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Freund und Schläger Wenn Polizisten gewalttätig werden, versagt die Justiz Verzicht wird sexy: das ABC des Veganismus

Drogenkrieg in Mexiko: Wie die Repression in eine Gewaltspirale führt

Nr. 312 | 1. bis 14. November 2013 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass.


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Titelbild: iStockphoto

Editorial Seien Sie laut!

Trotzdem passiert genau dies immer wieder, wie Christof Moser in der Titelgeschichte eindrücklich aufzeigt. Polizisten sind vom Staat mit der Lizenz zur Gewaltanwendung ausgestattet, entsprechend müssen sie dabei kontrolliert werden – und von der Justiz bestraft, wenn sie von Gesetzeshütern zu Gesetzesbrechern werden. Warum dies in der Schweiz jedoch meist nicht geschieht, lesen Sie im Bericht ab Seite 10.

BILD: ZVG

Zugegeben: Polizistinnen und Polizisten haben keinen einfachen Job. Er bringt es mit sich, dass sie immer wieder zur Zielscheibe von Aggressionen werden. Darauf müssen sie als Gesetzeshüter angemessen reagieren – die eigenen Aggressionen dürfen sie in ihrem Job selbstverständlich nicht ausleben.

FLORIAN BLUMER REDAKTOR

Bei seiner Recherche stellte Moser erschrocken fest, dass prügelnden Polizisten in Kommentarspalten im Internet viel Beifall geklatscht wird. Das dürfte bei ihm Erinnerungen an die Flüchtlingstragödie vor Lampedusa Anfang Oktober geweckt haben: Damals herrschte unter Journalisten Konsternation über die Flut an herzlosen bis hasserfüllten Leserkommentaren auf den Seiten der Online-Medien. So auch beim Artikel von Amir Ali, einer Reportage über gestrandete Flüchtlinge, die schutzlos in einem Wald in Nordafrika leben und von der marokkanischen Polizei, wenn diese sie findet, halb tot geschlagen werden. Die Reportage erschien ursprünglich im Surprise (Heft 301), im Zuge der Tragödie von Lampedusa wurde sie auch im Newsnetz von Tagesanzeiger und Co. veröffentlicht. Sie erntete Kommentare wie: Diese Leute wählen doch den einfachen Weg, statt zuhause etwas aufzubauen. Andere Wortmeldungen waren offen rassistisch. In einem «Schweiz am Sonntag»-Artikel darüber fragte Medienjournalist Moser entsetzt: «Leser, warum tut ihr das?» Beifall als Reaktion auf ein Video, in dem ein Polizist einen gefassten Einbrecher mit Fusstritten gegen den Kopf traktiert, Hass und Ignoranz als Reaktion auf Berichte über ertrinkende Kinder und geschundene Männer: Dies lässt einen als Journalisten zuweilen am Sinn seiner Arbeit zweifeln. Ein oder zwei kluge und mitfühlende Kommentare bringen allerdings auch schnell den Glauben daran zurück, dass man mit seinen Darstellungen der Geschehnisse wenn nicht die laute Minderheit, dann doch eine schweigende Mehrheit erreicht – und diese sich bei der nächsten Abstimmung bemerkbar machen wird. Ich wünsche eine erhellende Lektüre. Florian Blumer P.S.: Auf Seite 28 finden Sie ein Porträt des eritreischen Surprise-Verkäufers Goitom Maekele mit der Geschichte seiner Flucht durch die Wüste und übers Meer.

Surprise ist auf Spenden angewiesen. Auch auf Ihre! Herzlichen Dank. PC-Konto 12-551455-3 Ihre Meinung! Wir sind gespannt auf Ihre Kritik, Ihr Lob oder Ihre Anmerkungen. Schreiben Sie uns! Auf leserbriefe@vereinsurprise.ch oder an Verein Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel. Es werden nur Leserbriefe abgedruckt, die mit vollem Namen unterzeichnet sind. Die Redaktion trifft eine Auswahl und behält sich vor, Briefe zu kürzen. Oder diskutieren Sie mit uns auf www.facebook.com/vereinsurprise SURPRISE 312/13

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10 Staatsgewalt Die Härte der Gesetzeshüter Fusstritte gegen den Kopf eines Wehrlosen, Pfefferspray gegen Velofahrer, Elektroschocks für eine alte Frau – diese Fälle von Polizeigewalt sorgten unlängst für Schlagzeilen. Die Behörden verteidigen ihr Vorgehen jeweils als «verhältnismässig», und in den Kommentarspalten der Medien gibt es Applaus für Prügelpolizisten. Zur Rechenschaft gezogen werden Gewalttäter in Uniform kaum einmal – dazu fehlt eine unabhängige Instanz.

BILD: REUTERS/PASCAL LAUENER

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Inhalt Editorial Applaus für Gewalt und Elend Die Sozialzahl 0,6 Prozent Asylsuchende Aufgelesen Im Knast Zugerichtet Nackt am Fenster Leserbriefe Blut und Gewalt Starverkäufer Hadush Abaju Porträt Zwischen Oper und Suppenküche Drogenkrieg Die Folgen der Repression in Mexiko Fremd für Deutschsprachige Sich einbürgern lassen? Watermarks Umbruch in China Kultur Zwei Männer im Wald Ausgehtipps Zwillingsharmonie Verkäuferporträt Goitom Maekele Projekt SurPlus Eine Chance für alle! In eigener Sache Impressum INSP

13 Amateurfunk Auf Empfang BILD: ZVG

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Wenn sich Funkamateure treffen, dann versteht der Laie Bahnhof. Was abläuft, wenn OM mit YL über ihr RIG ein QSO führen, warum HB9BXE zum Südpol reiste und Funk Leben retten kann – unser Autor brachte es in Erfahrung, am «Hamfest 2013», dem jährlichen Treffen der Funkamateure in Othmarsingen.

16 Veganismus Kein Bock auf Tier

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BILD: PATRIC SANDRI

Yoga? Sowas von Nullerjahre. Wer heute mit den Brad Pitts dieser Welt mithalten will, lebt vegan. Dies ist gar nicht mal so einfach, denn nicht nur auf Fleisch, Käse und Ei muss man verzichten, sondern auch gleich noch auf Leder und Gummibärchen. Belohnt wird man dafür eventuell mit einem höheren Bewusstsein und sicher mit einem besseren Gewissen. Was Sie sonst noch wissen müssen: In unserem VeganismusABC erfahren Sie’s.

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Die Sozialzahl Lampedusa gehört zur Schweiz Die Bilder der ertrunkenen Menschen vor der italienischen Insel Lampedusa gehen nicht aus dem Kopf. In kurzem Abstand kenterten zwei völlig überfüllte Boote und brachten Kindern, Frauen und Männern statt einem besseren Leben in Europa den Tod. Diese Menschen waren auf der Flucht vor Hunger und Gewalt. Wir nennen sie Asylsuchende. Jene, die es trotz «Schengen» und «Dublin» bis zur Schweiz schaffen, werden in ein Verfahren gepresst und in den meisten Fällen abgewiesen. Dann werden sie in ihre Herkunftsländer oder in das Erstasylland zurückgeschickt. Das Unglück vor Lampedusa provoziert einmal mehr eine schwierige Debatte über die Asylpolitik in der Schweiz. Eben abgeschaffte Möglichkeiten zur Einreichung eines Gesuchs sollen wieder eingeführt, eben gestrichene Gründe für einen Asylantrag wieder akzeptiert werden. Die Asylpolitik ist seit Jahren ein Spielball für Leute, die damit ihre Chancen auf eine Wiederwahl in die Parlamente bewirtschaften. Angesichts dieser Tragödie scheint es angebracht, ein paar banale Zahlen über die Ausländerinnen und Ausländer in der Schweiz in Erinnerung zu rufen. Ende 2012 lebten etwas mehr als acht Millionen Menschen in der Schweiz. Etwa 23 Prozent von ihnen gehören zur sogenannten ständigen ausländischen Wohnbevölkerung. Dies sind rund 1,825 Millionen. Darin nicht eingerechnet sind alle Asylsuchenden, die sich noch in einem Verfahren befinden. Menschen aus über 190 Nationen leben in der Schweiz. Die grössten Gruppen kommen aus Italien (16,1 Prozent), Deutschland (15,6 Prozent), Portugal (13,0 Prozent) und Frankreich (5,7 Prozent). Dann folgen Serbien (5,2 Prozent), der Kosovo (4,4 Prozent) und Spanien (3,8 Prozent) als wei-

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und sländerinnen nder von Au lä ts nf ku auser n H ge der ständi tere wichtige z. Ein Fünftel ei hw boSc r ge de z r Schwei Ausländern in ng wurde in de ru ke öl itev dr r nb oh r bereits de ländischen W n, immer meh te ei zw n r de de n n ilien an. Vo ren. Sie gehöre anderten Fam ew ng ei de n in vo n fte seit m ten Generatio ch fast die Häl si lt hä en ird en w ebor te Ehe im Ausland G auf. Jede zwei in der Schweiz en hr nalität geJa io hn at N ze stens rschiedener ve en ar Pa en bereits zwisch schen Wohnn. se schlos digen ausländi än st r de il Te te te mit ihren Der allergröss als Arbeitskräf e di n, he sc en nd M nteil der anbevölkerung si en sind. Der A m m ko ge z ei Schw r Schweiz Familien in die sländern in de Au n le al an htlinge mehr als erkannten Flüc ies sind etwas D t. en oz Pr 5 hen mal 1, g geltend mac beträgt gerade eine Gefährdun e di urw n, rt he äh sc w Asyl ge 28 000 Men n letzten Jahren de 12 in n 20 ne de de En d en sich konnten un erfahren befand lv sy A ke öl m ev ne tb ei r Gesam de. Noch in emessen an de G . en de ra on ge rs Pe en Person rund 52 000 ylsuchenden z e Zahl der as di ht ac ob die Schwei m e, ag ng Fr ru lt sich die el st a D en s! m au eh t fn n au mal 0,6 Prozen l von Mensche össeren Antei gr n ität und Mitne ar ei t lid ch So ni l suchen. sy A pa ro Eu , die ihre Gel müsste, die in tionalen Werte na e in ke n ei nd m si t e daru menschlichkei rlieren. Es wär ndesgrenzen ve La n n, wenn die de he ic an Ze tung politisches yl as es en id he sc ndeten Asylsukleines und be gent der gestra in nt Ko e s re se ös ist europäisch Schweiz ein gr . Asylpolitik de ür w e en in ol le rh Land al chenden hierhe ehr von einem m t ch ni st r ng zu nn lä hört Politik und ka Lampedusa ge n. de er w t te al gest bestimmt und er nicht. das wollen od ir w ob z, Schwei .C H ) PF EL FE L (C .K N OE CA RL O KN ÖP M BI LD : WOM

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Aufgelesen News aus den 90 Strassenmagazinen, die zum internationalen Netzwerk der Strassenzeitungen INSP gehören.

Für «Stasisau» im Bau Linz. Steffen, damals Bürger der DDR, berichtet, wie er ein Jahr und neun Monate einsitzen musste, nachdem er in der Kneipe – wo er die zehn Ostmark, die er für das Zujubeln Erich Honeckers am 1. Mai bekam, am Versaufen war – Sprüche über das Staatsoberhaupt machte und ein aufgebrachtes Parteimitglied mit «Stasisau» betitelte. Im Straflager Regis habe man dann ganz gut leben können – ganz im Gegensatz zum berüchtigten Knast «gelbes Elend», wo er als Wiederholungstäter noch einmal über zwei Jahre absitzen musste und 23 Stunden pro Tag in der Zelle eingeschlossen war.

Gewalt hinter Mauern Hamburg. Von noch schlimmeren Zuständen berichtet ein Reporterteam des NDR über deutsche Haftanstalten heute: Hinter Gefängnismauern wird vergewaltigt, gequält, zusammengeprügelt – und die Angestellten schauen zu, weg oder ermuntern gar dazu. Die Reporter sprachen mit einem Häftling, der sich zum Mafiaboss in seinem Knast hocharbeitete und über 120 Mitgefangene «herrschte»: Wer nicht terrorisiert werden will, muss ihm Schutzgeld zahlen. Studien belegen: Gewalt in deutschen Gefängnissen ist nicht die Ausnahme, sondern die Regel.

Und danach? Graz. Die Aussicht, dem Gefängnisalltag bald zu entkommen, hat Inot, der regelmässig im Megaphon seine «Haftnotizen» veröffentlicht. Das seien ja «per se eh schöne Aussichten», schreibt er. Doch die andere Seite der Medaille sei, dass er sich nun überlegen muss, wie es weitergehen soll: Kontakt mit dem alten Freundeskreis aufnehmen oder gleich neu anfangen? Wie einen Job finden, der halbwegs Spass macht und von dem man leben kann? In einem Jahr muss sich Inot der Realität stellen.

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Zugerichtet Vorhang auf, Hose runter «Stellen Sie sich manchmal nackt ans Fenster? Manipulieren Sie an Ihrem entblössten Geschlechtsteil, wenn die Nachbarin auf dem Balkon steht?», fragt der Richter. «Seich, ich bin ein kommunikativer Mensch und winke bloss mal rüber. Ich habe ein unkompliziertes Verhältnis zu meinen Nachbarn.» Der das antwortet, der Angeklagte Ruedi H.*, ist ein unauffälliger Allerweltsmensch. 48 Jahre alt, mittelgross, mittelschlank, mausbraune Haare, Jeanshose, Jeansjacke. Als Beruf gibt er Büezer an, auch Gärtner und Hausabwart sei zutreffend. Ausserdem frönt er in grossem Stil der Selbstbefriedigung. Das würde niemanden interessieren, täte Ruedi dies nicht so offensichtlich für ein eingebildetes Publikum. Während mindestens eineinhalb Jahren musste die Nachbarin in der Wohnung vis-à-vis immer wieder erleben, wie Ruedi H., kaum dass sie den Balkon betrat, zu seiner Lieblingsbeschäftigung griff. Ob beim Wäscheaufhängen oder gemütlichen Aperölen auch mit Besuch auf dem Balkon – es wiederholte sich das nämliche Ritual: Ruedi zog die Vorhänge beiseite, öffnete seinen Hosenladen, packte aus, was es auszupacken gibt, «und manipulierte in erheblichem Masse an seinem Geschlechtsteil». Meist geschah dies abends. Sogar eine Spotlampe soll Ruedi H. auf sein Tun gerichtet haben. Nachbarin Angelika fühlte sich belästigt. Sie mochte nicht mehr auf den Balkon gehen, scheute den Blick aus dem Fenster Richtung Nachbarshaus und zog die Rolläden auch tagsüber runter. Dabei erfreute sich der masturbierende Nachbar eines grösseren Publikumskreises. Es gibt also Zeugen. Verwandte, Freunde von Angelika, Nachbarn,

darunter sogar ein pensionierter Polizeibeamter. Da hilft kein Leugnen. Ruedi H. ist exhibitionistischer Handlungen angeklagt. «Ich bin nun mal für Beobachtungen anfällig, die Erektion steht sofort», schwadroniert der Sittenstrolch lächelnd weiter. «Und bei einer Blondine, da macht es bei mir subito Klick.» Er könne nichts dafür, «ich kämpfe vergeblich dagegen an». Sein Verteidiger begründet das Verhalten mit der Kindheit. Herr H. sei bei einer strenggläubigen, dominanten Mutter aufgewachsen. Der Vater existierte nur am Rande. «Männliche Personen und deren Sexualität sind von der Mutter abgewertet worden.» Der Angeklagte kompensiere diese Erfahrung durch exhibitionistische Handlungen. «Durch das Zeigen seiner männlichen Potenz steigert er sein Selbstwertgefühl», psychologisiert der Verteidiger. Schon einmal war der Angeklagte der sexuellen Belästigung überführt worden, er hatte versucht, einer Frau zwischen die Beine zu fassen. Herr H. habe genügend Anlass, sich vor einer Wiederholung zu hüten, meint der Richter: «Die Bewährung läuft, und auch durch dieses Urteil gibt es Druck. Sie sollten Ihre Therapie machen und nicht an sich herumfummeln, wenn andere Leute da sind.» Und er solle sein unkompliziertes Verhältnis zu den Nachbarn in ein distanziertes verwandeln. 16 Handlungen exhibitionistischer Couleurs konnten Ruedi H. nachgewiesen werden. Der Staatsanwalt beantragt 120 Tagessätze à 40 Franken Strafe. Der Richter mildert auf 80 Tagessätze à 40 Franken. Sodass auf jede nachgewiesene Tat faktisch 200 Franken kommen. * persönliche Angaben geändert ISABELLA SEEMANN (ISEE@GMX.CH) ILLUSTRATION: PRISKA WENGER (PRISKAWENGER@GMX.CH) SURPRISE 312/13


