Liebe Ines Briefe aus dem Todestrakt Dem IS-Terror entkommen: zu Besuch bei Kindern im Nordirak
Punks im Angriff – die Schweizer Strassenfussball-Nati am Homeless World Cup in Chile
Nr. 337 | 7. bis 20. November 2014 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass.
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Eine Tasse Solidarität! Machen Sie mit: Zwei bezahlen, eine spendieren. Café Surprise gibt es hier: In Basel Café-Bar Aktienmühle, Gärtnerstrasse 46 Café-Bar Elisabethen, Elisabethenstrasse 10 Café Restaurant Haltestelle, Gempenstrasse 5 Post Bar, St. Johanns-Vorstadt 80 Trattoria Bar da Sonny, Vogesenstrasse 96 In Bern Restaurant Genossenschaft Brasserie Lorraine, Quartiergasse 17 Café Kairo, Dammweg 43 Café Tscharni, Waldmannstrasse 17a Luna Llena Gelateria Restaurant Bar, Scheibenstrasse 39 In Thun Joli Mont, Bälliz 60 In Zürich Café Zähringer, Zähringerplatz 11
Weitere Informationen: www.vereinsurprise.ch/cafesurprise Ein Projekt des Verein Surprise.
Nehmen Sie an einem «Sozialen Stadtrundgang» teil! Erleben Sie Basel aus einer neuen Perspektive! Tour 1: Konfliktzone Bahnhof – vom Piss-Pass zur Wärmestube. Samstag, 8. November um 9 Uhr. Tour 2: Kleinbasel – vom Notschlafplatz zur Kleiderkammer. Samstag, 29. November um 9 Uhr. Tour 3: Kleinbasel – von der Sozialhilfe zur Selbsthilfe. Samstag, 15. November um 9.30 Uhr. Anmeldungen unter rundgang@vereinsurprise.ch oder 061 564 90 40. Weitere Infos unter www.vereinsurprise.ch/stadtrundgang
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Titelbild: Priska Wenger
Editorial Mensch oder Monster? BILD: ZVG
Ein Mann bringt zwei Mädchen in seine Gewalt, zwölf- und 16-jährig, quält sie, vergewaltigt sie. Es ist nicht seine erste solche Tat, die Liste seiner Gewaltverbrechen ist lang. Verdient so jemand noch, dass man sich mit ihm abgibt? Zeitungen betitelten den Mann als «Monster» oder «Bestie», Menschen, die OnlineKommentare schrieben, wünschten ihm einen möglichst qualvollen Tod. Ist jemand, der solch unvorstellbare Grausamkeiten verübt hat, überhaupt noch ein Mensch? Ja, sagt Ines Aubert, Mitglied im Verein Lifespark, der Brieffreundschaften mit Gefangenen im Todestrakt vermittelt. Sie lernte den oben erwähnten Mann kennen, er hiess Casper, aus dem Briefaustausch entwickelte sich eine freundschaftliche Beziehung. Die Auseinandersetzung mit seinen Taten stürzte sie jedoch in eine Krise, in der sie um ihre Überzeugung kämpfen musste. Die lautet: «Es gibt keine Monster. Alles, was Menschen tun, ist menschlich – oder auf jeden Fall menschenmöglich.»
FLORIAN BLUMER REDAKTOR
Die Erkenntnis ist banal, doch nicht selbstverständlich: Menschen verwandeln sich nicht in Fabelwesen oder Raubtiere, wenn sie sadistisch handeln. Sondern sie verhalten sich nach einem Muster, das offensichtlich auch in der menschlichen Natur angelegt ist. Indem wir sie von uns stossen und als «unmenschlich» bezeichnen, werden wir sie nicht los. Ines Auberts Erfahrungen deuten jedenfalls darauf hin, dass es hilfreich sein kann, sich auch mit der grausamen Seite des Menschen zu konfrontieren: Die Lehrerin sagt, die Auseinandersetzung mit Casper habe sie menschlich weitergebracht. Dasselbe sagte Casper über ihren gemeinsamen Austausch in seinen letzten Briefen. Lesen Sie die Geschichte dieser ungewöhnlichen Brieffreundschaft, die für Ines zum Schluss auch zu einem Treffen mit einem von Caspers Opfern führte, ab Seite 10. Wir wünschen eine erhellende Lektüre, Florian Blumer
Surprise ist auf Spenden angewiesen. Auch auf Ihre! Herzlichen Dank. PC-Konto 12-551455-3 Ihre Meinung! Wir sind gespannt auf Ihre Kritik, Ihr Lob oder Ihre Anmerkungen. Schreiben Sie uns! Auf leserbriefe@vereinsurprise.ch oder an Verein Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, 4051 Basel. Es werden nur Leserbriefe abgedruckt, die mit vollem Namen unterzeichnet sind. Die Redaktion trifft eine Auswahl und behält sich vor, Briefe zu kürzen. Oder diskutieren Sie mit uns auf www.facebook.com/vereinsurprise SURPRISE 337/14
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Inhalt Editorial Ines und Casper Basteln für eine bessere Welt Big Data austricksen Aufgelesen Weniger Arbeit, mehr Glück Zugerichtet Der Staat als goldene Gans Leserbriefe «Kapitalismus braucht Armut» Starverkäuferin Solomon Tesfamichael Porträt Der Feuerwehr-Pfarrer Wörter von Pörtner Schlecht gelaunt Film Kassenschlager «Altstadtlüt» Verkäuferporträt Ramadan Mohamed Projekt SurPlus Eine Chance für alle! In eigener Sache Impressum INSP
10 Freundschaft Grüsse aus dem Todestrakt ILLUSTRATION: PRISKA WENGER
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Drei Jahre lang schreiben sich Ines und Casper Briefe. Zwischen der Lehrerin aus dem Zürcher Oberland und dem verurteilten Mörder und Vergewaltiger im Todestrakt Raiford, Florida, entwickelt sich schnell ein intensiver, freundschaftlicher Austausch. Für Ines wird er zu einem Höllentrip in die menschlichen Abgründe, bei Casper bringt er den Verarbeitungsprozess neu ins Rollen. Das Aufeinandertreffen von Ines und Casper ist die Geschichte einer aussergewöhnlichen Freundschaft.
16 Flucht Gerettet und doch verloren BILD: FRED LAUENER
Bevor der IS kam, gingen Osman und Abu Bakhir (Bild) zur Schule, Osman spielte Fussball im Club und Abu lernte Laute spielen. Heute verkaufen die beiden Brüder Pflaster und Plastiksäckchen auf der Strasse und müssen froh sein, dass sie an einem Ort sind, wo nicht geschossen wird. Sie sind zwei von rund einer Million Kindern, die, von Krieg und Terror vertrieben, im Nordirak in provisorischen Unterkünften leben. Unser Autor hat sie besucht.
BILD: OLIVIER JOLIAT
18 Homeless World Cup Weltmeister der Herzen
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Wenn Punks mit Flüchtlingen zusammen um den Weltmeistertitel spielen – dann ist Homeless World Cup. Dieses Jahr fanden die Strassenfussball-Weltmeisterschaften in Chile statt, selbstverständlich mit Schweizer Beteiligung. Für eine Platzierung ganz vorne reichte es der Surprise Nationalmannschaft nicht, dafür haben die Eidgenossen die Herzen der Zuschauer erobert – und wertvolle Erfahrungen zum Thema Armut in Begegnungen mit Chilenen und Bosniern gemacht.
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ILLUSTRATION: RAHEL KOHLER | WOMM
1. Man nehme altes Geschenkpapier oder eine Magazinseite.
2. Falten und kleben Sie ein Couvert daraus.
3. Nehmen Sie ein neues Blatt Papier und einen Kugel-
4. Falten Sie das Papier, stecken Sie es ins Couvert und
schreiber. Führen Sie den Stift so, wie Sie es im letzten
kleben Sie dieses zu. Damit der Geheimdienst nicht
Jahrtausend in der Schule gelernt haben. Sie können
trotzdem mitliest: Tropfen Sie ein bisschen Siegellack
dieselben Wörter benützen wie beim E-Mail-Schreiben,
auf die Klebestelle und drücken Sie einen Stempel
Smileys und lols hingegen dürfen Sie weglassen.
drauf (beides in der Papeterie erhältlich).
5. Zum Senden die Empfänger-Adresse auf die Vorderseite schreiben und auf der Post (gibt’s noch in grösseren Städten) eine Briefmarke kaufen und auf der Vorderseite draufkleben. (Es ist für den ganzen Sendevorgang nicht notwendig, online zu sein!) Seien Sie geduldig: Bis eine Antwort kommt, kann’s ein paar Tage dauern.
Basteln für eine bessere Welt P-Mail NSA, Google, Facebook – alle wollen unsere Post lesen, wir haben in der letzten Nummer ausführlich darüber geklagt. In dieser Ausgabe präsentieren wir Ihnen die technische Lösung für das Problem: P-Mail! Total anachronistisch und voll im Trend: Das Paper-Mail ist abhörsicher, persönlich und 2000-Watt-kompatibel. SURPRISE 337/14
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Aufgelesen News aus den 90 Strassenmagazinen, die zum internationalen Netzwerk der Strassenzeitungen INSP gehören.
Billiges Studentenfutter Wien. Wer als Ausländer an Wiens traditionsreichen Universitäten studiert, hat es schwer. Zum Beispiel der Wirtschaftsinformatik-Student Devin, 24, aus der Türkei. Um seine Studenten-Aufenthaltsbewilligung nicht zu verlieren, muss er monatlich 857,73 Euro auf dem Konto nachweisen. Gleichzeitig darf er als Masterstudent aus einem Nicht-EWRLand nicht mehr als 20 Wochenstunden arbeiten. Junge Menschen wie Devin werden dadurch zumindest teilweise in die Schwarzarbeit gedrängt – und werden zu Kanonenfutter an der Billiglohnfront.
Frauen im Teufelskreis Berlin. Rund 300 000 Wohnungs- respektive Obdachlose gibt es in Deutschland. Lange Zeit wurde in der Öffentlichkeit verdrängt, dass davon auch Frauen betroffen sind – wenn auch weniger offensichtlich als Männer. Statt auf der Strasse und in Notschlafstellen, wo sie Gefahren ausgesetzt sind, führt sie die Suche nach einem Ausweg häufig in eine Zwangspartnerschaft, wo sie ohne Mietvertrag und Einkommen dem Mann ausgeliefert sind. Weniger prekär wird ihre Situation dadurch nicht, und oft beginnt der Teufelskreis bald von vorn
In 21 Stunden zum Glück London. Wachstumskritik ist ziemlich unsexy. Denn weniger Wachstum heisst mehr Verzicht heisst weniger für alle. Dabei ist die Frage: Weniger wovon? Naomi Klein, Autorin des Kult-Buches «No Logo» und Vordenkerin der globalen Globalisierungskritiker, plädiert für die 21-Stunden-Woche. Drei Tage Arbeit, vier Tage frei sei der Schlüssel zum Glück für alle. Wer weniger arbeite, sei weniger gestresst, müsse weniger konsumieren und belaste so die Umwelt weniger. Das klingt doch ziemlich sexy, oder?
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Zugerichtet Betrug ist Betrug Der Gerichtspräsident wird in der Urteilsverkündung ungewohnt deutlich. Er nennt die Taten des Angeklagten «eine Sauerei». Der Angesprochene sitzt gekrümmt auf dem Stuhl, wiegt sich vor und zurück, sein Blick irrlichtert durch den Saal und er murmelt die einzigen zwei Sätze, die ihm während der ganzen Verhandlung zu entlocken sind: «Ich habe Angst. Ich werde verfolgt.» Der Richter ist genervt: «Würde in der Schweiz ein Oscar verliehen, dann hätte der Angeklagte gute Aussichten zu gewinnen!» Der Würdenträger fügt zwar an, dass dies sein persönliches Statement sei, aber es ist schwer vorstellbar, dass seine Kollegen das anders sehen. Die Sauerei, um die es geht, ist laut Anklage «gewerbsmässiger Betrug und mehrfache Urkundenfälschung». Nun sieht man vor Gericht viele, die tricksen und bescheissen, aber kaum je wird jemand derart abgekanzelt. Doch für des Angeklagten Sauerei gibt es ein noch wüsteres Wort: Sozialhilfemissbrauch – und der ist derzeit mitsamt des ganzen Konzeptes in aller Munde. Der vorliegende Fall hat alle Zutaten, um die ganz grossen Schlagzeilen zu machen und die Volksseele hochkochen zu lassen: Der Iraner, anerkannter Flüchtling, erschwindelte sich über 300 000 Franken Sozialhilfe, obwohl er ein gut gehendes Teppichgeschäft führte. Es kommt noch schöner: Er beantragte Unterstützung, just als er seinen Kiosk für 130 000 Franken verkauft und nach einem Unfall 150 000 Franken Schadenssumme kassiert hatte. Die Gelder überwies er grösstenteils auf die Konten seiner Mutter und seiner Verwandten in der Heimat.
Als er nach zehn Jahren auffliegt, mimt er den Wahnsinnigen. Die Familie führt aus, man habe ihm das Teppichgeschäft nur als eine Art Beschäftigungstherapie gekauft. Unter dem Strich werfe der Laden nichts ab. Der Angeklagte leide an einer schweren Schizophrenie und habe wohl die Formulare nicht verstanden. Von Betrug könne keine Rede sein. Die Sozialinspektoren, die das Geschäft observierten und Dutzende von Kunden und Kundinnen befragten, kamen zu einem anderen Ergebnis. Auch die Gerichtspsychiater, die den Angeklagten mehrfach begutachteten, fanden kaum Anzeichen einer psychischen Erkrankung. Der einzig mögliche Schluss: Der Mann betrügt. Die Empörung über solche Fälle ist gross. Denn wie das Gericht weiter ausführt, gibt es viele, die auf Sozialleistungen wirklich angewiesen sind. Der Angeklagte habe «den Staat ausgenommen wie eine goldene Gans». Und der Staat, das sind wir, alle, die arbeiten und Steuern bezahlen. Wobei, apropos Steuern: Da wird ja auch getrickst und beschissen, und nicht zu knapp. Doch das scheint nach wie vor ein nobleres Fehlverhalten. Als die UBS versuchte, die 1,4 Milliarden Busse, die ihr die USA im Steuerstreit aufgebrummt hatte, in der Schweiz von der Steuer abzusetzen, las man jedenfalls keine keifenden Schlagzeilen über «Steuerbetrugs-Wahn». Dabei ist das Resultat dasselbe wie beim Sozialhilfebetrug: Dem Staat werden Mittel entzogen, von der die Allgemeinheit profitieren würde. Der Nationalrat erteilte dem Ansinnen der UBS eine Abfuhr. Und der Iraner wandert für 30 Monate ins Gefängnis. Recht so.
