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Ogtern mit Emil Der Kabarettist und Menschenfreund im Interview Shaun ist da! Bei den Machern des lustigsten Schafs der Welt

«Strange Fruit»: Billie Holiday und die Geburt des schwarzen Protestsongs

Nr. 346 | 20. März bis 9. April 2015 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass.


Eine Tasse Solidarität! Machen Sie mit: Zwei bezahlen, eine spendieren. Café Surprise gibt es hier: In Basel Café-Bar Aktienmühle, Gärtnerstrasse 46 Café-Bar Elisabethen, Elisabethenstrasse 10 Café Restaurant Haltestelle, Gempenstrasse 5 Post Bar, St. Johanns-Vorstadt 80 Trattoria Bar da Sonny, Vogesenstrasse 96 In Bern Restaurant Genossenschaft Brasserie Lorraine, Quartiergasse 17 Café Kairo, Dammweg 43 Café Tscharni, Waldmannstrasse 17a Luna Llena Gelateria Restaurant Bar, Scheibenstrasse 39 In Thun Joli Mont, Bälliz 60 In Zürich Café Zähringer, Zähringerplatz 11

Weitere Informationen: www.vereinsurprise.ch/cafesurprise Ein Projekt des Verein Surprise.


«Ja, und dann sechs waagrecht hiesse es ja dann OG, OG … OGTERN. ‹Kirchlicher Feiertag› – hab ich noch nie gehört, das». Emil als Telegrafenbeamter, der versucht, ein Kreuzworträtsel zu lösen, gehört quasi zum humoristischen Kulturerbe der Schweiz. Dieser Meinung war offensichtlich auch das Historische Museum Luzern, das dem Kabarettisten ab Ende März eine Sonderausstellung widmet, die den Ursprung der Figur Emil erforscht. Wir haben den heute 82-jährigen Emil Steinberger zum Interview gebeten und einen sehr freundlichen und humorvollen, aber auch überraschend ernsten und kritischen Zeitgenossen angetroffen – womit unsere Idee ist Wanken geriet, Ihnen in unserer dreiwöchigen Osterausgabe einmal ein Magazin mit überwiegend lustigem Inhalt zu gönnen. Doch sind nicht die Lacher besonders schön, die einem dann wieder im Halse stecken bleiben?

BILD: ZVG

Editorial Ogtern?

FLORIAN BLUMER REDAKTOR

Emil sagt, dass seine erste Absicht immer war, die Menschen zum Lachen zu bringen. Was ihm erwiesenermassen besonders gut gelang. So haben auch Millionen Menschen über seinen verboten menschlichen Einwanderungsbeamten Moritz Fischer – er spielte eigentlich sich selber, verriet Emil im Gespräch – aus dem Erfolgsfilm «Die Schweizermacher» gelacht: wie er und sein Kollege ausspähen, ob die jugoslawischstämmige Tänzerin den Müll auch am richtigen Tag rausstellt und ob die italienische Familie nicht etwa nur Spaghetti isst. Warum Emil selbst ob den «Schweizermachern» unterdessen das Lachen vergangen ist, erfahren Sie im Interview ab Seite 10. Und damit Ihnen das Lachen doch nicht ganz vergeht, präsentieren wir in diesem Heft auch eine exklusive Geschichte über Shaun, das so unglaublich erfolgreiche Knetschaf mit dem ansteckend schiefen Grinsen. Unsere englischen Kollegen von The Big Issue haben mit den Machern des ersten Shaun-Kinofilms gesprochen und werfen einen Blick hinter die Kulissen der legendären Aardman Studios im südenglischen Bristol. Gegen Weltschmerz und einen allfällig verregneten Frühlingsanfang können wir Ihnen jedenfalls wärmstens empfehlen, bei Gelegenheit mal auf Youtube «Emil» oder «Shaun das Schaf» einzugeben. Und wir freuen uns natürlich, wenn Sie auch bei der Lektüre dieses Hefts an der einen oder andern Stelle ins Schmunzeln kommen. Mit den besten Wünschen für fröhliche Ostern, Florian Blumer

Surprise ist auf Spenden angewiesen. Auch auf Ihre! Herzlichen Dank. PC-Konto 12-551455-3 oder vereinsurprise.ch/spenden-surprise Ihre Meinung! Wir sind gespannt auf Ihre Kritik, Ihr Lob oder Ihre Anmerkungen. Schreiben Sie uns! Auf leserbriefe@strassenmagazin.ch oder an Verein Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, 4051 Basel. Es werden nur Leserbriefe abgedruckt, die mit vollem Namen unterzeichnet sind. Die Redaktion trifft eine Auswahl und behält sich vor, Briefe zu kürzen. Oder diskutieren Sie mit uns auf www.facebook.com/vereinsurprise SURPRISE 346/15

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10 Emil «Bringt uns Lachen weiter?» Ab Ende März ist Emil im Historischen Museum Luzern zu sehen. Emil, ein Relikt aus vergangenen Zeiten? Von wegen. Noch immer ist der Kabarettist kaum zu bremsen, noch immer macht er ausgedehnte Tourneen mit alten und neuen Nummern. Wir haben Emil Steinberger in seiner neuen Wahlheimat Basel zum Gespräch getroffen – und sind dabei auch auf seine nachdenkliche Seite gestossen.

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Inhalt Editorial Humor ist, wenn man lacht Die Sozialzahl Richtig sozial versichert? Aufgelesen Nutzlose Vitamine Zugerichtet Feuer unter dem Dach Leserbriefe An Wolfgangs Beerdigung Starverkäufer Nicolas Gabriel Porträt Bei Warlords zum Tee Fremd für Deutschsprachige Falsch ausgerüstet Radio Vitamin B für Flüchtlinge Kultur Die Superbewerber Ausgehtipps Bühne frei für Sie Verkäuferinnenporträt «Ja, ich bin Zigeunerin» Projekt SurPlus Eine Chance für alle! In eigener Sache Impressum INSP

14 Billie Holiday Seltsame Früchte BILD: WILLIAM GOTTLIEB/GETTY IMAGES

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Vor über 75 Jahren sang die Jazzlegende Billie Holiday zum ersten Mal den Song «Strange Fruit» mit seinen Zeilen über gelynchte Schwarze, die wie seltsame Früchte von den Bäumen hängen. Holiday, schon damals eine Legende, verhalf dem Song und seiner Botschaft zu einem grossen Publikum, die Musik bereitete den Weg für die spätere Bürgerrechtsbewegung. Heute würde Holiday 100 Jahre alt – und die Musik der Schwarzen in Amerika radikalisiert sich erneut.

BILD: ZVG

18 Shaun Very funny, very British

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Das Knetpärchen Wallace und Gromit aus den Aardman Studios im südenglischen Bristol eroberte in den Neunzigerjahren die Welt im Sturm. Nun setzt Shaun das Schaf – ebenfalls eine Aardman-Kreation – dazu an, deren Erfolg noch zu toppen: Soeben ist der erste Kinofilm des abenteuerlustigen Wolltierchens von der Mossy Bottom Farm in den Kinos angelaufen. Ein Blick hinter die Kulissen in Text und Bild.

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Die Sozialzahl Alle sozialen Risiken decken! Der Sozialstaat hat in der Schweiz eine lange Geschichte, auch wenn diese im europäischen Vergleich spät begann. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wird das Gesetz zur Alters- und Hinterbliebenenvorsorge AHV angenommen. Damit ist die erste obligatorische Sozialversicherung eingerichtet. Sie schützt vor Armut im Alter, eines der grössten sozialen Risiken in der Arbeitsgesellschaft. Später kommen weitere Sozialversicherungszweige, etwa die obligatorische Unfallversicherung, die Invalidenversicherung und die Arbeitslosenversicherung, dazu. Zuletzt werden die Mutterschaftsentschädigung in der Erwerbsersatzordnung 2005 und 2009 die harmonisierten Kinderzulagen eingeführt. Im Jahr 2012, für welches die aktuellste Zahl verfügbar ist, betragen die Gesamtausgaben im Sozialversicherungsstaat 142 Milliarden Franken. Schaut man sich die Anteile der verschiedenen Sozialversicherungen an diesen Gesamtausgaben an, erkennt man unschwer, dass die Ausgaben für die unterschiedlichen sozialen Risiken grosse Unterschiede aufweisen. Die Deckung des Risikos «Alter» beansprucht rund 70 Prozent der Gesamtausgaben, wenn man die Anteile für die AHV, die berufliche Vorsorge, die Ergänzungsleistungen zur AHV und (als zurückhaltende Schätzung) die Hälfte der Ausgaben für die Krankenversicherung addiert. Da nehmen sich die Anteile für den Schutz vor Arbeitslosigkeit und die Aufwendungen für Familien vergleichsweise bescheiden aus. Diese Beobachtung darf nicht Anlass sein, die verschiedenen sozialen Risiken gegeneinander auszuspielen. Die Ausgaben für die Rentnerinnen und Rentner sind in den letzten Jahren gestiegen und werden auch in den nächsten drei Dekaden, getrieben durch die demografische Entwicklung, weiter zunehmen. Die wachsende Zahl der Betagten und die steigende

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ttel beansprun sogar zusätzliche Mi Lebenserwartung werde kaum ansteigen. n die einzelnen Renten chen. Trotzdem werde sind seit vielen ge für die AHV-Renten Im Gegenteil: Die Beträ Teuerung ander ch t, sondern nur no Jahren nicht mehr erhöh beruflichen der s sind die Renten au gepasst worden. Zudem chten und ssi au begrenzten Rendite Vorsorge angesichts der . ndlungssatz unter Druck dem sinkenden Umwa eitslosene geringe Anteil der Arb Auch der vergleichsweis ialversiSoz der den Gesamtausgaben versicherung ALV an en m ein wurden ch einer Erklärung. Zu cherungen verlangt na V begrenzt und n die Leistungen der AL mit der letzten Revisio deren spiegeln rungen erzielt, zum an damit namhafte Einspa herung längst der Arbeitslosenversic sich in den Ausgaben einer AussteueArbeitslosigkeit. Nach nicht alle Kosten der en durch die ALV ng der Taggeldzahlung rung und der Einstellu itarbeitsloSozialhilfe für die Langze muss in vielen Fällen die sen aufkommen. fwendungen d aber die geringen Au Wirklich bedenklich sin ehmen zwar Schweiz. Familien übern für die Familien in der ielle WertschätGesellschaft, die mater der in ben fga Au le vie der von heute klein, obwohl die Kin zung ist aber lächerlich ftlichen Lecha rts n, kulturellen und wi die Träger des soziale Bemühunalle zt Trotzdem sind bis jet bens von morgen sind. Familien der g finanziellen Absicherun gen zu einer besseren lament Par das itert. Zuletzt beerdigte auf Bundesebene gesche ilien. Fam für Ergänzungsleistungen vor wenigen Jahren die stütter Un die ch die Kantone fahren Damit nicht genug: Au die a etw sie ilien zurück, indem zungsleistungen für Fam We n. rze ng kü der Krankenversicheru Prämienverbilligung in tla En en lich igen Kantonen zu steuer nigstens kam es in ein t tiefen Einkommen. stungen für Familien mi KN OE PFE L @VER CA RL O KN ÖP FEL (C. BIL D: WO MM

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Aufgelesen News aus den 90 Strassenmagazinen, die zum internationalen Netzwerk der Strassenzeitungen INSP gehören.

