von mindestens 500 Franken sind Sie dabei! PC-Konto: 12-551455-3, Verein Strassenmagazin Surprise, 4051 Basel Zahlungszweck: Positive Firma + Ihr gewünschter Eintrag. Wir schicken Ihnen eine Bestätigung.

GET LOW (USA 2009), 103 Min. Englisch, Deutsch; Untertitel in Englisch, Deutsch u.a. Extras: Cast & Crew, Dokumentationen, Audiokommentare. www.sonyclassics.com/getlow 255/11 SURPRISE 255/11

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BILD: ZVG BILD: BEATRICE JÄGGI

Ausgehtipps

Apparatschik bringen Taiga-Grooves an den Bielersee.

Biel Handgezimmert

Lokalkolorit oder Mogelpackung: Zürich im Film.

Zürich Jack the Zürcher Um das Jahr 1906 richtet eine Person eine Kamera auf den Hauptbahnhof von Zürich und filmt. Die Aufnahme lagert heute in der Cinémathèque Lausanne und gilt als ältestes Filmdokument der Stadt Zürich. Seither diente die Stadt als Filmkulisse wie kaum ein anderer Ort in der Schweiz: «Strähl», «Der Freund», «Snow White» – alles Filme mit Zürcher Lokalkolorit. Andererseits produzierte Erwin C. Dietrich 1976 in Zürich den Film «Jack The Ripper» mit Klaus Kinski in der Titelrolle, und der Schanzengraben wurde so zur Themse und das Niederdorf zum Londoner Dirnenviertel. Die Rote Fabrik widmet sein Openair-Kino «Film am See» diesen Sommer vollumfänglich dem Drehort Zürich. Nicht fehlen darf hier der Kurt Früh-Klassiker «Es Dach überem Chopf». Und das Programm vom 11. August lohnt sich schon allein deswegen, weil Kurzfilme nicht allzu oft zu sehen sind. (dif)

Open Airs gibts wie Sand am Meer. Ein Open Air am See hingegen klingt schon spezieller. Und etwas ganz Besonderes ist das sympathische Festival am Bielersee, das seit über 20 Jahren für guten Geschmack und eine anständige Haltung steht. Auch dieses Jahr kommt man ohne Grosssponsoren und Superstars aus, auch wenn Stiller Has für CH-Verhältnisse eine grosse Nummer sind. Ansonsten gehts auf der handgezimmerten Bühne quer durchs Alternativ-Milieu: Folk, Electro, Ska, Punk- und anderes Gerocke und auch die Hausbesetzer-Darlings Guts Pie Earshot zelebrieren einmal mehr ihren Cello-Breakbeat-Metal. Manches ist tanzbar wie das Polkainferno von Apparatschik, anderes eher experimentell wie Vialka aus Frankreich. Als bald nicht mehr Geheimtipp sei besonders Fai Baba aus Zürich empfohlen. Tagsüber sorgen zudem Feuerschlucker und Jongleure für Unterhaltung und animieren zu Spiel und Spass für die ganze Familie. Schöne Aussichten also. (ash) Open Air am Bielersee, Strandwiese Vinelz, 5. bis 7. August. www.openairambielersee.ch

Für die Kleinen: Paul Klees «Bilderbuch».

Bern Rotznasen auf Tischplattenhöhe Gewisse kulturelle Angebote preisen sich gerne als «niederschwellig» an. Das Zentrum Paul Klee (ZPK) geht noch einen Schritt weiter und holt Kinder dort ab, wo sie tatsächlich sind. Also dort, wo die Nase gerade mal bis zur Tischplatte reicht. Da braucht es keine niederen Schwellen, sondern tief gehängte Bilder. Einige Werke aus der aktuellen Ausstellung sind zur Zeit deshalb auf Augenhöhe der Kinder zu betrachten – sie wurden im Vorfeld von sechsbis zehnjährigen Kindern ausgewählt und kommentiert. Die Erwachsenen werden sich bücken müssen und vielleicht auch eine Ahnung davon bekommen, weshalb es Kindern in Museen nicht immer nur gefällt: Es ist eben alles eine Sache der Perspektive. Das ganze Jahr 2011 steht im ZPK und im zugehörigen Kindermuseum unter dem Motto «Kind». Denn das Kindliche taucht in Paul Klees Werk selber immer wieder auf. (dif) «Kindersichten» noch bis zum 18. März 2012, und andere Veranstaltungen unter dem Motto «Kind», Di bis So, 10–17 Uhr, Zentrum Paul Klee, Bern. www.zpk.org