Leserbriefe «Gibt es nicht schon genug Blut und Tod?» Nr. 310: Böse Banane Titelgeschichte und Editorial «Billigste Polemik» Wir lieben Surprise sehr, und oft kaufen wir dieselbe Nummer mehrmals, weil die Verkäuferinnen und Verkäufer darauf angewiesen sind. Das Heft ist professionell gemacht, es werden spannende Themen aufgegriffen, und viele Reportagen sind wirklich gut. Auf das Editorial in der Bananen-Nummer hätten wir allerdings liebend gerne verzichtet. Das ist billigste Polemik – die Titelgeschichte selbst ist ja durchaus differenziert – gegen einen Staat, auf den wohl nicht wenige Surprise-Leute dringend angewiesen sind. Wenn wir derartige Ergüsse im Hause haben wollen, dann kaufen wir uns die «Schweizerzeit» des SVP-Rechtsaussen Ulrich Schlüer. Und die Mär vom alleinseligmachenden Appell an die Verantwortung bzw. Vernunft können wir beinahe täglich in der NZZ lesen. Dieser Appell funktioniert leider nicht. Falls Reto Aschwanden das nicht glaubt, kann er zum Beispiel den städtischen Equipen – ja, die sind vom Staat – einmal helfen, an einem Morgen die Anlagen am See von den Spuren des Vortags zu reinigen. Unser Wunsch: Dann lieber kein Editorial. Surprise hat Besseres verdient. Wir freuen uns auf die nächste Nummer. Adrian und Hedi Knoepfli, Zürich

Kulturtipp Piatto forte: Aus Fleisch und Blut «Die Jagd ist bekanntermassen ein Vergnügen und Pseudosport» Als überzeugter Fleischablehner (vegan lebend) sticht mir schon die Überschrift ins Auge: «Aus Fleisch und Blut». Ich verstehe den Artikel nicht. Zu Beginn und am Ende doch provokant bzw. konfrontierend, wie «… dass Tiere getötet werden, dass wir sie essen können …» oder «Dieses Essen erzählt Ihnen mit seinem Geschmack viele Geschichten … Und von der Jagd, vom Blut und dem Tod.» Aber dazwischen dann doch das Rezept in seinen Details. Und die Erläuterung der Tugenden eines Rehpfefferkochs. Bin verwirrt. Sowas erwarte ich nicht im Surprise. Gibt es nicht schon genug Blut und Tod? Die Jagd ist bekanntermassen ein Vergnügen und Sport, oder besser Pseudosport. Der Deckmantel der Bestandswahrung und Wild-/Waldpflege ist out. In Basel gibt es momentan heisse Diskussionen zur Abschaffung der Jagd. Ich wünsche euch ein frohes und friedliches Wochenende. Ich bin nun auf dem Weg nach Bern, um mit einigen Mitstreitern am Bahnhofplatz Menschen über unsere Verantwortung gegenüber Tieren zu informieren. Ich hoffe, wir erreichen ein paar Leute. Kai-Sven Vogel, Luzern

Kolumne Fremd für Deutschsprachige: Ferienlügen

Nominieren Sie Ihren Starverkäufer! Schreiben Sie uns mit einer kurzen Begründung, welche/n Verkäufer/in Sie an dieser Stelle sehen möchten: Verein Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 (0)61 564 90 99, redaktion@vereinsurprise.ch

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«Ihre Ferienlügen erinnern mich an meine Kindheit» Herzlichen Dank Shpresa Jashari für Ihre Kolumnen «Fremd für Deutschsprachige» im Surprise. Ich geniesse jeweils den aufschlussreichen Blick auf die Schweiz durch andere Augen. Ich hoffe, Sie haben inzwischen gefunden oder doch herausgefunden, was Sie in Georgien zu suchen hatten. Ihre Ferienlügen erinnern mich an meine Kindheit. Ich habe Jahr für Jahr im obligaten Aufsatz «Meine Weihnachten» die wunderschöne Feier bei uns zuhause beschrieben, obwohl nie eine stattfand! Eva Schlesinger, Zürich

BILD: ZVG

«Ihr Schlusssatz kling in meinen Ohren sehr zynisch» Ich gratuliere Diana Frei zu ihrem gut recherchierten und vor allem sorgfältig formulierten Artikel. Dasselbe kann ich von Ihrem Editorial, Reto Aschwanden, leider nicht sagen. Ich bin Medizinerin und kenne den Leidensdruck von esskranken Menschen sehr gut. Darum tönt Ihr Schlusssatz («Im Zweifelsfall nehme ich lieber ein paar übergewichtige Kindergärtner mit Karies in Kauf als eine kerngesunde Gesellschaft von Unmündigen, denen Vater Staat alles vorkaut») in meinen Ohren sehr zynisch. War dies Absicht: Wollten Sie damit die Leserinnen und Leser dazu animieren, den Artikel genau zu lesen? Dr. med. Susanna K. Thalmann, Zürich

Starverkäufer Hadush Abaju Emilie Bieri aus Entlebuch schreibt: Hadush Abaju ist mein Starverkäufer. Mir gefällt die Art, wie er am Bahnhof Luzern Surprise anbietet. Er ist unaufdringlich, freundlich und korrekt, kurz: er macht «eine gute Falle». Man merkt, dass er ein gebildeter Mensch ist. Ich glaube, es war vor etwa einem Jahr, dass er mir zum ersten Mal auffiel, mittlerweile gehört er für mich am Bahnhof zum Inventar. Alles Gute, Herr Abaju.

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Porträt Die Gastgeberin Claudia Adrario De Roche schreibt Geschichten, singt Opern und arbeitet als Archäologin. Und weil das noch lange nicht genug ist, schlägt sie zudem als Leiterin der Wärmestube Soup&Chill Brücken zwischen Hochkultur und Gasse. VON MICHÈLE FALLER (TEXT) UND LUCIAN HUNZIKER (BILD)

Soup&Chill zurück. «Denn wieder hatte man uns einen Ort gegeben, der so abgelegen wie nur möglich war. Da half nur aktive Brückenbau-Tätigkeit.» Unter dem Namen «Hinter den 7 Gleisen» ging es mit Film- und Musik-Matineen für alle los: Soup&Chill-Gäste, Kunstliebhaber und Fanclubs der Künstlerinnen, die gratis zugunsten der Stube auftreten. Im neuen Haus wird die Reihe als «Soup/Kultur» inklusive Brunch weitergeführt, hinzu kam der letztjährige «SouperSommer» mit Aktivitäten vom Tauschflohmarkt über den Sprayworkshop bis zum Chor-Konzert. «Zuerst war der Surprise-Chor zu Gast und dann der Chor mit den wohl behütetsten aller Kinder: die Knabenkantorei!», schwärmt die umtriebige Wärmestuben-Präsidentin. Das Interesse an der «Soup/Kultur» wächst, was ein weiterer Vorteil des festen Standorts gegenüber dem Container sei: «Die Schwellenangst der ‹Normalbürger› ist niedriger.» Bei so viel Aktivitäten schwirrt einem bereits beim Zuhören der Kopf, doch Claudia Adrario, die als Tochter eines Italieners und einer Österreicherin in Innsbruck aufgewachsen ist, machte schon immer gerne mehrere Dinge aufs Mal. Von einer sehr kunstliebenden Mutter aufgezogen – der Vater verstarb früh – kam sie von klein auf mit der Oper in Kontakt und wusste schon als Dreijährige, dass sie Sängerin werden wollte. Nebst Gesang studierte sie Urgeschichte, «eine wunderbare zweite Variante zum Verhungern», wie sie schmunzelnd kommentiert. Statt sich dadurch abschrecken zu lassen, übte sie ihre beiden «brotlo-

Hinter dem Bahnhof, zwischen Gleisen und Wohnquartier, geht es hinein. «Herzlich willkommen», steht über der Theke des grossen Raums. Und so fühlt man sich auch sofort. Das hat nicht nur mit dem einladenden Ort zu tun, sondern vor allem mit der Gastgeberin. Claudia Adrario de Roche hat ein herzliches Lächeln auf den Lippen und strahlt eine menschliche Wärme aus, die einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Die Dame mit der eleganten Frisur und dem Golden Retriever zu ihren Füssen ist nicht etwa die Wirtin eines In-Lokals, sondern Präsidentin des Basler Vereins Wärmestube, der unter dem Namen Soup&Chill randständigen Menschen in den kalten Monaten von November bis März abends Aufenthalt und kostenlos Suppe, Brot, Tee und Kaffee bietet. Vermeintliche Gegensätze lösen sich bei Adrario de Roche in wenigen Sätzen in nichts auf. So spricht sie auch nicht von Klienten, sondern von Gästen, die sich wiederum nicht nur bedienen lassen, sondern auch selber kochen. «Ab der zweiten Saison wagten wir das Experiment. Und hatten gleich eine wochenlange Warteliste», berichtet sie. Heute kochen sie gemeinsam sogar auswärts – man kann sie für Caterings buchen. Soup&Chill gibt es seit 2006. Claudia Adrario de Roche, die Gassenarbeiterin Catherine Darge und Irène Lengacher, langjährige Mitarbeiterin der Bahnhofshilfe, hatten sich angesichts der täglichen Konflikte am Bahnhof gesagt: «Im Container war es gemütlich, aber hier gibt es mehr Platz und Jetzt muss etwas passieren. Bereits in der erdie Decke ist nicht so niedrig – das gibt weniger Konflikte.» sten Saison in einer Abbruchliegenschaft nutzten abendlich etwa 40 Personen das Angebot. In der dritten Saison zog man in einen Container um, ein Jahr später in sen» Berufe erfolgreich aus. Sie sang Opern und Lieder, mochte aber einen grösseren und 2012 schliesslich ins feste Domizil an der Solobald nicht mehr nur neben dem Klavier stehen oder – noch schlimmer thurnerstrasse. Letzte Saison kamen etwa 95 Gäste täglich. bei Oratorien – sitzen und warten, bis sie wieder dran war. Adrario de Roche blickt sich im neu renovierten Raum um. «NatürAlso begann die Sopranistin, selber Programme zu schreiben, prälich war es im Container urgemütlich, aber hier gibt es mehr Platz und sentierte Brecht-Abende und spanische Lieder, wobei sie jeweils sang die Decke ist nicht mehr so niedrig. Das gibt weniger Konflikte.» Diese und rezitierte. Seit gut einem Jahrzehnt ist Claudia Adrario in Basel zuseien allerdings schon vorher rar gewesen – verblüffend, angesichts der hause. «Hier begann ich meine Greisenkarriere aufzubauen», erklärt sie verschiedenen Kulturen und Lebensgeschichten, findet die Soup&Chilldas vermehrte Erzählen und Schreiben. Die Künstlerin schreibt und Mitbegründerin. Dann bückt sie sich, tätschelt Hund Primus unter dem spricht Texte für Hörstationen des Historischen Museums und des AntiStuhl und deutet auf drei Tische mit klobigen Beinen. «Aneinandergekenmuseums sowie für die Bühne, wie etwa für das Piaf-Programm von hängt ergibt das unsere Bühne.» Colette Greder. Oder sie rezitiert ihre selbst geschriebene Geschichte Im Soup&Chill wird nicht nur Gemüse gerüstet und Suppe gekocht, «Karibu Katoto» über ein verlorenes kleines Gnu in der Serengeti. Die sondern auch gesungen, getanzt und rezitiert. Adrario de Roche, von Geschichte ist auf einer Tansania-Reise entstanden Haus aus Sängerin und Kämpferin gegen das Elitäre, freut sich über den Alternativ zur Steppe geht die Sängerin-Erzählerin auch gerne auf zehnten Geburtstag des von ihr lancierten sozialen Kulturprojekts dem Bruderholz spazieren, natürlich zusammen mit Hund Primus. Zu 3/Klang, das die Wärmestube seit Anbeginn unterstützt und deren GäHause angekommen, werden die neuen Ideen aufgeschrieben. «Oder ich ste auch immer wieder mit Auftritten erfreut – unlängst mit je einem Jugrabe im Garten», sagt sie lachend, «da habe ich auch viele Ideen!» Sie biläumsanlass mit Liedern, Texten und Musik vor Ort sowie im Theater wisse schon, sagt sie, dass ihre Ideenflut für die Umgebung bisweilen Basel. Das Konzept von 3/Klang ist einfach: Die Künstler erhalten etwas anstrengend sei. «Umso dankbarer bin ich, dass die Mitarbeiterinnen, weniger Gage, die Auftraggeber bezahlen etwas mehr, und der Ertrag die Gäste, 3/Klang-Präsident Dominique Thommy und nicht zuletzt kommt Soup&Chill zugute. Vom Feuerschlucker über die Clownfrau bis mein Ehemann so begeistert mitmachen.» zum Organisten gebe es alle Genres – und Angebote für jedes Budget. «Mit der Eröffnung des neuen Containers 2009 bin ich rabiat geworFür die nächsten Anlässe im Soup&Chill und Infos zum Projekt 3/Klang siehe den», kommt Adrario de Roche auf den Start der Kulturprogramme im www.soupandchill.com und www.kulturprojekt3klang.ch SURPRISE 312/13

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BILD: REUTERS/ARND WIEGMANN

Staatsgewalt Wie gef채hrlich ist die Polizei?

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Immer wieder kommen Fälle von übermässiger Gewalt durch Polizisten an die Öffentlichkeit. Zur Verantwortung gezogen werden Täter in Uniform kaum einmal. Denn unabhängige Stellen, die Übergriffe von Beamten untersuchen könnten, gibt es keine. Weil sie nichts zu befürchten haben, machen manche Polizisten, was sie wollen – mit Billigung der Bevölkerung.

