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Draussen zu Hause Outdoor-Equipment für die Strasse Gefällt mir? Unsere Autorin im Dating-App-Selbstversuch

Ruferin in der Wüste – FDP-Kantonsrätin Gabriela Winkler verteidigt die Sozialhilfe

Nr. 341 | 9. bis 22. Januar 2015 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass.


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Titelbild: Elmar Hahn

Wenn eine Unternehmerin und FDP-Politikerin weniger Wettbewerb fordert, dann ist das bemerkenswert. So geschehen im Gespräch meines Kollegen Amir Ali mit Gabriela Winkler, der Zürcher Kantonsrätin und Präsidentin der kantonalen Sozialkonferenz Zürich. Gemeint hat sie damit den Bereich der Sozialhilfe. Was steckt dahinter? Diejenigen, die in Markt und Wettbewerb eine Art Allheilmittel sehen, haben die Sozialhilfe als Patienten entdeckt. Der Zürcher Kantonsrat droht offen mit einem Ausstieg aus dem Rahmen der SKOS-Richtlinien, den bislang nur ein paar kleine Gemeinden verlassen haben. Es ist zu befürchten, dass Zürich damit einen Standortwettbewerb lostritt, wie wir ihn bereits von den Steuern her kennen. Einfach umgekehrt, nach dem Motto: Welche Gemeinde zahlt die schlechteren Sozialleistungen? Verlierer werden Menschen FLORIAN BLUMER in Not sein – über 50-Jährige zum Beispiel, denen der Arbeitsmarkt keine JobmögREDAKTOR lichkeiten mehr bietet. Sie werden durch höheren finanziellen Druck nicht eher eine Stelle finden. Es wird sie nur weiter aus der Gesellschaft hinausdrängen. Und damit ihre Jobchancen weiter verringern. Interessant ist dabei, dass die Forderung nach Wettbewerbsdenken offenbar nur für die Anbieterseite gilt. Sozialhilfebezüger, die ganz in diesem Sinn und Geist nach der Gemeinde mit den besten Sozialleistungen suchen – wie im Limmattal geschehen –, werden von der gleichen Seite als «Sozialtouristen» beschimpft. Ebenso irritierend: Gabriela Winkler war die einzige Vertreterin ihrer Partei, die im November letzten Jahres im Zürcher Kantonsrat gegen das Autoverbot für Sozialhilfebezüger gestimmt hat. Weil dies ihrer liberalen Überzeugung widerspreche, wie sie sagt. Für ihre Fraktionskollegen gilt offensichtlich: Nur wer seinen Lebensunterhalt selber bestreiten kann, darf auch selber bestimmen, wofür er sein Geld ausgibt – Freiheit ja, aber nur für Gutbetuchte. Es gibt aber noch Hoffnung: So sagt die Sozialkonferenz-Präsidentin im Interview ab S. 16, sie sei an der Premiere der Zauberflöte im Zürcher Opernhaus vielfach für ihre Haltung beglückwünscht worden. Ein Premierenbesucher habe sie dafür gar zu einem Cüpli eingeladen. In diesem Sinne: Prosit auf ein – hoffentlich auch sozialpolitisch – glückliches 2015! Florian Blumer

Surprise ist auf Spenden angewiesen. Auch auf Ihre! Herzlichen Dank. PC-Konto 12-551455-3 Ihre Meinung! Wir sind gespannt auf Ihre Kritik, Ihr Lob oder Ihre Anmerkungen. Schreiben Sie uns! Auf leserbriefe@strassenmagazin.ch oder an Verein Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, 4051 Basel. Es werden nur Leserbriefe abgedruckt, die mit vollem Namen unterzeichnet sind. Die Redaktion trifft eine Auswahl und behält sich vor, Briefe zu kürzen. Oder diskutieren Sie mit uns auf www.facebook.com/vereinsurprise Neu jetzt auch ganz einfach online spenden! http://www.vereinsurprise.ch/spenden-surprise/ SURPRISE 341/15

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BILD: ZVG

Editorial Ein Cüpli auf mehr soziale Gerechtigkeit


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10 Urbane Nomaden Unterwegs zuhause BILD: ELMAR HAHN

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Inhalt Editorial Freiheit nur für Gutbetuchte Basteln für eine bessere Welt Kampf der Finsternis Aufgelesen Arme Weihnachten Zugerichtet Neben der Spur Leserbriefe «Das ist Pornografie» Nachruf Otti Janz Porträt Yoga mit Humor Wörter von Pörtner «Wir bitten Sie um etwas Geduld» Filmtage Solothurn Wenig Glamour, viel Substanz Kultur Viet Cong rockt Ausgehtipps Neues Geld für Bern Verkäuferporträt Peter Agulobi Projekt SurPlus Eine Chance für alle! In eigener Sache Impressum INSP

Mobile Wohneinheiten für Obdachlose, auf Wunsch auch als Sondermodell für muslimische Pilger oder die High Society, ein mobiles Büro mit Laptop und Satellitenschüssel oder ein Spezialanzug für Mülltaucher – der deutsche Bildhauer und Künstler Winfried Baumann kreiert «Wohnsysteme für Obdachlose und andere Nomaden». Das Resultat seiner zwölfjährigen Arbeit hat er im Stil eines Versandkatalogs publiziert – wir präsentieren einen Ausschnitt und haben beim Künstler nachgefragt, wie ernst es ihm damit ist.

16 Sozialpolitik «Wir brauchen einen Sündenbock» BILD: DAVIDE CAENARO

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Die Zürcher Unternehmerin und FDP-Kantonsrätin Gabriela Winkler war einst Kaderfrau bei der ABB. Heute setzt sie sich, unter anderem als Co-Präsidentin der kantonalen Sozialkonferenz, für eine würdige Existenzsicherung ein – keine einfache Position in Zeiten, in denen die Sozialhilfe auch vonseiten des Freisinns unter Beschuss geraten ist. Im Gespräch erklärt Winkler, warum der Austritt Zürichs aus der SKOS «ein Witz» wäre und warum es in der Sozialhilfe weniger und nicht mehr Wettbewerb braucht.

ILLUSTRATION: SARAH WEISHAUPT

19 Dating «Hoi, wie gaht’s?» Die beliebteste Dating-App der USA findet auch in der Schweiz immer mehr Anhänger. Rund 200 000 Schweizer, die meisten zwischen 18 und 24 Jahren, versuchen ihr Glück über Tinder, das Datingpartner aufs Smartphone liefert. Unsere Autorin wollte wissen, ob die Smartphone-Applikation hält, was sie verspricht – und hat als Erstes über die bekannten Gesichter gestaunt, die auf ihrem Handy erschienen.

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Die Materialschlacht zu Ehren des Retters der Erde ist einmal mehr geschlagen und der Verdacht bleibt hängen: So ist die Welt nicht zu retten. Schon eher damit, Abfall gewordene Rohstoffe mit ein paar Handgriffen zu neuem Leben zu erwecken. Erst recht, wenn daraus glänzende Sterne entstehen, die ganz ohne Atomstrom Licht in den finsteren Januar bringen. 1. Säubern Sie sechs leere Teelichthülsen von Wachs- und Dochtresten.

2. Falten Sie sie in der Mitte zusammen und kleben Sie sie mit Heissleim oder Sekundenkleber zusammen, sodass sie einen Stern bilden.

3. Kleben Sie ein neues Teelicht drauf.

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ILLUSTRATION: RAHEL KOHLER | WOMM

Basteln für eine bessere Welt Licht ins Dunkel


Aufgelesen News aus den 90 Strassenmagazinen, die zum internationalen Netzwerk der Strassenzeitungen INSP gehören.

Deutsch und deutlich Kiel. Immer mehr Leiharbeiter, also Angestellte, die von ihren Arbeitgebern an Dritte verliehen werden, bekommen nur noch sogenannte 400-Euro-Jobs – zum Beispiel an der Supermarktkasse. Rund 82 000 Personen waren Ende 2010 davon betroffen. 12,6 Millionen – 15,6 Prozent der Deutschen – sind von Armut bedroht, das heisst sie haben monatlich weniger als 940 Euro zur Verfügung. Am Rande bemerkt: Die durchschnittliche deutsche Familie hat sich das Weihnachtsfest 2014 geschätzte 630 Euro kosten lassen – 2,7 Prozent mehr als 2013.

122 Millionen Freiburg. Es ist nicht von der Hand zu weisen: In der Schweiz fragen sich viele, was denn all diese Ausländer hier wollen. Folgende Zahl könnte Aufschluss geben: Laut der EU-Statistikbehörde Eurostat sind – Stand 2013 – etwa 24,5 Prozent der EU-Bevölkerung armutsgefährdet. Das bedeutet, dass über 122 Millionen Menschen dem «Armutsrisiko und dem Risiko des sozialen Ausschlusses» ausgesetzt sind.

Die Anwälte übernehmen München. Das Transatlantische Handelsund Investitionsabkommen zwischen den USA und der EU – kurz TTIP – ist ein kompliziertes bürokratisches Monster. Und es hilft genau jenen, die sich sonst gerne über zu viel Bürokratie beklagen: den multinationalen Unternehmen nämlich. Eines der Kernstücke: Konzerne sollen Regierungen verklagen können, wenn diese Gesetzesänderungen beschliessen, die den Unternehmen das Geschäft vermiesen. Geregelt werden solche Fälle dann von den Anwälten. «Die US-Konzerne haben noch nie eine Klage verloren», sagt Fritz Glunk von Attac.

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Zugerichtet Macho vs. Rechtsstaat Wer erst vom eigenen Vater und dann von der Schwester bei der Polizei angezeigt wird, dem sollten ja eigentlich schon gewisse Zweifel am eigenen Verhalten kommen. Wenn die Mutter eine Verurteilung erwirkt und dann die Verlobte nach gerade mal zwei Wochen des Zusammenlebens ebenfalls auf dem Polizeiposten vorstellig wird, spätestens dann würde ein Mensch mit minimaler Reflexionsfähigkeit ins Grübeln geraten. Nicht so der Angeklagte. Es treibt ihm nicht einmal die Schamesröte ins Gesicht, als der Staatsanwalt berichtet, die ehemalige Zukünftige habe ausgeführt, der Beschuldigte habe während ihrer gemeinsamen zwei Wochen weder geduscht noch die Zähne geputzt. Das ist nicht im engeren Sinn kriminell, aber sicher ein Hinweis darauf, welche Bürde der 28Jährige für sein Umfeld sein muss. Die Braut hatte ihm der Vater in seiner alten Heimat Mazedonien organisiert – in der verzweifelten Hoffnung, sein mehrfach vorbestrafter Sohn würde sich endlich beruhigen. Aus dessen Sicht ist alles in Ordnung. «Nur wenn ich kiffe oder trinke, Herr Richter, dann bin ich halt anders.» «Anders» heisst: Er stösst seine Mutter zu Boden, wenn sich diese über seinen Dreck und seine Unordnung ärgert. Geht auf den Vater los, wenn ihn dieser wegen seines Drogenkonsums ermahnt. Oder bedroht die Schwester mit einem Messer, wenn sie ihm die Telefonnummer ihres neuen Freundes nicht nennen will. Aber das Glas Saft, das er seiner Ex über den Kopf gekippt haben soll, das sei nur Wasser gewesen. «Wir hatten auch keinen Streit, nur eine Meinungsverschiedenheit.» Besonders

empört den Angeklagten der Vorwurf der Freiheitsberaubung. «Ich habe der Frau den Pass und das Mobiltelefon nur abgenommen, weil ich sie nicht verlieren wollte!» Es mache ihn traurig, wenn die Frau jetzt sage, er habe sie genötigt, bedroht und vergewaltigt. «Ich war so gut zu ihr», schluchzt er, «ich habe sie geliebt!» Die Frau lebt heute wieder in Skopje. Ihren früheren Job hat sie nicht wieder bekommen, derzeit wird sie wegen Angstzuständen stationär behandelt. Bei der Polizei sagte sie aus, die ganze Familie lebe in ständiger Angst vor dem Angeklagten. Dennoch steht diese wieder geeint hinter ihm. Ausser der Mutter sitzt die Familie vollzählig auf den Zuschauerbänken. Die Schwester lässt sich als Zeugin der Verteidigung vom Gericht befragen. «Mein Bruder ist ein sehr, sehr lieber Mensch», sagt sie feierlich, «aber er trägt eine schwere Trauer aus der Kindheit mit sich.» Über die eigene Anzeige gegen ihren Bruder sagt sie: «Ich habe überreagiert. Jeder Mensch kann mal ausflippen. Jedem kann mal die Hand ausrutschen.» Die Verantwortung für das Beziehungsdrama sieht sie ganz bei der Geschädigten, einer «sehr geschwätzigen Frau». Es spreche ja für sich, dass sie nur zwei Tage nach dem Kennenlernen mit ihm in die Schweiz gekommen sei: «Für Geld machen sie in Mazedonien alles!» Als der Gerichtsvorsitzende das Verdikt verliest: vier Jahre Gefängnis, kommt es zum Tumult. Wütend schimpft die Familie wild durcheinander, am lautesten der Bruder: «Herr Richter, das isch im Fall en Rechtsstaat!» Ja, genau.

