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Gökhan und Christoph WM-Nati-Captain trifft Surprise-Nati-Spieler Fussball total: unsere Nati in Brasilien · abgründige WM-Songs

Albaner im Clinch · WM-Kritik schwarz auf weiss · Schweizer Fussball-Rebellen

Nr. 327 | 13. bis 26. Juni 2014 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass.


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Titelbild: Flavia Schaub

Editorial Freud und Leid

Freuen Sie sich über die WM? Brasilien 2014 stellt Fussballliebhaber auf eine echte Probe. Dürfen wir uns über Shaqiris Kunstschüsse nicht freuen, weil er seine Tore – so hoffen wir doch – in einem Stadion erzielt, für dessen Bau unter grossem Zeitdruck und laschen Sicherheitsvorkehrungen Menschen ihr Leben lassen mussten? Weil rund um die Stadien die Strassenverkäufer vertrieben wurden, damit McDonald’s und Co. ihr Geschäft machen können?

BILD: ZVG

Der Ball rollt! Und der Real auch. Endlich ist die Zeit der Spekulationen und Vorberichte vorbei und wir fiebern vor den Bildschirmen, dass das Runde auf der richtigen Seite ins Eckige geht. Die Stadien sind nagelneu und topmodern – gebaut mit Milliarden Real, die eigentlich dringend in Schulen und Spitäler hätten investiert werden müssen.

FLORIAN BLUMER REDAKTORIN

Feiern trotz allem? Es ist eine Entscheidung, die jede und jeder für sich selbst treffen muss. Wir bei Surprise haben uns dafür entschieden, der Kritik an der WM Raum zu geben – und gleichzeitig unserer Freude am Fussball freien Lauf zu lassen. Schon seit Jahren erleben wir mit, wie Menschen, die es aus der Bahn geworfen hat, mithilfe des Fussballs Halt, Selbstvertrauen und Lebensfreude zurückgewinnen. Ralf Breidenbach zum Beispiel stand vor zwei Jahren vor dem Nichts, als er das Training aufnahm, um mit der Surprise-Strassenfussball-Nati an den Homeless World Cup in Mexiko zu fahren. Anfang Juni dieses Jahres war er Hauptorganisator des ersten Surprise-Strassenfussball-Turniers in Luzern. Lesen Sie sein Porträt auf Seite 28. Bereits die fünfte Ausgabe seines Strassenfussball-Turniers wird Ende Monat der Oltener Christoph Birrer feiern. Und diesen Herbst wird er mit der Surprise-Nati an den Homeless World Cup in Chile fliegen. Birrer traf Nati-Captain Gökhan Inler kurz vor dessen Abreise ins Vorbereitungs-Trainingslager für die WM, um mit ihm über das Leben und den Fussball zu philosophieren. Kritische Einwürfe zur WM finden Sie in Form der Strichzeichnungen des rumänischen Künstlers Dan Perjovschi, der Museumswände bemalt und dessen Werke im Internet weltweit Protestbewegungen befeuern. Dazu hat sich Fussball-Kolumnist und Slam-Poet Etrit Hasler für uns Gedanken über die dunkle Seite der WM gemacht. Und nicht zuletzt ist Fussball auch Kultur: Experten haben uns die besten Bücher, Filme und Songs zum Thema verraten. Wir bedanken uns bei allen Beteiligten dieses Sonderhefts ganz herzlich. Ihnen, geschätzte Leserin oder geschätzter Leser, wünschen wir viel Spass beim Lesen, Fiebern und Jubeln. Florian Blumer

Surprise ist auf Spenden angewiesen. Auch auf Ihre! Herzlichen Dank. PC-Konto 12-551455-3 Ihre Meinung! Wir sind gespannt auf Ihre Kritik, Ihr Lob oder Ihre Anmerkungen. Schreiben Sie uns! Auf leserbriefe@vereinsurprise.ch oder an Verein Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel. Es werden nur Leserbriefe abgedruckt, die mit vollem Namen unterzeichnet sind. Die Redaktion trifft eine Auswahl und behält sich vor, Briefe zu kürzen. Oder diskutieren Sie mit uns auf www.facebook.com/vereinsurprise SURPRISE 327/14

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Inhalt Editorial Liebe auf dem Prüfstand WM-Kolumne Die Schattenseite der Party Fussballsongs Kurze Geschichte der Ball-Musik Top 5 Die besten Bücher, Songs und Filme über Fussball Strassenfussballer-Porträt Selfmade-Mann Ralf Breidenbach Projekt SurPlus Eine Chance für alle! In eigener Sache Impressum INSP Wettbewerb Stricken für die Nati

06 Porträt Weidling statt Fussball BILD: LUCIAN HUNZIKER

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«Bend It Like Beckham» ist lange her: Der Kino-Kassenschlager erzählte 2002 die Geschichte von Permi Jhooti nach, der Tochter indischer Einwanderer in England, wie sie sich von familiären Zwängen befreite und Fussballprofi wurde. Bis heute hat sich Jhooti, die mittlerweile in Basel lebt, noch von ein paar weiteren Zwängen befreit: Sie freut sich gerade darüber, dass sie noch keine Ahnung hat, was sie wo auf der Welt nächstes Jahr tun wird.

BILD: FLAVIA SCHAUB

08 Doppel-Interview Zwei Oltener in Rot-Weiss Nati-Captain Gökhan Inler gilt als Vorzeigeprofi: verantwortungsvoll, engagiert, immer korrekt. Auch Christoph Birrer, früher eher Bier trinkend und schnorrend am Bahnhof anzutreffen, übernimmt heute Verantwortung als Organisator von Konzerten und Strassenfussball-Turnieren. Ausserdem wird er dieses Jahr mit der Surprise-Nati am Homeless World Cup in Chile spielen. Die beiden Oltener Fussballer haben sich kurz vor der WM in Brasilien zum Gespräch getroffen.

BILD: ZVG

12 Surprise-Nati WM in Brasilien? Waren wir schon

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Während sich die Fussballer der Schweizer Nati gerade akklimatisiert haben, können die Spieler der Surprise-Strassensport-Nati längst auf ihre Weltmeisterschaften in Brasilien zurückblicken: Bereits im Jahr 2010 war unser Team am Homeless World Cup in Rio. Mit etwas weniger Pomp, aber mindestens so vielen Emotionen wie die Nati um Captain Gökhan Inler. Ein Rückblick in Bildern.

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BILD: ZVG

16 Fussball-Rebellen Wählen Sie Ihr Vorbild Fussballprofis, ein Haufen Konformisten? Von wegen. Ein Blick in die Schweizer Fussballgeschichte zeigt: Es wurde demonstriert, geraucht und Marx gelesen – gar ein gesetzesbrecherischer Lebensretter findet sich. Wir haben für Sie eine Alltime-Elf von Fussball-Profis aufgestellt, die sich in der Schweiz durch ihr rebellisches Verhalten einen Namen gemacht haben. Zum Herausnehmen und Aufhängen.

BILD: PEER FÜGLISTALLER

18 Albanische Fussballer Schweiz? Albanien? Kosovo? Albanische Profifussballer aus dem Kosovo, die in der Schweiz leben, standen bis vor Kurzem vor einem Dilemma: Für Albanien spielen und den Zorn der Schweizer auf sich ziehen? Oder für die Schweiz spielen und den Zorn der Albaner auf sich ziehen? Seit Kurzem gibt es mit der kosovarischen Nationalmannschaft gar eine dritte Option. Unser Autor Etrit Hasler, selbst «Halbaner», hat Ermir Lenjani und Kristian Nushi vom FC St. Gallen getroffen und klärt auf.

BILD: DAN PERJOVSCHI

21 Dan Perjovschi Bissige Kritik Der rumänische Künstler Dan Perjovschi bringt die Kritik an der Weltmeisterschaft in Brasilien mit Strichen auf den Punkt. Er malt seine bissigen Kommentare mit Filzstift auf Museumswände und stellt die Zeichnungen Protestbewegungen zur Verfügung, die sie über die sozialen Netzwerke in die Welt hinaustragen. Wir präsentieren eine Auswahl.

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Porträt Im Fluss Die Welt kennt Permi Jhootis Weg vom indischen Migrantenkind zum Fussball-Profi aus dem Film «Bend It Like Beckham». Die Fortsetzung ihrer Geschichte ist nicht weniger packend. Heute fühlt sich die Wahl-Baslerin wieder einmal danach, ihr Leben auf den Kopf zu stellen. VON FLORIAN BLUMER (TEXT) UND LUCIAN HUNZIKER (BILD)

an und meinte, sie solle doch bitte danach ihr Trikot zurückbringen. Permi war fassungslos. Und ihr Ehrgeiz angestachelt: Sie würde bestimmen, wann Schluss sei. Sie trainierte, kämpfte sich zurück – und durfte noch einmal auf den Platz. Sie spielte das Spiel ihres Lebens und bekam einen neuen Profivertrag. Heute interessiert sich Permi nicht mehr gross für Fussball. Obwohl sie sagt, dass sie die «teammate moments» in diesem Sport noch immer liebt. Am Kompetitiven im Sport habe sie aber das Interesse verloren: «Wenn du dich mit anderen misst, verlierst du mehr, als du gewinnst.» In ihrem Büro am Basler Rheinhafen arbeitet Permi an ihrer Forschung über MRI und kardiale Bildgebung im Auftrag des Royal Brompton Hospital in London – sie hat den Doktor in Informatik und war als Software-Ingenieurin auch am Unispital und am Institut Design- und