YVONNE KUNZ (YVONNE.KUNZ@GMAIL.COM) ILLUSTRATION: PRISKA WENGER (PRISKAWENGER@GMX.CH) SURPRISE 337/14
Leserbriefe «Arme sind eine Voraussetzung für das Funktionieren des Kapitalismus» «Nur eine Abkehr von der selbstgerechten Mainstream-Logik wird zu menschenwürdigen Zuständen führen» Das Thema ist ernst, obwohl Armut als unsichtbar gilt oder die Sozialhilfe wieder einmal für falsche Schlagzeilen sorgt. Das Surprise-Sonderheft macht aber sichtbar und erzählt eindrückliche Geschichten von Menschen mit «struben Lebensläufen» und ihren leider oft erfolglosen Bemühungen, in ein normales Leben in der Gesellschaft zurückkehren zu können. Experten wie Carlo Knöpfel oder der Filmemacher Fernand Melgar weisen auf die aktuellen Defizite in der Politik und im öffentlichen Bewusstsein hin und machen deutlich, dass nur eine Abkehr von der harten und selbstgerechten Mainstream-Logik zu besseren und menschenwürdigen Zuständen führen wird. Einen kleinen aber überzeugenden Beitrag dazu leisten die Sozialen Stadtrundgänge in Basel und neu in Zürich. Die lebensnahen Interviews der neuen Stadtführer zeigen, dass nur das offene und mutige Reden über ein Leben am Rande der Gesellschaft zum nötigen Verständnis und zu hoffnungsvolleren Perspektiven führen kann. Christian Vontobel, per E-Mail
«Nicht mehr menschenwürdig», Interview mit Carlo Knöpfel «Zwang zu Gratisarbeit» Wir empören uns – zu Recht – über Zwangsarbeit in China oder katastrophale Zustände in den Textilfabriken von Bangladesh. Warum aber nicht hier über die entwürdigende Haltung gegenüber Sozialhilfeabhängigen, die bei drohender Leistungskürzung in ein sogenanntes Integrationsprogramm gezwungen werden und in der Region Basel bei vollem Pensum oft Gratisarbeit leisten, ohne AHV-Gutschrift und ohne Anrechnung an die Beitragszeit für die Arbeitslosenversicherung? Während steuerbefreite «Sozialfirmen», deren Existenz solchen Regelungen
Nominieren Sie Ihren Starverkäufer! Schreiben Sie uns mit einer kurzen Begründung, welche/n Verkäufer/in Sie an dieser Stelle sehen möchten: Verein Surprise, Redaktion Spalentorweg 20, 4051 Basel F +41 (0)61 564 90 99 redaktion@vereinsurprise.ch
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zu verdanken ist, von der Wertschöpfung dieser Arbeit profitieren und mit ihren «Honoraren» einen erheblichen Teil der Sozialhilfegelder verschlingen. Weshalb dann Unterstützungspauschalen an Armutsbetroffene vielerorts gekürzt werden. Warum diese entwürdigende Behandlung, die Abwertung ihrer Arbeit? Auch Lehrlinge im ersten Lehrjahr und Zivildienstleistende erhalten einen kleinen Lohn. Warum werden Unternehmen nicht wie in anderen Ländern gesetzlich dazu angehalten, eine Anzahl Arbeitsplätze für Leute mit körperlichen oder psychischen Leistungseinschränkungen anzubieten? Warum werden Arbeitslose, Behinderte und Arme statt unsolidarischer Haltungen bekämpft? «Lohnen» würde sich dies sogar wirtschaftlich, mit weniger psychischen Folgestörungen und reduzierten Kosten für Krankenkasse, IV und Sozialhilfe. Edith Thüring, Basel
Arme und Reiche, Wörter von Pörtner «Wer arbeitet schon gerne, wenn ihm nur der Lohn bleibt?» Vielen Dank für die – wie immer – sehr interessanten Artikel im Surprise! Wunderbar der Text von Stephan Pörtner zur Armut. Besonders der Satz «Es ist offenbar wichtiger, Reiche vor der Armut zu bewahren, als Arme.» Meine Gedanken dazu: Der Kapitalismus produziert nicht nur Arme, sondern es ist geradezu umgekehrt, Arme sind eine wichtige Voraussetzung für das Funktionieren des Kapitalismus. Das «Reserveheer» von armen und arbeitslosen Menschen braucht es, damit sicher immer genügend Menschen gezwungen sind, sich ausbeuten zu lassen. Denn wer arbeitet schon gerne freiwillig, wenn ihm nur der Lohn bleibt und ihm der Mehrwert seiner Arbeitsleistung jeden Monat abgenommen wird? In meiner utopischen Vorstellung würde gelten: Jeder macht, was er kann, und jede bekommt, was sie braucht. Zugegeben, ich bin Kommunist. Paul Jud, Stühlingen (D)
BILD: ZVG
Nr. 335: Armut: ein Sonderheft
Starverkäufer Solomon Tesfamichael Bianca Käser nominiert Solomon Tesfamichael als Starverkäufer: «Vormittags steht Herr Solomon Tesfamichael vor der Migros in Belp. Er verhält sich eher zurückhaltend. Seit ich ihm Surprise das erste Mal abgekauft habe, reden wir jeweils ein paar Worte miteinander. Er half mir auch schon mal die schweren Einkaufstaschen ins Auto zu laden. Seine Augen beginnen zu leuchten, wenn ich stehen bleibe, mir Zeit nehme und wir uns unterhalten. Er freut sich, wenn man ihn wahrnimmt und nicht einfach wegschaut, weil man kein Heft kaufen will. Er ist mein Starverkäufer!»
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Porträt Ein Pfarrer für alle Fälle Der Zürcher Pfarrer Thomas Schüpbach holt mit viel Einsatz die Schäfchen in seine Kirchgemeinde zurück – und auch wenn’s brennt, ist er zur Stelle. VON ISABELLA SEEMANN (TEXT) UND NANDOR NAGY (BILD)
übertragenen Sinn, beidem ist er nicht abhold. «Es ist Segen und Fluch zugleich», sagt er, «dass ich mich für so vieles interessiere.» Seine enorme Neugierde und Begeisterung für alles Mögliche führen ihn von einem Abenteuer zum anderen. Und dank seines Talents, Kontakte zu knüpfen, kommen auch immer wieder Prominente an die von ihm organisierten Veranstaltungen. Der Film ist eine seiner Leidenschaften. In seinem Pfarrhaus hängen Filmplakate an den Wänden. Im «Monolith», so wird seine Andreaskirche im Volksmund genannt, weil sie wie ein grosser Granitwürfel aussieht, organisiert er Filmvorführungen, durchaus in Verbindung zur Theologie. «Der titanische Kampf um Gut und Böse, die Spiegelung der eigenen Seele im Schauspiel, die Wendepunkte in der Dramaturgie bis hin zu Wegweisern: Ein Film erzählt ebenso Gleichnisse wie biblische Geschichten, und umgekehrt finden biblische Geschichten ihren Widerhall im Film.» Seit fünf Jahren wird er an internationalen Filmfestivals in ökumenischen oder reformierten Jurys eingesetzt, welche neben ästhetischen besonders auch ethische und soziale Aspekte eines Films bewerten. Und gelegentlich schreibt er für die Branchenzeitung «Reformierte Presse» Filmkritiken. Warum er überhaupt Pfarrer wurde? «Gott», sagt er, «hat sich schon als ich ein Kleinkind war fest in meinem Herzen verankert.» Allerdings
Im Schlaf. Beim Essen, wenn die Gabel in den Risotto sticht. Am Spieltisch, wenn er gerade gegen seine Ehefrau und die zwei Kinder im Eile mit Weile gewinnen könnte. Es kann überall passieren und immer, in jeder Minute: Alarm! Thomas Schüpbach steigt in die Stiefel, zieht die schon darübergestülpte Hose hoch, Jacke zu, Check: Handschuhe? Da. Helm greifen und Funkgeräte. Er öffnet die Türen der Feuerwehrwache, springt ans Steuer des Tanklöschfahrzeugs. An Bord sind 2680 Liter Löschwasser, Schaummittel, mehrere hundert Meter Schläuche, Leitern, ein Generator und Atemschutzgeräte. Unter dem Helm läuft der Schweiss, er kitzelt an der Nase, das Herz pumpt im Hals, längst nass die Unterwäsche, dicke Adern, ein «gefühlter halber Zentner» Ausrüstung am Mann. Es geht los! So schnell, wie es nur mit grösster Routine, Aufmerksamkeit und Ernsthaftigkeit geschehen kann, fährt er den 18-Tönner aus dem Depot beim Sihlhölzli. Zum Glück ist es nur eine Demonstration für die Reporterin. Doch im Alltag gilt es ernst, wenn der Pager piept: eine Küche, die in Flammen steht, oder Keller und Wohnungen unter Wasser, Grossbrände wie jener in der Roten Fabrik oder eine Brandstiftung, bei der es das Dach eines Wohnblocks weggesprengt hat. Thomas Schüpbach dient bei der freiwilligen Feuer«Tatsächlich sind viele Tätigkeiten eines Feuerwehrmannes mit wehr, er versteht es als Dienst an den Menmancher Maxime aus dem Evangelium vergleichbar.» schen. Hauptberuflich ist er Pfarrer der reformierten Kirchgemeinde Sihlfeld im Zürcher Kreis 3. «Es mag ein wenig pathetisch klingen», sagt er, «aber tatsächsei der Glaube für ihn lange eine private Angelegenheit gewesen. Ein lich sind viele Tätigkeiten eines Feuerwehrmannes mit mancher MaxiWendepunkt im Leben des Thomas Schüpbach war, als er mit 18 einen me aus dem Evangelium vergleichbar, weil sie stets helfende Aspekte schweren Skiunfall hatte, bei dem ihm um Haaresbreite die Rückenbeinhalten und letztlich dem Wohlergehen des Menschen förderlich marksnerven durchtrennt wurden, und er danach monatelang im Bett sind.» Und die Menschen sind ihm dankbar. ruhen musste. Eine weitere Grenzerfahrung war nach der Genesung Zu seinem ungewöhnlichen Hobby kam er vor mehr als 15 Jahren, auch seine Arbeit als Schafhirte in Neuseeland. «In diesen Tagen, wähjust zu Beginn seiner pfarramtlichen Tätigkeit auf dem Lande, im Kanrend ich alleine durch die Landschaft ritt und für Tausende von Schafen ton Aargau. Er sagte sich, statt den Feuerwehrpflichtersatz zu bezahlen, verantwortlich war», erinnert er sich, «setzte sich in mir der Wunsch könnte er ebenso gut bei der Miliz-Feuerwehr mit anpacken und sich fest, Theologie zu studieren, und ich meldete mich noch vom anderen fürs Gemeinwohl engagieren. Denn so viel wird klar, wenn man mit dem Ende der Welt aus für das Studium an der Universität Basel an.» 44-Jährigen redet: Christentum hat viel mit Worten, aber auch viel mit Die Kirchgemeinde Sihlfeld, wo er seit rund zehn Jahren wirkt, geTaten zu tun. Der Glaube ist eine Praxis. «Zudem lerne ich auch viele hört zu den wenigen, die einen Zuwachs an Mitgliedern verzeichnen Leute kennen, die ich sonst vielleicht nicht getroffen hätte.» Und umgekönnen. Schüpbachs Prinzip ist, den Leuten über die Schwelle zu helkehrt kommen viele Feuerwehrleute mit einem Pfarrer in Kontakt, die fen. «Viele Menschen im Quartier sind völlig kirchenfern. Mit Kino, Konsich vielleicht längst von der Kirche verabschiedet haben. «Ich bringe zerten und Gemeinschaftsessen wollen wir sie wieder etwas an die Kirmich aber grundsätzlich nur als Person Thomas Schüpbach ein», winkt che binden.» Der Monolith, der heuer sein 50-Jahr-Jubiläum feiert, soll er ab, «und nicht als Pfarrer, ausser wenn ich auf Gott oder Glauben anzum Magneten im Quartier werden. Schüpbachs Meinung nach suchen gesprochen werde.» viele Leute nach einer Gegenwelt zum Alltäglichen und Profanen. Sie Auf den ersten Blick würde man Schüpbach nicht für einen Pfarrer kommen wohl wegen der Ruhe, andere suchen die Gemeinschaft. Aber halten. Mit seiner Lockenmähne und dem fein ziselierten Bärtchen jeder nimmt auch gern ein gutes Wort und einen Segen mit. «Indem wir könnte er auch als Partyorganisator oder Szenegastronom durchgehen. den Menschen unseren Gott zeigen, zeigen wir, dass jedes Leben in eiTatsächlich: «Zu einem guten Essen sage ich nie Nein», flüstert er, grinst nen grösseren Zusammenhang gestellt und jeder Mensch gewollt ist.» und legt verschwörerisch den Finger auf den Mund, «auch mein WeinKlingt altmodisch, ist aber aktuell. Man muss nur den Mut fassen, es keller ist gut bestückt.» Genuss und Völlerei – im wörtlichen und im auszusprechen. ■
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Freundschaft Gut und Böse Ines ist Lehrerin, Mutter und Ehefrau und wohnt mit ihrer Familie in einem Haus im Zürcher Oberland. Casper war Betrüger, Vergewaltiger und Mörder und lebte im Todestrakt in Raiford, Florida. Die beiden verbindet die Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft. VON FLORIAN BLUMER (TEXT) UND PRISKA WENGER (ILLUSTRATIONEN)
Auch diesen Sommer flog Ines in die USA, um ihre Freunde zu besuchen. Seit zwölf Jahren reist sie einmal im Jahr nach Übersee, in den letzten Jahren begleitete sie ihr Mann dabei. Die 53-jährige Lehrerin und Heilpädagogin aus Zürich nimmt den weiten Weg auf sich, obwohl die Besuche jeweils nur wenige Stunden dauern. Und umgekehrt noch nie einer dieser Männer zu ihr in die Schweiz gekommen ist. Denn Ines’ amerikanische Brieffreunde sitzen im Todestrakt hinter Gittern. Mit Casper, der unter anderem für Raubüberfall, Betrug, Vergewaltigung und Mord in der Union Correctional Institution in Raiford, Florida, einsass, ist gar ein besonders freundschaftlicher Austausch entstanden. Obwohl er nur knapp drei Jahre dauerte und sich im Wesentlichen über den Briefkontakt abspielte, beinhaltete er alles, was eine tiefe Freundschaft ausmacht: sich gegenseitig erzählen, was einen beschäftigt, für den anderen da sein, tiefe Gespäche und auch heftige Auseinandersetzungen.