YVONNE KUNZ (YVONNE.KUNZ@GMAIL.COM) ILLUSTRATION: PRISKA WENGER (PRISKAWENGER@GMX.CH) SURPRISE 341/15


Leserbriefe «Es handelt sich um Pornografie und um Sexismus» Nr. 337: «Kein Fussball, keine Musik», Reportage über Kinder in Flüchtlingslagern im Nordirak Man sieht nur Knaben und Sie schreiben «Kinder». Die Informationen von Fred Lauener rütteln und klären auf. Allerdings stelle ich fest, dass die Bildunterschriften wie in zu vielen Presseberichten für uns Frauen euphemistisch formuliert sind. Man sieht nur Knaben und Sie schreiben «Kinder». Damit wird stillschweigend gebilligt, dass Mädchen weder auf dem Spielplatz oder in dem Aufenthaltsoder Spielzelt etwas verloren haben. Dabei wird meines Wissens die Geschlechtertrennung erst bei Geschlechtsreife akut. Isabelle Wanner, Baden

Nr. 338: «Des Paschas unislamische Kunst», Artikel über den ersten Sammler westlicher Kunst in der islamischen Welt und dessen Bild «Der Ursprung der Welt» von Gustave Courbet, das damals einen Skandal auslöste und aktuell in der Fondation Beyeler gezeigt wird. «Das Bild von Gustave Courbet ist schockierend» Das Bild «Der Ursprung der Welt» von Gustave Courbet, das sie im Surprise abgedruckt haben, ist schockierend. Pornografie besteht darin, einen Menschen (Mann oder Frau) so darzustellen, dass der Blick des Betrachters sich automatisch auf die Genitalien richtet. Ganz gleich welcher Maler, ganz gleich welcher Kunstsammler, es handelt sich um Pornografie. Und um Sexismus, denn meistens sind es Frauen, die so dargestellt werden im Versuch, sie zu erniedrigen oder Kunden anzulocken. Ich gehe nicht in Ausstellungen, die mit diesem Mittel werben. Helen Ambord, Zürich

BILD: ZVG

Stellungnahme der Redaktion: Gustave Courbets Gemälde «Ursprung der Welt» hat bei einigen Leserinnen empörte Reaktionen ausgelöst. Das Bild von 1866 zeigt einen Ausschnitt, der auf die weiblichen Geschlechtsteile fokussiert, und wir verstehen, dass der Anblick irritieren kann. Wir sind aber aus folgenden Gründen der Meinung, dass man den «Ursprung der Welt» einem heuti-

gen Publikum zumuten darf: Ein Bild kann nur in seinem Kontext beurteilt werden, und der ist in diesem Fall klar kunsthistorischer Natur. Publizistisch gesehen wird der Betrachter nicht mit dem Bild alleingelassen, sondern klar geführt und angeleitet, unter welchem Aspekt es zu verstehen ist: Die Spitzmarke «Gustave Courbet» verweist auf die Ausstellung, und Titel und Lead führen unmissverständlich ins Thema ein: eine Hintergrundgeschichte zum gezeigten Gemälde. Auch ist die Absicht zu berücksichtigen, mit der das Bild gezeigt wird: Beabsichtigtes Ziel und erwünschte Wirkung sind eindeutig nicht pornografischer Natur – weder von unserer Seite her noch von der Fondation Beyeler aus. Es kommt hinzu, dass im Text genau die Thematik behandelt wird, wofür das Bild steht: dass es in der islamischen Welt vor 150 Jahren als erotische Kunst galt, nicht öffentlich gezeigt werden konnte und was das gesellschaftlich bedeutete. Es kann kein Tabu sein, solche Fragen in einem Magazin zu thematisieren. Wir sind der Meinung, es handelt sich bei diesem Text um eine kunsthistorisch spannende und auch gesamtgesellschaftlich relevante Hintergrundgeschichte, die wir niemandem vorenthalten möchten. Diana Frei

Nr. 339: «Das Containermenü», Comicreportage über einen Mann, der aus Protest gegen die Verschwendung Container der Supermärkte nach essbaren Lebensmitteln durchsucht. «Meine Enkel, mein Sohn und ich containern schon seit Jahren» Grad habe ich das neueste Surprise gelesen. Der Artikel übers Container-Menü ist Spitze! Meine Enkel, mein Sohn und ich containern schon seit Jahren. Nicht aus finanziellen, sondern aus ethischen Gründen. Was wir alle Tage in Containern sehen, verschlägt uns die Sprache! Nun zur Bemerkung auf Seite 18, dass man sich aus Containern nicht bedienen dürfe. Dies ist nur in Deutschland verboten, in der Schweiz nicht. Containerinhalt gilt als herrenloses Gut und darf mitgenommen werden, sofern der Container nicht verschlossen oder eingezäunt ist. Wir jedenfalls hatten in unserer langen Container-Karriere nie nennenswerte Anstände. Max Flick, Affoltern am Albis

Nachruf Otti Janz (29.5.1951 – 24.11.2014) Wir nehmen Abschied von Otto Janz. Am vergangenen 24. November waren seine körperlichen Beschwerden endgültig stärker als sein Lebenswille. Zu Surprise ist Otti – wie er sich vorstellte und wie wir ihn alle nannten – vor gut sieben Jahren über den Strassenfussball gekommen. Als Höhepunkt konnte der ehemalige Handball-Goalie 2007 sogar an der Strassenfussball-Weltmeisterschaft in Dänemark teilnehmen. Auch sonst war Otti sportbegeistert: Solange es seine Gesundheit zuliess, besuchte er die Heimspiele der Berner Young Boys und, noch wichtiger für ihn, Schwingfeste. Jahrelang ging er zum einen als ehrenamtlicher Berichterstatter für die Berner Zeitung

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an Schwinganlässe, zum andern als stolzer Vater eines Kranzschwingers. Stolz war er auch auf seine berufliche Karriere als Möbeleinkäufer bei Migros und später Jelmoli, die ihn, den gelernten Möbelschreiner, an Messen in ganz Europa führte. Nach mehr als zehn Jahren im Aussendienst verlor Otti Ende der Neunzigerjahre seine Stelle und später vorübergehend auch den Halt im Leben. Trotz seiner Lebenssituation und seinen verschiedenen gesundheitlichen Beschwerden blieb Otti (fast) immer optimistisch und antwortete auf die Frage, wie es ihm gehe, mit einem Lächeln, manchmal auch mit einem Strahlen, und mit «Mir gaht’s guet, danke!» Wir werden Otti mit seiner freundlichen und zufriedenen Art vermissen. Das Team des Vertriebsbüros Bern

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Porträt Zöpfe in die Beine flechten Poonam Stecher Sharma stammt aus einer angesehenen indischen Yoga-Familie, die Liebe führte sie in die Schweiz. Auch Julia Roberts hat sie am Filmset schon beigebracht, wie man Zöpfe in seine Beine macht – die Leute hinter der Kamera fand sie allerdings spannender als die Stars. VON MANUELA DONATI (TEXT) UND ROLAND SOLDI (BILD)

Hilfe nötig war.» Ganz selbstverständlich hätten ihre Eltern einem Nachbarsjungen eine Ausbildung ermöglicht. Poonam Stecher Sharma führt das auf ihre Art weiter: In ihrem Studio gibt es pro Woche zwei sogenannte «Community Classes», für die man so viel bezahlen kann, wie man vermag. Yoga brachte sie auch in die Schweiz: 2004 zog sie zu ihrem Bruder, der in Genf eine Yoga-Praxis eröffnet hatte. Sie half seiner Frau mit den zwei kleinen Kindern und unterrichtete mit ihrem Bruder die Expats der vielen in Genf angesiedelten internationalen Organisationen in Stressmanagement. Und Yoga brachte ihr auch ihre eigene Familie: Mehr per Zufall nahm sie während der Zeit in Genf Kontakt auf mit Thomas Stecher, den Zürcher Exil-Bündner hatte sie während der gemeinsamen

Poonam bedeutet auf Punjabi «Vollmondnacht», in einer solchen wurde Poonam Sharma im indischen Rajasthan geboren. Und wie der Vollmond in einer dunklen Nacht leuchtet, so will sie in ihren Lektionen den gestressten Alltag ihrer Yoga-Schüler aufhellen. Natürlich gehören dazu auch Klassiker wie Sonnengruss und Meditation, aber was dazwischen passiert, ist eher ungewöhnlich. In einem wilden Gemisch aus Englisch und Schweizerdeutsch erzählt sie von ihren ersten Jahren in der Schweiz, die Übungen, Krieger eins, Krieger zwei, der Hund, passieren dabei wie nebensächlich. «Do a Zopf with your legs» sagt sie einer ihrer Schülerinnen, um zu erklären, wie sie die Beine legen soll, um sie zu dehnen. Gleich darauf heisst es «and now a delicious Poonam Stecher Sharma hat gemerkt, dass ihre extrovertierte Art die forward bend – das tönt luschtig, gell». Hat sie Schweizer nicht nur aufweckt, sondern auch aufschreckt. Landsleute in der Klasse, tauscht sie sich mit ihnen auch mal kurz in ihrer Muttersprache Punjabi aus. Manchmal wird zu den Yogastellungen gesungen, manchAusbildung an der Yoga-Universität im nordindischen Bihar kennengemal stellt oder legt sich Poonam Stecher Sharma, eine kleine und zierlilernt. Es folgten viele und lange Telefongespräche, die Verbindung, die che Frau, auf die Praktizierenden, um sie tiefer in die Übungen zu brinin Indien eher flüchtig war, wurde so fest, dass sich die beiden nach eigen. Alles stets begleitet von ihrem gurrenden, warmen Lachen. nem Jahr fragten: «Warum sind wir eigentlich nicht zusammen? Wir Poonam Stecher Sharma weiss, dass ihre Stunden anders sind als in verstehen uns ja so gut.» So pragmatisch und unromantisch die Frage, anderen Schweizer Yoga-Studios. «Ich mag keine strukturierten Klassen. so klar war die Antwort für beide. Dennoch kehrte Poonam Stecher Für mich kann zwei und zwei auch mal fünf geben.» Dass ihre extroSharma nach zwei Jahren in Genf in ihre Heimat zurück. Ein ganzes vertierte Art die zurückhaltenden Schweizer nicht nur aufweckt, sonJahr musste sie warten, bis ihre Familie der Ehe zustimmte. Im August dern auch aufschreckt, hat sie in den zehn Jahren, in denen sie nun im 2007 wurde in Indien ein traditionelles Hochzeitsfest gefeiert, Anfang Land ist, gemerkt. «Für mich ist die Interaktion mit meinen Schülern Dezember 2007 kam Poonam Stecher Sharma in Zürich an. Auch wenn sehr wichtig. Ich will nicht eine Wand unterrichten», sagt sie dazu. Und die Widerstände der Familie nun beseitigt waren und das Paar nicht genauso gut wie in ihrem Studio mitten im Zürcher Kreis 4 kann man mehr Tausende von Kilometern getrennt war, wurde es kein einfacher sie sich in Bali am Set des Hollywood-Films «Eat Pray Love» vorstellen, Start im neuen Zuhause. Poonam und Thomas Stecher Sharma teilten wie sie Schauspielerin Julia Roberts freundlich, aber bestimmt die richsich eine enge Wohnung, sie war schwanger, er steckte noch in den letztigen Posen beibringt. Und es kann davon ausgegangen werden, dass ten Zügen seiner Therapie-Ausbildung. Der Alltag und seine Probleme auch Julia Roberts ohne nachzudenken einen Zopf mit ihren Beinen geholte die Frischvermählten schnell ein, kulturelle Unterschiede und Einmacht hat. samkeit inklusive. «Es war schwierig, neue Kontakte zu knüpfen. Die Yoga ist der rote Faden in Poonam Stecher Sharmas Leben: Sie Schweizer sind höflich, aber Freundschaften zu schliessen, ist nicht einkommt aus einer Familie angesehener Yoga-Lehrer, Yoga war selbstverfach», sagt sie rückblickend. ständliche Konstante im Alltag ihrer Eltern und ihrer vier Geschwister. Trotz all der Schwierigkeiten hatte das Paar von Anfang an eine Vision: Von klein auf nahm sie an Yoga-Präsentationen im indischen Fernsehen Sie wollten einen Ort kreieren, der Yoga und Komplementär-Medizin verteil, ihre Familie unterrichtete prominente Persönlichkeiten aus dem Inbindet und «eine Oase für Körper, Geist und Seele ist», wie sie sagen. Es und Ausland, ohne gross Aufhebens darum zu machen. Mit einer Oscarmussten fast sieben Jahre vergehen und viele Hindernisse überwunden Gewinnerin Yoga zu praktizieren, bedeutet Poonam Stecher Sharma werden, doch im Februar 2014 war es dann so weit. Die Unterstützung deshalb genauso viel, wie mit einer anderen Schülerin zu üben, betont von Freunden und Gönnern und eine Prise Glück machten das möglich, sie. «Ich fand das ganze Drumherum eines Filmdrehs am spannendsten, woran Poonam und Thomas Stecher Sharma schon fast nicht mehr zu all die Leute hinter der Kamera.» Ebenfalls ohne Aufhebens zu machen, glauben wagten: Sie eröffneten ihr Yogastudio im Zürcher Kreis 4, das, kümmert sich ihre Familie, selbst nicht zur Oberschicht, sondern zum ganz wie sie es sich gewünscht haben, Menschen mit den unterschied«normalen indischen Mittelstand» gehörend, um Minderbemittelte. lichsten Anliegen eine Anlaufstelle ist. Und dank Yoga ist Poonam Ste«Meine Grossmutter war immer zur Stelle, wenn in der Nachbarschaft cher Sharma nun auch definitiv in der Schweiz angekommen. ■ SURPRISE 341/15

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Urbane Nomaden Designobjekte für Manager und andere Obdachlose Kunst? Design? Praktische Lebenshilfe? Winfried Baumanns Versandkatalog für «Urbane Nomaden» lässt sich schwer einordnen. Erst nur für Obdachlose gedacht, hat der Künstler seine Produktelinie «Instant Housing» stetig erweitert – um Outdoor-Ausrüstung für den rastlosen Menschen des 21. Jahrhunderts. Wir präsentieren eine Reihe seiner Werke inklusive der dazugehörigen Produktebezeichnungen und haben bei Baumann nachgefragt, ob seine Kunst auch alltagstauglich ist. BILDER VON ELMAR HAHN

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Seite 10: WBF 240-S Wohnbehälter, fahrbar Ausstattung: ausziehbare, gepolsterte Liegefläche, Erste-Hilfe-Paket, Spiegel, Trillerpfeife, Multifunktionswerkzeug, Taschenlampe. Masse: geschlossen 101 × 58 × 69 cm, offen 198 × 58 × 102 cm Material: Leichtmetall Gewicht: ca. 25 kg Zul. Gesamtgewicht: 110 kg Volumen: 240 l Seriennr.: 971-149-HOU-MA01 Seite 11: WBF 240-Luxury Wohnbehälter mit Luxusausstattung Sonderausstattung: Extraweiche dreilagige Polsterung mit Nappaleder, Innenwände und Deckel gepolstert, Kaschmirhaube. Seriennr.: 674-428-HOU-FE07

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Oben: WBF 240-Umrah, Wohnbehälter für muslimische Pilger Sonderausstattung: Sonderlackierung mit arabischer Beschriftung, Koran, 2 weisse Handtücher, weisser Reisegürtel, Schere, Umrah-Kit, Dokumentenmappe, Checkliste für muslimische Pilger. Seriennr.: 874-416-HOU_FE07

links: Rough Sleeper Collection Kombianzug Dump Diver LK.700 Material: Polyester mit PU Beschichtung, Klettband, Kopfhaube, Tragesatz, Cross City-Rucksack.