«Drehort Zürich», Film am See, Rote Fabrik, Zürich. Do, 4. August «Es Dach überem Chopf», Do, 11. August Kurzfilmprogramm, www.rotefabrik.ch

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BILD: ROCHUS LUSSI

Fleischgewordene Kunst – oder umgekehrt.

Luzern Cervelat-Promis zum Anbeissen Bergwärts, Musikanten! Kaspar Ewalds Exorbitantes Kabinett.

In Luzern gehts noch bis zum 11. September um die Wurst. Im Rahmen des 1. Schweizer Wurstfestivals «Alles Wurscht oder was?» lädt das Historische Museum zum Blick auf und zum Biss in die Wurst ein. Die Kunst ist schon seit Jahrhunderten fasziniert von Fleisch und Wurst und symbolisiert damit das pralle Leben genauso wie Tod und Zerfall. Und während Stephan Remmler die zwei Enden der Wurst besingt, verwurstet Nina Steinemann die Cervelat-Prominenz zu einer künstlerischen Intervention. Historiker tragen ein ganze Schlachtplatte an Wissenswertem auf und zeigen, wer im Mittelalter mit Würsten beschenkt wurde und wann es die ersten Wurst-Gesetze gab. Natürlich gibt es thematisch Passendes auch zum Zubeissen: Wurstproduzenten aus der ganzen Schweiz bieten ihre Spezialitäten an. Und wer zum Schluss noch seinen eigenen Senf dazugeben mag, wird in einem Wettbewerb vielleicht sogar noch ausgezeichnet. (dif) «Alles Wurscht oder was?», noch bis am 11. September, Di bis So 10 bis 17 Uhr, Do bis 20 Uhr. www.historischesmuseum.lu.ch

Altdorf Haydn im Naturtonland Wer statt trendige Bands spezielle Klänge sucht, zieht nach Altdorf, wo dieses Jahr wieder Alpentöne auf dem Programm stehen. Während drei Tagen begegnen sich Volksmusikanten, Jazzer und Avantgardisten, um miteinander und je für sich den Sound der Gebirgsketten von Slowenien bis Frankreich zu erkunden. Vieles wirkt auf dem Papier wie Expertenstoff, doch Offenheit hat bei Alpentöne Tradition. Und so wird das Publikum auch dieses Jahr Stile, Instrumente und Kombinationen erleben, von denen es noch gar nicht wusste, dass es sie gibt. Etwa den Akkordeonisten Otto Lechner, der mit dem Casal Quartett Streichkonzerte von Haydn aufführen wird. Oder Kaspar Ewald, der mit dem Exorbitanten Kabinett seine szenische Komposition «Paradise Lost» aufführt: Miltons Werk als antike Tragödie, die Harmonik zwischen Quintwelten und Naturtonreihen und das Orchester als tanzender Chor. Klingt komisch, wird super. (ash)

BILD: FRANÇOIS BERTHOUD

Alpentöne, Altdorf, 12. bis 14. August. www.alpentoene.ch

Zürich Visuelle Verführung Mode ist eine Form von Kunst – das ist nicht immer offensichtlich, und wenn man dabei eher an Ausverkauf und Wühltische denkt, stimmt es auch nicht ganz. Sieht man sich aber die Werke des Schweizer Modeillustrators François Berthoud an, wird klar: Seine visuellen Interpretationen von Kleidern, Schuhen, Taschen, Parfums und Accessoires sind ästhetische Gesamtkunstwerke. Modeillustration ist visuelle Verführung – dazu gehört auch die erotische Komponente. Berthoud selber sagt: «Erotik ist ein Dauerthema, auch in der Werbung. Illustrationen können jedoch gegenüber der Fotografie mehr Raum für Vorstellungen und Interpretationen bieten.» Mit Illustrationen für Magazine wie «Vanity» und «Vogue» erlangte er Weltruhm. Seine expressiven Linolschnitte, Tropfenbilder und Computergrafiken sind Teil von Kampagnen, die den Erfolg der Modehäuser mitprägen. So verbindet sich Kunst und Kommerz. Aber stets auf die elegante Art. (dif) François Berthoud – Die Kunst der Modeillustration, noch bis zum 9. Oktober, Di bis So 10 bis 17 Uhr,

