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Gemüsegärtner Wie Fische Salat wachsen lassen «Kunst veredelt die Dinge» – Sven Regener im Interview

Stumm geschaltet: Arbeiter in der chinesischen iPhone-Fabrik

Nr. 258 | 9. bis 22. September 2011 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass.


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www.hyundai.ch


Titelbild: iStockphoto

Editorial Faules Obst und frisches Gemüse BILD: ZVG

Etwas ist faul im Staate China, genauer: Im Reich Foxconn, wie der Zulieferer von Apple heisst. Und es sind nicht etwa die Fabrikarbeiter, die hier faul sind – ganz im Gegenteil. Es sind vielmehr die Äpfel. Um die diversen Apple-Produkte herzustellen, arbeitet der Konzern mit menschenverachtenden Methoden. So mussten die Verantwortlichen bereits Auffangnetze für selbstmordgefährdete Arbeiter installieren, damit hoffentlich niemand am Boden zerschellt, wenn er springt, denn das wäre imageschädigend. Und bei anderen Elektronikherstellern, die ebenfalls die Schweiz beliefern, sind die Verhältnisse nicht besser. Wir massen uns hier nicht an, Schuldige in China zu suchen oder abschliessend in den Industrienationen zu orten, wo die PC-Games und Notebooks zu Must-haves er- DIANA FREI hoben wurden. Schade finden wir es trotzdem, dass sich unser Journalist vergeblich REDAKTORIN darum bemühte, Stellungnahmen von Schweizer Firmen einzuholen, die Produkte aus chinesischen Fabriken in die Schweiz importieren. Wo er überhaupt Antworten bekam, waren es ausweichende Floskeln. Aber es ist offensichtlich, dass die gleichen Gadgets, die den einen das Leben etwas erleichtern, es den anderen erheblich erschweren. Es geht um das Verhältnis von Lebensnotwendigkeiten und Lifestyle. Irgendwo ist hier etwas verrutscht. Genau hier setzen die Urban Farmers an: Die Start-up-Unternehmer rücken Herstellung und Konsum wieder näher zusammen und ermöglichen es Städtern, sich als Kleinbauern zu versuchen. Mit dem AquaponicSystem lässt sich in einem Container auf dem Parkplatz Gemüse aufziehen, genährt von den Ausscheidungen der Fische im zugehörigen Wasserbecken. Angesprochen ist hier ein gewisser Selbstversorgungsinstinkt, das ökologische Gewissen und ganz einfach das Bedürfnis wieder zu wissen, woher die Nahrung kommt. Und die Aquaponic-Variante für den Privathaushalt, die man wie einen Kühlschrank in die Küche stellen kann, lässt ahnen, dass auch hier wieder die LifestyleFrage eine Rolle spielt. Urban Farming ist gut fürs ökologische Gewissen und trotzdem chic für die eigenen vier Wände. Eine Jahrhundertidee? Wir wissen es nicht. Aber Sven Regeners Hamburg-Heiner würde dazu vielleicht sagen: «Wenn schon Jahrhundert, dann ja wohl das 18.!» Mehr dazu ab Seite 19. Wir wünschen Ihnen eine gute Lektüre Herzlich Diana Frei

Surprise ist auf Spenden angewiesen. Auch auf Ihre! Herzlichen Dank. PC-Konto 12-551455-3 Ihre Meinung! Bitte schicken Sie uns Ihre Anregungen oder Kritik: Strassenmagazin Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, T +41 61 564 90 70, redaktion@strassenmagazin.ch. Es werden nur Leserbriefe abgedruckt, die mit vollem Namen unterzeichnet sind. Die Redaktion behält sich vor, Briefe zu kürzen. SURPRISE 258/11

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10 Strassensport So gut wie noch nie BILD: OLIVIER JOLIAT

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Inhalt Editorial Lifestyle Basteln für eine bessere Welt Nachschub für Sammelwütige Aufgelesen Gegen den Biorhythmus Zugerichtet Beschimpfung im Revier Mit scharf! Von Norwegen lernen Porträt Die Schweiz und ihre Schäfchen Sven Regener Hamburg-Heiner auf Durchreise Wörter von Pörtner Thermopapier war mal hip Subkulturen Ein Platz für Iron Maiden Kulturtipps Mit High Heels im Kuhmist Ausgehtipps Eine Gasse erzählt sich Verkäuferporträt Koch mit Magengeschwür Programm SurPlus Eine Chance für alle! In eigener Sache Impressum INSP

Die Surprise Strassensport Nationalmannschaft hat beim 9. Homeless World Cup ihr bisher bestes Ergebnis erreicht. Nach Anfangsschwierigkeiten holten die sieben wackeren Eidgenossen dank ausgeprägtem Teamgeist in der zweiten Turnierphase gar den Gruppensieg. Les Petits Suisses liessen nicht nur La Grande Nation hinter sich, sondern weitere Fussballgrossmächte wie Deutschland oder Spanien und belegten am Ende Rang 28.

12 Ernährung Fisch und Gemüse vom Parkplatz BILD: SOPHIE STIEGER

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Wir haben ein paar Probleme: Die Erdbevölkerung wächst, die Landwirtschaftsflächen werden knapper und die Menschen ziehen in die Städte. Dort sind sie einer globalisierten, Energie- und CO2-intensiven Nahrungsmittelindustrie ausgeliefert und verlieren den Bezug zu den Pflanzen und Tieren, die hinter den Produkten stehen. Eine junge Zürcher Firma liefert eine Lösung für diese Probleme: Mit einer altbewährten Symbiose will sie die Landwirtschaft in Hinterhöfe und auf Flachdächer bringen.

BILD: ISTOCKPHOTO

16 Computerindustrie Im Schatten des Apfels Überstunden, miese Bezahlung und nur mit Erlaubnis aufs WC – die chinesischen Angestellten des Elektronikherstellers Foxconn sind die Opfer des Preiskampfes von Apple und anderen Computerherstellern. Selbst nach einer Reihe von Selbstmorden haben sich die Arbeitsbedingungen kaum verbessert. Betroffene berichten aus dem Fabrikalltag und erklären, wieso die Zustände in anderen chinesischen Betrieben noch viel schlimmer sind.

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ILLUSTRATION: SIMON DREYFUS | WOMM

Ali Khavari

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Murat Kusoglu

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1. Falls noch nicht geschehen:

2. Sollte Ihnen die letzte Surprise-Ausgabe mit der

Laden Sie auf www.strassensport.ch den Surprise-

ersten Bildchen-Serie durch die Lappen gegangen

Strassensport-Sammelbogen herunter und drucken

sein: Fragen Sie Ihre Verkäuferin, ob sie Ihnen noch

Sie ihn farbig aus.

ein Exemplar organisieren kann, oder bestellen Sie eines direkt bei Surprise (info@strassenmagazin.ch oder 061 564 90 90).

3. Schneiden Sie die Bildchen aus und kleben Sie sie mit Papierleim an bezeichneter Stelle ein.

4. Präsentieren Sie ihren Panini-verrückten Freunden den vollen Sammelbogen unserer Helden von Paris. Sie werden Augen machen.

Marco Zanni

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Günther Rothenfluh

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Basteln für eine bessere Welt Surprise-Sammel-Mania Teil II: Zur Feier der WM-Mission 2011 unserer Strassen-Nati (die so gut abgeschnitten hat wie noch nie! Siehe Bericht Seite 10) exklusiv für Surprise-Leser: Die offiziellen Sammelbilder des Schweizer Teams am Homeless World Cup 2011 in Paris. SURPRISE 258/11

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Aufgelesen News aus den 90 Strassenmagazinen, die zum internationalen Netzwerk der Strassenzeitungen INSP gehören.

Plündernde Konsumkids London. Big Issue beschäftigt die Frage, wie es zu den Gewaltausbrüchen und Plünderungen kommen konnte. Eine Ursache liege im herrschenden «zügellosen Konsumismus»: In Englands Unterschicht wachsen Teenager auf, die an nicht viel mehr glaubten als an die Aneignung von neuen Dingen. Seit sie den Fernsehschalter drücken können, sähen sie das neuste Handy und die aktuellsten Designer-Trainingsanzüge als die einzigen begehrlichen Objekte.

Mach mal Pause I Nürnberg. Gleich zwei deutsche Strassenzeitungen widmen sich den Themen Pause und Freizeit. Im Strassenkreuzer sagt NeurologieChefarzt Erbguth, dass wir die einzigen Geschöpfe sind, die sich über ihren Biorhythmus hinwegsetzen können – einem Hund käme es nie in den Sinn, eine Nacht durchzumachen. Zudem könne unser Gehirn im Ruhezustand Leistungen vollbringen, zu denen es sonst nicht fähig wäre. So habe Kekolé die Benzolformel im Dämmerschlaf entdeckt.

Mach mal Pause II Stuttgart. Im trott-war ist zu lesen, dass das Nichtstun (der «Müssiggang») aus christlicher Sicht lange als «aller Laster Anfang» verpönt war. Heute sind es die Werbung und die von ihr abhängigen Medien, die es uns austreiben wollen: Freizeit, so sagen sie, will mit Events ausgefüllt sein. Denn während wir an bezahlten Anlässen unsere Sehnsucht nach aussergewöhnlichen Erlebnissen zu stillen suchen, bieten wir Marketingstrategen die Gelegenheit, das Image ihrer Marken und Produkte aufzubauen.

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Zugerichtet Betrunken im Park Wenn er nicht gerade im Knast sitzt, wie derzeit, trifft man Herrn B.* in Zürich an den einschlägig bekannten Treffpunkten von Clochards: beim Stauffacher, in der Bäckeranlage oder beim Bahnhof. Wenns regnet, verzieht er sich ins Shopville. Herr B. trägt verzottelte Haare, einen wild wuchernden Bart, und er hat einen Rucksack mit Biervorrat und Schnaps bei sich, seine tägliche Dosis Alkohol. Wenn Herr B. getrunken hat, fühlt er sich schnell gestört. Einmal störte ihn ein Sandwich-Mann, der zwei Plakate trug, eins vorne, eins hinten, und Flyer verteilte. Herr B. war gereizt von seinen Ausrufen, ein Aktenkofferträger kam vorbei, der mit der ganzen Sache nichts zu tun hatte, aber dieses ihm fremde Wesen von einem unendlich weit entfernten Business-Planeten brachte Herrn B. zum Explodieren: «Verpiss dich, du Scheissabzocker!» Er schubste, schlug, die Brille lag am Boden, der Anzugmann im Dreck. Ein Gutachter hat Herrn B. eine posttraumatische Hirnleistungsschwäche bescheinigt, und eine menschenfeindliche Einstellung dazu, die er eben wegtrinkt, dauerndes Entlastungstrinken heisst das im Fachjargon. Alkohol und ein leistungsschwaches Hirn sind eine unheilvolle Kombination. Wenn Herr B. trinkt, beherrscht er die Gefühle nicht: Groll, Wut, Neid, und sein Gehirn, das eigentlich Alarm schlagen, das ihm sagen sollte: «Hör auf!», versagt. Herr B. ist uneinsichtig, unbelehrbar, unverbesserlich. An jenem Tag im September vor zwei Jahren muss schönes Wetter gewesen sein, Herr B. sass auf einer Bank am Eingang zur Park-

anlage. Da stand auch Aninda, sie wartete auf ihre Freundin, doch die hatte sich verspätet, weswegen Aninda übers Handy anfragte, wo sie bleibe. Herr B. fühlte sich wieder einmal gestört: «Was kreischst du so!» Er beschimpfte Aninda: «Dreckige schwarze Schlampe, Scheissausländer überall.» Zeugen hörten es, versuchten ihn zu beruhigen, in die Schranken zu weisen, aber Herr B. lallte weiter, er bringe sie um, und versetzte ihr einen Stoss gerade in dem Moment, als ein Auto vorbeifuhr. Im Gefängnis hat man Herrn B. zurechtgestutzt, kurzer Bart, gekämmtes Haar. Mitten im Sommer trägt er einen Pullover mit Rollkragen, steif wie eine Halskrause, die ihn hindert, den Kopf zu senken, als er sagt: «Ich möchte mich offiziell entschuldigen. Ich war besoffen. Ich hatte schon früh angefangen. Ich wollte sie nicht umbringen, das war nicht ich, ich war betrunken.» Der Richter hat wenig Verständnis und gibt ihm sechs Monate. Es war nichts Schlimmes passiert, beide hatten Glück, Aninda sowieso, doch letztlich auch Herr B. Aber mit Bewährung geht jetzt nichts mehr. Bevor die Zeit um ist, kommt jedes Mal ein neuer Ausfall. So summiert sich die Zeit, die Herr B. abzusitzen hat, selbst wenn das Gericht beim Zusammenziehen mehrerer Strafen ein paar Monate unter den Tisch fallen lässt. Zudem wird seine Zukunft als ungünstige Sozialprognose umschrieben. Bis Jahresende muss Herr B. sowieso noch im Gefängnis bleiben. Er stöhnt: «Sechs Monate dazu, dann ist meine Wohnung weg. Und wer hilft mir dann?» *Persönliche Angaben geändert. ISABELLA SEEMANN (ISEE@GMX.CH) ILLUSTRATION: PRISKA WENGER (PRISKAWENGER@GMX.CH) SURPRISE 258/11


Sicherheit Steinzeit im September Zehn Jahre nach den Angriffen aufs World Trade Center kann die al-Qaida in ihrem Kampf gegen die Werte des Westens grosse Erfolge verzeichnen: Wir opfern unsere Freiheit der Angst um die Sicherheit. Dabei liesse sich von Norwegen lernen, wie eine reife Demokratie souverän auf Terror reagieren kann.