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Schon seit ihrer Kindheit liebt Ines den schriftlichen Austausch, schon immer interessierte sie sich für Menschen und das Menschliche. In den Häftlingen fand sie Menschen, die ebenfalls regelmässig schreiben wollten. Casper suchte jemanden für einen tiefgründigen Austausch. Dieser brachte beide an ihre menschlichen Grenzen und darüber hinaus. Und Ines nach Caspers Tod auch den ersehnten Kontakt zu einem seiner Opfer. Die Geschichte der ungewöhnlichen Freundschaft beginnt, als Casper Anfang des Jahres 2008 einen Text zu einem Theaterprojekt über «Dead Man Walking» beisteuert, den Hollywood-Blockbuster über einen zum Tod Verurteilten. Er tauscht sich per Brief darüber mit Ines aus, sie ist Mitglied im Verein Lifespark, der Briefkontakte mit Todeskandidaten in den USA vermittelt und auch dieses Projekt begleitet. Casper, der sich auf der Warteliste von Lifespark befindet, fragt, ob sie ihm regelmässig schreiben wolle. Obwohl Ines bereits mehrere Brieffreunde im verschiedenen Gefängnissen hat, willigt sie ein. SURPRISE 337/14
Am 17. März 2008 schreibt Casper:* Liebe Ines Ich freue mich über Deine Bereitschaft, mir regelmässig zu schreiben, trotz meiner schrecklichen Verbrechen. Wie Du auf der Justizvollzugs-Website ausrechnen kannst, habe ich für Raub, Autodiebstahl und Fälschung 29 meiner 47 Jahre im Gefängnis verbracht – noch vor meiner aktuellen Verurteilung. Ich wanderte im Alter von 18 Jahren ins Gefängnis, und abgesehen von drei zwischenzeitlichen Freilassungen habe ich mein ganzes Erwachsenenleben hinter Gittern verbracht. Das wären die wesentlichen Dinge, wenn Du spezifische Fragen irgendwelcher Art hast, fühl Dich frei, sie zu stellen. Ich habe kein Problem damit, über alle mich betreffenden Aspekte zu sprechen oder über irgendein anderes Thema, also rede frisch von der Leber weg. Casper ist mein Spitzname. Ich bin ruhig, aber freundlich. Der Briefwechsel wird sofort sehr intensiv. Casper belehrt Ines mit langen theoretischen Abhandlungen über das Funktionieren des menschlichen Geistes, er zitiert und predigt aus der Bibel. Ines fühlt sich durch seine dominante Art herausgefordert, wehrt sich gegen die Belehrungen, hält dagegen. Ines und Casper schreiben sich jede Woche. Casper erzählt viel von sich, Ines berichtet ihm über die Herausforderungen in ihrem Alltag. Casper nimmt Anteil an ihren Erlebnissen, schreibt ihr seine Meinung, als es um eine schwierige Entscheidung am Arbeitsplatz geht, ermutigt sie, auf ihre Intuition zu hören. Er fragt, wie sie den Sinn des Lebens definiert, aber auch, was sie im Garten anpflanzt und er freut sich über die Fotos aus ihrem Alltagsleben, die sie ihm schickt. Casper kennt sich immer mehr in ihrem Leben aus und lässt Grüsse an ihre anderen Brieffreunde ausrichten. Im Oktober 2008 fliegt Ines in die USA, um ihre Brieffreunde zu besuchen, zum ersten Mal auch Casper. Als er den Besucherraum betritt, SURPRISE 337/14
erkennt sie ihn sofort. Durch die vielen Briefe fühlen sie sich vertraut, und es dauert nicht lange, bis sie ihren intensiven Austausch auch in den Gesprächen von Angesicht zu Angesicht weiterführen. Sie wird ihn in der Folge noch zweimal besuchen, zum letzten Mal im August 2010, vier Monate vor seinem Tod. Bei den kurzen Treffen von Angesicht zu Angesicht philosophieren und lachen sie, tauschen sich darüber aus, was sie beschäftigt, essen zusammen. Sie spielen das Strategiespiel «Vier gewinnt», Ines gewinnt fast immer. Das ärgert Casper, hat er sich in den Briefen doch immer als der Analytische beschrieben, Ines als die Emotionale. Caspers Verbrechen sind in der ersten Zeit ihrer Bekanntschaft nur am Rande ein Thema. Dies ändert sich, als Ines ihm anbietet, ihm bei der Überarbeitung seiner Biografie zu helfen, indem sie seine handschriftlichen Texte abtippt. Casper schickt Ines auch den Polizeirapport über seine Verbrechen an der damals 16-jährigen Debbie** und ihrer zwölfjährigen Schwester. Dort steht in allen Details beschrieben, was Casper mit den beiden Mädchen machte, als sie in seiner Gewalt waren, wie er mit ihnen spielte, sie quälte, vergewaltigte. Ines wird es beim Lesen buchstäblich schlecht. Am 1. Januar 2010 schreibt sie Casper eine dunkle Karte mit einem Foto von monsterhaft wirkenden Tiefseefischen und den Worten: Ich bin in ein tiefes Loch gefallen und ich möchte, dass Du das weisst. Es gibt keinen anderen Weg, als dass Du mir die Fortsetzung Deiner Biografie schickst, aber Du sollst wissen, dass ich mich im Moment nicht danach fühle, je wieder an Deinem Projekt zu arbeiten. Auch nicht, Dir weiter zu schreiben. Das ist mir bis jetzt noch nie passiert, ich bin deshalb selbst erstaunt darüber. Ich weiss nicht, was ich noch sagen soll; ich brauche einfach Trost und Friede.
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Casper reagiert heftig. Am 10. Januar 2010 schreibt er: Ich habe Dich geliebt, ich liebe Dich und werde unablässig beten, dass Friede in Dein Herz und in Deinen Geist zurückkehren. Trotzdem, Du sagst, dass Du Dich nicht danach fühlst, mir weiter zu schreiben. Ich verstehe das, Du siehst nur meine Vergangenheit und glaubst nicht wirklich an mein heutiges Ich. Ich werde nicht mehr schreiben. Doch bereits am Tag danach, am 11. Januar 2010, doppelt er nach: War diese Karte nötig? Mit diesen Worten? Wir müssen darüber reden, wie Du Dich fühlst und was Du über mein früheres und mein heutiges Ich denkst. Aufgrund der Distanz kreuzen sich ihre Briefe oft – schon kurz nach Abschicken der Karte schreibt auch Ines Casper ihren nächsten Brief, der Austausch geht im gewohnten Rhythmus weiter. Doch Ines ringt mit sich. Sie kämpft darum, in Casper weiter den Menschen zu sehen, den sie lieb gewonnen hat. Es gibt keine Monster, war immer ihre Überzeugung, nur Menschen. Doch die Beschreibung von Caspers Taten bringt sie an ihre Grenzen. Die Texte will sie niemandem zeigen, weil sie niemanden in Mitleidenschaft ziehen will. Doch sie spürt, dass sie irgendetwas tun muss, um sich vor der negativen Energie zu schützen. Obwohl sie Caspers Begeisterung für die Bibel und den Glauben nicht teilt, beschliesst Sie, in die Kirche zu gehen, um sich segnen zu lassen. Und Ines fürchtet, selber zum Opfer zu werden. Am 17. Januar 2010 schreibt sie Casper einen langen Brief. Es gibt eine einzige Frage, die ich Dir heute stellen muss, Casper. Es ist die zentrale Frage in Bezug auf unsere Freundschaft. Deine – oft willkürlich ausgesuchten – Opfer wurden gezwungen zu tun und zu ertragen, was immer Dir in den Sinn kam. Gnadenlos hast Du jede gezwungen,
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exakt und in jedem Detail auszuführen, was Du begehrt hast. Ein Gedanke, wie es Deinen Opfern dabei geht, scheint Dir nie je durch den Kopf gegangen zu sein. Du hast sie nicht einmal als wirkliche Menschen mit wirklichen Gefühlen betrachtet, die wirkliche Schmerzen ertragen mussten. Kurz nachdem es schwer auf mir zu lasten begann, Deine vielen Seiten abzutippen, begann ich mich zu fragen, ob sich nicht die gleiche Manipulation wiederholte: Eine Frau – ich – muss ertragen, was immer Dir in den Sinn kommt. Dies ist die einzige Frage, die ich an Dich habe in diesem Moment und ich bitte Dich, sie so offen zu beantworten, wie Du über alles andere gesprochen hast: Hat es Dich erregt, Deine Erinnerungen in allen Details niederzuschreiben, sie noch einmal zu durchleben und eine Frau ihnen auszusetzen? Casper schreibt am 28. Februar 2010, dass er sie mit der ganzen Wahrheit konfrontieren wollte. Und: Das hat mich wütend gemacht, denn es ist verletzend, so etwas zu jemandem zu sagen, der nur Liebe für Dich hat und nie daran gedacht hat, Dir etwas Böses anzutun. Ich kann nicht verstehen, wie Du aus der einen Seite Deines Mundes sagen kannst, dass Du mich magst und Du glaubst, dass ich jetzt einen guten Geist habe, während Du gleichzeitig aus der anderen Seite Deines Mundes sagst, dass ich Dich zum Opfer gemacht und Dich manipuliert habe. Beides kann nicht wahr sein. Wenn Du glaubst, dass beides gleichzeitig wahr sein kann, dann erklär mir bitte, wie. In jahrelangem Selbststudium hat sich Casper zu erklären versucht, wie das Böse in einem Menschen überhandnehmen kann, wie es dazu kam, dass er tat, was er tat. Er las die Bibel und führte lange Gespräche mit dem Gefängnispfarrer und dessen Nachfolger, die beide Freunde von ihm wurden. Mit der Analyse des menschlichen Geistes und SURPRISE 337/14
der Bibellektüre fand Casper einen Weg, mit seiner Vergangenheit abzusschliessen. Doch Ines reagiert emotional auf die Details aus Caspers Vergangenheit. Sie hält ihm vor, dass seine Opfer Menschen mit Gefühlen waren, Töchter von Müttern wie sie auch, dass sie selbst eine der Frauen hätte sein können, die Casper vergewaltigt hat. Am 24. Juni 2010 schreibt Casper rückblickend: Zuerst will ich sagen, dass ich Deinen Eindruck teile, dass unsere Verbindung gut gewesen ist für meinen Geist – weil es mich dazu gebracht hat, tiefer über gewichtige Dinge nachzudenken und nachzufühlen. Ich hoffe, dass das auch für Dich zutrifft. Ich bin auch mit Dir einig, dass ich «sanfter» und «offener» geworden bin durch den Kontakt zu Dir – weil ich vor zwei Jahren, vor dieser Verbindung, die wir aufgebaut haben, nicht versucht hätte, mich jemandem zu erklären, der einen falschen Eindruck von mir erhalten hat. Ich hätte vielleicht die Geduld gehabt, es einmal zu tun, aber sicher nicht mehrere Male. Nun will ich Dir aber einige Punkte zu bedenken geben. Es ist möglich, «Überreste» meines früheren Ichs in meinen gegenwärtigen Haltungen gegenüber Dir zu «sehen», wenn Du es erwartest, Überreste dieser Haltungen zu sehen. Wenn Du meine früheren Haltungen direkt erfahren hättest, würdest Du nicht glauben, Überreste meines früheren Ichs «gesehen» zu haben. Du wärst erstaunt über den Unterschied, den Du zwischen meinem früheren und meinem heutigen Ich sehen würdest. Ich bin manchmal selbst erstaunt über meine heutigen Gefühle und Gedanken, und niemand ausser Gott kennt mich besser als ich mich selbst. Ja, ich kann immer noch aggressiv sein – und sogar ein Klugscheisser in einigen meiner Kommentare, aber ich wertschätze Dich sehr – wie Menschen ganz allgemein –, und diese Wertschätzung kannte ich in meinem früheren Ich nicht. SURPRISE 337/14
Casper schreibt Ines, er sei damals «totally disconnected» gewesen, «völlig entkoppelt», von der Liebe, von allem, was im Leben eine Bedeutung hat. Weiter schreibt er, der selbst durch eine Vergewaltigung gezeugt worden war (Brief vom Oktober 2010 – genaues Datum nicht bekannt): Ich glaube, die Kombination aus Dads ungerechten Bestrafungen in meiner Kindheit, sein Verlassen der Familie, der sexuelle Übergriff durch meinen Nachbarn Grady und die sexuelle Belästigung durch meinen anderen Nachbarn Gwyn, das Betrogenwerden durch meine Frau und das darauffolgende Verschwinden meiner Tochter aus meinem Leben und dann die Verurteilung für einen bewaffneten Raubüberfall, in den mich der Freund meiner Frau hineinmanövrierte – das alles hat zu einem Gefühlsund Denkmuster beigetragen, das mich dazu gebracht hat, nach einem zerstörerischen Grad von Kontrolle über andere Menschen zu streben und das (auf einer unterbewussten Ebene) direkt zu meiner Rechtfertigung für Verhaltensmuster geführt hat, die auf diese Todesstrafe hinausliefen. Und dennoch war ich voll und ganz verantwortlich für jede einzelne verletzende Handlung, die ich mir oder anderen angetan habe. Es gibt vieles, für das ich mich entschuldigen muss und viele, bei denen ich mich entschuldigen muss. Ja, ich würde gerne alle kontaktieren, die ich jemals angegangen habe und mich für meine Taten entschuldigen – aber die meisten von ihnen kann ich unmöglich kontaktieren, weil ich ihre Namen nicht kenne. Ines beschliesst, Casper in seinem langjährigen Wunsch zu unterstützen, sich bei seinen Opfern zu entschuldigen – auch für ihr eigenes Heil. Bereits in ihrem Brief vom 17. Januar hat sie geschrieben: Die Aussicht auf eine Chance, allenfalls einigen der Opfer helfen zu können bei ihrer Heilung, ist Balsam für meine Seele. Es würde mich wahnsinnig erleichtern, wenn einige reagieren und darüber sprechen würden, wie es ihnen geht, indem sie uns kontaktieren; oder mich.
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Doch die Suche nach den Opfern erweist sich als fast aussichtslos. Es gelingt nur in einem Fall: bei einer Frau, die er als Zwölfjährige für sich anschaffen liess. Von allen anderen Opfern kannte er die Namen nicht, denn diese werden grundsätzlich nicht bekannt gegeben. Auch die für die Herstellung von Kontakten zuständigen Ombudsstellen blocken in seinem Fall ab. Nach mehreren erfolglosen Versuchen ermuntert Ines Casper dazu, seine Entschuldigung niederzuschreiben, um sie auf der Lifespark-Website zu publizieren. Am 18. Oktober 2010 berichtet Casper erstmals von Magenproblemen. Am 6. November schreibt er: Ich bin gestern aus dem Jacksonville-Memorial-Spital zurückgekommen und diese Zeilen werden nicht vor Sonntagabend rausgehen. Ich musste das Gefängnis so schnell verlassen, dass ich niemandem Deine E-MailAdresse geben konnte. Sie kamen zu mir herauf und nachdem ich der Krankenschwester meinen – massiv geschwollenen – Bauch zeigte, sagten sie nur: «Zieh Dich an». Ich sah aus, als wäre ich im 8. Monat schwanger (so sagte es die Krankenschwester). Es sieht so aus, als ob einige unserer langfristigen Pläne, Opfern zu helfen, nun bei Dir liegen würden. Sie wollten/konnten mir nicht sagen, wieviel Zeit ich noch habe. Sie sagen, es ist Krebs, weil es dunkle Flecken auf dem Röntgenbild meiner Leber hat, aber es klang nicht danach, als ob sie die Ursache dafür wirklich kennen würden. Gott hat die Kontrolle über alles, wir werden also tun, was wir tun können, während wir es noch können und den Rest unserem liebenden Schöpfer überlassen. Danach geht es sehr schnell. Am 9. November 2010 schreibt Casper: Ich weiss einfach nicht, wieviele Tage mir noch bleiben, wir dürfen also keine Zeit verlieren.