Im September dieses Jahres wird sie, die Ex-Profifussballerin und Software-Ingenieurin, ihre erste Kunstausstellung eröffnen. Im Oktober wird sie, die unter Höhenangst leidet, mit ihrer Schwester einen Berg besteigen. So viel ist sicher. Und danach? «Niemand kann wissen, wie sein Leben im nächsten Jahr aussehen wird», erklärt die 43-Jährige bestimmt. Und fügt an: «Ich kann es mir nicht einmal vorstellen!» Ihrem Gesichtsausdruck ist zu entnehmen, dass sie das für rosige Aussichten hält. Ein Gesprächstermin mit Permi Jhooti fühlt sich nicht wie Arbeit an. Wir sitzen direkt am Rhein auf dem Boden und lassen uns von der Frühlingssonne wärmen. Permi trägt T-Shirt und Shorts, sitzt barfuss auf ihren Flip-Flops und geniesst die Sicht aufs Wasser und das Dreiländereck. Hier, am Basler Rheinhafen, weit weg von der Hektik der Stadt, fühlt sich Permi wohl. Seit Am Kompetitiven hat Permi das Interesse verloren: «Wenn du April hat sie hier einen Büroplatz in einer Atedich mit anderen misst, verlierst du mehr, als du gewinnst.» liergemeinschaft gemietet, Tür an Tür mit zwei Basler Künstlern. Demnächst möchte sie sich ein Stand Up Paddle zulegen, also ein aufblasbares Surfbrett, auf dem Kunstforschung IDK in Basel tätig. Neben der Forschung arbeitet sie man im Stehen rudert – dann wird sie von ihrer Kleinbasler Wohnung heute an ihrer Kunst: live Visuals und Videos zum Thema interaktives am Rhein flussabwärts zur Arbeit paddeln können. Es klingt eigentlich Biofeedback und Kinetik. Kurz gesagt: In ihrer Kunst geht es um Bewegar nicht danach, als würde sie hier nächstens wegwollen. gung, wie auch in ihrer Forschung, wie überhaupt bei allem, was sie tut. Permi hat schon viele Interviews gegeben; so viele, dass sie keine Sport ist die Grundlage ihres Lebens. Im Moment geht sie tanzen und Lust mehr verspürt, vorgefertigte Sätze über ihr Leben von sich zu gefährt Weidling, alte Holzboote aus der Keltenzeit, auf denen man im Steben. Viel lieber spricht sie darüber, was ihr wirklich wichtig ist. Die hen rudert und die normalerweise von Männern mit Schwingerstatur wichtigste Referenz, erklärt sie, sei für sie die 13-jährige Permi Jhooti. vorwärtsgewuchtet werden. Sie liebe das Wasser, sagt Permi – obwohl In diesem Alter habe sie sich erstmals Gedanken darüber gemacht, wo sie nicht schwimmen kann. Angst mache ihr das Weidlingfahren densie mit ihrem Leben hin will. Sie war gefangen zwischen indischen Tranoch nicht. Ihr Verhältnis zur Angst habe sich überhaupt grundlegend ditionen, die für sie eine arrangierte Ehe vorsahen, Eltern, die sich für verändert seit ihrem Unfall, als ihr Leben in der Schwebe hing. Sie sei sie eine Karriere als Ärztin oder Anwältin wünschten, und einer feinddanach so voller Angst gewesen, dass sie sich davor fürchtete, aus dem lichen Umgebung, die für Einwandererkinder wie sie nichts übrig hatte. Haus zu gehen: «Ich hatte Angst davor, dass mir ein Baum auf den Kopf Permi wollte vor allem eines: frei sein. Sie habe damals einen Traum fällt! Aber ich musste das Haus ja irgendwann wieder verlassen. Also gehabt, in dem sie ein Mädchen war, das frei und glücklich einen Berg realisierte ich, dass ich meine Ängste überwinden musste.» In diesem hinunterrennt. «Ich wollte dieses Mädchen sein», sagt sie in ihrem eleProzess sei ihr klar geworden, dass schon zuvor viele kleine Ängste ihr ganten Londoner Englisch, «ich wusste aber nicht, welchen Beruf es Leben blockiert hätten. ausüben wird.» Diesen Traum, sagt sie heute, habe sie sich erfüllt. Nach Basel kam Permi Jhooti im Jahr 2005, nachdem ihr englischer Die Richtungen, die ihr Leben nahm, hätte sie sich als 13-Jährige Ehemann – von dem sie heute getrennt lebt –, ein Jobangebot von Nobeim besten Willen nicht ausdenken können. Mit zehn wurde sie lokavartis erhalten hatte. «Basel hat mir erlaubt, ich selbst zu sein», sagt Perle Schachmeistern in ihrer Altersklasse. Als sie keine Lust mehr hatte, mi, der Wegzug aus London habe sie von vielem befreit. Und sie fühle die dadurch entstandenen Erwartungen zu erfüllen, hörte sie damit auf. sich nach wie vor sehr wohl in dieser Stadt. Und doch denkt sie ans Sie spielte Badminton und wechselte dann zum Fussball – Badminton Weggehen: «Es fühlt sich gerade an wie das Ende eines Kapitels», meint fiel ihr zwar leichter, aber Fussball machte ihr mehr Spass. Sie besuchsie. Ab November hat sie keine beruflichen Verpflichtungen mehr. Und te gegen den Widerstand ihrer Eltern das Training des lokalen Frauendas Geld? «Es gab eine Zeit, als ich das Geld mit beiden Händen ausgefussball-Clubs, verliebte sich in ihren englischen Trainer, kämpfte dagegeben habe: für Reisen, Kleider und so weiter. Es hat mich nicht glückgen an, eine arrangierte Ehe mit einem Inder eingehen zu müssen, und lich gemacht.» Also mache sie sich auch keine Sorgen über ein Leben wurde Profi-Fussballerin, erst bei Fulham, zuletzt beim grossen FC Chelmit wenig Geld. sea. Irgendwann fand sie, nun habe sie das gesehen mit dem Fussball Möglich, dass sie hier bleiben werde, erklärt Permi. Sie könne sich aber und plante ihren Ausstieg. Dann krachte sie in einem Spiel mit dem geggut vorstellen, nach dem Herbst irgendwohin in die Welt zu ziehen. Entnerischen Goalie zusammen, so heftig, dass sie lebensbedrohliche inscheidend für sie sei, dass sie auf die Frage: Warum bist Du hier, immer nere Verletzungen erlitt. Noch als sie im Spital lag, rief jemand vom Club antworten könne: «Weil ich es mir ausgesucht habe, hier zu sein.» ■

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Doppel-Interview Zwei Oltener geben Gas Gökhan Inler und Christoph Birrer sind bekannt in Olten: Inler natürlich als Captain der Fussball-Nati, Birrer einst als biertrinkender und schnorrender Punk am Bahnhof, heute als Konzert- und Fussballturnier-Organisator. Zudem trainiert auch Birrer auf eine Fussball-WM. Ein Gespräch zweier Oltener, per Du und auf Augenhöhe, das grosse Unterschiede und überraschende Gemeinsamkeiten offenlegt. VON OLIVIER JOLIAT (INTERVIEW) UND FLAVIA SCHAUB (BILDER)

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Surprise: Gökhan, die WM steht vor der Tür. Hast du dir nebst den sportlichen Zielen noch anderes für Brasilien vorgenommen? Gökhan Inler: Ich will Emotionen sehen! Ich hoffe, mit Erfolgen der Schweizer Nationalmannschaft die Brasilianer zu begeistern und am Ende mit ihnen zu feiern. Bis dahin ist neben dem Fussball nichts möglich. Da sind wir voll fokussiert. Christoph, du fährst mit der Surprise Strassenfussball-Nati im Oktober nach Chile. Was sind deine Ziele? Christoph Birrer: Wenn ich schon die Chance bekomme, an so einen Ort zu reisen und zu spielen, will ich sicher was erreichen. Ich bin fitter als letzte Saison, will aber noch mehr trainieren und mich verbessern. Emotional freue ich mich, so viele Spieler anderer Nationen auf einem Haufen zu sehen. In Chile werden mindestens 52 Länder vertreten sein – das ist schon grob. Das werde ich wohl erst richtig checken, wenn ich wieder daheim bin.

Christoph, dich kennen viele in Olten eher wegen den bunten Haaren, die du früher trugst, und vom Anschnorren. Welche Reaktionen bekommst du? Christoph: Wenn du viel Bier trinkend am Bahnhof rumhängst, sind die Reaktionen meist nicht so freundlich. Obwohl mir auch manchmal ein Bett für eine Nacht angeboten wurde. Mittlerweile kennen mich die Leute aber auch, weil ich in Olten Konzerte organisiere und die Street-SoccerTurniere, dieses Jahr zum fünften Mal. Da sind auch die regionalen Medien erwacht. Die Leute sehen, dass ich nun etwas auf die Beine stelle. Bekommst du Reaktionen auf diesen Wandel? Christoph: Ja, das ist schon so. Wir haben am Street-Soccer-Turnier immer viele Zuschauer, die mich nun in einer neuen Rolle sehen. Gerade dank den Promi-Spielen zwischen dem EHC Olten und den ehemaligen Nati-Spielern, die jeweils angeführt von Andy Egli spielen. Es wäre natürlich besonders schön, auch dich, Gökhan, einmal in Olten begrüssen zu dürfen! Gökhan: Sehr gerne. Meine Agenda ist zwar immer sehr voll. Aber das bekommen wir irgendwie hin. Spätestens zum 15. Jubiläum klappt es bestimmt – dann ist meine Profikarriere vermutlich vorbei und mein Terminkalender etwas entspannter.

Ihr stammt beide aus Olten. Heimkommen ist für einen international erfolgreichen Fussballer wie Gökhan Inler wohl ein exklusiver Moment? Gökhan: Ich bin leider sehr selten in Olten. Komme ich in die Schweiz, dann habe ich höchstens einen Tag, bevor ich zur Nati muss. Da reicht es kaum nach Olten. Christoph: «Früher fand ich: Scheiss auf das Arbeiten, ich geniesse Aber wenn ich es dann doch mal schaffe, dann das Leben! Das war nachträglich ein Fehler.» freue ich mich natürlich, meine Mutter und ein paar enge Freunde zu besuchen. Nimmst du dir gerade konkret etwas vor? Gökhan: Wenn ich teilnehme, will ich auch gewinnen! Ich liebe Street Kennt ihr euch noch von früher? Soccer. Ich habe ja früher selbst gespielt, wurde mit meinem Team Gökhan: Ja, vom Sehen her. mehrmals Schweizermeister. Und einmal in London gar Vize-WeltmeiChristoph: Du warst ja immer einer, der genau wusste, was er will: Vollster. Street Soccer ist eine coole Sportart und macht sehr viel Spass. gas Fussballkarriere – und der auch wusste, worauf er dafür verzichten Christoph: Es läuft immer was und es fallen viele Tore, die entscheimuss. denden oft in den letzten Sekunden. Darum sind die meisten Spiele bis zum Ende spannend. Du dagegen wolltest eher auf nichts verzichten? Gökhan: Man darf nie die Konzentration verlieren. Sogar bei den WechChristoph: Das ist wohl etwas übertrieben gesagt (lacht). Sicher, ich seln musst du taktisch geschickt agieren. fand: «scheiss auf das Arbeiten, ich geniesse mein Leben!» Das war Christoph: Dein Bruder war ja schon zweimal in Olten beim Turnier nachträglich klar ein Fehler. Aber beim Rumreisen zu Freunden in der dabei. Schweiz und Deutschland habe ich das Leben schon genossen und etGökhan: Hat er gewonnen? was erlebt, einfach anders. Christoph: Nein, bis jetzt nicht. Aber ich ziehe sowieso den Hut vor deinem Bruder. Ihr habt ja beide viel Fussball gespielt früher. Es ist sicher Alleine rumziehen wäre für Gökhan Inler nicht möglich, du benicht einfach für ihn: Nun verdienst du als Profi Millionen und er geht wegst dich in Neapel ja nur mit Bodyguards. jeden Tag bei den Stadtwerken Olten arbeiten wie jeder andere. Auch Gökhan: Ich habe schon versucht, mich mit Kappe und Brille zu tarnen. von deinen Eltern heisst es, sie seien voll auf dem Boden geblieben. AnAber die Fans erkennen uns Spieler trotzdem. Die Tifosi haben mich dedere hätte die Nase doch längst oben in der Luft. finitiv ins Herz geschlossen. Sie schätzen meine seriöse Arbeit. Sie seGökhan: Meine Familie ist mir enorm wichtig. Geld ist da zweitrangig. hen, dass ich immer alles für das Team gebe. Natürlich klappt das nicht Wichtig ist, dass wir es menschlich gut miteinander haben und uns immer, und dann sind die Fans auch mal enttäuscht. Das ist in Neapel gegenseitig respektieren. Mein Bruder wollte auch Fussball-Profi werextrem. An diesen Druck und die Reaktionen musste ich mich gewöhden, leider hat es nicht ganz gereicht. Aber das ändert ja nichts am nen. In Olten erkennen mich eher Personen, die ich etwa noch aus der gegenseitigen Respekt. Wir sind immer füreinander da. Schule kenne. SURPRISE 327/14

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Du bist mit 21 Millionen Euro Transfersumme der teuerste Schweizer Spieler. Das kann einem schon den Kopf verdrehen, oder? Gökhan: Über Geld spreche ich nicht gerne. Aber für mich als Profi ist es Pflicht, in jedem Training und in jedem Spiel vollen Einsatz zu zeigen. Ich respektiere alle bei Napoli, vom Fan bis zu den Vereinsangestellten. Jeder Mitarbeiter ist wichtig für uns Spieler. Sie ermöglichen es, dass wir uns voll und ganz auf den Fussball konzentrieren können.

fach auflehnen, war gegen den Staat. Ich dachte, es geht auch ohne Arbeiten. Man kann ja an den Bahnhof stehen und Leute anschnorren. Das funktioniert durchaus eine Zeit. Und irgendwie ist das ja auch eine Arbeit, wenn auch vielleicht eine etwas blöde. Es ist jedenfalls ziemlich anstrengend. Mittlerweile mache ich das nicht mehr. In der damaligen Lebensphase war das halt anders.