Ich wette, Sie wissen noch genau, wo Sie waren, als Sie am 11. September 2001 von den Attacken auf die Twin Towers in New York erfuhren. 9/11, wie das Ereignis bald genannt wurde, gehört zu den ganz grossen Zäsuren unserer Ära. In diesen Tagen jähren sich die Anschläge zum zehnten Mal. Journalisten, Politiker und Fachleute überbieten sich mit Rückblicken, Einschätzungen und Kommentaren. Die einen zählen die Toten, andere streiten sich, ob nun wirklich die al-Qaida hinter den Anschlägen stand oder ob nicht doch die Bush-Administration in die Sache verwickelt war. Das sind spannende Themen, wichtiger sind aber die Auswirkungen von 9/11 auf unseren Alltag. Die Schweiz wurde vor zehn Jahren nicht direkt angegriffen. Bei der öffentlichen Sicherheit und der persönlichen Freiheit zeigen sich aber auch hierzulande Folgen. Im Namen der Sicherheit wurden die Rechte des Einzelnen in den letzten zehn Jahren immer mehr eingeschränkt. Gesetzesrevisionen wie die noch laufende des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS) bringen mehr Kompetenzen für Polizei und Justiz und weniger Rechte für die Bürger. An der Urne findet ein Ausbau der Überwachung regelmässig Mehrheiten, etwa bei der Vorlage über die Einführung der biometrischen Pässe. Aus lauter Angst um die Sicherheit geben wir bereitwillig unsere Privatsphäre und Bürgerrechte preis. Hauptsache unversehrt, auch wenn dadurch mein Freiraum immer weiter eingeschränkt wird. Den Angriff der primitiven Glaubenskrieger beantworteten wir unsererseits mit einer Rückkehr zum Höhlenmenschen-Gebaren: Aufrüstung, Drohgebärden und Ausgrenzung alles Andersartigen. Per Volksabstimmung wurden Minarette verboten und Sondergesetze für straffällige

Nominieren Sie Ihren Starverkäufer! Schreiben Sie uns mit einer kurzen Begründung, welche/n Verkäufer/in Sie an dieser Stelle sehen möchten: Strassenmagazin Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 (0)61 564 90 99, redaktion@strassenmagazin.ch

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Ausländer beschlossen. Die Xenophobie, in den 90ern noch ein Minderheitenprogramm am rechten Rand, wurde mehrheitsfähig. Die Vertreter von Vernunft und Dialog verloren an Terrain. Die Waffenschutz-Initiative, bei deren Annahme viele Pistolen und Gewehre aus Privathaushalten verschwunden wären, schien lange auf Erfolgskurs, ging letztlich aber deutlich verloren. Durchgesetzt hatte sich eine Vorstellung der Selbstverteidigung und Freiheit, die mehr mit dem Wilden Westen zu tun hat als mit dem Leben hier und heute. Es gibt keinen Grund, verächtlich auf Bush und die Tea Party in Amerika zu blicken. Auch hierzulande geben Hinterwäldler den Ton an. Es geht auch anders. Nach dem Amoklauf in Norwegen im Juli schrie erstaunlicherweise niemand nach Rache, härteren Gesetzen und mehr Überwachung. Stattdessen stand Ministerpräsident Stoltenberg vor die Kameras und verkündete: «Unsere Antwort wird mehr Offenheit und mehr Demokratie sein.» Ein bemerkenswertes Statement, wären Wut und Hass doch nur allzu verständliche Reaktionen auf das Massaker an Kindern und Jugendlichen gewesen. Doch die Norweger verstanden, dass sie dem Attentäter damit in die Hände spielen würden. Die Amerikaner und ihre Alliierten opferten dem «Krieg gegen den Terror» in den letzten zehn Jahren Toleranz, Freiheit und Menschenrechte. Nun wäre es Zeit für eine erneute Epochenwende. Von Norwegen können wir lernen, wie die steinzeitliche Spirale aus Gewalt und Gegengewalt überwunden werden kann. ■

BILD: ZVG

VON RETO ASCHWANDEN

Starverkäuferin Haimanot Ghebremichael Verena Saraf aus Port nominiert Haimanot Ghebremichael als Starverkäuferin: «Meine Stammverkäuferin in Bern ist Haimanot Ghebremichael aus Eritrea und ich möchte ihr ein Kränzchen winden; denn sie hat immer ein Lächeln für jede und jeden und das tut uns allen so gut. Ab und zu, vor Abfahrt meines Zuges, versuche ich, mit ihr ins Gespräch zu kommen, doch da sie nur mangelhaft Deutsch versteht, ist es schwierig, mit ihr wirklich ein Gespräch zu führen. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir uns bald besser verständigen könnten.»

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Porträt Wahlheimat auf Zeit Ludmilla Skinner, Niederländerin mit afrikanischen Vorfahren, hat vier Jahre als Expat in der Schweiz verbracht. Nun ist sie zurück in flacheren Gefilden und wirft einen Blick zurück auf die Alpenrepublik. VON JOËL BISANG (TEXT) UND INGRID SCHAAP (BILD)

Die Plakate der SVP, die ein schwarzes Schaf zeigen, das von weissen Schafen von der Schweizer Weide vertrieben wird, waren nicht zu übersehen, als Ludmilla Skinner im Jahr 2007 in Zürich ankam. In der Schweiz war gerade Wahlkampf, und Berichte über die umstrittene Wahlwerbung hatten auch in ihrer Heimat, den Niederlanden, die Runde gemacht. Die von Freunden geäusserten Befürchtungen, der Schweizer Alltag könnte punkto Rassismus unangenehme Überraschungen bereithalten, bestätigten sich indes nicht. «Meine Hautfarbe war eigentlich nie ein Thema», sagt die Niederländerin mit surinamesischen Wurzeln, deren Vorfahren ursprünglich aus Afrika stammen. Das Strassenbild in den Schweizer Städten sei zwar im Vergleich mit den Niederlanden weniger stark von Menschen verschiedener Hautfarbe geprägt. Negative Reaktionen habe sie deswegen aber keine erlebt, zumindest seien sie ihr nie aufgefallen. «Ich bin in der niederländischen Randstad aufgewachsen, wo das Mit- und Nebeneinander von Menschen verschiedenster Herkunft und Hautfarbe eine Selbstverständlichkeit ist», sagt sie. Die Randstad ist das Ballungsgebiet der grössten niederländischen Städte und erstreckt sich über mehrere Provinzen. Es hat etwa acht Millionen Einwohner und ist damit dicht bevölkert. Über Äusserlichkeiten wie ihre Hautfarbe hat sich Ludmilla Skinner hier nie viele Gedanken gemacht. Ihr Mann ist Niederländer und weiss. Grössere Herausforderungen hielt die Schweiz auf einem anderen Gebiet bereit. Hier einfach Hausfrau zu sein und sich auf das Lernen der Sprache und die Pflege des Freundeskreises zu beschränken, sei für sie nie in Frage gekommen, erklärt sie, deren Mann für ein internationales Pharmaunternehmen tätig ist: «Das hätte mich langfristig nicht befriedigt und unserer Beziehung hätte es wohl kaum gut getan.» Dass aber auch ein Hochschulabschluss und das Beherrschen mehrerer Sprachen in einem fremden Land noch längst kein Garant für eine Arbeitsstelle sind, wurde ihr schnell einmal klar. «Während mein Mann mehr oder weniger da weitermachen konnte, wo er in den Niederlanden aufgehört hatte, musste ich komplett neu beginnen und mir ohne Netzwerk etwas aufbauen», erzählt sie. «Dazu braucht es Geduld und die Bereitschaft, sich auf neue und nicht immer einfache Umstände einzulassen.» Nach einigen Monaten intensivem Sprachunterricht und ersten Erfahrungen als administrative Mitarbeiterin fand sie schliesslich eine ihrer Ausbildung entsprechende Stelle bei einem Personalvermittler. Doch am Ziel war sie damit noch nicht angelangt. «Ich war, wie viele Expats, auf der Suche nach einer Arbeit, die ich überall ausüben konnte, sei es in der Schweiz, zu Hause in den Niederlanden oder in irgendeinem anderen Land.» Eine berufsbegleitende Coaching-Ausbildung ermöglichte ihr schliesslich den Weg in die Selbständigkeit. Ihr noch in Zürich gegründetes eigenes

Beratungsunternehmen hat die Dreissigjährige mittlerweile in die Niederlande übersiedelt. Auf konkrete Unterschiede zwischen Heimatland und Wahlheimat angesprochen, lässt sich Skinner Zeit, um zu überlegen. Beide Gesellschaften seien offen und modern, sagt sie schliesslich. Unterschiede zeigten sich im Detail. Was die Chancengleichheit der Frauen anbelangt, sei es in der Schweiz in ihren Augen etwas schlechter bestellt als in den Niederlanden. Zumindest habe sie den Eindruck, in den Niederlanden sei es für Frauen dank eines grösseren Angebots an Teilzeitstellen und etwas flexibleren Arbeitgebern leichter, Arbeit und Kinder unter einen Hut zu bringen. Vor allem sind der Jungunternehmerin aber die Mentalitätsunterschiede zwischen Niederländern und Schweizern aufgefallen. Ihr leicht ironischer Befund: «Spontaneität ist definitiv nicht der auffälligste Charakterzug der Schweizer.» Die freundliche Zurückhaltung vieler Eidgenossen im Alltag habe ihr, gewöhnt an die direkte, manchmal etwas raue Art der Niederländer, teilweise schon etwas Mühe bereitet. Spontane Unterhaltungen mit Fremden, sei es beim Warten an der Tramhaltestelle oder im Ausgang, seien selten, und oft reagierten die Leute etwas verdutzt, wenn man sie anspreche. Der Umgang miteinander sei in der Schweiz zwar ziemlich reibungslos, verhindere so aber auch Begegnungen. So sei es doch eher die Ausnahme, dass ein Mann sich getraue, im Ausgang eine Frau anzusprechen, ohne sich vorher gut Mut angetrunken zu haben, findet sie. Und die gut gestylten Schweizerinnen reagierten entsprechend unbeholfen bis kühl, wenn das andere Geschlecht dann mal den ersten Schritt wage. «Neue Bekanntschaften zu machen, ist in der Schweiz auf jeden Fall ein nicht ganz einfaches Unterfangen»,

«Spontane Unterhaltungen beim Warten an der Tramhaltestelle sind in der Schweiz selten.»

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seufzt die Ex-Schweizerin auf Zeit, betont allerdings im gleichen Atemzug, die Schweizer seien aller Zurückhaltung zum Trotz nicht weniger herzlich als die Holländer: «Es braucht einfach etwas mehr Zeit, bis sie einen ins Herz schliessen.» Beeindruckt ist Skinner auch nach vier Jahren noch von der allerseits herrschenden Sauberkeit und der Schönheit der hiesigen Landschaft. «Manchmal ist die Schweiz beinahe irritierend sauber», lacht sie . Auch bezüglich Qualitätsbewusstsein und Dienstleistungsbereitschaft könnten sich die Niederländer eine dicke Scheibe von den Schweizern abschneiden. «Der Lebensstandard ist auch im Vergleich mit den nicht eben armen Niederlanden hoch und es funktioniert beinahe alles immer perfekt.» Letzteres sieht sie mit als Grund dafür, dass man sich hier manchmal etwas übertrieben über doch eher unbedeutende Probleme wie beispielsweise verspätete Züge ärgert. «Bei solchen Gelegenheiten merkt man dann jeweils, dass die Schweizer etwas verwöhnt sind.» ■

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Die Schweizer Nati feiert, v.l.: Ali Khavari, Stefan Erni, Murat Kusoglu, Livio Domeniconi (Coach-Assistent), Pascal Fust, Reza Amiri, Günther Rothenfluh, Marco Zanni.

Strassensport Les petits Suisses ganz gross Beim 9. Homeless World Cup wächst die Surprise Nationalmannschaft über sich hinaus und erreicht am Fuss des Eiffelturms die bislang beste Schweizer Platzierung. Und auch neben dem Feld zeigen die sieben Spieler Grösse. VON OLIVIER JOLIAT (TEXT UND BILDER)

Zwei Minuten können unerträglich lang sein. Etwa, wenn die Schweizer Nationalmannschaft im Viertelfinal um den Host Cup gegen Slowenien kurz vor Schluss mit einem Tor in Führung liegt. Das eine Tor ist ein kleiner Vorteil, Resultatverwalten ist im schnellen Streetsoccer jedoch die schlechteste aller Taktiken. Eine kurze Unachtsamkeit reicht, und das Spiel ist wieder offen. Zum Glück unterläuft sie dem slowenischen Torwart. Er bringt einen Rückpass nicht unter Kontrolle, was Stürmer Pascal «Paco» Fust eiskalt ausnutzt und zum 5:3 einschiebt. Kurz darauf setzen die Schweizer noch ein Tor drauf, und mit dem Abpfiff liegt sich das Team in den Armen. Mit dem Sieg ist das sportliche Ziel beim Homeless World Cup (HWC) erreicht. Die Halbfinalqualifikation im Host Cup, der vierten der sechs CupKategorien beim Homeless World Cup, bedeutet zugleich, dass die

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Schweiz den HWC unter den 30 besten Nationen beenden wird. Das scheint auf den ersten Blick vielleicht keine grosse Leistung zu sein. Doch mit jedem Jahr wächst beim HWC nicht nur die Anzahl der teilnehmenden Nationen, auch das Niveau dieser Weltmeisterschaft der Obdachlosen steigt mit jeder Ausgabe. 64 Nationen massen sich in Paris, bei der Premiere 2003 in Graz waren es noch 18 Mannschaften, gebildet aus Strassenmagazin-Verkäufern. Heute selektionieren Nationen wie Mexico ihre Auswahl aus einer Obdachlosen-Liga von 18 000 Spielerinnen und Spielern. Englands Mannschaft wird von Manchester United betreut, die französische steht unter dem Patronat von Paris Saint-Germain. Trotzdem lässt die Schweizer Auswahl der rund 150 Spieler zählenden Schweizer Surprise Strassensport Liga «les Bleus» oder auch die Deutschen hinter sich und beendet die Weltmeisterschaft nach sieben Spieltagen auf dem 28. Rang. Man kann auch ohne Schönfärberei sagen: Die Schweizer wurden vierte der unteren HWC-Stärkeklasse. Denn geSURPRISE 258/11


Reza (am Ball) und Marco: Trotz gutem Spiel verloren die Schweizer gegen die USA.