Mehr Raum für Vorstellungen: Die Kunst der Illustration. SURPRISE 255/11

Mi bis 20 Uhr, Museum für Gestaltung, Zürich. www.museum-gestaltung.ch

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Verkäuferporträt «Ich bin mit Kamelhändlern geflüchtet» Misghina Kiflezghi (32) hat an seinem Verkaufsort vor der Migros in Spiez viele Freundschaften schliessen können. Einer verdankt er seine Einzimmerwohnung in den Spiezer Rebbergen.

«Ich bin in einem kleinen Dorf in der Region Anseba, nordwestlich der eritreischen Hauptstadt Asmara, in einer grossen Familie aufgewachsen. Nach dem Gymnasium musste ich für drei Monate in die Militärausbildung, danach wurde ich, immer noch im National Service, für ein Jahr nach Asmara ins Lehrerseminar geschickt. Dort wurde ich zum Lehrer ausgebildet und musste unter anderem Tigre, eine der neun Landessprachen, lernen. Meine Muttersprache ist zwar Tigrinya, doch es fehlten noch Lehrer, die in Tigre unterrichten konnten. Als Eritrea Anfang der Neunziger unabhängig wurde, hatte die Regierung beschlossen, dass alle Kinder in ihrer Muttersprache unterrichtet werden sollen. Nach der Ausbildung unterrichtete ich vier Jahre lang Kinder zwischen sieben und 15 Jahren in Mathematik, Englisch und Tigre. Drei Jahre davon war ich in einem Ort, der an der Strasse Richtung sudanesische Grenze liegt. Dort begann ich an Flucht zu denken, denn ich sah für mich keine Zukunft in meiner Heimat. Die Regierung bestimmte über mein Leben, sagte, wo und was ich zu arbeiten hatte, Lohn erhielt ich keinen, schliesslich war ich immer noch im National Service. Auch mein Wunsch, weiterzustudieren, wurde mir trotz mehrerer Anfragen nicht erfüllt. 2005 bin ich mithilfe von Leuten, die Kamele für Händler in den Sudan brachten, geflüchtet. Sie gingen voraus, ein Freund, mit dem ich aufgewachsen bin, und ich marschierten in einem gewissen Abstand hinterher. Weil es ältere Männer waren, durften sie legal ausreisen, uns war das verboten, weil wir ja Militärdienst leisten sollten. Angekommen im Sudan, trennten wir uns. Drei Jahre später haben wir uns zufällig in der Schweiz wiedergesehen, er wohnt mittlerweile im Kanton Zug. Damals durchquerte ich mit einer Gruppe in einem total überfüllten Auto die Sahara. Nach zehn Tagen erreichten wir Libyen, wo ich zuerst Geld verdienen musste, um die Fahrt übers Mittelmeer bezahlen zu können. Schliesslich blieb ich zwei Jahre in Tripolis und arbeitete in einem Restaurant. Der Besitzer war ein sehr guter und netter Mann aus dem Sudan, der bereits mehr als 20 Jahre in Libyen lebte. Während ich dort arbeitete, konnte ich bei ihm und seiner Familie wohnen. Im Februar 2008 kam ich in der Schweiz an und stellte in Basel den Asylantrag. Bereits nach kurzer Zeit wurde ich nach Hondrich, oberhalb von Spiez, transferiert, wo ich fast ein Jahr lang im Flüchtlingszentrum wohnte. Für mich war das Leben dort sehr schwierig, denn während ich Surprise verkaufen ging, schliefen meine drei Zimmerkollegen fast den ganzen Tag und waren dafür bis spät am Abend wach und laut. Mithilfe eines Mannes, den ich in Spiez beim Hefteverkauf kennen gelernt hatte und der heute mein bester Freund und auch ein bisschen wie mein Vater ist, konnte ich dann in eine Einzimmerwohnung ziehen. Er hat