Woher kam die Motivation, etwas zu ändern? Christoph: Die kam eigentlich, als ich im Kulturzentrum Schützi anfing Du hast in deiner Karriere Höhen und Tiefen erlebt. Was stärkt zu arbeiten und parallel in der Surprise Strassensportliga mit eigenem den Charakter mehr: das Aufstehen nach der Niederlage oder der Team mitspielte. Davor war ich ja in der Mannschaft der Stadtküche OlEnergieschub des Sieges? ten. Verantwortung bewirkt irgendwie viel bei mir. Es machte mir FreuGökhan: Niederlagen sind nicht schön, aber wichtig. Danach musst du de, etwas zu organisieren, erst das Team und später die Turniere. Nun, dranbleiben, weiter an dich glauben. Das ist nicht nur im Sport so, nach sieben Jahren in der Liga, kam das Aufgebot, mit der Nati an den auch das Leben ist ein Auf und Ab. Oftmals pendelt sich das ja automatisch ein: Wenn es gut läuft, ist es einem wohl, man macht unbewusst vielleicht etwas Gökhan: «Nicht nur im Sport, auch im Leben ist es ein Auf und Ab. weniger – und schon fliegt man wieder in ein Wenn es schlecht läuft und ich kritisiert werde, muss ich ruhig Loch. Deshalb geht es mir in erster Linie um und seriös bleiben. Dann läuft es auch schnell wieder.» die Willensstärke. Und mit den Jahren lernt man, selbstkritisch zu sein. Das hilft, mit Homeless World Cup in Chile zu gehen. Ich glaube, ich war schon vorunterschiedlichen, auch schwierigen Situationen umzugehen. Selbst her mal im Gespräch, aber da war der Alkohol wohl noch zu präsent. wenn es schlecht läuft und ich kritisiert werde, muss ich ruhig und seDas nun muss ich packen, die Chance erhalte ich nur einmal. Das ist für riös bleiben. Dann läuft es auch schnell wieder. Harte Arbeit zahlt sich mich wohl ähnlich, wie als du, Gökhan, vom italienischen Serie-A-Club eben aus. Udine den ersten grossen Vertrag aus dem Ausland angeboten bekamst. Gökhan: Bevor du grosse Schritte wagst, ist es wichtig, gut zu planen. Christoph, du hast deinen Lebensstil geändert. Was war der Es geht ja nicht nur darum, die Chance zu packen und den Schritt zu Grund? wagen. Wichtig ist, dass du dann auch auf dem Level bleibst. Je höher Christoph: Ich will jetzt nicht darauf eingehen, wie ich aufgewachsen du steigst, desto höher werden die Ansprüche und der Druck – und es bin oder so. Das tut auch nichts zur Sache. Ich wollte mich früher ein-

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hat auch andere Spieler, die warten und hungrig sind. Darum unbedingt auch das Umfeld seriös abklären: Was und wer passt besser zu dir? Da braucht man Vertrauenspersonen, die einen beraten und auf deren Urteil man zu 100 Prozent gehen kann, auch wenn sie mal gegen eigene Ansichten sind? Gökhan: Natürlich ist es wichtig, Personen zu haben, mit denen du dich austauschen kannst und denen du vertraust. Die finale Entscheidung muss man aber immer selbst treffen. Christoph, als Punk, der sich gerne gegen Gängiges auflehnt: Fällt es dir schwer, dich in ein Team einzufügen und dich den Konventionen von Surprise anzupassen? Christoph: Man muss sich schon anpassen, aber das ist ja gut so. Es bringt mich schlussendlich weiter, wenn ich auf den Trainer höre. Gökhan, wie kamst du eigentlich zu deiner aussergewöhnlichen Rückennummer 88? Die Neonazis sehen diese Zahl ja als Symbol für «Heil Hitler» – gab’s da keine Reaktionen darauf? Gökhan: Das habe ich natürlich auch schon mitbekommen. Aber in Asien ist die 88 eine Glückszahl. In Udine war die 8, meine Lieblingszahl, leider schon vergeben. Also nahm ich die «Doppel-Acht». Der Vergleich mit einem Nazisymbol erübrigt sich wohl für einen Doppelbürger mit türkischen Wurzeln. Die Schweiz steht international für alte, ländliche Traditionen. Die Fussball-Nati ist jedoch ein wunderbares Beispiel für eine moderne, multikulturell durchmischte Schweiz … Gökhan: Wir sind alle stolz, für die Schweiz spielen zu dürfen und darauf, dieses Land gut zu repräsentieren. Jeder muss positiv vorangehen, ich als Captain vielleicht noch etwas mehr. Natürlich erfüllen wir auch einen wichtigen Integrationsauftrag. Für mich als Captain ist es sehr wichtig, alle Spieler ins Team einzubinden. Es ist eine riesige Ehre, diese Aufgabe ausüben zu dürfen. Als Captain musst du vorausblicken. Was denkst du, was ist in Brasilien die grösste Gefahr für das Team? Gökhan: Es wird entscheidend sein, in der Gruppenphase über alle drei Spiele die volle Konzentration zu halten. Bei der WM 2010 haben wir im

Gökhan Inler (29) Seit dem Rücktritt von Alex Frei 2011 ist Gökhan Inler Captain der Schweizer FussballNationalmannschaft. Die WM in Brasilien ist die zweite des 29-jährigen defensiven Mittelfeld-Spielers, der seit 2011 in den Diensten des SSC Napoli steht. Inler gilt als Musterprofi ohne Allüren. Die Karriere des Olteners mit türkischen Wurzeln verlief anfangs jedoch nicht nur rund: Im Nachwuchs des FC Basel konnte er sich nicht durchsetzen, bei seiner ersten Profistation FC Aarau ging es vor allem um den Klassenerhalt und er rang mit der Entscheidung, ob er für die Türkei oder die Schweiz spielen soll. Danach ging’s aufwärts: 2006 und 2007 feierte er mit dem FC Zürich zwei Meisterschaften in Serie, danach wagte er den Sprung zu Udinese Calcio nach Italien. Für seinen Wechsel zu Napoli zahlte der Club umgerechnet 21 Millionen Franken, was Inler zum bislang teuersten Schweizer Fussballspieler macht. SURPRISE 327/14

ersten Spiel die Spanier geschlagen, das war eine Sensation. In Brasilien wollen wir gegen Ecuador wieder furios starten, aber auch in den Spielen gegen Frankreich und Honduras erfolgreich sein. Das Überstehen der Gruppenphase ist das erste Ziel. In den K.O.-Runden ist dann alles möglich. Da entscheidet oft ein wenig das Glück und auch die Tagesform – auch ein Top-Team kann mal einen schlechten Tag erwischen. Seit Südafrika 2010 ist das Team gereift, und auch ich habe mich weiterentwickelt. Wir haben einen super Teamgeist. Wir spielen mit Freude und Spass – und erst noch erfolgreich. Die WM ist ein guter Moment, dies zu beweisen. Ich freue mich darauf, und die Mannschaft ist bereit. Was würdest du der Surprise Nationalmannschaft nach Chile mit auf den Weg geben? Gökhan: Das Motto ist für alle dasselbe: Teamwork. Die Spieler müssen zusammenhalten, dann kann man sich als Team entwickeln. Wenn man gut arbeitet, entsteht auch ein gutes Ambiente. Dazu gehört auch, Probleme offen anzusprechen. Die gibt es immer und überall. Wichtig ist, dass man das Gespräch sucht. Ich bin ja eher zurückhaltend und musste lernen, einen steten Dialog zu führen. Das ist wichtig. Es braucht Konflikte – solange man sie in konstruktiven Gesprächen lösen kann. Fussballerische Qualitäten hast du oder eben auch nicht. Aber wenn das Team nicht funktioniert, kann auch der weltbeste Fussballer nichts gewinnen. Darum ist es wichtig, als Team auch mal abseits des Platzes etwas zu unternehmen, um den Teamgeist und den Zusammenhalt zu stärken. Ich hoffe jedenfalls, meinen 30. Geburtstag in einer brasilianischen Churrascaria feiern zu können! Das wäre dann der Fall, wenn wir die Gruppenphase überstehen … Christoph, was denkst du, wie weit kommen die Schweizer? Christoph: Ich denke und hoffe schon, dass es mit dem Achtelfinal klappen wird. Aber wie Gökhan sagt: Das wird schwierig genug. Danach ist alles offen. Ich drücke die Daumen! ■

Olivier Joliat ist freier Journalist und Mitarbeiter von Surprise Strassensport.

Mehr Informationen zur Surprise Strassensportliga und zur Surprise Nationalmannschaft auf www.strassensport.ch

Christoph Birrer (32) Zum Strassensport kam Christoph Birrer 2007, als er in der Stadtküche Olten als Taglöhner jobbte. Die Mannschaft brauchte noch Leute, und da er bis zu den C-Junioren im Club Fussball gespielt hatte, half er aus. Der Strassenfussball packte ihn, und so gründete er mit Kollegen aus der Punkszene 2008 das Team Olten und nimmt seither regelmässig an den Turnieren der Surprise Strassensportliga teil. Daneben begann er Konzerte zu organisieren, vor allem von Punk-Bands. Am Wochenende vom 28. und 29. Juni organisiert Birrer zum fünften Mal ein Doppelturnier bei der Schützi Olten. Nebst Surprise und Team Olten unterstützen ihn dabei vor allem die Kollegen von der Aktion Platz für Alle (APA), die auch beim Organisieren von Konzerten mithelfen. Nach dem Turnier in Olten wird sich Birrer mit der Surprise Nati auf den Homeless World Cup vorbereiten, der Anfang Oktober in Chile stattfinden wird.

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Die 10-köpfige Schweizer Delegation freut sich an der Copacabana auf den 8. Homeless World Cup.

Strassensport WM in Brasilien Momentan sind die Bilder überall in den Medien, wie die Schweizer Fussball Nationalmannschaft logiert, trainiert und sich gegen Hitze und andere Einflüsse abschirmt, die sie vom Einzug ins Finale in Rio de Janeiro abhalten könnte. Surprise Strassensport hat am Zuckerhut bereits 2010 mit 56 Nationen um den Homeless World Cup gespielt: Eine Rückblende in Bildern. VON OLIVIER JOLIAT (TEXT UND BILDER)

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Beach statt Street Soccer: Beim Abschlusstraining vor dem Turnier wird auf dem legend채ren Copacabana-Strand gegen einheimische Fussballer getestet.

Fussball ist auch Kopfsache: Goalie Marcel Handschin im Nati-Look. SURPRISE 327/14

Beim Fahnenschwingen ungeschlagen: Captain Steve Meyer l채uft f체r die Schweiz mit 56 Nationen ins Stadion.

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Beim Eröffnungsspiel im Copacabana-Stadion setzte es für die Schweiz eine herbe 2:8 Niederlage gegen Litauen ab.

Dank Fehler-Analyse am Strand und Regenerations-Bad im Meer verrauscht die Enttäuschung schnell.

Treu und gut gelaunt: Unser Schweizer Fan-Duo auf der Tribüne.

Durch physische und mentale Erschöpfung arg dezimiert, doch hoch konzentriert: Das Rumpfteam der Surprise-Nati vor dem letzten Spiel gegen Indien.

Brasiliens Fussballerinnen und Fussballer feiern den doppelten Weltmeistertitel.

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Nicht 5-Stern, dafür 3-stöckig mit Durchbruch und fensterlos – unsere Bettenburg.

Erholung ist wichtig: Stürmer Burim Salku ist zugleich der Team-Physio.

Die Resultate Gruppenphase 1: Litauen – Schweiz Griechenland – Schweiz Tschechien – Schweiz Schweiz – Russland

8:2 1:7 7:3 3:9

Phase 2: Schweiz – Finnland 2:7 Ungarn – Schweiz 3:3 (Sieg nach Penaltyschiessen) Neuseeland – Schweiz 1:12 Schweiz – Kanada 1:1 (Niederlage nach Penaltyschiessen)

Community Cup Viertelfinal: Schweiz – Kambodscha

6:5

Halbfinal: Argentinien – Schweiz

9:7

Kleiner Final: Schweiz – Indien

0:7

Gesamtranking: Platz 36

Surprise Strassensport Seit der ersten Strassenfussball-WM 2003 ist Surprise Strassensport Partner des Homeless World Cup (HWC). Da man als Spieler nur einmal am HWC teilnehmen darf, werden jährlich acht neue Spieler selektioniert. Um Nati-Spieler zu werden, zählen nebst fussballerischen Fähigkeiten die sozialen Fortschritte des Spielers und die Teamfähigkeit. Rund 200 sozial benachteiligte Spielerinnen und Spieler mit unterschiedlichem Hintergrund spielen mittlerweile in der Strassensport Liga um Turniersiege, Schweizer Meisterschaft und die Teilnahme am HWC. Internationale Statistiken vom HWC sowie unsere nationalen Erhebungen belegen Erfolg und Effizienz dieses niederschwelligen Integrationsprojektes. Finanziert wird dieses Projekt von Sponsoren, Stiftungen und Spendern. Der Homeless World Cup 2014 findet im Oktober in Chile statt. Am letzten Tag blieb auch noch Zeit, um die Stadt zu erkunden. SURPRISE 327/14

www.strassensport.ch www.homelessworldcup.org

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Die Rebellen des Schwe

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Günter Netzer (*1944) Mittelfeldregisseur bei GC 1976/77, davor u.a. bei Real Madrid, Europameister 1972, Weltmeister 1974.