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Ich werde nun wahrscheinlich nicht durch die Giftspritze, sondern eines natürlichen Todes sterben – ich gebe Dir die Erlaubnis, alles, was ich geschrieben habe, in allen Medien zu veröffentlichen, in denen Du dies tun willst. Am 21. November 2010: Du bist der letzte noch lebende Mensch auf der Welt, dem wirklich etwas an mir liegt, und ich mag es nicht, Dich unglücklich oder besorgt zu sehen. Manchmal habe ich überhaupt keine, manchmal unvorstellbare Schmerzen – kaum zu ertragen. Am 23. November 2010 erreicht Ines der letzte Brief von Casper: Ich weiss, es ist nicht einfach für Dich, dies zu hören – ich liebe Dich und ich wertschätze unsere Verbindung sehr – für immer. Ich kann meine Augen nicht länger offen halten. Tut mir leid. Alles wird gut mit Dir, Ines, weil Du aufrichtig liebst. Love and prayers Casper Von Caspers Tod erfährt Ines durch einen Anruf beim Gefängnis. Der Gefängnisangestellten war untersagt, sie darüber zu informieren – doch sie liess sich auf Ines’ Vorschlag ein, mit Ja oder Nein zu antworten, wenn sie sie danach fragt. So erfährt Ines, dass Casper am 3. Dezember um vier Uhr morgens Florida-Zeit starb, als sie in der Schweiz gerade mit ihren Schülerinnen und Schülern Weihnachtssterne für eine Fensterdekoration ausschnitt. SURPRISE 337/14
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Weil sie alleine die Energie dazu nicht fand, habe sie sich an verschiedene Pfarrer gewandt – die ihr aber alle von ihrem Vorhaben abgeraten hätten. «Ich habe von Casper gelernt, zu was ein Mensch alles fähig ist», sagt Ines rückblickend. «Ich weiss nicht, ob er am Schluss geheilt war. Aber Casper hat einen enormen Verarbeitungsprozess durchgemacht – und das ist ohne Gegenüber nicht möglich. Ich habe von ihm viel Unterstützung und liebevolle Ratschläge gekommen. Ich vermisse ihn.» ■ * Bei den Zitaten handelt es sich jeweils um Ausschnitte aus den Briefen.
BILD: ZVG
Noch am gleichen Tag findet Ines auf der Website der Tageszeitung Orlando Sentinel einen Bericht über Casper. Sie scrollt auch zur Kommentarspalte runter, wo die meisten Schreiber seinen Tod ausgiebig begrüssen. Zwischen diesen Kommentaren findet Ines aber auch den Eintrag einer Person, die sich «Vergebung» nennt. Sie schreibt, sie sei ein Opfer von Casper und sie habe ihm vergeben. Ines reagiert und schreibt ihrerseits einen Kommentar: Sie wisse nicht, warum Casper diese Taten begangen habe, aber sie wisse, wie er damit gelebt habe, denn sie habe ihn gekannt. Und sie erwähnt Lifespark und die Website des Vereins. «Vergebung» nimmt die Fährte auf: Auf der Lifespark-Website findet sie Caspers Entschuldigung und Ines’ E-Mail-Adresse. Als Ines wenig später ein Mail mit dem Namen «Debbie» in ihrer Inbox findet, bleibt ihr die Luft weg. Der Name Debbie ist für sie eine Art Symbol für alle Opfer von Casper. Es entwickelt sich schnell ein reger EMail-Austausch, Ines interviewt Debbie für die Lifespark-Website. Als der Sommer naht, schreibt Ines, dass sie wieder in die USA reisen werden und ob sie nicht Lust hätte auf ein Treffen. Debbie bejaht. So fahren Ines und ihr Mann an einem Tag im August 2011 zu einem Restaurant in einem kleinen Städtchen in Mississippi, um Debbie zu treffen. Ines ist angespannt, hat Angst vor ihren eigenen Gefühlen. Die Angst erweist sich als unbegründet: Die beiden Frauen gehen aufeinander zu und umarmen sich. In den nächsten Tagen verbringen sie viel Zeit miteinander, unternehmen eine Bootstour, lachen viel, reden viel. Debbie will wissen, was Casper für ein Mensch war. Sie sagt, dass sie sich darüber freue, dass er jemanden hatte, mit dem er sich austauschen konnte. Und dass er zum Glauben fand. Auch sie selbst hat sich dem Glauben zugewandt, in der örtlichen Kirche hat sie Trost und Unterstützung gefunden. Debbie erzählt Ines, dass sie mehrere Anläufe unternommen habe, Casper zu schreiben, dass sie ihm vergeben hat.
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Flucht Kein Fussball, keine Musik Im Irak sind fast zwei Millionen Menschen auf der Flucht, die H채lfte von ihnen sind Kinder und Jugendliche. Drei Begegnungen im Fl체chtlingslager.
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VON FRED LAUENER (TEXT UND BILDER)
Über anderthalb Millionen Menschen sind im Irak auf der Flucht vor der Gewalt des IS, des sogenannten Islamischen Staats. Dazu kommen eine weitere Viertelmillion Kriegsflüchtlinge aus Syrien. Viele Vertriebene suchen Schutz in der politisch autonomen Kurdenregion im Nordirak. Doch dort fehlt es an Unterkünften, Lebensmitteln, hygienischer und medizinischer Versorgung. Die meisten Flüchtlinge leiden überdies an den Folgen traumatischer Erlebnisse. Unser Autor hat die Region im September besucht und sich von Vertriebenen ihre ganz persönliche Fluchtgeschichte erzählen lassen.
bald auf lukrativere Artikel umsteigen. Auf Taschentücher oder sogar Feuerzeuge. Der Job ist hart und gefährlich. Man muss sich als Kind vor vielen Gefahren in Acht nehmen. Vor Erwachsenen mit bösen Absichten, vor grösseren Jungs, die es auf die Einnahmen abgesehen haben, und vor der Polizei. Wie Osman und Abu Bakhir ihr Geld verdienen, ist nach dem Gesetz verboten. Die Einkünfte reichen mal für eine Tube Zahnpasta, mal für ein Fläschchen Babyöl für die Kleinen zuhause oder für einen grossen Becher Jogurt. Jogurt ist nicht dabei in den Lebensmittelrationen, die sie in ihrer Unterkunft erhalten und ohne die Osman und Abu Bakhirs Familie nicht überleben könnte. Ich sitze mit den Brüdern im Drop-In Center für Strassenkinder, das von einem ansässigen Hilfswerk betrieben und von Caritas Schweiz unterstützt wird. Hier verbringen sie ihre Pausen, können ein bisschen abhängen, fernsehen, lesen, spielen, normale Jungs sein. Wir trinken Tee. Was wünschst du dir, frage ich Osman. Nach Hause gehen, Schule, Freunde, Fussball, sagt Osman.
Osman und Abu Bakhir Die Stadt Falludscha ist so gross wie Zürich und liegt eine Autostunde westlich von Bagdad. Von dort kommen Osman und sein Bruder Abu Bakhir. Osman ist 13, Abu Bakhir ist 11. Die beiden haben noch vier jüngere Geschwister. Einen Vater gibt es nicht. Why, frage ich. Army, sagt Osman. Osman kann Englisch. Als die Mutter ihre sechs Kinder in jener Benamn und Theresia Salah kalten Januarnacht aus dem Bett scheuchte, mussten sie nicht geweckt Qaraqosh hat die Grösse von Biel oder Lugano, aber keinen See, und werden. Wie schon die Nächte zuvor hatten sie sowieso nicht geschlaliegt knapp 30 Kilometer südöstlich der Millionenstadt Mosul im nördfen. Wegen dem Lärm und wegen der Angst. Wegen den Helikoptern, lichen Irak. Wie viele andere Städte hat auch Qaraqosh noch weitere Nadie in immer grösserer Zahl über ihren Köpfen kreisten, den immer häumen, Bakhdida und Al-Hamdaniya zum Beispiel, wobei letzterer seit figeren Explosionen und dem Nacht für Nacht näher kommenden Ratdem Niedergang des Saddam-Regimes kaum mehr benutzt wird. Qaratern der Maschinengewehre, dem Schreien der Menschen. «Der Lärm qosh war die grösste christlich-aramäische Stadt des Irak. Über 95 Prokommt auch jetzt noch in meinen Kopf, wenn es dunkel wird», sagt Oszent der Bevölkerung gehörte assyrischen, syrischen, chaldäischen oder man, «aber am meisten Angst hatte unsere Mama.» Warum, frage ich. Weil sie schon drei Kriege erlebt hat, sagt Osman. Beim ersten Mal war sie selber noch ein «Der Lärm vom Krieg kommt auch jetzt noch in meinen Mädchen gewesen, als britische Bomber im Kopf, wenn es dunkel wird.» Golfkrieg 1991 statt der anvisierten Brücke einen weit davon entfernten Markt trafen. Dann, armenischen Konfessionen an. Das war einmal. In der Nacht vom 6. auf vor zehn Jahren, belagerten die Amerikaner Falludscha mit schwerem den 7. August überfielen Terroristen, die sich «Islamischer Staat» nannGerät. Und diesmal drängten Jihadisten, die IS-Terrorkavallerie auf ihten, die Stadt und metzelten nieder, was sich ihnen in den Weg stellte. ren schnellen und leichten Toyota Pick-ups, in die Stadt. Wer nicht zum befohlenen «Glauben» konvertieren, nicht kollaborieren «Mama war ganz aufgeregt, sie trieb uns an, schnell, schnell, und wir wollte und einigermassen bei Sinnen war, floh. Und so gibt es heute keimussten den vier Kleinen beim Anziehen helfen», erzählt Osman. Die ne Christen mehr in Qaraqosh. Mutter hatte eine einzige Tasche dabei und Osman den kleinsten Bruder Benamn Salah ist ein besonnener, ruhiger Mann. Tierarzt von Beruf, auf dem Arm, als sie aus dem Haus rannten. Auf der Strasse zwängten sprachgewandt, gereist, belesen. Seine Frau Theresia ist ein bisschen sie sich in den wartenden und schon überfüllten Kleinbus eines Nachjünger, von feurigem Temperament, lauter als ihr Mann, zorniger. Bebarn und fuhren los. namn und Theresia Salah hatten sieben Kinder, jetzt sind es noch vier. Sie kamen nur langsam voran. Die Strassen waren vollgestopft mit Zwei Söhne und eine Tochter wurden in der Nacht vom 6. auf den 7. Auanderen Fahrzeugen und Menschen, die auch alle nichts wie weg wollgust getötet. «Wir konnten sie nicht beerdigen, man liess uns nicht, das ten. Alle paar Kilometer waren Checkpoints aufgebaut. Am nächsten ist das Schlimmste.» Abend kamen sie schliesslich in Sulaymaniyah an. Hier im Nordirak, Benamn Salah spricht ganz leise. Dann entschuldigt er sich für die vierhundert Kilometer weit weg von zuhause, wird nicht geschossen. Umstände. Dafür, dass er mich nicht in seinem Haus in Qaraqosh beDas ist gut, sagt Osman. wirten kann und stattdessen in diesem schäbigen Zelt empfangen muss. In Falludscha waren Osman und Abu Bakhir ganz normale Jungs geDas Zelt steht in einem provisorischen Lager für Vertriebene auf einem wesen. Sie waren zur Schule gegangen, Osman spielte Fussball in einem Schuttplatz in Erbil, der Hauptstadt der autonomen Region Kurdistan im Team, Abu Bakhir nahm Oud-Unterricht. Oud ist ein Zupfinstrument, es Nordirak. Hundertfünfzig Familien aus Qaraqosh und umliegenden Orgleicht der europäischen Laute. Die Familie war nicht reich, aber ihre ten sind hier vorläufig untergebracht. Vor allem unter den christlichen Mutter hatte Arbeit. Sie lebten gut. Jetzt nicht mehr. Vertriebenen im Nordirak gibt es viele, die nicht arm sind, einige sogar In Sulaymaniya gibt es für Osman keinen Fussball und für Abu Bavermögend. Oder sie waren es. Wie die Salahs. Normalerweise müsste khir keine Musik. Von den Behörden wurde ihnen ein Platz in einem die Familie jetzt nicht im Zelt wohnen und auf Essensrationen angewienotdürftig zur Unterkunft umfunktionierten Lagerhaus zugewiesen, ein sen sein. «Wir mussten von einer Minute auf die andere weg, keine Zeit kleiner, muffiger Raum, den sie mit zwei weiteren Familien teilen. Keimehr für nichts, und was wir dabei hatten, nahm man uns ab», erzählt ne Schule will die Kinder aufnehmen, und die Mutter hat keinen Job. Benamn Salah. Hier in Erbil versuchte er an sein Geld auf der Bank zu Für das Einkommen der Familie sind jetzt die grossen Söhne zuständig. kommen. «Alles weg, es ist nichts mehr da.» Andere Familien hatten ein Den ganzen Tag verkauft Osman in der Innenstadt von Sulaymaniyah bisschen mehr Glück, konnten wenigstens etwas retten und haben sich Heftpflaster an Passanten. Seit Kurzem ist auch sein kleiner Bruder Abu damit in Erbil nun eine kleine Wohnung gemietet. Meist haben sich Bakhir mit farbigen Plastiksäcklein im Geschäft. Plastiksäcklein sind ein zwei, drei Familien dafür zusammengetan. Oft sind diese Buden in miguter Einstieg in das Business. Sie sind günstig im Ankauf. Das ist entserablem Zustand, dafür die Preise seit der gestiegenen Nachfrage durch scheidend, denn die IS-Krise hat im Nordirak die Preise für alles in die den Krieg schwindelerregend hoch. Höhe schiessen lassen. Wenn das Geschäft gut läuft, möchte Abu Bakhir SURPRISE 337/14
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Spielen hinter Gittern: Kinder, die dem IS-Terror entkommen sind, im Flüchtlingslager in Arbat.
