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Aussenseiter Haben sie noch Platz in unserer Gesellschaft?

Xavier Koller im Interview: «Dällebach Kari ist ein Vorbild»

Auf der Gasse: Wie Menschen heute an den Rand gedrängt werden

Nr. 270 | 2. März bis 15. März 2012 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass.


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Titelbild: ZVG

Editorial Weggewiesen

Etwas mehr Aufmerksamkeit geniessen heutzutage kleine Grüppchen von Leuten, die im oder um den Bahnhof zusammensitzen und Bier trinken. Denn, wie Silvio Flückiger, Leiter der Gasseninterventionstruppe Pinto in Bern, weiss: Die Reklamationen über ihre Anwesenheit haben zugenommen, obwohl ihre Präsenz in den letzten Jahren abgenommen hat. Die Polizei kann sie heute in den meisten Schweizer Städten von einem Aufenthaltsort wegweisen und fernhalten. Als Begründung dafür genügt, sie seien laut gewesen oder hätten Abfall liegen gelassen.

BILD: ZVG

Neulich auf Facebook: In einem Video ist ein Mann zu sehen, der am Eingang einer U-Bahnstation steht und auf seiner Geige klassische Stücke spielt. Kaum einer der vorbeieilenden Pendler schenkt ihm Beachtung. Alltägliches Strassenmusikerschicksal in unserer hektischen Zeit, könnte man meinen – wäre der Mann nicht Stargeiger Joshua Bell, der für eine inszenierte Aktion der «Washington Post» auf seiner 3,5-Millionen-Dollar-Stradivari-Geige Bach und Schubert spielte.

FLORIAN BLUMER REDAKTOR

In diesem Heft stellen wir Leute in den Fokus, die am Rande unserer Gesellschaft leben. Wir waren auf der Gasse unterwegs, weil wir wissen wollten, wie es um unseren Umgang mit Leuten steht, deren Leben sich im öffentlichen Raum abspielt. Dazu haben wir mit Experten gesprochen und Studien gewälzt. Die Recherchen führten uns unter anderem zur Erkenntnis: Wir sollten auf dem Weg zum Zug oder in die Bahnhofs-Migros vielleicht einmal mit ihnen reden. Denn Silvio Flückiger sagt, dass sich diese Leute oft beklagen, dass zwar über sie, aber nicht mit ihnen gesprochen wird. Als Inspiration kann Ihnen vielleicht unsere Fotografin Karin Scheidegger (im Bild vorne rechts) dienen, deren Foto-Session im Bahnhof Bern sich zu einem regelrechten Happening mit Gassenleuten und Surprise-Verkäufern auswuchs. Natürlich: Ein Joshua Bell hätte unsere Aufmerksamkeit auf dem Arbeitsweg verdient. Doch vielleicht würde es sich lohnen, auch einmal dem Mann mit der Bierdose in der Hand im Bahnhof zuzuhören. Vielleicht hat er uns ja etwas über sein Leben und die heutige Zeit zu erzählen. Ich wünsche Ihnen eine gute Lektüre und einen anregenden nächsten Stadtbummel, Florian Blumer

Surprise ist auf Spenden angewiesen. Auch auf Ihre! Herzlichen Dank. PC-Konto 12-551455-3 Ihre Meinung! Bitte schicken Sie uns Ihre Anregungen oder Kritik: Strassenmagazin Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, T +41 61 564 90 70, redaktion@strassenmagazin.ch. Es werden nur Leserbriefe abgedruckt, die mit vollem Namen unterzeichnet sind. Die Redaktion behält sich vor, Briefe zu kürzen. SURPRISE 270 /12

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10 Xavier Koller «Randfiguren sind Sieger» Vor hundert Jahren war Karl Tellenbach weitherum als Berner Stadtoriginal bekannt. Heute ist er längst zur Legende geworden: Nach Kurt Frühs sozialrealistischem Film von 1970 ist Dällebach Kari als Musicalfigur wiederauferstanden. Jetzt sieht sich Oscar-Preisträger Xavier Koller in der Neuverfilmung die emotionalen Momente seines Schicksals genauer an. Und im Gespräch sagt er, warum Dällebach für ihn ein Vorbild ist.

14 Am Rand Abnehmende Toleranz in Bern Der Kanton Bern war Vorreiter in der Einführung eines Wegweisungsartikels, der es der Polizei erlaubt, Personen von Orten wegzuweisen und fernzuhalten, die «die Ordnung stören». Dies und der Bahnhofsumbau haben dazu geführt, dass sich Randständige kaum mehr im öffentlichen Raum treffen können. Wo sind sie hin? Und wie ist die Situation heute aus Sicht verschiedener Akteure? Wir haben auf der Gasse nachgefragt.

BILD: KARIN SCHEIDEGGER

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Inhalt Editorial Weggewiesen Basteln für eine bessere Welt Pralinen für die Gasse Aufgelesen Kreative Kinder Zugerichtet Ausgebremst Surprise Strassenchor Saisonstart! Nachruf Patrice Bigler Porträt Filmheiler Le Mot Noir Sharon Stone versetzen? Kulturgelder Notstand in Luzern Kulturtipps Amokkind Ausgehtipps Dunkle Anja Verkäuferporträt Fischer mit Träumen Projekt Surplus Eine Chance für alle! In eigener Sache Impressum INSP

BILD: ZVG

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BILD: KARIN SCHEIDEGGER

18 Am Rand Was stört, muss weg

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Mit immer neuen Massnahmen versuchen die Stadtbehörden, unliebsame Personen aus den Innenstädten zu vertreiben. Die Ethnologin Monika Litscher erklärt im Interview, wieso Ausschlussmassnahmen von der breiten Bevölkerung unterstützt werden und weshalb Massnahmen für ein erhöhtes Sicherheitsgefühl kontraproduktiv wirken. Zudem: Eine Übersicht über Methoden, mit denen Schweizer Städte störende Elemente ausschliessen.

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ILLUSTRATION: WOMM

1. Nehmen Sie zwei Kartons im A4-Format in der Farbe Ihrer Wahl und schneiden Sie zwei Quadrate aus, einmal 20 × 20 Zentimeter, einmal 20,5 × 20,5.

2. Zeichnen Sie auf beide einen Rand von 4 Zentimetern und schneiden an allen Ecken ein Dreieck aus. Ritzen Sie mit Lineal und Schere alle Linien nach.

3. Falten Sie die Ecken und Ränder hoch und kleben sie zu einer Schachtel, respektive einem Deckel, zusammen.

4. Schneiden Sie 4 Streifen aus (12 × 3 Zentimeter), legen sie übereinander und schneiden sie im Abstand von 4 Zentimetern bis etwas über die Hälfte ein. Schneiden Sie von beiden Rändern noch je einen Millimeter ab.

5. Stecken Sie die Streifen zu einem Gitter zusammen und legen Sie es in die kleinere Schachtelhälfte.

6. Schmelzen Sie 400 g dunkle Schokolade im Wasserbad, mischen 2,5 dl Rahm darunter und formen kleine Kugeln, die Sie in Papierförmchen (in der Backwarenabteilung erhältlich) legen (für ausgeklügeltere Rezepte siehe www.bedello.ch). Dekorieren Sie zum Schluss den Schachteldeckel nach Belieben.

Basteln für eine bessere Welt Menschen, die die Gasse ihr Zuhause nennen, haben es schwer heutzutage: Sie werden kaum mehr irgendwo geduldet (siehe Themenschwerpunkt in diesem Heft) und der Pendlerstrom zieht meist an ihnen vorüber, ohne dass sie eines Blickes, geschweige denn eines Wortes gewürdigt werden. Sie können das ändern! Ein paar Pralinen öffnen Türen, auch zum Herzen eines Obdachlosen oder Drogenabhängigen. SURPRISE 270 /12

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Aufgelesen News aus den 90 Strassenmagazinen, die zum internationalen Netzwerk der Strassenzeitungen INSP gehören.

Kleine Geigenvirtuosen Hamburg. In Altona, einem Hamburger «Problemstadtteil», geschieht Wunderliches: 220 Kinder, meist aus armen Migrantenfamilien, spielen begeistert Geige. Zu verdanken ist dies dem 50-jährigen Gino Romero Ramirez, einem Einwanderer aus Kolumbien. Der Geigenlehrer unterrichtet die Kids mit grosser Hingabe, Warmherzigkeit und Begeisterung. Jeder Schüler wird zur Begrüssung umarmt, die Kinder lieben ihn. Sie seien zwar anfangs sehr frech gewesen, sagt er schmunzelnd, «aber ich habe über die Jahre Tricks gelernt, sie zu kriegen».

Kreative Kinder Graz. Auch in Graz werden wilde Kinder durch musische Betätigung befriedet. Im Kinderatelier Vasata können sie zu meditativer Musik nach Herzenslust kleckern, kritzeln oder mit Ton platschen. «Wir machen keine Vorgaben, wie das in der Schule der Fall ist», sagt Co-Leiterin Barbara Luecking. Entsprechend erfahren die Kinder «nur Ermutigung, niemals Kritik». Die Kunst sei denn auch nur Mittel zum Zweck, so Luecking: Die Kinder würden durch den kreativen Prozess Selbstvertrauen entwickeln, «Friedfertigkeit ist die Folge».

Die Strickguerilla Dortmund. In friedlicher Mission ist auch die «Katernberger Strickguerilla» unterwegs. Ihre Mitglieder sind Lehrerinnen, IT-Techniker oder Studenten, ihre Mission ist die Verschönerung der «industrialisierten Stadtmöblierung». Sie umstricken nächtens Strassenschilder, Ampelmasten, Sitzbänke und Fahrradständer. Die wolligen Accessoires für die Stadtmöbel sind meist bunt und damit wahre Tristesse-Killer. Ausser diejenigen der «GothicStrickerin» in der Guerillatruppe, die strickt grundsätzlich nur mit Schwarz.

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Zugerichtet Messerphobie Wie im Himmel so auch am Gericht herrscht Freude über reuige Sünder. Das weiss Fisnik A.* aus einschlägiger Erfahrung und mimt routiniert den Büsser vor dem Richter: «Ich habe eine riesengrosse Dummheit gemacht. Das tut mir leid.» Es war im Herbst 2010, als er mit seinem Opel in Dübendorf herumkurvte, ohne Billet, wie so oft. Gerade als er aufs Gaspedal drücken wollte, zwang ihn der angolanische Bauarbeiter João Luís mit seinem Bagger abzubremsen, was in Fisnik das Blut zum Brodeln brachte. An der nächsten Ampel lernten sich die Herren dann persönlich kennen. Die im folgenden Gespräch in angolanischem Portugiesisch und kosovarischem Albanisch herausgeschleuderten Verbalinjurien stiessen beim jeweils anderen auf Unverständnis. Also bewarf Fisnik den Angolaner mit faustgrossen Steinen. Die Karosserie trug Beulen davon. João Luís, unter Schock, liess sich vom ungeschützten Sitz auf die Strasse fallen. Herrenlos rollte der Bagger von dannen und prallte in einen Zaun. Bis zu diesem Punkt der Anklage ist Fisnik geständig. Doch João Luís hatte bei der Polizei ausgesagt, dass es der Albaner nicht beim Raufhandel bewenden liess, sondern ihn, nachdem er vom Bagger gefallen sei, mit einem Messer bedroht habe, mindestens 15 Zentimeter lang. Dafür verlangt der Bauarbeiter 50 000 Franken Genugtuung, plus 10 000 Franken Schmerzensgeld. «Das kann gar nicht sein», ruft Fisnik, und fast sieht es aus, als ob er seine Contenance verlöre. «Seit dem Vorfall, als ich meinen Bruder mit einem Messer bedrohte, habe ich eine Messerphobie. Fragen Sie meine Frau.»

Ob er denn wisse, wie viele Vorstrafen er habe, fragt ihn der Richter, und schaut mit erhobenen Augenbrauen auf Fisniks Strafregisterauszug. «Ein paar sind es schon, aber ich weiss es nicht mehr genau», antwortet der Gefragte. Und für das Gefängnis könne er nichts, er sei da immer in Sachen hineingezogen worden, mit denen er nichts zu tun hatte. «Und jetzt bin ich wieder der Dumme.» Gegen den vierten Punkt der Anklageschrift, schwere Drohung, erhebt Fisnik Einsprache. «Der andere wittert doch nur das grosse Geld», vermutet er. Für allfällige Schäden lägen keinerlei Beweise vor. «Der kommt doch aus Afrika, da geht man auch nicht zimperlich miteinander um.» Ein Leiden fürs Leben habe er wegen ihm sicher nicht davongetragen. Dieser Sichtweise schliesst sich der Richter an und weist die Genugtuungsforderung des Angolaners ab. Vom Anklagepunkt der Drohung spricht er Fisnik frei. «Wir gehen in dubio pro reo davon aus, dass kein Messer im Spiel war.» Der Kläger habe sich in Widersprüche verheddert. Das Strafmass bleibt jedoch dasselbe, denn die drei anderen Anklagepunkte wiegen nicht leicht: Gefährdung des öffentlichen Verkehrs, mehrfaches Fahren ohne Führerschein und Verletzung der Verkehrsregeln. Es gibt eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu 30 Franken und eine Busse von 700 Franken. «Sie dürfen sich nichts mehr zu schulden kommen lassen», redet der Richter Fisnik ins Gewissen. «Es erträgt keine Dummheiten mehr. Hören Sie?» Der Angesprochene hört nichts, er tippt gerade ein SMS an seine Frau. * Persönliche Angaben geändert. ISABELLA SEEMANN (ISEE@GMX.CH) ILLUSTRATION: PRISKA WENGER (PRISKAWENGER@GMX.CH) SURPRISE 270 /12


Surprise Strassenchor In die vierte Saison gestartet BILD: ISMAEL LORENZO

Beim gemeinsamen Singen finden die rund 15 Chormitglieder Anschluss an eine lockere, positiv gestimmte Gruppe. Ihnen gibt das Gefühl des Dazugehörens Kraft und Selbstwert. Der Surprise Strassenchor freut sich auch über neue Stimmen: Alle, die sich einen Chor sonst nicht leisten könnten, sind herzlich eingeladen mitzumachen. Den Beginn des Jahres nutzen wir zum Einstudieren neuer Lieder und zur Repertoire-Erweiterung. Am 13. März findet eine Stimmwerkstatt mit dem Basler Gesangspädagogen Thomas Reck statt, der uns mit der Appenzeller Singtradition des «Zäuerli» und des «Gradhebe» vertraut machen wird. Da Schweizer Dialektlieder für unseren international zusammengesetzten Chor sehr schwierig umzusetzen sind, freuen wir uns auf diese ursprüngliche Art des Singens ohne Text. Die Stimmwerkstatt findet am normalen Probentag in der Kindermusikschule archemusia am Aeschenplatz 2 statt und dauert von 17.30 bis 21 Uhr.