Der Lebemann Bekannt für grosse Füsse, pflegte Netzer in den 70ern den entsprechenden Lebensstil. Der begnadete Spielmacher mit der Fohlen-Mähne führte die «Lovers Lane»-Disko, flog trotz Verbot von Madrid nach Las Vegas, um in einer Nacht mit dem Rat Pack Frank Sinatra sowie Elvis Presley zu sehen und fährt bis heute Ferrari. Doch wer sich im deutschen Pokalfinale 73 selbst einwechselt, um mit einem Jahrhunderttor das Spiel zu entscheiden, darf so grossspurig wie grossmaulig auftreten. Vor allem, da seine trockene Kritik als TV-Experte immer sitzt. Leider startete er nur diese Karriere in der Schweiz. (ojo)

Kubilay «Kubi» Türkyilmaz (*1967) Stürmer, 1986 – 2002 u.a. bei der AC Bellinzona, Servette Genf und dem GC Zürich.

Der Secondo-Pionier Heute bestreitet niemand mehr das Erfolgsrezept der schnellen Einbürgerung. Der türkischstämmige Kubi wurde jedoch noch Ende der Achtzigerjahre von Nati-Nazis als Secondo angefeindet. Obwohl lauffaul, stopfte er Kritikern mit 34 Nati-Toren äusserst treffsicher das Maul. Anders seine Attribute, seit er für das Tessiner Fernsehen und den Blick kommentiert. Da schiesst der grossmaulige Macho-Geck öfter übers Ziel hinaus. Lieber zitieren wir den Querkopf so: «Fussball ist die schönste Nebensache der Welt. Die Hauptsache aber ist die Solidarität mit den Schwächsten der Welt.» (ojo)

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Der Dribbler Der Nigerianer Ike Shorunmu war ein Rebell auf dem Platz. Er tat alles, was ein Goalie auf keinen Fall tun darf: Er dribbelte ausserhalb des Strafraums, liess gegnerische Stürmer mit Körpertäuschungen ins Leere laufen und fing Flankenbälle mit Vorliebe einhändig. «Ich liebe die Show», gab Shorunmu dem Tagi einmal zu Protokoll. Die Fans liebten ihn dafür. Da er dazu auch ausserordentlich gut hielt (u.a. einen eigentlich unhaltbaren Penalty gegen Stadtrivale GC), unternahm auch Trainer Ponte keine ernsthaften Versuche, ihn zu disziplinieren. (fer)

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Carlos Varela (*1977) Mittelfeld, Spanier, spielte 1995 – 2010 u.a. bei Servette Genf, FC Basel, YB und Xamax.

Ein Mann sieht rot Carlos Varela, so sind sich die Experten einig, hätte das Zeug zu einem grossen Spieler in einer grossen Liga gehabt. Mit seinen legendären Wutausbrüchen und dementsprechend regelmässigen gelben und roten Karten stand sich der pfeilschnelle Stürmer jedoch zu oft selbst auf den Füssen. Immer wieder packte er bei einem Club seine Sachen, weil er rausgeschmissen wurde oder selbst wutentbrannt den Bettel hinwarf. Zuletzt hatte er sich 2011 mit Trainer Urs Schönenberger beim Challenge-League-Club SC Wohlen überworfen, seither spielt er beim Berner Regionalverein FC Köniz in der 1. Liga. (fer)

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Andy Egli (1958*) Innenverteidiger, 1978 – 1994 u.a. bei GC Zürich und Neuchâtel Xamax, 77 Länderspiele für die Schweiz.

Der Gewerkschafter Bähnler-Sohn Egli fordert auch als Coach und TV-Experte mehr Spieler mit Kanten und politischem Engagement. Als Spieler meist in der Mitte agierend, vertritt er politisch klar linke Positionen und versuchte in den 90erJahren, eine Spieler-Gewerkschaft zu gründen. Bis heute setzt er sich für sozial Schwächere ein und unterstützt regelmässig die Surprise Strassensportliga. Gefährlich wird Egli nur, wenn man auf sein Handy fokussiert über den Bahnsteig wetzt. Der Velound ÖV-Fahrer setzt bei solchen Ignoranten auf alte Abräumer-Qualitäten und lässt das Gegenüber knallhart auflaufen. (ojo)

Ibrahim «Ike» Shorunmu (*1967) Goalie beim FC Zürich 1996 – 1999, davor zweimal nigerianischer Meister und einmal Cupsieger.

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Christian Constantin (*1957) Trainer (de facto) und Präsident des FC Sion 1992 – 1997 und seit 2003.

Der Trainer CC legt sich mit allen an: Fifa, Uefa, SFV – und handelt sich dabei gerne mal Punktabzüge und Sperren ein. Legendär auch seine Versprechen, die Weltelite ins Wallis zu locken («Ich wollte Trapattoni holen. Er wäre gerne gekommen, sagte aber, er müsse noch private Dinge regeln in Italien») – was ihm erstaunlicherweise aber doch immer wieder gelang, zum Beispiel 2012 mit der Verpflichtung des italienischen Weltmeisters Gennaro Gattuso. Unter CC ist man meist nur ein paar Monate Trainer, dann hat der Chef genug. Der Erfolg gibt CC erstaunlicherweise aber punktuell immer wieder mal recht. (fer)

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Vom Medienchef vorgefertigte Aussagen abgeben, keinesfalls je eine politische Äusserung, immer brav Playstatio Leben gehen. Ausnahmen bestätigen, zum Glück, die Regel: Immer wieder haben unvernünftige und unangepasste und exklusiv die Surprise-Alltime-Rebellen-Elf aufgestellt. Zum Herausnehmen und Aufhängen.


izer Fussballs

Alex Frei (* 1979) Mittelstürmer, spielte in der Schweiz u. a. beim FC Basel, FC Thun und FC Luzern, 78 Länderspiele.

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Einer gegen alle Alex Frei spuckte, trat und teilte verbal aus. Auch in Interviews hatte er oft keine Lust auf Nettigkeiten und redete sich immer wieder um Ruf und Kragen. Legendär auch die Geschichte, als er nach einem Europa-LeagueSpiel des FC Basel keine Lust auf die Dopingkontrolle hatte und erstmal auf die Toilette eine rauchen ging. Bei Borussia Dortmund vergöttert, wurde er – der beste Torschütze der Nationalmannschaft aller Zeiten – vom Schweizer Publikum im eigenen Stadion immer wieder ausgepfiffen. Ende 2010 hat er genug davon und gab deshalb seinen den Rücktritt aus der Nati. (fer)

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Paul Grüninger (1891 – 1972) Flügelstürmer, 1915 Schweizer Meister mit dem SC Brühl, später auch Präsident des SC Brühl.

Der Lebensretter Im Jahr 1984 machte das Tagi-Magi einer breiten Öffentlichkeit bekannt, dass der St. Galler Polizeihauptmann Paul Grüninger im Zweiten Weltkrieg Hunderten bis Tausenden von Flüchtlingen das Leben rettete und dafür mit Schimpf und Schande aus dem Amt gejagt wurde. Weniger bekannt ist, dass Grüninger in jungen Jahren auf dem Rasen zu Ehren gekommen war: Als linker Flügelstürmer wurde er 1915 mit dem SC Brühl Schweizer Meister. Auch Präsident des Clubs war er später zweimal. 1940 legte er das Amt endgültig nieder, um den Verein nicht in den Wirbel um seine Person hineinzuziehen. (fer)

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Ivan Ergic (*1981) Mittelfeld, serb.-austral. Doppelbürger, beim FC Basel 2001 bis 2009, serbischer Nationalspieler.

Der Marxist Ivan Ergic war in vielerlei Hinsicht ein aussergewöhnlicher Fussballer. So beschwerte er sich gerne beim Schiri, dass ein für ihn gepfiffenes Foul keines gewesen sei. Er war sein eigener Manager. Er fiel mehrere Monate wegen einer schweren Depression aus. Und statt Play Station zu spielen las er die grossen Philosophen. Unvergessen der verdutzte Blick Aeschbachers, als Ergic, nach seinem wichtigsten Buch gefragt, «Das Kapital von Karl Marx» antwortete. Heute schreibt er in der Basler Tageswoche Essays gegen die Auswüchse des Kapitalismus und gegen die Prostitution. (fer)

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Alain Sutter (*1968) Mittelfeld, von 1985 bis 1993 mit Unterbruch bei GC Zürich, 62-facher Nationalspieler.

Der Friedenskämpfer Seinen Platz in der Ahnengalerie der Fussballrebellen verdiente sich Alain Sutter, als er vor einem WM-Qualifikationsspiel 1995 die heilige Regel durchbrach, dass sich Fussballer niemals politisch äussern dürfen. Während des Abspielens der Nationalhymne entrollte er mit seinen Mannschaftskollegen ein Transparent, auf dem «Stop it Chirac» stand, in Anspielung auf die Atombombe, die der französische Präsident tags zuvor auf dem Mururoa-Atoll testweise hochgehen liess. Von weiteren Versuchen abhalten konnte ihn allerdings auch Sutter nicht. (fer)

Trifon Iwanow (*1965) Libero bei Neuchâtel Xamax 1994/95, 75 Länderspiele für Bulgarien, 4. Platz an der WM 1994.

Iwanow der Schreckliche Wäre Iwanow noch bei Xamax gewesen, als Präsident Bulat Tschagajew hasardierte, dem tschetschenischen Hochstapler wäre es ergangen wie Ivan Drago in «Rocky IV». Frappant jedenfalls die Ähnlichkeit des bulgarischen Bullen mit dem italienischen Stier am Ende des Box-Epos. Doch klebte Iwanow seine Nase schon vor dem Spiel und sein Kontrahent bei Xamax war Trainer Gilbert Gress. Der empfing die Neuverpflichtung gemäss Iwanow mit den Worten: «Wer bist du und was zur Hölle machst du hier?» Gut, hatte Iwanow damals noch keinen Panzer. Seine Gegner kannten und fürchteten ihn auch so. (ojo)

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P.-A. «Gabet» Chapuisat (*1948) Libero und Spielmacher, u.a. bei Lausanne-Sports und dem FCZ, Schweizer Nationalspieler 1975 – 1985.

Der Ausfällige Der Vater des so ruhigen wie erfolgreichen Stürmers Stéphane Chapuisat war ein Libero und Spielmacher von überragender Technik und aufbrausendem Temperament. Seine Ausbrüche in Wort und Geste richteten sich gleichermassen gegen Mitspieler, Gegner, Schiedsrichter und Öffentlichkeit. Weniger rebellisch war Gabet gegenüber seiner Frau. Unter anderem weil sie sich in Paris nicht wohlfühlte, lehnte er ein Vertragsangebot des Paris FC ab, das ihn zum Millionär gemacht hätte. Er bereute es später bitterlich: «Und all das dafür, dass wir uns sechs Jahre später sowieso trennten.» (fer)

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on spielen und zeitig die Bettruhe suchen. Wer als Fussballer Karriere machen will, muss stromlinienförmig durchs e Widerspenstige den Fussballzirkus aufgemischt. Wir haben nach Individualisten im Schweizer Fussball geforscht


Albanische Fussballer «Wir sind doch alle Shippis, oder?» Dass Shaqiri für die Schweiz spielt, bringt ihm Anfeindungen aus Albanien ein. Würde er sich in Zukunft für die neue kosovarische Nati entscheiden, wären ihm Beschimpfungen aus der Schweiz sicher. Schweizer Albaner sind im Clinch. Wer spielt weshalb für wen? Wir haben die beiden St. Galler Ermir Lenjani und Kristian Nushi, Nationalspieler für Albanien respektive den Kosovo, um Aufklärung gebeten.