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BILD: FREDI MAURER

AUFGEZEICHNET VON ISABEL MOSIMANN

mir letzten Herbst auch geholfen, den Praktikumsplatz im Spital Thun zu finden, wo ich sechs Monate in der Tagesklinik mitarbeiten durfte. Wenn ich genügend gut Deutsch spreche, würde ich sehr gern in der Pflege arbeiten. Speziell die Arbeit mit älteren Leuten gefällt mir. Die Wohnung, die mir mein Freund vermittelt hat, ist ein Glücksfall. Sie ist wunderschön gelegen, oberhalb des Thunersees, in den Spiezer Weinbergen, und ich verstehe mich mit meiner Vermieterin sehr gut. Wir sind sozusagen Berufskollegen, denn sie war bis zur Pensionierung auch Lehrerin. Wir helfen uns gegenseitig: Ich trage Einkäufe für sie nach Hause, giesse Blumen, lese Äpfel ab, und sie hilft mir mit dem Deutsch. Ich habe hier viele sehr nette Menschen kennen gelernt. Bei befreundeten Familien bin ich regelmässig eingeladen, auch zum Geburtstag. Ich habe eine wunderbare Torte geschenkt bekommen mit meinem Namen darauf. Ich schätze diese Freundschaften sehr, denn ab und zu habe ich schon Heimweh. Ich habe einen Bruder, der in den Sudan geflüchtet ist, und sieben Halbgeschwister. Meine Mutter ist gestorben. Ein Halbbruder ist im Krieg ums Leben gekommen, die anderen Halbgeschwister und mein Vater leben noch immer in Eritrea. Ich vermisse meine grosse Familie, speziell meinen Vater.» ■ SURPRISE 255/11


Eine Chance für alle! Werden Sie Surprise-Götti oder -Gotte Surprise kümmert sich um Menschen, die weniger Glück im Leben hatten als andere. Menschen, die sich aber wieder aufgerappelt haben und ihr Leben in die eigenen Hände nehmen wollen. Mit dem Verkauf des Strassenmagazins Surprise überwinden sie ihre soziale Isolation. Ihr Alltag bekommt Struktur und wieder einen Sinn. Sie gewinnen neue Selbstachtung und erarbeiten sich aus eigener Kraft einen kleinen Verdienst. Die Surprise-Strassenverkäuferinnen und -verkäufer helfen sich

Bob Ekoevi Koulekpato Basel

selber. Das verdient Respekt und Unterstützung. Regelmässige Verkaufende werden von Surprise gezielt unterstützt. Die Teilnehmer am Programm SurPlus sind sozial abgesichert (Ferien, Krankheit). Mit der Programmteilnahme übernehmen die Surprise-Verkaufenden mehr Verantwortung; eine wesentliche Voraussetzung dafür, wieder fit für die Welt und den Arbeitsmarkt zu werden.

Jela Veraguth Zürich

Kurt Brügger Basel

Anja Uehlinger, Baden Peter Hässig, Basel Andreas Ammann, Bern Marlies Dietiker, Olten

Tatjana Georgievska, Basel Peter Gamma, Basel René Senn, Zürich

Ausserdem im Förderprogramm SurPlus: Marika Jonuzi, Basel Fatima Keranovic, Baselland Jovanka Rogger, Zürich Wolfgang Kreibich, Basel

Ja, ich werde Götti/Gotte von: 1 Jahr: 6000 Franken

1/2 Jahr: 3000 Franken

1/4 Jahr: 1500 Franken

Vorname, Name

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Datum, Unterschrift

1 Monat: 500 Franken

255/11 Talon bitte senden oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch, PC-Konto 12-551455-3 SURPRISE 255/11

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Surprise ist: Hilfe zur Selbsthilfe Surprise hilft seit 1997 Menschen in sozialen Schwierigkeiten. Mit Programmen in den Bereichen Beschäftigung, Sport und Kultur fördert Surprise die soziale Selbständigkeit. Surprise hilft bei der Integration in den Arbeitsmarkt, bei der Klärung der Wohnsituation, bei den ersten Schritten raus aus der Schuldenfalle und entlastet so die Schweizer Sozialwerke.

