Surprise Strassenmagazin 274/12

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Politiker

Zu Besuch im Kinderparlament

Klatsch und Propaganda: Gerüchteküche Internet

Krach in der Nacht – wie Anwohner Clubs zum Verstummen bringen

Nr. 274 | 4. Mai bis 17. Mai 2012 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass.


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Titelbild: Hansueli Schärer

Editorial Gerüchte BILD: DOMINIK PLÜSS

In meiner Schulzeit hörte ich ab und zu den Spruch: «Du musst nicht alles glauben, was in der Zeitung steht.» Die Bemerkung kam meist dann, wenn jemand eine Behauptung mit dem Hinweis untermauern wollte, er habe das in diesem oder jenem Blatt gelesen. Bloss weil etwas gedruckt wurde, ist es noch lange nicht wahr, das ist auch oder gerade mir als Journalisten bewusst. Gleichwohl ermöglicht es die traditionelle Presse ihrem Publikum, die Glaubwürdigkeit einer Meldung beurteilen zu können. Sie hat den Anspruch, Behauptungen mit Fakten zu belegen und lässt unterschiedliche Fachleute und Interessenvertreter zu Wort kommen. Nicht zuletzt stehen Qualitätsmedien mit ihrem Namen für die Richtigkeit ihrer Artikel, denn sie haben einen Ruf zu verlieren. RETO ASCHWANDEN

Mit dem Internet braucht es nicht mehr unbedingt herkömmliche Medien um Öf- REDAKTOR fentlichkeit herzustellen. Social Media wie Twitter und Facebook ermöglichen es, Inhalte aller Art mit der ganzen Welt zu teilen. Insbesondere in Ländern, wo Zensur herrscht, können dadurch auch kritische und unterdrückte Informationen verbreitet werden. Traditionelle Medien übernehmen solches Material. In der Berichterstattung über den Arabischen Frühling etwa zeigte das Fernsehen regelmässig Handyfilme vom Ort des Geschehens, oft mit dem Hinweis, diese Bilder seien «angeblich heute» aufgenommen worden. Die Schwierigkeit, Informationen aus dem Internet zu verifizieren, ist die Kehrseite der neuen Medien. Christof Moser erzählt im Artikel ab Seite 14, wie Social Media aus dem Internet eine Gerüchteküche machen. Mittlerweile beeinflussen Behauptungen und Mutmassungen aus dem Netz Politik und Wirtschaft. Regierungen und Unternehmen machen sich das zunutze: Im Kampf um Kontrolle und Gewinn werden gezielt Gerüchte gestreut, die von den Massenmedien nicht selten weiterverbreitet werden. Dadurch können Gerüchte Realität werden, auch wenn sie ursprünglich falsch waren. Wenn alle Welt glaubt, die Bank of America stehe kurz vor dem Kollaps, dann fallen die Kurse – und so wird das grösste Kreditinstitut der USA im Handumdrehen zum Spekulationsobjekt. Die neue Medienwelt braucht mehr denn je kritische Journalisten, die ihr Material prüfen, bevor sie es in die Welt hinausposaunen. Und noch mehr verlangt sie mündige Medienkonsumenten, die auch einmal einen Artikel hinterfragen. Der Satz aus meiner Schulzeit passt auch heute: Sie müssen nicht alles glauben, was geschrieben steht. Lesen Sie kritisch! Reto Aschwanden

Surprise ist auf Spenden angewiesen. Auch auf Ihre! Herzlichen Dank. PC-Konto 12-551455-3 Ihre Meinung! Bitte schicken Sie uns Ihre Anregungen oder Kritik: Verein Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, T +41 61 564 90 70, redaktion@vereinsurprise.ch. Es werden nur Leserbriefe abgedruckt, die mit vollem Namen unterzeichnet sind. Die Redaktion behält sich vor, Briefe zu kürzen. SURPRISE 274 /12

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10 Mitbestimmung Kinder machen Politik Seit bald 20 Jahren tagt in Luzern mehrmals jährlich das Kinderparlament. Es wurde nach dem Beitritt der Schweiz zur UNO-Kinderkonvention gegründet – als praktische Umsetzung der politischen Mitbestimmung von Kindern. Wir waren an der diesjährigen Budgetsession dabei und wollten wissen: Was bringt Kinder dazu, an ihrem freien Nachmittag über Zahlen zu brüten? Und kommt das gut, wenn man Kinder mit politischen Rechten ausstattet?

14 Social Media Schneller als die Wirklichkeit BILD: ISTOCKPHOTO

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Inhalt Editorial Bloss weils geschrieben steht Basteln für eine bessere Welt Glänzend geschützt Aufgelesen Unterschlupf bei der Freundin Zugerichtet Koks im Kübel Mit scharf Krach um die Nacht Nachruf Peter Hässig Porträt Ganz Ohr Clubsterben Nachtschwärmer sehen schwarz Le mot noir Ratten kochen nicht Sonic Traces Die Schweiz als Klangkulisse Kulturtipps Radelnd durch die Weltgeschichte Ausgehtipps Gezeichneter Tod Verkäuferporträt Hauptsache, der Ball läuft Projekt Surplus Eine Chance für alle! In eigener Sache Impressum INSP

BILD: HANSUELI SCHÄRER

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Das Internet demokratisiert die Information und ist ein wichtiges Instrument für Freiheitskämpfer. So sehen es Onlineoptimisten. Immer stärker aber dienen Facebook, Twitter und Co. als Gerüchteküchen, in denen Klatschreporter, aber auch Spekulanten und autoritäre Regimes ihr Süppchen kochen. Eine Geschichte über die Auswirkungen von Gerüchten, die aus dem Reich des Digitalen in die Wirklichkeit schwappen.

BILD: ROLAND SOLDI

17 Exiltibeter Gebetsfahnen im Klosterdorf

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In Einsiedeln flatterten über Ostern farbige Gebetsfahnen im Wind. Sie zeigten, dass neben katholischen Pilgern auch andere Leute den Weg ins Klosterdorf gefunden hatten. Junge Exiltibeter der zweiten und dritten Generation trafen sich zum europäischen Jugendparlament der Tibeter und diskutierten Strategien zur Befreiung der Heimat. Eine Reportage über junge Menschen, die sich für ein Land einsetzen, das sie nicht kennen und dessen Sprache sie kaum sprechen.

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ILLUSTRATION: SIMON DREYFUS | WOMM

1. Kaufen Sie Deko-Spiegelplättchen, erhältlich im Internet oder im Baumarkt. Sie brauchen mehrere Hundert Stück, je nach Grösse der Plättchen – machen Sie eine (grosszügige) Hochrechnung.

2. Nehmen Sie Ihren runden Velohelm und kleben Sie die Plättchen Reihe für Reihe mit Kontaktkleber aneinander. Sparen Sie die Lüftungslöcher aus.

3. Get on your bike and … disco!

Basteln für eine bessere Welt Es lässt sich einfach schlecht dagegen argumentieren: Ist tatsächlich was drin, lohnt es sich auch, dies mit einer harten Schale zu schützen. Die Rede ist von Schädel, Inhalt und Velohelm. Allein, das damit verbundene Stilproblem war bis heute ungelöst. Denn, seien wir ehrlich: Auch die Calimero-Variante, die nun cool sein soll, sieht irgendwie bekloppt aus. Aber! Mit wenig Aufwand lässt sich dieser Helm in ein Objekt von hohem Kultfaktor verwandeln. Und Sie bringen die Strasse zum Funkeln! SURPRISE 274 /12

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Aufgelesen News aus den 90 Strassenmagazinen, die zum internationalen Netzwerk der Strassenzeitungen INSP gehören.

Benzin über Facebook Blantyre. Malawi, der Kleinstaat im Süden Afrikas, leidet seit 2009 an einer Benzinknappheit. In seiner Not kam Frederick Bvalani, ein Einwohner der Wirtschaftskapitale Blantyre, auf eine zündende Idee: Anstatt das knappe Benzin auf der Suche nach einer offenen Tankstelle zu verfahren, gründete er eine Facebook-Gruppe, auf der sich mittlerweile 6000 Mitglieder darüber austauschen, wo der begehrte Saft gerade erhältlich ist. Dies funktioniert so gut, dass Bvalani von vielen Landsleuten als Held gefeiert wird.

Obdachlose Frauen Linz. Obdachlosigkeit ist bei Weitem kein rein männliches Problem. Bei der Hilfsorganisation Arge spricht man vom Phänomen einer «verdeckten Obdachlosigkeit»: Sie trifft zumeist Frauen, die aus schwierigen Familienverhältnissen geflüchtet sind oder als Hausfrauen keinen Beruf gelernt haben. Auch weil sie oft noch für die Kinder sorgen müssen, suchen sie nach dem Verlust der Wohnung bei Angehörigen oder Freundinnen Unterschlupf – oder gehen gar Zweckbeziehungen ein, um nicht auf der Strasse zu landen.

Arbeit für Roma Hamburg. Bobi ist einer von Tausenden von Roma, den die Not in den Westen getrieben hat. Doch auch hier finden viele von ihnen keine Arbeit. Hinz & Kunzt aus Hamburg und fiftyfifty aus Düsseldorf haben beschlossen, den Roma zu helfen und Verkäuferpässe auszustellen, obwohl die Migranten aus dem Osten für die beiden Obdachlosenzeitungen eigentlich nicht zur typischen Zielgruppe gehören. Zwei Jahre suchte Bobi in Düsseldorf vergeblich nach Arbeit. «Endlich», sagt er nun, «habe ich eine richtige Arbeit gefunden.»

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Zugerichtet Grosi auf Abwegen Manch eine sorgenvolle Seele würde gewiss am liebsten von der «Big Mama» in die Arme genommen werden, so mütterlich wirkt sie mit ihrem kolossalen Körper. Doch Frau Huber* hat selber Sorgen. Sie ist einsam. Sie hat die falschen Freunde. Wissen kann man das nicht, nur vermuten, wenn man ein paar Fakten hört. Über sich selbst sagt sie nur das Nötigste, nicht das Wesentliche. Frau Nbulungi Huber, 58 Jahre alt, in Kamerun geboren, durch Heirat österreichische Staatsbürgerin geworden, Mutter von sechs Kindern und Grossmutter von ebenso vielen Enkeln, musste ihren Job als Putzfrau wegen Rückenschmerzen aufgeben und bezieht seither Sozialhilfe. Es muss ihr wie ein Fünfer im Lotto vorgekommen sein, als sie auf einem Spaziergang rund 70 Gramm Kokain in einem Abfalleimer fand. Zu Hause angekommen, versteckte sie die heisse Ware im Kühlschrank, in einem leeren Mascarpone-Becher, den sie unauffällig zwischen Joghurt und Käse plazierte. Doch wie bringt man Drogen an den Mann? Schliesslich verfügte die Jungdealerin über keinerlei Geschäftskontakte, Distributionskanäle, lokale Marktkenntnisse. Bis die organisatorischen Probleme gelöst waren, griff sie hin und wieder selbst in den Mascarpone-Becher. «Aber nur um die Schmerzen zu betäuben», rechtfertigt sich Frau Huber vor dem Richter. Für den Auftritt vor Gericht hat sie ihr bestes Kostüm angezogen, schwarz mit goldenen Blumen, dazu eine Handtasche aus Krokodilleder-Imitat, an den Füssen schwarze Ballerinas. «Ich habe zwar ein Verbrechen begangen», sagt sie, «aber ich

bin keine Verbrecherin, ich war dumm.» Verschämt rückt sie ihre goldene Brille zurecht. Eine Bekannte öffnete ihr schliesslich die Türe ins Drogenbusiness. Sie bot ihr als Übergabeort ihre Wohnung in einer übel beleumdeten Strasse im Zürcher Kreis 4 an. Die ersten zwei Deals brachte Frau Huber mit Erfolg über die Bühne. Sie konnte 100 Franken in ihr Portemonnaie stecken. Der dritte Deal, rund acht Gramm, brachte sogar 400 Franken ein. Doch die Freude war von kurzer Dauer, denn die Polizei nahm den Käufer draussen auf der Strasse fest, und der führte sie direkt zu Frau Huber. Statt eines Lebens in Saus und Braus brachte ihr der Nebenjob 33 Tage Untersuchungshaft ein. Frau Huber – der Anwalt streicht es mehrfach heraus – hat von Beginn weg ein umfassendes Geständnis geliefert. «Die Misere hat mich schwach gemacht», ergänzt Frau Huber zerknirscht. «Aber es war mir eine Lehre.» Der Richter ist frühlingsmilde gestimmt. Ob sie die Drogen tatsächlich im Abfall gefunden habe, sei mal dahingestellt. Und wie viel sie letztlich verkauft habe, fünf oder acht Gramm, «das macht den Braten auch nicht mehr feiss, auf gut Züritütsch gesagt». Es bleibt bei der vom Staatsanwalt beantragten 13-monatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung sowie einer Busse von 500 Franken. «Halten Sie sich nie mehr in dubiosen Wohnungen auf», rät ihr der Richter väterlich. Sie solle sich Freundinnen suchen, die keinen Kontakt zu Drogensüchtigen pflegten. «Überhaupt: Hände weg von Drogen!» Frau Huber nimmt den Tipp dankend an. * Name geändert ISABELLA SEEMANN (ISEE@GMX.CH) ILLUSTRATION: PRISKA WENGER (PRISKAWENGER@GMX.CH) SURPRISE 274 /12


Nachtleben Der Schlaf der Selbstgerechten In den Schweizer Innenstädten tobt der Kampf zwischen dem Partyvolk und ruhebedürftigen Anwohnern. Das sture Beharren auf den eigenen Bedürfnissen macht unsere Städte kaputt.