VON ETRIT HASLER (TEXT) UND PEER FÜGLISTALLER (BILDER)

Es war eine Schlagzeile mit Verwirrungspotenzial: «Bunjaku schiesst erstes Tor für Kosovo» titelte der Blick am 21. Mai. Fans der Schweizer Fussballnationalmannschaft rieben sich kurz die Augen. Wie bitte? «Unser» Albert Bunjaku? Aber der spielt doch für die Schweiz? Was war geschehen? Anlass der Schlagzeile war das zweite offizielle Länderspiel der jüngsten Nationalmannschaft der Welt, derjenigen des Kosovo. Die Premiere im nach dem verstorbenen Anführer der kosovo-albanischen Befreiungsarmee UCK benannten Adem-Jashari-Stadion in Mitrovica gegen Haiti endete noch 0:0. Im zweiten Spiel war es dann so weit: Bei der 1:6Niederlage gegen die Türkei schoss Albert Bunjaku das Anschlusstor zum zwischenzeitlichen 1:2 und damit das erste offizielle Länderspieltor in der Geschichte des 2008 gegründeten Staates – derselbe Albert Bunjaku, der von Ottmar Hitzfeld 2010 als Ersatz für den verletzten Marco Streller für die WM in Südafrika nachnominiert wurde. Seither ist Bunjaku nie mehr zu einem Einsatz für die Schweiz gekommen und nahm eine Gelegenheit wahr, die den meisten Fussballern nur zu Juniorenzeiten offensteht: Er wechselte den Verband. Da Bunjaku in der Nati kaum mehr eine Rolle spielte, führte das nicht zu grossen Diskussionen. Telefonterror und Morddrohungen Ganz im Gegensatz zu anderen, prominenteren Spielern: Wer sich gegen die Schweizer Nationalmannschaft entscheidet, wird von den Boulevardmedien und in den Kommentarspalten schnell als «Verräter» beschimpft. Der erste prominente Fall war der damalige GC-Starstürmer und Doppelbürger Mladen Petric, der sich, so durfte man später lesen,

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nicht zuletzt aufgrund persönlicher Animositäten mit Alex Frei 2001 für Kroatien entschied. Ihm folgte der damalige FCB-Star Ivan Rakitic, dem dieselbe Entscheidung Telefonterror und Morddrohungen einbrachte. Doch auch der umgekehrte Fall kommt vor. Als die Schweiz in der Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2014 auf Albanien traf, machten albanische Medien Stimmung gegen Xherdan Shaqiri und Granit Xhaka, also die Albaner in der Schweizer Nati. Wobei es dazu zu sagen gilt, dass die beiden gar nicht aus Albanien kommen, sondern aus dem Kosovo. Was die Geschichte nicht einfacher macht. Einer, der damals für die andere Seite auf der Bank sass, ist Ermir Lenjani. Der 25-jährige, der gerade eine Glanzsaison beim FC St. Gallen hinter sich hat, kam als Dreijähriger aus dem Kosovo in die Schweiz und ist inzwischen eingebürgert. Und er spielt für die albanische Nationalmannschaft. «Das war schon ein komisches Gefühl», beschreibt er die Stimmungsmache gegen seine Landsleute. «Ich kenne viele der albanischstämmigen Spieler in der Schweizer Nati, das sind Freunde. Und ich finde, jeder muss für sich selber entscheiden dürfen, für welche Nationalmannschaft er spielt.» Auch Lenjani hat sich vor Kurzem entscheiden müssen. Als er vom Challenge-League-Klub FC Winterthur, wo er jahrelang zur Stammelf gehört hatte, zum FC St. Gallen wechselte und sich dort bald einen Platz in der Stammelf eroberte. «Der albanische Verband kam recht schnell auf mich zu», erzählt Lenjani beim Treffen im Pressezentrum der AFGArena in St. Gallen. Natürlich sei er geschmeichelt gewesen, auch wenn er sich überlegen musste, ob er nicht noch ein bisschen warten sollte, bis vielleicht ein Aufgebot der Schweizer Nati käme. «Aber bei Albanien war klar, dass ich zu Einsätzen kommen würde, und ich wollte vor allem spielen.» Eine Entscheidung für die Karriere also, denn das ist klar: Wer im Fussball weiterkommen will, der muss international spielen. SURPRISE 327/14


Kristian Nushi, Fussballprofi beim FC St. Gallen, hat sich für die kosovarische Nationalmannschaft entschieden.

«Das ist das Erste, was sich die Sportchefs heute anschauen», ist er überzeugt. Und natürlich will auch Ermir noch hoch hinaus. «Bundesliga oder Premier League – wer weiss?», sagt er. Und: «Ist das nicht der Traum jedes Fussballers?»

Wobei die Beziehung nicht immer nur harmonisch ist: Die Kosovaren gelten den Grossstadt-Albanern aus der Hauptstadt Tirana häufig als Bauern. Die Sprache ist anders, rauer, weniger rund und geschliffen als der toskische Staatsdialekt. Eine Lokalrivalität, wie wir sie zwischen Zürchern und Baslern kennen oder zwischen den Wallisern und dem Rest der Schweiz, und die selbstverständlich auch im Fussball ausgelebt wird. «Natürlich finden das die Fussballer aus Albanien nicht einfach nur toll, dass die Kosovaren so umworben werden», erklärt Lenjani, «die Konkurrenz ist grösser geworden.» Denn solange es Jugoslawien noch gab, war klar, dass die Kosovaren dort spielen mussten. Wobei das eher selten vorkam – die Albaner waren im Fussball so marginalisiert wie in der Politik. Die einzige wirklich prominente Ausnahme war die kosovarische Fussballlegende Fadil Vokrri, der Ende der Achtzigerjahre für das jugoslawische Nationalteam auflief. Nach dem Krieg spielten dann erste Kosovaren wie Lorik Cana und Besnik Hasi für Albanien.

Die Albaner – «ein Volk» Bei der Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Nationalmannschaft spielen meistens die Gedanken an die Karriere die entscheidende Rolle, sagt Lenjani. «Das hat ja nichts mit Heimat zu tun. Ich bin im Kosovo geboren, ich habe viel Zeit dort verbracht, aber ich wohne hier. Ich habe meine Heimat an beiden Orten – aber ich kann ja nur schlecht für beide Länder spielen», sagt er und lacht. Trotzdem sei es für ihn etwas Besonderes, für Albanien auflaufen zu dürfen. «Die Fans sind viel heissblütiger als in der Schweiz. Sie sind extrem stolz auf die Mannschaft, auf ihr Land. Es ist schon ein krasses Gefühl, zu wissen, dass man die Träume dieser Fans trägt.» Und nicht nur in Albanien selber, «Viele der albanischstämmigen Spieler in der Schweizer Nati sind sondern auch im Kosovo, zum Beispiel in Ermeine Freunde», sagt der albanische Nationalspieler Lenjani, «und mirs Heimatstadt Kamenicë im Kosovo, wo er ich finde, jeder muss selber entscheiden dürfen, für wen er spielt.» noch eine Wohnung hat. «Die Leute erkennen mich auf der Strasse und sprechen mich an. Verlieren wir Shaqiri? Sie sind extrem stolz auf mich.» Auch wenn er technisch gesehen für eiNatürlich wurde Lenjani auch vom Kosovo umworben. Der Verband, ne «fremde» Nation spielt? «Wir unterscheiden das nicht so klar. Das ist der erst seit Januar 2014 offiziell zu Freundschaftsspielen zugelassen ist, für uns eins. Ein Volk.» Tatsächlich ist es die albanische Flagge, der hat aber keinen einfachen Stand. Zwar dürfen wegen der Neugründung schwarze Doppeladler auf rotem Grund, der von Albanern aller Natiodes Verbands auch Spieler zur kosovarischen Nationalmannschaft wechnalitäten geschwungen wird. Eine Flagge, die eben gleichzeitig für eine seln, die schon Länderspiele für andere Nationen absolviert haben – was Nation steht, die vor dem Ersten Weltkrieg am Reissbrett gegründet wurden Blick zur Schlagzeile brachte: «Verlieren wir jetzt Shaqiri und Co?» de, wie für eine Ethnie, ein Volk, das in Albanien, dem Kosovo, MazedoDie Chancen sind für den Moment jedoch noch gering. Wer sich entnien und in der Diaspora in der Schweiz, Deutschland und so weiter lebt. SURPRISE 327/14

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beim FC St. Gallen gefreut. Das war eine schöne Bestätigung. Danach ging alles unglaublich schnell. Der offizielle Entscheid kam im Januar, und im März war schon das erste Spiel gegen Haiti.» Der kosovarische Verband machte im Eiltempo vorwärts und brachte das Stadion in Mitrovica, der geteilten Stadt im Norden des Kosovo, auf Vordermann. «Zuerst hatte man noch geprüft, ob wir in St. Gallen oder Genf spielen sollten. Aber die Leute wollten unbedingt zuhause spielen können, vor eigenem Publikum.»

Ermir Lenjani spielt für die albanische Nationalmannschaft.

Kein Visum für den Fussballstar Wobei auch in der Schweiz das «eigene» Publikum ins Stadion kommt. Als der FC Winterthur 2008 den FC Prishtina für ein Freundschaftsspiel auf die Schützenwiese einlud, strömten 8000 Fans daher – der grösste Teil kosovarische Fans aus allen Landesteilen. Auch für Nushi ist klar: «Wir sind doch alles Shippis, oder?», sagt er, auf den Spitznamen anspielend, der sich für Albaner hierzulande eingebürgert hat (von albanisch «shqiptar» für «Albaner»), und lacht. Wobei, so einfach ist es eben doch nicht. Dass er den albanischen Pass nicht mehr verlängerte, rächte sich, als er mit dem FC St. Gallen in der Europa League nach Moskau reisen wollte. Weil die russischen Behörden den Kosovo als Staat nicht anerkennen, verweigerten sie ihm ein Einreisevisum – alle Bemühungen des Vereins waren vergeblich. «Ich konnte das nicht verstehen. Die wissen, wer ich bin, die wissen, wieso ich einreisen will, die wissen, dass ich auch wieder abreisen werde. Das ist doch kindisch», meint er. Natürlich sei er stolz, sagt Nushi, für den Kosovo spielen zu können. Und er ist zuversichtlich, dass seine Mannschaft schon an der nächsten WM-Qualifikation mitspielen darf. Aber er nimmt es niemandem übel, der sich für einen anderen Verband entscheidet. Auch seinem FC-SGKollegen Lenjani nicht. «Natürlich verstehe ich das. Die Karriere eines Fussballers ist schnell vorbei. Wer sich nicht im richtigen Moment entscheidet, für den ist der Zug abgefahren.» Und was ist mit denen, die für die Schweiz spielen? «Das ist doch toll. Die Schweiz hat uns allen viel gegeben. Und dank der Schweizer Nati fahren jetzt albanische Fussballer nach Brasilien!» Wie Lenjani hat auch Nushi in der Schweiz eine zweite Heimat gefunden und bemüht sich derzeit um seine Einbürge-

scheidet, für den Kosovo zu spielen, der vergibt sich damit die Chance, an internationalen Turnieren wie der Europa- und der Weltmeisterschaft teilzunehmen. Denn der jüngste Staat der Welt wird von den Fussballverbänden nicht voll anerkannt, solange die UNO das nicht tut. Und dort sitzt mit Russland «Die Fans in Albanien sind viel heissblütiger als in der Schweiz», ein Verbündeter Serbiens als Vetomacht im Sischwärmt Lenjani. «Es ist schon ein krasses Gefühl, zu wissen, cherheitsrat und verhindert eine Anerkennung dass man die Träume dieser Fans trägt.» der abtrünnigen Provinz ihres Verbündeten. Lenjanis Mannschaftskollege und Mentor rung. «Hier möchte ich alt werden und meine zwei Kinder aufwachsen beim FC St. Gallen, der 31-jährige Kristian Nushi, hat sich trotzdem für sehen.» Und er fügt nach einer Pause hinzu: «Als junger Mann habe ich das Nationalteam des Kosovo entschieden. Nushi hatte ab 2006 unter mir das nie überlegt: Wo will ich leben, wie will ich leben? Heute ist für Hans-Peter Brigel für die albanische Nationalmannschaft ein paar Einmich klar: Ich bin hier genauso zuhause wie im Kosovo.» sätze gehabt, eine lange Verletzung und ein neuer Trainer verunmög■ lichten ihm dann allerdings die Rückkehr. «Das lief nicht ideal. Die Personenkonstellation stimmte nicht mehr, und als ich ein Jahr lang nicht mehr aufgeboten wurde, wusste ich: Das war’s», beschreibt Nushi die damalige Situation. Er verlängerte seinen albanischen Pass nicht mehr, und als das Angebot kam, für den Kosovo ein inoffizielles Freundschaftsspiel gegen Saudi-Arabien zu bestreiten, nahm er an. «Ich bin Fussballer. Ich war einfach froh, dass ich wieder spielen konnte», meint er gelassen. Aber es sei schon etwas ganz anderes gewesen, für den Kosovo zu spielen: «Albanien hatte funktionierende Strukturen, Stadien, Betreuer. Beim Kosovo war noch alles im Aufbau», erzählt er. Dazu kamen formelle Schwierigkeiten: Da der Kosovo kein anerkannter Verband war, waren die lokalen Vereine nicht verpflichtet, die Spieler für Freundschaftsspiele freizugeben. Umso schöner war es für Nushi, als der Kosovo von der FIFA Anfang 2014 die offizielle Erlaubnis bekam, zumindest Freundschaftsspiele auszutragen – allerdings ohne Nationalhymne Etrit Hasler ist Slam-Poet und WoZ-Fussball-Kolumnist aus St. Gallen. Er bezeichund Flagge. «Als ich das Aufgebot bekam, haben sich auch die Leute net sich als «Halbaner» – sein Vater stammt aus dem Kosovo.