Geteilte Freude: Nach dem knappen Sieg gegen Namibia war der Gruppensieg nah.

mäss dem Turniermodus wird das Teilnehmerfeld nach der ersten Gruppenphase zweigeteilt. Der Host Cup ist die höchste Kategorie der unteren Stärkeklasse. Mit etwas mehr Glück gegen die USA und Ghana hätte sich die Schweiz sogar für die bessere Tableauhälfte qualifizieren können. «Klar war ich nach den ersten fünf Spielen enttäuscht. Aber im Nachhinein hab ich lieber unten gespielt und eine Siegesserie hingelegt», bringt Team-Senior Günther Rothenfluh die Stimmung in der Mannschaft auf den Punkt. Tatsächlich gelangen der Nati in der zweiten Gruppenphase vier Siege in Serie, und die Schweiz wurde Gruppensieger. Rothenfluh: «So schlecht waren wir Spieler eben doch nicht. Und da wir seit dem Trainingslager immer viel Spass hatten und sich jeder für jeden einsetzte, wurden wir auch auf dem Spielfeld immer besser.» Tatsächlich gelang es dem Team – trotz aller Unterschiede betreffend Herkunft, Alter und Lebensgeschichte – eine starke Einheit zu bilden. Zusätzlich zu den Teamsitzungen mit dem Coach und dem Betreuerstab organisierten die Spieler eigene Mannschaftssitzungen. «Wir waren zwei Wochen wie eine Familie, und ich bin stolz darauf, das beste HWCResultat einer Schweizer Mannschaft überhaupt erreicht zu haben», ergänzt Filigrantechniker und Dauerläufer Reza Amiri. Freunde und Verwandte in Afghanistan und Iran verfolgten die Spiele des Flüchtlings im Schweizer Team im Internet und fieberten mit. Der 12:1 Sieg über Spanien brachte Teamleader Marco Zanni Komplimente von seinem Cousin, Profifussballer Reto Zanni ein. Zanni lachend: «Ich hab ihm gesagt, es sei ein hartes Spiel gewesen. Dass die nun wirklich nicht unsere härtesten Gegner waren, muss er ja nicht wissen.» Im Halbfinal stoppte dann Argentinien, vor allem deren Nummer 10, den Lauf der Schweiz. Im Platzregen wurden die Eidgenossen gleich mit

10:5 vom Feld geschwemmt. Und weil die Schweizer den letzten Gegner Kirgistan unterschätzten, wurde es halt Platz 28 statt 27. Es schmälerte weder die Freude der Spieler noch das Glanzresultat für die Schweiz: Ein Cup höher gespielt und um acht Plätze im Gesamtranking verbessert. Bravo! Und etwas Luft nach oben muss für die kommenden Nationalmannschaften ja noch bleiben. ■

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Weltmeister wurde bei den Männern übrigens Schottland, bei den Frauen Kenya. Mehr Info & alle Spiele zum Anschauen auf: www.homelessworldcup.org

Group Stage Holland – Schweiz: 9:2 USA – Schweiz: 4:3 Schweiz – Slowenien: 4:1 Schweiz – Ghana: 4:6 Philippinen – Schweiz: 8:2

Host Cup Viertelfinal: Schweiz – Slowenien 6:3 Halbfinal: Argentinien – Schweiz 10:5 Kleiner Final: Schweiz – Kirgistan 3:8 Schluss Rang 28!

Secondary Stage Group G Schweiz – Spanien: 12:1 Schweiz – Namibia: 5:4 Rumänien – Schweiz: 3:4 Schweiz – Indien: 7:3 Belgien – Schweiz: 5:3 Gruppensieg!

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Ernährung Anbauschlacht 2.0 Im Zürcher Start-up-Unternehmen UrbanFarmers haben sich Wirtschafter und Wissenschaftler zusammengetan, um die Landwirtschaft in die Städte zu bringen. Sie sind überzeugt, die Lösung für eines der grossen Zukunftsprobleme der Menschheit gefunden zu haben.

VON FLORIAN BLUMER (TEXT) UND SOPHIE STIEGER (BILDER)

Wir stehen in einem Gewächshaus auf einem ausrangierten Transportcontainer mitten in Zürich und schwitzen. Vor uns glänzt in etwa 200 Meter Entfernung der Prime Tower in der Sonne, links rattern Rangierloks und Güterzüge vorbei. Direkt hinter uns beginnt «Kunst & Kommerz», das hip-urbane Reich der Viaduktbogengeschäfte und -büros. Hier sind auch UrbanFarmers eingemietet, die Betreiber des Gewächshaus-Containers. Ihre Firma steckt noch in den Kinderschuhen. Doch sie haben Grosses vor.

und Brachen Hühner gehalten und Gemüse angebaut. UrbanFarmers ist die erste Firma, die Aquaponic seit Anfang dieses Jahres auch in Europa anbietet – im Februar gewannen sie dafür den neuen Schweizer Nachhaltigskeitspreis «Prix Nature». Bärtsch sieht die Idee auch in der Schweizer Geschichte verankert: Während der Anbauschlacht zur Zeit des Zweiten Weltkriegs sei im Zeichen der Selbstversorgung schliesslich auch schon intensiv in den Städten angebaut worden. Der junge Winterthurer sagt, er fühle sich als Teil einer grossen internationalen Bewegung, die mit unterschiedlichen Mitteln das gleiche Ziel verfolgt: Menschen wollen wieder wissen, wo ihr Essen herkommt. Immer mehr junge Stadtbewohner in Industrieländern sind es satt, einem Lebensmittelskandal nach dem anderen ausgeliefert zu sein, sich von einer Nahrungsmittelindustrie füttern zu lassen, die Produkte unter zweifelhaften Bedingungen für Mensch, Tier und Umwelt herstellt – die noch dazu um den halben Erdball transportiert werden.

Nahrungsmittel vom Parkplatz Neben uns steht Christian Bärtsch im weissen T-Shirt mit grünem UrbanFarmers-Aufdruck. Der 21-Jährige studiert an der HSG in St. Gallen und ist seit der Geburtsstunde der Firma mit im Boot. Momentan arbeitet er zu 100 Prozent hier, in Form eines unentgeltlichen Praktikums. Der angehende Volkswirtschafter von der Elite-Uni erzählt enthusiasFische töten statt Veganismus tisch von umweltfreundlicher Fisch- und Pflanzenaufzucht. Das ZauIst Aquaponic die Lösung des Ernährungsproblems einer stark wachberwort heisst Aquaponic. senden, immer mehr in die Städte ziehenden Erdbevölkerung? Die Idee Aquaponic, das klingt nach High-Tech, ist aber denkbar simpel: Fiklingt bestechend, die Ziele sind edel. Doch was taugt das System tatsche scheiden Nährstoffe aus – diese werden von Nutzpflanzen, die mit sächlich? Das Interesse und die Neugier sind gross – alle grossen Medien den Wurzeln im Wasser stehen, als natürlicher Dünger aufgenommen – im deutschsprachigen Raum, vom Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» die Pflanzen reinigen im Gegenzug das Wasser der Fische. Dieser natürüber «Zeit Online» bis zum ZDF, haben über die Idee der jungen Zürcher liche Kreislauf macht nicht nur den in der herkömmlichen Hors-sol-Proberichtet – durchweg positiv bis enthusiastisch. Doch bei potenziellen duktion unabdingbaren Einsatz von Kunstdünger überflüssig, er spart Kunden stossen die UrbanFarmers auch auf Skepsis: Das Fischbecken, gegenüber dieser auch 80 bis 90 Prozent des Wassers ein. Der Mensch als das vielleicht ein Fünftel der Containerfläche einnimmt, wirkt recht Betreiber der Anlage muss nur für Fischfutter, Energie für die Wasserklein für die vielen Fische, und auch die Hors-sol-Pflanzenaufzucht pumpe und Heizwärme im Winter sorgen. Dafür bekommt er Fische, Kräuter, Salate und Gemüse aus dem eigenen Hinterhof auf den Teller. Dies, ohne landwirt«Wir bieten einen Lösungsvorschlag für konkrete Proschaftlichen Boden beanspruchen zu müssen, bleme. Wir versprechen nicht den Himmel auf Erden.» der weltweit immer knapper wird. Ein Flachdach, ein grosser Parkplatz oder eine brachliestösst auf grundsätzliche Bedenken. Andreas Graber versucht erst gar gende Stadtfläche reichen vollkommen aus – davon wiederum gibt es in nicht, die Dinge schönzureden. Er weiss genau, wovon er spricht: Seit den Städten reichlich: In Basel beispielsweise gebe es genug geeignete zehn Jahren forscht er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Zürcher Flächen, um rund ein Viertel des Bedarfs der Stadtbevölkerung an FrischHochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) in Wädenswil gemüse und Fisch decken zu können, sagt Andreas Graber, Mitbegrünüber Aquaponic, seine Spezialgebiete sind Fische und Gewässerökoloder und Technischer Leiter bei UrbanFarmers. gie. Auf die kritische Frage, ob die Fischhaltung tierfreundlich sei, antBereits die Azteken erkannten und nutzten laut Bärtsch die Symbiose worter er mit der Feststellung: «Der Begriff ‹artgerechte Tierhaltung› ist von Fischen und im Wasser wachsenden Nutzpflanzen. In Nordamerieigentlich ein Widerspruch in sich.» Er vergleicht die Fischzucht mit der ka sind Aquaponic-Anlagen seit Anfang der 90er-Jahre im Kommen, Haltung von Mastschweinen: «Wenn Sie Schweine in einem Stall züchin New York zum Beispiel ist bereits eine Vielzahl in Betrieb. Aquapoten, ist es natürlich auch nicht dasselbe, wie wenn Sie in einem Wald nic ist ein Teil der «Urban Gardening»-Bewegung: In Grossstädten wie Wildschweine jagen.» San Francisco, Detroit oder Toronto werden auf Dächern, in Vorgärten SURPRISE 258/11

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BILD: ZHAW

Geschlossener Kreislauf: Die Ausscheidungen der Fische liefern Nährstoffe für Pflanzen, die umgekehrt das Wasser reinigen.

Graber ist Pragmatiker. Er will niemanden davon abbringen, Fleisch zu essen. Aber er will den Menschen das Bewusstsein darüber zurückbringen, was sie tun: «Als Urban Farmer musst du auch bereit sein, Fische zu töten», sagt er. Die Veganerfraktion, so Bärtsch, sei gespalten, ob das mit Aquaponic produzierte Gemüse nun vegan sei oder nicht. Dazu sagt Graber nur: «Wir bieten einen technischen Lösungsvorschlag für konkrete Probleme. Wir versprechen nicht den Himmel auf Erden. Das Ernten, oder eben Sterben, ist Teil des natürlichen Kreislaufs des Lebens.» Kein Kinderspiel Dass es den Fischen gut geht, ist allerdings eine Grundbedingung für das Funktionieren des Systems: Sind sie gestresst, gehen sie aufeinander los, fressen wenig und produzieren weniger Dünger – was sich wiederum negativ auf das Pflanzenwachstum auswirkt. In der Startphase hatte sich gezeigt, dass nicht zu viele Fische in dem eher kleinen Becken schwammen, sondern zu wenig: Die Tilapias (auch Regenbogenforellen kommen zum Einsatz) bildeten keinen Schwarm, sondern fingen an, ihr Territorium zu verteidigen. Es wurde deshalb knapp mit den Nährstoffen für die Tomaten, Salatköpfe und den Basilikum im Gewächshaus über ihnen. Umwelt- und Nachhaltigkeitsüberlegungen sind für die UrbanFarmers zentral: So wird Schädlingsbekämpfung nicht mit Gift, sondern mit Nützlingen betrieben, und sie arbeiten an der Energieeffizienz, damit die Anlage eines Tages mit Solarstrom betrieben werden kann. Bio-zertifiziert sind UrbanFarmers nicht. Andreas Graber sagt, dass Aquaponic ausserhalb der gängigen Massstäbe funktioniere: «Wir betreiben keine Landwirtschaft, sondern Stadt- oder Dachwirtschaft.» Sabine Lubow von Bio Suisse Das Dorfleben neigt sich dem Mundri, Südsudan weist ebenfalls darauf hin,Abend dasszu: dieHauptstrasse Sache nochin sehr neu sei. Sie meint

aber: «Grundsätzlich spricht nichts gegen eine Zertifizierung, wir sind offen gegenüber der Idee und bereit, sie tief und umfassend zu prüfen.» Graber wiederum zeigte sich erfreut ob der Offenheit seitens der Hüter des «Knospe»-Labels und meinte, er wolle sich mit ihnen in Verbindung setzen. Im Gewächshaus wird es immer wärmer, eine ZHAW-Studentin ist im Schweisse ihres Angesichts mit der Pflege der Pflanzen beschäftigt. Sie schreibt eine Bachelor-Arbeit über die UrbanFarmers-Box und arbeitet an der Optimierung der gezüchteten Pflanzen. Schnell wird klar: So ein Aquaponic-System bedeutet Arbeit. Etwa eine halbe Stunde pro Tag, sagt Graber. Das Zielpublikum sind Städter, die beispielsweise in einer Wohngenossenschaft eine solche Anlage betreiben. Es stellt sich die Frage, wie realistisch es ist, dass Modedesigner oder Architektinnen ohne landwirtschaftliche Erfahrung langfristig erfolgreich Fische und Pflanzen züchten. Sowohl Bärtsch wie Graber bestätigen, dass einiges an Know-how nötig ist. Erst recht für den Betrieb einer grösseren Anlage, die sich auf Flachdächern installieren lässt. Hier sehen UrbanFarmers auch das grössere Potenzial, als Betreiber denken sie da etwa an Restaurants oder Kantinen. «Eine Dachfarm braucht auf jeden Fall professionelles Be-

Eine Containeranlage kostet 50 000 Franken. Amortisieren wird sie sich nie.