VON CHRISTOF MOSER

Ende August, Basler Viaduktstrasse: Peter York* hat sich zum fünften Hochzeitstag mit seiner Frau zum Essen verabredet und fährt mit seinem Velo Richtung Markthalle. Als er eine Polizeikontrolle erblickt, macht er kehrt: Sein Velo (ein sogenanntes Fixie) hat keine Bremsen. Er will eine Busse vermeiden. Die Polizei nimmt die Verfolgung auf und schneidet ihm den Weg ab. Einer der Beamten sprüht dem 31-jährigen Engländer, der in Basel als Architekt arbeitet, Pfefferspray ins Gesicht. Ein anderer, so beschreibt York in 20 Minuten die Auseinandersetzung, reisst ihm die Arme auf den Rücken. York, immer noch auf dem Velo, fällt zu Boden, verliert einen Zahn. Er wird auf den Asphalt gedrückt, ein Beamter schlägt ihm ins Gesicht. Im Spital wird ihm ein Telefongespräch verweigert. York beschwert sich. Daraufhin entfernen die Polizisten ihre Namensschilder. Eine Entschuldigung für das Vorgehen der Polizisten erhält York nicht, im Gegenteil: Die Polizei reicht gegen ihn Strafanzeige ein. Der Fall ist hängig, die Schuldfrage für die Eskalation ungeklärt.

dass der Luzerner Polizeikommandant Beat Hensler mit «unangemessener Milde» auf die exzessive Polizeigewalt reagiert hat. Eine der Sofortmassnahmen, die Sollberger von der Luzerner Polizei verlangt, lautet: «Bei grundloser Gewalt gegen Wehrlose soll in Zukunft eine Null-Toleranz-Doktrin gelten.» Darauf müsste die Öffentlichkeit eigentlich mit der bangen Frage reagieren: War das bisher anders? Hinter der Mauer des Schweigens Doch die Öffentlichkeit stellt sich auf die Seite des Polizisten, zumindest in Online-Kommentaren: «Ich möchte diesem Polizisten recht herzlich gratulieren für seine Verhaftung», schreibt ein User im Forum des Schweizer Fernsehens, und ein anderer: «Ich stosse an auf den ehrenhaften Polizisten!» Amtsmissbrauch? Selbstjustiz? Für eine Mehrheit scheint das kein Thema zu sein. Die SRF-Online-Redaktion sieht sich gezwungen, aufgrund der Leserreaktionen einen Artikel aufzuschalten: «Die meisten Online-Kommentatoren haben eine klare Haltung zum Schockvideo: Sie verteidigen die Fusstritte des Polizisten.» Soziologen orten ein «mangelndes Bewusstsein für Rechtsstaatlichkeit». Ein User schreibt: «Schockierend ist nicht nur die abscheuliche und völlig sinnlose Gewalt, schockierend ist auch die Erkenntnis, dass es viele Schweizer Bürger gibt, die ein solches Vorgehen der Polizei auch noch unterstützen!» Die Polizei ausser Kontrolle, den lautstärkeren Teil der Bevölkerung hinter sich wissend – das begünstigt, wenn auch nicht empirisch, so zumindest episodisch belegbar eine gewisse Unverfrorenheit der Staatsgewalt im Umgang mit Kritik. Als die Basellandschaftliche Zeitung nach dem umstrittenen Polizeieinsatz an der diesjährigen Art Basel den Polizeikommandanten Gerhard Lips in einem Interview zum Thema Polizeigewalt befragt, sagt der salopp: «In den Achtzigerjahren wurde eine ganz andere Gewalt angewendet. Da hat die Polizei Übergriffe gemacht, die nie an die Öffentlichkeit kamen.» Als Ende August publik wird, dass die Stadtpolizei Zürich 2006 eine verwirrte Seniorin mit einer Elektroschockpistole ruhigstellte, um sie in eine Klinik zu überführen, sagt der

Fusstritte eines «ehrenhaften Polizisten» Eine an sich harmlose Begegnung mit der Staatsgewalt kann schnell ausser Kontrolle geraten. Polizeibeamte sind verpflichtet, Gewalt gegen Bürger auf das notwendige Minimum zu beschränken. Seit Jahren bemängeln Nichtregierungsorganisationen und internationale Menschenrechtsgremien, dass unabhängige Beschwerde- und Untersuchungsverfahren für Fälle von mutmasslich übertriebener Polizeigewalt in der Schweiz fehlen. «Die Problematik der exzessiven Gewaltausübung betrifft alle Polizeikorps der Schweiz. An die Öffentlichkeit gelangen nur wenige Einzelfälle, und es ist anzunehmen, dass die Dunkelziffer hoch ist», schreibt Humanrights Schweiz Ende August in einer Mitteilung. Grund für die Mitteilung ist ein Fall von Polizeigewalt, der diesen Sommer für Aufsehen sorgte. In der Nacht auf den 3. Juni 2013 machen sich in einem Luzerner Uhrengeschäft Einbrecher zu schaffen. Die Polizei fährt vor und Dass die Stadtpolizei Zürich eine verwirrte Seniorin mit einer stellt die mutmasslichen Täter. Eine Überwachungskamera filmt, was dann passiert: Ein Elektroschockpistole ruhigstellte, fand der Polizeisprecher Luzerner Elite-Polizist traktiert mit vorgehalte«regelkonform, verhältnismässig und einsatztaktisch richtig». ner Schusswaffe einen bereits am Boden liegenden Einbrecher gezielt mit fünf Fusstritten Zürcher Polizeisprecher Mario Cortesi, die Stadtpolizei habe den Einsatz gegen den Kopf. Am 24. Juni schaut sich der Kommandant der Luzernachträglich geprüft, «er war regelkonform, verhältnismässig und einner Kantonspolizei das Video an. Doch erst am 15. Juli wird der Elitesatztaktisch richtig». Anders schildert es der beteiligte Psychiater: «OhPolizist, gegen den bereits in einem anderen Fall eine Anzeige läuft, vom ne den Taser wäre der Einsatz ruhiger und menschlicher abgelaufen – Dienst suspendiert. Am 21. August macht das TV-Magazin «Rundschau» und vor allem weniger lebensgefährlich.» Die Beamten seien von dieser den Fall publik. Dabei wird bekannt, dass die Luzerner SP-Polizeidirekpsychiatrischen Situation völlig überfordert gewesen, «von bedächtigem torin Yvonne Schärli eine Untersuchung einleiten liess. Der damit beAbwägen keine Spur». Untersucht wurde der Fall nie. Das Ritual ist imauftragte Berner Oberrichter Peter Sollberger kommt darin zum Schluss, SURPRISE 312/13

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schwerde ein, die gutgeheissen wird. Das Bundesgericht kommt zum mer das gleiche: Cortesi spricht seine Sätze ins TeleZüri-Mikrofon – und Schluss, dass die Behörden den Anspruch des Beschwerdeführers auf abgeschlossen ist der Fall. eine vertiefte Untersuchung nach Art. 3 und 13 der Europäischen MenPolizeibeamte sind grossem Stress und Gefahren ausgesetzt, aber sie schenrechtskonvention (EMRK) verletzt haben. Das Gericht bemängelte, sind auch mit maximaler Macht ausgestattet. Polizisten repräsentieren dass die kantonalen Behörden darauf verzichtet hatten, Zeugen einzudas staatliche Gewaltmonopol, sie sind bewaffnet, und jeder Bürger vernehmen und die Unterlagen des Kantonsspitals beizuziehen. muss ihren Anweisungen Folge leisten. Um die polizeiliche Anwendung Für das Schweizerische Kompetenzzentrum für Menschenrechte von Gewalt zu reglementieren, gelten deshalb strenge Vorschriften. (SKMR) zeigt der Fall exemplarisch den mangelnden Rechtsschutz geKommt es aber trotzdem zu Übergriffen, fehlen unabhängige Untersugen polizeiliche Übergriffe in der Schweiz. Eine Studie von Jörg Künzli, chungsstellen, wie sie zum Beispiel Grossbritannien kennt. Wie oft PoProfessor für Staats- und Völkerrecht an der Universität Bern, belegt das lizeibeamte ungerechtfertigt oder mit unangemessener Härte gegen unProblem. Demnach bestehen in der Schweiz «im Bereich des Rechtsschuldige Bürger oder bereits wehrlos festgesetzte Kriminelle vorgehen, schutzes im Zusammenhang mit Polizeigewalt teilweise strukturelle ist deshalb weitgehend unbekannt. Defizite», die sich «trotz wiederholter Empfehlungen verschiedenster Die einzigen verlässlichen Zahlen, die dazu im deutschsprachigen nationaler und internationaler Gremien» in den letzten Jahren kaum Raum vorliegen, stammen aus dem deutschen Bundesland Baden-Württemberg. Laut polizeiinternen Befragungen aus den Jahren 1998 und 2001 waren dort 25 Die Staatsanwaltschaft, die übertriebene Polizeigewalt ahnden Prozent der Beamten der Meinung, ab und zu sollte, ist gleichzeitig auf die Arbeit der Polizei angewiesen. sei es durchaus akzeptabel, mehr Gewalt anzuwenden als erlaubt. Und sechs von zehn Poverändert haben. Die Unabhängigkeit einer Strafuntersuchung sei in lizisten gaben an, auch gravierende Übergriffe von Kollegen würden den meisten Kantonen nicht gewährleistet, weil die Strafuntersuchung nicht immer angezeigt. Tobias Singelnstein, Professor für Strafrecht an «durch die Polizei oder die Staatsanwaltschaft durchgeführt» wird, so der Freien Universität Berlin, hat Fälle von Polizeigewalt systematisch die Studie. untersucht. In einem Aufsatz schreibt er: «Dass sich Polizisten finden, Gestützt werden fehlbare Polizeibeamte von einem Fehler im System: die gegen die eigenen Kollegen aussagen, kommt so gut wie nie vor.» Es Die Staatsanwaltschaft, die übertriebene Polizeigewalt ahnden sollte, ist werde eine «Mauer des Schweigens» aufgebaut, die einem falschen gleichzeitig auf die Arbeit der Polizei angewiesen. Polizisten ermitteln «Korpsgeist» geschuldet sei. In seiner Untersuchung findet Strafrechtler für sie und treten in Verfahren oft als zentrale Belastungszeugen vor Singelnstein auch Gründe, warum «die feine Linie zwischen noch angeGericht auf. Bereits im Jahr 2001 zeigte sich der internationale Menmessener und exzessiver Gewalt» bei Einsätzen immer wieder mal überschenrechtsausschuss «tief besorgt», dass in zahlreichen Kantonen unschritten wird: Die Sozialisierung der Polizeibeamten führe im Laufe der abhängige Instanzen fehlen, die für Strafklagen und Beschwerden gegen Jahre zu einer Vermischung von staatlichem Auftrag und persönlichem Polizeigewalt zuständig sind. 2009 wiederholte der MenschenrechtsausInteresse. Gewalttätige Polizisten sehen sich «in der vordersten Front im schuss seine Besorgnis und forderte die Schaffung unabhängiger MeKampf gegen die Kriminalität und das darin zum Ausdruck kommende chanismen in allen Kantonen. Eine Lösung wären Sonderstaatsanwälte, gesellschaftliche Chaos». Diese Selbstwahrnehmung führe dazu, dass die nicht mit dem Justizapparat verbandelt sind. Die Konferenz der nicht mehr die geltenden Vorschriften, sondern die eigenen Handlungen kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) weigert sich bisher, als erlaubt aufgefasst werden. «Legalität wird durch Legitimität ersetzt», auf das Thema einzugehen. Immerhin sind in mehreren Kantonen und schreibt der Strafrechtsprofessor. Städten parlamentarische Ombudsstellen entstanden, so in den Kantonen Zürich, Basel-Stadt, Baselland, Waadt und Zug sowie in den StädVerfahren gegen Polizisten brauchen einen langen Atem ten Zürich, Bern, Winterthur und St. Gallen. Vergleichbare Untersuchungen in der Schweiz existieren nicht. Allerdings gibt es keinen Grund, davon auszugehen, dass die Situation in der Polizei kontrolliert Polizei Schweiz besser wäre – im Gegenteil. Beispielhaft ist der Fall des PresseDer jüngste Fall: An der «Tanz dich frei»-Demonstration am 21. Sepfotografen Klaus Rózsa, der am 4. Juli 2008 bei einem Polizeieinsatz getember in Winterthur geht die Polizei massiv gegen die überwiegend gen Besetzer des Zürcher Hardturmstadions verhaftet und dabei verletzt friedlichen Demonstranten vor. Eine junge Frau wird von einem Gumwird. Rózsa erstattet Anzeige, die Polizei ebenfalls. Die Staatsanwaltmigeschoss ins linke Auge getroffen und erblindet fast. Der Sehkraftschaft stellt das Verfahren wegen Amtsmissbrauch, Nötigung, Freiheitsverlust auf dem verletzten Auge beträgt über 80 Prozent. Der Sehnerv beraubung und Körperverletzung ein. Rósza hingegen verurteilt das wird für immer geschädigt bleiben. Die zuständige Winterthurer PoliBezirksgericht wegen Gewalt und Drohung gegen zwei Stadtpolizisten zeidirektorin Barbara Günthard-Maier geht auf Tauchstation, die Polizei sowie mehrfacher Hinderung einer Amtshandlung. Erst das Obergericht verspricht «rigorose Aufklärung». Die junge Frau hat sich einen Anwalt hebt das Urteil gegen Rózsa auf – die Personenkontrolle eines Journaligenommen. Die Staatsanwaltschaft Zürich schaltet sich ein und verlangt sten sei «nicht angebracht» gewesen. Und das Bundesgericht hebt die Aufklärung. Und wen beauftragt sie mit der Untersuchung? Die StadtEinstellung des Verfahrens gegen die Polizisten auf und weist die Staatspolizei Zürich. Einmal mehr: Polizei untersucht Polizei. Mit Konseanwaltschaft an, entweder einen Strafbefehl zu erlassen oder die Unterquenzen müssen die Beamten kaum rechnen – allenfalls mit dem Apsuchungsergebnisse zu ergänzen und Anklage gegen die Stadtpolizisten plaus des Mobs in den Kommentarspalten. zu erheben. Ein Erfolg für Rózsa und die Pressefreiheit – der allerdings ■ einen langen Atem brauchte. Mitte Februar 2005, St. Gallen: Michael Gabathuler* wird kurz nach *Namen geändert 23 Uhr von der Polizei verhaftet und dabei so schwer verletzt, dass er mit der Ambulanz ins Spital eingeliefert werden muss. Laut Arztbericht erleidet er einen Nasenbeinbruch. Gabathuler reicht Strafanzeige gegen die Polizeibeamten ein. Weil sich die Aussagen der Polizeibeamten und des Festgenommenen diametral widersprechen, eröffnen die Untersuchungsbehörden «mangels Anhaltspunkten» kein Strafverfahren. Daraufhin reicht Gabathuler beim Bundesgericht eine staatsrechtliche Be-

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Amateurfunk Ist da jemand? BILD: ZVG

Statt zu lachen, sagen sie «Hotel-India», Grüsse verschicken sie mit «73» – wenn Funker Kontakt aufnehmen, entwickelt sich eine eigene Poesie. Und sie sind Amateure im Wortsinn: echte Liebhaber, die für einen Funkkontakt auch schon mal zum Südpol reisen.

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VON ADRIAN SOLLER

quenzen regelmässig nutzen», erklärt Zbinden, «braucht es gewisse Regeln.» Genauso wie Velos nicht auf der Autobahn fahren dürfen, darf ein Morsegerät gewisse Frequenzen nicht benutzen. Dürften alle alles benutzen – es käme zum Chaos auf den weltweiten Funkstrassen. Es gibt also auch im digitalen Zeitalter noch viel Funkverkehr. Und das rund um die Welt. Sogenannte DXer, Funker, die über weite Distanzen hinweg kommunizieren, jagen ihre Signale um den ganzen Planeten. Weil die Erde aber rund ist, funktioniert das meist nicht auf direktem Wege. Die Signale prallen an der sogenannten Ionosphäre, einem Teil der Atmosphäre, ab – und finden so indirekt das ferne Endgerät eines anderen Amateurfunkers.