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Oben: H-3 Office Ausstattung: Business-Notebook, Klapptisch, Staufächer, Gepäcknetz, gepolsterte Liegefläche, Erste-Hilfe-Paket, Spiegel, Trillerpfeife, Multifunktionswerkzeug, PVC-Plane. Masse: geschlossen 210 × 102 × 15 cm, offen 201 × 102 × 95 cm Material: Aluminium Gewicht: 12 kg Zul. Gesamtgewicht: 105 kg Volumen: 190 l Seriennr.: 572-274-HOU-JL05 links: IH Road Cruiser S Ausstattung: Staufächer, gepolsterte Sitzfläche, Erste-Hilfe-Paket, Spiegel, Trillerpfeife, Multifunktionswerkzeug, Taschenlampe. Masse: 40 × 50 × 90 cm Material: Stahlrahmen, Aluminium, Gummireifen Gewicht: 14 kg Zul. Gesamtgewicht: 95 kg Volumen: 42 l Seriennr.: 408-191-HOU-FB10

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Urbane Nomaden «Der Jäger und Sammler ist wieder in den Städten unterwegs» Im Interview erklärt der Künstler Winfried Baumann, warum er Designobjekte für Obdachlose kreiert, was der praktische Nutzen seiner Kunstwerke ist und ob er selbst gut darin geschlafen hat.

INTERVIEW VON FLORIAN BLUMER

Ihr Buch ist als Katalog gestaltet – kann ich die Modelle tatsächlich bestellen? Der Katalog mit den Typenbezeichnungen und den Bestellnummern soll natürlich den Anschein erwecken, als wäre es ein Versandkatalog für urbane Nomaden. Er ist natürlich ein Kunstprojekt, aber es sind einige Modelle dabei, die durchaus auch für den Alltag tauglich sind und die man auch bestellen kann. Was würde mich das Grundmodell des Instant Housing kosten? Ich habe mich für zwei Preisklassen entschieden: einen Kunstpreis und einen sozialen Preis für soziale Einrichtungen und Bedürftige. Letzterer sind einfach die Entstehungskosten, und die belaufen sich für den WBF-240 auf 980 Euro. Der Kunstpreis, der sich ja auch auf Einzelstücke bezieht, wäre dann das Doppelte davon. Auch der Selbstkostenpreis ist für einen Obdachlosen noch unerschwinglich hoch. Wie oft konnten Sie Ihr Modell schon verkaufen? Es ist nicht so gedacht, dass es sich direkt ein Obdachloser kauft, sondern Organisationen und soziale Einrichtungen, die es dann weitergeben. Wenn man sieht, was teilweise für menschenunwürdige Unterkünfte ausgegeben wird, in denen Obdachlose untergebracht werden, ist der Preis vergleichsweise niedrig. Es wurden einzelne Exemplare verkauft. Und von Institutionen und Strassenzeitungen werden sie für Demonstrationszwecke genutzt, um auf ihre Arbeit aufmerksam zu machen. Auch beim Strassenzeitungswagen kann man sich den konkreten Nutzen gut vorstellen. Bei der Bekleidungslinie mit den Rucksackumhängen und dem Mülltaucher weniger. Worum geht es Ihnen dabei? Da steht das skulpturale Moment im Vordergrund, die bewegen sich mehr im Bereich der freien Plastik. Vor dem Hintergrund jedoch, dass der urbane Nomade, der Jäger und Sammler, wieder in den Städten unterwegs ist. Gerade der Mülltaucher sieht mit seinem Kostüm ziemlich absurd aus. Gab es keine Obdachlosen, die fanden, dass Sie sich über sie lustig machen? Die Frage taucht immer mal wieder auf, ob sich hier die Kunst nicht auf Kosten der Obdachlosen profiliert – jedoch immer von Nichtbetroffenen. Von Obdachlosen habe ich diese Reaktion noch nie erlebt. Sie verstehen durchaus den versteckten Humor, der in diesen Arbeiten steckt. Ich kriege immer wieder Kommentare darüber, was taugt und was nicht, wo Sachen verbesserungswürdig sind, da kommen sehr engagierte Reaktionen von Betroffenen. Sie sehen, ob das Material taugt, aber auch, wo das Ganze überspitzt ist. Sie haben auch Instant-Housing-Modelle für muslimische und katholische Pilger, Luxusmodelle, Businessmodelle mit Laptop und Satellitenschüssel kreiert. Warum? Am Anfang der Arbeit stand die Obdachlosigkeit im Vordergrund. In den letzten zehn, zwölf Jahren hat sich die Situation aber sehr stark ver-

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ändert, das Nomadentum erlebte eine Renaissance. So ging es auch in meiner Arbeit nicht mehr nur um den klassischen Obdachlosen, der aus der Bahn geworfen wurde, sondern auch um Jobnomaden, Saison-Arbeiter, Studenten. Ich möchte aufzeigen, dass dieses ganze Schnelllebige, Nomadische viel mit Reduktion und Verlusten zu tun hat. Man spricht ja von Jobnomaden, die nur noch im Flugzeug unterwegs sind, die mit einem Laptop und einer kleinen Reisetasche ohne festen Wohnsitz leben können. Das bringt auch einen Verlust im sozialen Gefüge mit sich. Man muss sich sehr stark einschränken, mit allem. Haben Sie Ihre Modelle selber ausprobiert? Haben Sie darin geschlafen? Die meisten Modelle habe ich selber ausprobiert. Es ist Teil der Entwicklung, herauszufinden: Wie viel Platz braucht es, damit man sich noch bewegen kann? Und natürlich möchte ich, wenn ich jemand anderem etwas zumute, auch wissen, ob es taugt. Wie gut haben Sie geschlafen? Ich habe es in Extremsituationen im urbanen Raum ausprobiert, im Winter, bei Regen im November. Und wenn die Lokale zumachen und die U-Bahnschächte geschlossen werden, dann ist man einfach froh, wenn man einen trockenen Unterschlupf hat, wo man schlafen und auch seinen Rucksack mit unterbringen kann. Da es räumlich stark begrenzt ist, ist es natürlich nicht sehr bequem. Es ist als Notquartier gedacht, als Elementarschutz, und so funktioniert es auch. Wo haben Sie den Wagen aufgestellt? Einen guten Platz zu finden, ist wahrscheinlich nicht so einfach? Doch. Es ist ein Grundgedanke, dass der Wagen so klein ist, dass ihn eine Person schieben kann und er einfach einen Platz findet. Ich habe ihn immer im öffentlichen Raum aufgestellt, auch im Rahmen von Aktionen mit Strassenzeitungen, meistens ohne Vorankündigung. Wir haben dabei keine negativen Erfahrungen gemacht. Ist es überhaupt legal, seinen Wagen irgendwo im öffentlichen Raum zu platzieren? Den Wohnwagen darf man ja nicht einfach überall hinstellen. Das spielt sich natürlich im Graubereich ab. Aber wenn keine Störung der Verkehrswege stattfindet, dann wird es von den Behörden sehr oft geduldet. Sie sagen im Buch, dass sie von Verkäufern der Strassenzeitung Strassenkreuzer in Nürnberg Reaktionen wie «das passt schon» bekommen haben. Gab es auch begeistertere Rückmeldungen? Für die Menschen, die auf der Strasse leben, ist dies erfahrungsgemäss bereits als grosses Kompliment zu verstehen. Es gibt aber auch Leute, die sich über Bekannte und Freunde Geld organisierten und sich ein Modell erstanden haben. Und es gab auch viele, die gesagt haben, dass das ideal wäre für sie. 2002 haben Sie auch mit Surprise eine Aktion in Basel auf dem Bankenplatz und eine in Zürich am Stadelhofen durchgeführt. Wie waren die Reaktionen? Es waren kurze Aktionen, aber es sind viele interessante Gespräche zwischen den Surprise-Leuten und den Passanten entstanden. Manche haben den Wagen ausprobiert, manche haben auch kritisch reagiert. Was wurde kritisiert? Es wurde hinterfragt, ob der Wagen nicht zu klein sei. Das ist natürlich etwas, worüber man reden kann. Natürlich kann so ein Wagen keine Wohnung ersetzen. Aber sie sind eine Alternative zum klassischen Pappkarton. Für Menschen, die sich sonst notdürftig mit Zeitungen zudecken, ist es schon eine deutliche Verbesserung ihrer Situation. SURPRISE 341/15


Der Künstler mit einem seiner Werke: Winfried Baumann mit dem H-3 Standard in zugeklapptem und schiebbarem Zustand (ausgeklappt in der Version «Office» siehe S. 13 oben).

Was sagen Sie Leuten, die finden, dass Obdachlose möglichst kostengünstige Lösungen brauchen, aber keine teuren Design-Objekte? Mir ist wichtig, dass man auch Menschen, die auf der Strasse leben, nicht einfach etwas Billiges zur Verfügung stellt, sondern eine qualitativ gute Arbeit, deren Kosten sich immer noch im Rahmen befinden. Das hat einfach mit Respekt gegenüber Obdachlosen zu tun. Bei den Präsentationen mit Obdachlosen sehe ich immer wieder, dass manche stolz darauf sind, dass das speziell für sie gemacht wurde. Haben Sie bei der Entwicklung ihrer Modelle auch Obdachlose miteinbezogen? Ich habe die Situation auf der Strasse beobachtet, wie Menschen damit umgehen, wie sie sich nach dem eigenen Raum sehnen, den Karton aufschlagen, Vorhängchen machen und so weiter. Da sind die ersten Modelle und Zeichnungen entstanden. Dann habe ich sie Obdachlosen gezeigt, und da kamen auch Verbesserungsvorschläge, die ich mit eingebaut habe. Ist das Projekt Instant Housing mit dem Katalog abgeschlossen? Das war eigentlich so geplant. Aber durch das Erscheinen des Katalogs ist wieder ein reges Interesse an den Objekten entstanden, und es SURPRISE 341/15

gibt eine ganze Reihe neuer Anfragen für Projekte, Kunstprojekte wie solche mit sozialen Einrichtungen – sodass es eigentlich jetzt erst so richtig beginnt. ■

Winfried Baumann ist 1956 in Creglingen im Norden Baden-Württembergs geboren. Nach einer Lehre als Steinmetz und Holzbildhauer studierte er Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg. Heute lebt und arbeitet er in Buch und Nürnberg.

Drei Mal «Urban Nomads» zu gewinnen Die Bilder wurden mit freundlicher Genehmigung des Verlags Hirmer abgedruckt. Sie stammen aus dem Kunstkatalog «Urban Nomads» von Winfried Baumann, der 2013 erschienen ist und auf 350 Seiten die Werke des Künstlers zum Thema präsentiert, ergänzt durch ein längeres Interview mit ihm. Interessiert? Dann senden Sie uns bis zum 22. Januar ein E-Mail mit dem Betreff «Wettbewerb Urban Nomads» – wir verlosen drei Exemplare des Buchs.