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triebspersonal: Ausgebildete Gemüsegärtner und Fischzüchter, die für den Kernbetrieb verantwortlich sind. Die weitere Arbeit können angeleitete Laien besorgen», sagt Graber, «wir sind aber auch daran, eine Ausbildung zu entwickeln, die es Interessierten ermöglichen wird, eine einfache Anlage zu betreiben.» SURPRISE 258/11


BILD: ZVG

Tomaten vom Flachdach und Salat aus der eigenen Küche: Die Aquaponic-Anlage «Malthus» ist kaum grösser als ein Kühlschrank.

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Eine Box wurde bereits an ein Kulturzentrum in Berlin verkauft, das sich der Nachhaltigkeit verschrieben hat. Mit anderen Interessenten sind UrbanFarmers in Verhandlungen. Die Anschaffung ist eine ideelle Investition: Eine Containeranlage kostet fixfertig geliefert etwa 50 000 Franken. Sprich: Amortisieren wird sie sich nie. Wem es rein ums Finanzielle geht, der ist weiterhin besser beraten, seinen Fisch und sein Gemüse im Coop und in der Migros zu kaufen. Anders sieht es mit den Dachfarmen aus: Eine derartige Anlage im grösseren Stil kann sich durchaus auch finanziell auszahlen. Ernährungsevolution auf Probe Einen zusätzlichen Nutzen in den kleineren Anlagen sehen UrbanFarmers in sozialer Hinsicht: Aquaponic sei auch eine Chance, das Zusammenleben in den anonymen Grossstädten zu fördern. Neben der gemeinsamen Arbeit in der Containerfarm sei auch denkbar, in einem beschatteten Teil eine Grillecke einzurichten – der begrünte Container als Oase in der Betonwüste. Ebenso könnten hier Schüler live miterleben, wie ihr Essen entsteht. Den erzieherischen Aspekt betont auch der Designer Antonio Scarponi, der in Zusammenarbeit mit Graber den Prototyp einer Heimanlage entwickelt hat. Unter dem Motto «Eine Mahlzeit pro Tag» kann damit jeder nach Anleitung seine eigene Fisch- und Kräuterzucht betreiben. Etwas Kleingeld und Platz braucht es dazu: Die Materialkosten belaufen sich laut Scarponi auf rund 1500 bis 2000 Franken, die Anlage ist etwa so gross wie zwei Kühlschränke und fasst so viel Wasser wie eine Badewanne. Die Heim-Aquaponic-Anlage namens «Malthus» ist noch in der Entwicklungsphase, ein Prototyp läuft aber bereits. Wer sich als Stadtbauer versuchen möchte, kann die Ernährungsrevolution also auch erst einmal in der Küche proben. ■ http://urbanfarmers.ch www.conceptualdevices.com SURPRISE 258/11

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BILD: KEYSTONE AP KIN CHEUNG

Hong Kong im Mai 2011: Chinesische Studenten protestieren gegen die Arbeitsbedingungen bei Foxconn.

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Computerindustrie Die Sklaven des iPods Schnell, billig, massenhaft – der Apple-Zulieferer Foxconn hat in seinen chinesischen Fabriken ein menschenverachtendes Produktionssystem eingerichtet. Als sich vor einem Jahr die Selbstmorde häuften, versprach der Konzern Besserung. Doch ein Augenschein vor Ort zeigt: Es hat sich nur wenig verändert.

VON OLIVER ZWAHLEN

Wenn am Abend gegen acht Uhr die Schicht zu Ende geht, dann gibt es auf den Strassen vor den Zugangstoren zum Foxconn-Areal kein Durchkommen mehr. Mehr als 1,2 Millionen Menschen beschäftigt der taiwanesische Auftragshersteller. Rund ein Drittel davon ist in einem Vorort der südchinesischen Stadt Shenzhen bei Hongkong tätig. In Foxconn-City, wie die drei Quadratkilometer grosse, umzäunte Industrieanlage mit ihren 15 separaten Fabriken von den Mitarbeitern gerne genannt wird, produziert der weltgrösste Elektronikhersteller einen beträchtlichen Teil der Produkte, die ihren Weg in die Schweizer Läden finden. iPhones und iPads werden hier hergestellt. Zudem fertigt Foxconn auch die meisten der gängigen Spielkonsolen und zahlreichen Notebooks, unter anderem für Hewlett-Packard oder Dell. Foxconn ist indes weniger wegen seiner Produkte bekannt, als vielmehr wegen einer Reihe von Selbstmorden. Im letzten Jahr nahmen sich 14 Mitarbeiter das Leben. Die meisten von ihnen sprangen auf dem Firmengelände von den Gebäuden. Vier weiteren Angestellten misslang ein Selbstmordversuch. Der Betrieb, der um sein Image bangte, versprach daraufhin Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen. Doch auch in diesem Jahr halten die Selbstmorde an. Mindestens drei Fälle sind bekannt geworden.

Wang: «Schon bei den geringsten Fehlern gibt es Lohnabzüge.» Auch sei es schon vorgekommen, dass Kolleginnen in den Gängen zwischen den Produktionslinien für alle sichtbar gedemütigt wurden. «Machen können wir nichts», meint Wang. «Wenn wir uns beschweren, wird uns nahegelegt, anderswo eine Stelle zu suchen. Dabei wissen alle, dass andere Firmen noch schlimmer sind.» Ein paar Meter entfernt spielt Li Yue mit seinem Handy. «Ich muss von Montag bis Samstag jeweils rund zwölf Stunden schuften», verrät der 21-Jährige, der an einem Fliessband arbeitet. Was er dort genau herstellt, will er nicht sagen – er fürchtet, sonst identifiziert werden zu können. Über seinen Tagesablauf spricht er hingegen gerne. «Die Firma braucht uns», sagt Li nicht ohne Stolz. Dieses «Brauchen» bedeutet für den jungen Mann pro Tag zwei Überstunden und häufig auch Samstagsarbeit. Wenn eine grosse Bestellung ansteht, wird auch einmal die Essenspause gestrichen. Li sieht dies allerdings positiv: «Für uns sind die Überstunden gut. Denn ohne das zusätzliche Geld kommen wir kaum über die Runden.» Trotz allem ein Vorzeigebetrieb Dies ist indes gerade einer der Hauptkritikpunkte, welche die Hongkonger Menschenrechtsorganisation SACOM erhebt. Die Abkürzung steht für «Students and Scholars Against Corporate Misbehavior» (Studenten und Schüler gegen das Fehlverhalten von Firmen). Debby Chan Sze Wang, die für die Organisation regelmässig Interviews mit FoxconnMitarbeitern durchführt, erklärt: «Das chinesische Arbeitsrecht erlaubt maximal 36 Überstunden pro Monat, doch ist es die Regel, dass Arbeitnehmer monatlich bis zu 80 Überstunden leisten müssen.» Dazu würden die Löhne so berechnet, dass die Regelarbeitszeit nicht ausreicht,

Auffangnetze für Lebensmüde Die Sonne ist bereits am Untergehen. An der Bushaltestelle bildet sich eine Schlange. Etwas abseits sitzt Chen Xuemei* auf einer Mauer und isst aus einem Plastikbecher kalte Nudeln. Ihre Haare hat sie zu einem langen Rossschwanz zusammengebunden, der über ein dunkelrotes Polo-Shirt mit dem Schriftzug von Foxconn fällt: die Uniform des Betriebs. Seit den Selbst«Es gibt Regeln, die festlegen, wie oft wir aufs Klo dürfen und morden vor einem Jahr habe sich im Betrieb wie lange wir dort bleiben dürfen.» kaum etwas verändert. Die junge Frau, die für die Qualitätssicherung zuständig ist, zuckt um über die Runden zu kommen. So beträgt das Grundgehalt für die unleicht mit den Schultern und denkt dann einen Augenblick nach. «Jetzt tersten Angestellten des Werks in Shenzhen nur gerade 1590 Yuan, was haben alle Gebäude Auffangnetze, so dass niemand mehr aus den knapp 200 Franken entspricht – und das in einer der teuersten Städte Wohnheimen springen kann.» des Landes. «Laut unserer Berechnung braucht man in Shenzhen zum Ihre Freundin Wang Yuanyuan ist gesprächiger: «Wir dürfen während Überleben derzeit ein Gehalt von 2700 Yuan.» der Arbeit nur das allernötigste sagen und wenn wir einmal auf die ToiDie Menschenrechtlerin glaubt nicht, dass sich die Lage bald bessert. lette gehen wollen, muss unser Vorgesetzter das erst erlauben. Es gibt «Wegen der erhofften Steuereinnahmen konkurrieren die Provinzen um Regeln, die festlegen, wie oft wir an einem Tag aufs Klo dürfen und wie die Ansiedlung von Ablegern des Betriebs», erklärt Wang. «Manche lange wir dort höchstens bleiben dürfen.» Da sie, wie die meisten andeStädte machen sogar Deals mit der Firma und vermitteln ihnen masren Arbeiterinnen, den ganzen Tag am Fliessband stehen muss, sind die senweise Studenten für Praktika, weil diese nicht an die BeschränkunAusflüge zur Toilette eine willkommene Abwechslung zur Monotonie gen des Arbeitsrechts gebunden sind.» Das Thema werde in den chineder Arbeit. Das Schlimmste seien jedoch die strengen Strafen, verrät SURPRISE 258/11

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sischen Medien unterdrĂźckt und die Website ÂŤManche Städte vermitteln den Fabriken Studenten fĂźr Praktika, von SACOM ist auf dem chinesischen Festland weil diese nicht an die Beschränkungen des Arbeitsrechts gebereits seit Langem gesperrt. bunden sind.Âť Nur wenige Meter von den Produktionslinien entfernt befindet sich ein fensterloses Vernationalen Arbeitsorganisation ILO das Programm SCORE (Sustaining waltungsgebäude. Eine andere Welt auf demselben Fabrikgelände. Hier Competitive and Responsible Enterprises) ins Leben gerufen. Bei dem arbeitet Zhang Nangua. Die 28-jährige Frau aus der sĂźdwestchinesiauf einzelnen Trainingsmodulen aufgebauten Programm, das neben schen Provinz Yunnan spricht makelloses Englisch und arbeitet in der China auch in zahlreichen anderen Ländern angewendet wird, geht es Logistik. Sie hält die Kritik an ihrem Arbeitgeber fĂźr Ăźbertrieben: ÂŤFoxunter anderem darum, die Sicherheit am Arbeitsplatz und die Kommuconn ist im Vergleich zu anderen Unternehmen in dieser Branche ein renikation zwischen Management und Mitarbeitern zu verbessern. Es hat gelrechter Vorzeigebetrieb. In anderen Fabriken sind die Arbeitsbedinsich nämlich gezeigt, dass Betriebe mit zufriedenen Mitarbeitern wirtgungen schlechter.Âť Sie hat auch eine Erklärung, wieso der Betrieb den schaftlich besser abschneiden. ÂŤDie Mitarbeiter sind nicht nur motivierMitarbeitern derart viel abverlangt: ÂŤDie Nachfrage ist einfach zu gross.Âť ter, sondern auch die Qualität der Produkte verbessert sich, zudem gibt Deswegen habe die Firma ja auch an unterschiedlichen Standorten wie es weniger krankheitsbedingte Arbeitsausfälle und weniger UnfälleÂť, erChengdu oder Chongqing neue Fabriken errichtet. klärt Hans-Peter Egler, Leiter HandelsfĂśrderung beim SECO. Deswegen sei eine gute MitarbeiterfĂźhrung nicht nur eine ethische Frage, sondern Eine Million Roboter wĂźrde sich auch fĂźr die Betriebe bezahlt machen. Problematische Arbeitsbedingungen in chinesischen Fabriken sind Derzeit werden die Module vor allem fĂźr Betriebe in der Textil-, der indes kein Problem, mit dem nur die Elektronikbranche zu kämpfen hat. Maschinenbau- und der Autobestandteil-Industrie angeboten. Eine Auch Arbeitnehmer in anderen Industriezweigen klagen darĂźber, dass Ausweitung auf weitere Branchen wie die Elektronikbetriebe ist in der die an sich strengen Bestimmungen zum Schutz der Arbeitnehmer missnächsten Zukunft vorgesehen. FĂźr die geplagten Mitarbeiter in den achtet werden. Produkte aus chinesischen Fabriken werden auch in die Montagehallen von Shenzhen kĂśnnte dies zu spät sein. Ende Juli hatte Schweiz exportiert. Zu den Arbeitsbedingungen mĂśgen sich die beteinämlich Foxconn-Chef Terry Gou angekĂźndigt, bis 2014 einen beligten Schweizer Unternehmen aber nicht äussern: Sowohl die angeträchtlichen Teil der Belegschaft durch insgesamt eine Million Roboter fragten Firmen als auch die Handelskammer zogen es vor, keine Ausersetzen zu wollen. kunft zu geben. â– DafĂźr engagiert sich die Schweiz im Rahmen der wirtschaftlichen Entwicklungshilfe fĂźr bessere Arbeitsbedingungen. So hat das Staatssekretariat fĂźr Wirtschaft (SECO) in diesem Jahr gemeinsam mit der Inter*Alle Namen der Foxconn-Angestellten wurden geändert.

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Sven Regener «Ich habe natürlich sehr viel in Kneipen ‹recherchiert› » Ob melancholische Musik, witzige Romane oder absurde Weblogs – was Sven Regener macht, wird zum Erfolg. Der Musiker und Bestsellerautor redet über schräge Dialoge und neurotische Typen – und erklärt den Unterschied zwischen Roman und Song.