Seit Kurzem gibt es in meiner Nachbarschaft einen neuen Club. Seither höre ich im Schlafzimmer dröhnende Bässe und Besoffene, die auf dem Heimweg noch schnell unter meinen Balkon pissen. Diese Rücksichtslosigkeit regt mich grausam auf. Soll ich die Polizei rufen und wegen Nachtruhestörung klagen? Ich bin nicht der Einzige, der sich an Wochenenden diese Frage stellt. Denn in den urbanen Zentren grenzen Büros an Läden und Clubs an Wohnungen. Schon immer ergaben sich daraus Nutzungskonflikte, doch in jüngerer Zeit werden diese, wie Sie im Artikel ab Seite 20 lesen können, immer unerbittlicher geführt. In Zürich muss der Konzertclub Abart Ende Jahr schliessen, weil eine neue Überbauung zahlungskräftige Mieter in die Nachbarschaft bringt, die ihre Ruhe wollen. Das Kugl in St. Gallen steht vor einer ungewissen Zukunft, weil ein einzelner Anwohner – ein Anwalt – mit allen Rechtsmitteln gegen den Club vorgeht. Bereits schliessen musste das Sous Soul in Bern, weil sich eine Nachbarin gestört fühlte. In Basel werden mehrere Buvetten – temporäre Bars am Rheinbord – mit Beschwerden von Anwohnern bombardiert und selbst das gutbürgerliche Militärmusikfestival Tattoo sieht sich mit der Einsprache eines Anwohnerkomitees konfrontiert. Nachtruhe ist ein elementares Bedürfnis. Ausgang und Kultur allerdings auch. Die Kompromissfähigkeit – lange als gutschweizerische Eigenart gehegt – schwindet, die Anspruchshaltung wächst. Die einen wollen die ganze Nacht Party machen und auch draussen lärmen, die anderen schlafen, und zwar am liebsten bei offenem Fenster. Interessanterweise finden sich beide Haltungen gern in ein- und derselben Person: Bin ich in Feierlaune, finde ich die Spassbremsen im Nebenhaus blöde Bünzlis, wenn ich schlafen möchte, sollen die Maismacher gefälligst Ruhe geben. Alles soll immer genauso sein, wie ich es gern hätte.

Nachruf Peter Hässig Im März ist Peter Hässig verstorben. Er gehörte ab 1999 zu den bekanntesten Surprise-Verkäufern in Basel. Lange bot er das Strassenmagazin am Spalenberg an, doch in den letzten Jahren zwang ihn seine Gesundheit immer öfter zur Schonung. Peter Hässig hatte kein einfaches Leben: Physische wie psychische Beschwerden begleiteten ihn lange Jahre. Er kämpfte dagegen an und litt unter den Einschränkungen, denn er hatte trotz seiner Schwierigkeiten ein ausgeprägtes Leistungsdenken. Manchmal wirkte er knurrig und widerborstig – ein bisschen wie eine Stachelbeere. Aber wie so oft verbarg sich auch hinter SURPRISE 274 /12

Dass das nicht geht, ist offensichtlich. Es gibt aber Mitmenschen, die ihre eigenen Bedürfnisse über alles stellen. Die Nachbarin des Sous Soul wohnte schon seit 1997 im selben Bau. Vor vier Jahren zog sie ins Parterre, denn die Wohnung dort schien ihr die schönste im ganzen Haus. Dass nebenan ein Club liegt, wusste sie, den Lärm aber wollte sie nicht ertragen. Weil die Behörden ihren Klagen recht gaben, schaffte es eine einzelne Person, ein traditionelles Ausgangsziel von Hunderten schliessen zu lassen. Im Affekt denkt man: Soll die Tussi doch aufs Land ziehen, wo höchstens Kirchenglocken den Schlaf der Selbstgerechten stören. Und das dortige Jungvolk soll am Wochenende bitteschön bleiben, wo es ist. Denn so sehr der Stadtmensch ein lebendiges Umfeld liebt, das Krakeelen und Kotzen, mit dem die Auswärtigen am Wochenende die Städte heimsuchen, ist nicht das, was er sich unter einem urbanen Lebensgefühl vorstellt. Dummerweise bringt Fronten bauen keine Lösungen. Hier die Erholungsbedürftigen, die alle Rechtsmittel ausschöpfen, dort das Partyvolk, das reklamierende Nachbarn beschimpft und einschüchtert. Vielleicht bin ich ja ein bisschen naiv. Aber ich werde auch das nächste Mal, wenn die Bässe aus dem Club in der Nachbarschaft wummern, nicht die Polizei rufen. Sondern bei Gelegenheit mal vorbeigehen und mit dem Chef ein Bier trinken. Ich erwarte nicht, dass er danach die Anlage abdreht. Aber manchmal schafft ein Gespräch ja gegenseitiges Verständnis. Das wäre ein Anfang. ■

BILD: ZVG

VON RETO ASCHWANDEN

Peters Brummigkeit eine sensible Seele. Er fasste nur schwer Vertrauen zu anderen Menschen, doch wenn er jemanden ins Herz geschlossen hatte, pflegte er die Freundschaft mit Hingabe. In guten Momenten war Peter ein lustiger Kerl, der auch über sich selber lachen konnte und grosszügig Zigaretten verteilte. Und er war ein Geniesser: Unter Surprislern war seine Liebe zu Schwarzwäldertorten legendär. Mit Surprise identifizierte sich Peter stark. 2003 spielte er an der StrassenfussballWM in Graz mit, später wurde er ins Programm SurPlus aufgenommen, in dem regelmässig Verkaufende Ferien- und Krankentaggeld beziehen können. Leider zwangen ihn seine fortschreitenden Krankheiten Anfang Jahr zum Rückzug. Nun hat sein Herz zu schlagen aufgehört. Wir werden Peter vermissen.

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Porträt Die Nachtwächterin Sie begann als Sportjournalistin und präsentierte als Erste nicht nur Resultate, sondern Geschichten. Heute ist Barbara Bürer ganz Ohr, wenn Menschen sich ihre Nöte von der Seele reden. VON MONIKA BETTSCHEN (TEXT) UND ESTHER MICHEL (BILD)

lich sei der Grad an Respekt, den man seinen Gesprächspartnern entgegenbringe, entscheidend für die Qualität. Qualitätsbewusstsein ist der vielseitigen Journalistin auch ausserhalb der Arbeit wichtig. Bürer, die alleine in Rapperswil wohnt, kocht leidenschaftlich gerne, bereitet auch für sich selbst ab und zu mehrgängige Menüs zu und geniesst dazu einen guten Wein. Im Gespräch lässt sie eine tiefe Dankbarkeit durchblicken, während sie von ihren Eltern erzählt, die beide noch leben und sich sehr für die Sendung ihrer Tochter interessieren. Halt findet Barbara Bürer bei Freunden und Familie. Vor allem ihr fünfjähriges Gottenkind lasse sie oft alles um sich herum vergessen. Bürer bemüht sich, nicht darüber nachzudenken, was andere Menschen nach einer Sendung von ihr denken könnten. «Aus diesem Grund vermeide ich es, mich selbst im Internet zu googeln», sagt sie. Warum so viele Leute das Bedürfnis haben, sich in der Öffentlichkeit mitzuteilen, darüber kann die feingliedrige Moderatorin nur mutmassen. «Ich denke, dass ‹nachtwach› ein spezielles Bedürfnis nach Aufmerksamkeit abdeckt, das bei vergleichbaren Angeboten zu kurz kommt», sagt sie, die jedem Anrufenden mit der gleichen unvoreingenommenen Haltung begegnet. Ihr aufmerksamer Blick und ihre angenehme Stimme ebnen den Weg zu Gesprächen über die ganze Bandbreite des Lebens. Auch sie, die erfahrene Journalistin, lernt immer wieder dazu. Dann, wenn Menschen über den Tod reden, darüber auch, wie sie von Angehörigen Abschied nehmen. Und bei «nachtwach» melden sich viele Leute, die Schlimmes durchgemacht haben. Von Selbstmord ist manchmal die Rede, von Missbrauch, Gewalt, Krankheit und Verlust. Mit Blick auf die Sendezeit müsse sie Gespräche auch mal sanft, aber bestimmt abklemmen. Das erfordere Fingerspitzengefühl, aber so seien die Regeln. «Wenn ich spüre, dass jemand stark aufgewühlt ist, biete ich demjenigen an, das Gespräch hinter den Kulissen mit einer Psychologin fortzusetzen.» Sie sei übrigens noch nie von einem Anrufer konkret um

Es ist Dienstag, später Nachmittag. Die hohen Gebäude rund um das Fernsehstudio Leutschenbach werfen bereits lange Schatten. Eine neue Nacht kündigt sich an. Eine Dienstagnacht, in der Tausende von Schlaflosen der Sendung «nachtwach» lauschen werden. Moderatorin Barbara Bürer nimmt seit fünf Jahren live auf SF 1 und DRS 3 Anrufe von Menschen entgegen, die ihre geheimsten Wünsche, Sorgen und Erlebnisse anonym mit einem breiten Publikum teilen möchten. An die 1000 verschiedene Anekdoten sind in dieser Zeit bereits zusammengekommen. «Man könnte meinen, dass man nach so vielen Gesprächen nicht mehr überrascht wird, doch das Gegenteil ist der Fall. Keine Sendung verläuft gleich», begründet Bürer ihre ungebrochene Freude an diesem Format, «was sich uns hier offenbart, ist ein Spiegelbild des Schweizer Alltags in all seiner Banalität, aber auch in all seiner Dramatik.» Sie selbst spricht nicht gerne über sich, sondern hört lieber zu und beobachtet. «Sicher, auch mein Leben ist wie bei jedem Menschen geprägt von Höhen und Tiefen, aber es wurde nicht von derartigen Krisen erschüttert.» Ihr Interesse am Schicksal anderer gründe nicht zwangsläufig auf eigenen Erfahrungen, sagt die 57-jährige Rapperswilerin. Es gründet im Interesse für das menschliche Schicksal. Dass die Moderatorin einst eine der ersten Sportjournalistinnen des Landes war, erstaunt nur auf den ersten Blick. Die engagierte Medienfrau reizte damals in den 80er-Jahren die Herausforderung, in einer von Resultaten geprägten Männerdomäne verstärkt die Menschen zu thematisieren: «Ich stellte vermehrt auch die Verlierer in den Mittelpunkt meiner Arbeit.» Damit leistete Barbara Bürer Pionierarbeit, denn dank ihrem Ansatz kam es in der Schweizer Sportberichterstattung zu einer Wende hin zu mehr Hintergrundgeschichten. Bewegung hat im Leben von Bürer schon immer eine zentrale Rolle gespielt. Als Kind wollte sie entweder Tennisspielerin, Schauspielerin oder Sportlehrerin werden. Das Interesse am Sport blieb ihr ständiger Begleiter. Und als eis«Jede journalistische Arbeit ist darauf ausgerichtet, die hockeybegeisterte Rapperswilerin ist sie selbstNeugier des Publikums zu befriedigen.» verständlich ein Fan der «Lakers». Im Gespräch vollzieht sie gerne wendige Gedankensprünge. Routine, Stillstand und Eintönigkeit sind ihr zuwider, auch im Denken. Rat gefragt worden. «Das Publikum hat den Zweck der Sendung von AnSie brauche genügend Freiraum, um sich wohlzufühlen, sagt sie: ähnlich fang an richtig verstanden. ‹nachtwach› ist kein Therapie-Talk, sondern wie eine Katze. eine Sendung, in der man eine kleine Sequenz aus seinem Leben erBevor Bürer 2007 angefragt wurde, ob sie «nachtwach» übernehmen zählt», hält Barbara Bürer fest. möchte, arbeitete sie unter anderem für die «Zeit», das «Magazin» und Und welche Kapitel stehen im Leben der Moderatorin noch an? Vielfür Schweizer Radio DRS. 1996 erhielt sie für eine Serie über das Leben leicht ein Buch. Ideen gäbe es genug. Und so oder so möchte Barbara einer alten Frau im Altersheim den Berner Medienpreis für LokaljourBürer auch weiterhin «nachtwach»-Geschichten hören. «Manchmal nalismus. Der Vorwurf des plumpen Voyeurismus, mit dem die Sendung kann man sich sogar richtig in einzelne Stimmen verlieben», lächelt sie «nachtwach» auch schon konfrontiert wurde, greift aus Sicht der sensiund ihre hellen Augen leuchten. Draussen setzt die Dämmerung ein. blen Moderatorin zu kurz. «Jede journalistische Arbeit, selbst ein verNur noch wenige Stunden bis Sendebeginn. Nur noch wenige Stunden, gleichsweise nüchternes Wirtschaftsporträt, ist darauf ausgerichtet, die bis die Nachtwächterin all jene in Empfang nehmen wird, die keinen Neugier des Publikums zu befriedigen», findet Barbara Bürer. LetztendSchlaf finden, während ringsum im Land die Lichter ausgehen. ■ SURPRISE 274 /12

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Mara und Livio, das «Präsidenten-Pärchen» des Kinderparlaments.

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Mitbestimmung Kinder machen ernst Im Kinderparlament Luzern kämpfen Kinder für den Erhalt von Spielplätzen, die Förderung des Veloverkehrs und kindergerechte Schwimmbäder. Und gegen das Vorurteil, dass ernsthafte Politik nichts für sie sei.

VON FLORIAN BLUMER (TEXT) UND HANSUELI SCHÄRER (BILDER)

Mittwochnachmittag, 14.20 Uhr, ein Konferenzraum mit Beamer und weissen Kippvorhängen im brandneuen Fussballstadion des FC Luzern. In ein paar Stunden wird hier der FCL, der um den zweiten Platz in der Super League kämpft, eine Pressekonferenz abhalten. Erstmal sind aber die Kinder an der Reihe. Ihnen geht es nicht um Spiel, sondern um Politik. Sie kämpfen um die Durchsetzung ihrer Rechte. Heute trifft sich das Kinderparlament der Stadt Luzern (Kipa) zur Budgetsession. Nach und nach treffen die «Kipas», wie sich die Nachwuchspolitiker selber nennen, ein, begleitet von Eltern, die sich dann wieder verabschieden, oder gemeinsam mit der besten Freundin oder dem Brüderchen. Kleine und schon recht grosse sind darunter – Kinder von acht bis 14 können mitmachen –, Luzernerdeutsch ist zu hören, natürlich, aber auch Hochdeutsch, Albanischdeutsch oder Tamilischdeutsch. Einige nehmen Platz und warten ganz ruhig, bis es losgeht. Andere üben sich demonstrativ im Beatboxen oder tuscheln über Fussball («… dä isch im Fall FCB-Fän …»). Mara und Livio, beide 13, bilden das Co-Präsidium und haben bereits hinter den zwei Mikrofonen Platz genommen. Vor ihnen stehen ein Sparschwein, ein Spielzeug-Bautruck und eine Tischbombe, die Symbole für das Budgetteam, das Bauteam und das Funteam. Daneben sitzt der Plüschaffe, der jeweils demjenigen übergeben wird, der das Wort ergreifen möchte – als Zeichen, dass nun er und niemand anders sprechen darf. In der vordersten Reihe haben drei TeenieMädchen Platz genommen, eine von ihnen versucht Mara aufzuziehen, indem sie mit den Fingern ein Herz in Richtung «Präsidentenpärchen» andeutet – obwohl doch deren Beziehung eine rein geschäftlich-politische ist.