Es rauscht. Alle warten gebannt, doch da ist nichts. Und noch bevor jemand auch nur die Chance hat, sich in dem Rauschen ein Wort einzubilden, wiederholt Irminger: «CQ, CQ, is anyone using this frequency?» Frei übersetzt: Ist da jemand? Göpf Irminger ist Funkamateur und zeigt heute Interessierten, wie ein Funkgespräch zustande kommt. Und dafür geht er nun auf eine andere Frequenz und erklärt zwischen «Nichts» und wieder «Nichts», dass «CQ» für «I seek you», also für «Ich suche dich» steht. Dann ist es wieder still im Wohnwagen vor der Othmarsinger Turnhalle. Der Wohnwagen mit der Funkstation wurde heute eigens für das Politik und Religion sind tabu «Hamfest 2013» aufgestellt. «Am Nationaltreffen der Kurzwellen-Funk«Funken ist Physik», erklärt Zbinden. Kommt ein Funkgespräch, ein amateure», erklärt OK-Mitglied Kaspar Zbinden, «können sich die QSO, zustande, fühlt es sich für einige Funker an wie «Physik überliSchweizer Funker auch mal in Person treffen.» Und nicht nur deswegen sten». Am Frequenzen-Sucher zu drehen und zu schauen, ob man einen ist das Fest etwas Besonderes für das Mitglied der Union SchweizeriKontakt herstellen kann, ob man mit einer Person irgendwo am anderen scher Kurzwellen-Amateure (USKA). Er und seine Kollegen wollen heuEnde der Welt sprechen kann, darin liegt der Reiz des Funkens. te ihren Freunden und Familien den Amateurfunk näherbringen. Im Wohnwagen freut sich Irminger «schurig» über das QSO. Er strahlt Draussen vor dem Wohnwagen wippen grosse dünne Metallstangen, wie ein Physiker, der für einen kurzen Moment die ganze Physik in den sogenannte bipolare Antennen, im Wind. Es riecht nach Bratwurst. Händen hält. Irminger beginnt seinen Rufnamen nach internationalem Drinnen verstummt das Rauschen von einer Sekunde auf die andere. Standard zu diktieren: «Hotel-Bravo-Nine.» Dann spricht er über die Ge«Maybe», tönt es plötzlich aus den Boxen. Und es ist da, dieses ironische sprächsqualität, seinen Standort, die technischen Geräte – und das Wet«vielleicht» als Antwort aus dem Äther, dieses eine Wörtchen. Noch ter. «Der Funkkontakte laufen meist ähnlich ab», erklärt Zbinden. Im weiss niemand, wie es hierhergekommen ist, noch weiss niemand, wem Durchschnitt dauert einer wohl gerade mal eine Minute. Persönlich weres gehört. Doch es ist hier, im Wohnwagen, in Othmarsingen, hier bei de das Gespräch im Normalfall nicht. Schliesslich kann die ganze Welt Göpf Irminger. Und der begrüsst es mit einem Lächeln. mithören. Und Politik, Religion und Kommerz sind Tabu. So wollen es Irminger ist pensioniert. Auch das Publikum heute am «Hamfest» ist die international gültigen Verhaltensregeln des Funks. «Beim Funken eher älter, meistens männlich. Die meisten Funkamateure tragen Hemd geht es mehr um das Herstellen des Kontaktes – als um den Kontakt selund Brille und haben mehr Lachfalten im Gesicht als Haare auf dem ber», erklärt Zbinden. Ihm ist via Ultrakurzwellen (UKW) schon einmal Kopf. Ist das Funken also etwas für alte, fröhliche Menschen, die das Internet noch nicht entdeckt haben? «Nicht nur», findet Zbinden. Das Funken habe auch «Beim Funken geht es mehr um das Herstellen des Kontaktes – im digitalen Zeitalter noch seine Berechtigung. als um den Kontakt selber.» Der erst 41-jährige Gemeindeschreiber funkt selber seit acht Jahren. Im April 2007, an das ein Kontakt nach Hamburg gelungen. Und auf der Kurzwelle habe er Datum erinnert er sich genau, hat er die Prüfung zum Amateurfunker auch schon mit Japan oder Kanada gesprochen. Insgesamt hatte Zbinbestanden. Denn für das Funken auf den Kurz- und Ultrakurzwellen den schon mit Menschen aus über 50 Ländern Funkkontakt. Und das braucht es eine Lizenz, ausgestellt vom Bundesamt für Kommunikation Faszinierende dabei sei für ihn der minimale Technikaufwand. Mit ge(BAKOM). Amateurfunk, und da soll man sich nicht vom Wort Amateur rade mal fünf Watt Leistung ein Morsezeichen um die Welt zu schicken, täuschen lassen, ist professionell. «Amateurfunk ist nicht zu verwechist für den Funker ein erhabenes Gefühl. Gerade im Internet-Zeitalter. seln mit dem Hobbyfunk», erklärt Zbinden. Zbinden selbst kann zwar noch nicht morsen, er will es aber bald lernen. Denn das Morsen gilt in der Funkerwelt als Königsdisziplin. Die Funkstrassen mit Verkehrsregeln «Künstler des Minimalismus» müssen ein enorm gutes Gehör haben. Der Hobbyfunker, respektive CB-Funker, braucht keine Lizenz. Er «Morsen ist die schönste Funksprache», sagt Zbinden. Doch ob per Moroder sie kann sich ein Gerät in einem Supermarkt kaufen – und auf eisezeichen oder per Gespräch: jeder Kontakt sei etwas Besonderes. nem offenen Frequenzband loslegen. Und eben dieser Unterschied ist Nach einem Funkkontakt tauschen die Funkamateure meist sogeden meisten Funkamateuren enorm wichtig. Die meisten bevorzugen nannte QSL-Karten aus. Per Post oder Mail bestätigen sie sich so ihren deshalb die Bezeichnung «ham radio». Denn im amerikanischen Wort Kontakt. Die Funker sammeln die QSL-Karten wie Kinder die Paninikommt der Begriff Amateur nicht vor. In der deutschen Übersetzung, so Fussballbildchen. Je spezieller der Kontakt, je grösser die Distanz zum sind sich die Funker einig, soll man wenigstens von Funkamateuren und Gesprächspartner, desto mehr ist die Karte wert. Bald könnten Amanicht von Amateurfunkern sprechen. Denn für die Funker ist klar: teurfunker, erklärt Zbinden, auf QSL-Karten aus dem Kosovo hoffen. «Amateur» hat zweite Priorität. Besteht ein Funkanwärter die Prüfung, Denn eines der neusten Länder der Welt dürfte bald mit offiziellen Rufdie technisches Wissen, rechtliche Vorgaben und Verhaltenskodizes abzeichen an den internationalen Funkverkehr angebunden werden. fragt, bekommt er oder sie einen offiziellen Rufnamen: einen sechsstelligen Code, den heute jeder Besucher stolz auf der Brust trägt. Die per«Hi» steht für Lachen sönlichen Rufnamen, die extra für den heutigen Tag auf Pins gedruckt Amateurfunk ist völkerverbindend. Und doch gleichzeitig wieder abwurden, beginnen meistens mit HB. Denn mit diesen zwei Buchstaben grenzend, denn Funkamateure leben in einer eigenen Welt. Sprechen fangen in der Schweiz alle offiziellen Rufnamen an. «OM», «old men», in einem «QSO», einem Gespräch, über ihr «RIG», ihr Und HB9EGZ, bürgerlich Kaspar Zbinden, weiss, wieso es überhaupt Funkgerät, mit den «YLs», den «young ladies», dann verwenden sie gereinen solchen offiziellen Namen braucht. Weltweit gebe es etwa 2,5 ne Abkürzungen. Sagen Funkamateure «73», meinen sie «Grüsse». «VY» Millionen Funkamateure. «Und weil so viele Menschen die Funkfre-

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Funkamateur Göpf Irminger nimmt im Funkwohnwagen Kontakt mit der Aussenwelt auf.

steht für «very good» und «hpe cuagn» meint «hope to see you again» – «Ohne Funk», das bestätigt auch Irene Mazza, «geht auf Einsatz «hoffentlich bis bald». «Manchmal übertreiben wir’s», meint Zbinden. nichts.» Zweimal schon war die Pflegefachfrau und Übersetzerin für So schreibe er in einem SMS oft «R» für «Roger» statt «Ok» oder «ist gut». Ärzte ohne Grenzen in der Demokratischen Republik Kongo, wo sie BeManche seiner Kollegen, sagt er mit einem Schmunzeln, würden gar in troffene der Schlafkrankheit behandelte. Um ihre Patienten zu besueinem direkten Gespräch «hi» sagen oder es mit «Hotel-India» buchstachen, fuhr sie oft stundenlang mit dem Motorrad durch den Dschungel. bieren. «Hi» steht für Lachen. Die Funkersprache sei halt so ein «IdentiAus Sicherheitsgründen musste sich die 37-Jährige stündlich per Funk fikationsding». bei ihrer Basis melden. «Als ich das einmal vergessen hatte», erinnert sie Funkamateure identifizieren sich mit ihresgleichen, sie finden im sich mit einem Schmunzeln, «wurde sofort ein Suchtrupp losgeschickt.» Funk eine Heimat. Doch ebenso sehr geht es ihnen dabei ums FortgeVom Ernstfall zurück in den Wohnwagen zu Göpf Irminger. Die Stimhen. So reiste HB9BXE in die Nähe des Südpols, nur um dort eine Funkantenne aufzuHB9BXE, 64, riskierte sein Leben, um am Südpol eine Funkrichten. Der 64-Jährige, mit bürgerlichem Naantenne aufzustellen. men Hans-Peter Blättler, riskierte sein Leben für einen Funkkontakt. Sechs Jahre Vorbereitungszeit und eine halbe Million Schweizer Franken investierten er und me aus dem Gerät kommt nicht etwa aus London oder vom Südpol, sonsein Team in die Expedition nach «Peter Island One». Mit dieser sechsdern sie gehört Kollege HB9XH aus Oberhasli, der vom Hamfest gewusst wöchigen Unternehmung erfüllte er sich einen Traum. Während andere und ihn auf seiner Frequenz gesucht hat. Was Irmingers Freude aber den Kilimandscharo besteigen, reise er eben an abgelegene Orte, um zu keinen Abbruch tut: «Schurig» gefreut habe es ihn, sagt er noch zweifunken. mal ins Mikrofon. Dann beendet er mit «Hotel-Bravo-Nine» und «is closing» sein Gespräch. Im Wohnwagen wird es still. Nur das Rauschen Funk rettet Leben bleibt zurück. ■ Neben dem Abenteurertum gibt es aber auch andere, sehr pragmatische Gründe, um zu funken. So kann es den Einstieg in die Berufswelt erleichtern: «Will jemand einen technischen Beruf erlernen, kann das Funken helfen», sagt Zbinden. Und Patrick «Patto» Hafner kennt noch einen anderen pragmatischen Grund: «Funken kann Leben retten», weiss Buchtipp: Perikles Monioudis, Im Äther. der Logistiker der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen. In KrisengeDer Journalist und Funker erzählt anhand eines Dichters die Kulturgeschichte des bieten sei der Funk oft die einzige Kommunikationsmöglichkeit. Äthers zwischen Wissenschaft und Poesie. SURPRISE 312/13

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Veganismus Tierlos von A bis Z Veganer leben gänzlich ohne tierische Produkte. Das bedeutet: kein Fleisch, keine Milch, keine Eier, kein Honig, kein Leder, noch nicht mal Gummibärchen. Früher waren sie eine belächelte Randgruppe, mittlerweile ist der Veganismus in Hollywood angekommen. Was hat es damit auf sich? Und was wird noch daraus werden? Antworten in unserem kleinen ABC des Veganismus. VON PETER LAU (TEXT) UND PATRIC SANDRI (ILLUSTRATIONEN)

Anfang Der Ausdruck vegan, eine Verkürzung des Wortes «vegetarian», wurde 1944 von dem Briten Donald Watson geprägt. Er war 1924 mit 14 Vegetarier geworden, fand diese Ernährung aber langfristig nicht konsequent genug. Um die Ausbeutung der Tiere durch die Menschen zu beenden, fand er, müsse man auf alle tierischen Produkte verzichten, also auch auf Eier, Milch, Leder etc. Der engagierte Pazifist gründete die britische Vegan Society, die erste vegane Organisation überhaupt, und das Magazin Vegan News. Watson lehnte auch Zigaretten und Alkohol ab. Dagegen gab es aber schon Bewegungen.

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Bewusstsein Tiere haben eines, Menschen nicht – so sieht es zumindest die vegane Theorie: Denn Tiere empfinden Schmerz (Bewusstsein), wir aber nehmen das nicht wahr (kein Bewusstsein). Doch zeigt sich der Mensch einsichtig und wird Veganer, entwickelt er ein höheres Bewusstsein. Lange war die Argumentation veganer Aktivisten und Organisationen von solch semireligiösen Erweckungsfantasien geprägt. Das hielt ihre Popularität in engen Grenzen.➝ Ideologie CO2 Inzwischen sind die Veganer argumentativ deutlich besser aufgestellt. Eines ihrer schweren Geschütze ist der ökologische Fussabdruck der Intensivtierhaltung. 78 Prozent der weltweiten landwirtschaftlichen Nutzfläche werden direkt oder indirekt (durch Futtermittelanbau) für die Tierproduktion genutzt, ausserdem entfällt auf sie ein erheblicher Anteil des weltweit produzierten CO2 und anderer Treibhausgase. Wie erheblich ist allerdings umstritten: mehr als 50 Prozent? Oder doch weniger als 10 Prozent? Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) sieht in der Intensivtierhaltung jedenfalls ein grosses

Klimaproblem. Allerdings hilft es auch nicht, auf Biohaltung umzusteigen: Glückliche Biotiere erzeugen laut einer britischen Ökobilanz mehr Treibhausgase als die armen Viecher in den Fabrikställen (Ausnahme: Schweine und Schafe). Also, so der Veganer-Schluss: am besten gar keine Tierhaltung. D, Thomas So sieht es jedenfalls der Rapper Thomas D, Mitglied der Gruppe Die Fantastischen Vier. Er war lange Vegetarier und ist seit diesem Jahr Veganer. Er ist nicht der einzige Star, der sich öffentlich dazu bekennt. Die vegane Szene hat seit einiger Zeit erheblichen Zulauf von Schauspielern, Models, Musikern, Sportlern und so weiter. Natürlich ersetzen Namen keine Argumente. Einerseits. Andererseits: Bryan Adams! Carl Lewis! Bill Clinton! Alle Veganer! ➝ Jugendkultur

Erfolg Popularität wächst sprunghaft – das gilt auch für die vegane Ernährung. In der Schweiz leben laut Schätzung der Veganen Gesellschaft Schweiz rund drei Prozent der Bevölkerung vegetarisch und jeder achte bis zehnte davon vegan. In Deutschland stieg der Umsatz mit SURPRISE 312/13


veganen Produkten von 2011 auf 2012 um 19,4 Prozent auf 232 Millionen Euro, und es gibt eine vegane Supermarktkette namens Veganz, die bislang vier Filialen hat, bis Ende 2015 sollen es 21 in ganz Europa sein. In der Schweiz gibt es mittlerweile in allen grösseren Städten Restaurants mit veganem Angebot, in Zürich und Schaffhausen gibt es vegane Läden, und die vegane Variante im Angebot des Zürcher Kuriers Flying Pizza soll die zweitbeliebteste nach der Margherita sein. Fleischersatz Der Umstieg auf fleischlose Kost war nie so einfach wie heute. Fleischersatz aus Getreide (Seitan) oder Soja wird zu Würstchen, Burgern, Hot Dogs, Schnitzel oder Braten verarbeitet. All das schmeckt nicht wirklich wie Fleisch, von der Konsistenz ganz zu schweigen – aber man gewöhnt sich daran. Kritiker sehen im Fleischersatz zwar einen Beweis dafür, dass Veganer ihre wahren Bedürfnisse unterdrücken. Doch selbst professionelle Köche halten dagegen, dass die gängige Fleischküche den kreativen Umgang mit Gemüse und anderen vegetarischen Lebensmitteln stark eingeschränkt habe.➝ Passard, Alain

Globalisierung Theoretisch schätzt auch der Veganer lokale Produkte. Doch es ist umstritten, ob es überhaupt möglich ist, sich in Nordeuropa mit seinen kalten Wintern und dem damit einhergehenden eingeschränkten Nahrungsmittelangebot konsequent ohne tierische Produkte zu ernähren. Dank der Globalisierung ist das aber kein Problem. Allerdings werden nicht nur Obst und Gemüse aus aller Welt eingeflogen, auch andere vegane Nahrungsmittel legen weite Wege zurück. Fry’s aus Südafrika zum Beispiel ist mit Fleischersatzprodukten global erfolgreich. Die «Chicken-Style Strips» und ähnliche Fertiprodukte machen das vegane Leben bequemer – der ökologische Fussabdruck der weit gereisten Nahrungsmittel dürfte aber kaum kleiner sein als der eines Huhns aus der Nachbarschaft. Hunde Tierschutz steht bei Veganern ganz hoch im Kurs. Doch es gibt eine Ausnahme: den eigenen Hund. Zwar gibt es längst auch veganes SURPRISE 312/13

Hundefutter, mit dem die Tiere der Fleischverächter ernährt werden können. Aber darf man einem Allesfresser das Fleisch vorenthalten, von dem er sich normalerweise ernähren würde? Ist das nicht gemein? Und was ist mit der Leine? Ist die eigentlich mit der Freiheit des Tieres vereinbar? Ideologie Ja, das Hundethema gehört zu den Untiefen des Veganismus. Der hat alles, was man von einer Ideologie erwartet. Vor allem natürlich: recht! Sowie ein geschlossenes Weltbild, das von Fleischlosigkeit bis Tierbefreiung reicht und weiter zu Antirassismus, -sexismus und gar -speziesismus, einer Theorie, nach der die Unterschiede zwischen verschiedenen Spezies, etwa Menschen und Hunden, soziale Konstrukte sind. Tja, Ideologien sind bekanntlich Religionen für Menschen, die nicht an Gott glauben können. Vielen Neu-Veganern dürften solche Ideen jedoch egal sein. Der aktuelle massentaugliche Diskurs ist deutlich bodenständiger … Jugendkultur … vor allem in der Jugendkultur. Früher kamen junge Veganer häufig aus der Straight-Edge-Bewegung, die sich aus dem Hardcore-Punk entwickelt hatte und ein gesundes, moralisches Leben propagierte. Heute dagegen kann man sich zu einem gefühlten Veganismus bekennen, der auf aufrichtigem Engagement, der Begeisterung für vegane Stars und dem Echo einer alten Liebe zu Kuscheltieren basiert. Konsequenz Die hilft nicht nur bei jungen Leuten. Aber auch. In einer Welt, in der Probleme gern ignoriert oder mit faulen Kompromissen überdeckt werden, ist eine konsequente Lebensweise attraktiv. Besonders für den Nachwuchs aus der Mittelschicht, die sich nur noch für den Erhalt ihres Status interessiert: «Sieh mal, Papa, wir können auch anders!»

Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) kann eine vegane Diät insbesondere bei Babys und Kindern zu Mangelerscheinungen führen. Erwachsene Veganer sollten daher über ein solides Wissen verfügen, um sich vollwertig ernähren zu können. Weil das nicht jeder hat, gibt es im veganen Shop auch Nahrungsergänzungsmittel.➝ Teuer Natur Das Verhältnis des Veganismus zur Natur ist eher ambivalent. Einerseits soll sie geschützt werden, andererseits soll sich der Mensch von ihr befreien. Der primitive Mensch isst Fleisch – der zivilisierte nicht.➝ Ideologie Optimierung Das passt zum Megatrend Life Hacking, also Selbstoptimierung. Wer mit Feng Shui seine Wohnung und mit dem Bestseller «Die 4-Stunden-Woche» seine Arbeit optimiert hat und vielleicht schon Daten zur Selbstvermessung sammelt, perfektioniert natürlich auch gern seine Ernährung. Vor allem, wenn das schön und gesund macht.➝ Versprechen Passard, Alain Seit vegetarische Restaurants in den Achtzigern mit dem Slogan «Auch Sekt ist vegetarisch» warben, gehört die Lust am guten Leben zur Fleischlosigkeit dazu. Das gilt heute auch für die vegane Ernährung. Nirgends hat sich das Essen so drastisch verbessert wie in veganen Restaurants und Cafés. Und da ist immer noch Luft nach oben, wie der französische Drei-Sterne-Koch Alain Passard beweist. In dem gerade erschienenen Graphic-Kochbuch «In der Küche mit Alain Passard» gibt es zwar auch einige Fleisch- und Fischgerichte, aber die überwältigende Mehrheit der Rezepte ist vegetarisch, einige sogar vegan. Und eine bessere Reklame für veganes Essen als Passards «Gemüse Sushi» ist schwer vorstellbar.

Lupinen Gehören zur Familie der Hülsenfrüchte. Die Samen sind sehr eiweissreich und können in der veganen Ernährung Soja ersetzen. Lupinen sind ein gutes Beispiel für Innovation durch Beschränkung. Wer bestimmte Dinge nicht essen darf, wird mit der Zeit feststellen, wie viele Dinge er essen kann, mit denen er sich nie beschäftigt hat. Das macht Spass! Mangelernährung Und es ist nötig. Wer versucht, sich wie früher zu ernähren, bloss ohne Tierprodukte, wird schnell krank werden. Das Nahrungsmittelangebot ist nun mal beschränkt, und einige Nährstoffe wie die Vitamine D und B12 kommen vor allem in Tierprodukten vor. Laut der

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Qualität Noch sind vegane Lebensmittel Nischenprodukte, die meist von kleinen Unternehmen hergestellt werden, deren Gründer zur Szene gehören. Im Gegensatz zum Angebot im normalen Supermarkt muss man deshalb das Kleingedruckte auf den Packungen nicht lesen – Qualität und Zutaten werden schon in Ordnung sein. Aber das hat natürlich seinen Preis.➝ Teuer Rohköstler essen vorwiegend oder ausschliesslich unverarbeitete oder zumindest nicht erhitzte Nahrungsmittel. Im Vergleich dazu ist die vegane Ernährung ein Schwelgen im Exzess. Und wer selbst Rohkost exzessiv findet, kann noch Frutarier werden. Die ernähren sich ausschliesslich von Obst, Nüssen, Samen und Getreide. Steve Jobs war in den Siebzigerjahren einige Zeit Frutarier. Für einen Trend hat das bisher nicht gereicht. Spiritualität Wer sich mit dem veganen Lebensstil beschäftigt, beschäftigt sich automatisch mit viel mehr: mit der Nahrungsmittelindustrie und der Politik, mit den eigenen Wünschen und Gewohnheiten, mit Geschmack und Genuss. Das führt zu Fragen wie: Was will ich? Was kann ich? Wer bin ich? Und kann in der Folge zu einer Klarheit führen, die ans Spirituelle grenzt. Das erklärt die Schwärmerei so mancher Neu-Veganer. Man darf sie also ruhig ernst nehmen.

Überfluss Ein Glück, dass die neuen Veganer in der Regel nicht arm sind. Jan Bredack war früher Vertriebschef bei Mercedes-Benz, Kirsten Mulach, die Gründerin des Hamburger Cafés Fairy Food, ist ehemalige Fernsehredakteurin, JeanChristian Jury, der Gründer des hochgelobten Berliner Restaurants La Mano Verde, hat zuvor weltweit gastronomische Konzepte entwickelt. Und wie die Macher, so die Konsumenten. Früher waren Veganer wütende Menschen, die sich wenig leisten konnten. Heute treffen bei Veganz Manufactum-Taschen auf Büro-Kostüme oder junge Lifestyle-Accessoires. Im Westen also nichts Neues: Auf Überfluss folgt Überdruss – und der mündet in die Beschränkung.

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Sind Sie vom Typ «Probieren geht über Studieren»? Die Vegane Gesellschaft Schweiz hat den November als «World Vegan Month» ausgerufen und ermuntert dazu, einen Monat lang das Leben als Veganer auszuprobieren. Infos und Anmeldung, auch nach dem 1. November, auf www.vegan.ch/wvm

Versprechen Der vegane Lebensstil verbessert die Haut und hält das Altern auf, er macht leistungsfähiger und sorgt für ein reines Gewissen, er macht wacher und glücklicher und zufriedener und … Mit dem Trend kommen die Erlösungsfantasien. Auch nichts Neues. Welthunger Interessanter ist das zweite schwerwiegende Argument der Veganer: Die ganze Welt kann nicht so viel Fleisch essen, wie es heute in den westlichen Industrieländern üblich ist. Verbreitet sich das bei uns normale Ernährungsmodell weiter, führt das zwangsläufig zu Hungersnöten in der Dritten Welt. Vieles spricht für diese These.➝ Co2 XXS Beziehungsweise: Weniger ist mehr. Noch so ein Megatrend, der prima zum veganen Leben passt. Mit dem Smart zu Veganz und danach zu Hause die Sprossen an einem Küchenblock dünsten, der so spurlos im fast leeren Loft ruht – ist das nicht nah an der inneren Einkehr eines Zen-Mönchs?

Teuer Wer sich vegan und trotzdem bequem ernähren will, sollte über ein solides Einkommen verfügen. 70 Gramm Schokolade aus Reis und Soja kostet im Bio-Laden (und Bio sollte es wenn schon, denn schon sein) CHF 4,80, ein halbes Kilo Glacé ohne Rahm 13 bis 15 Franken, zwei Schokotruffes 3,20. Für drei vegane Würstchen blättert man 6,40 hin, für einen «Appezöller Beräweggä» 8,70. Selbst Jan Bredack, Gründer der deutschen Supermarktkette Veganz, räumte in der Tageszeitung Die Welt ein: «Grob gesagt muss man (…) bei uns ein Plus von 20 Prozent im Vergleich zum Preis im gewöhnlichen Supermarkt einkalkulieren.»

leben werden. Es wird Menschen geben, die mal vegan leben und mal vegetarisch, aber vermutlich nie wieder mit Fleisch – dessen Attraktivität nimmt deutlich ab, wenn man sich erst mal entwöhnt hat. Es wird Menschen geben, die ab und zu vegane Cafés oder Restaurants besuchen, weil es da einfach lecker ist. Und es wird viele Fleischfresser geben, die von all dem nichts mitbekommen werden. Weil längst wieder irgendetwas anderes in ist.

Yoga War auch mal Trend. Galt auch mal als Allheilmittel. Schauspieler, Musiker, Models und so weiter bekannten sich öffentlich zum Yoga. Und teuer war es. Heute gibt es überall YogaStudios, kleine und grosse, billige und teure. Menschen machen Yoga oder eben nicht. Und niemanden interessiert das. So geht das mit Trends, die im Kern durchaus sinnvoll sind. Und so wird es auch mit dem Veganismus gehen. Zukunft Es wird strikte Veganer geben, die bequem und lecker mit Produkten aus ihrem Supermarkt leben. Es wird Veganer geben, die sich das nicht leisten können und die mit günstigen Produkten aus normalen Supermärkten sowie viel Mühe in der Küche ebenfalls strikt vegan

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BIRNEL der Winterhilfe: gut, natürlich, nachhaltig Birnel wird ausschliesslich aus Mostbirnen von Schweizer Bauernbetrieben hergestellt. Die Früchte werden gepresst, der Saft geklärt, filtriert, entsäuert und konzentriert. Birnel enthält keinerlei Konservierungsmittel und Zusatzstoffe und ist deshalb auch für Veganer geeignet. Wie Honig kann Birnel zum Backen, Kochen und Süssen verwendet werden. Birnel wird seit Jahrzehnten von der Winterhilfe vertrieben. Mit dem Kauf von Birnel unterstützen Sie also gleichzeitig die wertvolle Arbeit des Schweizer Hilfswerkes, das sich seit 1936 gegen die Armut in der Schweiz einsetzt. Weitere Informationen zu Birnel und zur Winterhilfe Schweiz: www.winterhilfe.ch SURPRISE 312/13


BILD: IOAN GRILLO

Drogenkrieg Das brutale Scheitern der Repression Seit zwölf Jahren berichtet der britische Journalist Ioan Grillo über den Drogenkrieg in Mexiko. Sein Buch «El Narco» bietet seltene Einblicke in die Gewalt, die das Land im Griff hält. Im Interview spricht Grillo über zurückhaltende Soldaten und militante Bürgerwehren, die Gründe für die ausserordentliche Brutalität und die Legalisierung als möglichen Weg zum Frieden.

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BILD: ZVG

INTERVIEW CALLUM MCSORLEY

Mexiko ist für Journalisten einer der gefährlichsten Orte der Welt – was bedeutet das für Ihre Arbeit? Es ist nicht einfach. Als ich das erste Mal hierherkam, konnte ich einfliegen, ein Auto mieten und alleine durch die Gegend fahren. Unterdessen mache ich das nicht mehr. Es gibt immer jemanden, der mich begleitet. Viele Medien lassen einen aus Prinzip nicht mehr vor Ort recherchieren, denn sie wollen keinen toten Reporter riskieren. Persönlich erlebe ich nicht nur die Gefahr als Problem, sondern es ist nur schon schwierig, an Informationen und Interviewpartner heranzukommen. Es braucht Jahre, um die notwendigen Kontakte und Informationen zu beschaffen. Es ist auch nicht leicht, mit Kartellangehörigen zu sprechen und bei Interviews den richtigen Umgang zu finden. Welchen Einfluss hat es, dass Sie als weisser Ausländer augenscheinlich ein Aussenstehender sind? An Orten, wo es bewaffnete Konflikte zwischen Drogenkartellen gibt, hat man in gewisser Weise einen Vorteil, da sie einen nicht für einen Angehörigen des gegnerischen Kartells halten können. Normalerweise erzähle ich den Leuten in diesen Vierteln gleich, dass ich Journalist bin und Brite – einfach irgendwelchen Leuten auf der Strasse, die möglicherweise Kontakt zu den Kartelltypen haben. Wenn es dann zu einem Interview kommt, setzt man als Journalist sein Handwerk ein, um mit den Menschen zu kommunizieren. Es kann von Vorteil sein, mit jemandem zu reden, der eine komplett andere Biografie hat. Manchmal hatte ich den Eindruck, dass es meinem Interviewpartner gut tat, seine Geschichte jemandem zu erzählen, der als Aussenstehender nichts mit seiner eigenen Welt zu tun hat. Ihr Buch endet im Juli 2012. Was ist seitdem passiert im DrogenIoan Grillo recherchiert seit zwölf Jahren in Mexiko. krieg? Wie geht der seit einem Jahr amtierende Präsident Enrique Peña Nieto mit dem Thema um? Gelingt diesen Bürgerwehren die Vertreibung der Drogenkartelle Die Taktik des neuen Präsidenten ist bisher schlicht: das Thema oder schüren sie weitere Gewalt? wechseln. Er sagt zum Beispiel Sachen wie: «Wir wollen nicht mehr An manchen Orten waren sie kurzfristig erfolgreich. Andernorts ist über Drogen und Kriminalität sprechen. Wir wollen nicht, dass diese es komplizierter. Manchmal weiss man nicht genau, ob man es mit eipaar tausend Kartellmitglieder die gesamte Agenda eines Landes mit ner Bürgerwehr zu tun hat oder mit Kartellmitgliedern, die vorgeben, 118 Millionen Einwohnern beeinflussen.» Das finde ich legitim. Viele von der Bürgerwehr zu sein, damit sie bewaffnet durch die Gegend lauMenschen haben akzeptiert, dass man die Drogenkartelle nicht militärisch bekämpfen kann, so wie es Felipe Calderón (Präsident von Mexiko 2006–2012) ver«Das Seltsame an diesem Konflikt ist, dass er in einer sucht hatte. Seine militärische Offensive gegen normalen Gesellschaft ausgetragen wird. Trotzdem muss die Drogenkartelle ist gescheitert. Neu geht es eher darum, die Zustände unter Kontrolle zu man sich gewisse Gegenden in Mexiko als Kriegsgebiet halten. Wenn es irgendwo Gewalt gibt, dann vorstellen.» schreiten Soldaten ein, errichten Strassensperren und versuchen die Situation zu entschärfen können. Zudem offenbaren Bürgerwehren einen Mangel an staatfen, was eine legitime Art von Schadensbekämpfung ist. Man kann den licher Kontrolle. Stellen Sie sich vor, Sie fahren in ein Dorf und treffen Drogenhandel nicht stoppen, darum ist es manchmal besser, wenn sich dort einen Haufen Typen mit Baseballkappen und Uzis. Die Gewalt der das Militär zurückhält. In der Vergangenheit wurde die Gewalt durch Kartelle findet oft im Verborgenen statt, ist teilweise unsichtbar. BürgerMilitäreinsätze oft angefacht. wehren hingegen sind sehr sichtbar, und darum steigt in gewisser Weise die Unsicherheit bei den Menschen. Wie kontrolliert man eine BürgerMan lässt die Kartelle also ein Stück weit gewähren? wehr? Nicht unbedingt. Eine der interessantesten Entwicklungen der letzten Zeit war die Entstehung von Bürgerwehren. Das sind im Prinzip beIn Ihrem Buch beschreiben Sie die zunehmende Brutalität und waffnete Einwohner von Dörfern oder Vierteln – das können Bauern, Grausamkeit der Kartelle. Wie kam es zu dieser Eskalation? Taxifahrer oder Ärzte sein –, die es satt haben, drangsaliert zu werden, Eine ganz wesentliche Frage. Wie konnte aus Auseinandersetzungen und die Sache selbst in die Hand nehmen. Sie patrouillieren und verzwischen mafiaartigen Gruppen eine Art Bürgerkrieg entstehen? Wie treiben die Drogenkartelle aus ihren Vierteln. Es ist eindrücklich, Zivilikommt es so weit, dass 72 Menschen in einem Massengrab landen, dass sten zu sehen, die ihre AR-15-Gewehre und Uzi-Maschinenpistolen zur man 49 enthauptete Leichen ohne Hände und Füsse findet? Ich denke, Schau stellen. das lässt sich am ehesten verstehen, wenn man die Situation wie einen Bürgerkrieg betrachtet: Dort begehen Menschen wahre Gräueltaten.