Wüster Wald Glasgow/London. Bauunternehmer in Dubai wollen einen künstlichen Regenwald in der Wüste erschaffen. 5,1 Millionen Quadratkilometer soll das Areal umfassen. Umweltschützer kritisieren das Projekt als nicht nachhaltig, schliesslich handelt es sich hier um eines der trockensten Länder der Erde. Mit einem täglichen Pro-Kopf-Verbrauch von 550 Litern Wasser bewegen sich die VAE sowieso schon am oberen Rand. Im Vergleich dazu: Der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch in der Schweiz liegt bei 309 Liter Wasser am Tag.

Gefährliche Zusätze Freiburg. Etwa 18 Millionen Deutsche nehmen regelmässig Vitaminpräparate und andere Nahrungsergänzungsmittel ein. Weltweit setzt allein Nestlé etwa 20 Milliarden Franken jährlich mit sogenannten gesundheitsfördernden Produkten um. Sinnvoll ist der Konsum solcher Präparate jedoch nur in seltenen Fällen, neue Studien belegen gar eine Erhöhung der Sterblichkeitsrate bei einer erhöhten Einnahme von Vitamin A, E und Betacarotinen. Eine ausgewogene Ernährung bleibt die gesündere Alternative.

Tote Dörfer Hannover. Überalterung, Abwanderung, Investitionsmangel und mangelnde Mobilität: In vielen ländlichen Regionen Deutschlands drohen Dörfer zu sterben. Im Raum Südniedersachsen wird die Zahl der 15 bis 65-Jährigen laut Prognose des Niedersächsischen Instituts der Wirtschaft bis 2030 um 20 Prozent zurückgehen, der Anteil der Senioren um fast ein Drittel steigen. Dörfer wie Braunlage im Harz könnten damit bis in 50 Jahren ausgestorben sein.

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Zugerichtet Eine teure Zigarette Ruedi F.* ist keiner, bei dem Hopfen und Malz verloren wäre. Er säuft nur quartalsmässig. Der gelernte Gärtner, 51 Jahre alt, hat einen Schul- und Lehrabschluss, einen Job und eine Zwei-Zimmer-Wohnung. Das ist schon was. Aber doch nicht alles, was man sich vom Leben erträumt: Da kommt man nun von der Frühschicht nach Hause und die Wohnung ist leer. Keine Frau, keine Kinder, dafür ein Chaos. Freund und Tröster ist die Flasche. Zigarette gehört dazu. Man läuft durch die Wohnung, von einem Zimmer zum anderen, die Gedanken springen rum wie junge Affen im Urwald. Hin und wieder ein Schluck aus der Flasche. Hin und wieder fällt bisschen Glut runter. Man legt sich auf die Couch, schaltet den Fernseher ein, im Kopf wird der Nebel immer grösser. In der Wohnung auch. Der Richter verliest die Anklage. Fahrlässige Brandstiftung, Schwelbrand. Auslöser war eine Zigarette. Das Sofa qualmte, die auf dem Boden verstreuten Zeitungen fingen Feuer, das Laminat bekam Brandlöcher, die Wohnung war für längere Zeit unbewohnbar. Der Gärtner, gekleidet mit Fleece-Jacke und Overall, kommt ohne Verteidiger an die Verhandlung. Er muss sich selber ins gute Licht rücken. Eilends teilt er mit, er sei seit dem «Vorfall» trocken. Regelmässige Teilnahme in einer Selbsthilfegruppe kann er vorweisen. «Schön, schön, aber so schnell geht es dann doch nicht», meint der Richter. «Was uns die Sache erschwert ist, dass Sie hier schon mal zu Gast waren.» Der Richter sagt es, als ob er sich entschuldigen wolle. Er zählt fünf Einträge aus dem Strafregister auf und bezeichnet die Straftaten – alle unter Alkoholeinfluss

begangen – als «Hilferuf» des Gärtners. Dieser hatte im Rausch einen Verkehrsunfall verursacht und einen Rettungssanitäter bedroht. Ein Verfahren wegen fahrlässiger Brandstiftung war eingestellt worden. Das sei zwölf Jahre her, protestiert der Angeklagte. «War Schicksal, die Fernseh-Kiste ist implodiert.» Der Richter ist skeptisch. «Rauchen Sie noch?» – «Aber nicht im Bett», versichert Ruedi. «Seit dem Vorfall rauche ich nur noch zum Küchenfenster raus.» Vom «Vorfall» hat er nichts mitbekommen. Aus seiner Umnebelung riss ihn ein Knall, sagt er. Das war, als die Feuerwehr an die Tür hämmerte. Ein Nachbar hatte sie gerufen, als er den dichten Qualm aus der Dachwohnung aufsteigen sah. Glücklicherweise kam niemand zu Schaden. Ruedi, nur mit einer Unterhose bekleidet und sich mit Händen und Füssen wehrend, wurde aus seiner Wohnung evakuiert und kam mit zwei Brandblasen und einer Rauchvergiftung davon. «Im Spital fanden sie noch 2,75 Promille», erzählt er. Ruedi ist geständig, der Schaden ist mit 12 000 Franken vergleichsweise gering, einen Teil hat er schon zurückbezahlt. Der Richter stuft die Brandstiftung als gerade eben noch fahrlässig ein – es hätte ein ganzes Mietshaus in Flammen aufgehen können. Das Urteil zur Bewährung nennt er eine geliehene Freiheit: Wenn Ruedi die acht Monate nicht absitzen wolle, müsse er eine ambulante Behandlung machen und drei Jahre lang auf dem Pfad der Tugend wandeln. «Nicht mehr saufen bei Ärger! Und nicht mehr rauchen im Bett!» – «Um Himmels willen! Nie mehr!», schwört Ruedi. «Ich hab heute noch Albträume.» ISABELLA SEEMANN (ISEE@GMX.CH) ILLUSTRATION: PRISKA WENGER (PRISKAWENGER@GMX.CH) SURPRISE 346/15


Leserbriefe «Traurig und unfassbar» «Ich traf nie solch schlimme Zustände in Heimen an» Ich möchte Ihnen danken für das Heft Nr. 343. Ich habe alle Artikel mit Interesse gelesen. Besonders angesprochen hat mich das Interview mit Mitra Devi. Ihre Ansichten kann ich sehr gut nachvollziehen. Traurig und fast unfassbar sind die Auszüge aus dem Buch von Erna Eugster. Ich habe selbst einige Jahre in der Sozialarbeit gewirkt und auch in zwei verschiedenen Heimen gearbeitet. Ich traf nie solch schlimme Zustände an, obschon am ersten Ort Kinder waren, die nicht gerade aus geordneten Verhältnissen kamen, und im zweiten Heim ledige, sehr junge Mütter mit ihren Kleinen zu betreuen waren. Diese jungen Menschen waren alles andere als pflegeleicht, doch Züchtigungen gab es keine. Auch bei der Arbeit auf einem Jugendsekretariat im Kanton Zürich machte ich keine schlechten Erfahrungen. Etwas anders sieht es aus bei meinen beiden Patenkindern. Vor allem das eine, das seine ganze Jugend in einem Heim verbrachte, leidet heute, mit circa 23 Jahren, noch immer darunter. Doch beide meistern heute ihr Leben gut. Ernas Geschichte gehört wirklich zu einem dunklen Kapitel. Ruth Raschle, Winterthur

Nr. 344, Nachruf auf Surprise-Verkäufer und Stadtführer Wolfgang Kreibich, der am 2. Februar dieses Jahres verstarb. Abschied von Wolfgang Kreibich Ich traf Wolfgang ziemlich regelmässig auf dem Bahnsteig. Während eines Gesprächs stellte sich heraus, dass Wolfgang – wir duzten uns gleich – Surprise-Verkäufer ist. Ich kaufe das Magazin regelmässig und ich nahm mir auch vor, unbedingt mal an einem von Wolfgangs Stadtrundgängen teilzunehmen. Dann ruft mir bei der gemeinsamen mor-

Nominieren Sie Ihren Starverkäufer! Schreiben Sie uns mit einer kurzen Begründung, welche/n Verkäufer/in Sie an dieser Stelle sehen möchten: Verein Surprise, Redaktion Spalentorweg 20, 4051 Basel F +41 (0)61 564 90 99 redaktion@vereinsurprise.ch

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gendlichen Zeitungslektüre meine Frau zu: «Willy, den kennst du doch!» und zeigt auf eine Todesanzeige für einen Wolfgang Kreibich aus Tecknau. Die Nachricht platzt wie eine Bombe in unsere Frühstückslektüre. Ich sage mir: Den lasse ich nicht sang- und klanglos «verscharren» und nehme mir fest vor, an der Abdankung teilzunehmen. Als ich als einer der Ersten bei der Abdankungshalle eintreffe, hat es nur wenig Menschen. Ich komme mir einen Moment vor wie im falschen Film. Unversehens merke ich, dass sich der Vorplatz zur Abdankungshalle gefüllt hat. Viele Verkäufer-Kollegen sind gekommen, um ihrem Gefährten die letzte Ehre zu erweisen. Bald setzen wir uns in feierlichem Zug in Bewegung zum Gemeinschaftsgrab, wo wir uns um die Urne versammeln. Ein kleiner, zerbrechlich wirkender Mann verteilt rote Rosen. Die Pfarrerin kennt Wolfgang seit vielen Jahren. In ihrer eindrücklichen Rede nimmt sie Bezug auf das nicht sehr einfache Leben des Verstorbenen. Sie liest einen Text über die Liebe aus dem Korintherbrief vor, einen weiteren aus der Genesis. Aus der Schöpfungsgeschichte gehe hervor, dass Gott alle seine Geschöpfe in sein Licht und seine Liebe hülle; auch Wolfgang sei in dieses Licht und diese Liebe eingeschlossen. Und in dieses Licht dürfe er jetzt zurückkehren. Ein Freund von Wolfgang lässt drei seiner Lieblingslieder laufen, sie hallen in die kalte Winterluft. Nach einem kurzen Gebet scheint die Feier zu Ende. Doch weit gefehlt: Aus der Menge löst sich eine energische Frau mit wildem, tizianfarbenem Lockenkopf und stellt sich in die Mitte. Sie schwingt die Arme und nickt einem Rastalocken-Wuschelkopf mit Gitarre zu. Dieser zupft einige Akkorde, und schon singt und swingt der Surprise-Chor zu Wolfgangs Lieblingsliedern. Es fetzt und rockt, es bebt und swingt; eine reine Freude! Mir und vielen anderen laufen die Tränen übers Gesicht. Dann drängt sich eine mir unbekannte, weisshaarige Dame nach vorn und rezitiert auswendig Mercedes Sosas wunderbares Gedicht «Los hermanos»: «Yo tengo tantos hermanos que no los puedo contar». Zu Deutsch: «Ich habe so viele Brüder und Schwestern, dass ich sie nicht zählen kann.» So möchte ich auch begraben werden. Willy Weber, Gelterkinden

BILD: ZVG

Nr. 343: «Prinzip Züchtigung», Ausschnitt aus der Autobiografie «Dreckloch» von Erna Eugster, die in den Siebzigerjahren in Heimen und Anstalten administrativ versorgt wurde.

Starverkäufer Nicolas Gabriel Jaël Thoma aus Zürich schreibt: «Nicolas Gabriel ist mein Starverkäufer, weil er mir gezeigt hat, mit wie wenig Geld man sich durchschlagen kann. Seine Aussage ‹Ich bin ja kein Obdachloser, denn ich lebe unter einer Brücke› hat mich sehr inspiriert, und ich wünsche ihm alles Gute und Glück auf seiner weiteren Reise.»