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Sozialpolitik «Nein, ich weiss nicht, was Armut ist» Nicht nur weil Wahlkampf ist wird 2015 zum sozialpolitischen Schicksalsjahr. Als bürgerliche Verteidigerin der Sozialhilfe steht Gabriela Winkler mittendrin. Die Zürcher FDP-Kantonsrätin über Bevormundung, den Gesellschaftsvertrag und die Rolle der Wirtschaft in der Armutsbekämpfung. VON AMIR ALI (INTERVIEW) UND DAVIDE CAENARO (BILD)

Die Zürcher Unternehmerin und Kantonsrätin Gabriela Winkler schlägt für das Gespräch über die aktuelle Entwicklung in der Sozialpolitik das Café Storchen gleich neben dem Rathaus vor – mit seinem Zunftsaal ein Hort bürgerlicher Kultur. Hier wird eher über Steueroptimierung gesprochen als über Existenzsicherung, der Espresso kostet 6 Franken 90 – das Siebenfache dessen, was einem Sozialhilfeempfänger laut dem Warenkorb der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe SKOS pro Tag für «auswärts eingenommene Getränke» zur Verfügung steht. Vielen Bürgerlichen ist diese Sozialhilfe zu komfortabel. Im Zürcher Kantonsrat ist ein Vorstoss von FDP, SVP und GLP hängig, der die Richtlinien der SKOS für nicht verbindlich erklären will. Dies hätte Signalwirkung für die anderen Deutschschweizer Kantone, und nach der Aufregung um die Zürcher Gemeinde Hagenbuch und mit Wahlen auf Bundesebene und in vielen Kantonen zeichnet sich 2015 als sozialpolitisches Schicksalsjahr ab. ETH-Absolventin Winkler, 61, war einst als erste Frau Vizedirektorin beim Industriegiganten ABB, heute führt sie eine kleine PR-Agentur. Nach vier Legislaturen kandidiert sie bei den Zürcher Wahlen im April nicht mehr, bleibt aber noch ein Jahr lang Co-Präsidentin der Zürcher Sozialkonferenz. In dem Fachgremium kommen die Sozialvorstände der Gemeinden und Fachpersonen zusammen. Sie beraten den Regierungsrat in sozialpolitischen Fragen und stellen Anträge an die SKOS. Gabriela Winkler wehrt sich als Freisinnige gegen Angriffe auf die Sozialhilfe – und steht damit als einsame Ruferin in der Wüste bürgerlicher Sozialpolitik da. Frau Winkler, wie würden Sie die aktuelle Debatte in der Zürcher Sozialpolitik mit drei Wörtern beschreiben? Es ist Wahlkampf. Das heisst? Die Parteien suchen Themen, mit denen sie sich profilieren können. Man benutzt Einzelfälle, um Empörung zu bewirtschaften. Das schliesst Ihre Partei, die FDP, mit ein? Ja, Teile unserer Partei handeln so. Sie waren im Dezember als einzige FDP-Vertreterin im Kantonsrat gegen das Autoverbot für Sozialhilfebezüger. Bei einem Teil der Fraktion mag das so sein, aber die Basis sieht das anders. Sonst wäre ich nicht so klar zur Co-Präsidentin der Sozialkonferenz wiedergewählt worden. Ein grosser Teil der freisinnigen Gemeindepolitiker dort unterstützt meine Haltung. Das Autoverbot ist nur ein Beispiel für den steigenden Druck auf Sozialhilfebezüger. Ein Drittel der arbeitsfähigen Sozialhilfebezüger arbeitet, die brauchen Mobilität. Sanktioniert soll auch werden, wenn ein Freund oder entfernter Verwandter ein Auto zur Verfügung stellt. Solch heftigen Eingriffe in die Entscheidungsfreiheit dieser Menschen verbietet mir mein SURPRISE 341/15

liberales Gewissen. Die Leute sollen selbst entscheiden, ob sie rauchen, Auto fahren oder ins Kino gehen. Sind Sie mit diesem Verständnis von Liberalismus ein politischer Dinosaurier? Ich habe stets die Meinung vertreten, dass die Sozialpartnerschaft nicht nur zwischen Arbeitnehmern und -gebern besteht, sondern eine Art Gesellschaftsvertrag ist zwischen den Starken und den Schwachen. Als Unternehmerin und FDP-Politikerin stehen Sie aber auf der Seite der Starken. Ich halte nichts davon, die Starken zu schwächen, da bin ich sehr freisinnig, wenn Sie so wollen. Es braucht die Starken, um den Schwachen zu helfen. Und genauso brauchen wir die Einsicht der Starken, dass niemand verelenden darf. Ist diese Einsicht der Starken, wie Sie es nennen, während Ihrer 16 Jahre in der Politik geschwunden? Ganz eindeutig. Wenn die NZZ als liberale Zeitung einen Gastbeitrag publiziert, der die Abschaffung der professionellen Sozialhilfe und die Rückkehr zur paternalistischen Nachbarschaftshilfe postuliert, dann ist das besorgniserregend. Man kann es nicht den Wohlhabenden im Quartier überlassen, sich um die zu kümmern, denen es schlecht geht. Sie vertrauen also den Starken nicht? Kollektive haben stets starke Ausgrenzungstendenzen. Früher musste ein Offizier der Schweizer Armee sein Offizierspatent abgeben, wenn er mit seiner Firma Konkurs ging. Der Wert des Menschen wurde bei uns schon immer an seiner wirtschaftlichen Stärke gemessen. Dieses Denken ist heute auch wegen der Politik von Christoph Blocher erneut salonfähig. Die SVP will mehr Autonomie für die Gemeinden. Verschärfungen wie das Autoverbot bringen weniger Spielraum, nicht mehr. Die Sozialhilfe fällt bereits heute in die Zuständigkeit der Gemeinden, was auch richtig ist. Sie tragen die finanzielle Hauptlast und sind nahe bei den Leuten. Die Sozialhilfekosten sind über die letzten fünf Jahre im Kanton Zürich einigermassen konstant. Kostentreiber sind die Zusatzleistungen bei AHV und IV. Warum wird darüber nicht annähernd so laut geklagt? Es geht immer um die Sozialhilfe, obwohl sie nur 1,6 Prozent der schweizweiten Sozialausgaben ausmacht. Wir leben in einer christlichen Kultur, und als solche brauchen wir immer einen Sündenbock. Da bieten sich die Sozialhilfe, die SKOS und der sogenannte Sozialkuchen an. Eine Motion im Kantonsrat will, dass der Regierungsrat einen Austritt Zürichs aus der SKOS prüft. Das wäre ein Witz. Jedes Gericht, das einen Rekurs eines Sozialhilfeempfängers zu beurteilen hätte, würde sich auf die SKOS-Richtlinien

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beziehen. Sie sind das einzige Regelwerk auf Bundesebene, und sie sind durch die kantonalen Sozialdirektoren demokratisch legitimiert.

funktioniert. Die restlichen 15 Prozent, die in der Sozialhilfe hängen bleiben, sind zunehmend Menschen über 50 Jahre.

Bürgerliche rufen konstant nach mehr Wettbewerb unter den Gemeinden. Würde das etwas verbessern? Es gibt Gemeinden, die ihren Sozialhilfebezügern das Zügelunternehmen bezahlen, wenn sie wegziehen. Das habe ich in meiner Gemeinde Oberglatt selbst beobachten können. Es braucht nicht mehr Wettbewerb, sondern weniger. Ausserdem: Die Zürcher Gemeinden mit den höchsten Sozialhilfequoten liegen im Limmattal, wo es viele Industriebrachen gibt. Und rund um den Flughafen, wo die Wohnsituationen wegen des Fluglärms weniger attraktiv sind. Das sind strukturelle Ursachen, die kann man nicht wegzaubern.

Der Arbeitsmarkt absorbiert diese Leute nicht mehr. Das ist ein Stück weit nachvollziehbar. Sie kosten viel Lohn und Lohnnebenkosten. Und viele haben lange keine Weiterbildung mehr gemacht. Das sind alles Hemmschwellen.

In Baselland sorgten Sozialhilfebezüger für Empörung, weil sie auf den Gemeinden anriefen und sich nach den jeweils geltenden Regeln erkundigten. Ist das frech? Das ist normales menschliches Verhalten. Wir haben in der Sozialhilfe wie in allen Bereichen des Lebens ein paar wenige, die versuchen, das Maximum herauszuholen. Diese Fälle sind ärgerlich und unsolidarisch, und sie sind zu sanktionieren. Aber man kann deswegen nicht das ganze System auf den Kopf stellen.

Und was ist die Aufgabe der Wirtschaft? Unsere Personalpolitik damals bei der ABB lautete: Es ist nicht unsere Pflicht, die Leute von der Wiege bis zur Bahre in unserem Unternehmen zu halten. Aber wir müssen dafür sorgen, dass sie arbeitsmarktfähig bleiben. Damit sie auch woanders unterkommen, wenn wir aus ökonomischen Gründen den Standort schliessen. Das sollte die Devise für alle Unternehmen sein.

Was kann da der Staat tun? Insbesondere muss man die Arbeitslosenversicherung umorientieren. Man muss mehr den Menschen und seine Ressourcen betrachten, nicht einfach seine Vermittelbarkeit. Die ALV muss Umschulung und Weiterbildung stärker gewichten.

Nehmen die Unternehmer ihre Verantwortung diesbezüglich wahr? Unterschiedlich. Die einen sind vorbildlich, andere mässig, und ganz Bemängelt wird von rechter Seite vor allem das Anreizsystem der wenige tun gar nichts. Man darf auch nicht vergessen, dass unser SteuSKOS. Dabei war das doch eine bürgerliche Forderung? ervogt in dieser Beziehung eine Katastrophe ist. Wer sich weiterbilden Genau, die Linke wehrte sich dagegen, und die SKOS führte die Anwill, der kann davon nur einen lächerlich kleinen Betrag von den Steuern reize 2005 nur widerwillig ein. Vor einem Jahr sprachen selbst die Hardabziehen. Unsere Gesetze legen der Flexibilität viele Hürden in den Weg. liner nicht von einer Aufkündigung des SKOS-Anreizsystems. Zur Diskussion stand lediglich, dass man den Einkommensfreibetrag von heute 600 Franken auf «Arbeitsplätze für Schlechtqualifizierte sind eine wirtschaftliche Notdas SKOS-Minimum von 400 Franken absenkt. wendigkeit. Wenn die Sozialausgaben steigen, sinkt die WettbewerbsDie Sozialhilfe sei sonst zu attraktiv, gerade im fähigkeit der Schweiz.» Vergleich zu Arbeit im Niedriglohnsektor. Sagt das nicht viel mehr aus über die Arbeitsbedingungen als über die Sozialhilfe? Es geht doch noch weiter: Solange beim Konsumenten die Geiz-istgeil-Mentalität herrscht, werden die Unternehmen möglichst tiefe Löhne zahlen. Wenn die Büchse Pelati nur 80 Rappen kosten darf, dann verdient jemand, der Gestelle auffüllt, keine 5000 Franken. Angesichts der Gewinne der Unternehmen ist diese Argumentation absurd. Die Unternehmen machen die ganz grossen Gewinne heute nicht mit dem operativen Geschäft. Das sind Finanzgewinne, das Resultat einer cleveren Finanzstrategie in einer cleveren Unternehmensstruktur mit entsprechenden Steuervorteilen. Solange die Zahlenspielereien aufgehen, können die Kader also abzocken, während der operative Bereich, der Arbeitsplätze schafft, vor die Hunde geht? Mit dem heutigen Bonus-System, in dem den Beträgen gegen oben keine Grenzen gesetzt sind, kommt das in gewissen Branchen vor. Darum haben wir heute wieder die Tendenz zur staatlichen Überregulierung – was schädlich ist. Man versucht damit etwas zurückzuholen, was verloren gegangen ist. Nur: Die Yuppies und Broker, die mit 30 bereits Millionen herumschieben, haben nie ein Verhältnis zu sozialen Strukturen aufgebaut. Ganz grundsätzlich: Funktioniert das System Sozialhilfe? 55 Prozent der Leute, die in die Sozialhilfe kommen, sind nach einem Jahr wieder draussen. Weitere 30 Prozent sind nach 6 Jahren wieder draussen. So gesehen: Ja, die Funktion der Überbrückung in Notlagen

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Müsste die Wirtschaft wieder vermehrt Nischenarbeitsplätze für Schlechtqualifizierte schaffen, sozusagen als soziales Engagement? Das ist eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Wenn Sozialausgaben stets steigen, sinkt die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz. Ich bin überzeugt, dass wir heute mit den Lohnnebenkosten an eine Grenze gestossen sind, wo es nicht nur volkswirtschaftlich besser ist, auch weniger produktive Leute anzustellen, statt sie in die Sozialwerke rutschen zu lassen. Privat bewegen Sie sich in einem privilegierten Umfeld. Wie reagieren diese Leute auf Sie und Ihre Politik? Ich war neulich an der Premiere der Zauberflöte im Opernhaus. Das Publikum dort verdient gut und ist vermögend. Und da kamen von allen Seiten Leute auf mich zu, um mir zu gratulieren und sich bei mir zu bedanken, dass ich diese Linie fahre. Ich wurde sogar zu einem Cüpli eingeladen dafür. Wissen die Leute im Opernpublikum, was es heisst, arm zu sein? Nein, das wissen sie nicht. Und ich muss zugeben: Ich selbst weiss es auch nicht. Ich weiss, was es bedeutet, alleine zwei Kinder aufzuziehen. Und ich weiss, wie es ist, wenn man ein eigenes Geschäft hat und es dort nicht supertoll läuft. Aber Armut habe ich nie erlebt. Sie treten bei den Wahlen 2015 nicht mehr an. Verlassen Sie das Feld mit gutem Gefühl? Ich wünsche mir, dass der Fokus wieder auf die gesamtgesellschaftliche Problematik fällt. Dass den Menschen klar ist, warum wir überhaupt eine Sozialhilfe brauchen. Und dass die SKOS Pflöcke einschlägt bei der Reform ihrer Richtlinien, um mehr Akzeptanz zu schaffen. Alle Seiten sollten wieder das System als Ganzes sehen. ■ SURPRISE 341/15


Dating Wisch und weg Wisch nach links für «gefällt mir», Wisch nach rechts für «nein» – so einfach funktioniert die Partnersuche mit der amerikanischen App Tinder. Auch bei den Jungen in der Schweiz trifft sie damit einen Nerv. Unsere Autorin hat den Selbstversuch gewagt. VON MANUELA DONATI (TEXT) UND SARAH WEISHAUPT (ILLUSTRATION)

Tweeten, chatten, posten – das Smartphone ist unser treuster Begleiter durch den Alltag geworden. Nur logisch, dass wir mit dem schlauen Telefon nicht nur den neuen Wintermantel bestellen, sondern auch den nächsten Lebensabschnittspartner suchen. Bindungswillige Singles haben in der virtuellen Welt die Qual der Wahl. Neben etablierten Onlinedating-Portalen wie Parship und Friendscout erobern immer neue Anbieter den Markt. Tinder, die bekannteste Dating-App aus den USA, wird seit letztem Sommer auch in der Schweiz rege genutzt. Laut einer Umfrage der unabhängigen Website www.singleboersen-experten.ch gibt es in der Schweiz über 200 000 Tinder-Nutzer, der grösste Teil davon ist zwischen 18 und 24 Jahren alt. Während sich Bindungswillige bei traditionellen Onlinedating-Portalen zuerst durch seitenlange Fragebogen kämpfen müssen, funktioniert Tinder denkbar einfach: Gefällt der vorgeschlagene Single, drückt man SURPRISE 341/15

«ja», sonst «nein» – und das Gegenüber verschwindet im virtuellen Singlenirvana auf Nimmerwiedersehen. Das ist für Caroline Fux, Sexberatertin beim Blick, einer der Hauptgründe, weshalb die App so häufig genutzt wird. «Tinder trifft einen Nerv und passt perfekt zu den Wünschen vieler Datingwilligen: Es lässt Liebe und Sex einfach aussehen», sagt sie. «Der Clou der Sache ist, dass man sich bei der Suche nicht entblössen muss: So lange das Gegenüber nicht auch Interesse hat, wird man nicht offenbart.» Die amerikanische Dating-App erleichtere es Schüchternen, mit anderen Kontakt aufzunehmen, findet auch Manfred Müller, Head of Content der Singlebörsen-Experten. «Das erklärt die grosse Beliebtheit von Tinder.» Weniger positive Stimmen kritisieren die Beliebigkeit des Angebots: Dass auf Tinder Singles nur anhand von Äusserlichkeiten verkuppelt werden, veranlasste die britische Zeitung The Guardian zum Kommentar: «Tinder ist die oberflächlichste aller Dating-Apps.» Die lautmalerische Nähe zu Grinder, der App für schnelle Sexkontakte unter Homosexuellen, trügt nicht. 72 Prozent der Schweizer Tinder-Nutzer suchen laut der Studie der Singlebörsen-Experten mit der App ein Sex-Date.