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Kunst Die Kehrseite des Ballzaubers «Gesäuberte» Favelas, Todesopfer bei den Bauarbeiten, Milliarden für Stadien statt Spitäler, McDonald’s statt Strassenhändler, Massenproteste – an der WM ist nicht alles Gold, was glänzt. Der renommierte rumänische Künstler Dan Perjovschi bringt sich mit seinen Zeichnungen international immer wieder bei Protestbewegungen ein und hält die Probleme mit seinem schwarzen Filzstift fest. Auch zu Brasilien 2014 hat er sich pointiert geäussert: eine Kritik in Bildern. ZEICHNUNGEN VON DAN PERJOVSCHI

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Dan Perjovschi Der Künstler ist mit seinen Zeichnungen international bekannt geworden. Er bringt sie mit schwarzem, wasserfestem Filzstift direkt auf Museumswänden an, von wo sie nach Ende der Ausstellung wieder ganz verschwinden (u. a. im Museum of Modern Art MoMA 2007 in New York und an der 9. Istanbul Biennale 2005). Ausgebildet wurde der Rumäne in Ceaucescus kommunistischem Regime als klassischer Maler, bereits damals suchte er aber nach alternativen künstlerischen Strategien und veranstaltete zusammen mit seiner Frau Lia SURPRISE 327/14

Perjovschi zunächst Performances und weitere Aktionen in der privaten Wohnung in Bukarest. Seit einigen Jahren nutzt er Facebook, um Protestbewegungen in aller Welt mit seinen Bildern zu versorgen. Der Widerstand gewinnt damit an Schlagkraft: Die Online-Community verbreitet Perjovschis cartoonhaften Zeichnungen weiter und macht sie damit zu Ikonen des Protests. Die abgebildeten Zeichnungen, die uns Dan Perjovschi zur Verfügung gestellt hat, stammen aus dem Jahr 2013 und sind noch bis zum 7. September in der Shedhalle Zürich in der Ausstellung «Drawing Protest» zu sehen. (dif) www.perjovschi.ro

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WM-Kolumne Mission Ausnahmezustand Es ist also wieder so weit. Weltmeisterschaft. Das ist Ausnahmezustand in jeder Hinsicht: Jeden Abend vor dem Fernseher hängen – wegen der Zeitverschiebung bis spät in die Nacht – und sich jeden noch so kuriosen Match ansehen. Ob man will oder nicht, denn versuchen Sie mal eine Beiz zu finden, in der nicht automatisch der Fernseher läuft – und wir wissen alle: Ist das einäugige Monster erst angeworfen, verlangt es unerbittlich nach Aufmerksamkeit, und nur die wenigsten haben die Willenskraft, sich ihm zu widersetzen. So schlimm ist das auch wieder nicht. Es hat ja etwas Völkerverbindendes: Plötzlich solidarisieren wir uns mit Menschen aus Nationen, die wir auf einer Landkarte kaum platzieren könnten – Hauptsache, ihre Nationalmannschaft gewinnt gerade gegen Deutschland. Plötzlich lieben wir auch unsere Albaner,

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Türken und Kroaten – zumindest solange sie Tore schiessen. Solange wir ab und zu gewinnen, stören uns nicht mal die Hupkonzerte auf den Strassen, die unseren menschenleeren Innenstädten einen Touch von mediterraner Atmosphäre verleihen. Friede, Freude, Eierkuchen also, wobei das Ei in diesem Fall aus Leder besteht und einen ganzen Monat als Diskussionsstoff völlig ausreicht. Da gibt es keinen Bankenstreit mehr, keine Masseneinwanderungsinitiative und endlich auch keine Ukraine – die haben sich ja nicht qualifiziert. Weltmeisterschaft, das bedeutet auch, dass wir einen Monat lang auf ein Land fern von uns blicken – oder auch nicht. Kaum ist das Eröffnungsspiel angepfiffen, vergessen wir, dass die Bauarbeiten für die Stadien Tote gefordert haben. Dass der brasilianische Sportminister wegen Korruption im Zusammenhang mit der Vergabe der WM zurücktreten musste. Dass hunderttausende Menschen in Brasilien gegen die Ausrichtung demonstrierten – auch Fussballer. Dass die Kosten für dieses Turnier Brasilien über Jahre hinweg belasten werden. Südafrika bezahlte seinerzeit sechs Milliarden, und statt dem versprochenen Entwicklungsschub erlebte das Land einen Einbruch der Tourismusindustrie um 30 Prozent. Dass zehntausende Familien umgesiedelt werden mussten, damit die WM-Stätten «in Spielwiesen für das Grosskapital verwandelt» werden können, wie dies UN-Berichterstatte-

rin Raquel Rolnik ausdrückte. Dass rund um die WM neben den von der FIFA geduldeten Sponsoren vor allem die Sexindustrie blühen wird. Dass in Brasilien Millionen in Favelas leben, in Armutssiedlungen, die wir in einem Anfall von unfassbarem Zynismus noch an unseren Open Air Festivals nachbauen, damit auch unsere Wohlstandskinder sich einmal ein bisschen näher an der Strasse, ein bisschen «Gangster» fühlen dürfen. Wobei – selbstverständlich wird in der Pseudofavela in Frauenfeld kaum der Fernseher fehlen, auf dem man dann Fussball schaut. Verstehen Sie mich nicht falsch. Es ist nichts Anrüchiges, sich die WM anzusehen. Auch nicht, sich daran zu freuen. Aber es darf keine Ausrede dafür sein, alles andere zu vergessen. Erinnern Sie sich daran, wenn sich der diktatorische Alleinherrscher Sepp Blatter zum Schluss des Turniers abfeiern lässt und ein weiteres Mal erklärt, dass seine Mission noch nicht vorüber ist. Egal, wer Weltmeister geworden ist.

ETRIT HASLER IST WOZ-KOLUMNIST UND SLAM-POET ILLUSTRATION: SARAH WEISHAUPT SURPRISE 327/14


WM-Songs Rund wie die Welt Wenn WM ist, wird gesungen. Meist sind die Lieder ungeniessbar. Hin und wieder aber erzählen sie erstaunliche Geschichten.

Die Fussball-Weltmeisterschaften der Neuzeit haben eines gemeinsam: An ihre offiziellen Hymnen erinnert sich schon kurz nach Ende des Turniers niemand mehr. Mit wie viel Pomp die «Official World Cup Songs» auch aufgezogen werden, haften bleibt in aller Regel wenig. Die FIFA als Organisatorin greift bei der Wahl ihrer Interpreten blind in den Topf der internationalen Pop-Elite. Was dabei herauskommt, ist die pure Beliebigkeit. So fragte sich vor der WM 2010 in Südafrika manch einer, warum genau die libanesisch-amerikanisch-spanisch-kolumbianische Multimillionärin von den Bahamas, Shakira, die erste Weltmeisterschaft auf dem afrikanischen Kontinent besingen musste. Kein Wunder, blieb als WM-Song 2010 den meisten denn auch nicht Shakiras «Waka Waka» in Erinnerung, sondern «Wavin’ Flag» von K’naan. Nur war das nicht die Hymne der FIFA, sondern jene des Sponsors Coca-Cola. Wenn WM-Lieder heute fast unbemerkt im allgemeinen Pop-Getöse verhallen, geht vergessen, dass die Musik zu den Weltmeisterschaften eine lange Tradition hat. Und die bietet eine Fülle erstaunlicher Geschichten. 1962 beauftragte die FIFA erstmals eine Band mit einem WMSong. Der schmissige «Rock del mundial» von Los Ramblers ist heute eine gesuchte Scheibe. Es folgten 1966 der Song des Maskottchens «World Cup Willie» und 1970 das rhythmisch und harmonisch anspruchsvolle «Futbol Mexico 70», ehe 1974 Deutschland als Gastgeber in einer Geste der Versöhnung die Polin Maryla Rodowicz ins Studio bat. Die Sängerin schmetterte die deutsche Version ihres Liedes «Futbol» bei der Eröffnungsfeier in mitreissender Manier durchs Frankfurter Waldstadion. Das Nationalteam ihres Landes dankte es ihr am Ende mit einem sensationellen dritten Platz. 1974 kam es auch zum ersten und einzigen Bruderduell zwischen den beiden Deutschland. Während der Magdeburger Jürgen Sparwasser das Spiel für den Osten entschied, endete der musikalische Vergleich mit einem Unentschieden: Beide Mannschaften hatten eigene WM-Lieder produziert, Frank Schöbels «Ja der Fussball ist rund wie die Welt» war dabei ebenso dürftig wie das Lied des Klassenfeindes im Westen, «Fussball ist unser Leben». Mit trabender Marschmusik hatten sich die Spieler des DFB erstmals unter die singenden Nationalmannschaften gewagt. Produziert wurden sie von Horst Nussbaum, der unter dem klingenden Künstlernamen «Jack White» auftrat – und nicht ahnen konnte, dass ein anderer Jack White mit «Seven nation army» dreissig Jahre später einen Hit landen würde, der seither in den Fussballstadien rund um den Globus gesungen wird. Hochpolitisch wurde es an der folgenden WM. Dass sich die deutsche Mannschaft gleichgültig an das Turnier nach Argentinien begab, wo unter der Militärdiktatur gefoltert und getötet wurde, sorgte in breiSURPRISE 327/14

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VON PASCAL CLAUDE

Flache Scheiben statt runde Kugel: Auch Maradona liebt die Musik.

ten Kreisen für Unmut. Der Liedermacher Peter Jakobi äusserte seine Kritik am pointiertesten: Er verdrehte Udo Jürgens’ offiziellen WM-Beitrag «Buenos dias Argentina» in «Buenas noches Argentina» und forderte in seinen Reimen Gerechtigkeit: «Buenas noches, General Videla, hoffentlich geht es Ihnen bald ans Leda’». Fast niedlich wirkt dagegen die Episode um Gianna Nannini, die für die WM 1990 zusammen mit Edoardo Bennato den Welthit «Un estate italiana» gesungen hat. In ihrer Autobiografie beschreibt Nannini, dass sie vom Lied und dem Fussballzirkus angewidert gewesen sei. Zur Schadensbegrenzung habe sie mit allen Beteiligten vereinbart, dass die Tantiemen aus dem Song an Amnesty International fliessen sollten. Daran wollte sich aber bald niemand mehr halten, was Nannini noch an der Eröffnungsfeier in Rage brachte. Nur einer konnte sie beruhigen: Diego Armando Maradona. Und wie steht es mit der Schweiz? Auch unsere Nati hat einmal ein WM-Lied gesungen, zusammen mit Monika Kälin. «America» von 1994, mit Alain Sutter und Alain Geiger im Chor, schaffte es aber nicht in die Hitparade und geriet als offizieller Schweizer WM-Beitrag vollkommen in Vergessenheit. Wer das Lied einmal gehört hat, weiss weshalb. Und versteht, warum sich unsere Spieler seither nie mehr in ein Studio getraut haben. ■

Pascal Claude ist ehemaliger Betreiber der Flachpass-Bar im Zürcher Letzigrund und schreibt seit 1997 unter dem Titel «Knapp daneben» Fussballtexte (Blog auf knappdaneben.net). Seit 20 Jahren interessiert er sich für Fussballmusik und besitzt heute eine weltweit wohl einzigartige Sammlung von rund 1000 FussballSchallplatten.

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Kultur

Oder doch eckig? Fussball-Weisheiten sind relativ.

Das ist Fussball: das Millerntor, Heimstätte des FC St. Pauli.

Top 5 Fussball-Bücher

Top 5 Fussball-Songs

Die fünf besten Fussball-Bücher aller Zeiten, zusammengestellt von Martin Bosshard und Tommy Egger, Geschäftsführer der Buchhandlung im Volkshaus Zürich.

Die fünf besten Fussball-Songs aller Zeiten, präsentiert von Pascal Claude, Fussball-Kolumnist, Fussball-Song-DJ und Fussball-Platten-Sammler.