Finanzteam die Jahresrechnung. Sie berichtet trocken von Übertrag, Einnahmen und Ausgaben, die Kipas im Saal hören gebannt zu. Als Visualisierung der Budgetrechnung steht ein «Budget-Zug» vor dem Rednerpult, ein Spielzeugzug aus Holz, dessen Wagen mit den einzelnen Budgetposten beschriftet sind. Darauf liegen unterschiedlich viele Klötzchen, jedes steht für 500 Franken. Julia, die ihre Haare zu afrikanischen Zöpfchen geflochten hat, erklärt nach der Session: «Mich interessieren Finanzen, ich habe gerne Mathi.» Sie mache beim Kipa mit, «weils cool ist». Die Bemühungen, Kinder vermehrt in politische Entscheidungen einzubeziehen, setzten in der Schweiz Anfang der 90er-Jahre ein. Seit der Ratifizierung der UNO-Kinderrechtskonvention im Jahr 1989 sind die Kantone und Gemeinden verpflichtet, der UNO Bericht über die Schaf-

«Mich interessieren Finanzen. Ich habe gerne Mathi.»

Pädagogisch wertvolle Rechte Um 14.45 klingelt Livio im Stil des Nationalratspräsidenten mit dem Glöckchen. Es wird augenblicklich still im Raum. Livio heisst die Anwesenden, rund 50 Kinder, drei Medienleute und einen «Kipa-Götti» aus dem «Erwachsenenparlament» herzlich willkommen und sagt, er freue sich, an einem «so coolen Ort» die heutige Session abhalten zu können. Dann geht es auch gleich zur Sache. Als Erstes verliest Livio Informationen aus dem Präsidium: «Info Budgetsituation: Die SVP hat das aktuelle Budget der Stadt nicht akzeptiert und das Referendum ergriffen. Das heisst, das Kipa bekommt die 20 000 Franken von der Stadt im Moment nicht. Das Volk stimmt im Mai darüber ab. Wir hoffen, dass die Abstimmung angenommen wird, bis dahin müssen wir halt ohne das Geld auskommen.» Dann gibt es Informationen aus den verschiedenen Teams, wie die Kommissionen im Kipa heissen. Als Erstes präsentiert Julia (11) vom SURPRISE 274 /12

Julia (11) fung von Partizipationsmöglichkeiten für Kinder zu erstatten. Luzern war die erste Stadt, die daraufhin ein Kinderparlament einrichtete. Doch: Ist so etwas kindergerecht? Braucht es nicht eher spielerischere Formen? Walter Mathis, Gründer des Kipa, verneint vehement: «Pädagogisch wertvoll ist es, wenn Kinder verbriefte Rechte haben. Parlament kommt von parlare, also sprechen; spielen können die Kinder im Kindergarten und in der Spielgruppe.» Tatsächlich erschienen bereits zur ersten Sitzung 1993 rund 400 Teilnehmer – viermal mehr als erwartet. Bei den Kindern sei die Idee sofort auf grosse Begeisterung gestossen, sagt Mathis. Nicht so bei den Erwachsenen: Viele hätten Mühe mit den konkreten Rechten gehabt, die Kindern nun schwarz auf weiss zugestanden wurden. Im Falle des Kipa umfassen diese eine Auskunftspflicht seitens der Regierung und der Behörden, die Kompetenz, selbständig über das Budget von 20 000 Franken zu verfügen, und das Recht, Postulate zu formulieren, die dann im Stadtparlament, dem Grossen Stadtrat, traktandiert und behandelt werden müssen. An der heutigen Budgetsession erhält als Nächstes der Schülerrat Moosmatt das Wort. Die Schulhausvertreter eröffnen ihren Antrag mit einer Menschenpyramide – die von den Kipas heftig beklatscht wird. Dann halten zwei Mädchen ein grosses selbstgezeichnetes Plakat mit einem Zirkuszelt hoch. Ein Junge erklärt, in nicht ganz akzentfreiem, aber gut verständlichem Schweizerdeutsch, dass sie eine Projektwoche haben und dazu einen Zirkus einladen wollen. Dafür bräuchten sie 500 Franken vom Kinderparlament. Co-Präsidentin Mara (13) lässt Rückfragen klären und fragt dann das Plenum nach Gegenanträgen, also ob «jemand mehr oder weniger geben» wolle. Dies ist nicht der Fall. Also wird zur Abstimmung geschritten: Mara erklärt noch einmal das Prozedere –

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«Man kann den Clown machen, jonglieren, zaubern …» Schülerrätinnen werben für einen Beitrag an ihren Schulzirkus.

bäder ins Visier genommen. Stellungnahmen werden ausgearbeitet und wer dafür ist, bleibt sitzen, wer dagegen ist, steht auf –, dann wird abTreffen mit Velospezialisten und der Polizei sind vereinbart. gestimmt. Alle bleiben sitzen, das Schulhaus Moosmatt darf sich auf einen Zirkus freuen. Genauso glatt geht auch der nächste Antrag des «Saure Zitrone» für die SVP Schülerrats Wartegg über die Bühne, ein Pausenkiosk mit «Früchten und Die politische Einmischung der Kinder kommt insbesondere bei der vor den Ferien etwas Süssem». SVP Stadt Luzern nicht gut an. Bei den einen heisst es, man habe auf der Nicht immer werden die Anträge so reibungslos durchgewinkt oder Suche nach Sparmöglichkeiten den Budgetposten des Kipa gefunden, den eben durchgesessen, erklärt Kipa-Götti Philipp Federer nach der Sesman als unnötig erachte. Andere haben sich über Postulate oder «Saure sion. Der Ex-Grüne, heute parteilose Federer ist der treuste der Göttis, Zitronen» geärgert. Letzteres ist der Negativpreis für Kinderunfreundlicher fehlt bei keiner Session. Die Göttis der anderen Parteien kommen meist nur als Stimmenzähler an die Wahlsession, die SVP hat gar keinen gestellt. Federer «Ich finde Budgets wichtig. Mir gefällt, dass man viele erläutert, dass manchmal zwei, drei dominanIdeen einbringen und Geld für Sinnvolles einsetzen kann.» te Buben die Stimmung zum Kippen bringen Adrian («8 ¾») könnten. Es sei auch schon vorgekommen, dass Anträge abgelehnt wurden, weil Einzelne keit, den das Kipa alljährlich zusammen mit dem positiven Preis, dem sich fragten, warum die anderen Geld bekommen sollen, aber sie nicht – Lollipop, vergibt. Die Polizei hat ihn schon erhalten, weil sie aus Sparobwohl sie selber sich gar nicht um ein Projekt bemüht hatten. Stadtgründen den Verkehrsunterricht reduzierte. Oder eben die SVP im Jahr parlamentarier Federer: «Da können die Kinderparlamentarier sein wie 1999, als Quittung für einen Vorstoss zur Abschaffung des Kipa. Das Kindie Erwachsenen.» derparlament habe zwar «drfür und drwider», meint ein SVP-Vertreter, Doch heute herrscht grosse Harmonie im Kipa. Auch das Budget aber gewisse Entscheidungen seien für Erwachsene nicht nachvollziehwird – ganz anders als bei den Grossen – einstimmig angenommen, bar und es scheine ihm, da seien die Kinder einfach schlecht geführt. diesmal per Aufstehen und nach hinten gehen. Es folgen weitere Infos Genau das, die Steuerung von Entscheiden, sei eben nicht im Sinne aus den Teams: Die Kiz-Reporter werden das Kipa-Magazin, den «Kizder Institution Kipa, sagt Miriam Scammacca, die Leiterin des Luzerner Blitz», dieses Jahr, wie vom Plenum beschlossen, nur zwei statt drei Mal Kinderparlaments, bestimmt: «Ich zeige den Kindern manchmal auf, herausgeben, um das Budget zu schonen. Das Bauteam berichtet von welche Konsequenzen etwas haben kann, aber die Entscheidungen den Fortschritten des Projekts Skaterpark auf dem Schulplatz Maihof überlasse ich ihnen.» So kam es auch, dass die SVP die saure Zitrone und die Stadtdetektive haben auf ihrer Suche nach Kinderunfreundlich2007 gleich zum zweiten Mal verliehen bekam, diesmal für die Schäfkeit in der Stadt den Veloverkehr, das neue Hallenbad und die Aussen-

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Einigkeit in der Gruppendiskussion: Für den Erhalt von Spielplätzen muss die Stadt Geld in die Hand nehmen.

Kipa-Leiterin Scammacca, Gründer Mathis und Götti Federer sagen chenkampagne. Scammacca liess für einmal doch deutlich durchalle, dass in ihren Augen Kinder nicht grundsätzlich anders politisieren blicken, dass sie es für keine gute Idee hält, den Preis zweimal an diese als Erwachsene. Mathis meint, sie seien weder konsensorientierter noch Adresse zu vergeben. Die Kipas blieben hart: In der Debatte wurde arsozialer, «auch sie verfolgen eigene Interessen». Doch alle drei betonen, gumentiert, dass ja der Grund ein anderer sei und der Preis zudem diedass Kinder etwas spontaner politisieren, da sie noch nicht partei- und ses Mal nicht an die SVP Luzern, sondern an die SVP Schweiz ginge. interessengebunden sind wie die Erwachsenen. Scammacca erklärt, Zum Schluss der heutigen Session kommt ein Anliegen auf den Tisch, dass sie nicht über «Erwachsenenpolitik» debattieren, sondern über die das ganz offensichtlich den Nerv der Kinderparlamentarier trifft. Aus der Dinge, die in ihrem Alltag wichtig sind: Schulweg, Grünflächen, Verkehr Elefantenrunde, dem Gremium, das sich aus Vertretern aller Teams zuusw. Dies ergebe zwar manchmal automatisch eine Nähe zu grünen Ansammensetzt, bringt Mara folgenden Antrag ein: «Letztes Jahr sagten uns zwei Kinder, dass im Schulhaus Geissenstein eine kaputte Rutsche nicht ersetzt worden «So muss ich den Mittwochnachmittag nicht vor dem ist. Wir haben die Stadtgärtnerei gefragt und Fernseher verbringen.» Jessica (10) sie sagten uns, sie könnten nichts machen, weil ihnen das Budget gekürzt worden sei. Wir liegen, doch von ihren Ansichten her sei das ganze politische Spektrum finden: Gute Spiel- und Pausenplätze sind besonders wichtig, die Stadt vertreten – bis hin zur SVP. So kandidierte der ehemalige Kipa-Co-Präsollte dort nicht sparen.» Mara fordert die Kipas auf, in Sechsergruppen sident Vincenz Zinner letztes Jahr auf der Liste der Jungen SVP Luzern darüber zu diskutieren. Sofort kommt Bewegung in den Saal, einige ranfür den Nationalrat. geln miteinander, der Lärmpegel steigt. Doch nach und nach finden die Und die Pläne des aktuellen «Präsidentenpärchens»? Mara, seit der Gruppen zusammen und nach einer knappen Viertelstunde präsentiert ersten Klasse beim Kipa dabei, fünf Jahre lang Mitglied der Elefantenje ein Vertreter die Ergebnisse. Die Voten sind eindeutig: Spielplätze sind runde und nun im zweiten Jahr Co-Präsidentin, meint, sie wolle «eher wichtig, hier muss man sich für Kinderfreundlichkeit einsetzen. Der Entnicht» in der Politik bleiben: «Ich habe das Gefühl, dass es bei den Erscheid für das Postulat fällt einstimmig. Damit macht das Kipa zum wachsenen völlig anders ist, dass es um andere Themen geht.» Livios zwölften Mal in seiner knapp 20-jährigen Geschichte von diesem Recht Gebrauch. Scammacca betont, dass die Kipas mit dem machtvollen InAntwort dagegen kommt wie aus der Pistole geschossen: «Ja, sicher, auf strument des Postulats sparsam umgehen und es in der Regel erst in letzjeden Fall!» Für eine Partei hat er sich noch nicht entschieden, er weiss ter Instanz einsetzen. Nach rund eineinhalb Stunden ist die heutige Sesnur, dass es keine linke sein wird: «Mir sind Themen wie Ökologie schon sion beendet und es geht hinauf in die VIP-Lounge zum grossen Osterauch wichtig, aber einfach nicht so extrem.» Ob er Bundesrat werden spiel, einem Postenlauf durch die Zuschauerränge des Stadions. wolle? «Warum nicht? Auf jeden Fall etwas Hohes.» ■ SURPRISE 274 /12

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Social Media Wenn die Netzgemeinde zwitschert Facebook und Twitter werden zu Kampfzonen der Informationsgesellschaft. Sekundenschnell verbreiten sich Gerüchte via Social Media rund um die Welt. Damit werden Revolutionen gestartet, Wirtschaftskriege geführt – und manchmal überholt das Internet die Wirklichkeit.