Der Surprise Strassenchor wird bald die Appenzeller Tradition des «Zäuerli» und des «Gradhebe» beherrschen.

BILD: ZVG

Der neu gegründete Freundeskreis des Chors sucht Gönnerinnen und Gönner Der Strassenchor wird durch Spenden finanziert und sucht Menschen, die sich mit dieser soziokulturellen Aktivität verbunden fühlen und zu einer Spende bereit sind. Im Gegenzug werden sie über die öffentlichen

Mehr Informationen unter http://www.strassenmagazin.ch/strassenchor.

Nachruf Patrice Bigler Im Verkäuferporträt letzten August sagte Patrice Bigler: «Ich mache mir um mich nicht unbedingt Sorgen. Wenn hingegen Kollegen wie der Dänu sterben, dann nimmt mich das recht mit.» Nun nimmt es uns mit, dass Patrice, der fast täglich vor der Migros im Berner Hauptbahnhof Surprise verkaufte, am 10. Februar gestorben ist; fast auf den Tag genau drei Jahre nach seinem Freund Dänu, der ihn vor sechs Jahren zu Surprise gebracht hatte. Wir – und mit uns viele Verkäuferinnen und Verkäufer in Bern – sind sehr traurig, dass das «charmante Schlitzohr», wie ihn einst sein Beistand nannte, nie mehr unser Büro betreten wird. Patrices Lebensweg war praktisch von Beginn weg steinig, sein Alltag schwierig und mit den Jahren vom Drogenkonsum bestimmt. Da war es schön, wenn wir ihn hier mit einem Spruch oder Witz zum Lachen bringen konn-

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Chorkonzerte informiert und einmal im Jahr zur öffentlichen Probe eingeladen. Wir freuen uns auf ein tragendes Netz von Leuten, die unseren Chor – und damit ein Stück Lebensfreude – direkt unterstützen. ■

ten. Patrice hatte Schalk, und so war auch er nie um eine Antwort verlegen, bevor er wieder zum Bahnhof eilte. Der Bahnhof war zu seinem Zuhause geworden. Hier arbeitete er und traf Bekannte, darunter auch die Surprise-Verkäuferin Lisbeth Schranz, die ihm half, sein Geld einzuteilen. Anfang Januar war Patrice nach einem Herzstillstand ins Spital gebracht worden. Sein Herz schlug danach zwar wieder, doch seine allgemeine physische Verfassung verschlechterte sich weiter. Nun hat sich sein Lebenskreis geschlossen. Dafür, dass du ein Teil von Surprise warst, für deine Mitarbeit im Verkauf, die Botengänge fürs Büro, deinen Charme und dein Lachen: Danke Patrice! Das Team des Vertriebsbüros Bern

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Porträt Der Filmapotheker Stefan Theiler hängte seinen Job in der Werbebranche an den Nagel, weil er um seine Kreativität fürchtete. Diese lebt er heute in seiner kleinen DVD-Videothek in der Berner Altstadt aus, wo er die Gasse mit neuem Leben erfüllt und Kunden mit Woody-Allen-Filmen von Liebeskummer heilt. VON SARAH STÄHLI (TEXT) UND ANNETTE BOUTELLIER (BILD)

eine Tasse warmen Kaffee. Auch der gross gewachsene Surprise-Verkäufer Andreas Ammann mit den blonden, halblangen Haaren gehört zur Kundschaft. Zuletzt hat er sich den Überlebenskünstlerfilm «Midnight Cowboy» ausgeliehen. Rund 2000 Kunden zählt der umtriebige Filmapotheker mittlerweile in seiner Kartei. Reich wird er damit nicht: «Manchmal verdiene ich nur 30 Franken am Tag. Aber ums Geld Verdienen geht es mir nicht: Geld essen Seele auf», sagt Theiler in Anlehnung an den Fassbinder-Film und fügt an: «Ich komme mit wenig zurecht. In der Woche brauche ich nur etwa 40 Franken.» Auch dank seinen guten Beziehungen im Quartier: Mit dem benachbarten italienischen Restaurant Lo Stuzzichino da Bellino hat er einen Deal: Dr. Strangelove macht die Werbung für das Lokal, dafür darf er gratis hausgemachte Pasta essen. Anfänglich hat Theiler auch im Ladenlokal gewohnt, umgeben von seinen Filmschätzen. In der Zwischenzeit ist er eine Tür weitergezogen. Dort hält es ihn aber nicht mehr lange: «Heute stellt sich heraus, ob ich eine Wohnung im Mattequartier erhalte», sagt er und rennt gleich ans Telefon, um den Vermieter anzurufen. Er bekommt die Zusage, worauf er einen Luftsprung im niedrigen Ladenlokal vollführt. Wäre der Vermieter vor ihm gestanden, Theiler wäre ihm ziemlich sicher um den Hals gefallen. Seine impulsive und unglaublich kreative Art scheint so gar nicht ins gemächliche Bern zu passen, wo immer noch wenig Neues angerissen wird. Doch der Innerschweizer aus dem Ägerital sieht viel Potenzial in der Stadt: «Die Berner Altstadt ist eine Prinzessin, die im Dornröschenschlaf schlummert. Man muss sie nur wachküssen.» Dass er jetzt in die Matte ziehe, daran sei «Doktor Erich Kästners Lyrische

Er hätte auch einen ganz anderen Weg einschlagen können. Doch manchmal kommt alles anders: Stefan Theiler studierte Internationale Beziehungen an der Hochschule St. Gallen und arbeitete mehrere Jahre als strategischer Planer bei Werbefirmen. Nun ist er Dr. Strangelove – der «Facharzt für Filmberatung und Medienseuchen» – und unterhält in der unteren Berner Altstadt seine DVD-Videothek. Die Kehrtwende kam nach diesem ominösen Alptraum, der Theiler wachgerüttelt hatte: «In diesem Traum wurde ich von meinen Mitarbeitern der Werbeagentur buchstäblich gefoltert», erzählt er, «und am Ende schnitten sie mein grünes Halstuch durch.» Dieses Mitbringsel aus Kambodscha, das er täglich trägt, habe für ihn eine ganz persönliche Bedeutung: «Es steht für Freiheit und den Wunsch nach einer sozialeren Welt.» Er beschloss, der Werbewelt den Rücken zu kehren: «Ich hatte Angst, sonst meine ganze Kreativität zu verlieren.» In Bern kennt das schlauchartige, liebevoll dekorierte Lokal, von oben bis unten voll gestopft mit DVDs, in der Zwischenzeit fast jeder. «Der empfiehlt doch immer Woody Allen», heisst es dann meistens. Seit drei Jahren bringt der 29-Jährige täglich auserlesene Filme unter die Leute. Einen DVD-Verleih zu eröffnen, sei aber keineswegs sein lang gehegter Traum gewesen: «Der Vater meiner Ex-Freundin war Filmjournalist und entzündete meine Leidenschaft für Filmgeschichten.» Damals, vor drei Jahren, als Theiler in einer Krise steckte, hatte er Angst um seinen freien Willen: «Ich fühlte mich ein bisschen wie Alex in ‹A Clockwork Orange› nach der Ludovico-Therapie», meint der grosse Kubrick-Fan augenzwinkernd. Filme als Heilmittel. Dies will er jetzt auch seinen Kun«Die Berner Altstadt ist eine Prinzessin, die im Dornröschenden vermitteln. Bei gravierendem Liebeskumschlaf schlummert. Man muss sie nur wachküssen.» mer etwa empfiehlt er Woody Allens Frühwerk «Bananas», «um diesen Kummer in einer anderen Variation nachempfinden zu können». Der «Filmapotheker», Hausapotheke» schuld. Kästner gibt darin Tipps in Gedichtform für jewie er sich selber nennt, sagt: «Allen ist mein Hauspsychiater und ein de Lebenslage. Für die, denen «die Grossstadt zum Hals heraushängt», gutes Antidepressivum.» Dank ihm habe er den Jazz entdeckt und hilfempfiehlt der Autor nächtliche Spaziergänge. «Jetzt kann ich immer reiche Beziehungstipps erhalten. wieder neue Spaziergänge zwischen Aare und Altstadt entdecken», juTheiler kann nur schlecht still sitzen. Immer wieder kramt er Bücher biliert Theiler: «Ich freue mich mit meinem neuen kleinen Akkordeon und DVDs hervor, kratzt mit einer Gabel Kuchenreste aus einer Gugelschon auf die Begegnungen unter den Lauben.» In der Matte hat es ihm hopfform, die er im Stehen isst, oder begrüsst Kunden – er kennt sie albesonders das Quartierlädeli mit den feinen Rüebli angetan: «Irgendeinle beim Vornamen. Während dem Gespräch öffnet sich die Ladentüre im mal möchte ich hier an der Rathausgasse einen Tante-Emma-Laden erZehn-Minuten-Takt. Er ist dann ganz der fürsorgliche Geschäftsmann. öffnen helfen. Mit den Strichcode-Gwagglis Migros und Coop kann ich Er wird aber nie aufdringlich, vielmehr wirkt es, als wolle er seinen Kungar nichts anfangen». den sanft zu ihrem Glück verhelfen. Als erste Amtshandlung blättert er Neben dem Filmverleih hat der Umtriebige immer wieder neue Projeweils die eben zurückgebrachten DVDs mit ihnen durch, um herausjekte im Köcher: Vom Kurierdienst bis zum Strassencafé hat er in den zufinden, welche Filme sie noch interessieren könnten. «Ich verteile Fildrei Jahren schon einiges ausprobiert und teils auch wieder verworfen. me wie Panini-Bilder auf dem Pausenplatz», lacht er. Theiler, oder eben Jeden zweiten Mittwoch organisiert er im Keller des Antiquariats «AlibDr. Strangelove, sagt, es gehe ihm nicht ums Geschäft, sondern in erster aba’s Bücherhöhle» nebenan Poesieabende oder stellt zur AntirassisLinie um die Begegnungen. Als perfekter Lebensort schwebt ihm eine muswoche Ende März ein Gassenkino auf die Beine. Sein neuster Art mittelalterliches Dorf vor, «wo die Nachbarn noch miteinander spreStreich feiert im März Premiere: Auf dem alternativen Lokalradio RaBe chen und sich umeinander kümmern, wie hier in der Rathausgasse». präsentiert er jeden Donnerstag von 16 bis 17 Uhr ein «Lustspiel», in Berner Stadtoriginale gehen bei ihm ein und aus, für ein Gespräch oder dem er eine Patientin heilt – mit Filmen, versteht sich. ■ SURPRISE 270 /12

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Xavier Koller «Manchmal wirft dich das Leben aus der Bahn» Oscar-Preisträger Xavier Koller porträtiert in seinem neuen Film «Eine wen iig, dr Dällebach Kari» das Leben und Leiden des Berner Coiffeurs und Stadtoriginals. Mit Surprise sprach er über Aussenseiter, Überlebenskünstler und die neue Swissness.

INTERVIEW VON SARAH STÄHLI

Dällebach Kari, Stadtoriginal mit Hasenscharte, war Berner Coiffeurmeister. Würde er heute leben, wäre er vielleicht Surprise-Verkäufer. Was fasziniert uns an Stadtoriginalen und Randfiguren? Es hat sie immer gegeben. Diese Hofnarren, die versuchen, ihr Leben in den Griff zu kriegen. Solange diese Menschen ein gewisses Selbstwertgefühl behalten und die Katastrophen überleben, sind sie eigentlich immer Sieger. Auch wenn sie ganz weit unten sind. Solange sie sich nicht die Kugel geben oder etwas anstellen – aus Rache zum Beispiel –, dann sind das für mich bewundernswerte Menschen. Man kann sein Leben ja nicht bestimmen. Manchmal wirft es dich aus der Bahn. Die einen kommen wieder aufs Gleis zurück – die anderen nicht.

Oft verachten wir die Person, die wir einmal geliebt haben. Dabei gehen die gemeinsamen Zeiten ja nicht verloren. Die Verehrung der Frau hat Kari weitergetragen wie ein Juwel, durch sein ganzes Leben. Diese Wertschätzung kommt bei ihm aus der Verehrung seiner Mutter. Sowie seine fehlende Berührungsangst mit dem Femininen und seine Sehnsucht nach dem Schönen – auch bedingt durch seinen Beruf. Und das, obwohl er immer wieder damit konfrontiert wird, dass er selber nicht besonders schön ist. Diesem Widerspruch wollte ich in meinem Film nachgehen. Wieso hat sich der Mythos von Dällebach Kari bis heute gehalten? Weil er offenbar Qualitäten hat, die wir in uns vermissen. Eigenschaften, die wir vielleicht für unser Leben als Orientierungshilfe ansehen könnten. Ich denke, eine gewisse positive Haltung dem eigenen Leben gegenüber hilft, viel Schmerz zu ertragen und dem Leben einen Wert zu geben.