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Originalität der Konversation in Grenzen: «Hoi, wie gahts?», schreiben Und genau mithilfe einer solchen App soll ich nun meinen Traumvier der fünf, der fünfte kriegt einen Pluspunkt, weil er noch hinzufügt prinzen finden? Ich bin skeptisch. Meine erste grosse Liebe habe ich auf «hübsches Foto». Meine Stimmung schwankt zwischen gelangweilt und dem Skilift kennengelernt, meinen letzten Freund an einer WG-Party. überfordert – wie kommt man bloss mit jemandem ins Gespräch, von Dass mir mein nächster von einer Dating-App auf dem Silbertablett prädem man nur weiss, dass er gerne Kaffee trinkt und dass man sich sentiert wird, bezweifle ich. Doch wer weiss? Ich stürze mich also in den gegenseitig attraktiv findet? «Danke gut und dir?», schreibe ich zurück. Dating-Selbstversuch. Der Start ist schnell gemacht: App installiert und Der Beginn einer grossen Liebe sieht wahrscheinlich anders aus. los geht’s! Im Nullkommanix bietet mir Tinder eine Auswahl SingleIn der nächsten Woche klicke ich mich munter durch die Single-MänMänner an, alles was ich machen muss, ist links wischen für «gefällt ner in meinem virtuellen Umfeld – auf dem Arbeitsweg, vor dem Einmir» oder rechts für «gefällt mir nicht». schlafen, zusammen mit meinen amüsierten Freundinnen – und chatte Nach ein paar Klicks kommt – oh Schock – das erste bekannte Gemit so vielen, dass ich fast den Überblick verliere. Wie Singlebörsen-Exsicht. So so, die ehemalige Affäre ist also auch nicht mehr in festen Hänperte Manfred Müller weiss, wenden die meisten Tinder-Nutzer die App den? Interessant. Später folgen ein weiterer Verflossener, ein Arbeitskollege, der letzte Freund einer guten Freundin und ein entfernter Bekannter – der doch eiMein Selbstbewusstsein jubelt ob so viel Bestätigung. Zehn Verehrer gentlich in einer Beziehung steckt? Nach weiaufs Mal hatte ich nicht einmal im Kindergarten. teren «Hilfe-bloss-nicht»-Schrecksekunden das ebenso spielerisch an: «Tinder ist einfach zu handhaben und unterhalterste nette Gesicht. D. zeigt sich auf drei Fotos, im Porträt, Kaffee trinsam zugleich. Man kann selbst die Wartezeit an der Bushaltestelle dakend in einer fremden Stadt und kuschelnd mit einem Hund. Dazu mit ‹sinnvoll› überbrücken. Tinder ist am Ende ein Spiel rund um das, schreibt er, dass er neu ist in Zürich und gerne bei einem Glas Wein über was uns Menschen ohnehin dauerhaft beschäftigt: die Partnersuche», Gott und die Welt philosophiert. «Plattitüde», denke ich, und dass Mänsagt Müller. Die Partnersuche, also die Erwartungen an Liebe und Bener, die mit Hunden kuscheln, um ihre sanfte Seite zu zeigen, eigentlich ziehung, kommen aber in den Tinder-Chats kaum zur Sprache, wie ich nicht so meins sind. Doch nur vom Nein-Wischen kommt ja nichts! Albemerke. P. liegt auch gerade gelangweilt auf dem Sofa, wir diskutieren so drücke ich entschlossen auf das Herz. Tinder lässt keine Zeit für romunter über Serien und Filme, die wir beide mögen. Nett und kurzweimantische Gedanken à la «Gefalle ich ihm wohl auch?», denn schon lig, aber danach höre ich nie mehr von ihm. C. möchte wissen, wie ich wird mir der nächste potenzielle Partner vorgeschlagen. mich beschreiben würde, wenn ich ein Menü wäre – eine Frage, die er Als ich mich einen Tag später wieder einlogge, habe ich schon zehn wahrscheinlich aus einem Single-Ratgeber hat und die von mir nicht be«Matches», zehn der Männer, die mir gefielen, haben mir auch einen antwortet wird. Er hakt nach: «Schläfst du auch am liebsten nackt?» Ich «Like» gegeben. Mein Selbstbewusstsein jubelt ob so viel Bestätigung. schweige empört und blockiere ihn. So etwas fragt man eine Dame Zehn Verehrer aufs Mal hatte ich wohl nicht einmal im Kindergarten. nicht! T. wünscht mir jeden Morgen einen schönen Tag, nett, aber langFünf der zehn haben mich auch angeschrieben – allerdings hält sich die

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weilig. H. erklärt mir, dass er auf der Suche nach der Mutter seiner Kinder ist, «du siehst gut aus und wir hätten bestimmt schöne Kinder zusammen», findet er. Ich nicht – auch er wird blockiert. Und natürlich, die unangenehmen Nachrichten lassen nicht auf sich warten. Die direkte Aufforderung zum Sex kommt zwei Mal, ein anderes Mal wird ein Bild meiner Brüste gewünscht. Ich mache intensiven Gebrauch vom «Blockieren»-Knopf. Nach zwei Wochen like und chatte ich nicht mehr planlos hin und her, sondern konzentriere mich auf Typen, die ich eigentlich gerne auch einmal treffen würde. Da die traditionellen Dating-Regeln bestimmt auch in der virtuellen Welt gelten, warte ich brav, bis ich zum Date aufgefordert werde, was dann tatsächlich auch passiert. D., der mit dem Kaffee und dem Hund, will mich in einer Bar zum Feierabendbier treffen. Auf dem Weg dorthin bin ich ein bisschen nervös – schliesslich hatte ich noch nie ein Blind Date! Leider wird das Treffen mit D. ein kleines Desaster. Verlegen wissen wir nicht, wie uns begrüssen. Küsschen oder nicht? Schnell bestellen wir Bier – das er mir dann über die Hose leert, weil er so zappelt. Als wir das dritte Mal über das Wetter sprechen, beschliesse ich, uns nicht weiter leiden zu lassen. Ich trinke aus und gehe, sorry, D. Dass man beim Chatten mit einem Tinder-Match Schmetterlinge im Bauch hat, sich dann aber in der Realität nichts zu sagen hat, sei ganz normal, beruhigt mich Caroline Fux: «Im Chat lässt sich viel steuern und verbergen, in ein Bild kann man wahnsinnig viel rein interpretieren. Hier zerbröselt die erste Illusion von Tinder, weil es eben mit Sex und Liebe doch nicht so einfach ist.» Date Nummer zwei läuft besser. U. kann nicht nur schreiben, sondern auch sprechen. Wir bestellen ein zweites Bier und finden uns nett. Aber weder er noch ich melden uns danach wieder beim anderen. «Sympathie aufgrund eines Schnappschusses und gemeinsames Interesse mögen ein Start sein. Aber mit eiSURPRISE 341/15

ner Passung über Tinder hat man quasi erst das Lotterielos gekauft. Ob man dann auch noch etwas gewinnt damit, ist wieder ziemlich offen», so Fux. Einen Monat hatte ich Tinder und mir für den Selbstversuch gegeben. Und nach gefühlten tausend Fotos von Männern zwischen 28 und 38 mit Hunden und Katzen, auf Velos, beim Wandern, Tauchen oder Klettern, nach vielen belanglosen und ein paar interessanten Chats, nach drei katastrophalen und zwei netten, aber ergebnislosen Verabredungen habe ich genug. Gemäss den Singlebörsen-Experten geht es mir dabei wie 58 Prozent der Schweizer Tinder-User, die in einer Umfrage angaben, «nach kurzer Zeit» gelangweilt zu sein. Caroline Fux kann diese Haltung gut nachvollziehen. «Ich empfehle Flirtwilligen jedenfalls nicht Tinder, sondern dass sie wieder mal die Nase aus den Smartphones nehmen und real mit den Leuten in Kontakt kommen sollen», sagt sie. Genau das nehme ich mir nun vor. Denn auch wenn ich Paare kenne, die sich durch die Dating-App kennen- und lieben gelernt haben: Mit Tinder macht die Partnersuche keinen Spass, ist zu unpersönlich und belanglos. Genau das hat aber auch sein Gutes: Denn ebenso schnell, wie die App installiert ist, ist sie auch wieder gelöscht. ■ Tinder: So funktioniert’s Die Smartphone-Applikation wurde 2012 vom amerikanischen Multimedia-Konzern InterActiveCorp entwickelt. Tinder übernimmt ProfilFotos und Interessen von Facebook und schlägt flirtwilligen Nutzern eine Auswahl von anderen flirtwilligen Nutzern in einem selbst gewählten Altersrange und Umkreis vor. Auf einem Tinder-Profil sind bis zu fünf Fotos, Vorname, Alter und ein kurzer Selbstbeschrieb zu sehen. Beurteilt wird nach dem Prinzip «Daumen hoch oder Daumen runter». Finden sich beide attraktiv, sprich man von einem «Match». Nur dann kann ein Chat gestartet werden.

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BILD: GUIDO SÜESS

Wörter von Pörtner Buchbinder Wanninger Vor über siebzig Jahren schrieb Karl Valentin den «Buchbinder Wanninger», eine Kabarettnummer, bei der ein armer, geduldiger Buchbinder seinen Kunden anruft, um mitzuteilen, dass die Bücher fertig seien, und zu fragen, ob er sie gleich schicken dürfe, zusammen mit der Rechnung. Dabei wird er von einer Stelle zur anderen verbunden, und als er endlich die richtige Person am Apparat hat, teilt ihm diese mit, dass Büroschluss sei und er am nächsten Tag nochmal anrufen solle. Bei uns ist diese Nummer vor allem in der Version von César Kaiser bekannt. Seither ist viel Zeit vergangen und die Telekommunikationstechnik enorm fortgeschritten. Dachte ich. Bis diese Technik eines Tages nicht mehr funktionierte. Ich war die ganze Entwicklung hindurch dem ursprünglichen Anbieter treu geblieben und hatte mir ein Kombiabo aufschwatzen lassen, al-

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so Telefon, Internet, Fernsehen. Nichts ging mehr. Am frühen Nachmittag rief ich vom Handy aus die Hotline an, flog aus der Leitung und versuchte es erneut. Der Berater wunderte sich, warum ich erneut anrufe, ich hätte zurückgerufen werden sollen. Er versprach, dass ich bald eine SMS erhielte, die mich über das weitere Vorgehen informieren würde. Da ich abends noch immer keine Nachricht erhalten hatte, meldete ich mich wieder. Man riet mir, morgens um acht Uhr gleich einen Termin mit einem Techniker zu vereinbaren. Als ich das um 8.20 Uhr versuchte, erfuhr ich, dass die Technikabteilung erst ab 8.30 erreichbar ist. Es werde sich aber jemand bei mir melden. Zur Sicherheit bekam ich die direkte Nummer. Eine Stunde später meldete ich mich dort, weil mich niemand kontaktiert hatte. Hier wusste man nichts von einem Auftrag und bat mich zu warten. Der Auftrag konnte auch nach längerem Suchen nicht gefunden werden. Man versprach mir, innert 15 Minuten zurückzurufen. Eine Stunde später kam eine SMS, die bestätigte, dass ich eine Störung gemeldet hatte. Seit meinem ersten Anruf waren 19 Stunden verstrichen. Die Technikhotline rief zurück und liess mich wissen, dass ich keinen Techniker brauche, sondern das Problem andersweitig gelöst werde. Für weitere Fragen sei die normale Hotline zuständig. Also versuchte ich dort herauszufinden, wo das Problem lag. Ich verbrachte 32 Minuten in der Warteschleife.

Dann stellte sich heraus, dass ich doch einen Techniker brauchte und mich für eine Terminvereinbarung bei der Technikhotline melden musste. Ausserdem riet mir die Beraterin, mich zu beschweren. Das könne ich aber nur brieflich tun. Die Adresse fände sich auf der Homepage. Bei der Technikhotline wurde mir für die folgende Woche ein Termin gegeben und man bot an, mich mit der Stelle für Rückvergütungen zu verbinden. Ich landete aber bei der Mobil-Helpline, woselbst mein Anliegen einige Verwirrung stiftete, bis man versprach, die zuständige Stelle zu informieren, die dann zurückrufen würde. Das tat am nächsten Tag ein schneidiger Herr, der mir, nachdem ich ihm meine Odyssee geschildert hatte, mitteilte, dass das nicht stimmen könne. Ich bot an, die Liste aller Anrufzeiten und -dauern von meinem Handy zu übermitteln. Da beendete er das Gespräch abrupt. «Saubande, mistige!» brummt Karl Valentin, nachdem er das Telefon aufgehängt hat. Ich tat dasselbe und wechselte den Anbieter.