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VON CHRISTOF MOSER

Die Nachricht, die keine war, startete ihre Weltkarriere am 27. Februar 2011 und platzte mitten in die Unruhen im Mittelmeerraum. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hatte aufgrund der anhaltenden Gewalt in Libyen gleichentags einstimmig Sanktionen gegen das Regime von Muammar al-Gadhafi beschlossen. In Tunesien musste Ministerpräsident Mohamed Ghannouchi nach heftigen Protesten gegen seine Übergangsregierung zurücktreten. Wer als Diktator in diesen Tagen noch in Amt und Unwürden war, bekam es langsam mit der Angst zu tun. Das war der fruchtbare Boden, auf den die angeblichen «Breaking News» fielen, die in diesen Tagen seltsamste Blüten trieben. Der saudische König Abdullah bin Abdul Aziz al-Saud wolle für 150 Milliarden Dollar Facebook kaufen und das Social-Media-Portal dann sogleich vom Netz nehmen, um Unruhen in seinem Land zu verhindern, zwitscherte die Website Dawnwire.com. Nicht ohne Hinweis, dass es sich dabei um eine Jux-Meldung handle – was allerdings alle übersahen. Innert Stunden wurde die Nachricht 25 000 Mal via Facebook geteilt, 3000 Twitter-Nachrichten thematisierten die angebliche Konterrevolution der Öl-Diktatur im persischen Golf. Als dann auch etablierte Medien in Ägypten, Libyen und Tunesien die Meldung prominent auf ihren Websites platzierten und selbst US-amerikanische Journalisten Facebook mit Anfragen eindeckten, sah sich der Google-Manager und inzwischen weltweit bekannte ägyptische Revolutionsaktivist Wael Ghonim, der hinter dem Jux steckte, genötigt, die Nachricht zu korrigieren. Auf Twitter schrieb er: «Einige Journalisten brauchen ernsthaften Nachhilfeunterricht.»

sechsmal so viel schreiben. Umso aufmerksamer liest der Staat mit. Am 27. März begannen die chinesischen Behörden damit, 210 000 «Weibo»Tweets zu löschen, die verbreitet hatten, in der Hauptstadt Peking seien Militärfahrzeuge aufgefahren. Von einem Putsch war die Rede. Sechs Personen wurden festgenommen, 41 Websites geschlossen. Ein Behördenvertreter liess verlauten, die Gerüchte seien «bösartige Tumore». Die Blogger schlugen zurück: «Das Gerücht von gestern ist die Wahrheit von heute.» Mit Gerüchten 2.0 in den Wirtschaftskrieg Hintergrund der Putschmeldungen war der Sturz des Spitzenpolitikers Bo Xilai und der «dringende Mordverdacht» gegen dessen Frau, die in der rasanten Entwicklung der chinesischen Internetöffentlichkeit ein neues Kapitel aufgeschlagen haben. Noch während die Behörden Putschgerüchte zensierten, sickerten auf «Weibo» plötzlich Details des Machtkampfs in der kommunistischen Führung durch, die allesamt den aufstrebenden Funktionär Xilai, der ein Gegenspieler des Premiers Wen Jiabao ist, in ein schlechtes Licht rückten. Chinesische Blogger vermuten dahinter eine offensive Gegenstrategie der Behörden: Statt einen letztlich aussichtslosen Kampf gegen die Putschgerüchte zu führen, streut der Staat selber gezielt Indiskretionen. «Alles ist von offizieller Seite gesteuert», schreibt der bekannte chinesische Blogger Michael Anti auf seiner Website. Die chinesische Führung zensiere das Internet nicht nur, sie nutze es auch, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Die Regierung eröffne dafür eigene «Weibo»-Konten und engagierte Firmen, zu deren Dienstleistung gehörte, Propaganda zu verbreiten. «Wenn es in China mal ein Fenster der Meinungsfreiheit gibt, dann ist das Absicht», schreibt Anti. Wer heute im chinesischen Web nach dem abgesetzten Xilai sucht, stösst kaum auf Ergebnisse: Es gibt ihn offiziell nicht mehr. Auch in der Wirtschaft werden gezielte Falschmeldungen eingesetzt, und wie in der Politik können sie dank Social Media heute ungeahntes Potenzial entfalten. Gerüchte bewegen die Börsenkurse, entscheiden

Information als Schnellfeuerwaffe Selbst jene, die professionell mit Informationen umgehen, Journalisten also, sind der wachsenden Informationsflut im Internet kaum noch gewachsen. Was ist Nachricht, was Gerücht? Via Facebook und Twitter verbreitet sich jede Meldung, ob wahr oder falsch, in Sekundenschnelle rund um den Globus. Eher selten ist der Hinweis, dass es sich bei einer Nachricht um einen Am Morgen bloggt einer, die Bank of America brauche Jux handelt, in der Internetfachsprache «Hoax» genannt, dessen ungeprüfte Weiterverbrei200 Milliarden, am Mittag bringt ein Finanzsender die tung Journalisten dann gerne mit Zeitnot entMeldung – und dann stürzen die Kurse ab. schuldigen, die letztlich aber simpler Ausdruck von Unprofessionalität ist. Häufiger sind über Gewinne oder Verluste – auch das war schon immer so. Als im gezielte Desinformationen. Bewusst gestreute Falschmeldungen waren Sommer 2010 mitten in der Finanzkrise via SMS, Facebook und Twitter schon vor dem Internet Feinde des Journalismus. Neu ist jedoch deren das Gerücht gezwitschert wurde, «zuverlässige Quellen» würden berasante Verbreitung ohne Zutun etablierter Massenmedien. Dass auch richten, dass die Banco Comercial Portugês (BCP) kurz vor dem Zumit Gerüchten in Social Media Politik gemacht werden kann, zeigte sich sammenbruch stehe und die Nationalbank eingreifen müsse, zeigte jüngst in einer Affäre, die den chinesischen Machtzirkel der kommunissich, wie schnell daraus im Internetzeitalter ernste Probleme entstehen tischen Partei durchgewirbelt hat. können. Der Börsenkurs des Finanzinstituts sackte ab, die Portugiesen «Putschgerüchte: China verschärft Internetzensur», meldeten die begannen, ihr Geld von den Konten abzuziehen. Das Gerücht war drauf internationalen Medien Ende März. Während dreier Tage konnten die und dran, sich zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung zu entwickeln. 300 Millionen Nutzer des Kurznachrichtendiensts «Weibo», die täglich Die Bank reagierte mit einer Strafanzeige gegen Unbekannt, Finanzmi200 Millionen Nachrichten durchs abgeschottete chinesische Internet janister Teixeira dos Santos bezeichnete die Streuung der Gerüchte als gen und immer mit staatlicher Zensur rechnen müssen, nur noch ein«kriminelle Handlung», die der Wirtschaft des Landes insgesamt Schageschränkt kommunizieren. «Weibo» ist die chinesische Konkurrenz zu den zufüge. Twitter, das in China ebenso wie Facebook und Youtube gesperrt ist, und Welche Hebelkräfte sich im Internet in einer Wirtschaftswelt ent«Weibo» ist noch mehr Nachrichtenkanal als sein westliches Pendant: wickeln können, in denen die Märkte sekundenschnell und höchst voAnders als in den auf 140 Zeichen beschränkten Twitter-Nachrichten latil auf Nachrichten reagieren, zeigt das Beispiel des US-Bloggers und lässt sich mit den chinesischen Schriftzeichen bei «Weibo» drei- bis SURPRISE 274 /12

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Dead or alive? Jon Bon Jovi wurde in Blogs für tot erklärt, erfreut sich aber bester Gesundheit.

früheren Bankenanalysten Henry Blodget, der an einem Dienstagmorgen im Sommer 2011 in seinem Blog die Nachricht verbreitete, die Bank of America brauche 200 Milliarden Dollar frisches Kapital, sonst drohe der Kollaps. Am Mittag lief die Meldung bereits über den Finanzsender Bloomberg-TV. Die Aktienkurse stürzten ab, Spekulant Warren Buffett stieg als Retter ein, sorgte dafür, dass seine Finanzspritze publik wurde – und verdiente damit am ersten Tag eine Milliarde. Die Bank hatte die Spekulationen vergeblich zurückgewiesen. Internetexperten und Juristen stellen eine rasante Zunahme von sogenanntem «Wettbewerbs-Mobbing» im Internet fest, Meldungen also, die nur das Ziel haben, auf sozialen Netzwerken und Videoplattformen wie Youtube Konkurrenten zu schädigen. Es werden diffamierende Gerüchte über die Produktequalität gestreut, Facebook-Gruppen eröffnet – alles mit der Absicht, unwahre und geschäftsschädigende Nachrichten zu verbreiten oder eben: abzukassieren. Banken sind besonders angreifbar, und kleine Firmen können damit ruiniert werden. Aber der Kapitalismus wäre nicht der Kapitalismus, gäbe es nicht Firmen, die sich darauf spezialisiert haben, Gerüchte zu streuen, und andere Firmen, die anbieten, sie zu bekämpfen.

sie bereits weit verbreitet. Gerne werden sie damit beauftragt, in Foren und Social-Media-Portalen berechtigte Klagen von Kunden nachträglich zu schönen oder Kritik von Natur- und Menschenrechtsorganisationen an problematischem Profitgebaren als Gerüchte zu diffamieren. Was ist Nachricht, was Gerücht, was Gegengerücht? In der Welt des People-Journalismus, der über Stars und Sternchen berichtet, ist dieser Unterschied längst nicht mehr feststellbar. Vier Tage vor Weihnachten 2011 ging die Falschmeldung um die Welt, US-Rockstar Jon Bon Jovi sei gestorben. Als auch Medien über seinen Tod zu spekulieren begannen, meldete sich der Sänger auf seiner Facebook-Seite mit einem Foto, das ihn vor einem Weihnachtsbaum zeigte. In den Händen

China zensiert das Internet nicht nur, sondern streut über spezialisierte Propagandisten auch gezielt Gerüchte.

In der Gerüchteküche Im Kampf gegen derartige Falschmeldungen ist der Grat zwischen berechtigten und propagandistischen Gegenmassnahmen äusserst schmal. In der Schweiz sind Online-Trendmonitoring-Firmen, die im Auftrag ihrer Kunden im Internet Gerüchte aufspüren und auch gleich bekämpfen, eine gerade erst entstehende Branche. Im englischen Sprachraum sind

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hielt er ein Schild, auf dem geschrieben stand: «Der Himmel hat eine grosse Ähnlichkeit mit New Jersey. Seid versichert: Jon lebt und es geht ihm gut.» Von der Wirklichkeit bestätigt wurde dagegen die Meldung des US-amerikanischen Klatschportals TMZ.com zum Tod Michael Jacksons. TMZ.com hat das Verbreiten von Gerüchten zu seinem Geschäftsmodell gemacht hat und bietet Informanten «Top-Honorare» für die neusten Geschichten. Im Falle von Michael Jackson führte dies dazu, dass die Welt exklusiv auf diesem Portal von dessen Tod erfuhr – Minuten, bevor der King of Pop offiziellen Angaben gemäss tatsächlich tot war. Manchmal ist das Internet schneller als die Wirklichkeit. ■ SURPRISE 274 /12


Exiltibeter Für die Freiheit der fremden Heimat Rund 4000 Tibeter leben in der Schweiz, die jüngste Generation kennt ihr Heimatland meist nur aus Erzählungen. Dennoch wehren sich viele von ihnen gegen die Unterdrückung durch China. Über Ostern trafen sie sich in Einsiedeln.

VON MANUELA DONATI (TEXT) UND ROLAND SOLDI (BILDER)

Die farbigen Gebetsfahnen flattern im Wind und heben sich deutlich vom verschneiten Grau des Osterwochenendes ab. Sie sind von Weitem sichtbar und das erste Anzeichen, dass sich die jungen Tibeter Europas in Einsiedeln treffen. Der in der Schweiz gegründete «Verein Tibeter JuSURPRISE 274 /12

gend in Europa (VTJE)» hat zum zweiten Mal zum europäischen Jugendparlament der Tibeter gerufen – 120 junge Menschen zwischen 16 und 40 Jahren sind aus der Schweiz, Frankreich, Norwegen und anderen europäischen Ländern angereist, um gemeinsam einen «action plan» zu verabschieden. Mit diesem wollen sie sich über nationale Grenzen hinaus gemeinsam für ein freies Tibet einsetzen.

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«Junge bringen neue Ideen.» Thubten Wangchen vom tibetischen Exilparlament.

Eine von ihnen ist Norzin-Lhamo Dotschung. Die 24-jährige Jura-Studentin aus dem aargauischen Turgi ist die Präsidentin des VTJE und leitet das Organisationskomitee des Jugendparlaments. Sie ist Schweiz-Tibeterin der dritten Generation. Ihre Muttersprache ist Schweizerdeutsch, Tibetisch spricht sie nur rudimentär. Das Land, aus dem ihre Grosseltern flüchteten, kennt sie nur aus wenigen Erzählungen – Sprachbarrieren und schmerzliche Erinnerungen erschweren einen Austausch. Um zu ihren Wurzeln zu finden, schrieb sie ihre Maturaarbeit über die Flucht ihres Grossvaters. Dennoch, Norzin-Lhamo Dotschung spricht von einem starken Bezug zu Tibet. «Schon als kleines Kind haben mir meine Eltern gesagt, dass wir uns im freien Westen für unsere Landsleute einsetzen müssen», sagt sie. Wie viele andere junge Tibeter begleitete sie ihre Familie schon von Klein auf zu Demonstrationen und Tibetertreffen – selbst im Verein aktiv zu werden, war der nächste logische Schritt. NorzinLhamo Dotschung findet: «Solange Tibet von China besetzt ist, solange China die Menschenrechte verletzt, solange sollte sich jeder Tibeter für sein Land einsetzen.» Mit dieser Motivation widmet sie all ihre Freizeit, die neben dem Studium und dem 20-Prozent-Job in einer Anwaltskanzlei noch bleibt, ihrem Ursprungsland: «Andere sind im Fussballklub, ich habe den Tibeterverein.» Ausserdem stehen beim VTJE nicht nur Sitzungen auf dem Programm, sondern auch viele soziale Aktivitäten wie Benefizkonzerte, Sportanlässe und ein Tibetischsprachkurs. Diese sollen den jungen Tibetern in der Schweiz den Austausch und das Kennenlernen erleichtern – und gleichzeitig werden so auch Kultur und Traditionen erhalten.

In den Gängen des Einsiedler Jugend-Bildungszentrums herrscht eifriges Gewusel: 120 junge Tibeter warten auf die nächste Plenumssitzung. Viele tragen traditionelle Kleidung, die Männer ein Hemd aus festlichem Stoff oder eine Art Kuttenkleid, die Frauen eine farbige Bluse unter einem farbigen bodenlangen Schürzenrock. Dazu tragen sie ganz selbstverständlich lackierte Fingernägel, die neusten Smartphones sowie modische Schuhe, Handtaschen und Frisuren. Gesprochen wird ein Gemisch aus Schweizerdeutsch, Tibetisch und Englisch. Bestens vernetzt Während die meisten ihrer europäischen Freunde, Arbeits- und Studienkollegen das verlängerte Wochenende geniessen, vielleicht feiern oder einfach faulenzen, beschäftigen sich die jungen Tibeter mit ernsten

«China lässt keine unabhängigen Journalisten nach Tibet einreisen. Doch auch in Tibet gibt es mittlerweile Internet und Smartphones.»

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Themen. Zum Beispiel, wie an das 100-Jahr-Jubiläum der Unabhängigkeitserklärung des 13. Dalai Lama erinnert werden soll. Oder wie die Wahl des nächsten chinesischen Staatspräsidenten beeinflusst werden kann. «Für uns ist das normal, Ostern an einem Tibeteranlass zu verbringen», sagt Rigzin Yangshuktsang, ebenfalls Vorstandsmitglied im VTJE. Diesen Termin infrage zu stellen, ist für sie kein Thema. Noch einen Schritt weiter geht Pema Yoko: Die britische Tibeterin ist extra für das Jugendparlament aus London angereist. Für sie ist Einsiedeln «der SURPRISE 274 /12


beter in zwei Welten leben können. In der Kaffeerunde mit ihren Freundinnen erzählt sie, wie viel es ihr bedeute, dass ihr 19-jähriger Sohn Chime am Jugendparlament teilnimmt. Bisher kam er eher selten an Demonstrationen und tibetische Anlässe mit und Lhakpa Sigrist wusste: «Das muss er selbst entscheiden, zwingen kann ich ihn nicht.» Doch nun will sich Chime Sigrist mehr für sein Land einsetzen, und das nicht nur, weil er sich immer mehr für Politik interessiert: «Die Selbstverbrennungen in Tibet haben mich schockiert», sagt er. «In Ägypten brach die Revolution aus, nachdem sich ein Mann angezündet hatte. Dass sich in Tibet immer mehr Menschen das Leben nehmen und auf der politischen Ebene nichts passiert, ist tragisch.»