Sind es die Frauen in seinem Leben, die es Kari ermöglicht haben, trotz unzähligen Rückschlägen zu überleben? Absolut. Ich wollte die starken Frauenfiguren in meinem Film hervorAm Ende Ihres Filmes steht der Satz: Dr Dällebach Kari, eine wen heben: Es ist Zeit anzuerkennen, dass Frauen mehr und mehr das Steuiig – und eini wie du. Was hat Kari mit uns gemeinsam? er übernehmen. In Karis Leben stand an erster Stelle seine Mutter. Und Einiges. All die Aufs und Abs im Leben, wie wir versuchen zu überleseinen Müttern ist man eigentlich immer zu wenig dankbar. Zu wenig ben, respektiert zu werden, unsere Ängste aufzugeben und uns zu akdankbar dafür, dass sie einen auf die Welt gebracht und aufgezogen hazeptieren, so wie wir sind. Das kennen wir doch alle. Ob wir jetzt zu ben. Das wird als selbstverständlich angenommen. Bei Kari ist das ankleine Ohren oder eine zu grosse Nase haben: Perfekt fühlt sich nieders. Er wusste früh: Ohne seine Mutter hätte er gar nicht erst überlebt. Sie hat ihn trotz seiner Hasenscharte, trotz Abraten des Arztes am Leben erhalten. Eine mei«Solange Randfiguren ein gewisses Selbstwertgefühl behalten ner Lieblingsszenen im Film ist die, als Kari und die Katastrophen überleben, sind sie eigentlich immer Sieger.» seine Mutter besucht, nachdem er sich die Hasenscharte hat flicken lassen und sich bei ihr mand. Sogar die schönste Frau der Welt hat das Gefühl, sie sei zu dick. für alles bedankt. Etwas, das wir meistens verpassen im Leben: uns zu Der Spiegel ist unser grösster Feind. Und Kari wurde in seinem Coifbedanken. Kari ist dankbar für das Leben und für die Liebe, die er erfeursalon täglich damit konfrontiert. fahren durfte. Und diese Dankbarkeit hat er mit sich getragen. Bis zum Schluss. Die Rolle der Aussenseiter und Heimatlosen zieht sich wie ein roter Faden durch Ihr Werk. Etwa in «Das gefrorene Herz» oder Am Ende opfert er sich für seine grosse Liebe, Annemarie, die «Reise der Hoffnung». Tochter aus gutem Haus, auf. Ein schmerzhafter Moment in IhZwar nicht bewusst, aber es stimmt, das hat etwas. Interessant finde ich rem Film. dabei vor allem herauszufinden, wieso jemand zu einem Aussenseiter Und doch ist Kari daran nicht zugrunde gegangen. Er ist weder verbitgeworden ist. So wie jetzt auch beim Dällebach Kari. Offenbar haben tert geworden noch hat er begonnen, Frauen zu hassen. Er wusste: diese Menschen auch etwas mit mir zu tun. Ich bin auch eine Art Wenn ich Annemarie liebe, muss ich sie gehen lassen. Eine unglaubliAussenseiter. Nicht, dass ich darunter leiden würde, aber meine Denkche Grosszügigkeit, die man nicht häufig so in einem Menschen findet.

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Nils Althaus als Dällebach Kari im neuen Koller-Film: Annemaries Mutter hat andere Vorstellungen von ihrem Schwiegersohn.

art ist vielleicht ein bisschen anders: Ich gehe «Dällebach hat offenbar Qualitäten, die wir in uns vermeinen eigenen Weg und habe nie darauf gemissen. Eigenschaften, die wir vielleicht für unser Leben hört, was mir andere geraten haben, sondern meine eigenen Fehler gemacht und daraus geals Orientierungshilfe ansehen könnten.» lernt. Mein Lebensprinzip heisst: Vorwärtsgehen. Die Zukunft liegt vorne, was hinter einem wie es hätte sein können. Und ich wollte Karis Geschichte auffrischen, liegt, nimmt man mit, aber verbittert zu sein über Rückschläge, das damit sie hoffentlich auch ein jüngeres Publikum anspricht. Die Liebringt nichts. Manchmal verrennt man sich dabei, manchmal hat man besgeschichte steht dabei im Mittelpunkt. Für mich bedeutet Kino Glück. Berechnen kann man das nicht. Und es braucht Mut, auch einEmotionen: Ich möchte, dass die Zuschauer befreiend lachen können mal etwas falsch zu machen. und allenfalls ein Tränchen verdrücken. Ich hoffe, dass das Publikum mit einem guten Gefühl zum Kino rausgeht. Das reicht mir. Mein Film Dällebach Kari ist also auch ein Vorbild für Sie? soll weder Sozialkritik noch Menschenkritik sein, sondern einfach ein Auf jeden Fall. Er hat eingesteckt, aber er hat das Leben auch geniessen Menschenbild. können. Sein Leiden ist echt, aber seine Freude auch. Es ist diese Wahrhaftigkeit, die ich in meinem Film gesucht habe. Dieser ewige Versuch, Sie leben seit Jahren in Los Angeles, haben aber jetzt wieder ein uns selber und einander zu akzeptieren – mit all unseren Fehlbarkeiten sehr schweizerisches Thema aufgegriffen. Wieso? und Makeln, die uns ausmachen. Ich habe mich ja nicht verändert. Spreche immer noch Schweizerdeutsch. Man nimmt sich selber immer mit, egal wohin man geht. VielKurt Früh hat Dällebach Kari in seinem Film von 1970 bereits porträtiert. Theaterstück und Musical folgten. Wieso haben Sie sich für leicht wird das Denken etwas freier, weil man sich selber nicht mehr so Ihren Film erneut mit dem Leben des Berner Stadtoriginals befasst? eingeengt fühlt durch die Umgebung. Das ist der Vorteil vom Weggehen und Zurückschauen: Man hat dann den besseren Überblick. In der MasDas Projekt wurde an mich herangetragen. Mir war wichtig, dass ich se von Menschen sieht man immer nur den nächsten. meinen eigenen Weg finde, diese Geschichte zu erzählen. Die Liebe, die Missbildung und das fehlende Selbstvertrauen wollte ich ins Zentrum Hätten Sie den «Dällebach Kari» auch in den USA drehen können? stellen. Kari ist ein Original. Durch den Film von Kurt Früh ist er zur LeIch denke schon. Klar, durch den Ort und die Sprache erhält die Gegende geworden. Ich habe mit meinem Film versucht, den Weg nachschichte eine eindeutige Identität. Aber der Film erzählt eine Geschichzuzeichnen, wie es dazu gekommen ist. Eine subjektive Interpretation,

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Regisseur Xavier Koller: «Es braucht Mut, auch einmal etwas falsch zu machen.»

te von universellem Charakter: eine alle Schranken überwindende Liebe und fehlendes Selbstvertrauen. Das sind Themen, die überall von Bedeutung sind. Unterscheidet sich die Arbeitsweise in Hollywood und Europa? Ausser, dass die Equipe grösser ist und allenfalls mehr Geld in ein Projekt reingestopft wird, sind die Arbeitsbedingungen dieselben. Es ist «ghupft wie gsprunge». Die amerikanischen Schauspieler sind nicht aus anderem Material beschaffen als die schweizerischen. Es wird eine andere Sprache gesprochen, aber die Leidenschaft für den Beruf ist dieselbe. Hat sich Ihr Blick auf die Heimat verändert? Vielleicht ist er etwas klarer geworden. Die Veränderungen, die sich hier abzeichnen, freuen mich sehr. Ich habe den Eindruck, die Schweiz ist farbiger, frischer geworden. Diese neue Identität ist befreiend. Ich hoffe nur, dass sich das so positiv weiterentwickelt und nicht zur Selbstgefälligkeit wird. In der Politik hat sich diese neue Identität vielleicht noch weniger durchgesetzt, das kommt aber hoffentlich noch. Die Frauen haben zwar die Mehrheit im Bundesrat wieder verloren, aber es hat doch eine Blutauffrischung stattgefunden. Und ich bin eigentlich optimistisch, dass es so weitergeht. Im Schweizer Film wird diese Swissness zurzeit geradezu zelebriert. Es ist ein neues Selbstverständnis, ein Zurückfinden zur eigenen Identität. Alte Bräuche werden neu entdeckt. Früher haben alle gelacht, wenn jemand Alphorn gespielt hat, heute finden sogar Junge: «Das fährt SURPRISE 270 /12

noch ein.» Die schweizerische Eigenart findet wieder Anklang: Hosenlupf und Schwingfeste sind plötzlich «no geil». Das Zurückfinden zu diesem Ursprung, der nicht verfälscht ist und nicht zur Folklore wird, das passiert zurzeit auf einer breiten Ebene. Die Berührungsängste sind verschwunden. Wir haben gemerkt, dass wir uns nicht immer nur nach aussen orientieren müssen. ■ www.daellebachfilm.ch

Zur Person: Xavier Koller wurde 1944 in Schwyz geboren. Für sein Flüchtlingsdrama «Reise der Hoffnung» erhielt er 1991 den Oscar für den besten fremdsprachigen Film. Mit «Gripsholm» verfilmte er eine Erzählung von Kurt Tucholsky. Das Drehbuch zu «Eine wen iig – dr Dällebach Kari» basiert auf dem Theaterstück von Livia Anne Richard. Der Film mit Nils Althaus in der Rolle des jugendlichen Kari, Hanspeter Müller-Drossaart als älterer Kari und der hervorragenden Newcomerin Carla Juri als Annemarie Geiser eröffnete die Solothurner Filmtage und läuft zurzeit in den Deutschschweizer Kinos. Er ist in sechs Kategorien für den Schweizer Filmpreis «Quartz» nominiert, der Mitte März vergeben wird. Koller lebt mit seiner Familie in Los Angeles. Als Nächstes dreht er in England den Thriller «Summer Night, Winter Moon» mit Stephen Fry und Roger Moore.

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Am Rand In der Schweiz wird kaum mehr toleriert, dass sich so genannte Randständige in der Öffentlichkeit treffen. Stattdessen werden sie immer weiter an den Rand gedrängt. In allen grösseren Städten gibt es mittlerweile Wegweisungsartikel, die es der Polizei ermöglichen, neben lärmenden Jugendlichen auch Alkoholiker und andere Drogenabhängige von öffentlichen Plätzen fernzuhalten. Wir waren in Bern auf der Gasse unterwegs, haben uns in Studien vertieft und mit Experten gesprochen. Wir wollten wissen: Haben Aussenseiter noch einen Platz in unserer Gesellschaft? VON FLORIAN BLUMER, RETO ASCHWANDEN UND RAHEL BUCHER (TEXTE) UND KARIN SCHEIDEGGER (BILDER)

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Am Rand Aus dem Wohnzimmer vertrieben Wie geht es den Randständigen heute, wo sie sich in Bern kaum mehr in der Öffentlichkeit treffen können? Besser, sagt Silvio Flückiger, Leiter der städtischen Gasseninterventionstruppe Pinto. Schlechter, sagt Surprise-Vertriebsleiter Fredi Maurer. Ein Bericht von der Gasse.

VON FLORIAN BLUMER

«Eines ist klar: Man kann sie nicht einfach in den Ghüder stecken und dann sind sie weg.» Lisbeth Schranz weiss, wovon sie spricht, wenn es um «Randständige» geht. Wie fast jeden Werktag seit 1999 steht die kleine, zierliche Frau im Bahnhof Bern gegenüber der «Alki-Tankstelle», dem Bahnhofs-Coop, und verkauft Surprise. Schranz ist so etwas wie die Randständigen-Mama vom Bahnhof: Sie ist da, wenn jemand Hilfe braucht, sorgt aber mit dem nötigen Nachdruck auch dafür, dass Schulden bei ihr beglichen werden. «Sechs Drogenabhängige, die ich kannte, sind in dieser Zeit gestorben», erzählt Schranz – der letzte war SurpriseVerkäufer Patrice Bigler Anfang dieses Jahres (siehe auch den Nachruf auf Seite 7). «Es ist schade um die jungen Leben», klagt die 69-Jährige. Szenenwechsel: Drei Pinto-Mitarbeiter sind in ihren roten Gilets auf dem täglichen Rundgang unterwegs in Richtung Bahnhof. Pinto ist eine städtische Organisation, der Name steht für «Prävention, Intervention, Toleranz». Ihre Aufgabe ist, in den Worten ihres Leiters Silvio Flückiger, «das Lösen von Konflikten im öffentlichen Raum». Auf die Frage, ob Randständige heute noch einen Platz in unserer Gesellschaft hätten, sagt Flückiger: «Solche Personen gehören zu einer Stadt. Man darf sie nicht einfach irgendwo hintun, wo man sie nicht mehr sieht.»

einem Zeitungsartikel konfrontiert wird, in welchem er und seine Mitarbeiter von Gewerbeseite als «Kuscheltruppe» beschimpft werden: Von bürgerlicher Seite wird Pinto nämlich vorgeworfen, verständnisvoll mit den Randständigen zu reden, anstatt sie vor den Geschäften zu vertreiben. Fredi Maurer, langjähriger Vertriebsmitarbeiter von Surprise in Bern, lobt jedoch die gute Zusammenarbeit und meint: «Es ist allemal besser, wenn bei Reklamationen erst Pinto vorbeigeht, als wenn gleich die Polizei geschickt wird.» Kein Platz für Hunde Es ist ein bitterkalter Nachmittag im Februar und es sind kaum Menschen anzutreffen, die sich freiwillig länger draussen aufhalten. «Es gibt momentan nur drei Personen, die hartnäckig im Freien übernachten», sagt Flückiger. Diese suchen Pinto-Mitarbeiter regelmässig in der Nacht auf, bringen ihnen bei Bedarf einen Schlafsack und klären ab, ob sie nicht zu betrunken oder zu verladen sind, um Erfrierungszustände zu bemerken. Am Bahnhof angekommen, zeigt sich, warum Flückiger sagt, dass die Präsenz Randständiger im öffentlichen Raum deutlich abgenommen habe: Beim einst beliebten Treffpunkt am Seiteneingang Neuengasse ist das ganze Betonmäuerchen von einem hohen Zaun eingehagt, die Telefonkabinen sind weg – und auch das Vordach soll demnächst noch entfernt werden. Der beliebteste Treffpunkt der Alkoholikerszene war bis 2008 jedoch «der Stein», die Stadtmauerreste in der Christoffel-Unterführung im Bahnhof. Sowohl der runde Teil (damals «Wohnzimmer» genannt) wie das gerade Stück («Stehbar») sind heute eingeglast. Flückiger sagt, er habe früher vor dem «Wohnzimmer» symbolisch angeklopft und gefragt, ob er hereinkommen dürfe. Fredi Maurer sagt, die Auflösung dieses Treffpunkts sei die schlimmste Massnahme für die Szene gewesen. Seit dem grossen Umbau vor der Fussball-EM 2008, bei welchem dem Bahnhofsinneren ein modernes Einkaufszentrum verpasst wurde, sind