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VON HANNING VOIGTS (TEXT) UND HANNAH SCHUH (BILDER)

Gerade ist Sven Regener wieder mal auf Tour, aber nicht mit seiner Band Element of Crime, sondern alleine. Er liest aus seinem neuen Buch ÂŤMeine Jahre mit Hamburg-HeinerÂť. Es vereint mehrere Weblogs, Internet-TagebĂźcher, die Regener zwischen 2005 und 2010 geschrieben hat. Darin verarbeitet er den Tour-Alltag mit seiner Band oder einen Besuch auf der Frankfurter Buchmesse, vor allem aber streitet er sich mit Hamburg-Heiner – einem imaginären alten Freund, den Regener fĂźr seine Blogs erfunden hat. Zu Hamburg hat Regener eine besondere Beziehung – von 1981 bis 1982 hat der gebĂźrtige Bremer hier studiert, bevor er zum Musikmachen nach Berlin ging. ÂŤUnd dann war ich von 1997 bis 2000 noch mal hierÂť, sagt er. ÂŤIch hatte hier meine Frau kennen gelernt, und die hatte hier Arbeit. Bei mir als Musiker wars ja nicht so wichtig, wo ich wohne.Âť Der 50-Jährige, wie immer im schwarzen Polohemd und mit dicker Hornbrille, ist bestens aufgelegt: ÂŤWollen wir uns nicht duzen?Âť Zum Du bekommen der Journalist und die Fotografin einen Kaffee angeboten, Regener selbst trinkt Tee.

Lust mehr gehabt. Weil ich da so mit mir selber diskutierte, das kam mir geschwätzig und eitel vor. Und dann habe ich mir am dritten Tag gedacht: Jetzt muss mal jemand anrufen, damit in den Blog ein bisschen Zug reinkommt. Und dann hab ich gedacht, dann gibts halt einen Hamburg-Heiner, vielleicht weil man noch einen in Hannover und einen in

ÂŤKunst veredelt die Dinge, auch die traurigen, und darum kann ein trauriges Lied eben auch schĂśn sein und glĂźcklich machen.Âť

Wie kam es dazu, dass Hamburg-Heiner aus Hamburg anrief? Sven Regener: Das war Zufall. Es gibt ja nur drei Städte, von denen ich wirklich was verstehe: Berlin, Bremen und Hamburg. Ich habe damals diesen ersten Blog geschrieben und schon am dritten Tag keine

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Kassel kennt. Und erst nach und nach hat er an Profil gewonnen. Dass der zum Beispiel mit mir studiert hat und sogar Hamburg mit Nachnamen heisst, das hat sich alles erst mit der Zeit ergeben. Was ist dieser Hamburg-Heiner fĂźr ein Typ? Eine Flitzpiepe, sagen wir mal. Ein Nervkopp, ’ne NervtĂźte. Aber sehr sympathisch, und ein grosser Streiter vor dem Herrn. Der ist erst nach Veddel, dann weiter nach Wilhelmsburg gezogen, immer auf der Suche nach dem kommenden Viertel in Hamburg. Ein Freak, der gross denkt, in jeder Hinsicht. Das sind ja immer interessante Leute, mit denen macht es auch Spass, sich zu streiten. Bei deinen BĂźchern hat man ja sowieso den Eindruck, dass du eine Vorliebe fĂźr schräge Figuren hast. Woher kommt das? Tja, interessante Leute sind halt interessanter als uninteressante Leute. Und es gibt ja auch Leute, die auf den ersten Blick langweilig wirken, und wo man dann feststellt, dass die irgendwie doch Freaks sind. Auch bei den langweiligsten Typen gibts irgendwas zu entdecken, und die sind natĂźrlich tolle Figuren in der Literatur. Du bist ja nun nicht nur Autor, sondern auch Musiker. Ist BĂźcher schreiben und Songs schreiben eigentlich etwas vĂśllig Unterschiedliches? Das sind schon zwei sehr verschiedene Dinge. Die Songs mache ich ja mit der Gruppe Element of Crime, und da bin ich auch nicht der Chef. Ich schreibe die Texte, so wie der Schlagzeuger trommelt. Aber die Musik machen wir zusammen, die machen wir immer zuerst. Das heisst, Songtexte mache ich zu einer existierenden Musik, wo ich auch schon eine genau festgelegte Gesangsmelodie habe. Kann man denn gleichzeitig an einem Buch arbeiten und auf Tour gehen? Auf Tournee gehen mit der Band: Ja. Musik spielen kann man immer. Das Problem besteht eher darin, gleichzeitig Songtexte zu schreiben und an einem Buch zu arbeiten. Das ist schwierig, weil ich sehr viel im Kopf arbeite. Es ist ja nicht so, dass ich jeden Tag drei Stunden oder fĂźnf Stunden am Schreibtisch sitze und irgendwas schreibe. Sondern es ist so, dass ich zwei Wochen lang darĂźber nachdenke, was ich im nächsten Kapitel eines Buches schreiben will. Und dann setze ich mich hin und schreibe das auf, in vielleicht drei oder vier Tagen. So richtig wie im Rausch? Rausch kann man das nicht gerade nennen, drei Tage sind ja auch eine lange Zeit. Aber man hat zumindest zwei, drei Wochen drĂźber nachgedacht, alles nur im Kopf. Ich mache mir nie Notizen. Wenn Sachen wirklich gut sind, dann behält man sie im Kopf. Und so ist es mit den Songtexten auch: Ich trage so eine Melodie teilweise wochenlang mit mir rum. Ich kann aber nicht gleichzeitig den Entwurf eines neuen Kapitels mit mir rumtragen und noch die Melodie, zu der ich gerade einen Text suche. SURPRISE 258/11


Es ist also nicht so, dass dir plötzlich eine Idee in den Kopf kommt und du denkst: Das wäre mal was für einen Liedtext? Ich hab sicher auch mal tolle Einfälle, aber wenn ich gerade keine Melodie habe, dann wird nichts aus denen. Die Leute denken ja immer, man schreibt einen Songtext, weil man an dem Tag so und so drauf ist. Aber das ergibt ja keinen Sinn. Man schreibt Songtexte über Dinge, die man erlebt hat oder die man mal gehört hat – aus den letzten 30 Jahren! Ich leb’ seit 50 Jahren, es ist ganz viel da, in der Erinnerung und in der Vorstellung und in der Fantasie. Das Entscheidende besteht darin, welches von den Zigtausenden von Dingen man nimmt, die man im Kopf hat. Kommt es auf diese Weise zu Liedern über so unglamouröse Orte wie Delmenhorst? Warum soll ich in meinen Songs glamouröse Welten erfinden? Wir machen ja Rock’n’Roll, und da geht es halt um die Art von Leben, die wir leben, und wie man daraus etwas Buntes und Lustiges machen kann. Wenn man ein Lied über Delmenhorst macht, dann verändert das Delmenhorst. Delmenhorst ist danach für einen selbst nie wieder das, was es vorher war. Sondern plötzlich ist Delmenhorst kunstfähig. Wenn sich etwas widerspiegelt in der Kunst, ist es plötzlich viel lustiger, als es vorher war. Ist das der Grund dafür, dass Songs über Liebeskummer glücklich machen? Ja natürlich, klar. Weil man auf diese Weise eine Distanz zu seinen Gefühlen und zu diesen Situationen gewinnt. Kunst veredelt die Dinge, auch die traurigen, und darum kann ein trauriges Lied eben auch schön sein und glücklich machen. Und das geht so auch nur in der Kunst. Im richtigen Leben sind traurige Sachen einfach nur traurig. Also: Macht das nicht zu Hause! Du hast dich schon in Interviews aufgeregt, als du gefragt wurdest, ob du für deine Herr-Lehmann-Romane in Kneipen recherchiert hast … Na ja, recherchiert … Das ist lustig, weil ich natürlich sehr viel in Kneipen «recherchiert» habe. Ich hab’ mein ganzes Leben damit zugebracht, in Kneipen zu «recherchieren». Ich hab’ eine schwache Leber deswegen.

«Hamburg-Heiner ist eine Flitzpiepe, aber ein grosser Streiter vor dem Herrn.»

Aber doch nicht mit dem Ziel, ein Buch zu schreiben, oder? Nein, eben, das ist der Punkt. Wenn ich damit anfangen müsste, hätte ich schon einen Fehler gemacht. Bei der Art von Romanen, wie ich sie schreibe, oder auch bei so Blogs mit Hamburg-Heiner, kommts darauf nicht an. In der Kunst reicht auch ein taktisches Verhältnis zur Wirklichkeit und zur Wahrheit.

Zur Person: Sven Regener wurde bekannt als Sänger, Gitarrist und Trompeter der Band Element of Crime. Mit den englischsprachigen Songs der 80er Jahre erreichte die Gruppe lediglich ein Insiderpublikum. Auf dem Album «Damals hinterm Mond» (1991) sang Regener erstmals deutschsprachige Liedtexte. Damit wurde er zum Vorreiter einer deutschen Popmusik jenseits von Schlager und Deutschrock. Einen weiteren Popularitätsschub erfuhr der gebürtige Bremer 2001 mit seinem ersten Roman «Herr Lehmann», der später von Leander Haussmann mit Christian Ulmen in der Titelrolle verfilmt wurde. Seither arbeitet Sven Regener parallel als Schriftsteller und als Sänger bei Element of Crime. SURPRISE 258/11

Bist du in Wirklichkeit also gar nicht so neurotisch, wie du in deinen Blogs wirkst? Ich glaube, jeder Mensch hat neurotische Momente und Seiten in seinem Wesen. Die Frage ist immer, wie weit sich das in den Vordergrund schiebt. Täuscht der Eindruck, dass du nur ungern über dich selbst sprichst? Wieso sollte ich das tun? Mein Privatleben heisst ja deshalb so, weil es mein Privatleben ist. In dem Moment, wo ich damit anfange, das öffentlich zu machen, bin ich Prominenter. In dieser Hinsicht sind viele Schriftsteller freigiebiger, die lassen sich auch bei sich zu Hause fotografieren. Das würde ich niemals machen. Kunst mit Ganzkörpereinsatz finde ich scheisse. ■

Mit freundlicher Genehmigung von Hinz&Kunzt, Hamburg. Lesung «Meine Jahre mit Hamburg-Heiner», Sonntag, 18. September, 19 Uhr, Moods im Schiffbau Zürich, www.moods.ch Element of Crime live: Freitag, 16. September, 20.30 Uhr, Bärensaal, Thun Dürrenast.

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BILD: GUIDO SÜESS

Wörter von Pörtner Neu war gestern Wer wie ich schon länger auf dieser Welt weilt und diese Lebenszeit hauptsächlich in Industrienationen verbracht hat, der hat schon eine Menge revolutionärer Neuerungen kommen und eine beinah gleich grosse Menge wieder verschwinden sehen. Als ich ein Kind war, schien es ausgemacht, dass in naher Zukunft die Autos fliegen und die Trottoirs durch Rollbänder ersetzt würden. Nahrung werde intravenös oder aus der Tube konsumiert und bewegen müsste sich niemand mehr. Feriendestination Nummer eins wäre der Mars, dicht gefolgt von Alpha Centauri. Das alles ist nicht eingetroffen, das neue Zeitalter sieht ziemlich anders aus. Neue Zeitalter wurden schon oft und oft voreilig ausgerufen. Erinnert sich noch jemand an Fax-Geräte? «Ich fax dir das gleich!» Wer das sagen konnte, durfte sich in den Neunzigerjahren als inkarnierte Modernität fühlen, voll

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auf der Höhe der Zeit. Die körnigen schwarzweissen Mitteilungen und Bilder, die auf nicht flach zu kriegendem Thermopapier aus den ziemlich sperrigen Apparaten ratterten, lösten Euphorie aus. Wie sollte so etwas noch zu toppen sein? Als Velofahrer erlebte ich auch immer wieder, dass neue Erfindungen, von denen es hiess, sie würden sich bald durchsetzen, ganz verschwanden oder in der Nische steckenblieben. In den Achtzigerjahren kamen ergonomisch sinnvolle Vehikel wie das PeddersenRad auf, ausserdem BioPace und Z-Traction, beides Systeme, die den Tritt ellipsenförmig machen und durch Überwindung des toten Punktes die Kraftübertragung verbessern sollten. Nie gehört? Eben. Und natürlich Liegevelos, von denen allerdings nie jemand ernsthaft behaupten konnte, dass sie für irgendetwas gut seien, ausser, dass sie etwas Schönes, Einfaches und Praktisches in etwas Sperriges, Hässliches und Unnützes verwandelten. Kaum war das ausserhalb von Sci-Fi-Kreisen kaum vorausgesehene Internet da, wurde ihm enormes Veränderungspotenzial angedichtet. Es hätte uns alle zu Heimarbeitern machen sollen, die Innenstädte würden veröden, da Büro und Geschäftshäuser spätestens 2010 leer stünden. Hiess es. Gleichzeitig wurde das Cocooning propagiert und das Ausgehen beerdigt. Der moderne Mensch bleibe zu Hause, koche für seine

Freunde und meide fürderhin Bars, Restaurants und Clubs, wurde vor 20 Jahren prophezeit. Wenn ausgehen und mit Leuten kommunizieren, dann höchstens in virtuellen Welten wie Second Life. Unternehmen investierten bald Millionen in virtuelle Filialen daselbst, und der Linden-Dollar – Second Lifes virtuelle Währung – konnte in reale US-Dollars transferiert werden. Er sollte die neue Leitwährung werden. Es kam anders. Ebay revolutionierte das Einkaufen. Schon wurde das Ende des Festpreises ausgerufen, der total transparente Kapitalismus, bei dem sich Angebot und Nachfrage in Sekundenbruchteilen preislich aufeinander abstimmen, stünde ins Haus. Hiess es. Heute werden die meisten Artikel auf Ebay wieder zu Festpreisen gehandelt. Das Zücken von PalmPilots und Psions erweckte einst neidvolle Blicke in Bars, in denen Coronas und Mojitos getrunken wurden. Zurzeit verändern Facebook, Urban Gardening und das Revival der Kleinfamilienidylle unser Leben, das sich schon bald von Grund auf verändern wird. Heisst es.