STEPHAN PÖRTNER (STPOERTNER@LYCOS.COM) ILLUSTRATION: SARAH WEISHAUPT (SAVVE@VTXMAIL.CH) SURPRISE 341/15


Solothurner Filmtage Gespräche im engen Rollkragenpullover BILD: GERTRUD VOGLER

50 Jahre Solothurner Filmtage, das sind 50 Jahre Schweizer Film – aber auch Diskussionen für ein halbes Jahrhundert. Früher wurden sie via Beschmieren von Hauswänden geführt, heute eher auf Facebook. VON DIANA FREI

Solothurn ist nicht Locarno und noch viel weniger Zürich. Hier geht’s weder darum, welcher Film dem Publikum auf der Piazza am besten gefallen hat, noch darum, ob Harvey Weinstein eingeflogen wurde. Auf der Solothurner Leinwand steht die Werkschau des Schweizer Filmschaffens im Zentrum und in den Beizen die filmpolitische Diskussion. Angefangen hat alles 1966, als eine Gruppe von cinéphilen Leuten und Filmemachern dem verherrlichenden Heimatfilm der Fünzigerjahre etwas Neues entgegenhalten wollte: «Man hat sich dafür eingesetzt, dass Figuren auf die Leinwand kamen, die man bisher nicht im Kino sah: Migranten, Frauen bei der Arbeit, Arbeiter», sagt Festivaldirektorin Seraina Rohrer. «Der Neue Schweizer Film wurde geboren und feierte danach internationale Erfolge.» Was Solothurn ausmacht, erfährt man, wenn man durch alte Jahrbücher blättert, zum Beispiel durch die Jubiläumspublikation 1966 – 1985. Es steht viel Anekdotisches drin, persönliche Eindrücke, die zeigen: In Solothurn ging die Post ab. «Als ich vor Jahren mit Stephan Portmann (dem damaligen Leiter der Filmtage, die Red.) den Roten Turm verlies, stiessen wir auf drei betrunkene Männer», schreibt HansUlrich Schlumpf, Filmemacher und Mann der ersten Stunde. «Kaum dass sie Stephan erkannten, huben sie mit wüsten Beschimpfungen an, etwa: ‹Du huere roti Sau chunnsch scho no dra. Verschüsse sött me das Pack …›.» (Die Achtziger waren die Ära des politischen Bewegungsfilms.) Filmemacher Clemens Klopfenstein wiederum erinnert sich an prägende Momente: «Es war echt intensiv, Xandi Seiler zuzuhören, wie er in einem viel zu engen Rollkragenpullover über die Schwierigkeiten von ‹Siamo italiani› stöhnte, und man nie wusste, ist es jetzt wegen dem Pullover oder den fehlenden Finanzen.» Auch wenn die negativen Stimmen die unterhaltsameren sind, es gibt genug positive: «Mir ist das erste Mal der Gedanke aufgeblitzt, dass ein Land, das zu solchen Filmen, zu solchen Filmtagen fähig ist, ein gutes Land sei», schreibt der damalige Direktor des Filmfestivals Locarno, David Streiff. Das Programm «L’expérience Soleure», das die Solothurner Filmtage anlässlich des 50Jahre-Jubiläums zeigen, bietet einen Überblick über die letzten Jahrzehnte: sei es eben mit SURPRISE 341/15

In den Achtzigern gingen die Wogen hoch. Auch in Solothurn, dank Filmen wie «Züri brännt».

Alexander J. Seilers «Siamo italiani», der in der Schweiz die Tradition begründete, Minderheiten eine Stimme zu geben, oder mit «Die Erschiessung des Landesverräters Ernst S.», in dem der Dokumentarfilmer Richard Dindo zusammen mit Schriftsteller Niklaus Meienberg erstmals kritisch die umstrittene Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg untersuchte. Oder mit «Züri brännt», der 1981 in der Schweiz buchstäblich das Feuer für den politischen Film entfachte und zu einigen beschmierten Hauswänden führte. Mit «Babylon 2» wiederum setzte Samir 1993 hierzulande erstmals konsequent das Medium Video ein, und Peter Luisi machte 2004 in seiner Komödie «Verflixt verliebt» das schmale Budget gleich zu einem Teil der Story. Heute werden keine Wände mehr beschmiert, aber Solothurn ist noch immer der Ort, wo Neues angerissen wird. Zum Beispiel das ‹Swiss Fiction Movement›, eine Initiative von jungen Regisseuren, die finden, sie kämen bei der bestehenden Filmförderung zu kurz. Seraina Rohrer meint: «Der Filmstandort

Schweiz, der im Zuge der Kulturbotschaft 2014 – 2016 wirtschaftlich gepusht werden soll, wird sicherlich dieses Jahr zu reden geben. Und ein weiteres Thema sind Probleme, die die Digitalisierung mit sich bringt, weil sie dazu führt, dass viele Klassiker auf 35 mm nicht mehr so einfach gezeigt werden können und daher in Vergessenheit geraten.» Solche Diskussionen werden heute nicht mehr nur vor Ort geführt: Sie laufen vor und nach den Filmtagen auf Facebook weiter, und auch da schaltet sich die Festivaldirektorin manchmal ein. Aber eben: Man darf auch einfach Filme schauen in Solothurn. Neu lanciert wird ausserdem die Infoplattform CH.FILM, die den Zugang zu Filmdaten erleichtern, zu Recherchen einladen und die Vermittlung des Schweizer Films stärken soll: Damit man an den Solothurner Filmtagen ab sofort fundiert mitreden kann. ■ Solothurner Filmtage, 22. bis 29. Januar www.solothurnerfilmtage.ch www.ch-film.ch

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Kultur

Operettenfiguren von einst werden zu Comicfiguren von heute.

Roy Andersson erzählt nicht. Er verstört.

Buch Schrecken im Schnelldurchgang

Kino Menschsein, eine Meditation

Daniel Jokesch hat das Mammut-Drama «Die letzten Tage der Menschheit» von Karl Kraus zum Comic verdichtet.

Roy Anderssons «A Pigeon Sat on a Branch Reflecting on Existence» ist der dritte Teil seiner Trilogie über das menschliche Wesen. Auch dieser Film irritiert – eine Gebrauchsanweisung.

VON CHRISTOPHER ZIMMER VON THOMAS OEHLER

Wenn von «Die letzten Tage der Menschheit» die Rede ist, dann geht es nicht kleinlich zu – weder was die Zahlen noch was den Schrecken betrifft. In Zahlen hat Karl Kraus von 1915 bis 1922 ein Theaterstück geschrieben, das alles Machbare sprengt: 200 lose verknüpfte Szenen, die komplett aufgeführt zehn Abende dauern würden. Bis heute haben es nur Ausschnitte auf die Bühne geschafft. Und was den Schrecken betrifft: Den gibt Kraus nahezu im O-Ton wieder. Selbst «die grellsten Erfindungen sind Zitate», schreibt der Dramatiker. Eine Unmenge von Figuren bevölkert diese Realsatire, vom namenlosen Soldaten bis zu zwei Kaisern, dazu noch Journalisten, Kriegsgewinnler und Militärs – Protagonisten einer blutigen Zeit, in der «Operettenfiguren die Tragödie der Menschheit spielten». Am Schluss steht die Auslöschung dieser Menschheit durch den Kosmos. Das Thema ist angesagt: 2014 war die Erinnerung an den Beginn des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren allgegenwärtig, in den Medien, den Künsten oder Museen. Auch der österreichische Karikaturist Daniel Jokesch hat dieses düstere Sujet unter die spitze Feder genommen und das Kraussche Mammut-Drama auf etwas mehr als 50 Seiten eingedampft – ein mutiges Unterfangen. Auf den ersten Blick ist klar: Es geht nicht darum, das ganze Stück wiederzugeben. Es ist nur eine repräsentative Auswahl möglich – die Nachweisliste findet sich als Anhang. Karl Kraus selber kommentiert diesen Schnelldurchgang, zum Chor ergänzt von Stück-Figuren wie dem Optimisten und dem Nörgler, vom Kaiser, der im Dauerschlummer das Schreckliche zum Wiener Lied zusammenraunzt, und von Profiteuren und Phrasendreschern, aus deren Reden buchstäblich das Blut trieft – hier macht die Karikatur sichtbar, was Kraus wortgewaltig entlarvt, und die Operettenfiguren von einst werden zu Comicfiguren von heute. Diese, so Jokesch, «radikal gekürzte» Fassung ist vielleicht kein Leitfaden durch das Epochenwerk, aber eine Anregung zur Lektüre, die zuweilen recht verspielt daherkommt – wenn etwa ganz unerwartet Conchita Wurst einen Auftritt hat. Karl Kraus: Die letzten Tage der Menschheit. Gezeichnet von Daniel Jokesch.

Entspannen Sie sich! Versetzen Sie sich in ein Tier – wieso nicht in eine Taube auf dem Ast? – und seien Sie wie dieses ganz im gegenwärtigen Moment. Jetzt sind sie bereit für «A Pigeon Sat on a Branch Reflecting on Existence». Sie werden konfrontiert mit den Absurditäten des Lebens. Andersson wird sie Ihnen vor Augen führen in kalten, pastellfarbigen Bildern, die scharf ausgeleuchtet sind wie auf dem Seziertisch. Und konzentriert wie im Puppenhaus. Sie werden nicht in die Szenen hineingebracht. Sie werden Beobachter bleiben. Es wird Ihnen keine Geschichte erzählt. Vielmehr werden Sie Zeugin sein von scheinbar losen Episoden. Vieles wird Ihnen zugemutet: plötzliche Herzattacken beim Öffnen des weihnächtlichen Rotweins. Eine Flamenco-Lehrerin, die ihren Schüler begrapscht und abgewiesen wird. Karl XII. – schwedischer König des frühen 18. Jahrhunderts – wird in einer schäbigen Bar mit seiner Kavallerie einfallen und Mineralwasser trinken. Irgendwo am Rand einer anonymen Stadt. Und immer wieder werden Sie zwei Scherzartikelverkäufern begegnen, die depressiver kaum sein könnten. Sie werden dabei die Gewalt der kapitalistischen Hierarchie erfahren, von unten. An Tierversuchen werden Sie teilhaben. Und Sklaverei wird immer noch aktuell sein. Aber auch Schönes dürfen Sie sehen: eine Mutter und ihr lachendes Baby im Park. Ein Singspiel in einer Taverne und eine hinkende Kellnerin, die Schnäpse verschenkt für jeden Kuss, den sie bekommt. Eine junge Frau, die sich ein störendes Steinchen aus dem Schuh holt. Ein fröhlich pfeifender Fahrradhändler. Sie werden viel lachen. Sie werden sich fragen: Was macht das für einen Sinn? Aber suchen Sie nicht zu lange. Der Film ist, wie er ist. Der Mensch auch. Achten Sie auf die Bildhintergründe. Machen Sie sich eine Übung daraus zu zählen, wie oft und auf welche Weise eine Taube vorkommt in diesem stillen, erratischen Opus. Roy Andersson: «A Pigeon Sat on a Branch Reflecting on Existence», 101 Min., mit Holger Andersson, Nils Westblom, Charlotta Larsson u.a. Der Film läuft ab 15. Januar in den Deutschschweizer Kinos.

Holzbaum Verlag 2014. 24.90 CHF

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Die 25 positiven Firmen Diese Rubrik ruft Firmen und Institutionen auf, soziale Verantwortung zu übernehmen. Einige haben dies schon getan, indem sie dem Strassenmagazin Surprise mindestens 500 Franken gespendet haben. Damit helfen sie, Menschen in prekären Lebensumständen eine Arbeitsmöglichkeit zu geben und sie auf ihrem Weg zur Eigenständigkeit zu begleiten. Gehört Ihr Betrieb auch dazu? Die Spielregeln sind einfach: 25 Firmen werden jeweils aufgelistet, sind es mehr, fällt jener Betrieb heraus, der am längsten dabei ist.

Viet Cong haben sich bei der Namensgebung nich allzu viel gedacht.

Rock Bewährungsprobe im Kleinwagen Am Ursprung von Viet Cong stand der Tod eines Freundes. Dieser schreckte Matt Flegel und Mike Wallace derart auf, dass die zwei unbedingt wieder in einer gemeinsamen Band spielten wollten. VON MICHAEL GASSER

Nach einem Bühnenstreit 2010 hatten die vier Mitglieder von Woman fürs Erste genug vom Bandleben. Die Indie-Rocker beschlossen, eine Auszeit zu nehmen. Als Gitarrist Christopher Reimer zwei Jahre später mit 26 unerwartet starb, bedeutete das zwar das endgültige Aus für Woman, aber: Es war auch ein Weckruf für Sänger Matt Flegel und Schlagzeuger Mike Wallace. «Erst durch Christophers Tod wurde mir bewusst, dass wir tatsächlich sterblich sind», erklärte Flegel in einem Interview. Er und Wallace beschlossen deshalb, wieder gemeinsame Sache zu machen. «Bevor das Leben plötzlich vorbei ist.» Die zwei gründeten das Quartett Viet Cong, doch bei der Namensgebung habe man sich nicht allzu viel gedacht, gesteht Flegel. Erst als hasserfüllte E-Mails bei ihnen eintrudelten, wurde den beiden bewusst: Eventuell ist es nicht so eine gute Idee, sich nach einer Guerillaorganisation zu benennen, die bis in die Siebzigerjahre hinein bewaffneten Widerstand gegen das amerikanische Militär leistete. «Würden wir als The US Marines auftreten, wäre das deutlich weniger kontrovers», meint die Band. Dennoch: Viet Cong will Viet Cong bleiben. Die Kanadier aus Calgary veröffentlichten 2013 ihr Debüt – auf Musikkassette. Einfach, weil’s schnell gehen musste. Ende Januar erscheint ihr erstes offizielles Album, das ebenfalls den Namen «Viet Cong» trägt. Die sieben Songs sind rau, nah am Post-Punk und doch gefühlsbetont. Die Platte beginnt mit gewittrigen Rhythmen, leicht psychedelischer Orgel und einem Gesang, der dicht und harmonisch ist, aber wirkt, als hätten die Aufnahmen in einem Container stattgefunden. Das beschert krachende Sixties-Gefühle und lässt an Bands wie Velvet Underground denken. Viet Cong pinseln mitunter grobe, aber durchdachte Soundlandschaften, die sich dunkler und wuchtiger Farben befleissigen. Dabei entstehen Lieder, die wie Fiebertraum anmuten, aber trotz erhöhter Temperatur unglaublich Spass bereiten. Als neue Band haben Viet Cong die grösste Bewährungsprobe bereits bestanden: Die vier Musiker gingen mit einem Kleinwagen auf ausgedehnte Tournee – und stritten sich trotz beengter Platzverhältnisse nie.