Ein bisschen soziale Wärme Hinter dem etwas technischen Begriff «Randständige» verbergen sich Menschen, die ihr Lebenslauf auf die Gasse gespült hat – und in aller Regel auch in die Abhängigkeit von einer oder mehreren Drogen, meist Heroin, Kokain, Alkohol oder auch Beruhigungsmittel wie zum Beispiel Valium. Die Gründe dafür sind vielfältig. Sie reichen von einem schwierigen Elternhaus über psychische Probleme, Minderintelligenz, Schicksalsschläge bis hin zu jugendlichem Übermut. Gemein ist diesen Menschen, dass sie in der Regel keinen Ort mehr haben, den sie als ihr Zuhause bezeichnen. Respektive dass dieser Ort eben «die Gasse» ist, oder in Behördensprache: «Solche Personen gehören zu einer Stadt. Man darf sie nicht «der öffentliche Raum». Sie wollen oder köneinfach irgendwo hintun, wo man sie nicht mehr sieht.» nen sich zwar nicht in die Mehrheitsgesellschaft einfügen, doch auch sie brauchen nadie Alkoholiker verschwunden. Einige hätten zwar erst noch Rückertürlich soziale Kontakte: So entwickelten sich immer wieder öffentliche oberungsparolen herausgegeben, sagt Flückiger. Doch als sie sahen, wie Orte zu Szenetreffpunkten. Man sitzt zusammen, um sich auszutaues drinnen aussieht, hätten sie schnell aufgegeben: Es gab schlicht keischen, sich gegenseitig zu unterstützen und etwas soziale Wärme zu nen Ort mehr, den sie hätten zurückerobern können. spüren. Dies wird jedoch in Bern seit einigen Jahren nicht mehr toleDie Nachfrage bei Flückiger, Maurer und Schranz zeigt, wie stark die riert. Flückiger sagt dennoch: «Die Situation ist in den letzten zehn JahBeurteilung der Situation vom jeweiligen Standpunkt abhängt: Flückiger ren klar besser geworden. Und zwar für alle Beteiligen – auch für die weist darauf hin, dass heute städtische Angebote wie die Drogen-AnRandständigen.» laufstelle und das Alki-Stübli stärker genützt werden. Die Auflösung insIn linken Kreisen – zum Beispiel in der Reitschule – ist Pinto nicht besondere der Drogenszene auf dem Vorplatz der Reitschule habe einen gerne gesehen. «Das Extremste vielleicht, wie man uns öffentlich bepositiven Effekt gehabt, denn die unhygienischen Bedingungen und der zeichnete, war ‹paramilitärische Pseudo-Sozialarbeiter› », sagt Flückiger hohe Konsumrhythmus habe auch für die Süchtigen mehr Elend beund lacht. Ein spontaner Lacher entfährt ihm jedoch ebenso, als er mit SURPRISE 270 /12

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wiederum zur Folge hat, dass bei Pinto mehr Reklamationen eingehen, deutet. Es gebe allerdings noch Lücken im Angebot, zum Beispiel, dass obwohl sich deutlich weniger Randständige im öffentlichen Raum aufman keine Hunde in die Notschlafstellen mitnehmen dürfe. «Ich würde halten. Flückiger stellt allgemein eine abnehmende Toleranz ihnen ohne meine drei Hunde auch nirgendwohin gehen», sagt Flückiger. Surgegenüber fest. Er vermutet, dass dies auch damit zusammenhängt, prise-Vertriebsmitarbeiter Maurer gibt zu bedenken, dass viele nicht gerne in die Notschlafstellen gehen, wo sie gegen Bezahlung mit Fremden in einem MehrLeute auf der Gasse beklagen sich oft, dass zwar über sie, bettzimmer übernachten und sich einer Hausaber nicht mit ihnen gesprochen wird. ordnung mit strengem Zeitreglement und Ämtlis unterordnen müssen. Maurer sagt, dass sich dass die Zeiten härter geworden sind und die Randständigen dadurch die Situation für die Leute auf der Gasse in den letzten zehn Jahren deutöfter zur Zielscheibe für das Abladen persönlicher Frustrationen herhallich verschlechtert habe, und beklagt, dass Randständige heute drausten müssten. sen kaum mehr einen Ort fänden, an dem sie sich in Ruhe treffen könEr höre zudem oft, dass sich Leute auf der Gasse beklagen, dass zwar nen. Surprise-Verkäuferin Schranz hingegen kann den Veränderungen über sie, aber nicht mit ihnen gesprochen werde. Viele Konflikte könnim Bahnhof auch positive Seiten abgewinnen: Sie kenne Leute, die früten seiner Erfahrung nach ganz einfach gelöst werden, wenn einfach her die Bahnhofshalle um Mitternacht mieden. Heute, mit der Präsenz mehr miteinander geredet würde. «Pinto ist so etwas wie professionalider Bahnpolizei, fühlten sie sich sicherer. sierte Zivilcourage», sagt er, und: «Würde nur jeder einzelne einen Einig sind sich alle drei darin, dass sich die Szene zersplittert hat. Zacken mehr Zivilcourage zeigen, dann wäre unsere Arbeit in einigen Dies bedeutet, dass sich mehr Drogenabhängige und Alkoholiker in Bereichen überflüssig.» Hauseingängen und vor Geschäften in der Innenstadt aufhalten. Was ■

Am Rand Kein Platz mehr auf der Gasse Auf Besuch bei der kirchlichen Gassenarbeit in Bern: Juristin Simone Rebmann sagt, der Wegweisungsartikel werde ausweitend angewendet; die weggewiesene Daniela* wehrt sich. VON RAHEL BUCHER

Wieder geht die Türe auf. An einem Donnerstag kurz nach 15 Uhr im Büro der kirchlichen Gassenarbeit. Es ist einer der wenigen geschützten Orte, an dem sich randständige Menschen in Ruhe treffen können – zweimal in der Woche, jeweils zwei Stunden. Auf der Gasse oder etwa im Bahnhof seien sie eher unerwünscht, sagt eine junge Frau. Zudem sei es draussen im Moment viel zu kalt. Der Mann, der eben reinkommt, grüsst, geht zum Wasserkocher und macht sich eine Tütensuppe. Ein junger Hund gibt seine Kapriolen zum Besten. Der ältere Mann, der schon länger am Tisch sitzt, schaut ihm belustigt dabei zu. Er trinkt einen heissen Kaffee. Am Computer surft die junge Frau im Internet. Zwischendurch wirft sie einen liebevollen Blick auf den jungen Hund, er gehört zu ihr. Am Telefon streitet sich ein Mann mit den Behörden – er ist aufgebracht. Eine der Gassenarbeiterinnen versucht, ihn zu beruhigen, die andere verteilt Essen, Kleider, Wolldecken. Wieder geht die Türe auf. Eine Frau kommt rein. Daniela*. Sie wirkt nervös, knabbert an einem Fingernagel. «Keine schöne Geschichte» habe sie zu erzählen. Es war Ende Januar. Sie war unterwegs in Richtung Kontakt- und Anlaufstelle für Drogenabhängige an der Hodlerstrasse. Auf dem Trottoir kurz vor dem Eingang begrüsste sie einen Bekannten. «Mit einem Muntsch», sagt Daniela. Plötzlich seien von beiden Seiten Polizisten gekommen und hätten sie eingekesselt. Zusammen mit sieben anderen Personen wurde sie «im Gänsemarsch» auf den Polizeiposten am Waisenhausplatz geführt. «Dort ging das volle Programm los – ausziehen, Böckli machen…» Sie habe sich vor dem Fixerstübli in einer Ansammlung von Menschen aufgehalten, an deren Verhalten Passanten Anstoss genommen hätten,

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steht in ihrer Fernhalteverfügung geschrieben. Zudem sei sie im Besitz von Betäubungsmitteln gewesen. Drei Monate darf sie sich deshalb rund ums Fixerstübli nicht mehr in einer Gruppe aufhalten, respektive hat dort das beanstandete Verhalten, das zu «nachteiligen Begleiterscheinungen» geführt habe, zu unterlassen. Damit gemeint sind etwa die Behinderung von Passanten, aggressives Verhalten, Lärm oder Anhäufung von Abfall. Tut sie etwas davon trotzdem, muss sie eine Busse bezahlen. Direkt in die Anlaufstelle hineingehen darf sie jedoch noch, wie Simone Rebmann, Juristin und Vorstandsmitglied der kirchlichen Gassenarbeit, sagt. Tatbestand «Verdacht auf Störung der Ordnung» Dass es der Polizei erlaubt ist, Menschen unter gewissen Umständen wegzuweisen, ist im kantonalen Polizeigesetz geregelt. In Artikel 29b steht geschrieben, dass die Polizei Personen von einem Ort vorübergehend wegweisen oder fernhalten darf, wenn «der begründete Verdacht besteht, dass sie oder andere, die der gleichen Ansammlung zuzurechnen sind, die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden oder stören». Das sei etwas vage formuliert, findet Juristin Simone Rebmann. Ihrer Ansicht nach wende die Polizei den auslegungsbedürftigen Artikel «sehr ausweitend» an. Sie bezeichnet den Wegweisungsartikel als «Verdrängungsmechanismus von Menschen, die man im öffentlichen Raum lieber nicht sehen möchte». Zurück zu Daniela. «Ich bin nicht dort gestanden, ich war bloss auf dem Weg zur Anlaufstelle», beteuert sie. Trotzdem habe man sie einfach abgeführt. Die Wegweisungspraxis sei im Moment total willkürlich, klagt sie. «Die Fernhalteverfügungen werden in der Stadt Bern sehr gezielt eingesetzt und betreffen primär den Sucht- und BetäubungsmittelSURPRISE 270/ 12


Silvio Flückiger und zwei Mitarbeiterinnen von Pinto vor dem Bahnhofseingang Neuengasse: Seit dem Umbau gibt es hier nicht mehr viel zu tun.

bereich», verteidigt sich Corinne Müller, Mediensprecherin der Kan«wenig bestimmt» sei und die Fernhaltung regelmässig in Grundrechte tonspolizei Bern. Zudem betont sie, dass eine Fernhalteverfügung in jeder Betroffenen eingreife. dem Fall individuell begründet werden muss. Im Vergleich zu früheren Wieder geht die Türe auf. Ein junger Mann mit langen Dreadlocks, Jahren würden heute deutlich weniger ausgestellt, sagt sie weiter. In Gitarre und Hund tritt ein. Er sagt: «Im Winter sind Wegweisungen ein den letzten Jahren hat sich die Zahl mehr oder weniger eingependelt. So wurden 2008 379 Auf der Gasse oder im Bahnhof seien sie eher unerwünscht, Fernhalteverfügungen ausgestellt, 2009 438 sagt eine junge Frau. und 2010 414. Bern war 1998 der erste Kanton, der einen Wegweisungsartikel einführte. Bald darauf sind andere Kantone und Gemeinden nachgezogen. Der Berner viel kleineres Thema als im Frühling oder Sommer, wenn sich alle auf Wegweisungsartikel war und ist immer wieder umstritten. In einem der Strasse aufhalten.» Die anderen stimmen zu, lauthals oder mit eiBundesgerichtsentscheid aus dem Jahr 2006 heisst es jedoch, dass er nem Kopfnicken. Die Wegweisungspraxis unterliege Wellenbewegungen verfassungskonform sei und auch der Europäischen Menschenrechtsund verändere sich je nach politischen Zielsetzungen, sagt Simone Rebkonvention entspreche. mann. «Wegweisungen sind jedoch insgesamt die falsche Massnahme, um Phänomene, die politisch als Problem betrachtet werden, zu lösen», Praxis politischen Wellenbewegungen unterworfen sagt sie. Stattdessen sollte man besser darüber nachdenken, mehr AnDaniela gibt sich noch nicht geschlagen. Beim Einreichen ihrer Begebote für randständige Menschen zu schaffen. schwerde wird sie von der kirchlichen Gassenarbeit unterstützt. Simone Im Büro der kirchlichen Gassenarbeit sind in den letzten zwei StunRebmann empfiehlt allen Betroffenen, sich zu wehren – auch wenn dies den rund 35 Menschen vorbeigekommen. Wo werden sie sich bis zum ein beschwerlicher Weg sei. Zwischendurch haben einige sogar kleine nächsten Dienstag, wenn das Büro wieder für zwei Stunden offen ist, Erfolge damit. So etwa im September 2011, als das Berner Verwaltungsaufhalten? Am Sonntagabend eventuell kurz in der Gassenküche vor gericht die Polizeidirektion rügte, da sie zwei Beschwerden gegen Wegdem Fixerstübli. Während der Woche mal im Restaurant Casa Marcello weisungen aus dem Berner Bahnhof nicht behandelt hatte. Die Polizei auf ein Bier. Einige wohnen in Bauwagen, andere bei Freunden, im Wald hatte die Wegweisungen damit begründet, dass die Leute vor der Heioder vorübergehend in der Notschlafstelle. Es gibt auch solche, die es liggeistkirche beim Bahnhof Alkohol konsumiert und die Örtlichkeit noch nicht wissen. Auf der Gasse dürften sie vorerst niemandem im Weg durch Unrat verunreinigt hätten – Passanten hätten sichtlich Anstoss gesein – dafür ist es momentan schlicht zu kalt. ■ nommen «an dem sich bietenden Anblick». Das Verwaltungsgericht hielt in seinem Urteil aber auch fest, dass der Wegweisungsartikel *Name geändert. SURPRISE 270/ 12

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Am Rand Wegweisungen können alle treffen

BILD: PETER LAUTH

Die meisten Schweizer Städte haben in den letzten Jahren einen Wegweisungsartikel eingeführt. Die Ethnologin Monika Litscher hat untersucht, wie diese Gesetze angewendet werden und was eine Wegweisung bei Betroffenen auslöst. Ein Gespräch über den gesellschaftlichen Umgang mit öffentlichem Raum. berkeit zum Ausdruck. Städtische Investitionen in den öffentlichen Raum lohnen sich derzeit, das läuft unter dem Stichwort Standortmarketing. Interessant ist, wie wir auf die divergente Nutzung und Aneignung der öffentlichen Räume reagieren. Und da zeigt die Wegweisungsnorm, dass nicht die Auseinandersetzung mit anderen Nutzern gesucht wird, sondern bei einem «Sich gestört-Fühlen» Disziplinierung und Kontrolle eingeführt werden. Schon Jahre vor dem Wegweisungsartikel gab es in Zürich die Kampagne «Erlaubt ist, was nicht stört». Was lösen solche Plakate in der Bevölkerung aus? Die Kampagne kann wohl als Ausdruck der Verschiebung von öffentlichen zu privaten Interessen in öffentlichen Räumen verstanden werden. Diese Art Kampagne fördert den Anspruch, man könne sich überall wie im eigenen Wohnzimmer fühlen und benehmen. Doch im öffentlichen Raum gelten öffentliche Interessen. Das heisst aber nicht, dass alles geht.