Frau Theresia hört das nicht gern, es tut ihr weh. Bei meinem Abschied Basima hat Tee gekocht, das lockert die bedrückte Stimmung ein sagt sie: «Familien müssen zusammenbleiben. Wenn sie auseinanderbisschen auf. Basima ist die Schwiegertochter der Salahs und bei meifallen, fällt das ganze Land auseinander.» nem Besuch ebenfalls im Zelt. Ihr Mann Arthur ist der dritte Sohn von Benamn und Theresia Salah. Arthur ist nicht da. Er arbeitet, hilft mit, Roza Basak und Asan Tola das Lager sauber zu halten, und erhält dafür einen kleinen Lohn. Eine Arbat ist ein kleiner, staubiger Ort im östlichen Hinterland von Suandere Frau ist noch im Zelt. Bushra, die älteste Tochter. Eine grosse, laymaniyah. Zur iranischen Grenze ist es nicht weit. Im Sommer wird es schlanke Frau, früh ergraut, sie wirkt viel älter, als sie ist. Seit ich hier hier bis 50 Grad heiss, dafür sind die Winter bei Minustemperaturen bitbin, starrt sie mich unentwegt an, sagt aber kein Wort. «Sie ist krank, sie terkalt. 2012 errichtete die kurdische Regionalregierung in Arbat ein redet nicht», sagt Benamn. Schon immer? Nein, seit jener Nacht. Benamn Salah betet, dass die Besatzer bald wieder aus seiner Stadt abziehen werden. Illu«Wenn die Familien auseinanderfallen, fällt das ganze sionen macht er sich nicht. So wie es war, wird Land auseinander.» es nicht mehr sein. «Die Jihadisten werden die Stadt nicht verlassen, ohne die Infrastruktur «Transit-Camp» für syrische Flüchtlinge. 2000 Kriegsvertriebene aus zu zerstören.» Mehr Kummer bereitet ihm aber anderes: «Was ist mit undem Nachbarland konnten hier jeweils gleichzeitig untergebracht werseren Sachen, was ist mit dem Haus? Wer wohnt jetzt darin?» In den erden, bevor sie nach ein paar Monaten auf andere Zentren verteilt wursten Tagen nach der überstürzten Flucht hatten die Salahs noch telefoden. Im August dieses Jahres, als der IS zur Jagd auf die jesidische Minnischen Kontakt mit Qaraqosh. Dabei hatten sie erfahren, dass jetzt anderheit in der Region Sindschar ansetzte, wurde das Camp umfunktiodere Leute in ihrem Haus leben. Dann verstummten auch die letzten niert. Heute ist es von Jesiden bewohnt, die den Granaten, Gewehren Handys in Qaraqosh. «Niemand weiss, was in der Stadt los ist», sagt Beund Schwertern der Terrorbrigaden entkommen konnten. namn Salah. «Manchmal kommt etwas im Radio. Leider keine guten Roza Basak* und Asan Tola* (links im Bild auf S. 16) sind beide elf Nachrichten.» Benamn Salah graut vor denen, die sein Haus in Besitz Jahre alt und kamen zusammen mit zwei weiteren Kindern und ihrem genommen haben und es ihm nicht werden zurückgeben wollen. «Ich Lehrer Serhat Dawud nach Arbat. Anders als bei Muslimen, Christen weiss nicht, wer die sind», sagt Benamn Salah, vermutet aber Kollabooder Juden beruht der jesidische Glauben nicht auf einer heiligen rateure. Vor den Kollaborateuren, den Opportunisten, die nach dem AbSchrift. In den Augen der IS-Fanatiker haben Jesiden deshalb kein Recht zug der Jihadisten als Profiteure die neuen Herren seiner Stadt werden auf ihre Existenz und müssen vernichtet werden. Die Möglichkeit, zu könnten, fürchtet sich Benamn Salah am meisten. konvertieren oder zu bezahlen, um ihre Haut zu retten, hatten Jesiden «Arthur will nicht mehr nach Qaraqosh zurück, er will nach Europa», nicht. Ausserdem sind sie meist arme Leute, die es als religiöse Mindersagt Benamn Salah und Basima, die Schwiegertochter, nickt fleissig. Ein heit ohne weltweit mächtige Diaspora und kirchliche Lobby auch in anderer Sohn will nach Amerika. Eine Tochter ist schon dort. Salahs
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schneiden. Das ist schwer. Sie zappeln. Immer wieder rutschen sie ab, die Konzentration fehlt. Sie schauen auch kaum auf, wenn die Betreuerin sie anspricht. Lehrer Dawud nimmt mich am Arm. «Kommen Sie.» Er führt mich zu einem der grossen Zelte. Ausser den Teppichen auf dem Boden ist es leer. «Am Anfang werden wir ohne Stühle auskommen müssen, das macht nichts. Wir brauchen aber noch Bücher und Schreibzeug.» Seit Oktober gibt es für Roza und Asan im Camp von Arbat jetzt eine kleine Schule. Und Serhat Dawud ist wieder ihr Lehrer. Ein kleines bisschen Alltag haben sie zurück. Es ist nicht viel. Aber es ist gut. ■ * Namen geändert
«Die Kinder verdrängen, um das Erlebte aushalten zu können.» – Lehrer Dawud.
friedlichen Zeiten schwer hat. Roza und Asan wissen nicht, was aus ihren Familien geworden ist. «Ich weiss nicht, ob meine Eltern und mein Bruder leben oder tot sind.» Das ist das Einzige, was Roza mir sagen kann. Asan redet gar nicht. Sie schauen mich nicht an, sie schauen durch mich hindurch, irgendwohin weit weg. Dafür spricht der Lehrer, Serhat Dawud.* «Die Kinder haben viel Schlimmes erlebt. Um es auszuhalten, verdrängen sie. Beide verloren ihre Familien im Chaos, als sie vom Berg herunterkamen.». Zehntausende Jesiden hatten sich diesen Sommer in dem unwegsamen Hügelgebiet hinter Sindschar vor dem IS versteckt. Vielen gelang später die Flucht über die nahe Grenze nach Syrien oder in die autonome Kurdenregion im Nordirak. Vielen aber auch nicht. Tausende Familien sind auseinandergerissen worden. Serhat Dawud hat vom Verwalter des Camps ein Handy erhalten. Damit telefoniert er jede Nummer ab, die er kennt. Vielleicht findet er doch noch Angehörige. Und? Er schüttelt den Kopf. «Bis jetzt nichts.» 84 Zelte stehen im Lager von Arbat. Für über sechshundert Menschen, vierhundert davon Kinder. Draussen brennt bei meinem Besuch die Sonne gnadenlos, drinnen ist es eng und stickig. Frauen, Babys und Mädchen, die ihre erste Menstruation hinter sich haben, schlafen nachts in den Zelten, die Männer und Kinder draussen. Es gibt giftige Schlangen und Skorpione. Bis vor Kurzem wurden aus der zentralen Lagerküche Mahlzeiten verteilt. Jetzt erhalten die Familien Lebensmittelrationen und kochen selber. Die meisten vor dem Zelt. Manche aber auch darin. Eine verbranntes Stück Erdboden, wo einmal auch ein Zelt stand, deutet darauf hin, dass das keine gute Idee ist. Mit Unterstützung von Unicef und von Caritas Schweiz gibt es in Arbat einen grosszügigen «child friendly space». Ein eingezäunter geschützter Bereich mit offenem Spielplatz und fünf Zelten, je einem für jede Altersgruppe. Roza und Asan sind im Zelt mit den Neun- bis Zwölfjährigen. Sie versuchen, auf Halbkarton vorgezeichnete Figuren auszuSURPRISE 337/14
Chronologie der Krise im Irak Syrien, seit 2012: Insgesamt gegen 250 000 Menschen flüchten vor dem Krieg aus Syrien in den Irak. Irak, 6. Januar 2014: Der sogenannte Islamische Staat IS besetzt Falludscha und in den Tagen danach weitere Städte und Dörfer in der Provinz Anbar. März: Kämpfe zwischen dem IS und der regulären Armee in der Provinz Dijala. April: Bisher flohen aus der Provinz Anbar mehr als 400 000 Menschen, viele in den kurdischen Norden. 10. Juni: Der IS erobert Mosul, die zweitgrösste Stadt Iraks, direkt an der Grenze zum autonomen Kurdengebiet. 500 000 Einwohner der 2Millionenstadt fliehen. Der IS kontrolliert nun grosse Teil des Iraks, darunter die Provinzen Anbar, Ninive und Salaheddin sowie die grossen Städte Mosul, Tikrit und Baidschi. Der IS rückt ausserdem immer weiter Richtung Bagdad vor. 13. Juni: Die USA schliessen ein Eingreifen von US-Bodentruppen aus. Irans Präsident Hassan Ruhani sichert seine Hilfe im Kampf gegen den IS zu. Mitte Juni: Die irakische Armee und die kurdische Peschmerga können den Vormarsch der Jihadisten verlangsamen. Der IS verschärft darauf seinen Propagandakrieg mit Videos und Fotos von grausamen Exekutionen. 30. Juni: Der IS ruft ein grenzüberschreitendes Kalifat aus. 24. Juli: Nach wochenlangem Machtvakuum wählt das Parlament den Kurden Fuad Massumein zum Präsidenten. Einen neuen Regierungschef gibt es nicht, Al-Maliki besteht auf einer weiteren Amtszeit. 25. Juli: Neben dem Terror gegen Christen und Schiiten bekämpft der sunnitische IS nun auch andere sunnitische Gruppen. 3. August: Der IS vertreibt kurdische Kämpfer der Grossregion Mosul. Beim Überfall auf Sindschar werden Tausende Angehörige der jesidischen Minderheit getötet. Die Eroberung von Sindschar löst eine Massenflucht aus. 7. August: Der IS besetzt christliche Ortschaften im Nordirak, darunter die Stadt Qaraqosh, was wiederum eine Massenflucht auslöst. USPräsident Barack Obama bewilligt Luftangriffe auf den IS. seit August: Der IS gerät durch die Luftangriffe und die Unterstützung der irakischen und kurdischen Streitkräfte durch die westliche Allianz zunehmend unter Druck, kann aber bis heute nicht entscheidend zurückgedrängt werden. Heute befinden sich gegen zwei Millionen Irakerinnen und Iraker auf der Flucht im eigenen Land. (fl)
Fred Lauener ist ehemaliger Geschäftsführer von Surprise und arbeitet heute als selbständiger Berater und Publizist für Organisationen, die in fragilen Kontexten und Ländern tätig sind. Im September begleitete er im Auftrag von Caritas Schweiz im nördlichen Irak humanitäre Nothilfeaktionen für vertriebene Minderheiten – hauptsächlich Jesiden und Christen – sowie Hilfsprojekte für durch Krieg und Gewalt traumatisierte Kinder und Jugendliche.
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Surprise Strassensport Eine Hand am Pokal Zum ersten Mal stand die Schweiz bei einem Homeless World Cup im Finale. Am Schluss reichte es nicht ganz, dafür mauserte sich die bunte Schweizer Truppe in Chile zu Siegern der Herzen. VON OLIVIER JOLIAT (TEXT UND BILDER)
stimmten Lebensweg haben. Goalie Stephan: «Auf die Frage der Journalisten, was ich den Obdachlosen hier raten würde, sage ich lieber nichts. Die Situation hier ist so viel härter, dass ich mich arrogant fühlen würde.» Schliesslich entschieden sich die beiden Birrers anfangs 20 selbst dagegen, wie ihre Eltern zu leben. «Die arbeiteten viel, sahen aber nicht glücklich aus», so Christoph. Lieber lebten sie das Leben eines Punks, schnorrten um Geld und frönten dem Alkohol und dem Kiffen. Christoph: «Auch wenn man in der Schweiz mit Betteln überleben kann und wir durchaus schöne Erinnerungen an die Zeit haben: Irgend-
Nach Abpfiff des entscheidenden Spiels gegen Slum Soccer India war die Enttäuschung gross. Beinahe hätten die Schweizer als erste Surprise Nati einen Titel vom Homeless World Cup nach Hause gebracht. Es wäre der Futbol Calle Cup gewesen, nicht der Homeless World Cup. Dafür waren die Gegner in der ersten Qualifikationsphase schlicht zu stark. Mit Titelverteidiger Brasilien, Namibia und Polen spielten am Turnierende gleich drei von ihnen in der Weltmeistergruppe der besten acht Teams. Da musste man nicht mal die sengende Sonne in Santiago und die Temperaturen Die Irokesen-Frisuren der Gebrüder Birrer waren das meist fotovon über 30° Celsius als Ausrede bemühen. grafierte Sujet des Homeless World Cup in Santiago de Chile. Aber die Niederlagen gegen die Topteams trübten die Stimmung nicht. Auch als den wann zerstört dich dieses Leben.» Über den Verkauf des StrassenmagaSchweizern im späteren Turnierverlauf wegen falsch gezählten Torverzins kamen sie vor acht Jahren zum Strassensport. Seit 2009 organisiert hältnissen der Sprung in einen höheren Cup verwehrt wurde, behielten Feldspieler Christoph in Olten das Surprise-Turnier. Mittlerweile organidie Spieler ihr Lachen. siert er auch Konzerte und arbeitet in einem Kulturbetrieb. Bruder SteDenn die Eidgenossen waren neben dem Spielfeld längst zur Attrakphan entlädt Lastwagen bei einer grossen Speditionsfirma. tion des Homeless World Cups geworden. Die Irokesen-Frisuren der GeNicht jeder im Team hat bereits einen Job gefunden. Aber alle waren brüder Birrer sind wohl das meist fotografierte Sujet des Turniers. Teams überwältigt von der Herzlichkeit der Chilenen und dem Ambiente am wie Zuschauer wollten unbedingt mit Goalie Stephan und Feldspieler HWC. «Die Erfahrung hier ist einmalig. Die Begegnungen mit anderen Christoph abgelichtet werden. Wildfremde Frauen drückten ihnen KinTeams und die relaxed-fröhliche Stimmung will ich mit nach Hause nehder in die Arme und einen Kuss auf die Backe, während die Journalisten men», schwärmt Simon Strub, der Jüngste im Team, der seit seinem 10. ihre Geschichte hören wollten. Lebensjahr in Heimen lebt. Doch bevor sie die Koffer packten, nutzen Viele Leute in Chile und auch verschiedene Teams staunten, dass die Schweizer das letzte Spiel, um sich bei den Chilenen und dem HWC Schweizer auf der Strasse landen können. Die Finalisten aus Bosnien, zu bedanken und entrollten ein Transparent, das Juri Lochner und Abeinem der ärmsten Länder Europas, meinten gar: «Im besten Land der raham Mekonen abends mit dem chilenischen Schlachtruf «Chi-chi-chi Welt sollte es das doch gar nicht geben!» Le-le-le viva Chile» bemalt hatten. Die Gründe mögen in der Schweiz andere sein als bei den Bosniern, Ob es das Transparent der Schweizer war? Jedenfalls holte der Gastdie im Jugoslawienkrieg ihren Vater, teils auch noch die Mutter verloren geber den Homeless World Cup bei den Frauen wie bei den Männern, haben und in sogenannten Flüchtlingsheimen ohne Zukunftsperspektiwo der Coach sogar seinen zweiten Weltmeistertitel feiern durfte. Seive aufwuchsen. Doch hat jeder Spieler der bunten Schweizer Truppe, nen ersten Homeless World Cup gewann er in Mexiko allerdings noch die am HWC stolz die soziale Not eines der reichsten Länder der Welt als Spieler. repräsentierte, in seinem Leben schon einiges durchlebt: sei es die DroUnd ein kleines bisschen Surprise Strassensport steckte doch im gensucht zu überwinden, nach einem Schnorrer-Leben auf der Strasse HWC-Finale. Immerhin leiteten mit Paul und Michel die beiden Schiedswieder Heim und Arbeit zu finden oder sich nach der Flucht aus Kriegsrichter das Spiel, die auch immer wieder an unseren Liga-Turnieren wirren eine neue Existenz aufzubauen. pfeifen. Angesichts der Armut auf den Strassen Santiagos wurde manchem ■ Schweizer Spieler und auch den Birrer-Brüdern jedoch bewusst, dass sie daheim vergleichsweise gute Chancen auf Arbeit und einen selbstbeOlivier Joliat ist Medienverantwortlicher von Surprise Strassensport.