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Porträt Ein Pazifist unter Kriegern Armin Köhli aus Hinteregg reist von einer Rebellengruppe im Nahen Osten zur nächsten und propagiert das Völkerrecht. Woran sein Gegenüber glaubt, kümmert ihn dabei nicht. VON AMIR ALI (TEXT) UND PASCAL MORA (BILD)

dem Lärm. Seine Lippen sind meist zu einer Art Lächeln geformt, auch wenn er spricht. Seine Hände liegen ruhig auf dem Holztisch, vor ihm steht gespritzter Apfelmost. «Wir führen einen Dialog auf Augenhöhe», beschreibt Köhli die Beziehungen zu seinen Verhandlungspartnern. «Ich bin kein Missionar. Ich will vor allem verstehen, was sie dazu bringt, die Regeln zu brechen. Und dann will ich ihnen Handlungsoptionen bieten.» Wer mit allen redet, der kann es sich mit vielen verscherzen. Armin Köhli findet sich deshalb unweigerlich auf dem Parkett der internationalen Diplomatie wieder. Und weil dieses rutschig ist, muss Köhli immer aufpassen, wie er sich öffentlich ausdrückt. Er sagt bewusst nicht «Befreiungsbewegungen», sondern «bewaffnete Bewegungen», um keine Regierung zu brüskieren, die in einem Konflikt mit solchen Grup-

Wie so oft, wenn das Leben eine entscheidende Wendung nimmt, merkte Armin Köhli nichts davon. Es war Zufall, dass er in jener Bar im Zürcher Niederdorf hockte. Er weiss nicht mehr genau welche, vielleicht gibt es sie auch gar nicht mehr, es ist lange her. Jedenfalls bekam Armin Köhli damals in jener Bar ein Ticket nach Tunis geschenkt. Köhli verliebte sich in die arabische Welt, ging nach Damaskus, um die Sprache zu lernen, engagierte sich in Zürich in der Palästina-Solidaritätsbewegung – und landete als Auslandsjournalist bei der Wochenzeitung WOZ. Seit acht Jahren arbeitet er im Nahen Osten für die NGO Geneva Call, die sich den Schutz von Zivilisten in bewaffneten Konflikten auf die Fahne geschrieben hat. «Wir reden mit allen, die bereit sind, mit uns zu reden», fasst Köhli den Ansatz zusammen. Ob in Kolumbien, auf den «Mich interessiert nicht, wer die Guten sind und wer die Bösen. Philippinen oder in Syrien: Geneva Call ist der Mich interessiert nur, wo ich weiterkomme.» einzige Player auf diesem heiklen Feld, der vor niemandem Halt macht. Und Armin Köhli wohl der einzige Mensch, der auf zwei Beinprothesen durch die explopierungen steht. Auch bei diesem Text über ihn und seine Arbeit wolsivste Region der Welt reist, um mit Guerilleros und Warlords Tee zu len er und Geneva Call das letzte Wort haben. Das ist seine Bedingung. trinken und ihnen unangenehme Fragen zu stellen. «Dabei», sagt er, Mehrmals korrigiert er sich im Gespräch selbst, schwächt Aussagen «bin ich von Haus aus Pazifist. Ich will immer friedliche Lösungen.» leicht ab, macht ein wenig neutraler, was ihm zu salopp über die LipKnapp 30 Jahre, nachdem er das Ticket nach Tunis bekam, ist Armin pen rutscht. Köhli Stammkunde bei zwei Coiffeursalons. Und die liegen weder im Armin Köhli aus Hinteregg redet also mit allen. Stellt er sich nie die Zürcher Vorort Hinteregg, wo er wohnt, noch in Genf, wo die Büros von Frage: Wer sind die Guten, wer sind die Bösen? «Das interessiert mich Geneva Call sind. Köhli lässt sich die Haare im nordirakischen Erbil nicht», sagt er. In seiner Stimme liegt eine charakteristische Mischung schneiden oder in Beirut. Je nachdem, wo noch Zeit übrig ist, nachdem aus Trotz und Belustigung, die man als Schalk missverstehen könnte. er sich mit Vertretern von Gruppierungen getroffen hat, mit denen der Aber ihm ist es ernst. «Mich interessiert nur die Frage: Wo komme ich Westen seine liebe Mühe hat. Syrische Rebellen etwa, oder die kurdiweiter?» Dieser Pragmatismus steckt in jeder Episode der Geschichte, sche PKK, die er in ihrem Rückzugsgebiet in den nordirakischen Berdie Armin Köhli über sich selbst erzählt. Als junger Reisender in Tunegen trifft. Oder palästinensische Gruppen, islamistisch oder nicht, die sien und Algerien merkte er, dass er nichts von der Kultur verstand – in den Flüchtlingsstädten im Libanon um Einfluss kämpfen. Menschen also lernte er Arabisch und begann sich mit dem Palästinakonflikt zu also, die oft schon ihr ganzes Leben mit Waffen hantieren. beschäftigen. Armin Köhli ist nicht so naiv zu glauben, er könne sie dazu bringen, Weil er als Junge bei einem Unfall beide Beine verlor und Prothesen damit aufzuhören. Aber er will, dass sie sich dabei an gewisse Regeln tragen musste, schmerzte und erschöpfte ihn das Gehen – also enthalten. Er und seine Kollegen versuchen, sogenannte bewaffnete deckte er das Velofahren. Jahre später wurde er Fünfter im Strassennichtstaatliche Akteure auf die Einhaltung des Völkerrechtes zu verrennen der Paralympics in Australien. Und das Extremrennen Tour d’ pflichten. Die grundlegendsten Regeln also: Zivilisten schützen, keine Afrique von Kairo nach Kapstadt beendete er als Dritter. verbotenen Waffen einsetzen, nicht foltern. Keine menschlichen Und dann sagt dieser Mann wie nebenbei, dass er als einziger opeSchutzschilde, keine Vergewaltigungen, keine Kindersoldaten. Diese rativer Mitarbeiter bei Geneva Call Teilzeit arbeite, sei wohl «Behinderund andere Regeln, dieser allgemein akzeptierte Minimalkonsens dartenbonus». In der akademisierten und leistungsorientierten NGO-Welt über, wie man Krieg führen oder eben nicht führen soll, ist in verist er damit tatsächlich eine Ausnahme. «Es würde nicht anders gehen, schiedenen internationalen Verträgen zwischen Staaten festgeschrieich brauche diese Erholungszeit», sagt Köhli. «Ein Langstreckenflug ben. Aber nicht nur Staaten führen Krieg. Die Idee, mit der Geneva Call zum Beispiel ermüdet mich stärker als andere.» im Jahr 2000 gegründet wurde: Die Regeln sollen auch von jenen GrupDass die Idee, nichtstaatliche Akteure auf das Völkerrecht zu verpen in der ganzen Welt eingehalten werden, mit denen Staaten immer pflichten, funktioniert, zeigt die Bilanz von Köhli und seinen Kollegen: öfter im bewaffneten Konflikt stehen. Kurdische Gruppierungen haben ihre Bestände an Antipersonenminen Es ist ein Zürcher Abend im März, draussen sinkt bereits die Dunzerstört und sich dem Schutz von Kindern verpflichtet. Die syrisch-kurkelheit herab und drinnen im Café, nicht weit von jener Bar, in der aldische YPG hat erst im vergangenen Sommer 149 Kindersoldaten deles begann, steigt allmählich der Lärmpegel. Köhli, schwarze Jeans, mobilisiert. Und die palästinensische Befreiungsorganisation PLO im schwarzer Pulli, schwarze Lederjacke, war geschmeidig und unauffälLibanon hat mittlerweile eine eigene Abteilung, die sich um die Auslig eingetreten. Er spricht sehr ruhig, und oft lässt er sich Zeit mit der bildung in Sachen Völkerrecht und dessen Einhaltung kümmert. Die Antwort. Aber seine Stimme geht nie unter, sie hält sich immer über Kommandanten nannten diese Gruppe zu Beginn: «Armins Team». ■ SURPRISE 346/15

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Emil «Das Kabarettspielen war ein Rettungsanker» Emil Steinberger ist heute 82 und seine Beliebtheit ist ungebrochen. Im Gespräch schaut der Kabarettist auf die Entstehung der Figur Emil und die schwierige Zeit im Elternhaus zurück. Und er erklärt, warum er sich bei einer Vorführung von «Die Schweizermacher» in New York in die hinterste Ecke des Kinosaals verkroch.

VON FLORIAN BLUMER UND DIANA FREI (INTERVIEW) UND LUCIAN HUNZIKER (BILDER)

Die Ausstellung weckt in Ihnen nicht das Gefühl, Sie seien nun am Ende Ihrer Karriere angekommen? Nein. Denn man sieht darin, dass es immer weiterging, immer noch weitergeht.

Ob er als Telegrafenbeamter beim Kreuzworträtsel am «kirchlichen Feiertag mit O» scheitert («Ogtern?») oder als übermüdeter PolizeibeIn der Ausstellung sind viele alte Emil-Nummern zu sehen – der amter auf der Nachtwache am Telefon erklärt, wie man einen EinbreTelegrafenbeamte zum Beispiel, der im Kreuzworträtsel vergebcher fängt: Emil als seinen Aufgaben nicht ganz gewachsener Kleinbürlich den kirchlichen Feiertag mit O sucht oder der Garderobenger, der trotzdem ganz zufrieden ist mit sich und der Welt, ist so beliebt verantwortliche, der im Versuch, Ordnung in die Mantelsammwie eh und je. Der 82-jährige Luzerner macht weiterhin ausgiebige Tourlung zu bringen, ein heilloses Durcheinander anrichtet. Was neen durch die Schweiz und Deutschland. Er gibt dabei die alten Emildenken Sie, wenn Sie diese alten Aufnahmen sehen? Klassiker zum Besten oder plaudert als Emil Steinberger von heute einIch komme ja erst gar nicht zum Denken! Zuerst kommt immer das fach mal drauflos – wobei sich bei letzterem oft der alte Emil wieder einLachen. Wenn man im Studio Filmausschnitte zusammenschneidet, schleicht, wie er selbst sagt. sind das lustige Tage. Erst im Nachhinein beginnt man sich zu überleDas Historische Museum Luzern versucht in einer umfangreichen gen: Gopfridschtutz, wann ist mir das alles nur in den Sinn gekomAusstellung, die Figur Emil zu ergründen. Wir haben den grossen men? Das ist gar nicht so einfach zu erklären. Es sind Eingebungen, Schweizer Kabarettisten – und ehemaligen Postbeamten, Grafiker, Werber, Kino- und Theaterbetreiber – in seiner neuen Wahlheimat Basel getroffen. Er schlug «Erst im Nachhinein beginnt man sich zu überlegen: Gopfridals Ort das Café Kunsthalle vor. Dort, wo beim schtutz, wann ist mir das alles nur in den Sinn gekommen?» Tinguely-Brunnen Kunsthalle, Theater und das Studiokino Atelier zusammentreffen, sei sein Zentrum. Während des Gesprächs lacht Emil Steinberger viel – und wird Zufälle, vielleicht eine gewisse Optik auf unser Leben, auf unser Bedann plötzlich ernst. Denn der Kleinbürger, den er immer noch mit so nehmen. Dass man hellhörig ist für gewisse Äusserungen, Gespräche, viel Liebe verkörpert, bereitet ihm in letzter Zeit Sorgen. Wünsche von Leuten. Einfach für das Menschliche. Dafür, wie sich Menschen äussern. Für alltägliche Dinge, die eine allgemeine GültigHerr Steinberger, das Historische Museum Luzern zeigt eine keit haben. Überblicksausstellung über Emil. Was geht einem durch den Kopf, wenn man in einem historischen Museum ausgestellt wird? Wie kam Emil als komische Figur zustande? Emil Steinberger: Als ich angefragt wurde, sagte man mir, es solle eiDas hat schon in der Schule angefangen. Einmal hat mich der Phyne Ausstellung über die Person Emil werden. Ich fragte mich schon: im siklehrer hinausgeschickt, ich wusste nicht, warum. Als ich wieder zuHistorischen Museum? Aber die Ausstellungsmacher wollten ergründen, rückkam, sagte ich: Herr Lehrer, ich habe gar nichts gemacht! Er sagte: woher die Figur Emil kommt und wieso sie entstanden ist. Mit Blick auf Emil, hör mal zu. Wenn ich dich anschaue, muss ich einfach immer meine Jugendzeit geht man der Frage nach: Was ist da passiert, dass so lachen. etwas überhaupt reifen konnte? Das fand ich eine spannende Idee. SURPRISE 346/15