STEPHAN PÖRTNER (STPOERTNER@LYCOS.COM) ILLUSTRATION: MILENA SCHÄRER (MILENA.SCHAERER@GMX.CH) SURPRISE 258/11


Subkultur Anschluss für Ausgestossene Die Surprise-Serie der letzten Ausgaben zeigt: Subkulturen florieren auch im Zeitalter der Individualisierung. Unser Fazit zum Abschluss der Reihe: In gesellschaftlichen Randzonen eröffnen sich Möglichkeiten, Selbstbestimmung und Gemeinschaftsgefühl zu vereinen.

August 2011 an einem Musikfestival in Ungarn. Ein Schweizer im Iron-Maiden-T-Shirt fragt ein paar einheimische Jugendliche, ob an ihrem Tisch noch Platz sei. «Für dich sicher», lautet die Antwort mit Fingerzeig aufs Shirt. Iron Maiden seien nämlich die Götter des Heavy Metal, erklärt einer der jungen Männer mit den paar Brocken Englisch, die er spricht. So funktionieren Subkulturen: Wildfremde Menschen erkennen an Kleidung, Frisur oder sonstigen Symbolen einen Gesinnungsgenossen, was zur spontanen Verbrüderung reicht. Herkunft und Alter, Bildung und Beruf, Religion und Politik – was im Alltag über Zugehörigkeiten entscheidet, ist im subkulturellen Milieu erst einmal ausgehebelt. Gemeinschaft entsteht hier aus der selbst gewählten Gruppenzugehörigkeit. Selbst gewählt und Zugehörigkeit sind die zentralen Stichworte beim Thema Subkulturen. Seit Jahren ist die Rede von der Individualisierung der Gesellschaft, von traditionellen Strukturen, die sich auflösen, und von Vereinzelung. Die Subkulturen, die Surprise in den letzten Monaten vorgestellt hat, zeigen aber, dass die Gesellschaft keineswegs in Einzelmasken zerfällt. Zwar verlieren traditionelle Bezugsgruppen wie Armee, Kirche, Gewerkschaften oder auch Sportvereine tatsächlich an Bedeutung. Doch an ihre Stelle treten postmoderne Peergroups oder anders gesagt: informelle Interessengemeinschaften. Hier gibt es keine offiziellen Regeln und auch keine formalen Hierarchien. Wer mitmacht, tut das freiwillig und nicht, weil er muss. In der Pubertät gehen Teenager auf Distanz zu den Lebensentwürfen ihres familiären und schulischen Umfelds. Doch ganz allein können und wollen die wenigstens durchs Leben gehen. Gemeinschaftserlebnisse ermöglichen in dieser Situation Subkulturen. Insbesondere Aussenseiter finden so Anschluss. Sportskanonen und Schönheitsköniginnen finden ihren Platz meist innerhalb ihrer Leitkultur. Unverstandene und Ausgestossene hingegen richten sich oft in den Randgebieten und im Untergrund ein. Zwar rückt ein Mauerblümchen nicht plötzlich in den Mittelpunkt des Interesses, bloss weil es ein Metal-T-Shirt anzieht (genauso wenig wie ein Spiesser dadurch zum harten Outlaw mutiert). Und doch erleben Szenegänger bei Begegnungen mit Gleichgesinnten eine Art der Zusammengehörigkeit, die ihnen im angestammten Umfeld vielmals versagt bleibt. Manche ziehen sich nach der Pubertät wieder aus ihrer Szene zurück. In der Surprise-Serie über Subkulturen begegneten uns aber auch immer wieder gestandene Männer und Frauen, die ihrer Szene über Jahrzehnte die Treue hielten. Das hängt auch damit zusammen, dass in Gruppen abseits der Massen nicht einfach konsumiert werden kann. SURPRISE 258/11

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VON RETO ASCHWANDEN

Da haben sich zwei gefunden: Nachwuchs für die Metal-Subkultur.

Egal ob Punk, Reggae, Gothic oder Heavy Metal – in den Randbereichen der Populärkultur passiert nichts von selbst. Deshalb ist die Do-it-yourself-Mentalität in diesen Kreisen stark ausgeprägt. Die im Mainstream übliche Trennung zwischen Machern und Konsumenten ist in Subkulturen ein Stück weit aufgehoben. Der Konzertbesucher ist oft auch Musiker, DJ, Blogger oder Konzertveranstalter. Und wenn der eine Band bucht, fragt er seine Bekannten aus der Szene, ob sie für eine paar Stunden an die Kasse oder die Bar stehen würden. Manche haben über die Jahre aus ihrem Hobby einen Beruf gemacht: Sowohl in der Gastronomie wie auch unter Veranstaltern gibt es nicht wenige Erfolgreiche, die ihr Handwerk einst in Subkulturen erlernten. Dass dabei auch viele einst unschuldige Ideen kommerzialisiert wurden, liegt nicht an einer spezifischen Disposition der Subkulturen, sondern in der menschlichen Natur. Natürlich sind Subkulturen keine Nischen der Glückseligen. Denn auch hier gibt es ungeschriebene Gesetze, Gezänk und Hackordnungen. Je kleiner ein Grüppchen ist, desto grösser der Hang zur Selbstzerfleischung. Trotzdem: In Subkulturen verwischen gesellschaftliche Schranken, finden Menschen in ihrem Anderssein Akzeptanz und Anschluss. Man braucht nicht einmal eine gemeinsame Sprache, ein Iron-MaidenT-Shirt reicht: Fremde Menschen machen sich Platz am Tisch, prosten sich zu und gehören für ein paar Momente zusammen. ■

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Kulturtipps

Der Schlampenstempel fand den Weg auch auf blaublütige Schultern.

Der Flirt ist auch ein Versteckspiel: Laure als Michael (rechts).

Buch Der Stoff, der unter die Haut geht

Kino Knete in der Unterhose

Das Tattoo hat nicht nur auf prominenten Häuten, sondern auch in der Literatur seine sichtbaren Spuren hinterlassen – Zeugnisse einer Liebe mit Ewigkeitsanspruch!

Ein Tomboy ist ein Mädchen, das sich wie ein Junge benimmt. Der Tomboy im gleichnamigen Film der Regisseurin Céline Sciamma ist in einem Alter, in der Fragen nach Sexualität und Geschlecht – so meint man – noch keine Rolle spielen.

VON CHRISTOPHER ZIMMER VON THOMAS OEHLER

Fussballer, Filmstars und First Ladys tun es. Bad Boys, Body-Döner und Banker nicht minder. Ja, selbst Sissi, die Ikone des Zuckerwatte-Kinos, liess es heimlich auf ihre blaublütige Schulter gravieren. Doch das, was seit gut 20 Jahren die westliche Welt im Sturm erobert und es bis zum Arschgeweih und Schlampenstempel gebracht hat, war zu Zeiten der lieblichen Kaiserin noch das Kainsmal einer verruchten Halb- und Unterwelt. Dabei war das Tattoo auch bei uns einst heimisch: Pikten, Skythen, Kelten waren tätowiert. Doch anders als etwa in Japan geriet die Kunst der Tintennadel in Vergessenheit. Erst musste eine neue Welt entdeckt werden, um das Tattoo auch in unseren Breitengraden wieder salonfähig zu machen. Zu verdanken ist dies James Cook, der in seinem Logbuch 1769 nicht nur als erster das Wort Tattow notierte, sondern auch Omai, den edlen und vor allem tätowierten Wilden, aus Tahiti nach England mitbrachte. Zum schaudernden Entzücken der Damenwelt und als folgenreiche Inspiration für die Bewohner der Häfen und Rotlichtquartiere. Seit Kapitän Cooks Tagen ist der Siegeszug des Tattoos nicht mehr aufzuhalten – in all seiner Ambivalenz. Wer sich tätowieren lässt, möchte sich abgrenzen oder dazugehören. Das Tattoo meint vieles, von Rebellion bis Gruppenzwang. Ein wunderbar gestaltetes Buch versammelt nun 22 Geschichten, die Faszination, Schmerz, Erotik und Schrecken des Tattoos heraufbeschwören. Geschichten, die, ob sie nun auf dem Papier oder auf der Haut stehen, auf geheimnisvolle Weise zusammengehören, wie es im Vorwort heisst. Denn auf beiden Untergründen zeugen sie von Leidenschaften, erzählen von Sehnsüchten und Abenteuern oder schreiben gar ganze Biografien fest. Zu den AutorInnen, die die Tinte von der Haut auf das Papier übertragen haben, zählen etwa Ray Bradbury, Herman Melville oder Silvia Plath, Bohumil Hrabal und John Irving, aber auch Alex Capus und Jürg Federspiel. Da werden geheimnisvolle Tattoos lebendig und andere reissen einen Künstler der Nadel in den Tod. Manche Schreibende nähern sich dem Thema mit Abscheu, andere mit makabrem Humor. Und alle beliefern sie uns mit Lesestoff, der buchstäblich unter die Haut geht.

Schon die Sprache stellt Fallen. Er oder sie? Wir entscheiden uns und sagen: Er. Laure (grossartig: die neu entdeckte Zoé Héran) ist ein Junge im Körper eines zehnjährigen Mädchens. Laure hat keine Lust auf langes Haar und mädchenhaftes Getue. Und keine Lust auf seinen Namen. Also nennt er sich spontan Michael. Denn die Gelegenheit ist günstig: Laures oder eben – Michaels – Familie hat eben den Wohnort gewechselt. Neue, unvoreingenommene Freundschaften sind möglich. Wieso sich also nicht gleich – probehalber – bei den neuen Nachbarskindern als Junge vorstellen, Fussball spielen, spucken, raufen, ein Techtelmechtel beginnen. Wir beobachten Michael, wie er das (pseudo-)männliche Getue der anderen Jungen adaptiert. Wir sehen, wie Michael vor dem Spiegel schier verzweifelt, weil seine Badehose einfach zu flach abfällt. Und als er sich dann aus Spielzeugplastilin eine Attrappe bastelt, bekommen wir – wenn auch schmunzelnd ob dem Einfallsreichtum – eine Ahnung davon, was diesem zehnjährigen Kind noch bevorsteht. Wenn die Pubertät kommt. Wenn schlimmstenfalls die Brüste wachsen. Wir merken: Dieses Kind ist nicht spontan. Es fühlt sich nicht eins mit seinem Körper, es versucht vielmehr, ihn zu kontrollieren. Michaels Identitätsdrama offenbart sich in fast nebensächlichen Handlungen. Das macht den Film unaufgeregt und zurückhaltend. Spannend ist er trotzdem, denn ständig erwarten wir die Entlarvung Michaels. Als seine kleine Schwester hinter das Lügenspiel kommt, scheint die Eskalation unabwendbar. Aber eben: Das Spiel ist ernst, aber es ist ein Spiel. Und somit kindliches Fachgebiet. Also macht die Schwester einfach mit. Es werden dann die Eltern sein, an deren «Realismus» der Geschlechtertausch scheitert. «Tomboy» ist – nach «Naissance des pieuvres» (2007) – der zweite Film der französischen Regisseurin Céline Sciamma zum Thema Adoleszenz. Er eröffnete an der diesjährigen Berlinale das «Panorama»-Programm und wurde mehr als goutiert: Er gewann den Jury-Preis der Teddy Awards, eine renommierten Auszeichnung im internationalen Queer-Kino. Zu Recht. Finden wir.

Benedikt Geulen, Peter Graf, Marcus Seibert (Hrsg.): Das Herz auf der Haut.

Der Film läuft zurzeit in den Deutschschweizer Kinos.

Céline Sciamma: Tomboy, 84 Minuten, mit Zoé Héran, Malonn Lévana u. a.

Literarische Geschichten über das Tattoo. Mare 2011. CHF 37.90.

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Die 25 positiven Firmen Diese Rubrik ruft Firmen und Institutionen auf, soziale Verantwortung zu übernehmen. Einige haben dies schon getan, indem sie dem Strassenmagazin Surprise mindestens 500 Franken gespendet haben. Damit helfen sie, Menschen in prekären Lebensumständen eine Arbeitsmöglichkeit zu geben und sie auf ihrem Weg zur Eigenständigkeit zu begleiten. Gehört Ihr Betrieb auch dazu? Die Spielregeln sind einfach: 25 Firmen werden jeweils aufgelistet, sind es mehr, fällt jener Betrieb heraus, der am längsten dabei ist.

Da hat sich schon manch eine Kuh gewundert: Liz Crafts Snake House.