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Geronimo! Christoph Birrer (am Ball) und Christian Dantas im Angriff gegen Indien.
Heimspiel: Chile trifft im Final gegen Bosnien – und gewinnt das Turnier.
FĂźrs Gruppenbild durfte auch der Pokal mit drauf: die Surprise-Nati 2014.
Nach dem Spiel ist vor dem Spiel: Christoph Birrer im chilenischen Fernsehen.
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BILD: GUIDO SÜESS
Wörter von Pörtner Saure Gurken Bei einer vor Kurzem absolvierten Ausfahrt mit dem Velo wurde ich mehrmals lautstark und wenig freundlich zurechtgewiesen. Von anderen Velofahrern, nach deren Ansicht ich mich auf einer Raum-Zeit-Koordinate befand, auf die sie sich Ansprüche ausgerechnet hatten. Platz, aneinander vorbeizukommen, gab es allemal genug, der Veloweg war breit und menschenleer. Doch ich fuhr anscheinend nicht so, wie sie sich das vorstellten, obwohl ich nicht gegen die Verkehrsregeln verstiess. Ich bin stets bemüht, diese einzuhalten, egal ob sie mir einleuchten oder nicht. Weil mir die gehässigen Belehrungen und Beschimpfungen nur im Vorbeifahren entgegengebellt wurden – etwas feige, so im Vorbeifahren, wo das Risiko gering war, dass sich daraus eine unangenehme Situation ergeben würde, denn die Zeiten, in denen ich eine Kehrtwendung gemacht, den
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Anschnauzer verfolgt und zur Rede gestellt hätte, sind zum Glück für alle Beteiligten vorbei –, konnte ich nicht in Erfahrung bringen, was genau den Zorn meiner Mitradler erregte. Ich vermute, es hatte mit meinem Abstand zum Rand des Radwegs zu tun, der wohl als zu gross empfunden wurde. Die Gegend, durch die ich fuhr, war ein liebliches Tal vor den Toren Zürichs. Eine Gegend, in der es viel Grün gibt, von Überbevölkerung und Dichtestress weit und breit nichts zu spüren oder zu sehen ist. Dort, wo dichter gesiedelt wird, wohnte man in Einfamilienhäusern oder Eigentumswohnungen. Das Wetter war angenehm warm, die Sonne schien an diesem Freitagnachmittag. Alles war eigentlich perfekt. Trotzdem waren diese Leute steinhässig und lauerten nur darauf, einen Grund zu finden, ihrer Wut freien Lauf zu lassen. Sie fuhren in teurer Sportbekleidung auf Rennvelos, die auch nicht billig waren. Sie hatten also Geld, waren gesund und hatten frei. Nur Freude hatten sie keine. Am nächsten Tag sass im Bus eine alte Frau, die irgendwelche Zettel las, die sie auf dem Sitz neben sich ablegte. Sie brauchte also zwei Sitze. Gut, der Bus war nicht sehr voll. Drei Buben in Begleitung von zwei Frauen, den Gesprächen nach nicht ihren Müttern, stiegen ein. Das hörte man. Die Frau verzog angewidert den Mund und schüttelte den Kopf. Die Fünfergruppe unterhielt sich lebhaft, lärmte aber keineswegs herum. Als sie ausstiegen,
schimpfte die alte Frau laut auf die Buben, die ihrer Ansicht nach gar nicht hätten Bus fahren dürfen, wenn sie keine Erziehung genossen hätten. Ich will jetzt nicht in die oft gehörte Klage einstimmen, dass die Leute am Morgen auf dem Weg zur Arbeit im Tram ein saures Gesicht machen. Dazu haben sie meines Erachtens mindestens drei gute Gründe: 1. Es ist Morgen. 2. Sie sind auf dem Weg zur Arbeit. 3. Sie sitzen oder stehen im Tram. Diese Szene ereignete sich am späteren Vormittag. Die Frau hätte weiterhin ihre Zettel lesen können, so wie die Velofahrer völlig unbeeinträchtigt hätten zufahren können. Wahrscheinlich sind es Menschen, die finden, es sei zu voll in diesem Land, denn tatsächlich ist es selbst auf einem leeren Veloweg oder in einem halbvollen Bus sehr anstrengend, alle Mitmenschen im Auge zu behalten und aufzupassen, dass sie ja nichts tun, was nach einer Zurechtweisung verlangt.
STEPHAN PÖRTNER (STPOERTNER@LYCOS.COM) ILLUSTRATION: SARAH WEISHAUPT (SAVVE@VTXMAIL.CH) SURPRISE 337/14
Film Gefragte «Altstadtlüt» Seit einem Jahr ist «Altstadtlüt» Teil des Berner Kinoprogramms – ein sensationeller Erfolg für einen Film, der sich so gar nicht an konventionelle Produktionsregeln hält.
Siebzehn über achtzigjährige Männer und Frauen aus der Berner Altstadt berichten aus ihrem Leben – und die Hauptstädter können seit einem Jahr nicht genug von ihren Geschichten bekommen. Der entgegen konventionellen Produktionsregeln gemachte Dokumentarfilm «Altstadtlüt» ist unter den Lauben zu einem Phänomen herangewachsen, das die Leute bis weit über den Kinosaal hinaus verbindet wie ein Film gewordenes Kollektivgedächtnis. So findet das Projekt zum Beispiel in einer gleichnamigen Wandzeitung eine originelle Fortsetzung. Das Blatt ist ein Gefäss, in dem Gedanken zum Film und zur Altstadt weitergesponnen werden. «Wir hatten kein Drehbuch, kein Script, und für die Auswahl unserer betagten Gesprächspartner haben wir auch kein Casting gemacht. Jene siebzehn Menschen, die im Film zu Wort kommen, sind auch jene, die wir im Rahmen der Recherche getroffen haben», erinnert sich der Filmemacher Alberto Veronese, der vor zwei Jahren nach Bern gezogen ist. Dem Wunsch folgend, einen Film über alte Menschen und deren Leben zu drehen und auf diesem Weg sein neues Zuhause kennenzulernen, sind in Schwarzweiss gehaltene Porträts entstanden, die jeden Zuschauer auf eine bewegende Zeitreise mitnehmen. Die Kamera bleibt jeweils ununterbrochen auf das Gesicht des Erzählenden gerichtet, Namen werden keine eingeblendet, und kein Schwenker durch die Wohnung erlaubt zusätzliche Einblicke in das Leben der Porträtierten. «Wir wollten Nähe erzeugen, aber keine Intimität», erklärt Alberto Veronese. «Es spielt für die Aussagekraft des Filmes keine Rolle, wie jemand heisst. Obwohl dieser Film von lokalen Einflüssen geprägt ist, wollten wir so die Voraussetzung schaffen, dass ‹Altstadtlüt› auch ausserhalb von Bern verstanden wird», so Veronese. «Schliesslich ist jeder von uns Teil eines solchen Mikrokosmos, eines Quartiers und einer Gemeinde. Hier liegt der Ursprung einer jeden Gemeinschaft.» Die Abwesenheit von Randinformationen oder einer Off-Stimme verstärken die Intensität des Filmes. «Indem wir auf formale Stilmittel und Dramaturgie so weit wie möglich verzichtet haben, geben wir dem Publikum die Möglichkeit, die eigene Fantasie zu benutzen», sagt Veronese. Besonders schön: Er und sein Team sind nicht der Versuchung erlegen, die Vergangenheit mit verklärendem Blick darzustellen. Wenn sich zum Beispiel eine Frau an einen Kuhstall erinnert, den sie als kleines Mädchen auch wegen der Wärme aufgesucht hatte, erfährt man zwischen den Zeilen, dass eine geheizte Stube noch vor wenigen Jahrzehnten nicht selbstverständlich war. An anderer Stelle sinniert ein älterer Herr: «Man hat das Wenige, das man hatte, genossen. Man hat mehr genossen.» Der Film konfrontiert die Zuschauer gerade in solch starken Momenten mit dem eigenen Lebensentwurf, aber auch mit dem eigenen Verhältnis zur älteren Generation. Vielleicht liegt darin eine SURPRISE 337/14
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VON MONIKA BETTSCHEN
Die alten Leute erzählen – und plötzlich denkt man über das eigene Leben nach.
mögliche Erklärung für das ungebrochene Interesse an den Altstadtleuten: Wenn die Krankenkassenprämien steigen und von demografischer Entwicklung die Rede ist, steigt auch unterschwellig der Unmut gegen Betagte und Pflegebedürftige, die Solidarität zwischen den Generationen scheint infrage gestellt. «Altstadtlüt» zeigt, dass es nicht einfach nur Alt und Jung gibt, sondern vielmehr Starke und Schwache, unabhängig vom Alter, und dass es für den Zusammenhalt fatal wäre, die Generationen gegeneinander auszuspielen. «Unser Film soll Brücken bauen und das Verhältnis zum Älterwerden entkrampfen», sagt Indra Spuler, Mitglied in Veroneses ehrenamtlichem Filmteam und Redaktorin der Wandzeitung. Trotz der Spieldauer von einem Jahr tut sich die etablierte Filmszene schwer, diese Produktion als Film im eigentlichen Sinn gelten zu lassen. Der bewusste Verzicht auf branchenübliche Stilmittel hat bisher die Vermarktungsfirmen davon abgehalten, bei der Verbreitung des Filmes mitzuwirken. «Auch bei Filmfestivals ist es schwierig, auf Gehör zu stossen, da ‹Altstadtlüt› in kein gängiges Raster passt», sagt Indra Spuler und hofft, dass der Film auch ohne potente Unterstützung in anderen Schweizer Städten Anklang finden wird. Ende Jahr wird der Film als DVD erhältlich sein, ebenso ein Buch mit den einzelnen Geschichten in Mundart, denn «Altstadtlüt ist auch ein linguistisches Dokument», so Alberto Veronese. ■ www.altstadtlüt.ch
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Kultur
«Wenn es keine Hunde gäbe, möchte ich nicht leben», bekannte einst Arthur Schopenhauer.
Als sie noch jung und attraktiv waren, hatten die Herren eine Band und einen Hit.
Buch Von Minen- und Weltraumhunden
DVD Liftfahren in der Eiszeit
Die Satiren von Leo Fischer und Leonard Riegel ziehen dem besten Freund des Menschen gehörig das Fell über die Ohren.
Der russische Winter ist hart und lässt keinen Platz für emotionale Wärme. Das merken in Vladimir Kotts Film «Gromozeka» drei Männer, die ihre Rolle als tough guys arg infrage gestellt finden.
VON CHRISTOPHER ZIMMER VON THOMAS OEHLER
Fröhliche Hundegeschichten? Der Titel will nicht so recht zu diesem Buch passen. Fröhlich geht anders. Aber Friede, Freude, Eierkuchen wird auch niemand von einem Autor, der von 2008 bis 2013 Chefredaktor des Satiremagazins Titanic war, und einem Cartoonisten, der regelmässig für dasselbe Medium zeichnet, ernstlich erwarten. Wer gewohnt ist, mit Strafanzeigen und Unterlassungsklagen prominenter Opfer von Politikern bis zum Papst zu leben, der wird auch mit dem Canis lupus familiaris, dem Hund, keinen Kuschelkurs fahren. Kurz und knackig sind die Geschichten, respektlos, mitunter bitterbös und mit einer ordentlichen Portion schwarzem Humor gesegnet, der über Leichen geht, menschliche wie tierische. Da bleibt nicht viel übrig vom Loblied auf den treusten Freund des Menschen. Zugleich sind die Texte mit einer Fantasie gespickt, die nicht nur Klischees zerzaust, sondern auch unterhält – wenn man nicht gerade ein Hundeliebhaber ist und damit vielleicht ein zu dünnes Fell hat. Wer sich aber darauf einlässt, wird mit etlichen wundersam zusammengeflunkerten Histörchen aus der Historie, aus Literatur- und Kunstgeschichte belohnt. Über den Minenhund Explosnik etwa, der seinem Namen alle Ehre macht, über das wahre Schicksal der Weltraumhündin Laika oder darüber, wie der Bernhardiner zu seinem Schnapsfass kam (aus einer Legende der Navajo!). Auch treten allerlei illustre Persönlichkeiten auf, von Schopenhauer über Jesus, Freud, Marx, Adorno und Thomas Bernhard – jeder auf seine Weise zum oder auf den Hund gekommen – bis hin zu Angela Merkel, die sich willfährige Minister aus Hunden heranzüchtet. Doch der Autor treibt nicht nur Allotria mit den historischen Gestalten, sondern auch mit den dazu passenden Sprachstilen, die er sich gekonnt aneignet – ein ausgelassenes und zuweilen auch anspruchsvolles Spiel. Damit schafft er nicht nur einen intellektuellen Mehrwert, sondern zieht Herrchen wie Hundchen umso wirksamer und makaber-vergnüglich das Fell über die Ohren.
Gekonnt wie in Robert Altmans «Short Cuts» verflechtet Regisseur Kott die Geschichten seiner Protagonisten: Der eine ist Arzt. Soeben hat er eine Routineoperation verpatzt, der Patient ist gestorben. Seine Frau verdächtigt ihn des Ehebruchs. Seine Geliebte hat keine Lust mehr auf Doppelleben. Der Doktor selber ist todkrank. Der andere ist Taxichauffeur. Täglich wird er mit den skurrilsten Gestalten der Moskauer Strasse konfrontiert. Seine Frau ist schon lange tot. Und seine Tochter verdient sich – oh, Schreck! – ihr Leben im Pornobusiness. Der Dritte ist Polizist. Allerdings ist er nur noch als Wachmann einer Fleischfabrik im Einsatz. Sein Sohn ist ihm fremd und seine Frau erst recht: Sie hat eine Affäre. Bis er das merkt, braucht er aber ziemlich lange. In ihrer Jugend waren die drei eine Band. Und sie hatten auch einen Hit, ein Lied über den Vogel des Glücks. Nur ist der schon lange auf und davon, denn die Männer haben ihre Blütejahre längst hinter sich. Dem modernen kalten, harten Russland begegnen sie mit alten Machoidealen – Kraft, Erfolg, Potenz –, in denen sie aber nur noch versagen. Allerdings ohne dass sie dieses Scheitern zur Sprache bringen könnten. Nur im Unort des Lifts, im Innehalten während der Fahrt zur Wohnung, finden sie Worte, um ihr verletztes Inneres auszudrücken. Nostalgie sei das Thema des Films, so Kott, und diese sei die wärmende Erinnerung an die vermeintlich glückliche Vergangenheit. Wärme haben die drei in dieser russischen (Gefühls-)Kälte auch bitter nötig. In einer Szene bittet der Doktor eine Prostituierte, ihn nur zu trösten – «wie eine Mutter». Traurig ist das. Und zum Lachen absurd – ganz wie die Trickfilmfigur, die einst dem Bandnamen Pate stand: «Gromozeka», ein Wesen zwischen Mensch und Kampfroboter. Es ist zwar schwerst bewaffnet, verpasst aber immer seinen Einsatz. Sich selbst bemitleidend sagt es ständig: «Ich bin nicht glücklich!» und «Ich bin zu spät!». Das sind auch die drei Exemplare russischer Männlichkeit: vom Glück verschmäht und für die Moderne viel zu langsam.