INTERVIEW: RETO ASCHWANDEN

Frau Litscher, Sie haben die Wegweisungspraxis in Städten wie Bern untersucht, wo 1998 der Wegweisungsartikel eingeführt wurde. Fühlen sich die Berner heute sicherer? Die Reklamationen haben anscheinend nicht abgenommen, sondern werden eher mehr. Ein Wegweisungsartikel nützt kaum etwas, wenn das subjektive Sicherheitsgefühl erhöht werden soll. Wie kommen Sie darauf? Unsere öffentlichen Räume sind heute sehr sicher, doch schauen Sie sich die Statistiken an: Das subjektive Unsicherheitsgefühl nimmt zu. Dabei werden die Sicherheitsmassnahmen seit Jahren verstärkt und die Delikte gehen zurück. Das glaubt einfach niemand. Dafür sind viele Faktoren verantwortlich, die zusammenspielen. Da arbeitet sozusagen eine ganze Maschinerie. Und wer sind die Maschinisten? Wir alle sind beteiligt, das ist das Verflixte. Ein- und Ausschlussmassnahmen sind Teil der Veränderungen in den städtischen Räumen der westlichen Welt. Städte werden wie Unternehmen geführt, dabei werden gewisse Risiken, aber auch Gewinne privatisiert und im Gegenzug wird das staatliche Gewaltmonopol verstärkt. Der Nachtwächterstaat. Diese Bezeichnung zielt in die Richtung, ja. In öffentlichen Räumen kommen gesellschaftliche Diskurse um Sicherheit, Ordnung und Sau-

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Was löst eine Wegweisung bei Betroffenen aus? Bei den interviewten Menschen mit Wegweisungserfahrung fällt das enorme Unrechtsempfinden auf. Viele fühlen sich ungleich behandelt, hilflos und ohnmächtig. Halten sie sich an eine Wegweisungsverfügung? Wir haben Menschen getroffen, die sich nicht an eine Wegweisung halten, weil sie einfach an bestimmte Orte müssen, etwa weil sich ihr soziales Leben im öffentlichen Raum abspielt oder weil sie Drogen benötigen. Das verursacht natürlich zusätzlichen Stress. Was passiert bei wiederholten Verstössen? In Bern haben wir verschiedene Menschen getroffen, die eingesperrt wurden. Es werden also Menschen eingeschlossen, nachdem sie zuvor vom öffentlichen Raum ausgeschlossen wurden, was immer auch Ausschluss aus dem politischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Leben bedeutet. Ein Luzerner Polizist sagt in Ihrer Studie, die Anwendung des Wegweisungsartikels sei abhängig vom politischen Klima. Das ist so, nicht nur in Luzern. Und das gilt wohl für die Auslegung der gesamten Gesetzgebung, da es meist einen Interpretationsspielraum gibt. Die Wegweisungsmassnahme könnte eigentlich alle treffen. Da gibt es verschiedene Vorstellungen und Auslegemöglichkeiten. Sie sagen, es seien private Interessen, die in die Gesetzgebung getragen werden. Wessen Interessen sind das? Die von uns allen, wir stimmen ja darüber ab. Wir haben es verlernt oder nie gelernt, wie man sich öffentlich verhält. Alles, was unerwartet, anders oder nicht planbar ist, soll nicht vorkommen, denn damit können oder wollen wir nicht umgehen, es macht gar Angst. Mit der Einführung von Kontroll- und Disziplinierungsmassnahmen, die auch SURPRISE 270 /12


Stadtmauerrest in der Bahnhofsunterführung: «Stehbar» und Treffpunkt der Alki-Szene 2007, Shopping-Mall-Dekoration im Jahr 2012.

baulich-gestalterische Veränderungen bein«Unsere öffentlichen Räume sind heute sehr sicher und halten, gibt es in den Innenstädten vermeintdoch nimmt das subjektive Unsicherheitsgefühl zu.» liche Inseln, die sehr sauber, übersichtlich, kontrolliert sind. Gewisse Verhaltensweisen Überträgt man damit nicht auch die Verantwortung für den öfund Menschen sind dort nicht mehr sichtbar, sie sind nicht Teil dieser fentlichen Raum von der Allgemeinheit an eine Institution – so Konsumwelt. So wächst das Bedürfnis, dass es überall in der Stadt so quasi Zivilcourage in Uniform? sein müsse. Ich weiss nicht, ob es um Zivilcourage geht. Vielleicht ist die Nutzung des öffentlichen Raumes tatsächlich so komplex geworden, dass profesParallel zu den Wegweisungsgesetzen wurden auch Einsatztrupsionelle Unterstützung Sinn macht. pen wie SIP und Pinto geschaffen, die laut Definition aufsuchende Sozialarbeit mit Ordnungsdienst verbinden? Welche Rolle Was kann der Einzelne machen, damit der öffentliche Raum für spielen die? alle da ist? Sie sind ganz wichtige Player, die eine Schnittstellenrolle einnehmen. Ihn nutzen, aneignen, einnehmen. Wir alle haben einen gewissen SpielPinto in Bern wurde nach politischen Protesten gegen die Wegweiraum, den wir auf verschiedene Arten nutzen können. Das kann zu sungspraxis eingeführt. Ich finde es allerdings schwierig, ihre Rolle geKonflikten führen, aber die sind nicht immer nur schlecht. Aushandnauer einzuschätzen. Es wäre spannend, ihre Bedeutung bezüglich Einlungsprozesse sind wichtig, denn so kann der öffentliche Raum zu eiund Ausschluss genauer zu untersuchen. nem Übungsfeld für demokratische Auseinandersetzungen werden. ■ Wie werden sie von Weggewiesenen wahrgenommen? Den interviewten Menschen sind sie meist suspekt und sie werden als Praxisorientierte Forscherin Verbündete der Polizei empfunden. Doch es gilt zu unterscheiden, ob in Monika Litscher ist Dozentin am Institut für Soziokulturelle EntwickZürich die SIP Betrunkene in Ausnüchterungszellen für fast 1000 Franlung der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit. In einem interdisziplinäken pro Nacht verfrachtet oder ob die Pinto in Bern Jugendliche, Alkoren Team hat sie in der Studie «Wegweisung aus öffentlichen Stadträuholiker oder Drogenabhängige auf Grenzen aufmerksam macht. Eine men» gemeinsam mit Peter Mösch, Marco Schmutz und Beat Grossriesolche Mediatorenrolle scheint mir sinnvoll. Generell finde ich, dass der die Städte Bern, St. Gallen und Luzern untersucht. Die Untersunicht nur mit «Auffälligen» geredet werden sollte, sondern verschiedene chung, die bislang als Bericht zuhanden der Praxispartner vorliegt, wurMenschen in Aushandlungsprozesse im öffentlichen Raum einbezogen de vom Nationalfonds im Rahmen des Förderprogramms für praxiswerden müssten – vor allem auch diejenigen, die Angst haben. orientierte Forschung Dore unterstützt. SURPRISE 270 /12

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Am Rand Die Stadt als Landi-Dörfli Der öffentliche Raum wird immer weniger öffentlich. Drogenanlaufstellen und Strichplätze werden verlagert, Uniformierte und fehlende Sitzgelegenheiten verleiden unliebsamen Zeitgenossen den Aufenthalt. Im Standortwettbewerb wollen Städte nur ihre besten Seiten zeigen. VON RETO ASCHWANDEN

Der 30er-Bus in Basel wird von manchen Benutzern sarkastisch «Sugarland Express» genannt. Denn diese Buslinie tangiert auf der Strecke vom Bahnhof SBB zum Badischen Bahnhof die beiden Gassenzimmer an der Heuwaage und an der Spitalstrasse, weshalb zwischen Berufspendlern und Studenten regelmässig auch Heroinkonsumenten anzutreffen sind. Das ist bald vorbei: Die beiden Anlaufstellen werden geschlossen, dafür entsteht auf dem Dreispitz-Areal eine neue Anlaufstelle für Drogenabhängige. Statt in der Innenstadt wird das Gassenzimmer die Süchtigen künftig an der Grenze zum basellandschaftlichen Münchenstein empfangen. Die Gründe für den Umzug: Der Standort an der Heuwaage muss der Erweiterung des Basler Zoos weichen, die Anlaufstelle an der Spitalstrasse wird wegen ihrer Nähe zu Schulen und dem neuen Kinderspital geschlossen. In Zürich stimmt die Stadtbevölkerung am 11. März über die Einrichtung eines Strichplatzes in Altstetten ab. Damit soll die Strassenprostitution vom Sihlquai (zwischen Hauptbahnhof und Hardbrücke) in sogenannte Verrichtungsboxen auf einer Brache am Stadtrand verlegt werden. Das Vorhaben wird von allen Parteien ausser SVP, EVP und AL unterstützt und soll die mit dem Strassenstrich verbundenen Probleme aus dem Stadtzentrum verbannen.

Standortmarketing», sagte die Luzerner Regierung vor der Abstimmung über die Wegweisungsnorm. Letztes Jahr doppelte sie mit der Kampagne «Luzern glänzt» nach, mit der Bevölkerung und Besucher sensibilisiert werden sollen, «mit mehr Eigenverantwortung zum gepflegten Erscheinungsbild der Stadt beizutragen». Die Stadt als Landi-Dörfli. Pinto, SIP und Wegweisungen bilden nur die neusten Mittel zum Ausschluss von missliebigen Zeitgenossen. Überwachungskameras erfassen die Stadtzentren praktisch lückenlos. Bahnhöfe, in der Wahrnehmung vieler Menschen öffentlicher Raum, in Wahrheit aber privatrechtliches Hoheitsgebiet der SBB, werden zu Shoppingzentren umgebaut, wo private Sicherheitsfirmen wie Securitrans dafür sorgen, dass kein Randständiger oder sonstwie Auffälliger das bunte Konsumtreiben stört – ausser es handelt sich um Angestellte von SBB-Kunden, die den Reisenden irgendwelche Gratismuster aufnötigen. Das Bier auf dem Pingpong-Tisch Auch die Umgestaltung öffentlicher Plätze wird oft dazu genutzt, unerwünschte Elemente fernzuhalten. In Basel werde der Wegweisungsartikel nicht zur Vertreibung von Randständigen eingesetzt, heisst es beim Verein für Gassenarbeiter Schwarzer Peter. Die Polizei zeige sich im Umgang mit Alkoholikern und Bettlern kulant, dafür werde über bauliche Massnahmen «stille Wegweisung» betrieben. So verschwanden beim Umbau des Claraplatzes in Basel viele Sitzbänke und mit ihnen die Randständigen, die sich gerne dort trafen. Dasselbe am Limmatplatz in Zürich: Früher diente die Sitzbank unter dem Dach des Wartehäuschens Säufern als «Stammtisch». Heute ist der gesamte Platz von allen Seiten einsehbar, Bänke gibt es nur noch wenige und die Toilette ist kostenpflichtig. Den Anblick von Alkoholikern müssen wartende Trambenützer nicht mehr ertragen – dafür Wind und Regen, die ohne schützende Wände freie Bahn haben. Auch im Kreis 4, der momentan vom Milieu- zum

Im Namen des Standortmarketings Diese beiden Beispiele für aktuelle Ausgrenzungen bilden prima vista nachvollziehbare Massnahmen: Süchtige und Prostituierte sollen einen geschützten Rahmen haben, allerdings nicht mitten in der Stadt, wo ihre Bedürfnissen mit den Ansprüchen der breiten Bevölkerung kollidieren. Solche Ausschlussmassnahmen sind so alt wie die Städte selber, doch heute treffen sie immer mehr Menschen, die aus verschiedenen Gründen nicht ins Stadtbild passen. Und seit der Einführung der Wegweisungsartikel könAusschlussmassnahmen sind so alt wie die Städte selber, nen auch Verhaltensweisen sanktioniert werdoch heute treffen sie immer mehr Menschen, die nicht den, die zwar bei manchen Menschen Anstoss ins Stadtbild passen. erregen, per se aber nicht ungesetzlich sind. Wegweisungsartikel kennen seit 1998 fast alle Mittelschichtsquartier aufgewertet wird, kommt es immer wieder zu subgrösseren Schweizer Städte. Angefangen in Bern, später auch in Zürich, tilen Ausschlussmassnahmen. Auf der Bäckeranlage – einst Alki-TreffSt. Gallen, Luzern und Basel fanden sie in Volksabstimmungen Mehrpunkt, heute Freiluft-Stube für unterschiedliche Nutzergruppen – wurheiten von bis zu 80 Prozent. den letzen Sommer die Pingpong-Tische und Sitzbänke demontiert, weil Gemeinsam ist den Wegweisungsartikeln, dass sie schwammig fordie verbliebenen Alkoholiker dort gern mal ihre Bierdosen liegen liessen. muliert sind. Was stört, bestimmt das subjektive Empfinden und nicht Vielen Stadtbewohnern fallen diese Veränderungen nur auf, wenn sie das Gesetz. Und so reicht es in Luzern für eine Wegweisung, wenn Jubeim Warten aufs Tram verregnet werden. In der Studie «Wegweisung gendliche vor dem Kultur- und Kongresszentrum Bier trinken, während aus öffentlichen Räumen», ist von einer «unsichtbaren Praxis» die Rede. die gesellschaftliche Elite drinnen ein klassisches Konzert besucht. Doch Monika Litscher (siehe auch Interview S. 18) und ihre Co-Autoren fander Ausschluss aus dem öffentlichen Raum erfolgt nicht nur über Wegden heraus, dass die verbleibenden Nutzer des öffentlichen Raumes von weisungen. In Luzern und Zürich patrouilliert mit der SIP – Sicherheit, den Wegweisungen kaum etwas mitbekommen. Ebenfalls stellten die Intervention, Prävention – eine Einsatztruppe, die per Definition aufsuForscher erstaunt fest, dass nach Protesten bei der Einführung der Wegchende Sozialarbeit mit ordnungsdienstlichen Aufgaben verbindet, in weisungsartikel in Medien und Politik heute kaum noch kritische StimBern hat Pinto – Prävention, Intervention, Toleranz – die gleiche Aufgamen zu vernehmen sind. Alles ruhig, alles schön: Der öffentliche Raum be (siehe auch Reportage S. 15). SIP und Pinto bilden gewissermassen ähnelt immer mehr den wohlgeordneten Wohnzimmern derjenigen, die die verständnisvolle Vorhut, die an die Vernunft appelliert, bevor die Poihn noch benutzen dürfen. lizei einfährt. «Sicherheit und Sauberkeit sind wichtige Faktoren im ■

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Bitte nur im Noftall absitzen: die letzten verbliebenen Sitzgelegenheiten im Bahnhof Bern.