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Und daraufhin sind Sie Kabarettist geworden? Es haben mich damals Leute gefragt: Wissen eigentlich deine Eltern, dass du sehr talentiert bist? Aber das wurde ja nicht ernst genommen in dieser Zeit. Wenn du beim Berufsberater 100 Berufe zur Auswahl hast, kreuzt du ganz normale Berufe an. Auch wenn du beim Schauspieler dann im Geheimen für dich doch auch ein kleines Kreuz machst. Aber der Berufsberater ist auf solche Ideen natürlich nicht eingegangen.

Kam angesichts Ihrer Karriere irgendwann doch der Moment, als die Eltern sagten: Es ist doch auch was Rechtes aus Emil geworden? Als mein Vater gestorben war, kam meine Mutter doch noch in eine Vorstellung im Zirkus Knie. Und sie war hell begeistert! Allerdings nicht von mir, sondern von Freddy Knie Senior mit seinen Pferden. Bei uns am Tisch wurde nie darüber geredet, was ich mache. Das war schon hart.

Das wäre heute vielleicht anders. Vielleicht ist es aber auch gut so, wie es war. Auf der Schauspielschule hätte ich die Klassiker auswendig gelernt, Atemtechnik und Sprechtechnik geübt. Das sind natürlich alles gute Dinge – aber die Emil-Nummern wären so wahrscheinlich nie entstanden.

Was hat das mit Ihnen gemacht? Es hat mich auf jeden Fall geprägt. Vielleicht hat es aber auch Verständnis geweckt für Fehler, die die Leute machen. Ich finde es manchmal auch schön, wenn Leute eine Schraube locker haben oder nicht genauso sind, wie wir es erwarten. Sie bereichern unsere Gesellschaft. Man muss die Dinge nur aus der richtigen Optik heraus sehen. Es gibt Leute, die mir sagen: Emil, seit es Sie gibt, lache ich über Dinge, über die ich mich früher geärgert hätte. Ich sehe es wie eine Nummer von Ihnen.

Sie haben dann die Ausbildung zum Postbeamten gemacht – und in einer Ihrer bekanntesten Nummern spielten Sie später einen Postbeamten … Es ist nicht so, dass mich die Ausübung dieses Berufs ins Kabarett getrieben hätte. Aber ich hatte am Abend Zeit, mich dem Kabarett zu widmen. Wir hatten damals schon kleine Ensembles, eigentlich war dies meine Hauptbeschäftigung. Den Beruf habe ich jeweils fürs Überleben gemacht. Mit 27 bin ich dann an die Kunstgewerbeschule, um Grafiker zu werden. Was natürlich eine verrückte Entscheidung war in der damaligen Zeit – dass man eine Postbeamtenstelle aufgab. Meine Eltern verkrochen sich im Bett und waren eine Woche lang unansprechbar.

War der Humor auch eine persönliche Strategie, mit dem strengen Korsett der Nachkriegszeit klarzukommen? Unbewusst wahrscheinlich schon. Er gibt einem auch Selbstwertgefühl, wenn man von den Eltern nicht recht akzeptiert wird, wenn man sich als Nichts fühlt. Da war das Kabarettspielen wahrscheinlich schon ein Rettungsanker. Ich hatte Erfolg, die Leute lachten. Das hat einen selbstsicherer gemacht. Ein Satiriker will mit den Mitteln des Humors die Gesellschaft verändern. Sie haben einmal gesagt, Sie wollen als Kabarettist einfach die Leute zum Lachen bringen. Wollen Sie nicht vielleicht doch etwas mehr? Einen missionarischen Gedanken hatte ich nie. Es ergibt sich aber indirekt, dass sich die Leute in den Figuren auf der Bühne selber entdecken können. Das sind Szenen wie die, in der ein Politiker ein Plakat für seinen Wahlkampf gestaltet oder die Nummer, in der der Vater neue Erziehungsmethoden anwenden will und plötzlich alles nur noch gut fin-

Die Figur des Beamten zieht sich durch Ihr ganzes Schaffen. Auch Moritz Fischer, den Sie in «Die Schweizermacher» von 1978 verkörperten – dem erfolgreichsten Schweizer Kinofilm aller Zeiten –, ist ein Einbürgerungsbeamter. Ihre Figuren stecken in starren Regelsystemen und die Komik entsteht dadurch, dass sie unabsichtlich daran rütteln … Da verfahren Sie sich nun ein bisschen. Ich habe beim Kreieren der Nummern nie an einen Beamten gedacht, sondern einfach an einen Menschen, der eine Arbeit ausführen muss, bei der er das Gefühl hat, er sei der Sache ge«Ich habe Einbügerungsfragebögen einer Aargauer Gemeinde gewachsen – aber schiissige Fehler macht und sehen und gelesen, was man da alles wissen muss. Wir Schweizer sich völlig falsch benimmt. Ich ging immer wissen solche Sachen nach zehn Jahren Schule nicht!» vom Kern des Menschen aus. Zum Beispiel bei der Polizeihauptwache-Nummer: Ich hatte det, was der Sohn macht. Ich glaube, bei diesen Szenen lacht man, erdoch nichts gegen die Polizei. Ich kannte ja die Polizei nicht einmal von kennt sich darin aber auch selber. innen! Ich hatte aber Spass daran, eine Geschichte darüber zu konstruieren, was ein Polizist nachts macht, wenn Telefonanrufe reinkommen. Als Kabarettist haben Sie sich bestimmt auch Ihre Gedanken zu Auch die Feuerwehr: Das sind einfach schöne Berufe, in die man den Anschlägen von Paris gemacht. Was denken Sie: Darf man menschliche Eigenarten hineinlegen kann. Der Mensch steht dabei imsich über Mohammed lustig machen? Muss man sich heute somer im Zentrum: seine Schwächen, seine Wünsche, seine Unbeholfengar über Mohammed lustig machen? heit, seine Sprache. Und im Kabarett überspitzt man die Dinge dann. Ich habe zwei, drei Prinzipien, an die ich mich schon immer gehalten habe: So mache ich nie Nummern übers Militär und über Schwule, Wie viel von Ihrer eigenen Persönlichkeit steckt im Emil auf der weil der Effekt zu billig wäre. Und ich mache keine Nummern über ReBühne? ligion. Da kannst Leute ganz einfach verletzen oder einseitig bestätigen. Es gibt Nummern, bei denen ich sagen kann: Das habe ich selber erReligion ist Privatsache. lebt. Zum Beispiel die Szene, in der einer am Fenster steht, das Quartier beobachtet und seine Kommentare abgibt. Das sind Erlebnisse aus dem Sie haben vor ein paar Jahren einen Preis für Menschenwürde beElternhaus, als die Mutter hinter dem Vorhang stand und plötzlich sagkommen für Ihre Darstellung des typischen Kleinbürgers in Allte: Emil, komm ans Fenster! Schau mal, der kommt erst jetzt nach Hautagssituationen. Sind Ihre Nummern ein Beitrag zu einer bessese! Die Eltern sagten auch immer: Wie siehst du auch aus! Was denken ren Welt? denn die anderen Leute? Das ist ein sehr gefährlicher Satz. Man entDen Preis haben auch viele andere Künstler bekommen. Aber er hat wickelt Komplexe, wenn man so denkt. Meine Mutter sagte sowieso oft: mich tatsächlich auf die Frage gestossen, was heute mit der MenschenAus dir wird nichts, du landest höchstens beim Zirkus. Das war natürwürde passiert ist. Ich zeige in meinen Nummern, dass die Basis der Gelich ironisch gemeint. Nun müssen Sie sich vorstellen: Steinberger geht sellschaft das Volk ist, gerade in der Schweiz. Wir dürfen ja wirklich tatsächlich zum Zirkus und muss das den Eltern sagen!

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über alles abstimmen, ob wir einen Fischwei«Dass ich meine Postbeamtenstelle aufgab, war eine verrückte her bauen oder Flieger für die Armee beschafEntscheidung in der damaligen Zeit. Meine Eltern verkrochen sich fen wollen. Deshalb muss man auf der Bühne im Bett und waren eine Woche unansprechbar.» nicht nur die Politiker angreifen oder hochnehmen. Die Leute lachen natürlich gerne, Aargauer Gemeinde gesehen und gelesen, was man da alles wissen wenn sie die Personen kennen. Aber damit erreicht man nicht unbedingt muss. Wir Schweizer wissen solche Sachen nach zehn Jahren Schule viel. Ich glaube, wenn man sich ansieht, wie der einzelne Mensch sich nicht! Zudem hat jede Gemeinde ihre eigenen Gesetze, wie einer darstellt und wie er denkt, bringt man die Basis eher auf neue GedanSchweizer werden darf. Das ist dubbelig, Joggeli-Züüg! ken, als wenn man einfach die Obersten angreift. Humor funktioniert ja auch als Methode, Regeln infrage zu stellen. Und bei Ihnen wird oft die reine Menschlichkeit zur Subversion. Wie in der Szene in «Die Schweizermacher», als Moritz Fischer mit dem Italiener über eine Pizzeria diskutiert, statt ihn auszuhorchen. Ich bin ja kein Schauspieler und ich glaube, ich habe diese Rolle damals nur angenommen, weil ich mir dachte: Das bin ich doch selber! Ich wäre wahrscheinlich wie Moritz Fischer am Schluss auch nach Amsterdam abgehauen, wenn das Umfeld so schlimm gewesen wäre. Ja, klar: Das Menschliche, das drin steckt, das kam mir entgegen. Das Schweizer Stimmvolk hat in den letzten Jahren eine Reihe von Verschärfungen im Umgang mit Ausländern angenommen, wie das Minarettverbot oder die Masseneinwanderungsinitiative. Wie denken Sie über diese Entwicklung? Das war eine traurige Überraschung für mich. Eine Million Menschen hat den Film «Die Schweizermacher» gesehen – eine Million hat im Kino über den stieren Einbürgerungsbeamten gelacht, eine Million fand es furchtbar, wie wir uns gegenüber Einwanderern benehmen. Und was machen wir heute? – noch viel Schlimmeres. Ich habe Fragebögen einer SURPRISE 346/15

Der Film hatte also keine Wirkung? Als er 1996 am Swiss Institute in New York gezeigt wurde, schämte ich mich. Es waren Franzosen, Amerikaner, Deutsche da, die lachten über uns! Ich sass zum Glück in der hintersten Ecke, habe mich diskret verdrückt, weil ich auf keinen Fall Red und Antwort stehen wollte. Ich hatte nämlich gerade in der NZZ gelesen, dass der Gemeinderat in Zürich die Anforderungen, Schweizer zu werden, noch verschärft hatte. Mir lag ein Stein auf dem Herzen. Es war das Gefühl: Es lachen alle über uns, wir selber auch, und trotzdem machen wir die Sache noch schlimmer. Der Film hatte gar keine Wirkung. Er wird immer noch gezeigt, die DVD wird immer noch gut verkauft, 600 Studenten sahen ihn kürzlich in Lausanne, sie haben gelacht und geklatscht. Angesichts der Abstimmungsergebnisse muss man sich aber tatsächlich fragen: Bringt Lachen den Menschen weiter? ■

«Emil. Die Ausstellung», 27. März bis 6. September, Historisches Museum Luzern.