Leo Fischer: Fröhliche Hundegeschichten. Illustriert von Leonard Riegel.
Vladimir Kott: «Gromozeka», Russland 2011, 104 Min., Nikolay Dobrynin,
Eichborn 2014. 19.90 CHF
Boris Kamorzin, Leonid Gromov u.a. Mit freundlicher Unterstützung von Les Videos, Zürich: www.les-videos.ch
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Die 25 positiven Firmen Diese Rubrik ruft Firmen und Institutionen auf, soziale Verantwortung zu übernehmen. Einige haben dies schon getan, indem sie dem Strassenmagazin Surprise mindestens 500 Franken gespendet haben. Damit helfen sie, Menschen in prekären Lebensumständen eine Arbeitsmöglichkeit zu geben und sie auf ihrem Weg zur Eigenständigkeit zu begleiten. Gehört Ihr Betrieb auch dazu? Die Spielregeln sind einfach: 25 Firmen werden jeweils aufgelistet, sind es mehr, fällt jener Betrieb heraus, der am längsten dabei ist.
Bei Anruf Poesie: Funktioniert auch mit dem Handy. 01
Anyweb AG, Zürich
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Immotreuhand GmbH, Zürich
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Arbeitssicherheit Zehnder GmbH, Ottenbach
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Balcart AG, Therwil
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Maya-Recordings, Oberstammheim
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Coop Genossenschaft, Basel
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Fischer & Partner Immobilien AG, Otelfingen
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Fast4meter, Bern
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Axpo Holding, Baden
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Stoll Immobilien Treuhand, Winterthur
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Kaiser Software GmbH, Bern
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mcschindler.com, Online-PR-Beratung, Zürich
Es hat schon beinahe etwas Verboten-Verruchtes, wie man sich unauffällig in eine Ecke entfernt, um möglichst ungestört diese Nummer zu wählen. In Zeiten, in denen das Zauberwort «Sharing» lautet, fordert das Poesietelefon von seinen Anrufern ungeteilte Aufmerksamkeit. Keine Möglichkeit, parallel noch schnell zu liken oder zu followen, sich in einem virtuellen Rudel einer bereits bestehenden Meinung anzuschliessen. Die ausschliessliche Präsenz des Gedichtes im Ohr macht eine direkte Auseinandersetzung mit dem Gehörten unumgänglich. An dem Tag, an dem dieser Kulturtipp entstand, waren es zwei von stiller Wehmut umrankte Gedichte von Rainer Maria Rilke, die ein kurzes Innehalten bewirkten. Dieser Anachronismus ist durchaus gewollt. «Lyrik schafft starke individuelle Momente mit sich selber», sagt Alisha Stöcklin, die vor zwei Jahren den Tag der Poesie wieder aufleben liess und ab diesem Herbst auch das Poesietelefon wieder aufschaltete. Dieses feinsinnige Projekt geht auf den Basler Autor Matthyas Jenny zurück, der 1976, inspiriert vom amerikanischen Poeten John Giorno, das erste deutschsprachige Poesietelefon aufschaltete. «Mit dem Tag der Poesie und dem Poesietelefon wollte ich Lyrik für alle zugänglich machen. Die Gedichte sollten kleine gedankliche Stolperer im Alltag sein», erinnert sich der Vater der Autorin Zoë Jenny. Seit Ende September bespricht Alisha Stöcklin den Anrufbeantworter jede Woche zweimal mit einem neuen Gedicht. Von Klassikern bis zu zeitgenössischer Poesie ist alles dabei. «Als Gegenpol zur omnipräsenten Werbesprache ist Lyrik nicht berechnend oder zweckgebunden, sondern gibt jedem die Freiheit, eigene Assoziationen zu finden», sagt die Philosophie- und Literaturwissenschaftsstudentin. Trotz dieser Qualitäten findet Lyrik im Buchhandel wenig Beachtung. Von Bestsellern an den Rand gedrängt, scheint ihr eher die Rolle dekorativen Beiwerks zugewiesen zu werden, ähnlich einer Garnitur auf dem Tellerrand. Stöcklin möchte mit ihrem Einsatz dazu beitragen, das Bewusstsein für die Schönheit und Vielseitigkeit der Sprache wieder zu schärfen. Das dürfte ihr auch gelingen, denn obwohl der Dichtkunst manchmal etwas Antiquiertes anhaftet, ist gerade dieser Ansatz, Poesie in kleinen Portionen – als literarisches Kurzfutter sozusagen – anzubieten, äusserst zeitgemäss.
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archemusia Musikschule, Basel
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BEVBE Ingenieurbüro, Bonstetten
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Klinik Sonnenhalde AG, Riehen
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Lions Club, Zürich Seefeld
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Schweizerisches Tropen- und Public Health-
Poesietelefon erreichbar unter: 061 721 02 05, www.tagderpoesie.ch
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Lyrik Service Poésie Allen, die es nach mehr Lyrik im Alltag gelüstet, wird beim Basler Poesietelefon zweimal wöchentlich ein neues sprachliches Kleinod ab Band angeboten. VON MONIKA BETTSCHEN
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Institut, Basel 18
VXL Gestaltung und Werbung AG, Binningen
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Scherrer & Partner GmbH, Basel
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Gemeinnütziger Frauenverein Nidau
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Velo-Oase Erwin Bestgen, Baar
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Bruno Jakob Organisations-Beratung, Pfäffikon SZ
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Balz Amrein Architektur, Zürich
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Supercomputing Systems AG, Zürich
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Kultur-Werkstatt – dem Leben Gestalt geben, Wil SG
Möchten Sie bei den positiven Firmen aufgelistet werden? Mit einer Spende von mindestens 500 Franken sind Sie dabei! PC-Konto: 12-551455-3, Verein Surprise, 4051 Basel Zahlungszweck: Positive Firma + Ihr gewünschter Eintrag. Wir schicken Ihnen eine Bestätigung.
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Ausgehtipps
Wer hilft diesem Mann?
Schöftland Splitternackte Kunst
Ist Ihnen ein Licht aufgegangen? Sofort RadioX melden.
Basel/im Äther Energiespar-Battle Umweltschutz als Radiospiel – das macht Spass. Und kriegt einen kultigen Touch, weil Radio X das Energiesparen in den kommenden Wochen als regelrechten Battle inszeniert. Jeweils donnerstags wird berichtet, was die angemeldeten Teams an Strategien zu bieten haben, um die Welt vor dem Untergang zu retten. Oder doch wenigstens den ökologischen Fussabdruck von Herrn und Frau Schweizer zu verkleinern. Originell soll die Idee sein und möglichst effizient. Wer am besten Energie spart, kriegt am meisten Geld, und zwar Ende November, gestiftet vom Ökoenergie-Fonds der IWB. Könnte sein, dass das ganze Spiel nicht nur sinnvoller, sondern auch spannender wird als manche TV-Show mit Geldköfferchen. (dif)
Die Bevölkerung ist aufgerufen zu spenden. Ein splitternackter Mann braucht Kleider, Nahrung und Geld, um die Tage im November auf freiem Feld zu überdauern: Es ist Martin Gut, Luzerner Künstler. Er wird die Natur während sechs Tagen und Nächten nicht verlassen, um in dieser Zeit ein Landart-Werk zu schaffen. Wer nicht spenden und mitleiden will, kann ihn auch beobachten: Die Kunstaktion mit dem Titel «Überleben» kann bis zur Vernissage am 16. November per Webcam verfolgt werden. Martin Gut war der Mann, der in der «Gütsch-Aktion» das S im Schriftzug des Luxushotels über Luzern verdeckte und so aus dem Schriftzug seine eigene Website-Adresse machte, er war es, der die Menschen mit dem «Erlebnisomat» aus dem Alltag rüttelte und den «artpriceomat» selbständig Kunstpreise generieren liess. Jetzt zieht er sich also aus und überlegt sich: Was ist die Natur des Menschen? Kann man ohne Gegenüber und ohne Hilfe überleben? Und: Wie gehen Menschen in der Komfortzone mit denjenigen um, die im Überlebenskampf stecken? (dif) Landartausstellung «Überleben»: Aufbau Mo, 10. bis
Ob das noch was wird? Begegnung in Johnny’s Disco.
Basel Glück in der Disco Das Basler Vorstadt-Theater feiert seinen 40. Geburtstag und lässt es dazu in Johnny’s Disco tüchtig krachen. Im Jubiläumsstück «Kopf hoch, tanzen!» treffen sich an besagtem Ort die unterschiedlichsten Menschen, vereint in der Hoffnung auf den perfekten Abend. 40 Jahre Zeitgeschichte ziehen vorbei an diesem Abend, erzählt wird die Geschichte von Sehnsucht, Hoffnung und der Suche nach dem grossen Glück – ein temporeicher Reigen mit wenigen Worten und viel Humor. (fer) «Kopf hoch, tanzen!», Fr 7. November, 20 Uhr, So 9. November, 11 Uhr, Sa 15. November 20 Uhr, So 16. November 11 Uhr, Mi 31. Dezember 21 Uhr, mit Silvesterparty, Vorstadttheater Basel.
Anzeige:
So, 16. November, Verissage So, 16. November, 14 Uhr, Finissage: So, 23. November, 14 Uhr, täglich 24 Stunden offen, «Noseland» oberhalb Ruederstrasse 44, Schöftland Blog / Webcam: gut.ch/ueberleben
«energiesparpriX»: jeweils donnerstags von 18 bis 19 Uhr auf Radio X; Finale Do, 27. November, 18 Uhr, Markthalle Basel. Zu hören auf 94.5 MHz Grossraum Basel, über DAB+ in der Stadt Zürich und als Livestream auf www.radiox.ch/streamplayer www.radiox.ch
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Geld stinkt vielleicht nicht, essen sollte man es trotzdem nicht.
Simon, Tim und Hanna suchen Luna.
Lenzburg Geld regiert die Welt
Zürich, Aarau, Chur Abgetaucht
Die Ausstellung «Geld. Jenseits von Gut und Böse» lädt zu einer Debatte ein, die seit der Antike für heisse Köpfe sorgt. Auf dem Ausstellungsrundgang ergründen die Besucher den Unterschied zwischen Preis und Wert, aber auch das Wunder der unendlichen Geldvermehrung. Die Ausstellung lässt die Besucherinnen und Besucher im Geld schwimmen, vor dem Geld in die Knie gehen und am Ende selbst bestimmen, wie viel ihnen das Ausstellungserlebnis wert ist. (ami)
Luna ist verschwunden, worauf ihre Freunde Simon, Tim und Hanna eine Detektivbande («3ohne4») gründen, um sie zu suchen. Dabei erfahren sie viel über diese Welt: Dass gewisse Leute nicht hier sein dürfen zum Beispiel. Plötzlich gilt es Begriffe wie «illegal» und «Papiere» zu erforschen. Der rasante Kinderkrimi ist ein Sozialdrama um ein Sans-Papier-Mädchen. (dif)
«Geld. Jenseits von Gut und Böse», 15. November 2014 bis 29. November 2015,
So, 9. Nov, 11 Uhr und Mi, 12. Nov., 14.30 Uhr, Theater Stadelhofen Zürich.
Zeughaus Lenzburg, www.stapferhaus.ch
Weitere Vorstellungen in Aarau und in Chur. www.theater-stadelhofen.ch
«Wo ist Luna?» Eine Detektivgeschichte für alle ab 8 Jahren. Sa, 8. Nov., 14.30 Uhr,
www.strangerincompany.ch
Anzeigen:
„Eine Hommage – poetisch, berührend.” ZDF HEUTE JOURNAL
DAS SALZ DER ERDE Ein Film von Wim Wenders &
© Wim Wenders.
Eine Reise mit Sebastião Salgado
Juliano Ribeiro Salgado
in Zusammenarbeit mit
AB 13. NOVEMBER IM KINO SURPRISE 337/14
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Verkäuferporträt Seit einem Jahr auf Wohnungssuche Gegen hundert Wohnungsbewerbungen hat Surprise-Verkäufer Ramadan Mohamed (42) in Bern geschrieben – und nur Absagen erhalten. Nun scheint sich ein Türchen aufzutun.