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Sie vergleichen Mexiko mit einem Land im «Wenn man immer wieder die Anführer verhaftet, sind die Bürgerkrieg? Kartelle mit sich und ihrer Organisation beschäftigt, was Das Seltsame an diesem Konflikt ist, dass er ihre Macht ein Stück weit eingrenzt. Beseitigen kann man in einer mehr oder weniger normalen Gesellschaft ausgetragen wird. Er findet nicht in eidie Kartelle auf diese Weise allerdings nicht.» nem Staat ohne funktionierende Strukturen wie Somalia statt. Trotzdem muss man sich geihrer Organisation beschäftigt, was ihre Macht ein Stück weit eingrenzt. wisse Gegenden in Mexiko als Kriegsgebiet vorstellen. Wenn bewaffneBeseitigen kann man die Kartelle auf diese Weise allerdings nicht. te Kartelle von mehreren hundert Mann ein Gebiet kontrollieren, dann leben die Menschen dort wie in einem Guerillakrieg. In einer staatlichen Wie sehen Sie die Rolle der USA in diesem Drogenkrieg? Armee hat man zumindest ein bisschen Kontrolle, diese fehlt bei den Die USA tragen eine grosse Verantwortung für die Situation in MexiKartellen aber vollständig – daher auch die vielen Gräueltaten. ko: Sie liefern Waffen, konsumieren Drogen, es fliesst viel Drogengeld aus Mexiko in die Staaten. Der vom ehemaligen US-Präsident Nixon Sie schreiben in Ihrem Buch, dass der Aufstieg der Kartelle mit ausgerufene «Krieg gegen die Drogen» machte den Drogenhandel zu eider Demokratisierung von Mexikos Politik ab dem Ende des letznem riesigen Geschäft für Kriminelle. Die rigorosen Verbote machten ten Jahrhunderts zusammenfalle. Würden Sie sagen, dass die den Aufstieg der Drogenkartelle erst möglich. Demokratie einen negativen Einfluss auf Mexiko gehabt hat? Ich würde nicht sagen, dass die Demokratie im Allgemeinen Mexiko Die Repression heizt das Geschäft also an. negativ beeinflusst hat, denn sie brachte auch die Möglichkeit, Parteien Wenn wir sehen, wohin der illegale Drogenhandel uns geführt hat, und Präsidenten abzuwählen. Calderón führte sechs Jahre lang einen welch monströse Strukturen er in Ländern wie Mexiko hervorgebracht verheerenden Kampf gegen die Drogenkartelle, und die Menschen konnhat, dann wird offensichtlich, dass wir neue Wege der Problemlösung ten ihn abwählen. Eine freie Presse, die die Regierung kritisiert und suchen müssen. Ich hoffe, dass die Entscheidungsträger einsehen, dass eine lebhafte Diskussion ermöglicht, ist gut. Aber eines der Probleme, die bisherige Politik nicht funktioniert hat. mit dem wir uns in einer Demokratie auseinandersetzen müssen, ist die Frage nach den Möglichkeiten eines Rechtsstaats im Umgang mit krimiGlauben Sie, dass die Legalisierung von Drogen eine realistische nellen Warlords. Es gibt keine einfache Lösung. Man muss versuchen, Möglichkeit wäre, die Gewalt zu stoppen? Rahmenbedingungen zu schaffen, unter denen die Kartelle bekämpft Ja, das tue ich. Wir sollten Marihuana, die mit Abstand populärste werden können, ohne bürgerliche Rechte und Freiheiten zu opfern. unter den illegalen Drogen, legalisieren. In einigen Ländern Europas exiMussolini ging seinerzeit in Italien in die Dörfer und sagte: «Wenn hier stieren bereits Massnahmen zur Entkriminalisierung, mit dem Resultat, jemand Teil der Mafia sein sollte und wenn ihr nicht alle aussteigt, dann dass der Marihuanahandel den kriminellen Organisationen entzogen bringe ich eure Familien um.» In jüngerer Zeit gelang den Taliban die wird. Sobald wir Marihuana legalisiert haben, müssen wir zusehen, wie Unterdrückung des Drogenanbaus in Afghanistan – indem sie mit äuswir die anderen Drogen handhaben. Es gibt bereits Programme für Präserster Brutalität vorgingen. Aber wie kann eine Demokratie wirksam vention und Rehabilitation, aber ich bin der Ansicht, dass wir in diesem gegen Drogenkartelle vorgehen? Das ist eine wichtige Frage für LateinBereich noch deutlich mehr tun müssen. amerika und viele andere Teile der Welt. ■ Es hat in letzter Zeit einige Verhaftungen von Kartellbossen gegeben. Welchen Einfluss hat das auf den Drogenhandel? Wenn man einen der Bosse verhaftet, gibt es immer einen, der seinen Platz einnimmt. Die Verhaftungen machen aber trotzdem Sinn. Wenn man immer wieder die Anführer verhaftet, sind die Kartelle mit sich und

www.street-papers.org / INSP Übersetzung von Ardeen Frida Ioan Grillo: El Narco, Inside Mexico’s Criminal Insurgency, Bloomsbury. Press, 2012. (Bislang nicht auf Deutsch erhältlich)

Ein «Weisenrat» fordert das Ende des Drogenkrieges «Der weltweite Krieg gegen die Drogen ist gescheitert.» Deutlicher als in ihrem Bericht von 2011 könnte es die Weltkommission für Drogenpolitik kaum ausdrücken: Der von den USA ausgerufene und von der UNO unterstützte «War on Drugs» hat keines seiner Ziele erreicht. Stoff und Händler wurden nicht beseitigt, im Gegenteil: Das Geschäft wächst immer weiter. Gemäss Untersuchungen von EU- und UN-Organisationen stieg der Konsum von Heroin allein im ersten Jahrzehnt seit der Jahrtausendwende um mehr als ein Drittel, die Wachstumsraten beim Kokain liegen nur wenig darunter. Produzenten und Grosshändler versetzen ganze Länder in den Ausnahmezustand – neben Mexiko betrifft das auch Küstengegenden in Westafrika, die als Drehscheibe für den Transport der Drogen von Lateinamerika nach Europa dienen. Zudem verbreiten sich HIV und Hepatitis speziell in Ländern, die einseitig auf Repression setzen, immer weiter: In Russland und Thailand liegen die Infektionsraten unter Heroinkonsumenten bei etwa 40 Prozent, in der Schweiz, die Spritzenabgabe und Substitution praktiziert, hingegen bloss bei etwa zwei Prozent. SURPRISE 312/13

Vor diesem Hintergrund fordert die Weltkommission für Drogenpolitik ein grundsätzliches Umdenken. Zwar gehört die Kommission nicht zur UNO und sie hat auch kein Mandat von nationalen oder internationalen Organisationen. Angesichts ihrer Mitglieder hat das Wort dieses «Weisenrates» aber trotzdem Gewicht, gehören ihm doch neben dem ehemaligen UNO-Generalsekretär Kofi Annan auch die Ex-Präsidenten von Ländern wie Kolumbien, Mexiko und Brasilien, der einstige USAussenminister George P. Shultz sowie Alt-Bundesrätin Ruth Dreifuss an. Gemeinsam fordern sie eine Drogenpolitik, die auf Empirie statt Ideologie beruht: «Vorrangiger Massstab für den Erfolg sollte die Minderung des Schadens für die Gesundheit, die Sicherheit und das Wohl der einzelnen Menschen und der Gesellschaft sein.» Diese Verlagerung vom Krieg gegen Drogen zu einem pragmatischen Umgang hat die Schweiz mit ihrer Vier-Säulen-Politik bereits erfolgreich vollzogen. Um aber Abhängige und Gesellschaften auf der ganzen Welt zu schützen und die Drogenkartelle auszuschalten, ist gemäss der Weltkommission für Drogenpolitik ein gemeinsames Vorgehen der Staatengemeinschaft notwendig. (ash)

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Fremd für Deutschsprachige Fünf, sechs Jahre Eine lange Reihe von Gründen hat dazu geführt, dass ich keine Schweizerin bin. Meine Eltern, in ihrer Migration einem kolchoseartigen Fünfjahresplan folgend, liessen früher regelmässig ihren Aufenthalt in der Schweiz verlängern. An einen endgültigen Entscheid zu bleiben war nicht zu denken. Später kletterten wir vom recht soliden B zum in sich ruhenden C, während weniger Glückliche auf einem wackligen F balancierten, das jederzeit vornüberkippen und sie abwerfen konnte. Doch obschon meine fleissigen und unauffälligen Eltern wohl nicht die unwillkommensten Neohallauer wären, haben sie sich nie der Gemeindeversammlung gestellt. Man blieb ohnehin nur noch fünf, sechs Jahre. Andere Familien aber begannen um die Gunst des roten Passes zu buhlen. Die Sache wurde damals in der albanischen Diaspora heiss diskutiert und

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teilte sie in zwei Lager: auf der einen Seite die Pragmatiker, Nutzenmaximiererinnen und Partizipationsenthusiasten, auf der anderen die Nostalgiker, Patriotinnen und Gekränkten. Während letztere ersteren vorwarfen, ihre Identität an einen Staat zu verraten, der sie sowieso immer als Ausländer sehen werde, verwiesen erstere auf die Vorteile des Roten. Ich selbst war wie die unentschlossene Kandidatin bei 1, 2 oder 3, die nicht weiss, wo sie wirklich richtig steht. Ich hüpfte hin und her: Klar wäre ich gern verreist, ohne Monate vorher in Konsulatswarteschlangen zu versauern. Zugleich fühlte ich mich spätestens dann bei den Ausländern besser aufgehoben, wenn sich Grüppchen von Inländern durch lange Zeigefinger und bunte Tiermetaphern hervortaten. Allerdings wollte ich in solchen Zeiten erst recht lieber selber wählen, als wählen zu lassen. Aber ist es richtig, fragte ich mich dann, eine Staatsbürgerschaft anzustreben, die Profifussballern und CEOs hinterhergeschmissen, der mit wirtschaftlichen und sozialen Problemen kämpfenden Arbeiterschicht jedoch möglichst schwer zugänglich gemacht wird? Und würde ich nun, durch solche Gedanken politisiert, bei einer unbewilligten Demo fürs Ausländerstimmrecht von der Polizei gefasst – könnte man mich dann gemäss Ausschaffungsinitiative des Landes verweisen? Soweit zur Frage, ob ich mich einbürgern lassen sollte. Ob ich es auch konnte, stand auf

einem anderen Blatt. Meine Lebensrealität richtete sich jedenfalls partout nicht nach den Einbürgerungsauflagen von Gemeinden, Kantonen und Bund: Als ich das Dorf meiner Kindheit verliess und zum Studium nach Zürich zog, meldete ich mich auch um – ganz à la Schweizer Flüggewerdung. Zu spät merkte ich, dass mein Unabhängigkeitseifer mich sechs Jahre kosten würde. Dies die Zeit, während der sich «ausländische, nicht in der Schweiz geborene Personen» laut Wohnsitzerfordernissen dauernd in der Stadt Zürich aufgehalten haben müssen vor einer Antragstellung. Als dann ein Gesuch möglich geworden war, steckte ich mitten in den Abschlussprüfungen und hatte keinen Kopf für Extrabürokratie. Ausserdem war ständig jobben angesagt, denn ich wohnte im teuren Züri, und in eine günstigere Gemeinde ziehen war ja nicht möglich, ohne weitere fünf, sechs Jahre zu riskieren. So wurde ich 26, was die Einbürgerungskosten von rund 250.– auf etwa 1500.– anhob. Die Jobs nach dem Studium schliesslich – die mir denn auch ermöglicht hätten, diesen Betrag hinzublättern – waren nicht nur in anderen Kantonen, sondern gar im Ausland zu suchen. Wo man mich übrigens für eine Schweizerin hielt. SHPRESA JASHARI (SHPRESAJASHARI@HOTMAIL.COM) ILLUSTRATION: RAHEL NICOLE EISENRING (RAHELEISENRING.CH) SURPRISE 312/13


Dokfilm Chinesische Bruchlinien «Watermarks», der dritte Teil von Luc Schaedlers Asientrilogie, ist eine so tiefgründige wie poetische Nahaufnahme der Befindlichkeiten von Chinas einfachen Leuten.

Kürzlich pries Präsident Xi Jinping den chinesischen Traum als Alternative zum amerikanischen. Die wachsende urbane Mittelschicht mag ihrem Staatschef beipflichten. Doch für weite Teile der Landbevölkerung bedeutet der chinesische Boom bislang weniger Aufbruch in ein neues Leben als schlicht einen Bruch in ihrem alten. «Man muss realistische Träume haben», sagt Xueqin (34). Im Fall der jungen Frau ist dies ein normales Leben und eine bessere Zukunft für ihren kleinen Sohn. Mit ihrem Mann Jihua bringt sie sich im apokalyptischen Kohlenbaugebiet Wusutu trotz Schwerstarbeit kaum durch. Das verbindende Element der drei im Film erzählten Geschichten ist Wasser, passend zu einem Land, in dem Gewissheiten reissend schnell weggeschwemmt werden – oder ausgetrocknet. Noch vor kaum 40 Jahren trieb Xueqins Schwiegervater, der Bauer Guancai, das Vieh durch die fruchtbaren Weiten der Inneren Mongolei, während der Rest Chinas an den Folgen der Kulturrevolution schier verhungerte. Und nun, da China bald zur grössten Wirtschaftsmacht der Welt aufsteigt, lebt er mit seiner Frau als Letzter in einem verlassenen Dorf mitten in der kargen Wüste. Das Einzige, was hier noch wächst, ist Fenchel. Regisseur Luc Schaedler verzichtete auf einen Sprecher; die Protagonisten sprechen für sich selbst. So entwickelt der Film seine Kraft ganz aus den Geschichten, die sie erzählen. Mit ihrer Offenheit überraschten sie selbst die Filmemacher. «Dass so viele Menschen bereit waren, mit uns eine Beziehung einzugehen, hatten wir nicht erwartet», so Schaedler. Das brauchte seine Zeit: Neun Monate bereiste er mit dem in China lebenden Sinologen Markus Schiesser das Land. Stand mitunter knietief in einem Reisfeld in Südchina und der Schweiss tropfte auf die Kamera. Dazu eine Bäuerin anerkennend: «Die arbeiten ja richtig!» In dem idyllischen Reisbauerndorf Jiuxiancun blickt man dem Modernisierungschub ohne Begeisterung entgegen. Noch wohnen dieser Gemeinschaft die Geister des letzten grossen chinesischen Bruchs inne – die Kulturrevolution wütete hier gnadenlos. «Heute pflanzt man Reis im Wissen, dass der Mann im nächsten Feld seine Eltern getötet hat», sagt Schaedler. Oder auch nur die jahrhundertealte Bibliothek seiner Familie verbrannt. Aber wie sagt der ehemalige Parteisekretär zu Bildern eines Begräbnisses? «Wenn der Hass sich fortpflanzt, gibt es keine Hoffnung.» Während die älteren Protagonisten von ungebrochenem Gleichmut geprägt sind, geht Xueqin ihren ersten Brüchen entgegen. Sie verweigert sich den Wünschen ihres Mannes, auch wenn dies vielleicht heisst, ihre Familie zu verlieren. Ihr Mann will zurück auf den Hof seines Vaters, sagt sich: besser das einfache Leben, als täglich Kohle einzuatmen. Sie glaubt an den Boom. «Xueqin spürt, dass sie Teil ist von etwas Grossem, und entwickelt daraus auch Erwartungshaltungen», so Schaedler. SURPRISE 312/13

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VON YVONNE KUNZ

Xueqin (34, links): «Man muss realistische Träume haben.»

Gleichzeitig sei ihr klar, dass ihre Generation wohl noch nicht vom neuen chinesischen Reichtum wird profitieren können. Unter Tränen sagt sie: «Danke, dass ihr gefragt habt.» Auch Chen Chaomei (19) setzt auf den Aufbruch, in Chongqing, mit etwa 35 Millionen Einwohnern die grösste Stadt der Welt. «Chaomei geht einen Schritt weiter, sie verweigert sich dem Schicksal des Status Quo», so Schaedler über die Fischerstochter. Sie ist mehr junger Homie als junges Mädel, sagt: «Ich bin nicht gern eine chinesische Frau.» Aber so brutal es klingt: Ihr berechtigter Wunsch nach Kontrolle über ihr eigenes Leben ist utopisch. «Und in diesem utopischen Anspruch steckt ihre Gesellschaftskritik», sagt Schaedler, «Chaomei ist auf der überstürzten Suche nach sich selbst – wie China als Ganzes.» Und so trotzt sie den Umständen: «Man kann nicht immer scheitern. Einmal werde ich gewinnen.» ■

Luc Schaedler: «Watermarks», ab 14. November im Kino.