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SURPRISE 346/15 BILD: WILLIAM GOTTLIEB/GETTY IMAGES


Rassismus Die Lady und der Lange Marsch Die US-Jazzsängerin Billie Holiday steht mit dem Song «Strange Fruit» wie keine Zweite für die Entstehung des antirassistischen Protestsongs. Am 7. April wäre sie hundert Jahre alt geworden – und wieder gibt es Massenproteste wegen Tötungen von Schwarzen durch weisse Polizisten. Der Protestsong lebt weiter. VON BENEDIKT SARTORIUS

Holiday, bezeichnete den Song als unglücklich. So musste die Sängerin für die Aufnahme auf das kleinere Label Commodore Records ausweichen. Musikredaktionen mieden die Platte, auch weil sie schlicht zu unbequem und radikal war für zwanglose und unverfängliche Unterhaltung. Holiday wusste dies. Sie platzierte «Strange Fruit» immer am Ende ihrer jeweiligen Sets, das Barpersonal legte jeweils eine Pause ein, das Licht wurde ausgeschaltet, nur die Sängerin wurde ausgeleuchtet. «Ich war mir nicht sicher, ob ich es schaffen würde, einem feudalen Nachtclubpublikum all das mitzuteilen, was dieses Lied für mich bedeutete», schreibt Holiday in ihrer Autobiografie «Lady Sings the Blues». Das Lied mache sie immer traurig, wenn sie es singe – «es erinnert mich daran, wie mein Vater ge-

Februar 1959: Billie Holiday, geboren am 7. April 1915, singt in einem Londoner Studio der BBC den Song «Strange Fruit». Nur von einem Klavier begleitet, intoniert sie die Verse: «Southern trees bear a strange fruit // Blood on the leaves and blood at the root // Black bodies swinging in the southern breeze // Strange fruit hanging from the poplar trees.» (Die Bäume des Südens tragen eine seltsame Frucht // Blut auf den Blättern und Blut an der Wurzel // Schwarze Körper schaukeln im Wind des Südens // Eine seltsame Frucht hängt von den Pappeln). Das Gesicht der Sängerin, eingefangen von einer TV-Kamera, scheint schmerzverzerrt ob dem Grauen, dem sie Ausdruck verleiht. Billie Holiday scheint das «verbrannte Fleisch» aus dem Songtext förmlich zu riechen, die schwarzen Körper zu «Strange Fruit» mache sie immer traurig, wenn sie es singe, sehen, die von den Pappeln der Südstaaten schreibt Holiday in ihrer Autobiografie. «Es erinnert mich daran, wie hängen. Es sind Worte des Horrors, der Trauer mein Vater gestorben ist.» und des Zorns, die Holiday auch über zwanzig Jahre nach der Entstehung des Textes von storben ist». Aber sie musste es immer wieder singen, «nicht nur, weil «Strange Fruit», den der Schriftsteller Abel Meeropol 1939 geschrieben die Leute es sich wünschten, sondern auch, weil diese Dinge, die meihat, sichtlich mitnehmen. Fünf Monate nach dieser BBC-Aufnahme nen Vater umgebracht haben, immer noch passieren im Süden». starb «Lady Day» im Alter von 44 Jahren, ausgezehrt von Drogen und Ihr Vater litt unter einem akuten Lungenleiden, doch wurde er im Alkohol, vom Kampf gegen die Behörden, von Gefängnisaufenthalten segregierten Texas von Spitälern abgewiesen. Als Clarence Holiday dann und vom Rassismus, den sie auf Tourneen mit weissen Jazzorchestern doch in einem Veteranen-Spital Zuflucht gefunden hatte, war es zu spät. erdulden musste. Als «Kriegserklärung», als «Beginn der Bürgerrechtsbewegung» beDie Geschichte wiederholt sich zeichnete Ahmet Ertegun, der Gründer des Labels Atlantic Records, den 9. August 2014: In Ferguson, Missouri, wird der schwarze JugendliSong «Strange Fruit». Die Bürgerrechtlerin Angela Davis schrieb, dass che Michael Brown vom weissen Polizisten Darren Wilson erschossen. Holiday mit ihrem Song «den Protest und den Widerstand zurück ins Angeblich soll der 18-Jährige Zigaretten gestohlen haben – er war unZentrum der zeitgenössischen afroamerikanischen Musikkultur» gestellt bewaffnet. Im Städtchen kommt es in der Folge zu Protesten gegen die habe, während der Jazzschlagzeuger Max Roach «Strange Fruit» als «rePolizeigewalt, die Demonstrierenden skandieren «Hands up, don’t volutionär» bezeichnete. So bedeutsam der Song heute ist, so sehr wurshoot» (Hände hoch, nicht schiessen), die US-Regierung schickt die Nade er vom weissen Establishment damals gemieden. Holidays Label tionalgarde nach Ferguson. Als am 24. November eine GeschworenenColumbia lehnte «Strange Fruit» 1939 ab, weil er das Publikum in den jury entscheidet, dass Wilson nicht angeklagt wird, breiten sich die ProSüdstaaten beleidigen könnte. Und John Hammond, der Manager von SURPRISE 346/15

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das Gefühl der latenten Unsicherheit und der permanenten Angst vor teste landesweit aus. Der Slogan «Black Lives Matter» (sinngemäss: Die dem Polizeiapparat. Leben von Schwarzen sind nicht egal) geht als Hashtag um die Welt. Und die Geschichte wiederholt sich: Am 3. Dezember 2014 wird der Das «CNN der Schwarzen» Polizeibeamte, der den 43-jährigen Eric Garner im Juli in den Würgegriff Ferguson hinterlässt auch in aktuellen Werken und Inszenierungen nahm, nicht angeklagt. «I can’t breathe» – «ich kann nicht atmen», der Popkultur Spuren. Hip-Hop ist an der Oberfläche in verstärktem stöhnt der mutmassliche Kleinkriminelle Garner auf dem Video, das den Masse wieder das «CNN der Schwarzen», wie es der Public-EnemyVorfall im New Yorker Stadtbezirk Staten Island dokumentiert, bevor er Gründer Chuck D. Rap einst ausdrückte. So liess sich der Rapper Joey bewusstlos wird und später stirbt. Bada$$ im Videoclip zu seiner Single «Like Me» von einem New Yorker Durch die Ermordungen von Eric Garner und Michael Brown und Polizisten niederschiessen. Der 20-jährige Rapper ist im Clip sichtbar weitere ähnliche Fälle formiert sich die Bürgerrechtsbewegung neu. 60 Jahre, nachdem Rosa Parks verhaftet wurde, weil sie sich weigerte, ihren Bus-Sitzplatz für Die Bürgerrechtsbewegung von damals und heute verbindet die Wut einen weissen Passagier freizugeben. 50 Jahre, auf das Justizsystem. Was sie antreibt, ist das Gefühl der Unsichernachdem Martin Luther King und seine Geheit und die Angst vor dem Polizeiapparat. folgschaft durch den Bundesstaat Alabama – von Selma nach Montgomery – marschiert unbewaffnet – wie Trayvon Martin in Florida, wie Michael Brown in Fersind. 50 Jahre, nachdem die Jim-Crow-Gesetze aufgehoben wurden, guson. An der Verleihung der Grammys tanzten bei Pharrell Williams, welche die Rassentrennungen in den südlichen Staaten der USA vorder nicht gerade als politischer Musiker bekannt ist, die Tänzer eine schrieben. Starke Führungspersonen lehnt diese neue Generation der «Hands up, don’t shoot»-Choreografie. Und auch im Track «Early» des Bürgerrechtsbewegung ab; die Basis, die über Social-Media-Kanäle wie Duos Run The Jewels wird willkürliche Polizeigewalt beschrieben. Kilden Kurznachrichtendienst Twitter mobilisiert wird, soll das Sagen haler Mike – der Rapper des Duos – schildert in seinen Versen, wie er von ben. Nach den Skandalurteilen von Ferguson und New York konnten so den Beamten ausgefragt und kontrolliert wird («Why you’re here? I just Demonstrationszüge rasch organisiert werden – Protestmärsche, die tell ‘em cause it is what it is. I live here and that’s what it is»), wie er Brücken und andere Verkehrsachsen lahmlegten. Was sie mit der Urgevor den Augen seiner Familie festgenommen wird und wie schliesslich neration der Bürgerrechtsbewegung verbindet, ist die Wut auf ein als seine Frau erschossen wird, während er im Kastenwagen abtransportiert willkürlich wahrgenommenes Justizsystem. Und was sie antreibt, ist

Rassismus Malcom X im Sampler und Space Rap – vier Beispiele für aktuelle politische Black Music THEESatisfaction EarthEE (Sub Pop/Irascible 2015) «Recognition, recognition, recognition», Anerkennung also, immer wieder: Einem Mantra gleich formulieren Catherine Harris-White und Stasia Irons im gleichnamigen Song dieses Wort, das durch ein gelooptes Daumenklavier und schellende Perkussion untermalt ist. «Recognition» ist ein Schlüsselsong auf «EarthEE», dem zweiten Album von THEESatisfaction, auf dem das Duo aus Seattle ihre afrozentristische Mythologie weiter erforscht. Seit sieben Jahren arbeiten die Sängerin Harris-White und die Rapperin Irons an diesem hybriden, politisch bewussten Soul-Entwurf, in dem Fragen der Queer- und der Blackness hochcodiert verhandelt werden. Dieser Entwurf klingt auf «EarthEE» ungemein elegant, doch nie plätschernd, und grüsst die vom Duo verehrte Erykah Badu und – einmal mehr – Sun Ra. An Schärfe gewinnt die ungemein dichte und einnehmende Platte auch durch die ständigen THEESatisfaction-Gefährten Shabazz Palaces – die Labelkollegen, die im vergangenen Jahr die ähnlich lohnenswerte Space-Rap-Expedition «Lese Majesty» veröffentlichten. (bs)

Run The Jewels Run The Jewels 2 (Mass Appeal 2014) Seit zwei Jahren bilden der Rapper Killer Mike aus Atlanta und der New Yorker Produzent und Rapper El-P das Duo Run The Jewels. In dieser kurzen Zeit entwickelte sich das ungleiche Gespann zu einem der explosivsten Hip-Hop-Acts der Gegenwart, der auch ein Rap-ferneres Publikum erreichen kann. Denn Run The Jewels schreiben den Soundtrack zum gehetzten Dasein, das ständig auf der Kippe steht. Vor vier Monaten erschien bereits ihr zweites Album, das simpel mit «Run The Jewels 2» betitelt ist. Die Beats und expliziten Raps sind zunächst aggressiv und extrem aufpeitschend, doch die harsche Tonalität wird mit zunehmender Spieldauer durch die enorm dichte Produktion von El-P auch gebrochen. Geschickt werden Samples eingesetzt, Gäste wie der ehemalige Rage-Against-The-Machine-Sänger Zack de la Rocha ergänzen Killer Mikes und El-Ps Raps. So ist «Run The Jewels 2» ein Dokument aus den zerrissenen USA und ein unversöhnliches Dokument der Gegenwart, in dem Ferguson und die Rassenunruhen nachklingen. (bs)