«Aus meiner Heimat Eritrea bin ich vor mehr als zehn Jahren geflüchtet, weil ich dem Armeedienst oder genauer: dem Militärgefängnis entkommen wollte. Bereits mit 14 Jahren mussten wir damals in den Achtzigerjahren in die Militärschule eintreten und ab 18 Jahren Dienst als Soldaten leisten. Als ich im Herbst 2000 Probleme mit einem Offizier kriegte – anscheinend hatte ich Fragen gestellt, die man besser nicht stellt –, kam ich ins Gefängnis. Nach etwas mehr als zweieinhalb Jahren in Haft gelang mir zusammen mit drei Kollegen die Flucht. Da wir als Deserteure in Eritrea nicht mehr sicher waren, verliessen wir das Land. Meine Kollegen entschieden, nach Äthiopien zu flüchten, ich hingegen ging in den Sudan – schliesslich hatte ich im Militärdienst jahrelang gegen das verfeindete Äthiopien gekämpft. Dorthin wollte ich nicht. Im Sudan lernte ich eine Eritreerin kennen, die schon länger da lebte, und zusammen entschieden wir, Richtung Europa aufzubrechen. Unser Weg führte uns zunächst durch die Sahara-Wüste nach Libyen, von wo wir das Mittelmeer überqueren wollten. Doch so schnell, wie wir uns das vorgestellt hatten, klappte es nicht. Wir mussten zuerst Geld für die Überfahrt verdienen. Ich hatte Glück und fand eine Arbeit als Wachmann und Hauswart. Allerdings wurden wir dreimal von den Leuten betrogen, die uns auf ein Schiff bringen sollten. Wir bezahlten den vereinbarten Betrag, und dann war plötzlich deren Handynummer nicht mehr gültig. Am Ende waren wir fünfeinhalb Jahre in Libyen! In der Zeit in Libyen kam unsere mittlerweile neunjährige Tochter zur Welt. Und so bestiegen wir im Sommer 2008 zu dritt das Schiff, das uns nach Italien brachte. Da ich schon so viel Gutes über die Schweiz, speziell Genf mit seinen vielen internationalen Organisationen, gehört hatte, war das unser Ziel. Dass wir am Ende im Kanton Bern gelandet sind, ist Zufall und vielleicht auch besser so, denn in Genf ist es anscheinend noch schwieriger, eine Wohnung zu finden, als in Bern. Die Wohnungssuche beschäftigt mich schon bald ein Jahr, denn meine Frau und ich haben entschieden, dass es besser ist, wenn wir getrennte Wege gehen. Genau kann ich es nicht sagen, aber ich habe sicher schon gegen 100 Wohnungsbewerbungen verschickt und an noch mehr Wohnungsbesichtigungen teilgenommen. Jedes Mal bekomme ich eine Absage. Das ist mit der Zeit wahnsinnig deprimierend! Dabei habe ich ein Schreiben vom Sozialamt, das bestätigt, dass sie die Kosten tragen, bis ich eine Hundertprozent-Arbeitsstelle gefunden habe. Ich arbeite ja momentan als Surprise-Verkäufer – vor allem am Dienstag- und Freitagvormittag auf dem Kornhausplatz –, aber eigentlich möchte ich mehr arbeiten. Wegen Rückenproblemen kann ich leider nicht jede Arbeit machen, aber vielleicht gibt es eine Möglichkeit bei der Strassenreinigung in Bern. Ich werde mich demnächst dort melden. Um meine Möglichkeiten und Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu vergrössern und natürlich auch, um mich allgemein besser verständigen zu
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AUFGEZEICHNET VON ISABEL MOSIMANN
können, besuche ich dreimal pro Woche einen Deutschkurs. Mit dem Druck, den ich habe, möglichst bald eine Wohnung zu finden, fällt es mir jedoch manchmal schwer, mich im Kurs zu konzentrieren. Ich wäre überglücklich, wenn es nach so langer Zeit endlich klappen würde. Schön wäre es auch, wenn die Ein- oder Zweizimmer-Wohnung nicht allzu weit von der Stadt weg wäre, denn ich bewirtschafte an der Könizstrasse drei Gartenbeete im interkulturellen Gemeinschaftsgarten vom Heks. Dorthin gehe ich immer sehr gern. Die Gartenarbeit tut mir gut, und ich freue mich jedes Mal, wenn ich sehe, wie die Zucchetti, Kürbisse, Tomaten und so weiter wachsen. Ausserdem schätze ich den Kontakt mit den andern Leute im Gemeinschaftsgarten, die aus Serbien, der Türkei oder wie ich aus Eritrea stammen.» ■ Nachtrag: Ramadan Mohamed hat uns kurz vor Redaktionsschluss mitgeteilt, dass er mit grosser Wahrscheinlichkeit die Zusage für eine Wohnung in der Agglomeration Bern erhält. SURPRISE 337/14
SurPlus – eine Chance für alle! Werden Sie Gotte oder Götti bei SurPlus Surprise kümmert sich um Menschen, die weniger Glück im Leben hatten. Menschen, die kaum Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt haben und ihr Leben in die eigenen Hände nehmen wollen. Mit dem Verkauf des Strassenmagazins Surprise überwinden sie ihre soziale Isolation. Ihr Alltag bekommt wieder Struktur und mehr Sinn. Sie gewinnen neue Selbstachtung und erarbeiten sich aus eigener Kraft einen kleinen Verdienst. Das verdient Respekt und Unterstützung. Das Spezialprogramm SurPlus ist ein niederschwelliges Begleitprogramm für ausgewählte Surprise-Verkaufende, die regelmässig das Strassenmagazin
verkaufen und hauptsächlich vom Heftverkauf leben. Diese Verkaufenden erhalten nur geringe soziale Ergänzungsleistungen und werden im Programm SurPlus gezielt vom Verein Surprise unterstützt: Sie sind sozial abgesichert (Ferien, Krankheit, Nahverkehrsabonnement) und werden bei Problemen im oft schwierigen Alltag begleitet. Mit einer Patenschaft leisten Sie einen wesentlichen Beitrag für die soziale Absicherung der Verkaufenden und ermöglichen ihnen, sich aus eigener Kraft einen Verdienst zu erarbeiten. Vielen Dank für Ihr Engagement!
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Ralf Rohr Zürich
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1 Monat: 500 Franken
337/14 Talon bitte senden oder faxen an: Verein Surprise, Administration, Spalentorweg 20, 4051 Basel, F +41 61 564 90 99, info@vereinsurprise.ch, PC-Konto 12-551455-3 SURPRISE 337/14
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Surprise ist: Hilfe zur Selbsthilfe Surprise hilft seit 1997 Menschen in sozialen Schwierigkeiten. Mit Programmen in den Bereichen Beschäftigung, Sport und Kultur fördert Surprise die soziale Selbständigkeit. Surprise hilft bei der Integration in den Arbeitsmarkt, bei der Klärung der Wohnsituation, bei den ersten Schritten raus aus der Schuldenfalle und entlastet so die Schweizer Sozialwerke.
Ich möchte Surprise abonnieren! 24 Ausgaben zum Preis von CHF 189.– (Europa: CHF 229.– ) (Verpackung und Versand bieten StrassenverkäuferInnen ein zusätzliches Einkommen.) Gönner-Abo für CHF 260.–
Eine Stimme für Benachteiligte Surprise verleiht von Armut und sozialer Benachteiligung betroffenen Menschen eine Stimme und sensibilisiert die Öffentlichkeit für ihre Anliegen. Surprise beteiligt sich am Wandel der Gesellschaft und bezieht Stellung für soziale Gerechtigkeit. Strassenmagazin und Strassenverkauf Surprise gibt das vierzehntäglich erscheinende Strassenmagazin Surprise heraus. Dieses wird von einer professionellen Redaktion produziert, die auf ein Netz von qualifizierten Berufsjournalistinnen, Fotografen und Illustratorinnen zählen kann. Das Magazin wird fast ausschliesslich auf der Strasse verkauft. Rund dreihundert Menschen in der deutschen Schweiz, denen der Arbeitsmarkt verschlossen bleibt, erhalten damit eine Tagesstruktur, verdienen eigenes Geld und gewinnen neues Selbstvertrauen.
Sport und Kultur Surprise fördert die Integration auch mit Sport. In der Surprise Strassenfussball-Liga trainieren und spielen Teams aus der ganzen deutschen Schweiz regelmässig Fussball und kämpfen um den Schweizermeister-Titel sowie um die Teilnahme an den Weltmeisterschaften für sozial benachteiligte Menschen. Seit 2009 hat Surprise einen eigenen Chor. Gemeinsames Singen und öffentliche Auftritte ermöglichen Kontakte, Glücksmomente und Erfolgserlebnisse für Menschen, denen der gesellschaftliche Anschluss sonst erschwert ist. Finanzierung, Organisation und internationale Vernetzung Surprise ist unabhängig und erhält keine staatlichen Gelder. Das Strassenmagazin wird mit dem Erlös aus dem Heftverkauf und mit Inseraten finanziert. Für alle anderen Angebote wie die Betreuung der Verkaufenden, die Sportund Kulturprogramme ist Surprise auf Spenden, auf Sponsoren und Zuwendungen von Stiftungen angewiesen. Surprise ist eine nicht gewinnorientierte soziale Institution. Die Geschäfte werden vom Verein Surprise geführt. Surprise ist führendes Mitglied des Internationalen Netzwerkes der Strassenzeitungen (INSP) mit Sitz in Glasgow, Schottland. Derzeit gehören dem Verband über 100 Strassenzeitungen in 40 Ländern an.
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Herausgeber Verein Surprise, Spalentorweg 20, 4051 Basel www.vereinsurprise.ch Öffnungszeiten Sekretariat 9 – 12 Uhr, Mo – Do T +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99 info@vereinsurprise.ch Geschäftsführung Paola Gallo (Geschäftsleiterin), Sybille Roter (stv. GL) Anzeigenverkauf T +41 61 564 90 90, M +41 76 325 10 60 anzeigen@vereinsurprise.ch Redaktion T +41 61 564 90 70, F +41 61 564 90 99 Amir Ali (ami), Florian Blumer (fer, Heftverantwortlicher), Diana Frei (dif), Mena Kost (mek) redaktion@vereinsurprise.ch leserbriefe@vereinsurprise.ch Ständige Mitarbeit Rosmarie Anzenberger (Korrektorat), Rahel Nicole Eisenring, Shpresa Jashari, Carlo Knöpfel, Melanie Kobler (Grafik), Yvonne Kunz, Stephan Pörtner, Isabella Seemann, Sarah Weishaupt, Priska Wenger, Tom Wiederkehr, Christopher Zimmer Mitarbeitende dieser Ausgabe Monika Bettschen, Fred Lauener, Isabel Mosimann, Nandor Nagy, Thomas Oehler Gestaltung WOMM Werbeagentur AG, Basel Druck AVD Goldach Auflage 18 900, Abonnemente CHF 189, 24 Ex./Jahr Marketing, Fundraising T +41 61 564 90 50 Svenja von Gierke
Vertriebsbüro Basel T +41 61 564 90 83 Thomas Ebinger, Anette Metzner, Spalentorweg 20, 4051 Basel, basel@vereinsurprise.ch Vertriebsbüro Zürich T +41 44 242 72 11, M +41 79 636 46 12 Reto Bommer, Engelstrasse 64, 8004 Zürich, zuerich@vereinsurprise.ch Vertriebsbüro Bern T +41 31 332 53 93, M +41 79 389 78 02 Andrea Blaser, Alfred Maurer, Bruno Schäfer, Pappelweg 21, 3013 Bern, bern@vereinsurprise.ch Strassenchor T +41 61 564 90 40, F +41 61 564 90 99 Paloma Selma, p.selma@vereinsurprise.ch Strassensport T +41 61 564 90 10 Lavinia Biert (Leitung), l.biert@vereinsurprise.ch, Olivier Joliat (Medien), David Möller (Sportcoach) www.strassensport.ch Vereinspräsident Peter Aebersold
Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auch auszugsweise oder in Ausschnitten, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird von der Redaktion und dem Verlag jede Haftung abgelehnt. Surprise behält sich vor, an Verkaufende gerichtete Postsendungen zu öffnen. Barspenden an namentlich bezeichnete Verkaufende können nur bis zu einem Betrag von CHF 100.– weitergeleitet werden. Darüber hinausgehende Beträge sollen – im Einverständnis mit der Spenderin oder dem Spender – allen Verkaufenden zugute kommen. SURPRISE 337/14
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Schön und gut. Ab sofort sind die trendigen Surprise-Caps und Surprise-Mützen mit eleganter Kopfwerbung wieder erhältlich. Beide Produkte in Einheitsgrösse. Jetzt Zugreifen!
Surprise-Cap CHF 16.– beige
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Surprise-Mütze CHF 30.– rot
schwarz
50 Prozent des Verkaufspreises kommt Surprise zugute.
Alle Preise exkl. Versandkosten.
Vorname, Name
Telefon
Strasse
PLZ, Ort
Datum, Unterschrift
*gemäss Basic 2008-2. Seite bitteMACH heraustrennen und schicken oder faxen an: Verein Surprise, Administration, Spalentorweg 20, 4051 Basel, F +41 61 564 90 99, info@vereinsurprise.ch
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Ist gut. Kaufen! Die neuen Surprise-Taschen sind da! Gemeinsam mit dem Secondhand-Shop «Zweifach» aus Basel haben wir neue und schicke Surprise-Taschen entworfen! Die Taschen werden umweltfreundlich aus nicht mehr gebrauchten Lastwagenplachen genäht und mit Autogurten versehen. Sie sind geräumig und verfügen innen über ein grosses Zwischenfach. Erhältlich sind sie in den Farben Rot, Blau, Grün, Orange und Schwarz. Je nach Vorrat kann die Lieferung bis zu drei Wochen in Anspruch nehmen. Zweifach ist ein Betrieb der Eingliederungsstätte Baselland und bietet jungen und erwachsenen Menschen mit einer Behinderung die Möglichkeit, im beruflichen Alltag Fuss zu fassen. Tun Sie sich, Zweifach und auch Surprise etwas Gutes und bestellen Sie noch heute ihre Tasche in ihrer Lieblingsfarbe! Surprise City-Taschen (24,5 x 35,5 cm); CHF 45 (exkl. Versandkosten) schwarz orange grün blau rot
Der Surprise-Schriftzug soll folgende Farbe haben schwarz weiss silber
Vorname, Name
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Strasse
PLZ, Ort
Datum, Unterschrift
Anzahl Taschen
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*gemäss Basic 2008-2. Seite bitteMACH heraustrennen und schicken oder faxen an: Verein Surprise, Administration, Spalentorweg 20, 4051 Basel, F +41 61 564 90 99, info@vereinsurprise.ch SURPRISE 337/14
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Gutes tun Sinnvoll schenken Surprise bietet armutsbetroffenen Menschen Hilfe zur Selbsthilfe. Mit Geschenken von Surprise unterstützen Sie die Arbeit des Vereins.
Gibt andere Perspektiven: ein sozialer Stadtrundgang Die Surprise-Stadtführer erzählen persönliche Geschichten aus ihrem Alltag als Obdachlose und Armutsbetroffene in ihrer Stadt. Verschenken Sie einen anderen Blick auf Basel oder Zürich. Gibt warm: eine Surprise-Tasche oder eine Surprise-Mütze Eine Mütze für gute Köpfe und eine Tasche voller Sinn – schenken Sie Mehrwert von Surprise. Unsere Mützen und Taschen gibt es in diversen Farben. Gibt Einblicke: ein Surprise-Jahresabo Das Surprise Strassenmagazin liefern wir gerne alle zwei Wochen in den Briefkasten. Auch im Abo unterstützen Sie unsere Arbeit. JA, ich möchte sinnvoll schenken und bestelle ☐ Gruppe bis 20 Personen CHF 250 ☐ Gruppe bis 20 Personen CHF 300
Sozialer Stadtrundgang
Basel: ☐ pro Person CHF 15, Anzahl Zürich: ☐ pro Person CHF 30, Anzahl
Surprise-Tasche CHF 45
Taschenfarbe: ☐ schwarz ☐ orange ☐ grün ☐ blau ☐ rot Farbe Surprise-Schriftzug: ☐ schwarz ☐ weiss ☐ silber
Surprise-Mütze CHF 30
☐ rot
Surprise-Jahresabo
☐ 24 Ausgaben zum Preis von CHF 189 (Inland)/CHF 229 (Europa) ☐ Gönner-Abo CHF 260
Rechnungsadresse Name, Vorname
☐ schwarz
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Adresse
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PLZ/Ort
Datum, Unterschrift Talon einsenden an: Verein Surprise, Spalentorweg 20, 4051 Basel oder per Mail an info@vereinsurprise.ch Weitere Informationen zu allen Angeboten unter www.vereinsurprise.ch. Hier können Sie auch online bestellen.