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Kultur

Dramatische Dichte: Liesegang beichtet einem Engel sein Leben.

Zwei Hirsche im Kampf um die Platzherrschaft.

Buch Steinbruch des Lebens

Kino Die Früchte der Einsamkeit

In Ralf Schlatters Roman «Sagte Liesegang» wird die Lebensbeichte eines Toten zur unerbittlichen Abrechnung mit allem Versäumten.

«Prince Avalanche» persifliert vergnügt einen Hahnenkampf zwischen zwei Männern im Wald – und stellt die Frage nach dem Verhältnis zwischen der menschlichen Kultur und der Natur.

VON CHRISTOPHER ZIMMER

VON THOMAS OEHLER

Die Ausgangslage ist verlockend: Alfons Liesegang, eben erst verstorben, soll einem Engel sein Leben erzählen – und für die Dauer dieser Erzählung auf die Welt zurückkehren dürfen. Wer würde so ein Angebot ausschlagen? Liesegang packt die Chance und lässt in einem atemlosen, sprunghaften Bewusstseinsstrom sein Leben Revue passieren. Doch wie erzählt man sein Leben? Was möchte man preisgeben, was verschweigen – selbst gegenüber einem himmlischen, vermutlich allwissenden Wesen? Und dann ist da noch diese nagende Ahnung, dass das ganze Unterfangen vielleicht nur eine unbegreifliche Prüfung ist. Aber Liesegang lässt sich nicht beirren. Er, der zu Lebzeiten allzuoft sprachlos war, wird zum ersten Mal sprachgewaltig und aus seiner Erzählung ein bedrückendes Panoptikum, dessen Dichte an Dramen in der eingedampften Shortstory des Lebens fast schon satirischen Charakter hat – man merkt diesem Redefluss an, dass sein Autor Ralf Schlatter auch Kabarettist ist. Doch das mildert kaum die Unerbittlichkeit dieser Lebensbeichte, in der die Figuren, die den Liesegangschen Kosmos bevölkern, wie offene Wunden sind. Der jähzornige Vater, Geologe, der im Keller Steine klopft und Frau und Sohn auf jeden Gipfel schleppt, die Mutter, die eines Tages spurlos verschwindet, oder Liesegangs grosse Liebe, die Strahlerin Eva Gutknecht, die in ihren Höhlen gegen die Traurigkeit ansingt. Weitere Rollen in dieser Tragödie sind mit einer Fledermaus, Irma la Douce, Elvis und den Rolling Stones besetzt. Letztere sind die «klassische Seismologenband», also auch die Alfons Liesegangs, der in die Fussstapfen des verhassten Vaters tritt, weil auch er von Jugend an den Steinen verfallen ist. Und so belauscht dieser Antiheld die Erde mit ihren Verwerfungen und Erdbeben wie sein eigenes Innen- und Aussenleben – und ordnet das aus dem Steinbruch des Lebens Gebrochene auf der nach oben offenen Liesegang-Skala ein. Eine instabile Ordnung, die nur hält, bis sich das Aufgestaute, das im Schweigen Versteinerte in vernichtenden Beben entlädt. Oder in dieser Erzählung, in der ein Toter das im Leben versäumte Zur-Sprache-Bringen nachzuholen versucht.

Mit regelmässig gesetzten gelben Linien markieren Alvin (Paul Rudd) und Lance (Emile Hirsch, «Into the Wild») eine lange Strasse. Diese zieht sich endlos durch einen Wald, der gerade eben einem gewaltigen Brand zum Opfer gefallen ist. Nur ein alter Alkoholiker und eine seltsame, phantomartige Frau begegnen ihnen ab und zu. Ansonsten sind sie in der zerstörten Einöde auf sich gestellt. Damit gehen sie unterschiedlich um: Alvin respektiert demütig und asketisch den Wald und die Tiere. Er nutzt die Natur zur Selbstreflexion. Nicht so Lance: Der kann mit der Einsamkeit im Grünen oder – angesichts der verkohlten Baumstämme besser: im Schwarzen – nichts anfangen. Ihn zieht es in die Stadt, die für ihn primär eines bedeutet: sexuelle Abenteuer. Wer ist hier nun der wahrhaftige Naturbursche? Lance, der letztlich einfach unreflektiert seinen Trieben folgen will? Oder der stets so beherrschte Alvin, der sich damit brüstet zu wissen, «wie man einen Fisch ausnimmt, wie man ein Zelt aufbaut oder einen Knoten macht», also der grossen Wildnis beizukommen vermag, dafür aber die Auseinandersetzung mit seiner Frau meidet? Diese Frage muss unbeantwortet bleiben, eine Prügelei wie auch das anschliessende versöhnende Besäufnis kann sie nicht lösen. Und davon handelt letztendlich dieser Film auch: von zwei Männern, die nicht weiterkommen, die verloren sind in der Sisyphosarbeit des Daseins. Zumindest finden sie zueinander. «Prince Avalanche» ist realistisch und fantastisch in einem. Er könnte trostlos sein mit seinen Bildern voller schwarzer Baum-Skelette. Aber wie die zwei Protagonisten zwischen diesen herumstaksen und dabei so trockene wie absurde Dialoge führen, ist beste Komödie. Lachen meistert die Absurdität des Lebens. Die Doppelspurigkeit von Witz und Melancholie beherrscht David Gordon Green als Regisseur so gegensätzlicher Filme wie «Snow Angels» (2007) und «Pineapple Express» (2008) perfekt. Zu Recht gewann «Prince Avalanche» an der diesjährigen Berlinale den Silbernen Bären für die beste Regie.

Ralf Schlatter: Sagte Liesegang. Limbus Verlag 2013. 28.40 CHF

David Gordon Green: «Prince Avalanche», USA 2013, 94 min, mit Paul Rudd und Emile Hirsch, derzeit in den Deutschweizer Kinos.

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Die 25 positiven Firmen Diese Rubrik ruft Firmen und Institutionen auf, soziale Verantwortung zu übernehmen. Einige haben dies schon getan, indem sie dem Strassenmagazin Surprise mindestens 500 Franken gespendet haben. Damit helfen sie, Menschen in prekären Lebensumständen eine Arbeitsmöglichkeit zu geben und sie auf ihrem Weg zur Eigenständigkeit zu begleiten. Gehört Ihr Betrieb auch dazu? Die Spielregeln sind einfach: 25 Firmen werden jeweils aufgelistet, sind es mehr, fällt jener Betrieb heraus, der am längsten dabei ist.

Sauerkraut: fein geschnitten in den Topf und dann die Bakterien machen lassen. 01

Piatto forte So ein Chabis Zur «molekularen Küche» der Stargastronomen sagen wir «so ein Chabis» – und machen selber Sauerkraut. Da ist nämlich genau so viel Chemie im Spiel. VON TOM WIEDERKEHR

Sauerkraut entsteht durch die Milchsäuregärung. Die nötigen Milchsäurebakterien finden sich im Kohl, in der Luft und an den Händen. Verwendet wird nur gesunder und gut geputzter Weisskohl. Nach dem Entfernen der äusseren Blätter und des Strunks wird er in feine Streifen geschnitten und in einem grossen Topf oder Bottich gesammelt. Jetzt kommen die Moleküle ins Spiel: Auf 4 Kilo geschnittenen Kohl werden 30 Gramm Salz gestreut. Das Salz entwässert den Kohl und sichert im Zusammenhang mit der richtigen Temperatur das nötige Klima für die Milchsäuregärung des Zuckers im Kohl. Innerhalb kurzer Zeit vermehren sich die Milchsäurebakterien, die Gärung kommt in Gang und die Bakterien dominieren das Mikroklima im Gärgefäss. So werden unerwünschte Fäulnisprozesse verhindert. Der gesalzene Kohl wird schichtweise in grosse Gläser oder Steinguttöpfe abgefüllt. Jede Schicht wird – je nach Grösse des Topfs – mit dem Krautstampfer oder mit den Füssen so lange gestampft, bis durch das Salz und das Stampfen die Zellwände aufgebrochen sind und aus dem Kohl Flüssigkeit austritt. Jetzt Schicht um Schicht einfüllen, bis der Topf fast voll ist. Dabei muss unbedingt darauf geachtet werden, dass keine Luft mehr im geschnittenen Kohl verbleibt, da sonst nicht Milchsäure-, sondern Fäulnisbakterien ans Werk gehen. Die ganze Masse jetzt mit einem Brett und einem grossen Stein oder Steingutdeckel beschweren, sodass das Kraut immer komplett mit der Lauge bedeckt ist. Nach fünf bis sechs Wochen ist die Gärung abgeschlossen und das Sauerkraut genussreif. Solange es mit Lauge bedeckt ist, kann es im Topf aufbewahrt bleiben. Somit bleibt das Sauerkraut den ganzen Winter hindurch geniessbar. Wenn es im Frühling wärmer wird, muss das Kraut allerdings aufgebraucht sein. Das sollte aber kein Problem darstellen, da es ja neben der ganz klassischen Verwendung als Beilage zu Rippli oder Wurst auch viele weitere feine – auch vegetarische – Rezepte gibt.

mcschindler.com, PR-Beratung, Redaktion, Corporate Publishing, Zürich

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Anne Hoffmann Graphic Design, Zürich

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VXL Gestaltung und Werbung AG, Binningen

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Proitera GmbH, Basel advocacy ag, communication and

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consulting, Basel

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BEVBE Ingenieurbüro, Bonstetten

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Margareta Peters Gastronomie, Zürich

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Gemeinnütziger Frauenverein, Nidau

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Schweizer Tropeninstitut, Basel

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VeloNummern.ch

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Scherrer & Partner GmbH, Basel

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Applied Acoustics GmbH, Gelterkinden

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Buchhandlung zum Zytglogge, Bern

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hervorragend.ch, Kaufdorf

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Kaiser Software GmbH, Bern

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Velo-Oase, Erwin Bestgen, Baar

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Coop Genossenschaft, Basel

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Cilag AG, Schaffhausen

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Arbeitssicherheit Zehnder GmbH, Ottenbach

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Novartis International AG, Basel

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Solvias AG, Basel

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Ernst Schweizer AG, Metallbau, Hedingen

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confidas Treuhand AG, Zürich

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ratatat – freies Kreativteam, Zürich

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G.A.T.E.S., Hôteliers & Restaurateurs SA, Basel

Möchten Sie bei den positiven Firmen aufgelistet werden? Mit einer Spende von mindestens 500 Franken sind Sie dabei! PC-Konto: 12-551455-3, Verein Surprise, 4051 Basel Zahlungszweck: Positive Firma + Ihr gewünschter Eintrag. Wir schicken Ihnen eine Bestätigung.

Bezugsquellen und Rezepte: http://piattoforte.ch/surprise

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BILD: ZVG

BILD: LUCA CHRISTEN JOOST SWARTE, «EXERCISES IN STYLE», TUSCHE UND FARBTUSCHE AUF PAPIER, 2008, COURTESY OF THE ARTIST

Ausgehtipps

Sparsame, unpolierte Lieder: Low.

Bern Frauen machen Stunk

Zürich/Lausanne Wunderbar unaufgeregt

Mit der weltbekannten Abenteuerserie «Tim und Struppi» hat der Zeichner Hergé nicht nur einen Meilenstein der Comic-Geschichte geschaffen, er hat auch den Stil der Ligne claire geprägt und perfektioniert. Die Aufgeräumtheit und optimale Lesbarkeit seiner Bildfolgen erreichte der Belgier mit äusserst realistischen Szenerien, die durch das Weglassen von Details noch an Klarheit gewinnen. Sein Zeichenstil mit den präzisen Konturen und den einfarbigen Kolorierungen ist bis heute Inspirationsquelle für Comiczeichner auf der ganzen Welt. Der Begriff «Ligne claire» wurde allerdings von einem Niederländer eingeführt: Zeichner Joost Swarte hat so 1977 elegant alle Comics gebündelt, die sich an Hergés unverwechselbarem Strich und seiner gradlinigen Erzählweise orientieren. Das Cartoonmuseum Basel präsentiert derzeit Originalzeichnungen der wichtigsten Vertreter der Ligne claire – von den Anfängen über die Hochblüte Mitte des 20. Jahrhunderts bis in die Gegenwart zu den aktuellen Schweizer Künstlern. (mek)

Stunk Skiok entsteht, wenn man die Wörter Kunst Kiosk nimmt und sie einmal kräftig durchschüttelt. Und Stunk Skiok kommt heraus, wenn ein Team (bzw., wir befinden uns im Frauenraum der Reitschule, eine «Offgruppe»: «eine autonom organisierende Gruppe») von jungen Frauen die Berner Kunstszene nimmt und einmal kräftig durchschüttelt. Denn bei Skunk Skiok ist alles ein bisschen anders: Hier wird nicht kuratiert, sondern «nichtselektioniert», nicht kontrolliert, sondern partizipiert. Alles geht bei der freien Kunstmesse im Frauenraum, ausser: Mann zu sein. Denn zugelassen als Ausstellende sind ausschliesslich Frauen «oder Menschen, welche sich als Frauen identifizieren». Ein doch ziemlich ausschliessendes Kriterium, welches die Offgruppe damit begründet, dass es immer noch verhältnismässig wenige kunst- und kulturschaffende Frauen gebe und man darauf aufmerksam machen wolle, wie wichtig deren Förderung ist. Dagegen ist nichts einzuwenden, zumal das Resultat eindrücklich beweist, dass es tatsächlich auch mal ohne Männer geht. Und ganz ausgesperrt werden diese auch gar nicht, sie müssen sich einfach mit der Zuschauerrolle begnügen. Wer trotzdem kommt, der wird mit einem äusserst bunten Panoptikum an Kunstwerken verschiedenster Art belohnt, von käuflichem Kunsthandwerk über Installationen mit Beteiligung der Zuschauerinnen und Zuschauer bis zu Aktionskunst, bei der auch mal ein Kunstwerk brachial zerstört wird (ja, von Frauen). (fer)

Es gibt Musiker, die verfolgen einen, weil sie jeden Furz mit maximaler Lautstärke in die Welt posaunen. Dann gibt es solche, die ohne grossen Aufhebens Album um Album aufnehmen. Und weil der übersättigte Hörer zur Trägheit neigt, merkt er nicht, dass die wunderbar unaufgeregte Band Low diesen Frühling ein neues Werk veröffentlicht hat. Also schämt er sich ein bisschen und weist als Wiedergutmachung auf die anstehenden Konzerte hin. Low spielen seit bald 20 Jahren langsamen, nachdenklichen Indierock. Allzu schmusig oder gar kitschig wird das aber nie, denn das Ehepaar Alan Sparhawk und Mimi Parker spielt zusammen mit einem Bassisten sparsam und vermeidet unnötige Politur. Den Gesang übernimmt mehrheitlich Sparhawk, allerdings zählen Parkers Nummern seit jeher zu den Fan-Favoriten. Und weil sie auf dem neuen Album «The Invisible Way» für einmal fast die Hälfte der Lieder singt, dürften die Konzerte eine besonders gefreute Sache werden. (ash)

Die Ausstellung «Die Abenteuer der Ligne claire – der

«Stunk Skiok», Sa, 16. November, 17 bis 23 Uhr,

Fall Herr G. & Co.» ist noch bis 9. März 2013 zu sehen

Frauenraum der Reitschule Bern. Es sind auch noch

im Cartoonmuseum Basel. www.cartoonmuseum.ch

spontane Anmeldungen möglich: mail@stunkskiok.ch

Joost Swarte liebt die klare Linie.

Basel Weglassen

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BILD:

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Da staunt der Mann: zuschauen statt machen.

Do, 7. November, 21 Uhr, Bogen F, Zürich; Fr, 8. November, 20 Uhr, Le Bourg, Lausanne.

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2013, PROLITTERIS, ZÜRICH BILD: JOSEF TANDL

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GENERALI FOUNDATION

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Indierockerinnen mit Synthies: Tegan and Sara.

Schon 1969 wurden Männer von Frauen an der Leine geführt.