Ich möchte Surprise abonnieren! 24 Ausgaben zum Preis von CHF 189.– (Europa: CHF 229.– ) (Verpackung und Versand bieten StrassenverkäuferInnen ein zusätzliches Einkommen.) Gönner-Abo für CHF 260.–

Eine Stimme für Benachteiligte Surprise verleiht von Armut und sozialer Benachteiligung betroffenen Menschen eine Stimme und sensibilisiert die Öffentlichkeit für ihre Anliegen. Surprise beteiligt sich am Wandel der Gesellschaft und bezieht Stellung für soziale Gerechtigkeit. Strassenmagazin und Strassenverkauf Surprise gibt das vierzehntäglich erscheinende Strassenmagazin Surprise heraus. Dieses wird von einer professionellen Redaktion produziert, die auf ein Netz von qualifizierten Berufsjournalistinnen, Fotografen und Illustratorinnen zählen kann. Das Magazin wird fast ausschliesslich auf der Strasse verkauft. Rund dreihundert Menschen in der deutschen Schweiz, denen der Arbeitsmarkt verschlossen bleibt, erhalten damit eine Tagesstruktur, verdienen eigenes Geld und gewinnen neues Selbstvertrauen.

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Herausgeber Strassenmagazin Surprise GmbH, Postfach, 4003 Basel www.strassenmagazin.ch Öffnungszeiten Sekretariat 9 – 12 Uhr, Mo – Do T +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99 info@strassenmagazin.ch Geschäftsführung Paola Gallo, Agnes Weidkuhn (Assistenz GF) Anzeigenverkauf T +41 61 564 90 90, M +41 76 325 10 60 anzeigen@strassenmagazin.ch Redaktion T +41 61 564 90 70, F +41 61 564 90 99 Reto Aschwanden, Florian Blumer, Diana Frei (Nummernverantwortliche) redaktion@strassenmagazin.ch Ständige Mitarbeit Alexander Jungo (Korrektorat), Delia Lenoir, Irene Meier, Stephan Pörtner, Milena Schärer, Isabella Seemann, Priska Wenger, Christopher Zimmer Mitarbeitende dieser Ausgabe Danielle Batist, Michèle Faller, Olivier Joliat, Nils Keller, Isabel Mosimann, Simon Murphy, Karin Scheidegger, Elisabeth Wiederkehr Gestaltung WOMM Werbeagentur AG, Basel Druck AVD Goldach Auflage 29 400, Abonnemente CHF 189.–, 24 Ex./Jahr Marketing, Fundraising T +41 61 564 90 61 Theres Burgdorfer, t.burgdorfer@strassenmagazin.ch

Sport und Kultur Surprise fördert die Integration auch mit Sport. In der Surprise Strassenfussball-Liga trainieren und spielen Teams aus der ganzen deutschen Schweiz regelmässig Fussball und kämpfen um den Schweizermeister-Titel sowie um die Teilnahme an den Weltmeisterschaften für sozial benachteiligte Menschen. Seit 2009 hat Surprise einen eigenen Chor. Gemeinsames Singen und öffentliche Auftritte ermöglichen Kontakte, Glücksmomente und Erfolgserlebnisse für Menschen, denen der gesellschaftliche Anschluss sonst erschwert ist. Finanzierung, Organisation und internationale Vernetzung Surprise ist unabhängig und erhält keine staatlichen Gelder. Das Strassenmagazin wird mit dem Erlös aus dem Heftverkauf und mit Inseraten finanziert. Für alle anderen Angebote wie die Betreuung der Verkaufenden, die Sportund Kulturprogramme ist Surprise auf Spenden, auf Sponsoren und Zuwendungen von Stiftungen angewiesen. Surprise ist eine nicht gewinnorientierte soziale Institution. Die Geschäfte werden von der Strassenmagazin Surprise GmbH geführt, die vom gemeinnützigen Verein Strassenmagazin Surprise kontrolliert wird. Surprise ist führendes Mitglied des Internationalen Netzwerkes der Strassenzeitungen (INSP) mit Sitz in Glasgow, Schottland. Derzeit gehören dem Verband über 100 Strassenzeitungen in 40 Ländern an.