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Hofstetter Holding AG, Bern

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Projectway GmbH, Köniz

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OfficeWest AG, Baden

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Scherrer & Partner GmbH, Basel

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ArchitekturPlus, Zürich

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Anne Hoffmann Graphic Design, Zürich

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FC Basel 1883 U19 Team UEFA Youth League

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Homegate AG, Zürich

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GELD & SO MADLEN BLÖSCH, Basel

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LS Real GmbH, Zürich

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Echtzeit Verlag, Basel

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HERVORRAGEND.ch, Kaufdorf

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Inter-Translations SA, Bern

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Schluep Degen Rechtsanwälte, Bern

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Hürzeler AG Regensdorf, klimaneutrale Druckerei, Regensdorf

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Claro Weltladen, Sissach

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PS: Immotreuhand GmbH, Zürich

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ApothekenConsulting, Wohlen

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Balzli & Fahrer GmbH Filmproduktion, Bern

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Anyweb AG, Zürich

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Arbeitssicherheit Zehnder GmbH, Ottenbach

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Balcart AG, Therwil

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Maya-Recordings, Oberstammheim

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Coop Genossenschaft, Basel

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Fischer & Partner Immobilien AG, Otelfingen

Möchten Sie bei den positiven Firmen aufgelistet werden? Mit einer Spende von mindestens 500 Franken sind Sie dabei! PC-Konto: 12-551455-3, Verein Surprise, 4051 Basel Zahlungszweck: Positive Firma + Ihr gewünschter Eintrag. Wir schicken Ihnen eine Bestätigung.

Viet Cong: Viet Cong (Jagjaguwar/Irascible). 341/15 SURPRISE 341/15

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Ausgehtipps

Debattieren statt spazieren: Karls Winterreden.

Alien sucht Anschluss: «The Wild Blue Yonder»

Die Welt ist laut und bunt, bei Norient sowieso.

Basel Viel All für’s Januarloch

Bern/St.Gallen Wenn Pygmäen jodeln

Ein neues Jahr ist angebrochen, und da steht uns der Sinn nach ein bisschen Zukunft. Das Neue Kino gibt sie uns, und zwar in Form einer Reihe prägender Science-Fiction-Filme – die einen bekannter, die anderen weniger. Zu entdecken gibt’s mit «Eolomea» von Hermann Zschoche ein DDR-Raumstation-Spektakel aus dem Jahr 1972: Hier wird noch ganz antiquiert Kette geraucht, während nach mysteriös verschwundenen Raumschiffen gesucht wird. Und Werner Herzog liess in «The Wild Blue Yonder» 2005 einen Ausserirdischen von seinem Planeten erzählen: Der war im Wasser untergegangen, weshalb die Bewohner die Erde kolonialisieren wollten. Dank Unterwasseraufnahmen, unveröffentlichten NASA-Aufnahmen und Interviews mit Wissenschaftlern wird das All seltsam schön und fremd zugleich. Ach ja, und Ridley Scotts «Blade Runner» gibt’s auch zu sehen, den Final Cut von 2007. (dif)

Norient ist mehr als ein Musikfilm-Festival: Norient ist Fleisch gewordene Musik-Ethnologie. Norient ist ein Online-Magazin, Performances, Vorträge, Bücher, Dokumentarfilme und Radiosendungen; die Leute hinter Norient sind nach eigener Definition permanent und weltweit auf der Suche nach neuer Musik, Klängen und Lärm. Norient ist aber eben auch ein Musikfilm-Festival. Und dort wird die Welt der weltoffenen Abendländer jeweils am greifbarsten. Es findet diesen Januar zum sechsten Mal in Bern statt und zum ersten Mal auch in St. Gallen. Zu sehen sein wird zum Beispiel die Geschichte des jungen deutschen Musikforschers Louis Sarno, den die Jodellaute der Pygmäen so in ihren Bann zogen, dass er gleich im Urwald blieb und dort eine Familie gründete. Oder die Story einer Gruppe Jugendlicher aus demselben tristen Wohnquartier wie damals die Commitments. Dem Hiphopper James Costello, der in Bern anwesend sein wird, wird zwar der schöne Spruch nachgesagt: «Darkness is just where the light hasn’t gone yet». Ihre Geschichte geht dennoch nicht so kitschig aus wie diejenige der fiktiven Soul-Band aus dem Erfolgsfilm. Und das sind erst zwei von 14 kürzeren oder längeren Filmen, die zu sehen sein werden. Am besten sparen Sie sich die Lektüre des Programms, gehen einfach hin und lassen sich vom Gezeigten in den Bann ziehen. (fer)

Neues Kino Basel, Do, 15. und Fr, 16. Jan.: «Eolomea», Do, 22. und Fr, 23. Jan.: «Blade Runner – Final Cut», Do, 29. und Fr, 30. Jan.: «The Wild Blue Yonder», jeweils 21 Uhr, im Hinterhaus der Klybeckstrasse 247. www.neueskinobasel.ch

Zürich Prediger wie Du und ich Der beste Adventskalender hat nur ein einziges Fenster – und hält überdies bis Ende Januar an. Seit dem 1. Dezember öffnet sich Abend für Abend der Erker über dem Restaurant Karl der Grosse am Grossmünsterplatz und offenbart kämpferische Predigten und selbstvergessene Monologe. Gehalten werden sie von bekannten und weniger bekannten Persönlichkeiten, die so unterschiedlich sind wie Du und ich: Kutti MC, Roger Köppel, Luzius Wasescha, Jacqueline Badran und Hazel Brugger sind einige davon. Besonders ans Herz legen wir Ihnen den 27. Januar: Dann spricht NZZ-Redaktorin und Surprise-Autorin Seraina Kobler. Nach den Reden kann sich die Debatte im Restaurant Karl weiterentwickeln. (ami) Karls Winterreden, noch bis Fr, 30. Jan., jeweils ab 18 Uhr, Grossmünsterplatz, Zürich. www.karldergrosse.ch

Anzeige:

6. Norient Musikfilm Festival, Do, 18. Dezember, Kino Reitschule und Turnhalle Progr, Bern. www.norient.com

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Die Jazzer von That Pork brauchen keinen Leader.

Soundtrack zum Bonobo: s «Affehuus» von Tomazobi.

St. Gallen/ganze Schweiz Kollektiver Triangel

Bern Money, money, money

Wenn Eigenwerbung den Ton trifft, kann man sie auch mal stehen lassen: «Mit Musiknoten pflegt das Westschweizer Trio That Pork eine impulsive On-Off-Beziehung», heisst es im Pressetext zum Konzert im St. Galler Palace. Was im Jazz so gesehen noch nichts zu bedeuten hat. Bezeichnender für die jungen Lausanner ist, dass sie sich als kollektiven Triangel von Gleichberechtigten verstehen – und auf den sonst in diesem nicht unelitären Genre üblichen Leader verzichten. Hörbar inspiriert von Amon Tobin, Sigur Ros und Mos Def, geben That Pork dem Jazz ein weiteres neues Gesicht. Eines, das nach Esbjörn Svensson und Johannes Enders klingt – und ein wenig nach John Zorn. That Pork spielen im Rahmen des Festivals Suisse Diagonales, an dem von Genf bis St. Gallen und von Biasca bis Frick zehn Bands insgesamt 50 Konzerte geben. (ami)

Bei der Tour de Lorraine dreht sich dieses Jahr alles ums Geld. Nicht ohne Grund: Im Januar kommt der Bonobo nach Bern, und das will gefeiert sein. Der Bonobo ist eine Alternativwährung (von «Bon ohne Boss»), gleich viel wert wie der Franken, aber nur einsetzbar in Betrieben, die «nach demokratischen, ökologischen und sozialen Prinzipien» geführt werden. Die Tour de Lorraine ist mittlerweile eine etablierte alternative Institution und auch in diesem Jahr gibt es reichlich Gelegenheit, sich politisch zu informieren und danach das Politische auch mal politisch sein zu lassen und einfach abzufeiern. Für den ersten Teil sind illustre Gäste angekündigt wie der Ökonom Nico Paech, der seine Wachstumskritik derart griffig formulieren kann, dass einem die Luft wegbleibt – und der garantiert mit dem Zug aus Oldenburg anreisen wird. Dazu gibt es Filme, Referate und Diskussionen zu Finanzwirtschaft, Vollgeld-Initiative und mehr. Im geselligen Teil der Veranstaltung gibt es Musik von den Berner Trash-Troubadouren Tomazobi (mit ihrem neuen Album «Affehus», im Dachstock) über die legendären Tequila Boys (im Du Nord) bis zu Electro Balkan Bass aus Belgrad von Shazalakazoo im Graffiti. (fer)

That Pork, Fr, 23. Jan., 22 Uhr, Palace, Blumenbergplatz, St. Gallen. Weitere Auftrittsdaten siehe www.diagonales.ch

Zürich Gesinnungs-Recycling

«Tour de Lorraine», Do, 22. bis Sa, 24. Januar, an diversen Orten in und um die Lorraine, Programm auf www.tourdelorraine.ch

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Die Zerstörung der Umwelt und der Abbau von Ressourcen ist ein Nebeneffekt des modernen Lebensstils. Die Shedhalle fragt sich nun in einer Ausstellung: Heisst das automatisch, dass die Kritik daran fortschrittlich ist? Wohl nicht, denn die ökologische Kritik neigt schnell dazu, reaktionär zu sein. Oft geht es bei der Beschwörung der heilen Umwelt um die Verlustangst derjenigen, die sich keine Gedanken über die Verteilung von Platz und Ressourcen machen müssen, weil sie von der bestehenden Verteilung profitieren. Die Künstler in der Ausstellung «Das Ende der Natur» finden: Es gibt Denkmuster, die ökologisch daherkommen, doch was sie recyceln, ist schliesslich nur Rassismus. Und sie zeigen es konkret in ihren Installationen und Videos: Ralo Mayer geht der feinen Trennlinie zwischen Verschwörungstheorien und «ökologischen» Argumenten nach und zieht Parallelen zwischen Ökologiebewegung und technologischem Vormachtsdenken. Tomash Schoiswohl wiederum beschäftigt sich mit der verhängnisvollen Verwandtschaft von «Schmutz» und «Sauberkeit». Von beidem ist in der Stadtplanung immer wieder die Rede, und es ist zentral für die Rechtfertigung sozialer Ungleichheit: Es gibt Plätze für die «Schmutzigen» und «saubere» Ort für die anderen. (dif) «Das Ende der Natur», Ausstellung, noch bis 1. März, Shedhalle Zürich. www.shedhalle.ch SURPRISE 341/15

Nicht nur die Natur, auch die Menschen sollten uns am Herzen liegen.

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Verkäuferporträt «Ich denke jede Minute an meine Kinder» Surprise-Verkäufer Peter Agulobi (45) stammt aus Nigeria und lebte über 20 Jahre als Fabrikarbeiter und Geschäftsinhaber in Italien. Nach Ausbruch der Krise ging er auf Arbeitssuche in die Schweiz – nun lebt er in der Notschlafstelle und spart jeden Rappen für seine fünf Kinder.