Tibeterverein statt Fussballklub: Norzin-Lhamo Dotschung.

perfekte Ort, sich auszutauschen und zusammen multilaterale Strategien zu planen». Thubten Wangchen, Mitglied des tibetischen Parlaments im Exil, freut sich über das grosse Engagement der jungen Generation. Mit seiner Präsenz will er sie unterstützen und dem Jugendparlament einen offiziellen Charakter geben. «Die jungen Tibeter bringen neue Ideen. Es ist grossartig, wenn wir diese mit unseren Traditionen verbinden und uns so für unsere Heimat einsetzen können.» In der Tat, an Ideen mangelt es den jungen Tibetern nicht. Dabei fällt besonders auf, wie oft die Worte «Youtube», «Facebook» und «Twitter» fallen. Die junge Generation ist bestens vernetzt und nutzt die sozialen Medien, um in Kontakt zu bleiben und europaweite Kampagnen zu planen. Da dem Internet keine Grenzen gesetzt sind, fällt nun auch der Kontakt nach Tibet leichter. «China lässt keine unabhängigen Journalisten nach Tibet einreisen. Früher war es deshalb schwieriger, an Informationen zu kommen», sagt Norzin-Lhamo Dotschung: «Doch auch in Tibet gibt es mittlerweile Internet und Smartphones.» Osterschokolade im Körbchen Genauso wichtig wie das politische Networking ist der soziale Aspekt des Jugendparlaments. So sind auch viele Tibeter der älteren Generation nach Einsiedeln gekommen. Sie tauschen in der Lobby Neuigkeiten aus – vom viel zu schnell erwachsen gewordenen Sohn bis zu traurigen Geschehnissen aus Tibet – und sind stolz, dass sich ihre Kinder um die Politik von Morgen kümmern. Manche von ihnen setzen sich als Beobachter in die Plenumssitzung, andere lassen sich von ihrem Nachwuchs alles genau erzählen. Unter ihnen ist auch Lhakpa Sigrist. In einem typisch asiatischen, geflochtenen Körbchen hat sie Osterschokolade mitgebracht – ein weiteres kleines Zeichen, wie einfach die TiSURPRISE 274 /12

Grosses Thema Selbstverbrennungen Die vielen Selbstverbrennungen sind für viele Tibeter im Exil ein grosses Thema. Seit 2009 haben sich mehr als 30 Personen auf diese Weise das Leben genommen – ein letzter verzweifelter Protest gegen die Unterdrückung durch China. Friedliche Proteste der Tibeter würden von den Chinesen mit Gewalt beendet, die Lage sei ähnlich angespannt wie vor den Olympischen Spielen 2008, erzählt Norzin-Lhamo Dotschung. «Die Selbstverbrennungen sind ein Zeichen dafür, dass der internationale Druck auf China erhöht werden muss und dass die chinesische Regierung ihre Tibet-Politik ändern muss.» So tragisch die Selbstverbrennungen sind, sie zeigen, wie existenziell das Thema immer noch ist: «Es waren vor allem junge Leute, die sich auf diese Weise geopfert haben. Das beweist, dass auch die Generation der jungen Tibeter in China, die nur die Herrschaft der Chinesen kennt, weiter für ein freies Tibet kämpfen will.» Sonntagabend, 18 Uhr. Das offizielle Programm des Jugendparlaments ist vorbei. Norzin-Lhamo Dotschung hat eben die letzten Worte der Abschlussrede gesprochen. Bevor alle wieder in verschiedene Teile der Schweiz und Europas aufbrechen, wird gemeinsam gegessen und auch ein bisschen gefeiert. Norzin-Lhamo Dotschung ist erschöpft, aber zufrieden. Sie freut sich auf den freien Ostermontag. Doch lange ruhen wird sie nicht. Sie wurde von ihren Vereinsmitgliedern für eine neue Amtsperiode gewählt: In den nächsten zwei Jahren ist sie die Vizepräsidentin des VTJE. Und für die vielen kleinen Schritte in Richtung freies Tibet braucht es viele kleine und grosse Taten, die geplant, organisiert und durchgeführt werden wollen. ■

Tibet und die Schweiz 1950 wurde Tibet von China besetzt. Seitdem herrschen Willkür, Folter sowie politische, religiöse und kulturelle Unterdrückung. 1959 musste Tenzin Gyatso, der 14. Dalai Lama, nach Dharamsala in Indien flüchten, wo seither der Sitz der tibetischen Exilregierung ist. 1989 wurde der Dalai Lama für seinen gewaltlosen Widerstand mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. 2011 hat der Dalai Lama seine politischen Kompetenzen der demokratisch gewählten Führung im Exil übertragen. Er ist aber weiterhin das spirituelle Oberhaupt der Tibeter. Die Schweiz war Anfang der 60er-Jahre eines der ersten westlichen Länder, das in grösserem Umfang tibetische Flüchtlinge aufnahm. Heute leben hierzulande rund 4000 Tibeter – die grösste tibetische Gemeinde in Europa. Viele von ihnen besitzen den Schweizer Pass. In Rikon im Kanton Zürich wurde 1968 das erste tibetische Kloster im Westen eröffnet. Der 1970 gegründete Verein Tibeter Jugend in Europa (VTJE ) hat seinen Sitz in Zürich und zählt heute 400 Mitglieder. Er ist die grösste tibetische Jugendorganisation in Europa. Sie setzt sich mit politischen Kampagnen, Aktionen und Debatten für ihre Anliegen ein. Auch Kontaktpflege und Erhaltung der tibetischen Sprache unter den Mitgliedern gehören zu ihren Zielen. www.vtje.org

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Clubsterben Gute Nacht, Nachtleben Bars und Clubs in den Städten kommen immer mehr unter Druck. Auf der einen Seite steht das Partyvolk, auf der anderen klagen Anwohner über Dreck und Lärm. Und parallel zu den Nutzungskonflikten verdrängt der Kommerz zunehmend die Kultur.

VON RAHEL BUCHER

Seit letztem Sommer ist in Bern der Begriff Clubsterben in aller Munde. Damals drohte der Musikclub Sous-Soul seine Türen zu schliessen – zermürbt vom Clinch mit Behörden und einzelnen Anwohnern. Ende 2011 ging der Traditionsclub dann tatsächlich zu. Ein Eklat, aber doch nur ein erstes Ausrufezeichen in der laufenden Auseinandersetzung um Nachtleben und Clubkultur.

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Im Berner Nachtleben brodelt es schon lange. Das Zusammenspiel von Anwohnern, Clubs und Partygängern ist alles andere als harmonisch. Vor allem in der Innenstadt kommt es zunehmend zu Konflikten. Auch beim Wasserwerk-Club im Berner Mattequartier haben Lärmbeschwerden von Anwohnern zur Senkung der Lärmgrenzwerte geführt – auf eine Lautstärke, die laut Clubbetreibern keinen Konzertbetrieb mehr ermöglicht. Auch sind die Behörden bei der Erteilung von Bewilligungen für verlängerte Öffnungszeiten und Fumoirs strikter geworSURPRISE 274 /12


finden, kurz vor dem Aus. Während in St. Gallen ein Konflikt zwischen den. Das bekamen etwa die Veranstalter der Partys im Kornhausforum Nachbarschaft und Nachtschwärmern schwelt, steht hinter der Schlieszu spüren. sung des Abart ein weiterer Grund für die Verdrängung des Nachtlebens Der Hauptkonflikt liegt in den unterschiedlichen Interessen von Clubaus den Stadtzentren: die Gentrifizierung, die Aufwertung von einst verbetreibern und Partygängern auf der einen und von Anwohnern auf der nachlässigten oder industriell genutzten Stadtteilen. So fällt das Abart anderen Seite. Auf der Pinwand der Facebook-Initiative «Figg di Frou der Aufwertung rund um das Einkaufszentrum Sihlcity zum Opfer. NeMüller», welche sich als Reaktion auf die Entwicklungen in Bern gebildet ben dem Club wird ein neuer Wohn- und Büroblock für eine kaufkräfhat, heisst es über die Clubgegner: «Sie ziehen in die Stadt, in die urbatige Kundschaft eröffnet. Auch Petzi, der Verband Schweizer Musiknen Zentren. Sie ziehen neben deine Lieblingsbar, neben deinen Liebclubs, hat sich in die Diskussion eingeschaltet. Ende 2011 hiess es in lingsclub, neben das Konzertlokal, wo immer die geilsten Bands spielen. einer Medienmitteilung: «Wir plädieren nicht für ein bedingungsloses Schon bald beginnen sie damit, sich zu beschweren. (…) Und weil die Clubleben in der Stadt, sondern für ein friedliches Nebeneinander von Entscheidungsträger in den Behörden eben auch Meier, Bigler, usw. heisKultur, Wohnen und Arbeit. Hierzu ist es notwendig, dass die Clubkulsen, bekommen die Kläger recht! (…)» Das Statement zeigt: Die Enttur als wichtiges Puzzleteil in der Entwicklung der urbanen Gegenden scheidungen der Behörden werden als einseitig wahrgenommen: für die akzeptiert und gefördert und nicht wie jetzt an den Rand gedrängt Anwohner und gegen die Kulturplattformen. Beim Sous-Soul reichte die Klage einer einzigen Anwohnerin, dass es sich im Club ausgetanzt hatte. Ähnliche ErfahrunJe mehr die Partyszene unter Druck gerät, desto stärker gen musste der Club Bonsoir machen. Die wird der Rückzug in den unkontrollierbaren Freiraum. Lärmklage wurde dort auch dann noch weiterverfolgt, als der betroffene Kläger und Anwohwird.» An der Branchenmesse «M4Music» präsentierte Petzi Ende März ner längst aus der Liegenschaft ausgezogen war. Berner Clubbetreiber die Diskussion «Clubsterben oder alles Schall und Rauch». Wortmelkritisieren die Bewilligungspraxis der Behörden als willkürlich und undungen aus dem Publikum machten klar: Um einen Club nachbardurchsichtig. «Am schwierigsten ist für die Clubs die Rechtsunsicherheit. schaftsverträglich zu gestalten, muss für den Lärmschutz richtig Geld in Insbesondere wenn es um die Lärmproblematik geht, fehlt es an klaren die Hand genommen werden. Richtlinien», sagt Diego Dahinden, Betreiber des Kapitel, einem RestauDie Clubkultur ist ihrer Natur gemäss in stetem Wandel. Was heute rant-Club, der erst Ende letztes Jahr seine Türen öffnete und damit ein der letzte Schrei ist, kann morgen schon passé sein. Manche Lokale Gegenbeispiel zum Clubsterben darstellt. müssen schliessen, andere eröffnen neu, so wie das Kapitel in Bern. Müsste also statt von Clubsterben nicht eher von einer Veränderung der Zwischen Museum und Halligalli Clubkultur gesprochen werden? Denn neben klagenden Nachbarn gibt Die Politik wehrt sich gegen die Vorwürfe. Der Berner Gemeinderat es eine weitere, oft weniger beachtete Tendenz, die die Clubkultur beReto Nause (CVP) rechtfertigte das behördliche Vorgehen in einem droht. Der Kommerz. Diego Dahinden: «Mit der Aufwertung der StadtInterview der Zeitung «Der Bund»: «Das Umweltrecht hält fest, dass jezentren geht eine Kommerzialisierung der Clubs einher. Alternative der Anwohner ein Lärmbeschwerderecht hat. Ob er sich über KirProjekte haben es dadurch immer schwieriger.» Noch deutlicher sagt es chenglocken beschwert oder zu laute Musik, spielt keine Rolle.» Das Oliver Zemp, Besitzer des Abart: «Von Clubsterben kann keine Rede Anliegen einer lebendigen Club- und Barlandschaft in der Innenstadt sein. Es geht viel zu, es geht viel auf.» Doch auch er spricht davon, dass wird auch von Jungparteien unterstützt. So schlossen sich junge Polialternative Clubs aufgrund der Kommerzialisierung und des Einheitstiker von links bis rechts im Verein Nachtleben Bern zusammen und breis in der Clublandschaft zugrunde gehen. verlangten vom Gemeinderat ein «klares Bekenntnis zu einem hauptstadtwürdigen, attraktiven Nachtleben». Anfang Dezember 2011 wurGesucht: Freiraum in der Innenstadt de schliesslich die Petition «Pro Nachtleben Bern» – mit über 10 000 Eine Reaktion auf diese Veränderungen sind die illegalen Partys, welUnterschriften – eingereicht. Sie fordert von der Stadt «transparente che in den letzten Jahren zugenommen haben. Sie zeigen, dass aufRahmenbedingungen und klar definierte Auflagen». Im Stadtrat (dem grund der zunehmenden Regulierung das Bedürfnis nach Freiräumen Berner Parlament) sind die Interessenkonflikte zwischen Anwohnersteigt. Gerade der Partybereich macht deutlich: Je mehr Druck entsteht, schaft und Partygängern schon seit Längerem ein Thema. Er diskutiert desto stärker wird der Rückzug in den unkontrollierbaren Freiraum. In nun seit bald zwei Jahren über ein «Konzept Nightlife». Darin sollen Zürich gipfelte die Forderung nach Freiräumen im vergangenen Spätunter anderem bestimmte Zonen und vor allem eindeutige Rahmensommer in Krawallen in der Innenstadt. Kürzlich haben die Zürcher Bebedingungen für das Nachtleben benannt werden. Doch der Gemeindehörden darauf reagiert und eine sogenannte «Jugendbewilligung» lanrat, also die Regierung, gibt sich zögerlich. Stadtpräsident Alexander ciert. Damit sollen junge Erwachsene im Alter von 18 bis 25 Jahren Tschäppät (SP) vertritt die Haltung, dass ein Konzept die konkreten niederschwellig an eine Bewilligung rankommen und legal feiern könProbleme der einzelnen Nachtlokale nicht lösen könne. Gemeinderat nen. Diego Dahinden sieht das nicht als ideale Lösung, sondern vielReto Nause dagegen sieht insbesondere aus stadtplanerischer Sicht mehr als Strategie oder «gute Marketingkampagne für Zürich». Denn mit Handlungsbedarf: «Wir prüfen derzeit, ob es möglich ist, den Ausgang der vermeintlich liberalen Bewilligungspraxis werde eine noch klarere in Berns Stadtplanung einzubeziehen: Denkbar sind Gewerbezonen Trennung von legalen und illegalen Partys und Veranstaltungen genach dem Vorbild des Bahnhofs oder des Wankdorfs, in denen Clubs schaffen. «Alle Veranstaltungen, die nicht regelkonform ablaufen, werrelativ ungestört und wenig störend wirtschaften können.» Mit diesem den dadurch noch stärker kriminalisiert», sagt er. Vorschlag kann Diego Dahinden nicht besonders viel anfangen. «Damit Wahrscheinlich kann man das Bedürfnis nach Freiraum nie umfaswürde man eher Halligalli- und Trinkzonen im Stile der Aarbergergassend befriedigen. Denn hinter jeder behördlichen Erlaubnis steht letztse (berüchtigte Ausgehmeile in der Altstadt, Red.) schaffen», befürchlich ein Kontrollsystem, das dem Freiraum seinen Charakter raubt. Datet er. Viel wichtiger findet er, dass die Innenstadt als Ganzes lebendig bei besteht zwischen Konsumclubs ohne Anspruch und unbewilligten bleibt und nicht zu einer Shoppingmeile oder zu einem Museum Partys am Waldrand ein weites Feld, das als Freiraum genutzt werden verkommt. könnte. Doch dafür bräuchte es statt Geld und Vorschriften Fantasie und Nutzungskonflikte zwischen Partygängern und Anwohnern gibt es einen Austausch zwischen den verschiedenen Akteuren des städtischen nicht nur in Bern. In St. Gallen etwa kämpft der Kugl Club ums ÜberleRaumes. ben und in Zürich steht der Club Abart, in dem vor allem Konzerte statt■ SURPRISE 274 /12