Vertriebsbüro Basel T +41 61 564 90 83, M +41 79 428 97 27 Zoë Kamermans, Patrick Würmli, Spalentorweg 20, 4051 Basel, basel@strassenmagazin.ch Vertriebsbüro Zürich T +41 44 242 72 11, M +41 79 636 46 12 Reto Bommer, Engelstrasse 64, 8004 Zürich, zuerich@strassenmagazin.ch Vertriebsbüro Bern T +41 31 332 53 93, M +41 79 389 78 02 Andrea Blaser, Alfred Maurer, Pappelweg 21, 3013 Bern, bern@strassenmagazin.ch Strassenchor T +41 61 564 90 40, F +41 61 564 90 99 Paloma Selma, p.selma@strassenmagazin.ch Strassensport T +41 61 564 90 10, F +41 61 564 90 99 Lavinia Biert (Leitung), Olivier Joliat, David Möller l.biert@strassenmagazin.ch, www.strassensport.ch Trägerverein Strassenmagazin Surprise Präsident: Peter Aebersold Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auch auszugsweise oder in Ausschnitten, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird von der Redaktion und dem Verlag jede Haftung abgelehnt. Surprise behält sich vor, an Verkaufende gerichtete Postsendungen zu öffnen. Barspenden an namentlich bezeichnete Verkaufende können nur bis zu einem Betrag von CHF 100.– weitergeleitet werden. Darüber hinausgehende Beträge sollen – im Einverständnis mit der Spenderin oder dem Spender – allen Verkaufenden zugute kommen.

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Dazu passend: Leichtes T-Shirt, 100%Baumwolle, für Gross und Klein.

Endlich wieder Sommer! Grosses Badetuch 100 x 180 cm aus sehr langlebigem Zwirngarn, 100% handgepflückte Baumwolle. Mit Surprise-Logo eingewebt und von A bis Z in der Schweiz hergestellt. Vorder- und Rückseite verschiedenfarbig: vorne kühles Aquablau, hinten heisses Rot.

Herren CHF 25.– S (schmal geschnitten) Kinder CHF 20.– XS S Alle Preise exkl. Versandkosten.

Strandtuch (100 x 180 cm) CHF 65.–

50 Prozent des Verkaufspreises kommt Surprise zugute.

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Datum, Unterschrift 255/11

*gemäss Basic 2008-2. Seite bitteMACH heraustrennen und schicken oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch

Ist gut. Kaufen! Wer etwas verkauft, braucht Geld. Schlichte Wahrheit – gute Sache. Denn 50 Prozent des Verkaufspreises kommt Surprise zugute. Alle Preise exkl. Versandkosten.

Surprise Zeitungs-Taschen (34 x 36 cm); CHF 37.50 neon-orange schwarz

Surprise City-Taschen (24,5 x 35,5 cm); CHF 40.– rot blau schwarz

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Strasse

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PLZ, Ort

Datum, Unterschrift

Surprise Rucksäcke (32 x 40 cm); CHF 89.– schwarz rot

255/11

*gemäss Basic 2008-2. Seite bitteMACH heraustrennen und schicken oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch SURPRISE 255/11

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Von Aarberg bis Zuoz. Surprise gibt es beim Strassenhändler Ihres Vertrauens. Oder im Abo per Post.

24 Ausgaben für 189 Franken oder als Gönner-Abo für 260 Franken. Gutes lesen, Gutes tun und gleich bestellen! www.strassenmagazin.ch, www.strassensport.ch, Spendenkonto PC 12-551455-3 Strassenmagazin Surprise, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, T +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99


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