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wird. Killer Mike, wohnhaft in Atlanta, sprach immer wieder von der Bedrohung durch die Polizei – auf CNN und bei Konzerten. «You motherfuckers got me today. You kicked me on my ass today, because I have a 20-year-old son and a 12-year-old son, and I’m so afraid for them today» (Heute habt ihr’s mir gezeigt. Ihr habt mir heute einen Tritt in den Hintern verpasst, denn ich habe einen 20-jährigen Sohn und einen 12-jährigen Sohn, und heute habe ich solche Angst um sie), sagte ein aufgewühlter Killer Mike direkt nach dem Jury-Urteil von Ferguson. In dieser Ansage war nichts mehr Pop, hier sprach nur noch die Angst. «And we’ll march on», singt derweil der vielfach als «R’n’B-Gott» bezeichnete D’Angelo auf seinem neusten Album namens «Black Messiah». Es ist D’Angelos erstes Album seit 15 Jahren, eine Spontanveröffentlichung des Neo-Soul-Sängers während der anwachsenden Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt. Dieses «und wir werden weitermarschieren» wird im Song «Charade» desillusionierend gebrochen, wenn D’Angelo singt: «All we wanted was a chance to talk // ‘Stead we only got outlined in chalk» (Alles was wir wollten war die Möglichkeit zu reden // doch wir endeten als Körper, die von weisser Kreide umrissen sind). Mehr Malcolm X als Luther King Die Hoffnungen, die das Ende der Segregation geweckt hatte, erwiesen sich als Scharade, als Farce. Zurück bleibt der leblose schwarze Körper am Tatort. D’Angelos «Charade» liegt näher am Zorn von Malcolm X, der vor 50 Jahren erschossen wurde, als bei der gewaltlosen Dialogbereitschaft von Martin Luther King.

Was derzeit also zu beobachten ist, ist eine Radikalisierung der afroamerikanischen Popkultur – ähnlich wie in der zweiten Hälfte der Fünfzigerjahre und der Sechzigerjahre, als sich vorab die Jazzmusiker vom Entertainment hin zum selbstbestimmten Künstlerdasein bewegten. Mit Gründungen von eigenen Labels und Kollektiven wurde Jazz zum Soundtrack der Selbstermächtigung und der Black Power. Die Musiker thematisierten ihre eigentliche Heimat, den Urkontinent Afrika, aus dem sie durch den Sklavenhandel gerissen wurden. Der Jazzkomponist Sun Ra etwa machte seine Entfremdung sichtbar, indem er sich als Wesen vom Planeten Venus inszenierte – und so den Afrofuturismus miterfand, der derzeit mit anderen Mitteln von Künstlerinnen wie Afrikan Sciences und THEESatisfaction weitererforscht wird (siehe Rezensionen unten). Und wie eine verschüttete, von der Sklaverei beeinflusste afroamerikanische Herkunftsgeschichte auch erzählt werden kann, ist im Zyklus «Coin Coin» der Saxofonistin Matana Roberts zu hören. Für sie ist die Vorstellung einer postrassistischen Gesellschaft durch die Erschiessungen von Brown und Martin in weite Ferne gerückt, wie Roberts der englischen Zeitung The Guardian erzählte. Brown, Martin und Garner, die «Strange Fruits» der Gegenwart? Matana Roberts hält eine solche Parallelisierung der Gegenwart mit der Vergangenheit für falsch: «Die Tatsache, dass wir sprechen können, ohne gleich an einem Baum zu hängen, zeigt, dass sich die Kultur komplett verändert hat.» Gleichwohl scheint es kein Zufall zu sein, dass genau in diesen Tagen eine Organisation gegen das Vergessen der Lynchopfer ankämpft. Die bittere Ernte, die Billie Holiday 1939 im Alter von 24 Jahren erstmals besungen hat, sie hat den Boden für immer vergiftet. ■

Matana Roberts Coin Coin Chapter 3: River Run Thee (Constellation Records 2015) Coin Coin: Das war der Rufname der als Sklavin geborenen Marie Thérèze Metoyer, die später als freie Frau eine kreolische Siedlung gründete. Der Name dieser frühen Freiheitskampf-Legende ist auch der Titel eines zwölfteiligen Zyklus, auf dem die Saxofonistin Matana Roberts die afroamerikanische Geschichte und auch ihre eigene Familiengeschichte neu vermisst. Für den eben erschienenen dritten Teil reiste Roberts durch drei US-Südstaaten, um Geschichten und Klänge zu sammeln. Es war ihre erste Reise durch den tiefen Süden, und sie beschreibt diese Reise als albtraumhaftes Märchen. Das gewonnene Material montierte Roberts nun zu einem sonischen Fiebertraum. Verbanden die bisher erschienenen «Coin Coin»-Teile den klassisch gewordenen Ensemble-Free-Jazz mit Folkliedelementen, beschränkt sie sich auf «River Run Thee» auf harsche Elektronik, Samples – unter anderen von Malcom X –, karges Saxofon und ihre Stimme, die von der Zeit der Sklaverei erzählt. Ein beeindruckendes Werk, das man sich, so die Anweisung, in einem dunklen Raum und möglichst laut anhören sollte. (bs)

Afrikan Sciences Circuitous (PAN 2014) «Space is the place», lautet der prägnanteste Lehrsatz des Jazzkomponisten und Afrofuturistikers Sun Ra. Der Bandleader vom Planeten Venus, wie er sich nannte, hat zwar die Erde 1993 für immer verlassen. Sein Erbe aber wird aktuell immer wieder neu entdeckt und fortgeführt. Einer dieser Klang-Kosmonauten im Geiste von Sun Ra ist der Kalifornier Eric Douglas Porter, der in seinen Tracks unter dem Namen Afrikan Sciences dieses mythische Weltall bereist. Auf Porters viertem Album «Circuitous» ist eine höchst eigenartig getaktete elektronische Musik zu hören, die Jazz, Hip-Hop Breakbeats und den House aus Detroit zitiert. Soundpartikel kollidieren, die Beats zweigen an unerwarteten Stellen ab und verbinden sich zu unfassbar tiefen Tracks, die in neue Space-Zonen vordringen. Dies ist keine Musik für den Tanzclub, dazu ist sie zu versponnen. Vielmehr formuliert Afrikan Sciences – ähnlich wie der prominentere Produzent Flying Lotus – musikalische Fluchtmöglichkeiten, die das in sich tragen, was auch der Jazz in den Sechzigerjahren besass: den Geist der Utopie. (bs) SURPRISE 346/15

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Shaun Ein Schaf erobert die Welt Shaun das Schaf ist ein Phänomen: Die Knetfigur hat Anhänger bis nach Indonesien und in den Irak. Mit dem ersten Kinofilm setzt Shaun nun an, den Erfolg von Wallace & Gromit noch zu toppen. Ein Blick hinter die Kulissen der britischen Traumfabrik mit Shauns Schöpfer und den beiden Regisseuren.

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VON STEVEN MACKENZIE (THE BIG ISSUE UK)

«Wir sind alle etwas erstaunt», sagt Nick Park, der Shaun, das Knetschaf, ins Leben gerufen hat. «Nachdem wir ‹Die Technohose› abgedreht hatten, dachten wir immer öfter an Schafdiebe und Wolle. Ständig zeichnete ich Schafe und fand sie immer interessanter … Lustige Schafe – der Gedanke zog mich an.» Park spricht sanft und erstaunlich bescheiden angesichts des riesigen Erfolges der Aardman Animations Studios, der 1990 mit dem ersten Film über den Käseliebhaber Wallace und seinen aufgeweckten Hund Gromit begann. Das Paar hat im Vergnügungspark im britischen Blackpool seine eigene Attraktion und tritt sogar in japanischen Werbespots auf. Park erklärt weiter: «Die Idee war, dass ein unschuldiges Schäfchen quasi als Flüchtling bei Wallace und Gromit Zuflucht findet. Wir kamen auch schnell auf einen passenden Namen. ‹Shaun› fiel uns fast automatisch ein, ein doofes Wortspiel mit dem Ausdruck ‹shorn› (englisch für ‹geschoren›). Wenn uns etwas zum Lachen bringt, dann verwenden wir es. Das ist eigentlich der wichtigste Massstab bei all unseren Projekten.» Ein weiterer Grund für den weltweiten Erfolg des Studios ist sicherlich die einzigartige Arbeitsweise: Während der Rest der Trickfilmindustrie sich seit den späten Achtzigerjahren auf Computeranimation stürzte, ging Aardman langsamer vor, viel langsamer: eine sorgfältig arrangierte Einzelaufnahme nach der anderen.

«Ich wollte eine Stummfilm-Komödie machen, und Shaun schien mir ideal», sagt Golly. «In unserem Geschäft verursachen synchrone Lippenbewegungen enorme Kosten, weil sie viel mehr Animation erfordern. Da ist es praktisch, die Figuren nicht sprechen zu lassen. Ausserdem mag ich solche praktischen Grenzen und die Herausforderung, eine Geschichte ohne Worte zu erzählen. Man ist gezwungen, die Story ganz cineastisch, also rein durch die Bildkomposition, auszudrücken. Am Anfang hatten wir grosse Bedenken. Ist das überhaupt möglich? Und wenn: Wird sich das Publikum nicht langweilen?» Burton ergänzt: «Man lernt, dass Sprache nur eine Ausdrucksform unter vielen ist. Es wird oft gesagt, dass man bei einem richtig guten Film den Ton abdrehen kann. Worte sind zwar manchmal wichtig, aber man kann auch ganz ohne Dialoge eine sehr gute Geschichte erschaffen. Fünfzig Jahre Stummfilm zu Beginn der Filmgeschichte sind der Beweis.» Buster Keaton steckt im Schaf Die Filmemacher sahen sich zur Inspiration jede Woche einen Stummfilm an, meist Klassiker von Buster Keaton, Charlie Chaplin, Harold Lloyd oder Jacques Tati. «Ob wir eine Menge Stummfilmkomödien angesehen und die Gags gestohlen haben? Manchmal vielleicht», räumt Burton ein. «Wenn man eine gute Story mit tollen Figuren erschafft, dann werden sich die Zuschauer ganz von selbst in sie einfühlen, man muss ihnen nicht alles in kleinen Häppchen servieren. Im Film drehen wir die Figur Shaun ziemlich durch die Mangel. Wenn man bedenkt, dass er ein Schaf ist, macht er eine erstaunliche emotionale Entwicklung durch.» Und sein Kollege Golly meint: «Es steckt viel von Buster Keaton in Shaun. Er hat eine ziemlich starre Mimik, die meiste Zeit über ist er knochentrocken.» «Shaun das Schaf» ist nicht der einzige animierte Stummfilm, der dieses Jahr anläuft. Die Komödie «Minions», ein Spin-off von «Ich – Einfach unverbesserlich», ist ebenfalls dialogfrei. Schon vor Jahren veröffent-