1. Eduardo Galeano: Der Ball ist rund. Aktualisierte Neuauflage mit allen WMs bis

1. «Das hier ist Fussball» von Thees Uhlmann (St. Pauli, 2012)

2010. 304 Seiten, Unionsverlag 2013, 21.90 CHF

«Und Liebe ohne Leiden – hat noch niemand geseh’n». Das ganze emotionale Spektrum eines Fussballfans in dreieinhalb wunderbaren Minuten, vorgetragen vom Sänger der deutschen Indie-Band Tomte. Unschlagbar.

Das schönste Lesebuch zum Fussball überhaupt. Der grosse uruguayische Schriftsteller Eduardo Galeano erzählt in kurzen Geschichten von grossen Momenten in der Fussballweltgeschichte. Dieses Buch ist 1995 erstmals in spanischer Sprache erschienen und seither immer wieder aktualisiert aufgelegt worden – auch in deutscher Sprache!

2. «Three Lions – Football’s coming home» von Baddiel, Skinner & The Lightning Seeds (England, 1996)

2. Zlatan Ibrahimovic/David Lagercrantz: Ich bin Zlatan. 396 Seiten, Malik Verlag 2013, 33.90 CHF

Eine Biografie, wie sie es zumindest von Fussballern schon sehr lange nicht mehr gegeben hat. Sie zeigt auf, was der Fussball im Leben eines einzelnen Athleten und auch in dessen gesellschaftlicher Wahrnehmung bewirken, ja verändern kann. Auch im Zusammenhang mit der multikulturellen Entwicklung Europas aufschlussreich. 3. Reinaldo Coddou H. (Hg.): Kunstschuss – Die 100 schönsten Fussballfotos aller Zeiten. 240 Seiten, Bildband gebunden, Edition Panorama, 42 CHF

Ein historischer Querschnitt durch die Fussballfotografie und ein stimmungsvoller Bildband, der extreme Emotionen widerspiegelt, die nur der Fussball in all seinen Facetten hervorrufen kann.

Ein Fussballsong, der auch tatsächlich im Stadion gesungen wird – das gibt es praktisch nie. Die meisten scheitern mit ihren plumpen Anbiederungsversuchen bei den Fans. «Three Lions» von 1996 ist die grosse Ausnahme, 80 000 Anhänger der englischen Nationalmannschaft bezeugen es als Wembley-Chor: «Jules Rimet still gleaming!» 3. «Falcão» von Jorge Ben (AS Roma, 1983)

Zu Ehren seines Landsmannes Roberto Falcão, Spielmacher der AS Roma, singt der brasilianische Musikstar Jorge Ben einen Samba auf Italienisch. Die AS Roma wurde 1983 unter Falcãos Regie Meister und das Lied am Tiber ein Hit. 4. «Sinceramente (Sî, sî, señores, yo soy de Boca)» von Los Alegres Cantores (CA Boca Juniors, Argentinien, 1966)

4. Luiz Ruffato (Hg.): Der schwarze Sohn Gottes – 16 Fussballgeschichten aus Brasilien. 184 Seiten, Assoziation A 2013, 23.50 CHF

16 Autorinnen und Autoren erzählen von den Träumen, Hoffnungen und Wünschen des brasilianischen Fussballs. Die Texte zeigen Fussball als Terrain mythischer Gefühle, erzählt von jungen Stimmen der brasilianischen Literaturszene. Ein literarisches «Must» für die aktuelle Fussball-WM, zu Ehren der brasilianischen Literatur. 5. Gerhard Dilger u.a. (Hg.): Fussball in Brasilien: Widerstand und Utopie. Von Mythen und Helden, von Massenkultur und Protest. 224 Seiten, VSA Verlag 2014, 25.50 CHF

Taumel und Widerstand: Viele Brasilianerinnen und Brasilianer stehen der WM 2014 auch skeptisch gegenüber. Dieses Buch zeigt anhand von vielen verschiedenen Beiträgen auf, warum.

Der Titel bezieht sich auf eine telefonische Meinungsumfrage in Argentinien, bei der die Leute gefragt wurden, welchem Verein sie sich zugehörig fühlten. Die mit Abstand häufigste Antwort war: «Yo soy de Boca – Ich bin einer von Boca». Sowohl die Umfrage wie auch das Lied sind bis heute fester Teil der Identität aller Boca-Anhänger. 5. «West Bromwich Albion» von Ray King (West Bromwich Albion, 1979)

Karibische Klänge für ein englisches Fussballteam? Der Londoner Reggae-Musiker Ray King hatte sich West Brom nicht zufällig ausgesucht. Dort standen mit Laurie Cunningham, Brendon Batson und Cyril Regis nämlich erstmals drei dunkelhäutige Spieler gleichzeitig in einem englischen Profikader. Nach einer berühmten Frauenband jener Zeit wurden sie «The Three Degrees» genannt. Alle Songs können auf Youtube gehört werden oder auf Pascal Claudes Fussballseite 45football.com – wo auch weitere rund 500 Fussballplatten aus seiner Sammlung archiviert sind.

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SURPRISE 327/14


BILD: ZVG

Andres Escobar, kolumbianischer Fussballstar, ermordet wegen eines Eigentors.

Top 5 Fussball-Filme

Die 25 positiven Firmen Diese Rubrik ruft Firmen und Institutionen auf, soziale Verantwortung zu übernehmen. Einige haben dies schon getan, indem sie dem Strassenmagazin Surprise mindestens 500 Franken gespendet haben. Damit helfen sie, Menschen in prekären Lebensumständen eine Arbeitsmöglichkeit zu geben und sie auf ihrem Weg zur Eigenständigkeit zu begleiten. Gehört Ihr Betrieb auch dazu? Die Spielregeln sind einfach: 25 Firmen werden jeweils aufgelistet, sind es mehr, fällt jener Betrieb heraus, der am längsten dabei ist.

01

VXL Gestaltung und Werbung AG, Binningen

02

Scherrer & Partner GmbH, Basel

03

Gemeinnütziger Frauenverein Nidau

Die fünf besten Fussball-Filme aller Zeiten, präsentiert von Dieter Bopp, Mitorganisator des Flutlicht Fussball Film Festivals in Basel.

04

Velo-Oase Erwin Bestgen, Baar

05

Bruno Jakob Organisations-Beratung,

1. The Two Escobars

06

Balz Amrein Architektur, Zürich

Kolumbien 2010, 104 Min., Regie: Jeff Zimbalist, Michael Zimbalist, Dok

07

Supercomputing Systems AG, Zürich

Der einst mächtigste Drogenboss der Welt, Pablo Escobar, verhalf der kolumbianischen Nationalmannschaft mit Drogengeldern zum Aufstieg und zur Teilnahme an der WM 1994. Dort erzielte Andres Escobar (nicht mit Pablo verwandt) jenes Eigentor, das zum frühen Ausscheiden seines Teams führte. Wenige Tage später wurde er im Auftrag der kolumbianischen Wettmafia erschossen. Ein Polit-Doku-Thriller.

08

Kultur-Werkstatt – dem Leben Gestalt geben,

Pfäffikon SZ

Wil SG 09

Schluep Degen Rechtsanwälte, Bern

10

Anyweb AG, Zürich

11

A. Reusser Bau GmbH, Recherswil

12

Verlag Intakt Records, Zürich

13

Hotel Basel, Basel

2. Fussball wie noch nie – George Best

14

Homegate AG, Zürich

Deutschland 1971, 104 Min., Regie: Hellmuth Costard, Dok

15

Balcart AG, Therwil

Mit acht 16mm-Kameras verfolgte Hellmuth Costard am 12. September 1970 das Meisterschaftsspiel zwischen Manchester United und Coventry City. Die Kameras sind ausschliesslich auf George Best gerichtet. Eine Meditation über einen der charismatischsten Fussballer. Absolut stilbildend und ein Kunstwerk.

16

Arbeitssicherheit Zehnder GmbH, Ottenbach

17

applied acoustics GmbH, Gelterkinden

18

Privat-Pflege, Hedi Hauswirth, Oetwil am See

19

Hofstetter Holding AG, Bern

20

Bachema AG, Schlieren

21

fast4meter Bern, Storytelling & Moderation

3. Les rebelles du foot

22

Fischer & Partner Immobilien AG, Otelfingen

Frankreich 2012, 92 Min., Regie: Gilles Perez, Gilles Rof, Dok

23

Oechslin Architektur GmbH, Zollikerberg

Kann Fussball die Welt verändern? Fussball-Legende Eric Cantona präsentiert die Geschichten von fünf Kickern, die in ihren Ländern ihre Stimme gegen die politischen Machtsysteme erhoben. Fünf Porträts aussergewöhnlicher Spielerpersönlichkeiten, die aufzeigen, dass Fussball mehr sein kann, als nur einem Ball hinterherzurennen.

24

Kaiser Software GmbH, Bern

25

Thommen ASIC-Design, Zürich

Möchten Sie bei den positiven Firmen aufgelistet werden? Mit einer Spende von mindestens 500 Franken

4. Looking for Eric

sind Sie dabei! PC-Konto: 12-551455-3,

Grossbritannien 2009, 116 Min., Regie: Ken Loach, Spielfilm

Verein Surprise, 4051 Basel

Postbote Eric aus Manchester trifft in seinen Marihuana-Halluzinationen seinen Fussballhelden Eric Cantona. Dieser hilft ihm, (Selbst-)Vertrauen zurückzugewinnen und in seinem Leben wieder Fuss zu fassen. Vielleicht der beste Fussball-Spielfilm überhaupt. Ein Feel-Good-Movie mit interessanter Dokumentation über ManU als Bonusmaterial.

Zahlungszweck: Positive Firma + Ihr gewünschter Eintrag. Wir schicken Ihnen eine Bestätigung.

5. Aufbauer der Nation Schweiz 1989, 70 Min., Regie: Angelo A. Lüdin, Dok

Der Film zeigt zwei aussergewöhnliche Persönlichkeiten des Schweizer Fussballs ausserhalb des Spielfeldes. Der extrovertierte Karl Odermatt und der vielsagende Schweiger Heinz Hermann werden zwischen Gartengrill und Badezimmer porträtiert. Der schönste Schweizer Fussballfilm, humorvoll und berührend. 327/14 SURPRISE 327/14

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Strassenfussballer-Porträt «Probleme gehören zum Leben» Der ehemalige Surprise-Nati-Spieler und Coach-Assistent Ralf Breidenbach (44) organisierte das erste Strassensport-Turnier in Luzern. Das nächste Ziel des Selfmade-Manns ist, seine Lebenskrise zur Schule zu machen und ein Studium zum Sozialpädagogen anzupacken.