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BILD: ANDREA GANZ

Le mot noir Ratatouille Kürzlich am Strand. «Ratten kochen nicht!», baut sich eine vorlaute Zahnlücke vor mir auf. «Warum denn nicht?», ramme ich den Sonnenschirm in den Sand: «Ratten können viele Dinge.» «Aber nicht kochen!» «Okay, dann Sandwiches schmieren?», überlege ich. «Nein!» «Häschen, das ist ein Trickfilm, okay? Da können Ratten eben kochen.» «Meine Mutter sagt, Ratatouille ist was zum Essen!» «Hilfst du mir mal mit dem Sonnenschirm?», versuche ich es mit Ruhe und Frieden. «Meine Mutter kocht besser!», fläzt sich die Zahnlücke auf ihr Handtuch. «Das weiss ich sogar ganz genau!» «Sie kocht fantastisch», öffne ich mein Buch. «Mindestens so gut wie diese Ratte.» «Aber das steht nicht auf ihrer Liste!», wedelt die Zahnlücke mit einem Zettel. «Sind das die Themen, über die wir reden dürfen?», greife ich danach. «Dann lass mal sehn.

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Ratatouille! Alles im grünen Bereich!», sinke ich wieder in mein Buch. «Warum sterben Menschen eigentlich?», will die Zahnlücke weiter wissen. «Ich bin sicher, dieses Thema behandeln wir nächstes Jahr», wedle ich abwesend mit der Hand. «Aber wir können über die toten Elefanten reden, wenn du willst?» «Nicht schon wieder. Was liest du denn da?», lässt die Zahnlücke nicht locker. «Einen Krimi: Mord und ziemlich spannend.» «Wo sie Frauen in Stücke sägen?» «Und die Teile dann frittieren, ja», versuche ich zu lesen. «Sie frittieren sie, wie die Pommes frites?» «Mhm.» «Tut das nicht weh?» «Mhm, vorher ist es schlimmer.» «Wenn sie sie schneiden, meinst du!» «Mit der Axt zerhacken oder einen Föhn in die volle Badewanne werfen.» «Axt steht da nicht drauf», sucht die Zahnlücke mit dem Finger die Liste ab. «Unter dem Stichwort Krimi vielleicht?», frage ich. «Nein.» «Dann Ratatouille!» «Das ist da drauf.» «Alles bestens», lese ich weiter. «Willst du nicht schwimmen gehen?» «Nein.» «Vielleicht begegnest du dem Weissen Hai?» «Ist das was Gutes?» «Unbedingt», mache ich auf optimistisch. «Nicht viele haben den bisher überlebt. Du könntest einer von ihnen sein.» «Bin ich dann ein Pomme frite?», bleibt die Zahnlücke skeptisch. «Nur, wenn du den Föhn mitnimmst.» «Aber wir haben keinen Föhn da, oder?» «Wir packen ihn morgen ein», lese ich. «Das heisst, wenn er auf der Liste steht.» «Nein, da ist kein F», schüttelt die vor-

laute Zahnlücke den Kopf. «Zeig mal her», lese ich parallel. «Fische, das geht auch.» «Aber Fische können gar nicht kochen!» «Aber sie fressen kleine Zahnlücken», knurre ich. «Das weiss doch jeder. Warum gehst du nicht ins Meer? Das Wasser ist toll!» «Ich will aber nicht ins Wasser!» «Okay dann bauen wir eine Sandburg.» «Nein!» «Gut, worüber willst du sonst reden?», gebe ich mein Buch nun auf. «Weiss nicht, über die Ratte?», schlägt die kleine Zahnlücke vor. «Warum Menschen sterben», entscheide ich. «Das machen wir doch im nächsten Jahr!» «Das ist eigentlich wie Ratatouille.» «Wie wars am Strand?», will meine Freundin Marie später wissen. «Die psychologisch wertvollen Themen haben wir durch», sehe ich müde zur Zahnlücke. «Ja, und morgen sterbe ich mit dem Föhn und der toten Frau wie ein Pomme frite!»

DELIA LENOIR LENOIR@HAPPYSHRIMP.CH ILLUSTRATION: IRENE MEIER (IRENEMEI@GMX.CH) SURPRISE 274 /12


Sonic Traces Wie tönt die Schweiz? Drei Berner durchforsten im Projekt «Sonic Traces: From Switzerland» den Schweizer Musikdschungel – und spüren Blues-Prediger, Jodler und den faszinierenden Klang der Kuhglocke auf.

Was bedeutet es heute, Musiker in der Schweiz zu sein? Wie wichtig ist die lokale Verankerung? Der Berner Musiker und Labelbetreiber Reverend Beat-Man beantwortet diese Fragen so: «Wir Schweizer sind ein raues Bergvolk. Und wir müssen sehr gut sein, um die Leute dort unten in den Städten zu beeindrucken. Diesen Kampfinstinkt habe ich in mir: Ich komme aus einer kleinen Stadt und werde euch etwas zeigen, das ihr noch nie gehört habt», so der «Voodoo-Rhythm»-Trash-Blueser. Beat-Man ist einer von rund 40 Porträtierten, die im Projekt «Sonic Traces: From Switzerland» des Berner Musik- und Kulturvermittlungsnetzwerks Norient zu Wort kommen. Die «akustischen Loipen der Schweiz» führten den Musikethnologen Thomas Burkhalter, den Videokünstler Michael Spahr und den Musikproduzenten Simon Grab zurück in ihre Heimat – nachdem sie in ihrem Projekt «Sonic Traces: From the Arab World» nach neuer Musik im Nahen Osten geforscht und Musiker zu ihrer Verfassung in Zeiten der Globalisierung und Digitalisierung befragt hatten. «Jetzt übertragen wir diese Fragestellung auf die Schweiz und überprüfen damit gleichzeitig unserer Arbeitsweise», so Burkhalter. In Performances vermengen die drei Norient-Netzwerker die Fülle an Interviews, Sounds, Filmaufnahmen und Visuals jeden Abend neu live zu einer audiovisuellen Fallstudie: «Das Resultat ist eine Art LiveDokumentarfilm,» umschreibt es Grab. Die Performances sind jedoch nur ein Teil des interdisziplinären Projekts. Online soll fortlaufend ein Katalog von Porträts Schweizer Musiker entstehen, zudem sind Podcasts und Sendungen auf dem alternativen Berner Lokalradio RaBe in Planung. Auf ihrer Reise durch den Schweizer Musikdschungel besuchten Burkhalter, Spahr und Grab verschwitzte Clubs genauso wie das Eidgenössische Jodlerfest in Interlaken oder die Zürcher Tonhalle. Und holten neben dem DJ Bit-Tuner und den elektronischen Kammermusikanten Tim & Puma Mimi auch den Komponisten Ruedi Häusermann oder Webstuhl-Musikerin Stini Arn vor die Kamera. «Bei der Auswahl der porträtierten Musiker und ihrer Musik haben wir versucht, Perlen aus allen Genres der letzten zehn Jahre herauszupicken,» sagt Burkhalter. Ein facettenreicher Einblick in die Befindlichkeit Schweizer Musikschaffender: Der experimentelle Appenzeller Jodler Noldi Alder befürchtet eine «Touristisierung» der Volksmusik, der Zürcher Soundtüftler und Schlagzeuger Simon Berz empört sich über die ungerechte Verteilung der Fördergelder – «Was das Opernhaus für Förderung erhält und was experimentelle Musik erhält, steht in keinem Verhältnis» – während Cyrill Schläpfer, Regisseur des Musikfilms «UR-Musig», den Klang einer Kuhglocke in den Bergen jederzeit einem künstlich fabrizierten Klang vorzieht. SURPRISE 274 /12

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VON SARAH STÄHLI

Perlen aus allen Genres: Sonic Traces sammelt Schweizer Klänge.

«Fragen zur schweizerischen Identität als Musiker wurden nicht selten erst mal energisch abgelehnt», so Burkhalter: «Die meisten Musiker sehen sich in erster Linie als Musiker und nicht als Schweizer Musiker. Und das Ziel ist so oder so, auch international erfolgreich zu sein.» Norient, dass sei immer auch ein Abenteuer, betont Spahr: «Unsere Exkursionen stecken voller Überraschungen: Dann sitzt man plötzlich in der Agglo beim zehnten Kafi fertig mit dem Schwyzerörgeliquartett Mosibuebä», erinnert sich der Videokünstler. «Volksmusik war mir lange fremd. Ich fühlte mich manchem Musiker aus dem arabischen Raum näher als einem Jodler aus der Schweiz.» Die Vielseitigkeit der Schweizer Volksmusik sei dann auch eine der grössten Überraschungen gewesen. Interessant sei auch gewesen, dass sich die meisten Volksmusiker als Hobbymusiker bezeichneten: «An erster Stelle nannten sie immer ihren gelernten Beruf und dann erst die Musik.» Andreas Ryser, Kopf des Elektroduos Filewile, hingegen beklagt sich, dass er vom Steueramt soeben zum Hobbymusiker degradiert wurde. Zu Wort kommen auch Musiker mit Migrationshintergrund. «Wir wollen mit Sonic Traces weder Werbung machen noch in die Swissness-Ecke gedrängt werden», sagt Grab. «Im besten Fall wollen wir Klischees dekonstruieren und vor allem die Musik sprechen lassen.» Ein eindeutiges Klangbild der Schweiz lasse sich erst recht nicht finden: «Und wenn, dann ein ausgefranstes, eines, das lottert, aber ein sehr dynamisches.» ■ Live-Daten: www.norient.com

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Kulturtipps

Da hat wohl ein Ausserirdischer die Luft abgelassen.

Ein Blick in die deutsche Mittelstandsseele. Von Kamerun aus.

Buch Radlerlatein

DVD Wurzelsuche im Mückenschwarm

In 50 Cartoons spürt der Zeichner Christophe Badoux mit Augenzwinkern den Freuden und Nöten der Generation Bike nach.

Ein französischer Arzt gerät in den Sog einer Entwicklungshilfe absurder Art, die immer mythischere Dimensionen annimmt.

VON CHRISTOPHER ZIMMER

VON PATRICK BÜHLER

Wer glaubt, das Glück der Erde liege auf dem Rücken der Pferde, hat eine wesentliche technische Entwicklung verschlafen. Denn längst hat der moderne Mensch Abschied von den Pferdestärken genommen (wenn auch nicht von den PS), sich auf die eigene Muskelkraft besonnen und dem Drahtesel verschrieben. Immerhin: Der Sattel ist geblieben und vereint so das Paradies der Vergangenheit mit dem Nirwana der Gegenwart. Einer, der sich mit kenntnisreichem Blick der Generation Bike widmet, ist der Cartoonist Christophe Badoux. Seit 2004 hält er seine Eindrücke und Erkenntnisse im Schweizer Velojournal zeichnerisch fest, mit klaren Linien, die sich am Stil des belgischen Comicmeisters Hergé orientieren. Dabei gelingt es Badoux, in ein bis maximal vier Bildern Kurzund Kürzestgeschichten zu erzählen, die nicht nur schräg und witzig, sondern auch erhellend sind. Badoux hat ein feines Gespür für die Nöte und zugleich den Aberwitz der radelnden Bevölkerung, die er mit Augenzwinkern auf Rahmen und Felgen prüft: zerknautschte und zum Kunstobjekt mutierte Sturzvelos, Hightechbikes mit einer Batterie in der Grösse eines Einfamilienhauses, Falträder, die in die Hosentasche passen, oder Kinder auf Holzlaufrollern, die auf der «Tour de bébé» den «Windelschatten» suchen. Höhepunkte bietet auch die humorvolle «Geschichte des Fahrrads». Da hat Gottvater Zeus eine Affäre mit einer Velo-Kentaurin, das Steinzeitgenie scheitert an der noch fehlenden Erfindung des Rades, Hannibals Elefanten rollen auf Zweirädern über die Alpen und das berühmte «Houston, we have a problem!» bekommt beim Aufpumpen des Moonbikes eine ganz neue Bedeutung. Zu Beginn liefert Badoux für alle patriotischen RadlerInnen noch gleich das passende Equipment: So hat etwa das helvetische Velo ein gelüftetes Bankgeheimnis im Pneu, das deutsche Fahrrad eine Hartz-4-Gangschaltung, das französische Bicyclette eine zentralistische Achse, das österreichische Radl eine Mozart-Klingel und das englische Bicycle ein inseltaugliches Nebelrücklicht. Solches und mehr hat Badoux nun in einem Büchlein zusammengefasst, bestes Radlerlatein, das allen VelölerInnen ans Herz gelegt sei – nicht nur, wenn die Speichen blank liegen.