Lippenbewegungen sind teuer Park sagt, dass diese Vorgehensweise unvorhergesehene, aber durchaus positive Konsequenzen hatte. So hätten einige seiner beliebtesten Figuren, wie Gromit, der undurchschaubare Pinguin aus «Die Technohose», oder Shaun das Schaf, den Klang der Stille gemeinsam. Doch Park erklärt, dass dies eher praktische als künstlerische Gründe hat. «Ich habe mit «Wallace & Gromit» begonnen, als ich noch auf dem College war, und am Anfang war ich sehr ehrgeizig», erinnert sich Park. «Gromit sollte flink und ge«Wenn uns etwas zum Lachen bringt, dann verwandt sein und die ganze Zeit durch die Gegend hüpfen, doch schon bei den ersten Einwenden wir es. Das ist eigentlich der wichtigste stellungen fand ich das so schwierig, dass ich Massstab bei all unseren Projekten.» dann nur seine Augenbrauen bewegte. DaNick Park durch fand ich erst zu der Figur. Plötzlich konnte er einfach alles durch die Art ausdrülichte die Firma Pixar «Wall-E», der fast komplett ohne Dialoge auscken, wie er seine Brauen zusammenzog. Man muss die Sparsamkeit kommt. Und 2012 war die im Stil eines Stummfilms in Schwarzweiss geder Mittel als Stärke nutzen.» Diese wird bei Shauns erstem Auftritt in drehte romantische Komödie «The Artist» der grosse Abräumer bei der Spielfilmlänge – Shaun und seine Freunde brechen von der Mossy BotOscar-Verleihung. Woher kommt dieses wiedererwachte Interesse an tom Farm zu einem Abenteuer in der grossen Stadt auf – bis an ihre Stummfilmen? Grenzen ausgelotet. «Animationsfilmer denken immer zuerst in Bildern», sagt Golly. «Als Aardmans Traumfabrik liegt in einem Industriegebiet mit dem myswir mit der Arbeit an ‹Shaun› begannen, dachten wir, dass wir den Film tisch klingenden Namen «Aztec West» am Rande der südenglischen super als modernen Stummfilm vermarkten könnten. Doch dann lief Grossstadt Bristol. Im Erdgeschoss arbeiten Animationsassistenten in ‹The Artist› an. Wir waren etwas angepisst, dass uns jemand zuvorgeverschiedenen Produktionseinheiten an bis zu 25 Szenen gleichzeitig, kommen war.» Genau genommen ist «Shaun das Schaf» jedoch weniger während die Co-Regisseure Richard «Golly» Starzak und Mark Burton ein Stummfilm als eine Slapstick-Komödie ohne Dialoge – jedenfalls ohwie Ärzte von Einheit zu Einheit wechseln und jede Szene überwachen. ne menschliche Kommunikation. Dafür gibt es eine Menge tierischer Für den Spielfilm war das Ziel, täglich 30 Sekunden Material zu filmen, Geräusche, wobei der englische Kinderfernsehstar Justin Fletcher also zweieinhalb Minuten pro Woche. Nach neun Monaten war «Shaun» Shauns «Määähs» beisteuert. «Einem Schaf seine Stimme zu leihen, dann im Kasten. SURPRISE 346/15

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Mit dem nötigen Ernst und viel Herzblut: Die Regisseure Mark Burton (links) und Richard «Golly» Starzak bei der Arbeit.

Neben einem unverwechselbaren Look haben die Aardman-Animaklingt vielleicht nach einer undankbaren Aufgabe», sagt Burton. «Wir tionen auch ihren ganz persönlichen Erzählton. Ist er das Geheimnis ihaber nehmen unsere Figuren sehr ernst und haben intensive Gespräche res Erfolgs? Gibt es eine Unternehmensphilosophie? Park antwortet mit Justin geführt. So fragten wir ihn zum Beispiel nach einem ‹Mäh›, langsam und wiegt jedes Wort sorgsam ab. «Ja, ich denke, die gibt es … das ausdrückt, dass Shaun Angst hat. Anstatt zu sagen ‹Was soll das Da ist immer etwas ganz Unschuldiges und Einfaches, aber mit einem denn? Es ist doch nur ein Schaf›, ist er auf uns eingegangen und hat der Figur wirklich etwas dazugegeben.» Golly fügt hinzu: «Das ist ein weiterer Grund für Shauns «Einem Schaf seine Stimme zu leihen, das nur Mäh macht, klingt internationalen Erfolg. Die Storys werden vielleicht nach einer undankbaren Aufgabe», sagt Co-Regisseur überall ohne Synchronisationen oder störende Mark Burton. «Wir nehmen aber unsere Figuren sehr ernst.» Untertitel verstanden. Es ist reiner visueller Humor.» Und Burton führt aus: «Shaun ist subversiven Touch, etwas Absurdem. Da ist etwas Liebenswertes, das zwar sehr britisch, hat aber auch eine universelle Seite. Damit ist er sich selbst nicht allzu ernst nimmt. Wir können niedlich sein, aber doch auch in Ländern wie Indonesien und Irak sehr erfolgreich. Genretypinicht zu niedlich. Und wir sind auch nicht bewusst zynisch. Es ist eine sche Filme für ein breites Massenpublikum werden schnell wieder verFrage des Instinkts – schwer in Worte zu fassen.» Stattdessen will Nick gessen. Sie sagen nichts darüber aus, wie ihre Macher die Welt sehen. Park sein Werk sprechen lassen. Unser Interview unterbricht die VorarAuch wenn Shaun ‹nur› ein alberner, süsser Familienfilm ist, steckt doch beiten eines fünfköpfigen Teams an einem bisher noch vertraulichen eine Menge Herzblut darin. Eine ganze Menge.» neuen Projekt. Ich frage mich, ob … «Nein, kein Wallace & Gromit», unterbricht er mich sofort. «Wenn ich über neue Projekte spreche, denEin subversiver Touch ken alle automatisch an Wallace & Gromit. Wenn ich Nein sage, verlieInzwischen entstehen im Studio die neuen Folgen der Shaun-Fernren sie das Interesse. Aber ich denke ständig an die beiden. Ein Teil von sehserie und Werbespots; sie sind Aardmans Haupteinnahmequelle. Ein mir würde diesen Wunsch liebend gern erfüllen. Und das werde ich Stockwerk darüber liegen die Produktionsbüros und die Autorenräume. irgendwann auch tun.» Auf Nick Parks Schreibtisch werden die Wallace & Gromit-Souvenirs von ■ einer glitzernden Figur überragt, einem von Parks Oscars. «Ich weiss gar nicht, wo die anderen alle sind», sagt er grinsend. Mit insgesamt vier Academy Awards spielt Park in derselben Liga wie die Regisseure Clint Eastwood, Woody Allen oder John Ford. Er erinnert sich dann doch noch, wo die Goldmännchen stehen: «Ein paar Oscars stehen unten im Übersetzung aus dem Englischen von Veronica Koehn. Konferenzraum, einer hier … Ich wollte sie in den Studios haben, weil Artikel zur Verfügung gestellt von INSP News Service, www.street-papers.org alle hier Anteil an den Auszeichnungen haben.» «Shaun das Schaf – der Film» läuft zurzeit in den Deutschschweizer Kinos.

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Zweieinhalb Minuten Film pro Woche: ein Mitarbeiter der Aardman Studios beim Dreh.

Von «Schrei» über «besorgt» bis «neutral»: Aardman-Figuren (hier der böse Hundefänger) haben für jede Stimmung ein eigenes Gesicht. SURPRISE 346/15

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Fremd für Deutschsprachige Ausgelacht Ausgelacht werden ist der rote Faden durch so manche Kindheit. Du wirst ausgelacht, weil du dick bist, weil du klein bist oder gross, weil du nicht schnell rennen kannst, weil du komisch aussiehst beim Rennen, weil du komische Kleider anhast oder weil deine Mutter komische Kleider anhat, weil du Kadri heisst oder aber Paul, weil du lispelst, schwarz bist oder so schön rot wirst vor Wut, wenn man dich auslacht. Mich lachte man aus, weil ich immer falsch ausgerüstet war. So weit ich zurückdenken kann, war ich diejenige, die nicht die richtige Ausrüstung dabei hatte. Ich scheiterte an Jacken, Hosen oder Kappen, doch mit Abstand am häufigsten ging es um meine Schuhe: Sie liessen das Regenwasser rein, hatten keine rutschfesten Sohlen, hatten keine Rollen dran oder keine Kufen – je nachdem, zu welchem

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schulischen oder freizeitlichen Sportspass ich in adäquatem Schuhwerk aufmarschieren respektive herbeigleiten sollte. Das erste Mal, dass ein falscher Schuh mir den Spott meiner Klassenkameraden eintrug, war in frühesten Kindergartentagen. Es sollte eine Wanderung auf dem Siblinger Randen geben. Besammlung vor dem Kindergarten. 8:30 Uhr. Ich freute mich auf den Tag – und über meine Ausrüstung: Meine Mutter hatte mir extra so eine Trinkflasche mit Umhängeschnur gekauft, wie sie die anderen Kinder hatten. Das pink leuchtende Plastikgefäss, gefüllt mit Himbeersirup, liess ich cool vor meinem Bauch hin und her baumeln, als ich auf die Gruppe zuschritt. Das Mittagssandwich und den Schokoriegel wusste ich sicher in meinem Chindsgitäschli verstaut, welches ich mir seitlich umgehängt hatte, damit es sich nicht mit der Fläschlischnur verhedderte. Topausgerüstet und pünktlich war ich bereit für die erste Wanderung meines Lebens! Nicht dass ich damals das Wort «Wanderung» verstanden geschweige denn gewusst hätte, an welche Bedingungen die Teilnahme an einer solchen geknüpft ist. Ich lebte erst seit Kurzem in der Schweiz und konnte den kehligen Lauten meiner neuen Gspönli noch keine Bedeutung abringen. Doch ihr Lachen, das verstand ich, verhiess nichts Gutes. Sie warfen ihre kleinen, mit praktischen Sonnenhüten bedeckten Köpfe in den Nacken und zeigten auf meine

Füsse. Ich blickte verunsichert auf meine Schuhe runter, dann zu ihren rüber: Sie trugen allesamt klobige Schnürschuhe, wirklich nichts Besonderes. Meine roten Lacksandalen dagegen glänzten verheissungsvoll in der Morgensonne. Als dann die Kindergartenlehrerin Frau Jäggi mich sah, bekam ich das erste Mal den Ausdruck «festes Schuhwerk» zu hören. Das A und O jeder Ausrüstung für eine gelungene Schweizer Kindheit. Meine Eltern, die in handgewobenen und -gefilzten Kleidern und braunen Gummischlappen durch ihre Kindheitsjahre gegangen waren, lernten all diese Dinge, die Kinder hier brauchen, im Laufe der Zeit kennen und bezahlen. Sie rüsteten also auf, und bald hatten wir neben Wanderschuhen auch Schlafsäcke, Gummistiefel, Regenjacken, Moonboots, Schlitten, Fahrräder, Rollschuhe, Schlittschuhe, Schneeanzug, Badehosen, Schwimmflügel, Turnhosen, Geräteschuhe und Rucksäcke. Dass letztere ein Segen sind, ahnte ich schon damals nach der Randenwanderung: Rot hatte sich der Faden von der Trinkflasche in meinem Nacken verewigt.