Ausstellung Sound aus dem Heustock Das Migros Museum ist bis Ende Oktober mit dem Skulpturenprojekt «The Garden of Forking Paths» auf dem Bauernhof Froh Ussicht im zürcherischen Samstagern im Exil. Initiant ist der Landwirt und Künstler Martin Blum. VON SARAH STÄHLI

Beim Betreten des Ausstellungsgeländes riecht es nach Kuhmist, ein Schwarm Fliegen surrt aufgebracht um einen verfaulten Apfel. In der Nachmittagshitze steht ein gigantischer Schneemann aus weissem Marmor, und aus dem Heustock erklingt eine Soundinstallation, in der über bewusstseinserweiternde Drogen referiert wird – die Kühe im Stall kümmert es einen Dreck. Für Martin Blum, Landwirt und Künstler, sind Landwirtschaft und Kunst keine Gegensätze. Im Gegenteil: «Nach und nach hat sich für mich der Graben dazwischen immer mehr zugeschüttet. Es sind beides sehr philosophische Berufe», sagt Blum, der selber oft wuchtige Installationen kreiert, für deren Aufbau es schon mal Gabelstapler oder Traktor braucht. Etwa für die zwei Quadratmeter Boden, die er der heimischen Wiese entnommen und der Stadt Zürich als «Leihgabe» übergeben hat. Seit 2008 stellt der 35-Jährige auf dem Hof seiner Eltern Kunstprojekte von diversen Künstlern aus. Es war an der Ausstellung «Cow Maze» vor zwei Jahren, als er Heike Munder, die Direktorin des Migros Museums kennen lernte. Ihre Begeisterung für sein Projekt verleitete ihn dazu, sie mit der Idee einer Zusammenarbeit anzugehen. Das Museum, wegen Umbauarbeiten gerade heimatlos, willigte ein. So schwärmte das Zürcher Kunstpublikum im Frühling in Scharen an die Vernissage aufs Land. Wobei für die Städter oft die sich im Dreck suhlenden Säue das grössere Spektakel sind als die Installationen selber: «Ich will Kunstinteressierten die Schwellenangst vor der Landwirtschaft nehmen», so Blum. Und umgekehrt: «Die Reaktionen der Biker und Hündeler, die den Skulpturen jeden Tag bei ihren Runden begegnen, sind meist sehr direkt.» In der Scheune loben die zahlreich angereisten Besucher Mutter Blums Kuchen und im Hofladen gehen der «Apfelgeist» in der Flasche und der Alpkäse über die Theke wie warme Weggli. Trotzdem ist Martin Blum froh, wenn sich der Trubel etwas gelegt hat und er wieder Musse für neue Projekte finden kann. Ein hofeigenes Performance-Festival steht zurzeit zuoberst auf seiner Wunschliste.

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Philip Maloney, Privatdetektiv

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VXL gestaltung und werbung ag, Binningen

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Scherrer & Partner GmbH, Basel

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Balcart AG, Carton Ideen Lösungen, Therwil

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KIBAG Bauleistungen

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responsAbility, Zürich

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Odd Fellows, St. Gallen

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Coop

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Arbeitssicherheit Zehnder GmbH, Ottenbach

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Velo-Oase Bestgen, Baar

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Schweiz. Tropen- und Public Health-Institut, BS

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Augusta-Raurica-Loge Druidenorden Basel

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Druckerei Hürzeler AG, Regensdorf

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Klinik Sonnenhalde AG, Riehen

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Stellenwerk AG, Zürich

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www.bauernschlau.ch, Hof, Web, Kultur

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Axpo Holding AG, Zürich

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AnyWeb AG, Zürich

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Niederer, Kraft & Frey, Zürich

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Gemeinnütziger Frauenverein Nidau

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Knackeboul Entertainment, Bern

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Locher Schwittay Gebäudetechnik GmbH, Basel

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Kaiser Software GmbH, Bern

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Responsability Social Investments AG, Zürich

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Lions Club Zürich-Seefeld

Möchten Sie bei den positiven Firmen aufgelistet werden? Mit einer Spende von mindestens 500 Franken sind Sie dabei! PC-Konto: 12-551455-3, Verein Strassenmagazin Surprise, 4051 Basel Zahlungszweck: Positive Firma + Ihr gewünschter Eintrag. Wir schicken Ihnen eine Bestätigung.

The Garden of Forking Paths – Ein Skulpturenprojekt auf dem Hof der Familie Blum in Samstagern ZH, noch bis 30. Oktober 2011. www.migrosmuseum.ch, www.frohussicht.ch SURPRISE 258/11

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Ausgehtipps

Ein bisschen seltsam: Die Tribute-Band Comebuckley.

Zürich/Bern Buckley kongenial Tim Buckleys Popularität hielt sich zu Lebzeiten im überschaubaren Rahmen. In den späten 60ern als Folkie gestartet und gefeiert, floppten seine späteren seltsamen und singulären Alben, was den Songwriter in Depressionen und Drogen trieb. Heute ist der früh Verstorbene bei Insidern hochgeschätzt, halbwegs bekannt ist aber allenfalls «Song To The Siren». Comebuckley ist eine Tribute-Band, die ebenfalls nur Eingeweihten bekannt ist. Bereits 1986 spielte Andi Czech (Radio Osaka) erste Coverversionen von Buckley-Stücken ein. Doch dann dauerte es noch mal fast 20 Jahre bis er mit dem Gitarristen Martin Sturzenegger und weiteren Musikern das Doppelalbum «Salmon In A Ring-Shaped River» vorlegte. Die NZZ nannte es «trotz erheblicher Konkurrenz die bisher schönste Buckley-Hommage». Derzeit gibt die Tribute-Band wieder einige Konzerte. Gelegenheit, die eines Frühvollendeten in eigenwilligen und kongenialen Interpretationen zu entdecken. (ash) 9., 19., 26., jeweils 20.30, Wohnzimmerbar, Zürich; 16. September, 20.30, Ono, Bern; 2. Oktober, 19.30, Dimensione, Winterthur; 10. Oktober, 19.30, Sphères, Zürich.

Spielerin Catherine Deneuve: «Je vous aime».

Lauschangriff hinter die Altstadtfassade

Basel Die Deneuve als Vampir

Bern Es liegt in Ihrer Hand

«Sie ist so schön, dass ein Film, in dem sie spielt, auch ohne Geschichte auskommt», soll François Truffaut einmal über Catherine Deneuve gesagt haben. Nun, wir sind trotzdem froh, dass ihre Filme jeweils dennoch Geschichten bieten – und was für welche! So bildete die reservierte Schönheit 1983 zusammen mit David Bowie ein schickes VampirPaar im dekadent gestylten Horrorschocker «The Hunger». Sie war mit ewiger Jugend gesegnet, während ihr Liebhaber eines Tages übermässig schnell zu altern begann. In «Je vous aime» wiederum erinnerte sie sich als Alice an ihre vergangenen Liebschaften – darunter eine Amour fou mit einen Komponisten und Chansonnier, verkörpert von Serge Gainsbourg. Regisseur und Co-Drehbuchautor Claude Berri hat der Deneuve die Rolle derart überzeugend auf den Leib geschrieben, dass Presse wie Publikum Darstellerin und Rolle verwechselten. Die Filmfigur zumindest interessiert sich nur für den Beginn der Liebe, danach muss das Glück zwangsläufig zerbrechen, weil jede Leidenschaft irgendwann abzukühlen beginnt. Neben der Grande Dame des französischen Kinos wirken die frischgebackenen Starlets und die allgegenwärtigen romantischen Komödien des 21. Jahrhunderts fast ein wenig unspektakulär: Ein guter Grund, wieder mal ins Reprisenkino zu gehen. Die grosse Retrospektive des Stadtkinos zeigt auch ihre weniger bekannten und umso eigenwilligeren Filme. (dif)

«So ghör i nume, was i wott!», habe die legendäre Madame de Meuron einst den selektiven Einsatz ihres Hörrohrs begründet. Dieselbe Möglichkeit bietet heute ein Audio-Guide, mit dem Sie sich auf Geschichtensuche durch die Rathausgasse in der Berner Altstadt machen können. Dem Zuhörer eröffnet sich ein einmaliger Blick hinter die graue, Unesco-geschützte Sandsteinfassade einer Gasse, die bewegte Jahrzehnte hinter sich hat – bis in die 70er Jahre des letzten Jahrhunderts war sie, damals noch unter dem Namen «Metzgergasse», schweizweit als Rotlichtmeile berühmt und berüchtigt. Der Künstler und Theaterdramaturg Martin Staub hat sich mit einem Aufnahmegerät zu ihren Bewohnern, Beizen- und Ladenbetreibern aufgemacht, um sich deren Geschichte und Geschichten erzählen zu lassen. Ausgerüstet mit einem iPod können Sie sich nun zum Bummel durch die Gasse aufmachen. Es liegt in Ihrer Hand, wem Sie zuhören wollen: dem Pferdemetzger, der von Zeiten berichtet, als er seine Kunden mit Vorhängen vor neugierigen Blicken schützen musste? Dem Sakristan, der erzählt, wie sich der Beruf des Sigrists vom prügelnden Kindererzieher zum Kultur- und Eventmanager gewandelt hat? Dem Hip-HopLaden-Betreiber, der vom König des Rathausgass-Dschungels erzählt? Sie haben die Wahl. (fer)

Catherine Deneuve und die Männer:

Rathausgasse 32, Dr. Strangelove, Rathausgasse 38

Noch bis am 30. September im Stadtkino Basel.

oder beim Peep Store, Rathausgasse 57, Miete: CHF 20.

Audioguide «Metzgergasse 2011», noch bis 15. Oktober, erhältlich bei Büchereule,

www.stadtkino.ch

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— www.theater-basel.ch, Tel. +41/(0)61-295 11 33 — 26

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BILD: CHRISTIAN PFANDER

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Träumen von Neil Young: Chewy

Carla del Ponte präsentiert ihre Biografie im Razzia.

Stockholm-Syndrom? Busentführer und Fahrgäste.

Winterthur/Fribourg Tremolo des Jahres

Zürich Sick City Trip

Bern Türke (31) entführt Bus!

In den 90ern bildete Lausanne die Schweizer Rock-Hauptstadt. Mittendrin musizierten Chewy, die Band um Gregory Wicky. Mit Gitarrenrock jenseits der Indierock-Klischees eroberten sie erst England und anschliessend auch New York und Tokyo. Doch die Rechnungen bezahlte der Ruf als internationaler Geheimtipp nicht. Und so war 2003 erst mal Schluss. Nun kehrt Wicky mit teilerneuerter Band zurück. Die Songs des neuen Albums «Bravado» mögen ein wenig konventioneller angelegt sein als ehedem. Aber wer solche Perlen schreibt, braucht kein ausgefallenen Arrangements: «Only Passing» mit seiner traurigen Tremologitarre ist ein Kandidat für den Song des Jahres. Und in «Find A Home» träumt der Sänger, Neil Young wär sein Vater und Cassius Clay sein Bruder. Klingt ein wenig wunderlich, aber glauben Sie uns: Chewy gehören selber zu den Grossen. (ash)

Leseratten und Bücherwürmer finden zur Zeit im Seefeld ein Biotop, in dem sie physisch in ihrer liebsten Materie herumkriechen können – in Büchern. Hier tritt die Geschichte heraus aus den beiden Buchdeckeln und wir hinein in das Teeniezimmer des 14-jährigen Kurt aus der Graphic Novel «Die Bekehrung». Und erste Liebe genauso wie Glaubensfragen brechen wie von selber über uns herein, während sich die Kinder von Globi Basteln und Kochen beibringen lassen können. Mit einem Märli für Erwachsene wird das stille Örtli derweil mit Wörtli gefüllt. Es lässt sich auch im Roman «Sick City» herumspazieren: Das Interieur eines abgeschmackten Motelzimmer lädt ein. Und wer noch nicht genug hat: Ab in die Dunkelkammer mit der blinden Alina, Hauptfigur aus dem Psychothriller «Der Augensammler». Hier gibt’s Bücher zum Hinein- und Davonlaufen. Der Villa Mainau und dem Kino Razzia werden mit der Ausstellung «Das begehbare Buch», organisiert von Orell Füssli, ein vorerst letztes Mal Leben eingehaucht, bevor hier im Herbst Baustellen entstehen: Das denkmalgeschützte Kino Razzia wird umfassend renoviert und in einen Gastrobetrieb mit Kulturangebot umgestaltet, die Villa Mainau wird durch einen Neubau ersetzt. (dif)

Eigentlich wollte er nur die Reitschule unterstützen, die sich letzten Herbst zum x-ten Mal einer Profilierungsattacke ambitionierter JungSVPler ausgesetzt sah. Doch tags nach seiner Veröffentlichung stürmte sein Song «Erich, warum bisch du nid ehrlich» die Youtube-Charts. Proto-Türke Müslüm, «der Mann mit dem Telefonscherz», wurde von null auf hundert zur Kultfigur. Doch die Freude währte nicht lange, sein politisches Engagement wurde ihm zum Verhängnis: Er sollte ausgeschafft werden. Auf seiner letzten Fahrt durch Bern entführt er allerdings den Linienbus und wird zum Märtyrer. Müslüm bekommt ein Mahnmal mit aufblasbarem Minarett. Wer es nicht grüsst, wird mit Äpfeln beworfen. Das Roadmovie-Theaterstück von Meret Matter ist grosse Chültür und wird wegen überwältigender Nachfrage noch einmal eine Woche lang aufgeführt. Alhamdulillah! (fer)

17. September, 20.30, Gaswerk, Winterthur; 20. September, 20.00, Fri-Son, Fribourg. Weiter Daten: www.chewy.ch

«Stadtrandfahrt. Eine müslümische Bustour um Bern», Club 111, Mo 12. bis Do 16. September, 20 Uhr (Abfahrt), Schlachthaus Theater, Bern.

Anzeige:

«Das begehbare Buch», 1. bis 30. September in der Villa Mainau und im Kino Razzia, Zürich. www.dasbegehbarebuch.ch

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Verkäuferporträt «Ohne Zeugnisse ist es wahnsinnig schwierig» Gesundheitliche Probleme zwangen Peter Conrath (47) immer wieder zu Jobwechseln. Heute arbeitet der gebürtige Obwaldner für Surprise wieder in der Zentralschweiz. Lieber möchte er aber zurück an den Herd, wo seine Berufslaufbahn einst begann.