«Ich war mein Leben lang Geschäftsmann. Schon in Onitsha in Nigeria habe ich Autoersatzteile gekauft und sie in Kamerun vertrieben. 1990 wanderte ich nach Italien aus, dort arbeitete ich 15 Jahre lang in einer Fabrik, bis diese Pleite ging. Danach investierte ich mein Erspartes in ein Lebensmittelgeschäft, drei Jahre später, 2009, öffnete ich ein zweites. Ich habe fünf Kinder, drei Mädchen zwischen zehn und 14 und zwei Jungen, zweieinhalb- und fünfjährig. Meine Frau stammt aus demselben Dorf wie ich. 2001 kam sie nach Italien, wo wir auch geheiratet haben. Ich spreche gut Italienisch und habe den italienischen Pass – ich bin Italiener! Italiener und Nigerianer. 2011 kam die Krise. Die Leute verloren ihre Arbeit, die Kunden blieben weg. Trotzdem musste ich Steuern zahlen, die Ladenmiete, die Miete. Mein Einkommen reichte nicht mehr, und ich musste erst den einen, dann den zweiten Lebensmittelladen schliessen. In der Schweiz bin ich seit einem Jahr. Ich kam hierher, um Arbeit zu suchen, was sich aber schwierig gestaltete. ‹Sie sprechen kein Deutsch›, lautete jeweils die Absage. Das Geld wurde knapper und die Zeit drängte, da fragte ich einen Freund, den ich in der Gassenküche kennengelernt habe: ‹Wie überlebst du?› Er sagte, er verkaufe Magazine und zeigte mir das Surprise-Vertriebsbüro. Ich ging hin und bewarb mich. Dann kriegte ich einen Verkäuferpass, zehn Magazine als Startkapital und war Surprise-Verkäufer. Ich war so froh, richtig glücklich. Doch als ich am Bahnhof in Liestal stand, schämte ich mich plötzlich. Ein kräftiger Mann wie ich steht hier und verkauft Hefte! Ich redete mir selber gut zu, doch die Leute starrten mich an, als würde ich etwas Verbotenes tun. Nachdem ich am ersten Tag bloss vier Hefte verkauft hatte, kehrte ich entmutigt ins Büro zurück. Da schickten sie mich ins Stadtzentrum, wo mehr Betrieb ist – und plötzlich klappte es. Ganz automatisch begann ich das Verkaufen zu mögen, es wurde ein Teil von mir. Mittlerweile verkaufe ich sehr erfolgreich in Baselland. In Gelterkinden, Sissach und Liestal – da kaufen sie! Vor allem Frauen. Die Männer schauen mich oft gar nicht an, Frauen aber kaufen oft, wenn sie aus dem Supermarkt rauskommen. Obwohl sie beim Betreten noch Nein gesagt haben. Die Leute kennen mich und warten sogar auf mich, weil sie das Heft bei mir kaufen möchten. Ein Erfolgsrezept habe ich nicht. Der Punkt ist: Egal, was du tust, wenn du es tun willst, musst du dich dafür entscheiden und dich dafür interessieren. Dann machst du es besser. Ich verkaufe Surprise mit all meiner Kraft. Und ich sage es mal so: Gott kennt mein Problem und hilft mir. Meine Kunden ermutigen mich ebenfalls, auch zum Deutschlernen. Beim Hilfswerk Elim erhielt ich Deutschbücher. Gratis! Die Situation ist schwierig. Ich habe früher gut gelebt, und nun kreisen meine Gedanken um Fragen wie Essen und Wohnen und ich habe Mühe, mich auf das Lernen zu konzentrieren. Ich esse in der Gassenküche und versuche zu sparen, für meine Frau und meine fünf Kinder. Surprise hilft mir dabei, und ich verkaufe das Magazin gerne. Für mich reicht es, aber nicht um meine Familie zu ernähren, daher suche ich noch

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AUFGEZEICHNET VON MICHÈLE FALLER

eine andere Arbeit. Ich bin bei verschiedenen Personalvermittlern angemeldet und bekam auch schon kleine Jobs bei Transporten oder auf dem Bau. Ich wohne in der Notschlafstelle, denn ohne Arbeitsvertrag und sicheres Einkommen ist eine Wohnung kein Thema. Nach Feierabend schaue ich Tennis oder Fussball auf meinem Laptop und gehe früh schlafen. Etwa alle zwei Monate gehe ich zu meiner Familie nach Italien. Der Flug ist günstig und schnell, da wir in Treviso in Norditalien leben. Ich hoffe, dass ich hier eine Arbeit finde, denn ich möchte meinen Kindern eine gute Ausbildung ermöglichen. Sie bedeuten mir alles, und was immer ich tue: Ich denke jede Minute an sie. Natürlich spreche ich noch nicht gut Deutsch, aber ich habe 24 Jahre Arbeitserfahrung, da sollte es doch klappen mit einem Job! Ich hoffe nun auf Arbeitgeber, die es ähnlich sehen wie ich. Ich sage nämlich: Willst du jemanden kennenlernen, dann musst du nahe an ihn herangehen.» ■ SURPRISE 341/15


SurPlus – eine Chance für alle! Werden Sie Gotte oder Götti bei SurPlus Surprise kümmert sich um Menschen, die weniger Glück im Leben hatten. Menschen, die kaum Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt haben und ihr Leben in die eigenen Hände nehmen wollen. Mit dem Verkauf des Strassenmagazins Surprise überwinden sie ihre soziale Isolation. Ihr Alltag bekommt wieder Struktur und mehr Sinn. Sie gewinnen neue Selbstachtung und erarbeiten sich aus eigener Kraft einen kleinen Verdienst. Das verdient Respekt und Unterstützung. Das Spezialprogramm SurPlus ist ein niederschwelliges Begleitprogramm für ausgewählte Surprise-Verkaufende, die regelmässig das Strassenmagazin

verkaufen und hauptsächlich vom Heftverkauf leben. Diese Verkaufenden erhalten nur geringe soziale Ergänzungsleistungen und werden im Programm SurPlus gezielt vom Verein Surprise unterstützt: Sie sind sozial abgesichert (Ferien, Krankheit, Nahverkehrsabonnement) und werden bei Problemen im oft schwierigen Alltag begleitet. Mit einer Patenschaft leisten Sie einen wesentlichen Beitrag für die soziale Absicherung der Verkaufenden und ermöglichen ihnen, sich aus eigener Kraft einen Verdienst zu erarbeiten. Vielen Dank für Ihr Engagement!

Elsa Fasil Bern

Kostana Barbul St. Gallen

Ralf Rohr Zürich

Marlis Dietiker Olten

Negasi Garahassie Winterthur

Josiane Graner Basel

Wolfgang Kreibich Basel

Tatjana Georgievska Basel

Emsuda Loffredo-Cular Basel

Anja Uehlinger Baden

Fatma Meier Basel

Ja, ich werde Gotte/Götti und unterstütze das SurPlus-Programm von Surprise! 1 Jahr: 6000 Franken

1/2 Jahr: 3000 Franken

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341/15 Talon bitte senden oder faxen an: Verein Surprise, Administration, Spalentorweg 20, 4051 Basel, F +41 61 564 90 99, info@vereinsurprise.ch, PC-Konto 12-551455-3 SURPRISE 341/15

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Surprise ist: Hilfe zur Selbsthilfe Surprise hilft seit 1997 Menschen in sozialen Schwierigkeiten. Mit Programmen in den Bereichen Beschäftigung, Sport und Kultur fördert Surprise die soziale Selbständigkeit. Surprise hilft bei der Integration in den Arbeitsmarkt, bei der Klärung der Wohnsituation, bei den ersten Schritten raus aus der Schuldenfalle und entlastet so die Schweizer Sozialwerke.

Ich möchte Surprise abonnieren! 24 Ausgaben zum Preis von CHF 189.– (Europa: CHF 229.– ) (Verpackung und Versand bieten StrassenverkäuferInnen ein zusätzliches Einkommen.) Gönner-Abo für CHF 260.–

Eine Stimme für Benachteiligte Surprise verleiht von Armut und sozialer Benachteiligung betroffenen Menschen eine Stimme und sensibilisiert die Öffentlichkeit für ihre Anliegen. Surprise beteiligt sich am Wandel der Gesellschaft und bezieht Stellung für soziale Gerechtigkeit. Strassenmagazin und Strassenverkauf Surprise gibt das vierzehntäglich erscheinende Strassenmagazin Surprise heraus. Dieses wird von einer professionellen Redaktion produziert, die auf ein Netz von qualifizierten Berufsjournalistinnen, Fotografen und Illustratorinnen zählen kann. Das Magazin wird fast ausschliesslich auf der Strasse verkauft. Rund dreihundert Menschen in der deutschen Schweiz, denen der Arbeitsmarkt verschlossen bleibt, erhalten damit eine Tagesstruktur, verdienen eigenes Geld und gewinnen neues Selbstvertrauen.

Sport und Kultur Surprise fördert die Integration auch mit Sport. In der Surprise Strassenfussball-Liga trainieren und spielen Teams aus der ganzen deutschen Schweiz regelmässig Fussball und kämpfen um den Schweizermeister-Titel sowie um die Teilnahme an den Weltmeisterschaften für sozial benachteiligte Menschen. Seit 2009 hat Surprise einen eigenen Chor. Gemeinsames Singen und öffentliche Auftritte ermöglichen Kontakte, Glücksmomente und Erfolgserlebnisse für Menschen, denen der gesellschaftliche Anschluss sonst erschwert ist. Finanzierung, Organisation und internationale Vernetzung Surprise ist unabhängig und erhält keine staatlichen Gelder. Das Strassenmagazin wird mit dem Erlös aus dem Heftverkauf und mit Inseraten finanziert. Für alle anderen Angebote wie die Betreuung der Verkaufenden, die Sportund Kulturprogramme ist Surprise auf Spenden, auf Sponsoren und Zuwendungen von Stiftungen angewiesen. Surprise ist eine nicht gewinnorientierte soziale Institution. Die Geschäfte werden vom Verein Surprise geführt. Surprise ist führendes Mitglied des Internationalen Netzwerkes der Strassenzeitungen (INSP) mit Sitz in Glasgow, Schottland. Derzeit gehören dem Verband über 100 Strassenzeitungen in 40 Ländern an.

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Herausgeber Verein Surprise, Spalentorweg 20, 4051 Basel www.vereinsurprise.ch Öffnungszeiten Sekretariat 9 – 12 Uhr, Mo – Do T +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99 info@vereinsurprise.ch Geschäftsführung Paola Gallo (Geschäftsleiterin), Sybille Roter (stv. GL) Anzeigenverkauf T +41 61 564 90 90, M +41 76 325 10 60 anzeigen@vereinsurprise.ch Redaktion T +41 61 564 90 70, F +41 61 564 90 99 Amir Ali (ami), Florian Blumer (fer, Heftverantwortlicher), Diana Frei (dif), Mena Kost (mek) redaktion@strassenmagazin.ch leserbriefe@strassenmagazin.ch Ständige Mitarbeit Rosmarie Anzenberger (Korrektorat), Rahel Nicole Eisenring, Shpresa Jashari, Carlo Knöpfel, Melanie Kobler (Grafik), Yvonne Kunz, Stephan Pörtner, Isabella Seemann, Sarah Weishaupt, Priska Wenger, Tom Wiederkehr, Christopher Zimmer Mitarbeitende dieser Ausgabe Davide Caenaro, Manuela Donati, Michael Gasser, Thomas Oehler, Roland Soldi Gestaltung WOMM Werbeagentur AG, Basel Druck AVD Goldach Auflage 18 000, Abonnemente CHF 189, 24 Ex./Jahr Marketing, Fundraising T +41 61 564 90 50 Svenja von Gierke

Vertriebsbüro Basel T +41 61 564 90 83 Thomas Ebinger, Anette Metzner, Spalentorweg 20, 4051 Basel, basel@vereinsurprise.ch Vertriebsbüro Zürich T +41 44 242 72 11, M +41 79 636 46 12 Reto Bommer, Engelstrasse 64, 8004 Zürich, zuerich@vereinsurprise.ch Vertriebsbüro Bern T +41 31 332 53 93, M +41 79 389 78 02 Andrea Blaser, Alfred Maurer, Bruno Schäfer, Pappelweg 21, 3013 Bern, bern@vereinsurprise.ch Strassenchor T +41 61 564 90 40, F +41 61 564 90 99 Paloma Selma, p.selma@vereinsurprise.ch Strassensport T +41 61 564 90 10 Lavinia Besuchet (Leitung), l.besuchet@vereinsurprise.ch, Olivier Joliat (Medien), David Möller (Sportcoach) www.strassensport.ch Vereinspräsident Peter Aebersold

Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auch auszugsweise oder in Ausschnitten, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird von der Redaktion und dem Verlag jede Haftung abgelehnt. Surprise behält sich vor, an Verkaufende gerichtete Postsendungen zu öffnen. Barspenden an namentlich bezeichnete Verkaufende können nur bis zu einem Betrag von CHF 100.– weitergeleitet werden. Darüber hinausgehende Beträge sollen – im Einverständnis mit der Spenderin oder dem Spender – allen Verkaufenden zugute kommen. SURPRISE 341/15


Surprise Mehr als ein Magazin

Die Strickaktion zur Unterstützung der Schweizer Strassensport Nationalmannschaft war ein Riesenerfolg. Vierzig Fanschals konnte die Nati mit zum Homeless World Cup nach Chile nehmen. Damit hatten wir fast genug, um alle 55 Teams mit einem zu beglücken. Umso schwieriger war es für die acht Nationalspieler, einen Siegerschal zu küren. Gewonnen hat der Schal von Surprise-Leserin Claire Geiser aus Tavannes, den Jafar Ahmadi vor dem Finalspiel um den Futbol Calle Cup dem Slum Soccer Team aus Indien überreichen konnte. Das letzte Spiel ging zwar verloren, die Schweizer Nati gewann aber, nicht zuletzt dank den vielen Schals, die Herzen der anderen Teams und Zuschauer. Surprise Strassensport dankt allen Strickerinnen und Strickern ganz herzlich für ihren handgefertigten Motivationsschub und gratuliert Claire Geiser zum Gewinn des von Fussball-Kultfigur Gilbert Gress unterschriebenen Fussballs, gestiftet von Liga-Hauptsponsor Hyundai. (ojo)

Der Preis: Mit Gilbert Gress’ Signatur geschmückter Ball.

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Surprise Strassensport Die Qual der Schal-Wahl

Die Beschenkten: Slum Soccer Team aus Indien.

Die Siegerin: Claire Geiser (links) hat den schönsten Schal gestrickt.

Hier könnte Ihre Werbung stehen. Werfen Sie Ihr Werbegeld nicht auf die Strasse. Investieren Sie es dort. Anzeigenverkauf, T +41 76 325 10 60, anzeigen@vereinsurprise.ch SURPRISE 341/15

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Eine Tasse Solidarität! Machen Sie mit: Zwei bezahlen, eine spendieren. Café Surprise gibt es hier: In Basel Café-Bar Aktienmühle, Gärtnerstrasse 46 Café-Bar Elisabethen, Elisabethenstrasse 10 Café Restaurant Haltestelle, Gempenstrasse 5 Post Bar, St. Johanns-Vorstadt 80 Trattoria Bar da Sonny, Vogesenstrasse 96 In Bern Restaurant Genossenschaft Brasserie Lorraine, Quartiergasse 17 Café Kairo, Dammweg 43 Café Tscharni, Waldmannstrasse 17a Luna Llena Gelateria Restaurant Bar, Scheibenstrasse 39 In Thun Joli Mont, Bälliz 60 In Zürich Café Zähringer, Zähringerplatz 11

Weitere Informationen: www.vereinsurprise.ch/cafesurprise Ein Projekt des Verein Surprise.


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