Am Rand Irgendwer stört immer Die Stadt ist ein Ort der Vielfalt und der unterschiedlichen Lebensgeschichten. Wer alles Störende ausschliessen will, zerstört letztlich die Stadt selbst. VON RETO ASCHWANDEN

Mitte Februar erschien in der englischen Tageszeitung «The Guardian» ein Artikel unter dem Titel «Instead of being disgusted by poverty, we are disgusted by poor people themselves» – statt dass wir uns über die Armut empören, empören wir uns über die Armen. Das lässt sich auf unseren Umgang mit öffentlichen Räumen übertragen. Kaum jemand kritisiert die Umstände, die Süchtige, Bettler, aber auch Jugendliche auf öffentliche Plätze und an Bahnhöfe treibt. Stattdessen beklagen Ladenbesitzer Umsatzeinbussen, Pendler nerven sich über verstopfte Durchgänge und manch einer hat schlicht Angst vor den Andersartigen. Wir verlangen, dass alles immer reibungslos funktioniert und fordern reflexartig die Beseitigung von Störungen. SURPRISE 270 /12

Deshalb werden Randständige, die vor der Heiliggeistkirche am Berner Bahnhof sitzen, ebenso weggewiesen wie Jugendliche, die vor dem KKL in Luzern die Wodkaflasche kreisen lassen. Meist geschieht dies ohne grosses Aufsehen – nur selten bekommen wir mit, wie die Polizei Menschen aus dem öffentlichen Raum ausschliesst. Zurück bleiben die Angepassten, die sich unauffällig und konsumwillig durch blitzblanke Innenstädte bewegen. Das Problem dabei ist, dass die Menschen sich an die perfekte Kulisse gewöhnen. Das ist deshalb gefährlich, weil es im öffentlichen Raum auch ohne Alkoholiker, Bettler und pöbelnde Jugendliche Nutzungskonflikte gibt: Die einen wollen 24 Stunden lang einkaufen und ausgehen, die anderen in Ruhe schlafen. Und nicht selten finden sich beide Ansprüche in ein und derselben Person, abhängig von Arbeitsplan und Tagesform.

Die Stadt steht für die moderne Gesellschaft und löst seit jeher gemischte Gefühle aus. Hier der Sehnsuchtsort, wo Lebensentwürfe jenseits der dörflichen Traditionen möglich sind, dort der Moloch voll Armut und Gewalt. Erfolgreiche und Gescheiterte leben auf engem Raum, ohne sich wirklich zu begegnen. Nur wenn wir einen Umgang miteinander finden, der auch Störungen erträgt, hat die Stadt als Ort der Vielfalt eine Zukunft. Ausschluss hingegen ist eine Säure, die sich immer weiterfrisst. Heute trifft es «Drögeler» und Jugendliche, morgen die Hündeler und bald womöglich die Alten. Eine Stadt, in der die Regierung wie in Zürich vor einigen Jahren eine Kampagne unter dem Titel «Erlaubt ist, was nicht stört» startet, wird in letzter Konsequenz entvölkert. Denn irgendwas oder irgendwer stört immer. ■

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BILD: ANDREA GANZ

Le mot noir Frühlingsfrust Kürzlich mit meinem Kumpel Patrick auf dem Blumenmarkt. «Ich glaube, mit Marie ist es gut gelaufen», schwärmt er vor sich hin. «Sie mag mich jedenfalls, so viel ist sicher!» «Okay», hadere ich mit einem Pack Kirschblütenzweige. «Wenn du sie wieder anrufst, bin ich tot. Hat sie gesagt.» «Sie hat was gesagt?!», lässt Patrick sein Handy sinken. «Das knallst du mir so hin? Ich bin Single. Ich bin sensibel! Und wenn überhaupt, dann sagst du so was wie: Marie findet dich sehr attraktiv und sehr erotisch, aber sie ist noch nicht bereit.» «Tut mir leid!», bin ich zerknirscht. «Du hast ja recht.» «Ich bin seit eineinhalb Jahren allein», grübelt Patrick. «Kannst du dir das vorstellen? Früher hatte ich nie Probleme! Und jetzt plötzlich ist der Wurm drin!» «Ist vielleicht das Alter?», überlege ich. «Ein Typ in der Midlife Crisis ist

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nicht für alle Frauen ein Highlight.» «Ich sehe doch super aus oder?», ist Patrick jetzt ziemlich beleidigt. «Mhm.» «Ich bin einfühlsam. Witzig. Intelligent. Ich scheffle einen Haufen Kohle! Wo ist das Problem? An mir kann es nicht liegen!» «Nein, natürlich nicht», lüge ich. «Vielleicht geht es dir halt wie Gérard Depardieu. Könnte ja sein. In diesem Film, in dem er ziemlich lange eine neue Frau sucht.» «Du meinst, ich bin so fett wie Depardieu?», ist Patrick wenig begeistert. «Warum nicht Johnny Depp?» «Oh, ich glaube, diesen Codenamen hat Depardieu benutzt, um mit Frauen auszugehen!», blühe ich auf. «Vielleicht brauchst du auch einen? Einen, bei dem Frauen Lust bekommen, mit dir essen zu gehen?» «Ich glaube nicht, dass sie lieber mit Johnny Depp essen wollen als mit mir», knurrt Patrick in einen Kübel Tulpen. «Du würdest also eine, sagen wir, Sharon Stone versetzen?», frage ich zurück. «Wie kommst drauf?» «Eben. Ein Codename. Als Einstieg sozusagen, als Amuse-Bouche!», finde ich die Idee jetzt ziemlich gut. «Nur bis ihr euch besser kennt! Und dann sagst du ihr, wie deprimiert du wirklich bist.» Patrick zieht die Brauen hoch. «Sie werden das an dir lieben!», flüchte ich. «Bei einem deprimierten Mann wissen sie immer, wo er ist. Auf dem Sofa!» «Ich bin nicht deprimiert!» «Du hängst wie eine grasende Antilope im Tulpenkübel», knurre ich. «Schulter raus und grinsen! Bei Iglesias wirkt sowas immer noch!» «Ich bin Clooney,

alles klar? Ein Clooney ohne Koffeinproblem!», kommt Patrick aus der Reserve. «Okay», sage ich, mit meiner Nase in den Veilchen. «Und wenn Depardieu eine findet, habe ich schon gar keine Probleme!» «Ehrlich gesagt findet er im Film keine neue Frau», gebe ich zu und grabe in meinem Portemonnaie. «Aber einen neuen Kumpel! Und der ist auch allein!» «Weil Depardieu aufgegeben hat», schüttelt Patrick seinen Kopf. «Mit dem falschen Codenamen! Aber ich bin Iglesias! Comprende!» «Unbedingt», nicke ich mit. Zwei gekaufte Blumensträusse später hat Patrick die Idee: «Ich geh essen mit deiner Nachbarin! Die war doch hilfsbereit das letzte Mal!» «Okay», suche ich innerlich das Weite. «Meine Nachbarin findet dich sehr attraktiv und sehr erotisch …»

DELIA LENOIR LENOIR@HAPPYSHRIMP.CH ILLUSTRATION: IRENE MEIER (IRENEMEI@GMX.CH) SURPRISE 270 /12


Kulturgelder Fastenzeit in der Zentralschweiz Die Luzerner SVP hat das Referendum gegen das städtische Budget ergriffen und stellt damit nicht nur die Stadt auf den Kopf, sondern auch das kulturelle Leben infrage. Die Geschäftsleiterin und der Präsident der IG Kultur schildern die Farce in einem Gastbeitrag.

Nein, dies ist kein Bericht über ein inszeniertes Landtheater mit launisch-moralischer Note, auch wenn der Verlauf ebenso grotesk anmutet. Denn was sich zurzeit in der Stadt Luzern abspielt, ist leider ein real stattfindendes Lehrstück über Steuersenkungswahn, Sparwut und leichtfertigen Politwahlkampf. Und es zeigt auf, was in einer bürgerlich dominierten Politik innert Kürze alles lahmgelegt werden kann. Tatsache ist: Die SVP der Stadt Luzern hat Ende 2011 gegen das städtische Budget (das vorab mit 35 zu sieben Stimmen im Stadtparlament verabschiedet wurde) von ihrem demokratischen Recht Gebrauch gemacht und das Referendum angekündigt. Dorn im Auge war der Volkspartei das mit 34 Millionen Franken veranschlagte Defizit. Zu vermuten ist aber, dass sie auch gegen eine dringend nötige Steuererhöhung Stimmung machen wollte und im Wahlkampf der bevorstehenden Grossstadtratswahlen bereits etwas vorgriff. Bis vergangenen Aschermittwoch haben 800 Sparwütige unterschrieben, damit ist das Referendum zustande gekommen und das Volk wird im Mai über das städtische Budget abstimmen. Die Folge davon ist, dass während dieses politischen Prozesses die Stadtverwaltung keinerlei Auszahlung sogenannter freiwilliger und vertraglich nicht gebundener Beiträge vornehmen darf. Ausgezahlt werden darf erst wieder, wenn das Budget vom Volk genehmigt werden sollte. Blockiert sind dadurch auch Beiträge aus dem Billettsteuerfonds K&S von mehr als zwei Millionen Franken, welche aus Kultur und Sport generiert werden und langjährigen und renommierten Institutionen aus diesen Bereichen zugute kommen. Aber auch Gelder an Vereine oder Kinderfreizeitprojekte bleiben eingefroren. Überwiegend und am direktesten vom Auszahlungsstopp betroffen ist die Luzerner Kulturszene mit 37 Institutionen. Die Beiträge der öffentlichen Hand sind für Kulturschaffende und -arbeitende elementar, da die Budgets dieser Betriebe leider immer noch sehr knapp bemessen und darum keine Reserven vorhanden sind. Eine «Überbrückung» der finanziellen Notlage von fünf Monaten ist bei den meisten deshalb nicht machbar. Ernsthaft vom Auszahlungsstopp betroffen – und somit auf Sparflamme gesetzt – sind international renommierte Kulturbetriebe wie das Comix-Festival Fumetto, das Ende März wieder stattfindet. Aber auch das Lucerne Festival, das mit dem städtischen Beitrag seine spezifischen Angebote für die Luzerner Bevölkerung wie Kinder- und Jugendprojekte oder die Liveübertragung des Eröffnungskonzertes finanziert, hat zurzeit keine Planungssicherheit. Kleinere und für Luzern wichtige Veranstalter geraten in akute Bedrängnis: So musste beispielsweise die kleine und exklusive Buchmesse «Luzern bucht» kurzfristig einen Kraftakt vollbringen, um ihre diesjährige dreitägige Veranstaltung Anfang März zu retten. Fundamental betroffen ist die Interessengemeinschaft KulSURPRISE 270 /12

BILD: CHRISTOF HIRTLER

VON CATHERINE HUTH UND ARMIN MEIENBERG

In Luzern – wie hier im Stattkino – drohen leere Säle.

tur Luzern, der Dachverband von 200 Kulturveranstaltern in und um Luzern, kulturelle Dienstleisterin und Herausgeberin des monatlich erscheinenden «041 – Das Kulturmagazin», dem wichtigsten Kulturmedium der Zentralschweiz. Mit dem Ausbleiben des jährlichen Betriebsbeitrages sind acht Teilzeitstellen in der Kulturarbeit gefährdet und eine 35-jährige Institution unmittelbar in ihrer Existenz bedroht. Obwohl anzunehmen ist, dass das Luzerner Stimmvolk im Mai das Budget annehmen wird, sind zurzeit Arbeitsplätze und das kulturelle Gleichgewicht gefährdet. Daneben gibt es in diesem Lehrstück auch von bizarren Auswüchsen zu erzählen: Seit über einem Jahr wird der neue Kulturstandortbericht, die politische Grundlage für ein Bekenntnis zur «Kulturstadt Luzern», erarbeitet. Dieser Tage sollte er an die Öffentlichkeit kommen, aber aufgrund des Auszahlungsstopps kann er nicht gestaltet und gedruckt werden. Auch mag es amüsant anmuten, wenn das Parlament von Luzern mitunter solche Mitteilungen an die Medienschaffenden verschicken muss: «Leider müssen wir Sie darauf hinweisen, dass das Medienzimmer (und folglich auch der Internetanschluss) an der kommenden Ratssitzung vom 2.2.2012 nicht zugänglich ist. Dies, weil die Renovationsarbeiten wegen der Budgetgeschichte verschoben werden mussten.» Der erste Schock ist verdaut, doch ist für die Kulturschaffenden eine radikale Fastenzeit angebrochen. Bis zur Auszahlung der zugesprochenen Gelder müssen sie einmal mehr auf eigene Kosten beweisen, dass Kultur Mehrwert ist. ■

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BILD: ZVG

BILD: ZVG

Kulturtipps

Sieht böse aus, ist aber bloss Papier. Tilda Swintons kleiner Filmsohn bringt grosses Übel in die Welt.

Buch Schere, Schnitt, Papier

Kino Fesselnde Beklemmung

Ein Buch aus lauter Scherenschnitten entführt uns in die magische und doppelgesichtige Welt des Spiels mit den Schatten.

Haben gute Eltern ein zutiefst böses Kind, beginnt sich ein Karussell um Horror, Schuld und Glauben zu drehen. «We need to talk about Kevin» nimmt die Zuschauer mit.