Der deutsche Arzt Dr. Ebbo (Pierre Bokma) leitet ein Schlafkrankheitsprojekt in Afrika. Dafür bekommt er Gelder von der europäischen Union. Seine Frau (Jenny Schily) hat genug von den Jahren in Afrika und zieht mit ihrer Tochter zurück nach Deutschland. Ebbo bleibt zurück und entscheidet sich gegen Ehe, Familie und sein Heimatland, welches ihm fremd geworden ist. Jahre später soll ein junger französischer Arzt (Jean-Christophe Folly) mit kongolesischen Wurzeln das Entwicklungsprojekt von Ebbo evaluieren und versucht, in Kontakt mit ihm zu treten. Mit existenziellen Folgen für beide. Was macht der afrikanische Kontinent aus Menschen, welche aus einem europäischen Kulturkreis kommen und aus unterschiedlichen Motiven mehr oder weniger eigennützig helfen wollen? Dieser Frage geht Ulrich Köhlers («Montag kommen die Fenster») Film in unaufgeregten-ruhigen Bildern nach. So stösst auch der junge französische Arzt an die Grenzen seiner physischen Belastbarkeit durch Krankheit, Hitze und Mückenschwärme; er muss sich schlussendlich fragen, ob das Land, wo seine Wurzeln sind, ihm nicht zu fremd ist, um sich dort zurechtzufinden. Dass gerade ein einziger Patient von der ominösen Schlafkrankheit befallen ist, macht die Evaluation des Entwicklungsprojekts unbedeutend. Der Rest dreht sich um die medizinische Vorsorge, damit ein absurdes Gesundheitsprojekt am Laufen gehalten wird. Ebbo versucht sich seit Jahren mithilfe von europäischen Entwicklungshilfegeldern ganz der afrikanischen Lebensweise zu verschreiben und Wurzeln zu schlagen. Er hat nach der Trennung von seiner Familie nun eine afrikanische Frau mit Kind und versteht sich mit deren Verwandten trotzdem nicht so recht. In letzter Konsequenz bleibt nebst der Abreise zurück Richtung Europa nur eine radikale Transformation, die eine mythische Dimension annimmt und dem Film ein grandioses Ende beschert. «Schlafkrankheit» wurde in Berlin 2011 mit dem Silbernen Bären für die beste Regie ausgezeichnet, lief in der Schweiz aber nie im Kino. Ein Schicksal, das er mit vielen Festivalerfolgen teilt.

Christophe Badoux: «Per Fahrrad durch die Galaxis.»

www.schlafkrankheit-derfilm.de

Ulrich Köhler: «Schlafkrankheit» (Deutschland/Frankreich/Niederlande 2011), mit Pierre Bokma, Jean-Christophe Folly, Hippolyte Girardot u. a., OV und Deutsch, deutsche Untertitel, Extras: Interview mit Ulrich Köhler

Edition Moderne 2012. 18.00 CHF.

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BILD: ROSMARIE REBER

Die 25 positiven Firmen Diese Rubrik ruft Firmen und Institutionen auf, soziale Verantwortung zu übernehmen. Einige haben dies schon getan, indem sie dem Strassenmagazin Surprise mindestens 500 Franken gespendet haben. Damit helfen sie, Menschen in prekären Lebensumständen eine Arbeitsmöglichkeit zu geben und sie auf ihrem Weg zur Eigenständigkeit zu begleiten. Gehört Ihr Betrieb auch dazu? Die Spielregeln sind einfach: 25 Firmen werden jeweils aufgelistet, sind es mehr, fällt jener Betrieb heraus, der am längsten dabei ist.

Nahrhaftes Nisten zwischen Kulturgütern. 01

Grenzenlos GmbH, Binningen

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projectway GmbH, Köniz

03

Balcart AG, Carton Ideen Lösungen, Therwil

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Gemeinnütziger Frauenverein Nidau

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Velo-Oase Bestgen, Baar

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Arbeitssicherheit Zehnder GmbH, Otterbach

Zwölf Künstlerinnen öffnen für das Projekt «Die Zwölfen» nacheinander ihre Haustüren. Gut gehütete Privatsphäre verwandelt sich temporär in öffentlichen Kunstraum.

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fast4meter, storytelling, Bern

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Scherrer & Partner GmbH, Basel

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Brockenstube des Reformierten Frauenvereins

VON MONIKA BETTSCHEN

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Klinik Sonnenhalde AG, Riehen

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Schweiz. Tropen- und Public Health-Institut, BS

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Migros Zürich, Kulturprozent

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Psychiatrische Dienste Aargau AG (PDAG)

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Locher, Schwittay Gebäudetechnik GmbH, BS

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Weingut Rütihof, Uerikon

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AnyWeb AG, Zürich

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Niederer, Kraft & Frey, Zürich

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Musikschule archemusia, Basel

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Paulus-Akademie Zürich

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Anne Hoffmann Graphic Design, Zürich

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Thommen ASIC-Design, Zürich

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BEVBE Ingenieurbüro, Bonstetten

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homegate AG, Adliswil

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ratatat – freies Kreativteam

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Kaiser Software GmbH, Bern

Ausstellung Tür zum Universum

Aesch-Pfeffingen

Wer die Tür zu einer Wohnung durchschreitet, betritt mehr als eine Ansammlung funktionaler Räume. Möbel, Bilder und Haushaltsgegenstände bilden einen ganz eigenen Kosmos, in dem Häuslichkeit immer wieder neu definiert wird. Einblick in zwölf solche Wohnwelten gewährt das Kunstprojekt «Die Zwölfen» seit Anfang Jahr im Grossraum Bern. Jeweils am ersten Sonntag eines Monats öffnet eine von zwölf Künstlerinnen ihre Privaträume und zeigt ihre persönliche Interpretation des Begriffs «Wohnen». Am Projekt sind ausschliesslich Frauen beteiligt. «Beim Thema Wohnen treten Frauen besonders stark als Gestalterinnen hervor», begründet Initiantin Cécile Keller diesen Ansatz. In den unterschiedlichen Positionen wird ein kunstvolles, monumentales Eintauchen in verschiedene Lebensentwürfe ermöglicht. Abseits der etablierten Kunsträume mutieren die Wohnungen zu Offspaces, in denen die Besucher ihre eigenen Vorstellungen des Begriffs Zuhause hinterfragen können. «Die Objekte in einer Wohnung erzeugen eine spezielle Stimmung und die Wechselwirkung zwischen ihnen und der Bewohnerin ist besonders spannend», so Keller. Für sie als ehemalige Tänzerin ist die künstlerische Auseinandersetzung mit raumgreifenden Figuren zentral. «Wohnungen sind keine neutralen Rückzugsorte, sondern gestaltbare Räume», findet Cécile Keller. In den Monaten Mai und Juni öffnen Rosmarie Reber und Barbara Thüler ihre Türen. «Eine wichtige Frage bei diesem Projekt ist, wie viel ich in meinem Zuhause von mir preisgeben möchte», sagt Reber. Sie wird im Juni mit «Dimensioni nuovi» Objekte und eine Installations-Performance zeigen, in denen ihre Faszination für Fäden und dünne Gegenstände wie Spaghetti oder Zahnstocher spielerisch zum Ausdruck kommt. Barbara Thüler, die ihre Besucher Anfang Mai empfängt, thematisiert die zunehmende Durchlässigkeit des eigenen Heims für Arbeit und Pflichten. Ihre Installation «Heimarbeit» besteht aus To-do-Listen, die den täglichen Kampf gegen Pendenzen veranschaulichen.

Möchten Sie bei den positiven Firmen aufgelistet werden? Mit einer Spende von mindestens 500 Franken sind Sie dabei! PC-Konto: 12-551455-3, Verein Surprise, 4051 Basel Zahlungszweck: Positive Firma + Ihr gewünschter Eintrag. Wir schicken Ihnen eine Bestätigung.

6. Mai: Barbara Thüler, Tessenbergstrasse 29, 2505 Biel, 12 Uhr bis 24 Uhr. 3. Juni: Rosmarie Reber, Allmendstrasse 14, 3014 Bern, 12 Uhr bis 24 Uhr. Weitere Auskünfte zu allen Daten und Ausstellungsorten erteilt Cécile Keller: Tel.: 031 372 44 18, cecile.keller@vtxmail.ch. SURPRISE 274 /12

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BILD: SAVA HLAVACEK

BILD: ZVG

BILD: ZVG

Ausgehtipps

Interpretierte Tradition: Corin Curschellas.

Auf Tour Folk auf rumantsch

Tito würde Radio X hören.

Basel Identitätssuche im Netz

Der Tod spielt Golf.

Basel Arbeitsloser Sensemann Ob durch Kriege oder Umweltverschmutzung – der Mensch hat dem Tod die Arbeit abgenommen. Was der Gevatter jetzt tut in seiner freien Zeit? Martial Leiter weiss die Antwort: Der Tod spielt Golf, und nebenher ist er auf Friedensmission, denn sein Job hat ihm Spass gemacht, und er hätte ihn gerne zurück. Das Cartoonmuseum Basel lädt zur Werkschau des Lausanner Zeichners, der seit 1974 das politische Geschehen in Zeitungen wie der «Neuen Zürcher Zeitung», der «Weltwoche» oder der «Wochenzeitung» bildlich kommentiert und auch als freier Künstler internationale Anerkennung erlangt hat. Ein grossformatiger, zeitgenössischer Totentanz, der eigens für das Museum geschaffen wurde, gibt einen Einblick ins aktuelle Schaffen des eigenwilligen und politisch engagierten Zeichners. (mek)

Wie manifestiert sich der Zusammenbruch eines Vielvölkerstaats in den neuen Medien? Was bleibt übrig an gemeinsamer Identität? Mit diesen Fragen befasst sich die junge Künstlerin Aleksandra Domanovic´, geboren in Jugoslawien, Studium in Slowenien, heute wohnhaft in Berlin. «From yu to me» heisst ihre aktuelle Ausstellung, gemeint damit ist die Neugründung der Republik Montenegro, symbolisiert durch den Wechsel der Internetdomain .yu für Jugoslawien zu .me für Montenegro. Ein grosser Teil von Domanovic´s Kunst passiert im Internet – was aber nicht heisst, dass es sich nicht auch lohnen würde, ihre Skulpturen und Videoarbeiten in der Kunsthalle anzuschauen. Zumal diese mit einem Audioführer zu besichtigen sind, der von vier Mitarbeitern der Balkansendung «x-tokva» des Jugend- und Kulturradiosenders Radio X gestaltet wurde und mittels poetischen Texten, musikalischer Begleitung und inszenierten Dialogen einen ungewöhnlichen Zugang zur Ausstellung ermöglicht. (fer)

Seit Jahren schon widmet sich ein überschaubares Grüppchen Schweizer Musiker der Erkundung und Neuinterpretation traditionellen Liedgutes. Zu den profiliertesten Sängerinnen dieses Genres zählt die Bündnerin Corin Curschellas. Auf «La Grischa» interpretiert sie bereits zum dritten Mal rätoromanische Volkslieder. Gemeinsam mit Albin Brun an Sax und Flöten, Kontrabassist Claudio Strebel und Patricia Draeger (Akkordeon und Schwyzerörgeli) arrangiert sie die Stücke zu einer Art Kammer-Folk-Jazz. Meist klingt das recht lüpfig, doch auch die Wehmut, die oft die Musik aus den Alpen durchzieht, schwingt hier mit. Curschellas bestätigt sich als sachkundige und lustvolle Musikerin, die das Traditionelle am Leben hält, in dem sie es neu interpretiert. Viva la Grischa! (ash) Sa, 5. Mai, 21 Uhr, Parterre, Basel; Di, 8. und Do, 10. Mai, 20.30 Uhr, Klibühni, Chur; Sa, 12. Mai, 20.30 Uhr Altes Zeughaus, Herisau; So, 13. Mai 19.30 Uhr, La Cappella, Bern.

Anzeige:

«Aleksandra Domanovic´ – From yu to me» Kunstausstellung mit Audioführer «Lautstark 4 – Kunst, sprechen, hören», noch bis zum 27. Mai, Kunsthalle Basel. aleksandradomanovic.com

«Martial Leiter. Totentanz und Weltenlauf – satirische Zeichnungen», noch bis zum 17. Juni zu sehen im Cartoonmuseum Basel. www.cartoonmuseum.ch

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BILD: ISTOCKPHOTO

BILD: ZVG

Annetzen oder Arschbombe, jedem das Seine.

Schweizweit In die Badehose!

Dann doch lieber akustisch: Bastler und Schürmann im Duett.

Zürich Basteln und Singen

Freunde des Wassers, es ist wieder soweit: Die Gartenbadsaison beginnt. Natürlich werden jetzt einige etwas von Fleischschau und verpisstem Wasser nuscheln … Wir aber empfehlen, den Freibaddünkel abzulegen und mit Strandtuch und Sonnenhut loszuziehen. Brechen Sie zeitig auf, suchen Sie sich den schönsten Platz aus – und machen Sie den ersten Morgenschwumm des Jahres: Die Morgensonne lässt das Wasser glitzern, der Himmel ist tiefblau mit weissen Wolken, die Wiese ist knatschgrün. Und wenn Sie untertauchen, wird sich Ihre Kopfhaut zusammenziehen, wie sie es einen Winter lang nicht mehr gemacht hat. (mek) Die Gartenbäder in Basel und Bern sind seit Anfang Mai geöffnet, die Zürcher Bäder sowie das Strandbad Lido in Luzern öffnen am 12. Mai. www.badi-info.ch

BILD: DONATA ETTLIN

Seit Jahren schon verzaubert der Winterthurer Liedermacher Jan Bastler, der eigentlich Thomas Neumeyer heisst, sein Publikum mit süsssauren Liebesballaden und scharfzüngigen Wortspielereien in Hochund Zürichdeutsch. Wieso eigentlich Bastler? Naja: Im Mai wird er mit Michel Schürmann auftreten, dem «Maa ohni Chopf, doch mit viel Herz», das heisst bei der Hälfte der Lieder. Diese wird Lorenzo Demenga, der Perkussionist von Lina Button, am Cajon begleiten. Auch die «Trötengirls» werden dabei sein, aber nur bei ein paar Liedern und dann ohne den ohne Kopf. Eigentlich würde ja noch Noah Bastler zur Band gehören, der ist aber diesmal nicht dabei, weshalb die Lieder Jan gemäss «halbe halbe Bastlersongs» sind. Zu viel Gebastel? Nun, der Name ist Programm und die Lieder in jedem Fall hörenswert. (fer) Jan Bastler und Michel Schürmann, Fr, 11. Mai, 20 Uhr, Kafi FürDich, Zürich; Jan Bastler, Eigenmann und Marianne Feder, Sa, 12. Mai, 20 Uhr, Zentrum Karl der Grosse, Zürich. www.bastelraum.ch

Anzeige:

Verschwommene Erinnerung oder Verblendung? Hirngespinst vielleicht.