Zürich/Lausanne Zwillingsharmonie

Bern Männerkunst

Von musizierenden Geschwistern hatten wir’s an dieser Stelle schon im vorletzten Heft. Nun gibt’s eine Steigerung, denn Tegan and Sara sind nicht nur Schwestern, sondern sogar Zwillinge. Früher stritten sich die Kanadierinnen auf der Bühne manchmal fürchterlich. Mittlerweile ist die Musik zugänglicher und der Umgang der Zwillinge miteinander zivilisierter. Auf ihrem Durchbruchsalbum «If It Was You» durften 2002 die Gitarren noch schrammeln und schreddern, heute übernehmen gerne einmal Keyboards eine Hauptrolle, sodass neben Indierockern auch Freunde von Synthiepop im Stil von Metric oder The Killers auf ihre Kosten kommen. Geblieben sind die eingängigen bis herzzerreissenden Refrains und natürlich der wunderbare Harmoniegesang, den so wohl nur Zwillinge hinbekommen. Dass die Tickets fürs Zürcher Konzert stolze 54 Stutz kosten, während in Lausanne eher angebrachte 38 Franken verlangt werden, können wir hier nur erwähnen, für eine Erklärung wenden Sie sich bitte an den Veranstalter. (ash)

Wen der Besuch im Stunk Skiok (siehe linke Seite) in Konfusion über die Geschlechterrollen gestürzt hat, dem (oder natürlich auch der) sei empfohlen, einmal das Bollwerk zu überqueren und sich die aktuelle Ausstellung im Kunstmuseum zu Gemüte zu führen. Wer sich vom Titel der Ausstellung («Das schwache Geschlecht: neue Mannsbilder in der Kunst») nicht abschrecken lässt, kann sich dort auf die Suche nach einer Antwort auf die Grundfrage machen: «Wer oder was ist überhaupt ein Mann?» Als Anregung dazu dienen Kunstwerke – von Frauen wie von Männern –, die sich damit auseinandersetzen, was die Sexuelle Revolution, Frauen- und Schwulenbewegung mit dem Mann gemacht haben. Wen also das Hickhack in Politik, Wissenschaft und Werbung darüber, was ein Mann zu sein oder eben nicht zu sein hat, nicht gross weitergebracht hat: Vielleicht führt ja der Weg über die Kunst weiter. Einen Versuch ist es allemal wert. (fer)

Sa, 9. November, 19.30 Uhr, Komplex, Zürich; Montag, 11. November, 20 Uhr,

noch bis 9. Februar 2014, Kunstmuseum Bern.

«Das schwache Geschlecht – neue Mannsbilder in der Kunst»,

BILD: ZVG

Les Docks, Lausanne.

Basel Leiden(sbereit)schaft Schminke, Tattoos, Piercings, Schmucknarben, Körpertransformation: Zu allen Zeiten und in allen Kulturen haben Menschen ihren Körper verziert. Sei es, um einer Gruppe anzugehören, einem Ideal zu entsprechen oder um sich neu zu erfinden und unverkennbar zu positionieren. Die Zürcherin Sandy Caracciolo hat ihren Körper mit viel Leidenschaft und Leidensbereitschaft zu einem umfangreichen Kunstwerk gemacht: Elfenohren, eine gespaltene Zunge, Silikon-Hörnchen, Vampirzähne, Piercings und Tätowierungen – seit Caracciolo zwölf Jahre alt ist, formt und verändert sie ihren Körper nach ihrem Gusto. Im Rahmen der Ausstellung «Make up – Aufgesetzt, ein Leben lang?» erzählt die Zürcher Piercerin über die Hintergründe und die Ästhetik von Tattoos, Piercings und Implantaten. (mek) Ein Gespräch mit Piercerin Sandy Caracciolo im Rahmen der Ausstellung «Make up – Aufgesetzt, ein Leben lang?» im Museum der Kulturen, Basel. Gespräch: So, 10. November, 15 bis 16 Uhr. Die Ausstellung ist noch zu sehen bis 6. Juli 2014. www.mkb.ch SURPRISE 312/13

Zunge, Zähne, Zäpfchen: Wie weit geht der Mensch?

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Verkäuferporträt «Sieben Tage und sieben Nächte trieben wir auf dem Meer» Der Berner Surprise-Verkäufer Goitom Maekele (35) brauchte sechs Jahre, um von Eritrea in die Schweiz zu gelangen. Er erlebte Willkür in Libyen und Schiffbruch auf hoher See – empfehlen würde er die Flucht nach Europa niemandem.

«Würde mich einer meiner Brüder, die noch in Eritrea leben, heute fragen, ob er das Gleiche tun solle wie ich, würde ich ihm antworten: Bleib, wo du bist. Meine acht Geschwister und ich sind in einem kleinen Dorf im Westen von Eritrea aufgewachsen. Unsere Eltern sind Bauern. Wir hatten viele verschiedene Tiere: Hühner, Ziegen, Schafe, aber auch Ochsen, um die Felder zu bewirtschaften. Bis ich 2004 in den Militärdienst einrücken musste, arbeitete ich als Bodenleger. Zuerst habe ich ein Jahr lang in einer Firma gearbeitet, danach machte ich mich selbständig. Wenn jemand in der Umgebung ein Haus baute, verlegte ich aber nicht nur die Keramikplatten, sondern übernahm auch andere handwerkliche Arbeiten wie zum Beispiel den Einbau von Türen. Nach einem Jahr in der Armee hielt ich es nicht mehr aus und flüchtete über die Grenze in den Sudan, weil man bei uns für lange Zeit ins Gefängnis kommt, wenn man nicht Dienst leisten will. Ich versuchte zuerst, in der Hauptstadt Khartoum zu leben, aber das Leben dort ist nicht einfach, vor allem wenn man keine gültigen Ausweispapiere hat. Ständig hatte ich Probleme mit der Polizei. Nach drei Jahren entschied ich, nach Libyen weiterzureisen. Mit 40 anderen Menschen – Männer, Frauen, Kinder und sogar Grossmütter – durchquerte ich auf der offenen Ladefläche eines kleinen Toyota-Lastwagens die Sahara. Die Reise dauerte zwei Wochen. Es war schrecklich. Wir hatten kaum Platz, es war unerträglich heiss, und wir konnten nur einmal pro Tag ganz wenig essen und trinken. In Tripolis angekommen, fing ich sofort an, als Bodenleger zu arbeiten, um Geld für die Weiterreise zu verdienen. Libyen ist kein Land, in dem man als Eritreer in Ruhe leben kann. Die Willkür ist ähnlich wie im Sudan. Beamte stecken einen ins Gefängnis und warten, bis man für die Freilassung bezahlt. Sobald ich mir die Fahrt über das Mittelmeer leisten konnte, bestieg ich an der libyschen Küste mit etwa 320 anderen Flüchtlingen ein Schiff, um nach Italien zu gelangen. Vier Stunden nach der Abreise hatte das Boot einen Defekt und fuhr nicht mehr weiter. Sieben Tage und sieben Nächte trieben wir auf dem Meer, bis endlich ein grosses Schiff kam und uns abschleppte. Zurück in Libyen wurden wir verhaftet. Nach der Freilassung arbeitete ich wieder, bis ich die Überfahrt bezahlen konnte. Doch auch mein zweiter Versuch scheiterte. Ein Mann hatte mein Geld genommen und war damit verschwunden, ohne mich zu einem Boot zu bringen. Im Frühling 2011, als der Aufstand gegen Gaddafi in vollem Gang war und das Leben in Tripolis noch schwieriger wurde, versuchte ich ein drittes Mal, nach Europa zu kommen. Obwohl 600 Menschen an Bord waren, erreichte das Schiff nach drei Tagen die italienische Küste. Die letzten 300 Meter an Land mussten wir schwimmen. Kurz nach der Ankunft bot mir ein Mann zuerst Tomaten gegen den Hunger an und dann die Weiterreise in die Schweiz. Ich gab ihm mein restliches Geld und reiste am 11. April 2011 in die Schweiz ein,

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BILD: ZVG

AUFGEZEICHNET VON ISABEL MOSIMANN

sechs Jahre nachdem ich meine Heimat verlassen hatte. Wegen dem, was ich in diesen Jahren alles erlebt habe, würde ich einem Bruder, einer Schwester oder einem Freund deshalb raten: Tue es nicht. Ich versuche nun, zusammen mit meiner zehnjährigen Tochter, die im letzten Februar zu mir in die Schweiz reisen durfte, langsam aber sicher ein eigenständiges Leben zu führen. Dazu habe ich schon mehrere Deutschkurse besucht und absolviere im Moment gerade einen Integrationskurs von Heks. Ich wünsche mir, dass ich hier so bald als möglich wieder als Bodenleger arbeiten kann. Und weiter hoffe ich, dass ich irgendwann wieder meine Eltern und Geschwister treffen werde. Acht Jahre haben wir uns nun schon nicht mehr gesehen, und telefonieren können wir auch nicht oft, weil es so teuer ist. Meine Mutter und mein Vater sind beide um die 70 Jahre alt – ich denke, sie werden nicht mehr erleben, dass sich die politische Situation in Eritrea grundlegend verbessert.» ■ SURPRISE 312/13


SurPlus – eine Chance für alle! Werden Sie Gotte oder Götti bei SurPlus Surprise kümmert sich um Menschen, die weniger Glück im Leben hatten. Menschen, die kaum Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt haben und ihr Leben in die eigenen Hände nehmen wollen. Mit dem Verkauf des Strassenmagazins Surprise überwinden sie ihre soziale Isolation. Ihr Alltag bekommt wieder Struktur und mehr Sinn. Sie gewinnen neue Selbstachtung und erarbeiten sich aus eigener Kraft einen kleinen Verdienst. Das verdient Respekt und Unterstützung. Das Spezialprogramm SurPlus ist ein niederschwelliges Begleitprogramm für ausgewählte Surprise-Verkaufende, die regelmässig das Strassenmagazin

verkaufen und hauptsächlich vom Heftverkauf leben. Diese Verkaufenden erhalten nur geringe soziale Ergänzungsleistungen und werden im Programm SurPlus gezielt vom Verein Surprise unterstützt: Sie sind sozial abgesichert (Ferien, Krankheit, U-Abonnement) und werden bei Problemen im oft schwierigen Alltag begleitet. Mit einer Patenschaft leisten Sie einen wesentlichen Beitrag für die soziale Absicherung der Verkaufenden und ermöglichen ihnen, sich aus eigener Kraft einen Verdienst zu erarbeiten. Vielen Dank für Ihr Engagement!

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312/13 Talon bitte senden oder faxen an: Verein Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@vereinsurprise.ch, PC-Konto 12-551455-3 SURPRISE 312/13

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Surprise ist: Hilfe zur Selbsthilfe Surprise hilft seit 1997 Menschen in sozialen Schwierigkeiten. Mit Programmen in den Bereichen Beschäftigung, Sport und Kultur fördert Surprise die soziale Selbständigkeit. Surprise hilft bei der Integration in den Arbeitsmarkt, bei der Klärung der Wohnsituation, bei den ersten Schritten raus aus der Schuldenfalle und entlastet so die Schweizer Sozialwerke.

Ich möchte Surprise abonnieren! 24 Ausgaben zum Preis von CHF 189.– (Europa: CHF 229.– ) (Verpackung und Versand bieten StrassenverkäuferInnen ein zusätzliches Einkommen.) Gönner-Abo für CHF 260.–

Eine Stimme für Benachteiligte Surprise verleiht von Armut und sozialer Benachteiligung betroffenen Menschen eine Stimme und sensibilisiert die Öffentlichkeit für ihre Anliegen. Surprise beteiligt sich am Wandel der Gesellschaft und bezieht Stellung für soziale Gerechtigkeit. Strassenmagazin und Strassenverkauf Surprise gibt das vierzehntäglich erscheinende Strassenmagazin Surprise heraus. Dieses wird von einer professionellen Redaktion produziert, die auf ein Netz von qualifizierten Berufsjournalistinnen, Fotografen und Illustratorinnen zählen kann. Das Magazin wird fast ausschliesslich auf der Strasse verkauft. Rund dreihundert Menschen in der deutschen Schweiz, denen der Arbeitsmarkt verschlossen bleibt, erhalten damit eine Tagesstruktur, verdienen eigenes Geld und gewinnen neues Selbstvertrauen.

Sport und Kultur Surprise fördert die Integration auch mit Sport. In der Surprise Strassenfussball-Liga trainieren und spielen Teams aus der ganzen deutschen Schweiz regelmässig Fussball und kämpfen um den Schweizermeister-Titel sowie um die Teilnahme an den Weltmeisterschaften für sozial benachteiligte Menschen. Seit 2009 hat Surprise einen eigenen Chor. Gemeinsames Singen und öffentliche Auftritte ermöglichen Kontakte, Glücksmomente und Erfolgserlebnisse für Menschen, denen der gesellschaftliche Anschluss sonst erschwert ist. Finanzierung, Organisation und internationale Vernetzung Surprise ist unabhängig und erhält keine staatlichen Gelder. Das Strassenmagazin wird mit dem Erlös aus dem Heftverkauf und mit Inseraten finanziert. Für alle anderen Angebote wie die Betreuung der Verkaufenden, die Sportund Kulturprogramme ist Surprise auf Spenden, auf Sponsoren und Zuwendungen von Stiftungen angewiesen. Surprise ist eine nicht gewinnorientierte soziale Institution. Die Geschäfte werden vom Verein Surprise geführt. Surprise ist führendes Mitglied des Internationalen Netzwerkes der Strassenzeitungen (INSP) mit Sitz in Glasgow, Schottland. Derzeit gehören dem Verband über 100 Strassenzeitungen in 40 Ländern an.

Geschenkabonnement für: Vorname, Name Impressum Strasse

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Herausgeber Verein Surprise, Postfach, 4003 Basel www.vereinsurprise.ch Öffnungszeiten Sekretariat 9 – 12 Uhr, Mo – Do T +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99 info@vereinsurprise.ch Geschäftsführung Paola Gallo (Geschäftsleiterin), Sybille Roter (stv. GL) Anzeigenverkauf T +41 61 564 90 90, M +41 76 325 10 60 anzeigen@vereinsurprise.ch Redaktion T +41 61 564 90 70, F +41 61 564 90 99 Reto Aschwanden, Florian Blumer (Nummernverantwortlicher), Diana Frei, Mena Kost redaktion@vereinsurprise.ch, leserbriefe@vereinsurprise.ch Ständige Mitarbeit Amir Ali, Rosmarie Anzenberger (Korrektorat), Rahel Nicole Eisenring, Shpresa Jashari, Carlo Knöpfel, Yvonne Kunz, Stephan Pörtner, Milena Schärer, Isabella Seemann, Priska Wenger, Tom Wiederkehr, Christopher Zimmer Mitarbeitende dieser Ausgabe Michèle Faller, Lucian Hunziker, Peter Lau, Callum McSorley, Christof Moser, Isabel Mosimann, Thomas Oehler, Patric Sandri, Adrian Soller Gestaltung WOMM Werbeagentur AG, Basel Druck AVD Goldach Auflage 17 000, Abonnemente CHF 189, 24 Ex./Jahr Marketing, Fundraising T +41 61 564 90 50 Christian von Allmen

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Auch unsere Surprise-Artikel werden immer wieder gerne verschenkt! Damit ist man für die täglichen Herausforderungen gerüstet. Es stehen Ihnen Surprise-Taschen und Mützen in diversen Farben zur Auswahl.

Immer die gleichen Weihnachtskarten? Schon wieder schlechter Wein? Schenken Sie Ihren Liebsten, Freunden und Geschäftspartnern doch mal etwas Überraschendes. Sie tun sowohl ihnen als auch den Menschen, die gar nichts haben, etwas Gutes. Genauso vielseitig wie unser Magazin sind nämlich auch unsere Weihnachtsgeschenke.

Wir informieren und beraten Sie gerne über das beste Geschenk. Sie erreichen uns unter 061 564 90 50. Oder auf www.vereinsurprise.ch SURPRISE 312/13

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15 Jahre vor Ort. Feiern Sie mit. www.strassenmagazin.ch www.facebook.com/vereinsurprise Unterst端tzen Sie uns: PC-Konto 12-551455-3

WOMM

Wir feiern 15 Jahre Schalterhalle Bhf SBB.


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