VON CHRISTOPHER ZIMMER VON YVONNE KUNZ

Jedes Kind hat es irgendwann einmal getan. Es hat eine Schere genommen und Figuren und Muster aus einem Papier geschnitten. Oder das Papier gefaltet und daraus Sterne und Ketten mit Männlein und anderem gezaubert. Das hatte immer auch etwas Magisches an sich. Vor allem, wenn das Licht die Schatten des Ausgeschnittenen an eine Wand warf. Dann zeigte der Schatten seine zwei Gesichter: ein schönes und eines, das einem einen Schauer über den Rücken jagen konnte. Was wir als Kinder spielerisch betreiben, ist eine jahrtausendalte Kulturtechnik, die ihren Weg von China über Indonesien, Persien und den Balkan bis nach Mitteleuropa gefunden hat. Hier kam sie vor allem im 18. Jahrhundert in Mode; Goethe selbst hielt Freunde in Silhouetten fest. Und im 19. Jahrhundert gehörte der Scherenschnitt so wie Sticken und Klavierspielen zur Bildung höherer Töchter. Bald wuchs die Bandbreite und umfasst heute vieles, von der Karikatur über das Genrebild bis zur Abstraktion. Als Vater des Schweizer Scherenschnitts gilt übrigens ein gewisser Johann Jakob Hauswirth (1809–1871), der Alpaufzüge in Papier schnitt. Und seit 1986 gibt es hierzulande den Schweizerischen Verein Freunde des Scherenschnitts, der mit Publikationen und Ausstellungen diese Kunst fördern und bekannt machen will. Dass Scherenschnitte Alt und Jung begeistern können und nicht vor Altersgrenzen Halt machen, zeigt aufs Schönste ein aussergewöhnliches Buch des französischen Illustrators Antoine Guillopé. Darin finden sich grossformatig ausgestanzte Bilder, denen es gelingt, die Scherenschnittkunst zwischen Buchdeckel zu bannen. Neben jedem Bild steht jeweils nur ein Satz, als wäre dies ein alter Stummfilm mit Scherenschnittbildern, die von den Tieren des Waldes und von einem Geheimnis erzählen, das sich als Wunder der Geburt enthüllt. Von vorne zeigen sich diese aufwendig produzierten, filigranen Bilder weiss auf schwarz. Wendet man das Blatt, ist es ein schwarzer Schattenriss auf weissem Hintergrund. Mit jedem Umblättern entstehen andere Eindrücke, eine jeweils eigene Atmosphäre. Dabei hängt es vom Betrachter ab, welche von beiden Seiten eines dieser Scherenschnitte er mit einem Schreckens- oder Freudenschauer sieht. – Pure Magie!

Zwar heisst der Film «We need to talk about Kevin», doch der Satz fällt nie. Das Gespräch findet nicht statt. Eine Verständigung zwischen Kevins Eltern erscheint immer unmöglicher. Das letzte, was Reisebuchautorin Eva (Tilda Swinton) mit Fotograf Franklin (John C. Reilly) schliesslich noch verbindet, hängt eingerahmt an der Wand über dem eleganten Sofa: die Portraits ihrer Kinder Celia und Kevin (Ezra Miller). Eva hatte getan, wie verlangt: Sie verzichtete auf eine erfolgreiche Karriere und zog auf Wunsch ihres Mannes ins Grüne. Obschon sie sich für die Mutterrolle und ihren Sohn nicht erwärmen konnte. Aus ihrer Sicht war der Junge ein sadistisches, manipulatives Monster, während Franklin alles optimistisch interpretierte: «Er ist doch nur ein kleiner Junge.» Die Filmadaption des Bestsellers von Lionel Shriver richtet einen verstörenden Blick auf einen wenig beachteten Aspekt eines jugendlichen Amoklaufs. Filme zum selben Thema, wie Gus Van Sants «Elephant» oder Michael Moores Doku «Bowling for Columbine», befassen sich nicht mit der Zeit nach der Tat. Hier aber werden die Ereignisse in Erinnerungsfetzen und Albträumen einer schwer traumatisierten Eva nacherzählt. Mechanisch kämpft sie sich durch die Gegenwart und lässt ihr Leben Revue passieren, auf der Suche nach ihrer Schuld. War sie das Monster, wie einige Leute im Ort glaubten, als sie ihr Haus mit roter Farbe übergossen? Das Familiendrama lässt Protagonistin und Publikum gefangen in einer Frage zurück, auf die es keine Antwort gibt: Können Menschen böse geboren werden? Oder macht erst ihre Umwelt sie zu Psychopathen wie Kevin, der eine unfassbare Tat begeht? Der Film erklärt absichtlich nichts, am wenigsten sich selbst. Es ist nicht erkennbar, ob er auf die Gefahr von gestörten sozialen Beziehungen hinweisen will, eine Gesellschaft ohne moralischen Kompass. Oder prangert er liberale Wohlgefälligkeit an? Erforscht er ungesehene dunkle Regionen tiefsten Horrors? Bei einem Gefängnisbesuch ruht Evas hohläugiger Blick lange Zeit auf ihrem Sohn. Dann stellt sie die Frage: «Warum?» Kevins Antwort könnte niederschmetternder nicht sein: «Es hat keinen Sinn. Das ist der Sinn.»

Antoine Guillopé: «Bei Vollmond». Knesebeck 2011. 28.50 CHF.

Ezra Miller, John C. Reilly u. a. Der Film läuft zurzeit in den Deutschschweizer Kinos.

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Lynne Ramsay: «We need to talk about Kevin» GB, 110 Min., mit Tilda Swinton,

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BILD: INSTALLATIONSANSICHT «HUMAN VALLEY», 2012 © STEFAN ALTENBURGER PHOTOGRAPHY ZÜRICH

Die 25 positiven Firmen Diese Rubrik ruft Firmen und Institutionen auf, soziale Verantwortung zu übernehmen. Einige haben dies schon getan, indem sie dem Strassenmagazin Surprise mindestens 500 Franken gespendet haben. Damit helfen sie, Menschen in prekären Lebensumständen eine Arbeitsmöglichkeit zu geben und sie auf ihrem Weg zur Eigenständigkeit zu begleiten. Gehört Ihr Betrieb auch dazu? Die Spielregeln sind einfach: 25 Firmen werden jeweils aufgelistet, sind es mehr, fällt jener Betrieb heraus, der am längsten dabei ist.

Wieso denn immer Masoalahalle? Auch an der Bärengasse ist das Klima tropical. 01

Ausstellung Im Kunstdschungel Angesichts der immer noch frischen Temperaturen folgt man der Einladung zu den «realen und imaginierten Reisen in die Tropen und andere Dschungel» gerne. Der Urwald lässt sich im Museum Bärengasse entdecken. VON YVONNE KUNZ

«Microclima Zurich Tropical» ist der vierte und letzte Teil des einjährigen Projektes «Human Valley» von Dominique Gonzalez-Foerster und Tristan Bera. Die beiden in Paris lebenden Künstler schufen im vergangenen Sommer einen Salon zum Verweilen, für Begegnungen, zum Schmökern und Entdecken. Die Ausstellung orientiert sich an der Arbeit des Schriftstellers Balzac, verschiedene Künstler und Kuratoren haben das Jahr in einzelne Kapitel aufgeteilt. Den Abschluss macht nun Pablo León de la Barra, gemäss eigenen Angaben Ausstellungsmacher, Kunstarbeiter, Kulturagent, Kurator, Forscher, Redaktor, Blogger, Kunstberater, Schnappschussfotograf, Ex-Architekt und Ästhetik-Dilettant. Man hätte sich diese Liste vielleicht sparen können – wenn sie nicht so träf erfasste, weshalb er der richtige Mann ist, um den Raum des «Human Valley» zu füllen. Klar, als Mexikaner ist er den Tropen wesentlich näher als ein Zürcher oder Berliner, was es ihm einfacher macht, die Betrachterin in «fremde Narrative in anderen Klimazonen» zu entführen. Behilflich sind ihm dabei Dutzende meist aus Lateinamerika stammende Zeichner, Installationskünstler, Filmer, Autoren, Grafiker, Multimediakünstler und Fotografen. Zusammen erschaffen die Künstler tatsächlich, was der Titel verspricht: ein Mikroklima. Oder besser: ein ganzes Sammelsurium der Mikroklimata. Einige sind im Lifestyle angesiedelt, andere haben sich der abstrakten Kunst verschrieben. Das Schönste an solch locker assoziierenden Ausstellungen sind die spannenden Schnittmengen, die sich im Kopf der Betrachterin bilden. Und natürlich die Entdeckungen. Hier ist dies «An Uncomfortable Eagerness» von Gilda Mantilla und Raimond Chaves, die in einem 20-minütigen Film die Bibliotheken der Iquitos im peruanischen Amazonas erforschen. Darin fällt der wunderbare Satz: «Im Dschungel hat es eine Stadt, in dieser Stadt hat es eine Bibliothek und in dieser Bibliothek ist der Dschungel.»

Brockenstube des Reformierten Frauenvereins Aesch-Pfeffingen

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Klinik Sonnenhalde AG, Riehen

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Schweiz. Tropen- und Public Health-Institut, BS

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Migros Zürich, Kulturprozent

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Psychiatrische Dienste Aargau AG (PDAG)

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Locher, Schwittay Gebäudetechnik GmbH, BS

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Weingut Rütihof, Uerikon

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AnyWeb AG, Zürich

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Niederer, Kraft & Frey, Zürich

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Musikschule archemusia, Basel

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Paulus-Akademie Zürich

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Anne Hoffmann Graphic Design, Zürich

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Thommen ASIC-Design, Zürich

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BEVBE Ingenieurbüro, Bonstetten

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homegate AG, Adliswil

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ratatat – freies Kreativteam

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Kaiser Software GmbH, Bern

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bölsterli hitz gmbh, 8005 Zürich

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www.rechenschwaeche.ch

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Philip Maloney, Privatdetektiv

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VXL gestaltung und werbung ag, Binningen

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Scherrer & Partner GmbH, Basel

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Balcart AG, Carton Ideen Lösungen, Therwil

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KIBAG Bauleistungen

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responsAbility, Zürich

Möchten Sie bei den positiven Firmen aufgelistet werden? Mit einer Spende von mindestens 500 Franken sind Sie dabei! PC-Konto: 12-551455-3, Verein Strassenmagazin Surprise, 4051 Basel Zahlungszweck: Positive Firma + Ihr gewünschter Eintrag. Wir schicken Ihnen eine Bestätigung.

Pablo León de la Barra et al: «Human Valley». Spring: «Microclima Zurich Tropical – Experimento Improvisacional», Kunsthalle Zürich im Museum Bärengasse, noch bis zum 9. April. www.humanvalley.ch 270/12 SURPRISE 270 /12

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BILD: ZVG

BILD: RALF SCHLATTER

BILD: ZVG

Ausgehtipps

Der Lesesessel im Ono birgt Überraschungen.

König der Welt? Der Schaffhauser Schlatter.

New Wave nach Rockerart: Les Yeux Sans Visage.

Bern Erbaulicher Mittwoch

Zürich Dichter Schalk

Auf Tournee Gruftrockreigen

Einmal im Monat wird auf der offenen Bühne im Altstadt-Keller-Gemäuer des Ono gelesen, seit vier Jahren schon, immer am ersten Mittwoch des Monats. Hinabsteigen, ein Glas Wein bestellen und sich von unverhofften und unerwarteten Geschichten überraschen lassen: eine wahrlich erbauliche Art, den WochenmitteAbend zu begehen. Und wer doch vorher etwas genauer wissen möchte, was in da erwartet: Neu gibt es im Buchhandel eine repräsentative Auswahl von Lesesesseltexten in einem Sammelband zu kaufen. (fer)

Ralf Schlatter kennt man vielleicht von seinen Morgengeschichten auf DRS 1 oder als Herrn Schön des Kabarettduos «schön&gut». Man kennt ihn als Schalk. Oder als Romanautor. Nun kann man ihn auch als Dichter kennenlernen: «König der Welt» heisst sein Lyrikband, der nun in Form einer musikalischen Lesung vorgestellt wird. Und wie heisst es so treffend in der Medienmitteilung? «Ralf Schlatter schaut erzählend seinen Worten beim Spielen zu.» Für einmal geben wir einem Pressetext recht. (dif)

Lesesessel, Mi, 7. März, 20 Uhr, Tür- und Baröffnung

Buchvernissage und musikalische Lesung mit

2009 betraten Les Yeux Sans Visage mit zwei fulminanten Singles die Düsterrock-Szene. Fürs Longplay-Debüt «Tomorrow Is A Million Years» liess sich das Trio aus dem Luzernischen danach viel Zeit. Stilistisch orientiert man sich am New Wave nach Rockerart: Der Bass legt das melodische Fundament, darüber klingeln und klirren kalt die Gitarren. Les Yeux Sans Visage arrangieren reduziert, geben den einzelnen Soundelementen aber viel Platz und klingen dadurch mächtig bis monumental. Das kommt speziell im Konzert gut zur Geltung, drum auf zum Gruftrockreigen! (ash)

19 Uhr. Jeden ersten Mittwoch im Monat,

Michael Wernli (E-Gitarre), Di, 20. März, 20 Uhr,

Sa, 3. März, 20.30 Uhr, Gaswerk, Winterthur;

im Kulturlokal Ono, Kramgasse 6, Bern.

sphères, Hardturmstr. 66, Zürich

Fr, 16. März, 22 Uhr, Palace, St. Gallen;

Ralf Schlatter: «König der Welt», Gedichte.

Sa, 17. März, 21 Uhr, Südpol, Luzern.

Anzeigen:

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Zürich Schonungslose Schmerzenslieder Vor drei Jahren veröffentlichte die junge Österreicherin Anja Plaschg unter dem Namen Soap & Skin ihr Debüt «Lovetune For Vacuume». Das Feuilleton bejubelte die düsteren Kunstlieder zwischen Pianoballade und abstrakter Elektronik. Was die Schweinezüchter-Tochter, die sich in einem ihrer Videos zwischen den Säuen im Schlamm wälzte, derart verschreckte, dass sie gleich wieder abtauchte. Die Rückkehr folgt dieser Tage mit einem Minialbum, das in einer knappen halben Stunde nachhaltig verstört. Plaschg singt mit dunkler Stimme, wie man es von Nico kennt und spielt dazu meist lediglich reduzierte Klaviermelodien im Stil eines Arvo Pärt. Eröffnet wir das Album mit «Vater», einer dem verstorbenen Papa gewidmeten Totenklage sondergleichen. Weiter gehts mit «Voyage Voyage»: Schon im Original von Desireless kein Lied für Fahrten in sonnige Gefilde, mutiert das Stück in Plaschgs radikal reduzierter Interpretation zum Horrortrip. Den Rest gibt einem das Stück «Deathmental», wo rückwärts laufende Elektro-Beats und gruselige Synthies Beklemmung erzeugen wie sonst nur Todeskünstler aus der Gothic-Szene. Als Hörer Distanz zu wahren, ist unmöglich, und so stürzt man in eine Welt voll Leid und irrsinniger Schönheit. Die schonungslosen Schmerzenslieder sind fast nicht zu ertragen – und doch so brilliant, dass man Soap & Skin im Konzert erleben will. (ash) Do, 16. März, 20.30 Uhr, Rote Fabrik, Zürich.