Zürich Zwischen Hirnfasern «Einander kennen? Wir müssten uns die Schädeldecken aufbrechen und die Gedanken einander aus den Hirnfasern zerren»: So plastisch hat einst Georg Büchner die Hirnfunktionen beschrieben. In Boris Nikitins «Universal Exports» hacken sich nun drei Personen in ihre Schädel und suchen dort nach dem authentischen Gefühl. Dies innerhalb des Themas «Erinnern!», mit dem sich die Gessnerallee zurzeit beschäftigt. So beginnen in «In my Room: Die Geschichte von Julie» Erinnerungen an eine Liebesnacht zu verschwimmen und auch Salome Schneebeli erinnert und vergisst. Im «Chefsessel», der für einige Monate von Künstlern besetzt wird. (dif) «Universal Exports»: Sa, 12. und So, 13. Mai, jeweils 20 Uhr «In my room::Die Geschichte von Julie»: 04./11., 05./12., 07./14. Mai (jeweils Teil 1/2) und weitere Spieldaten, unterschiedliche Uhrzeiten. www.gessnerallee.ch

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Verkäuferporträt «Borussia Dortmund ist meine grösste Leidenschaft» David Breu (26) ist seit ein paar Wochen Surprise-Verkäufer in Bern. Den grossen Fussballfan sieht man diese Saison nicht nur als Zuschauer des FC St.Gallen und von Borussia Dortmund, sondern auch als aktiven Fussballer im Surprise Strassensport.

«Ich habe erst vor ein paar Wochen bei Surprise angefangen. Mein Bruder Andreas hat mich dazu animiert. Er verkauft das Heft bereits seit ein paar Monaten vor der Markthalle. Ich bin oft bei ihm in Burgdorf zu Besuch. Von dort kommen wir meist zusammen nach Bern und arbeiten ein paar Stunden. Mein Platz ist oben an der Spitalgasse vor einem Kleiderladen, aber wenn Andreas nicht da ist, gehe ich auch ab und zu an seinen Platz, weil es dort meistens besser läuft. Momentan habe ich noch meine Wohnung in Heerbrugg im St.Galler Rheintal, überlege mir aber, in die Nähe meines Bruders zu ziehen. Wir stammen ursprünglich aus der Ostschweiz. Ihn hat es schon vor ein paar Jahren in den Kanton Bern verschlagen, und ich finde, vielleicht täte mir ein Ortswechsel auch gut. Da ich eine hundertprozentige IV-Rente habe aufgrund meiner angeschlagenen Schulter, komme ich leicht in Versuchung, auf der faulen Haut zu liegen. Mit Surprise habe ich jetzt wieder die Gelegenheit, einer Arbeit nachzugehen, unter Leuten zu sein und gleichzeitig noch einen Zustupf zu verdienen. Für was ich einen Teil dieses Extra-Geldes einsetze, weiss ich schon: Borussia Dortmund, meine grösste Leidenschaft. Sie haben gerade den Meistertitel verteidigt. Als sie letztes Jahr deutscher Fussballmeister wurden, bin ich nach Dortmund gereist. Ich war zwar nicht einer der über 80 000 Zuschauer im gigantischen Signal-Iduna-Stadion, dafür war ich in einer Halle vorne dran. Dort wurde das Finalspiel übertragen und der Meistertitel anschliessend kräftig gefeiert. Für dieses Erlebnis habe ich zwei Monate vorher angefangen, Geld beiseitezulegen. An allem habe ich gespart, bin kaum mehr weggegangen und habe sogar weniger gegessen, damit ich mir die Reise und alles Drumherum, Fanartikel und so, leisten konnte. Hier in der Schweiz bin ich ein treuer Fan des FC St. Gallen. So wie es aussieht, steigen sie wieder in die Super League auf. Dass sie mal wirklich gute Zeiten hatten, davon weiss ich nur aus Erzählungen meiner Mutter. Aber egal, ich gehe trotzdem regelmässig ins Stadion, manchmal auch mit Andreas, wenn er mich in der Ostschweiz besucht. Zusammen sind wir bei Surprise jetzt auch in den Strassenfussball eingestiegen. Wir haben früher beide Fussball gespielt, aber Strassenfussball, das ist im wahrsten Sinne des Wortes ein anderes Paar Schuhe! Und nicht nur die Schuhe sind anders, auch die Regeln, die Geschwindigkeit, die Spielerzahl. Bis jetzt gefällt es mir voll gut und ich freue mich schon auf die kommenden Turniere. Ich bin froh, dass jetzt wieder einiges läuft in meinem Leben. Meine Jugend war ein Hin und Her. Wir sind zuerst von der Ostschweiz nach Luzern gezogen, dann ein paar Jahre später wieder zurück. Nach diesem erneuten Umzug konnte ich mich nicht in die neue Klasse integrie-

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AUFGEZEICHNET VON ISABEL MOSIMANN

ren und habe nur Mist gebaut. Mit zwölf bin ich schliesslich in ein Heim gekommen. Nach der Schule habe ich in einem Blindenheim eine Hauswart-Lehre angefangen. Doch der Chef kickte mich nach sechs Monaten wegen einer Lappalie raus. Ich habe danach einige Zeit als Hilfsarbeiter auf dem Bau gearbeitet. Doch dann habe ich mir dort die Schulter kaputt gemacht und wurde arbeitsunfähig. Mit 21 kam der IV-Entscheid: 100 Prozent arbeitsunfähig. Das stimmt aber eigentlich nicht, denn ich kann ja arbeiten. Neben Surprise verkaufen gäbe es noch andere Tätigkeiten, die ich gerne ausüben würde. Zum Beispiel würde es mir gefallen, in einer Brockenstube zu arbeiten. Das Wichtigste ist, dass ich nichts Schweres heben muss bei der Arbeit. Aber schauen wir mal, wie es weitergeht. Momentan verkaufe ich Surprise, und das gefällt mir bis jetzt.» ■ SURPRISE 274 /12


Eine Chance für alle! Werden Sie Surprise-Götti oder -Gotte Surprise kümmert sich um Menschen, die weniger Glück im Leben hatten als andere. Menschen, die sich aber wieder aufgerappelt haben und ihr Leben in die eigenen Hände nehmen wollen. Mit dem Verkauf des Strassenmagazins Surprise überwinden sie ihre soziale Isolation. Ihr Alltag bekommt Struktur und wieder einen Sinn. Sie gewinnen neue Selbstachtung und erarbeiten sich aus eigener Kraft einen kleinen Verdienst. Die Surprise-Strassenverkäuferinnen und -verkäufer helfen sich

Fatima Keranovic Baselland

Ausserdem im Programm SurPlus: Marika Jonuzi, Basel Bob Ekoevi Koulekpato, Basel Jovanka Rogger, Zürich

selber. Das verdient Respekt und Unterstützung. Regelmässige Verkaufende werden von Surprise gezielt unterstützt. Die Teilnehmer am Programm SurPlus sind sozial abgesichert (Ferien, Krankheit). Mit der Programmteilnahme übernehmen die Surprise-Verkaufenden mehr Verantwortung; eine wesentliche Voraussetzung dafür, wieder fit für die Welt und den Arbeitsmarkt zu werden.

Kurt Brügger Basel

Jela Veraguth Zürich

Wolfgang Kreibich, Basel Anja Uehlinger, Baden Andreas Ammann, Bern Marlis Dietiker, Olten

Tatjana Georgievska, Basel Peter Gamma, Basel René Senn, Zürich Josiane Graner, Basel

Ja, ich werde Götti/Gotte von: 1 Jahr: 6000 Franken

1/2 Jahr: 3000 Franken

1/4 Jahr: 1500 Franken

Vorname, Name

Telefon

Strasse

E-Mail

PLZ, Ort

Datum, Unterschrift

1 Monat: 500 Franken

274/12 Talon bitte senden oder faxen an: Verein Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@vereinsurprise.ch, PC-Konto 12-551455-3 SURPRISE 274 /12

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Surprise ist: Hilfe zur Selbsthilfe Surprise hilft seit 1997 Menschen in sozialen Schwierigkeiten. Mit Programmen in den Bereichen Beschäftigung, Sport und Kultur fördert Surprise die soziale Selbständigkeit. Surprise hilft bei der Integration in den Arbeitsmarkt, bei der Klärung der Wohnsituation, bei den ersten Schritten raus aus der Schuldenfalle und entlastet so die Schweizer Sozialwerke.

Ich möchte Surprise abonnieren!

Eine Stimme für Benachteiligte Surprise verleiht von Armut und sozialer Benachteiligung betroffenen Menschen eine Stimme und sensibilisiert die Öffentlichkeit für ihre Anliegen. Surprise beteiligt sich am Wandel der Gesellschaft und bezieht Stellung für soziale Gerechtigkeit. Strassenmagazin und Strassenverkauf Surprise gibt das vierzehntäglich erscheinende Strassenmagazin Surprise heraus. Dieses wird von einer professionellen Redaktion produziert, die auf ein Netz von qualifizierten Berufsjournalistinnen, Fotografen und Illustratorinnen zählen kann. Das Magazin wird fast ausschliesslich auf der Strasse verkauft. Rund dreihundert Menschen in der deutschen Schweiz, denen der Arbeitsmarkt verschlossen bleibt, erhalten damit eine Tagesstruktur, verdienen eigenes Geld und gewinnen neues Selbstvertrauen.

24 Ausgaben zum Preis von CHF 189.– (Europa: CHF 229.– ) (Verpackung und Versand bieten StrassenverkäuferInnen ein zusätzliches Einkommen.) Gönner-Abo für CHF 260.–

Geschenkabonnement für: Vorname, Name

Sport und Kultur Surprise fördert die Integration auch mit Sport. In der Surprise Strassenfussball-Liga trainieren und spielen Teams aus der ganzen deutschen Schweiz regelmässig Fussball und kämpfen um den Schweizermeister-Titel sowie um die Teilnahme an den Weltmeisterschaften für sozial benachteiligte Menschen. Seit 2009 hat Surprise einen eigenen Chor. Gemeinsames Singen und öffentliche Auftritte ermöglichen Kontakte, Glücksmomente und Erfolgserlebnisse für Menschen, denen der gesellschaftliche Anschluss sonst erschwert ist. Finanzierung, Organisation und internationale Vernetzung Surprise ist unabhängig und erhält keine staatlichen Gelder. Das Strassenmagazin wird mit dem Erlös aus dem Heftverkauf und mit Inseraten finanziert. Für alle anderen Angebote wie die Betreuung der Verkaufenden, die Sportund Kulturprogramme ist Surprise auf Spenden, auf Sponsoren und Zuwendungen von Stiftungen angewiesen. Surprise ist eine nicht gewinnorientierte soziale Institution. Die Geschäfte werden von der Strassenmagazin Surprise GmbH geführt, die vom gemeinnützigen Verein Strassenmagazin Surprise kontrolliert wird. Surprise ist führendes Mitglied des Internationalen Netzwerkes der Strassenzeitungen (INSP) mit Sitz in Glasgow, Schottland. Derzeit gehören dem Verband über 100 Strassenzeitungen in 40 Ländern an.

Strasse Impressum PLZ, Ort

Rechnungsadresse: Vorname, Name

Strasse

PLZ, Ort

Telefon

E-Mail

Datum, Unterschrift 274/12 Bitte heraustrennen und schicken oder faxen an: Verein Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@vereinsurprise.ch

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Herausgeber Verein Surprise, Postfach, 4003 Basel www.vereinsurprise.ch Öffnungszeiten Sekretariat 9 – 12 Uhr, Mo – Do T +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99 info@vereinsurprise.ch Geschäftsführung Paola Gallo (Geschäftsleiterin), Sybille Roter (stv. GL) Anzeigenverkauf T +41 61 564 90 90, M +41 76 325 10 60 anzeigen@vereinsurprise.ch Redaktion T +41 61 564 90 70, F +41 61 564 90 99 Reto Aschwanden (Nummernverantwortlicher), Florian Blumer, Diana Frei, Mena Kost redaktion@vereinsurprise.ch Ständige Mitarbeit texakt.ch (Korrektorat), Yvonne Kunz, Delia Lenoir, Irene Meier, Stephan Pörtner, Milena Schärer, Isabella Seemann, Priska Wenger, Christopher Zimmer Mitarbeitende dieser Ausgabe Monika Bettschen, Rahel Bucher, Patrick Bühler, Manuela Donati, Esther Michel, Christof Moser, Isabel Mosimann, Hansueli Schärer, Roland Soldi, Sarah Stähli Gestaltung WOMM Werbeagentur AG, Basel Druck AVD Goldach Auflage 15000, Abonnemente CHF 189.–, 24 Ex./Jahr Marketing, Fundraising T +41 61 564 90 61

Vertriebsbüro Basel T +41 61 564 90 83, M +41 79 428 97 27 Claudia Pleuss, Patrick Würmli, Spalentorweg 20, 4051 Basel, basel@vereinsurprise.ch Vertriebsbüro Zürich T +41 44 242 72 11, M +41 79 636 46 12 Reto Bommer, Engelstrasse 64, 8004 Zürich, zuerich@vereinsurprise.ch Vertriebsbüro Bern T +41 31 332 53 93, M +41 79 389 78 02 Andrea Blaser, Alfred Maurer, Bruno Schäfer, Pappelweg 21, 3013 Bern, bern@vereinsurprise.ch Strassenchor T +41 61 564 90 40, F +41 61 564 90 99 Paloma Selma, p.selma@vereinsurprise.ch Strassensport T +41 61 564 90 10, F +41 61 564 90 99 Lavinia Biert (Leitung), Olivier Joliat, David Möller l.biert@vereinsurprise.ch, www.strassensport.ch Vereinspräsident Peter Aebersold Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auch auszugsweise oder in Ausschnitten, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird von der Redaktion und dem Verlag jede Haftung abgelehnt. Surprise behält sich vor, an Verkaufende gerichtete Postsendungen zu öffnen. Barspenden an namentlich bezeichnete Verkaufende können nur bis zu einem Betrag von CHF 100.– weitergeleitet werden. Darüber hinausgehende Beträge sollen – im Einverständnis mit der Spenderin oder dem Spender – allen Verkaufenden zugute kommen. SURPRISE 274 /12


Macht stark.

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