«Die letzten Wochen ist der Fussball mehr Energiesauger denn -quelle. Aber das ist wohl normal, wenn man nicht spielt, sondern organisiert. Den Wunsch, in Luzern endlich einmal ein Strassensport-Turnier durchzuführen, hatte ich schon, als ich 2012 für die Surprise-Nationalmannschaft beim Homeless World Cup (HWC) in Mexico City spielen durfte. Doch damals fehlte noch die Energie. Nach 20 Jahren in der Gastro-Branche rutschte ich bei meinem letzten Job als stellvertretender Direktor eines Ausflughotels am Fuss des Pilatus in ein Burn-out. Dieser Begriff passt mir zwar nicht. In der Therapie spreche ich lieber von einer Erschöpfungsdepression. Jedenfalls war mir damals alles egal. Auch dass mein damaliger Chef nach meiner Kündigung die nötigen Papiere nicht ausgefüllt hatte, um Arbeitslosengeld zu beantragen. So waren meine Ersparnisse bald aufgebraucht. Ich verlor erst die Wohnung und später flog ich auch bei meinen Freunden raus. Ein halbes Jahr reichte, um auf der Strasse zu stehen. Zwei Jahre brauchte ich, um wieder auf die Beine zu kommen. Als Erstes musste ich begreifen, dass sich die Probleme nicht von selbst lösen. Sogar um an eine Therapie zu kommen, muss man erst herausfinden, wie einem die Krankenkasse diese zahlt. Ich war froh, fand ich in der Gassenküche Luzern nicht nur Essen, sondern auch Unterstützung bei meinen Problemen. Die anderen Besucher hielten mich anfangs zwar für einen Polizeispitzel oder Praktikanten. Aber ich bin wohl ein untypischer Besucher. Ich hatte nie ein Drogenproblem, und Alkohol trinke ich zwar, doch selbst in meiner wildesten Gastrozeit war ich nicht Alkoholiker. Mittlerweile arbeite ich über eine Arbeitsintegrations-Massnahme selbst 70 Prozent in der Gassenküche. «Mädchen für alles» ist wohl die treffendste Bezeichnung für meinen Job. Früher dachte ich, von 3000 Franken kann doch kein Mensch leben! Heute lebe ich mit 2000 Franken besser und zufriedener als vorher. Ich mag die Arbeit mit den Leuten hier. Man hat interessante und intensive Gespräche. Viele Probleme kenne ich aus meiner persönlichen Erfahrung und habe da, glaube ich, durchaus hilfreiche Tipps. Mir liegt es, Verantwortung für andere Leute zu übernehmen. Schon in Mexico City hatte ich mich als einer der Team-Ältesten anderer Spieler angenommen. Als mich Surprise Strassensport dann letztes Jahr als Coach-Assistent an den HWC im polnischen Posen mitnahm, gefiel es mir sehr gut, mit dem Surprise Staff zu planen und mich noch mehr um Spieler zu kümmern. Klar, Fussballspielen ist schon geil, aber das Planen mit den Surprise-Leuten und das Begleiten der Spieler ist letztlich interessanter. Das hat mich motiviert, an der Hochschule Luzern mein Dossier einzureichen. Ich würde selbst gerne was im Bereich Soziale Arbeit machen und hoffe, ich kann nun im Sommer zur Aufnahmeprüfung antre-

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BILD: TOBIAS SUTTER

AUFGEZEICHNET VON OLIVIER JOLIAT

ten und 2015 ein Studium in Sozialpädagogik beginnen. Ich fühle mich mittlerweile wieder fit. Auch wenn mir das Strassensport-Turnier teilweise den letzten Nerv geraubt hat. Da pickelt man drei Monate bei den Behörden, bis man an den richtigen Stellen für die Bewilligungen ist, und wenn man dann meint, alles ist organisiert und ready, muss man kurzfristig das Benefizturnier absagen, weil sich trotz intensiven Bemühungen zu wenig Teams gemeldet hatten. So etwas wirft mich nicht mehr um. Probleme gehören zum Leben. Und als am Sonntag bei herrlichem Sonnenschein das Surprise Turnier mit 15 Teams aus der Liga angepfiffen wurde, freute ich mich: Endlich hat die AC GasseChuchi, eines der ältesten Teams in der Strassensportliga, auch ein Heimturnier. Bei all den Mühen kann ich sagen: Es war das erste, aber nicht das letzte. Oder, um in der Fussballersprache zu bleiben: Nach dem Turnier ist vor dem Turnier!» ■ SURPRISE 327/14


SurPlus – eine Chance für alle! Werden Sie Gotte oder Götti bei SurPlus Surprise kümmert sich um Menschen, die weniger Glück im Leben hatten. Menschen, die kaum Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt haben und ihr Leben in die eigenen Hände nehmen wollen. Mit dem Verkauf des Strassenmagazins Surprise überwinden sie ihre soziale Isolation. Ihr Alltag bekommt wieder Struktur und mehr Sinn. Sie gewinnen neue Selbstachtung und erarbeiten sich aus eigener Kraft einen kleinen Verdienst. Das verdient Respekt und Unterstützung. Das Spezialprogramm SurPlus ist ein niederschwelliges Begleitprogramm für ausgewählte Surprise-Verkaufende, die regelmässig das Strassenmagazin

verkaufen und hauptsächlich vom Heftverkauf leben. Diese Verkaufenden erhalten nur geringe soziale Ergänzungsleistungen und werden im Programm SurPlus gezielt vom Verein Surprise unterstützt: Sie sind sozial abgesichert (Ferien, Krankheit, Nahverkehrsabonnement) und werden bei Problemen im oft schwierigen Alltag begleitet. Mit einer Patenschaft leisten Sie einen wesentlichen Beitrag für die soziale Absicherung der Verkaufenden und ermöglichen ihnen, sich aus eigener Kraft einen Verdienst zu erarbeiten. Vielen Dank für Ihr Engagement!

Elsa Fasil Bern

Kostana Barbul St. Gallen

René Senn Zürich

Marlis Dietiker Olten

Negasi Garahassie Winterthur

Josiane Graner Basel

Wolfgang Kreibich Basel

Tatjana Georgievska Basel

Bob Ekoevi Koulekpato, Basel

Anja Uehlinger Baden

Ralf Rohr Zürich

Emsuda Loffredo-Cular Basel

Fatima Keranovic Basel

Ja, ich werde Gotte/Götti und unterstütze das SurPlus-Programm von Surprise! 1 Jahr: 6000 Franken

1/2 Jahr: 3000 Franken

1/4 Jahr: 1500 Franken

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327/14 Talon bitte senden oder faxen an: Verein Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@vereinsurprise.ch, PC-Konto 12-551455-3 SURPRISE 327/14

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Surprise ist: Hilfe zur Selbsthilfe Surprise hilft seit 1997 Menschen in sozialen Schwierigkeiten. Mit Programmen in den Bereichen Beschäftigung, Sport und Kultur fördert Surprise die soziale Selbständigkeit. Surprise hilft bei der Integration in den Arbeitsmarkt, bei der Klärung der Wohnsituation, bei den ersten Schritten raus aus der Schuldenfalle und entlastet so die Schweizer Sozialwerke.

Ich möchte Surprise abonnieren! 24 Ausgaben zum Preis von CHF 189.– (Europa: CHF 229.– ) (Verpackung und Versand bieten StrassenverkäuferInnen ein zusätzliches Einkommen.) Gönner-Abo für CHF 260.–

Eine Stimme für Benachteiligte Surprise verleiht von Armut und sozialer Benachteiligung betroffenen Menschen eine Stimme und sensibilisiert die Öffentlichkeit für ihre Anliegen. Surprise beteiligt sich am Wandel der Gesellschaft und bezieht Stellung für soziale Gerechtigkeit. Strassenmagazin und Strassenverkauf Surprise gibt das vierzehntäglich erscheinende Strassenmagazin Surprise heraus. Dieses wird von einer professionellen Redaktion produziert, die auf ein Netz von qualifizierten Berufsjournalistinnen, Fotografen und Illustratorinnen zählen kann. Das Magazin wird fast ausschliesslich auf der Strasse verkauft. Rund dreihundert Menschen in der deutschen Schweiz, denen der Arbeitsmarkt verschlossen bleibt, erhalten damit eine Tagesstruktur, verdienen eigenes Geld und gewinnen neues Selbstvertrauen.

Sport und Kultur Surprise fördert die Integration auch mit Sport. In der Surprise Strassenfussball-Liga trainieren und spielen Teams aus der ganzen deutschen Schweiz regelmässig Fussball und kämpfen um den Schweizermeister-Titel sowie um die Teilnahme an den Weltmeisterschaften für sozial benachteiligte Menschen. Seit 2009 hat Surprise einen eigenen Chor. Gemeinsames Singen und öffentliche Auftritte ermöglichen Kontakte, Glücksmomente und Erfolgserlebnisse für Menschen, denen der gesellschaftliche Anschluss sonst erschwert ist. Finanzierung, Organisation und internationale Vernetzung Surprise ist unabhängig und erhält keine staatlichen Gelder. Das Strassenmagazin wird mit dem Erlös aus dem Heftverkauf und mit Inseraten finanziert. Für alle anderen Angebote wie die Betreuung der Verkaufenden, die Sportund Kulturprogramme ist Surprise auf Spenden, auf Sponsoren und Zuwendungen von Stiftungen angewiesen. Surprise ist eine nicht gewinnorientierte soziale Institution. Die Geschäfte werden vom Verein Surprise geführt. Surprise ist führendes Mitglied des Internationalen Netzwerkes der Strassenzeitungen (INSP) mit Sitz in Glasgow, Schottland. Derzeit gehören dem Verband über 100 Strassenzeitungen in 40 Ländern an.

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Bitte heraustrennen und schicken oder faxen an: Verein Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, info@vereinsurprise.ch

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Herausgeber Verein Surprise, Postfach, 4003 Basel www.vereinsurprise.ch Öffnungszeiten Sekretariat 9 – 12 Uhr, Mo – Do T +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99 info@vereinsurprise.ch Geschäftsführung Paola Gallo (Geschäftsleiterin), Sybille Roter (stv. GL) Anzeigenverkauf T +41 61 564 90 90, M +41 76 325 10 60 anzeigen@vereinsurprise.ch Redaktion T +41 61 564 90 70, F +41 61 564 90 99 Amir Ali (ami), Florian Blumer (fer, Heftverantwortlicher), Diana Frei (dif), Mena Kost (mek) redaktion@vereinsurprise.ch, leserbriefe@vereinsurprise.ch Ständige Mitarbeit Rosmarie Anzenberger (Korrektorat), Rahel Nicole Eisenring, Shpresa Jashari, Carlo Knöpfel, Melanie Kobler (Grafik), Yvonne Kunz, Stephan Pörtner, Milena Schärer, Isabella Seemann, Priska Wenger, Tom Wiederkehr, Christopher Zimmer Mitarbeitende dieser Ausgabe Dieter Bopp, Martin Bosshard, Pascal Claude, Tommy Egger, Peer Füglistaller, Etrit Hasler, Lucian Hunziker, Olivier Joliat (red. Mitarbeit, ojo), Flavia Schaub Gestaltung WOMM Werbeagentur AG, Basel Druck AVD Goldach Auflage 18 000, Abonnemente CHF 189, 24 Ex./Jahr Marketing, Fundraising T +41 61 564 90 50 Svenja von Gierke Vertriebsbüro Basel

T +41 61 564 90 83 Thomas Ebinger, Anette Metzner, Spalentorweg 20, 4051 Basel, basel@vereinsurprise.ch Vertriebsbüro Zürich T +41 44 242 72 11, M +41 79 636 46 12 Reto Bommer, Engelstrasse 64, 8004 Zürich, zuerich@vereinsurprise.ch Vertriebsbüro Bern T +41 31 332 53 93, M +41 79 389 78 02 Andrea Blaser, Alfred Maurer, Bruno Schäfer, Pappelweg 21, 3013 Bern, bern@vereinsurprise.ch Strassenchor T +41 61 564 90 40, F +41 61 564 90 99 Paloma Selma, p.selma@vereinsurprise.ch Strassensport T +41 61 564 90 10 Lavinia Biert (Leitung), Olivier Joliat (Medien), David Möller (Sportcoach) l.biert@vereinsurprise.ch, www.strassensport.ch Vereinspräsident Peter Aebersold Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auch auszugsweise oder in Ausschnitten, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird von der Redaktion und dem Verlag jede Haftung abgelehnt. Surprise behält sich vor, an Verkaufende gerichtete Postsendungen zu öffnen. Barspenden an namentlich bezeichnete Verkaufende können nur bis zu einem Betrag von CHF 100.– weitergeleitet werden. Darüber hinausgehende Beträge sollen – im Einverständnis mit der Spenderin oder dem Spender – allen Verkaufenden zugute kommen.

SURPRISE 327/14


Surprise Strassensport Stricken für die Nati! Unsere Surprise-Nati fährt im Oktober an den Homeless World Cup in Chile – mit Ihrem Schal im Gepäck? Wie letztes Jahr möchen unsere Spieler auch in diesem Jahr ihren Gegnern zum Handshake original handgestrickte Fanschals überreichen können. Machen Sie mit! Es gibt sogar etwas zu gewinnen. Stricken: Der Schal sollte ca. 16 cm breit und 140 cm lang sein und, Sie hätten es erraten, in Rot und Weiss gehalten. An einem Ende sollte Platz sein für das Wappen unserer Nati, welches wir dann aufbügeln werden, und Fransen an den Enden sehen natürlich besonders hübsch aus. Ansonsten: Ob uni, gestreift, kariert, mit oder ohne Schriftzug – Ihrer Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Schicken: Bis spätestens 30. September 2014 an Surprise Strassensport, Lavinia Biert, Spalentorweg 20, 4051 Basel. Gewinnen: Die Spieler unserer Nati werden den schönsten Schal küren – der Gewinnerin oder dem Gewinner winkt ein attraktiver SurpriseÜberraschungspreis!

Hier könnte Ihre Werbung stehen. Werfen Sie Ihr Werbegeld nicht auf die Strasse. Investieren Sie es dort.

Verein Surprise, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, Anzeigenverkauf, T +41 76 325 10 60, anzeigen@vereinsurprise.ch SURPRISE 327/14

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