«Ursprünglich komme ich aus dem Kanton Obwalden. Auf dem Papier bin ich zwar Deutscher, einen Schweizer Pass habe ich nicht. Geboren und aufgewachsen bin ich aber in Sarnen. Eine normale Jugend: Nach der Schule ging ich in die Stifti als Koch. Daneben war ich im Tischtennisklub und habe in der vierten Liga gespielt. Die Lehre habe ich in Engelberg im Hotel Alpenklub gemacht. Da gabs das Speiserestaurant, die Käsestube und das Spycher-Stübli mit Grillspezialitäten. Mit hat es gefallen am Herd, doch ich habe mir zuviel zugemutet: Im ersten Winter nach der Lehre brach sich einer der anderen Köche das Bein. Also bin ich eingesprungen. Doch das bedeutete Doppelschichten: von morgens um acht bis mittags um zwei in der Restaurantküche, dann zwei Stunden Pause und anschliessend von vier bis morgens um zwei in der Käsestube. Ich habe gutes Geld verdient. Doch dann bekam ich ein Magengeschwür und ein paar Jahre später, als ich bereits in einem Zürcher Hotel arbeitete, ein zweites. Der Arzt meinte, das sei stressbedingt und riet mir zu einem Berufswechsel. Danach führte ich ein Putz- und Zügelunternehmen, war zehn Jahre selbständig. Dabei dauerten die Arbeitstage oft auch lange, aber irgendwie hat mir das nichts ausgemacht. 2003 hatte ich in den Ferien in der Dominikanischen Republik einen schweren Unfall mit der Vespa, der mich für ein halbes Jahr arbeitsunfähig machte. Weil ich keine Taggeldversicherung hatte, riss mir das ein massives Loch in die Kasse, so dass ich die Selbstständigkeit aufgab und mich bei einem Grillstand im Zürcher Niederdorf anstellen liess. Dort verkehrte der Surprise-Verkäufer Ruedi Kälin und der hat mich angeworben. Zu Beginn machte ich das nur stundenweise als Ergänzung zum Job am Grillstand. Anfangs war mein Platz in Affoltern, doch als der Verkäufer Beat Egli letztes Jahr im Januar gestorben ist, konnte ich seinen Platz am Zürcher Hauptbahnhof beim Ausgang zur Zollstrasse übernehmen. Zudem verkaufe ich seit einigen Wochen auch in Luzern. Ich habe allerdings nicht das Gefühl, dass sie uns dort besonders gern haben. Zunächst konnten wir unsere Plätze im Rahmen gewisser Vorgaben selber aussuchen. Da war unter anderem die Migros an der Hertensteinstrasse dabei. Dort lief es recht gut, ich konnte mir auch einen Kundenstamm aufbauen. Doch dann hat uns die Stadt neue, weniger attraktive Plätze vorgeschrieben. Zudem dürfen wir erst ab neun Uhr verkaufen. Das drückt auf den Verkauf, was ich direkt spüre, denn ich beziehe keine Sozialhilfe oder sonstige staatliche Leistungen. Vielleicht sollte ich mich da mal drum bemühen. Lieber würde ich aber zurück in meinen Beruf gehen. Aber auf Bewerbungen bekomme ich regelmässig Absagen. Wenn du für die letzten 20 Jahre keine Zeugnisse vorweisen kannst, ist es wahnsinnig schwierig. Da müsste jemand sehr viel Vertrauen in mich setzen. Oder mich kennen. So kam ich auch schon zu Aushilfsjobs. Vor zwei Jahren

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AUFGEZEICHNET VON RETO ASCHWANDEN

fand ich eine Kochstelle in einem Restaurant in Stans NW. Doch als immer weniger Gäste kamen, war der Chef der Ansicht, das liege an mir. Ich fand: Wenn du meinst, dann ist es besser, wir trennen uns. Auf mir sitzen lassen konnte ich die Geschichte aber doch nicht. Deshalb erkundigte ich mich bei einigen Kunden, ob das Essen wirklich so schlecht gewesen sei. Jemand aus einer grösseren Gruppe, die eine Zeit lang oft eingekehrt war, erzählte mir dann, mit dem Essen sei alles in Ordnung gewesen. Ferngeblieben seien sie, weil sie von der Chefin angeschnauzt worden seien. Zur Ergänzung meiner Surprise-Einkünfte habe ich vor einem Jahr bei einem Kollegen mit einem Sägereibetrieb angefangen. Dafür bin ich auch von Zürich nach Thayngen in der Nähe von Schaffhausen gezogen. Blöderweise hat sich mein Kollege Anfang Mai bei einem Unfall mit dem Hubstapler die Hand zerquetscht. Und weil wir nur zu zweit waren, geht jetzt grade gar nichts mehr. Von daher ist der Wohnort etwas ungünstig. Ich bin zwar gern für mich, schätze es aber doch, wenn was läuft. Aber der Wohnort hängt halt auch mit der Arbeit zusammen. Wie gesagt würde ich gern wieder als Koch arbeiten. Aber auch Reinigung und Umzug könnte ich mir vorstellen. Da hast du viel Kontakt mit den Kunden und das hat mir immer gefallen.» ■ SURPRISE 258/11


Eine Chance für alle! Werden Sie Surprise-Götti oder -Gotte Surprise kümmert sich um Menschen, die weniger Glück im Leben hatten als andere. Menschen, die sich aber wieder aufgerappelt haben und ihr Leben in die eigenen Hände nehmen wollen. Mit dem Verkauf des Strassenmagazins Surprise überwinden sie ihre soziale Isolation. Ihr Alltag bekommt Struktur und wieder einen Sinn. Sie gewinnen neue Selbstachtung und erarbeiten sich aus eigener Kraft einen kleinen Verdienst. Die Surprise-Strassenverkäuferinnen und -verkäufer helfen sich

Tatjana Georgievska Basel

Ausserdem im Programm SurPlus: Marika Jonuzi, Basel Fatima Keranovic, Baselland Bob Ekoevi Koulekpato, Basel Jovanka Rogger, Zürich

selber. Das verdient Respekt und Unterstützung. Regelmässige Verkaufende werden von Surprise gezielt unterstützt. Die Teilnehmer am Programm SurPlus sind sozial abgesichert (Ferien, Krankheit). Mit der Programmteilnahme übernehmen die Surprise-Verkaufenden mehr Verantwortung; eine wesentliche Voraussetzung dafür, wieder fit für die Welt und den Arbeitsmarkt zu werden.

Andreas Ammann Bern

Jela Veraguth Zürich

Wolfgang Kreibich, Basel Kurt Brügger, Basel Anja Uehlinger, Baden Peter Hässig, Basel Marlies Dietiker, Olten

Peter Gamma, Basel René Senn, Zürich Josiane Graner, Basel

Ja, ich werde Götti/Gotte von: 1 Jahr: 6000 Franken

1/2 Jahr: 3000 Franken

1/4 Jahr: 1500 Franken

Vorname, Name

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Datum, Unterschrift

1 Monat: 500 Franken

258/11 Talon bitte senden oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch, PC-Konto 12-551455-3 SURPRISE 258/11

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Surprise ist: Hilfe zur Selbsthilfe Surprise hilft seit 1997 Menschen in sozialen Schwierigkeiten. Mit Programmen in den Bereichen Beschäftigung, Sport und Kultur fördert Surprise die soziale Selbständigkeit. Surprise hilft bei der Integration in den Arbeitsmarkt, bei der Klärung der Wohnsituation, bei den ersten Schritten raus aus der Schuldenfalle und entlastet so die Schweizer Sozialwerke.

Ich möchte Surprise abonnieren! 24 Ausgaben zum Preis von CHF 189.– (Europa: CHF 229.– ) (Verpackung und Versand bieten StrassenverkäuferInnen ein zusätzliches Einkommen.) Gönner-Abo für CHF 260.–

Eine Stimme für Benachteiligte Surprise verleiht von Armut und sozialer Benachteiligung betroffenen Menschen eine Stimme und sensibilisiert die Öffentlichkeit für ihre Anliegen. Surprise beteiligt sich am Wandel der Gesellschaft und bezieht Stellung für soziale Gerechtigkeit. Strassenmagazin und Strassenverkauf Surprise gibt das vierzehntäglich erscheinende Strassenmagazin Surprise heraus. Dieses wird von einer professionellen Redaktion produziert, die auf ein Netz von qualifizierten Berufsjournalistinnen, Fotografen und Illustratorinnen zählen kann. Das Magazin wird fast ausschliesslich auf der Strasse verkauft. Rund dreihundert Menschen in der deutschen Schweiz, denen der Arbeitsmarkt verschlossen bleibt, erhalten damit eine Tagesstruktur, verdienen eigenes Geld und gewinnen neues Selbstvertrauen.

Geschenkabonnement für: Vorname, Name

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Herausgeber Strassenmagazin Surprise GmbH, Postfach, 4003 Basel www.strassenmagazin.ch Öffnungszeiten Sekretariat 9 – 12 Uhr, Mo – Do T +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99 info@strassenmagazin.ch Geschäftsführung Paola Gallo, Agnes Weidkuhn (Assistenz GF) Anzeigenverkauf T +41 61 564 90 90, M +41 76 325 10 60 anzeigen@strassenmagazin.ch Redaktion T +41 61 564 90 70, F +41 61 564 90 99 Reto Aschwanden, Florian Blumer, Diana Frei (Nummernverantwortliche) redaktion@strassenmagazin.ch Ständige Mitarbeit Alexander Jungo (Korrektorat), Delia Lenoir, Irene Meier, Stephan Pörtner, Milena Schärer, Isabella Seemann, Priska Wenger, Christopher Zimmer Mitarbeitende dieser Ausgabe Joël Bisang, Olivier Joliat, Thomas Oehler, Ingrid Schaap, Hannah Schuh, Sarah Stähli, Sophie Stieger, Hanning Voigts, Oliver Zwahlen Gestaltung WOMM Werbeagentur AG, Basel Druck AVD Goldach Auflage 15 000, Abonnemente CHF 189.–, 24 Ex./Jahr Marketing, Fundraising T +41 61 564 90 61 Theres Burgdorfer, t.burgdorfer@strassenmagazin.ch

Sport und Kultur Surprise fördert die Integration auch mit Sport. In der Surprise Strassenfussball-Liga trainieren und spielen Teams aus der ganzen deutschen Schweiz regelmässig Fussball und kämpfen um den Schweizermeister-Titel sowie um die Teilnahme an den Weltmeisterschaften für sozial benachteiligte Menschen. Seit 2009 hat Surprise einen eigenen Chor. Gemeinsames Singen und öffentliche Auftritte ermöglichen Kontakte, Glücksmomente und Erfolgserlebnisse für Menschen, denen der gesellschaftliche Anschluss sonst erschwert ist. Finanzierung, Organisation und internationale Vernetzung Surprise ist unabhängig und erhält keine staatlichen Gelder. Das Strassenmagazin wird mit dem Erlös aus dem Heftverkauf und mit Inseraten finanziert. Für alle anderen Angebote wie die Betreuung der Verkaufenden, die Sportund Kulturprogramme ist Surprise auf Spenden, auf Sponsoren und Zuwendungen von Stiftungen angewiesen. Surprise ist eine nicht gewinnorientierte soziale Institution. Die Geschäfte werden von der Strassenmagazin Surprise GmbH geführt, die vom gemeinnützigen Verein Strassenmagazin Surprise kontrolliert wird. Surprise ist führendes Mitglied des Internationalen Netzwerkes der Strassenzeitungen (INSP) mit Sitz in Glasgow, Schottland. Derzeit gehören dem Verband über 100 Strassenzeitungen in 40 Ländern an.

Vertriebsbüro Basel T +41 61 564 90 83, M +41 79 428 97 27 Zoë Kamermans, Patrick Würmli, Spalentorweg 20, 4051 Basel, basel@strassenmagazin.ch Vertriebsbüro Zürich T +41 44 242 72 11, M +41 79 636 46 12 Reto Bommer, Engelstrasse 64, 8004 Zürich, zuerich@strassenmagazin.ch Vertriebsbüro Bern T +41 31 332 53 93, M +41 79 389 78 02 Andrea Blaser, Alfred Maurer, Pappelweg 21, 3013 Bern, bern@strassenmagazin.ch Strassenchor T +41 61 564 90 40, F +41 61 564 90 99 Paloma Selma, p.selma@strassenmagazin.ch Strassensport T +41 61 564 90 10, F +41 61 564 90 99 Lavinia Biert (Leitung), Olivier Joliat, David Möller l.biert@strassenmagazin.ch, www.strassensport.ch Trägerverein Strassenmagazin Surprise Präsident: Peter Aebersold Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auch auszugsweise oder in Ausschnitten, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird von der Redaktion und dem Verlag jede Haftung abgelehnt. Surprise behält sich vor, an Verkaufende gerichtete Postsendungen zu öffnen. Barspenden an namentlich bezeichnete Verkaufende können nur bis zu einem Betrag von CHF 100.– weitergeleitet werden. Darüber hinausgehende Beträge sollen – im Einverständnis mit der Spenderin oder dem Spender – allen Verkaufenden zugute kommen.

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Dazu passend: Leichtes T-Shirt, 100%Baumwolle, für Gross und Klein.

Schön und gut. Grosses Badetuch 100 x 180 cm aus sehr langlebigem Zwirngarn, 100% handgepflückte Baumwolle. Mit Surprise-Logo eingewebt und von A bis Z in der Schweiz hergestellt. Vorder- und Rückseite verschiedenfarbig: vorne kühles Aquablau, hinten heisses Rot.

Herren CHF 25.– S (schmal geschnitten) Kinder CHF 20.– XS S Alle Preise exkl. Versandkosten.

Strandtuch (100 x 180 cm) CHF 65.–

50 Prozent des Verkaufspreises kommt Surprise zugute.

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Ist gut. Kaufen! Wer etwas verkauft, braucht Geld. Schlichte Wahrheit – gute Sache. Denn 50 Prozent des Verkaufspreises kommt Surprise zugute. Alle Preise exkl. Versandkosten.

Surprise Zeitungs-Taschen (34 x 36 cm); CHF 37.50 neon-orange schwarz

Surprise City-Taschen (24,5 x 35,5 cm); CHF 40.– rot blau schwarz

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Surprise Rucksäcke (32 x 40 cm); CHF 89.– schwarz rot

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