Augen zu und durch: Anja Plaschg alias Soap & Skin.

BILD: HEIDI & HANS-JÜRGEN KOCH, 2007

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Morphologisch fehlerfrei: Glasmodell einer Staatsqualle.

Winterthur Durchsichtiger Glanz Glas ist nützlich als Trinkglas, unverzichtbar als Fensterscheibe, bezaubernd als Christbaumschmuck. Glas, das ist der Geruch der Recyclingsammelstelle und die Hitze im Glasbläseratelier, bei Glas denkt man zugleich an Glasperlenspiel wie an den gläsernen Kunden. Das Material, ursprünglich aus Quarzsand, Kalk und Pottasche hergestellt, ist widersprüchlich, einmal fein und biegsam wie Papier, dann wieder tragendes Element in der Architektur. Die Ausstellung in Winterthur vermittelt den kulturgeschichtlichen und technischen Hintergrund des Materials und präsentiert kreative Anwendungen in Design und Kunst. (dif) «Glasklar? Schillernde Vielfalt eines Materials», noch bis am 28. Mai, Di bis So, 10 bis 17 Uhr, Do bis 20 Uhr, Gewerbemuseum Winterthur. www.gewerbemuseum.ch SURPRISE 270 /12

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Verkäuferporträt Ein Hecht von dreieinhalb Kilo Zbyszek Machaj (59) verkauft die Gazeta Uliczna im polnischen Poznan. Seine leuchtend blauen Augen sind vielleicht seine wirksamste Geheimwaffe, doch er hat noch mehr Asse im Ärmel. Durch seine ehrliche und freundliche Art ist er zu einem der beliebtesten Verkäufer der Gazeta Uliczna geworden.

«Ich mache seit 2005 bei Gazeta Uliczna, der Strassenzeitung von Poznan, mit. Ich habe durch einen der Verkäufer von der Zeitung erfahren, der hat mir dann auch den Job vermittelt. Im Gegensatz zu den meisten anderen Verkäufern der Gazeta war ich nie obdachlos und habe mich nie sozial benachteiligt gefühlt. Allerdings standen mir nicht gerade viele Möglichkeiten offen, mir ein regelmässiges Einkommen zu verdienen. Ich hatte Gelegenheitsjobs, habe Flugzettel verteilt oder Aluminiumdosen gesammelt. Ich hoffte, dass es mir finanziell helfen würde, Gazeta zu verkaufen, und das ist auch eingetreten. Zurzeit ist es mein Ziel, in eine neue Sozialwohnung zu ziehen, die gerade renoviert worden ist. Das ist der erste Schritt auf dem Weg zum Haus meiner Träume – eins mit Garten, wenn möglich an einem See, wo ich die Tage mit meinen Freunden, die Fischer sind, im Boot verbringen kann. Meine Beziehung zu den anderen Zeitungsverkäufern ist ganz freundschaftlich, aber leider will keiner von ihnen mit mir Schach spielen. Und ich finde nur schwer einen vierten Mann für Bridge. Aber davon lasse ich mich nicht runterziehen. In meiner Freizeit mache ich lange Spaziergänge mit meinem Hund Fafilk, er ist mein treuer Freund. Ich glaube an die Idee hinter Gazeta Uliczna, auch wenn das nicht immer so einfach ist. Viele Leute verstehen nicht, warum ich die Zeitung verkaufe. Soziale Gerechtigkeit spielt im öffentlichen Bewusstsein hier noch eine sehr geringe Rolle. Ich versuche zu erklären, dass ein Teil des Kaufpreises, den meine Kunden zahlen, an mich fliesst und mir so hilft, ein Leben in Würde zu führen. Wenn jemand die Gazeta kauft, sich die Zeit nimmt, sie tatsächlich zu lesen, dann macht mich das glücklich. Die Mehrzahl der Käufer sind junge Menschen oder Leute mittleren Alters. Wenn sie mich auf der Strasse erkennen, rufen sie mir zu: ‹Hallo Zbyszek, hast du schon die neueste Ausgabe?› Inzwischen habe ich fünf Jahre Erfahrung in diesem Job, und ich versuche Obdachlose und Arbeitslose davon zu überzeugen, die Chance zu ergreifen und als Verkäufer auch ihr Leben zu verändern. Mein Leben ist dank meiner Arbeit bei der Strassenzeitung reicher geworden, als ich mir das früher hätte vorstellen können oder es je für möglich gehalten hätte. Erfahrungen wie die ehrlichen Gespräche, die ich vor allem mit meinem Kollegen Tomek führe, helfen mir dabei, meinen Platz in der Gesellschaft zu erkennen. Ich bin überzeugt, dass ich all das, was mir früher unerreichbar schien, der Gazeta verdanke. Früher fand ich, meinem Leben fehle der Sinn. Jetzt kann ich sagen, dass ich eine feste Arbeit habe. Mithilfe des Geldes, das ich durch den Verkauf der Gazeta verdient habe, konnte ich mir schon einige meiner Träume erfüllen. Ich habe mir eine Karte für das Spiel von Lech Poznan gegen Juventus Turin gekauft, ausserdem

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BILD: ZVG

AUS DER GAZETA ULICZNA, ÜBERSETZUNG VON VERONICA KOEHN

Turnschuhe für das Lauftraining, und auch eine Angel, die ich regelmässig benutze. Mit ihr habe ich sogar mal einen dreieinhalb Kilo schweren Hecht gefangen!» ■

Strassenmagazine wie Surprise helfen auf der ganzen Welt Menschen in sozialen Schwierigkeiten. Seit 1994 bekamen dadurch über 200 000 Menschen in 40 Ländern die Chance, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen. Das Internationale Netzwerk der Strassenmagazine INSP hat Verkäuferporträts aus der ganzen Welt zusammengetragen. Und deshalb erzählt an dieser Stelle für einmal ein Strassenverkäufer aus dem Ausland von seinem Alltag.

www.streetnewsservice.org SURPRISE 270 /12


Eine Chance für alle! Werden Sie Surprise-Götti oder -Gotte Surprise kümmert sich um Menschen, die weniger Glück im Leben hatten als andere. Menschen, die sich aber wieder aufgerappelt haben und ihr Leben in die eigenen Hände nehmen wollen. Mit dem Verkauf des Strassenmagazins Surprise überwinden sie ihre soziale Isolation. Ihr Alltag bekommt Struktur und wieder einen Sinn. Sie gewinnen neue Selbstachtung und erarbeiten sich aus eigener Kraft einen kleinen Verdienst. Die Surprise-Strassenverkäuferinnen und -verkäufer helfen sich

Marika Jonuzi Basel

Ausserdem im Programm SurPlus: Fatima Keranovic, Baselland Jovanka Rogger, Zürich Wolfgang Kreibich, Basel

selber. Das verdient Respekt und Unterstützung. Regelmässige Verkaufende werden von Surprise gezielt unterstützt. Die Teilnehmer am Programm SurPlus sind sozial abgesichert (Ferien, Krankheit). Mit der Programmteilnahme übernehmen die Surprise-Verkaufenden mehr Verantwortung; eine wesentliche Voraussetzung dafür, wieder fit für die Welt und den Arbeitsmarkt zu werden.

Bob Ekoevi Koulekpato Basel

Jela Veraguth Zürich

Kurt Brügger, Basel Anja Uehlinger, Baden Andreas Ammann, Bern Marlies Dietiker, Olten

Tatjana Georgievska, Basel Peter Gamma, Basel René Senn, Zürich Josiane Graner, Basel

Ja, ich werde Götti/Gotte von: 1 Jahr: 6000 Franken

1/2 Jahr: 3000 Franken

1/4 Jahr: 1500 Franken

Vorname, Name

Telefon

Strasse

E-Mail

PLZ, Ort

Datum, Unterschrift

1 Monat: 500 Franken

270/12 Talon bitte senden oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch, PC-Konto 12-551455-3 SURPRISE 270 /12

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Surprise ist: Hilfe zur Selbsthilfe Surprise hilft seit 1997 Menschen in sozialen Schwierigkeiten. Mit Programmen in den Bereichen Beschäftigung, Sport und Kultur fördert Surprise die soziale Selbständigkeit. Surprise hilft bei der Integration in den Arbeitsmarkt, bei der Klärung der Wohnsituation, bei den ersten Schritten raus aus der Schuldenfalle und entlastet so die Schweizer Sozialwerke.

Ich möchte Surprise abonnieren! 24 Ausgaben zum Preis von CHF 189.– (Europa: CHF 229.– ) (Verpackung und Versand bieten StrassenverkäuferInnen ein zusätzliches Einkommen.) Gönner-Abo für CHF 260.–

Eine Stimme für Benachteiligte Surprise verleiht von Armut und sozialer Benachteiligung betroffenen Menschen eine Stimme und sensibilisiert die Öffentlichkeit für ihre Anliegen. Surprise beteiligt sich am Wandel der Gesellschaft und bezieht Stellung für soziale Gerechtigkeit. Strassenmagazin und Strassenverkauf Surprise gibt das vierzehntäglich erscheinende Strassenmagazin Surprise heraus. Dieses wird von einer professionellen Redaktion produziert, die auf ein Netz von qualifizierten Berufsjournalistinnen, Fotografen und Illustratorinnen zählen kann. Das Magazin wird fast ausschliesslich auf der Strasse verkauft. Rund dreihundert Menschen in der deutschen Schweiz, denen der Arbeitsmarkt verschlossen bleibt, erhalten damit eine Tagesstruktur, verdienen eigenes Geld und gewinnen neues Selbstvertrauen.

Geschenkabonnement für: Vorname, Name

Sport und Kultur Surprise fördert die Integration auch mit Sport. In der Surprise Strassenfussball-Liga trainieren und spielen Teams aus der ganzen deutschen Schweiz regelmässig Fussball und kämpfen um den Schweizermeister-Titel sowie um die Teilnahme an den Weltmeisterschaften für sozial benachteiligte Menschen. Seit 2009 hat Surprise einen eigenen Chor. Gemeinsames Singen und öffentliche Auftritte ermöglichen Kontakte, Glücksmomente und Erfolgserlebnisse für Menschen, denen der gesellschaftliche Anschluss sonst erschwert ist. Finanzierung, Organisation und internationale Vernetzung Surprise ist unabhängig und erhält keine staatlichen Gelder. Das Strassenmagazin wird mit dem Erlös aus dem Heftverkauf und mit Inseraten finanziert. Für alle anderen Angebote wie die Betreuung der Verkaufenden, die Sportund Kulturprogramme ist Surprise auf Spenden, auf Sponsoren und Zuwendungen von Stiftungen angewiesen. Surprise ist eine nicht gewinnorientierte soziale Institution. Die Geschäfte werden von der Strassenmagazin Surprise GmbH geführt, die vom gemeinnützigen Verein Strassenmagazin Surprise kontrolliert wird. Surprise ist führendes Mitglied des Internationalen Netzwerkes der Strassenzeitungen (INSP) mit Sitz in Glasgow, Schottland. Derzeit gehören dem Verband über 100 Strassenzeitungen in 40 Ländern an.

Strasse Impressum PLZ, Ort

Rechnungsadresse: Vorname, Name

Strasse

PLZ, Ort

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Datum, Unterschrift 270/12 Bitte heraustrennen und schicken oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@strassenmagazin.ch

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Herausgeber Strassenmagazin Surprise GmbH, Postfach, 4003 Basel www.strassenmagazin.ch Öffnungszeiten Sekretariat 9 – 12 Uhr, Mo – Do T +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99 info@strassenmagazin.ch Geschäftsführung Paola Gallo (Geschäftsleiterin), Sybille Roter (stv. GL) Anzeigenverkauf T +41 61 564 90 90, M +41 76 325 10 60 anzeigen@strassenmagazin.ch Redaktion T +41 61 564 90 70, F +41 61 564 90 99 Reto Aschwanden, Florian Blumer (Nummernverantwortliche), Diana Frei redaktion@strassenmagazin.ch Ständige Mitarbeit texakt.ch (Korrektorat), Yvonne Kunz, Delia Lenoir, Irene Meier, Stephan Pörtner, Milena Schärer, Priska Wenger, Christopher Zimmer Mitarbeitende dieser Ausgabe Annette Boutellier, Rahel Bucher, Peter Lauth, Karin Scheidegger, Sarah Stähli Gestaltung WOMM Werbeagentur AG, Basel Druck AVD Goldach Auflage 15000, Abonnemente CHF 189.–, 24 Ex./Jahr Marketing, Fundraising T +41 61 564 90 61

Vertriebsbüro Basel T +41 61 564 90 83, M +41 79 428 97 27 Claudia Pleuss, Patrick Würmli, Spalentorweg 20, 4051 Basel, basel@strassenmagazin.ch Vertriebsbüro Zürich T +41 44 242 72 11, M +41 79 636 46 12 Reto Bommer, Engelstrasse 64, 8004 Zürich, zuerich@strassenmagazin.ch Vertriebsbüro Bern T +41 31 332 53 93, M +41 79 389 78 02 Andrea Blaser, Alfred Maurer, Bruno Schäfer, Pappelweg 21, 3013 Bern, bern@strassenmagazin.ch Strassenchor T +41 61 564 90 40, F +41 61 564 90 99 Paloma Selma, p.selma@strassenmagazin.ch Strassensport T +41 61 564 90 10, F +41 61 564 90 99 Lavinia Biert (Leitung), Olivier Joliat, David Möller l.biert@strassenmagazin.ch, www.strassensport.ch Trägerverein Strassenmagazin Surprise Präsident: Peter Aebersold Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auch auszugsweise oder in Ausschnitten, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird von der Redaktion und dem Verlag jede Haftung abgelehnt. Surprise behält sich vor, an Verkaufende gerichtete Postsendungen zu öffnen. Barspenden an namentlich bezeichnete Verkaufende können nur bis zu einem Betrag von CHF 100.– weitergeleitet werden. Darüber hinausgehende Beträge sollen – im Einverständnis mit der Spenderin oder dem Spender – allen Verkaufenden zugute kommen. SURPRISE 270 /12


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Aussendienstmitarbeiter Wer Surprise verkauft, hat seinen eigenen exklusiven Verkaufsstandort. Und verdient pro verkauftes Strassenmagazin zwei Franken siebzig bar auf die Hand. Startkapital abholen und sofort loslegen. Informationen gibt es hier:

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