SHPRESA JASHARI (SHPRESAJASHARI@HOTMAIL.COM) ILLUSTRATION: RAHEL NICOLE EISENRING (RAHELEISENRING.CH) SURPRISE 346/15


Radio Flucht nach vorn Im Arbeitsintegrationskurs «Vitamin B» arbeiten Flüchtlinge an einer eigenen Sendung über ihre Stellensuche in der Schweiz. Recherchetechniken helfen ihnen dabei, ein professionelles Beziehungsnetz aufzubauen.

Die fünf Männer und Frauen, die sich aktuell im Kursraum der Zürcher Radioschule «klipp + klang» treffen, sind wegen politischer Unruhen oder Verfolgung aus Syrien, Irak, Iran, der Türkei und Afghanistan geflohen. Sie alle haben den Flüchtlingsstatus und leben seit einigen Jahren in der Schweiz. Für sie ist der berufliche Neustart besonders schwer. So zum Beispiel für Sayed Hussaini. Der 25-Jährige aus Afghanistan möchte unbedingt auf eigenen Beinen stehen. Bevor er in die Schweiz kam, arbeitete er im Iran im Tunnelbau und als Coiffeur. «Eine Berufsausbildung zum Coiffeur wäre mein Wunsch gewesen, doch meine Sozialarbeiterin hat gesagt, dass ich keine Chance habe und eine andere Möglichkeit suchen müsse.» Jetzt trifft er sich über einen Zeitraum von zwei Monaten an mindestens zwei Tagen pro Woche mit anderen Flüchtlingen zum Radio-Kurs mit dem Namen Vitamin B. «In kleinen Gruppen wird die eigene Arbeitssuche reflektiert. Daneben arbeiten wir mit jedem Einzelnen an konkreten Zielen, wie zum Beispiel, sich telefonisch über ein bestimmtes Berufsbild zu informieren», sagt Kursleiter Stephan Koncz von der Zürcher Radioschule klipp + klang. Schlusspunkt des Vitamin-B-Kurses ist die Ausstrahlung der gemeinsam produzierten Sendung auf dem Winterthurer Radiosender Stadtfilter. Sayed Hussaini ist jung und wirkt engagiert. Als er endlich eine Stelle als Hilfskraft in einer Kantinenküche gefunden hatte, kam es zu einem folgenschweren Unfall. «Ein Suppentopf kippte um und verbrühte mir den ganzen Arm. Vom Bein wurde mir Haut auf den Arm verpflanzt, aber diese neue Haut ist dünn, reagiert empfindlich auf Wasser und schmerzt beim Trocknen. Eine Seite der Hand fühlt sich an wie eingeschlafen. Das schränkt meine Jobsuche in der Gastronomie stark ein», sagt Hussaini. Ihm sei aufgefallen, dass in der Schweiz ein Diplom mehr zähle als Erfahrung. Im Orient hingegen sei es üblich, dass man einen Probetag machen könne und die gezeigte Leistung beurteilt werde. «Hier ist es für mich praktisch unmöglich, ohne Abschluss eine solche Chance zu erhalten.» Die Iranerin Neda Amiribachtiar hat zwar ein abgeschlossenes Studium der Soziologie in der Tasche, musste aber merken, dass es auch damit schwer ist, beruflich Fuss zu fassen. Seit 2008 lebt die 31-Jährige in der Nähe von Zürich und sehnt sich nach Möglichkeiten, ihren Intellekt unter Beweis zu stellen. «Ich wollte schon immer eines Tages Polizistin werden. Aber als Frau ist das im Iran nicht möglich», sagt sie. Im Iran erlebte Amiribachtiar bedrohliche Situationen mit der Sittenpolizei, wurde gerügt und auf den Posten mitgenommen, weil sie geschminkt war. «In der Schweiz hatte ich am Anfang Angst vor der Polizei, bis ich merkte, dass diese Leute wirklich zum Schutz der Bevölkerung da sind.» Noch immer hat sie den grossen Traum, eines Tages Polizistin zu werden. «Dort könnte ich meine gute Menschenkenntnis einbringen», sagt SURPRISE 346/15

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VON MONIKA BETTSCHEN

Amiribachtiar und Hussaini machen aus ihrer Arbeitssuche eine Radiosendung.

sie. Doch auch ihr ist klar, dass sie viele Voraussetzungen, zum Beispiel das Schweizer Bürgerrecht und sehr gute Deutschkenntnisse, erfüllen muss, damit dieses Ziel näherrückt. Also definiert sie im Kurs die realistischen Zwischenschritte, etwa eine Ausbildung bei Securitas, und ist dankbar, hier neue Leute zu treffen und mit ihren Wünschen ernst genommen zu werden. «Wir möchten, dass auch Menschen, deren Zugang zum Arbeitsmarkt aufgrund ihrer Biografie erschwert ist, sich Networking aneignen können. Darum heisst unser Angebot Vitamin B», sagt Koncz. Der Kurs unterstützt die Menschen dabei, sich ein tragfähiges Beziehungsnetz aufzubauen, die Integrationsförderung des Kantons Zürich finanziert für Flüchtlinge eine bestimmte Anzahl Kursplätze. Die Teilnehmer führen Interviews mit verschiedenen Berufsgruppen und Behörden und verbessern in den Gesprächssituationen ihre Deutschkenntnisse, was auch ihr Selbstvertrauen stärkt. «Ungenügende Deutschkenntnisse und fehlende oder nicht anerkannte Diplome sind die höchsten Hürden auf dem Weg zu einem Job», sagt Stephan Koncz. Zum Gefühl der Fremdheit gesellt sich dann oft die Ernüchterung, hier nicht mehr den gleichen Beruf wie in der Heimat ausüben zu können. ■

Radiosendung Vitamin B, Mi, 8. April, 14 bis 15 Uhr, Radio Stadtfilter Winterthur: 96.3 MHz, Empfang auch via Kabel DAB+ und Internet, siehe www.stadtfilter.ch Informationen und Sendungsarchiv: www.klippklang.ch/vitaminb

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Kultur

Auch Pfauen wissen: Wichtig ist der erste Eindruck.

Stimme der Diaspora: Tony Gatlif («Gadjo Dilo») präsentiert Roma-Filme.

Buch Mentales Viagra

Film Perlen von den Rändern der Welt

«Pfauenfedern, rosa Hemden und Flunkereien» erzählt von den bizarren Erfahrungen in einem Kurs für Arbeitslose.

Dem Festival International de Films de Fribourg FIFF ist es zu verdanken, dass Filme aus Asien, Afrika und Südamerika auch hierzulande ein Publikum finden.

VON CHRISTOPHER ZIMMER VON THOMAS OEHLER

Marco Piras Keller, gebürtiger Sarde, Sprachwissenschaftler und langjähriger Mitarbeiter am Bundesinventar ISOS, hat das Los getroffen, das jeden treffen kann: Er ist arbeitslos geworden – mit allen Konsequenzen. Unter anderem der Verpflichtung, nicht nur Bewerbungen nachzuweisen, sondern auch an Weiterbildungen teilzunehmen, um den von der Arbeitslosenversicherung gedeckten Lohn zu erhalten. In seinen Erinnerungen an einen solchen Orientierungskurs für über 50jährige Schweizer und Nichtschweizer pendelt Keller zwischen Tatsachenbericht und Erzählung hin und her. Zum einen, weil er Mühe hat, dem Kurs-Sprachmix aus «Schwizertütsch» und «Deutschdeutsch» zu folgen und sich deshalb manches, wie er selber zugibt, vielleicht überspitzt zusammenreimt. Und zum andern, weil er nicht recht weiss, wie weit er sich den bisweilen bizarren Anforderungen des Kurses anpassen soll bzw. wie viel Distanz nötig ist, um sich seine Selbstachtung zu bewahren. Denn der Kurs lebt von Slogans, Parolen und Kürzeln, mit dem Ziel, aus jedem Teilnehmer einen Super-Bewerber zu machen, der gelernt hat, seine Qualitäten optimal zu vermarkten, und wo er keine vorzuweisen hat, diese notfalls zu erfinden – ungeachtet von Alter, mangelnder Ausbildung oder körperlichen Handicaps. Es werden Stereotypen des Erfolgs vermittelt, ein mentales Viagra, das aus den Kurs-Teilnehmern auf eine erschreckende Weise Produkte macht, die doch nur ein verzerrtes Abbild des Systems sind, das sie eben noch fallengelassen hat. Und als Krönung des Ganzen werden im Nebenraum angehende Jungmanager von denselben Kursleitern darauf trainiert, die den Stellensuchenden verkauften Strategien zu durchschauen. Keller ist ein guter Beobachter, der es nicht nur versteht, anschaulich von seinen Erfahrungen, seinen Leidensgenossen und von den Höhen und Tiefen dieses Kurses zu erzählen, sondern auch davon ausgehend den Blick auf die Besonderheiten und Sonderbarkeiten des Schweizer Alltags zu richten. Dass dabei so manches zur Realsatire gerät, macht diesen Bericht auf eine bittere Weise unterhaltsam. Marco Piras Keller: Pfauenfedern, rosa Hemden und Flunkereien. Edition 8, 2014. 22.90 CHF

Kino ist ein Mittel der gesellschaftlichen Beobachtung. Es nimmt Themen auf, um sie zur Diskussion zu stellen. Diesem Grundsatz bleibt das FIFF seit 29 Jahren treu, und wenn die Filme aus politisch und wirtschaftlich instabilen Ländern stammen und nur unter schwierigen Bedingungen gedreht werden können, kommt er besonders zum Tragen. So zeigt die Sektion «Terra Incognita» dieses Jahr, wie das nordamerikanische indigene Kino zur Identitätsbildung der Ureinwohner beiträgt und kulturelles Terrain zurückfordert. Der syrische Dokumentarfilmer Ossama Mohammed wiederum stellt Filme vor, die abbilden, was von seiner Heimat bislang übriggeblieben ist, während sie in langjährigen Gefechten weiterhin in Stücke gerissen wird. Und Tony Gatlif («Gadjo Dilo»), Sohn einer Roma und eines algerischen Berbers, hat als Stimme der Diaspora Filme der Roma-Kultur zusammengestellt. Am FIFF hat wohl ein mancher Namen wie Abderrahmane Sissako zum ersten Mal gehört, dessen «Timbuktu» letztes Jahr bei uns in den Kinos lief: Der Film spielt unter Jihadisten, die den Norden Malis besetzt hatten. Bereits sein «Bamako» von 2006 zeigte eine mutige politische Haltung, eine Anklage der afrikanischen Zivilbevölkerung nämlich gegen die Weltbank und den Internationalen Währungsfonds in einem fiktiven Prozess. Auch Jia Zhang-ke konnte man in Fribourg kennenlernen, diesen Kritiker des repressiven chinesischen Systems, oder den Thailänder Apichatpong Weerasethakul, der uns in «Uncle Boonmee Who Can Recall His Past Lives» (2010) zeigte, wie leicht sich die Grenzen zwischen Leben und Tod verschieben lassen. Unterdessen laufen im Internationalen Wettbewerb aber auch unkonventionelle Produktionen aus Europa und den USA, denn für Thierry Jobin, den aktuellen Festivalleiter, ist klar: In einer globalisierten Welt findet sich das Ausgegrenzte überall. Grosse thematische Klammer des diesjährigen Festivals ist die Freiheit. Die Freiheit im politischen Sinn bei unterdrückten Völkern oder als sexuelle Befreiung im erotischen Film. Und nicht zuletzt die Freiheit des Humors: Die Sektion «Entschlüsselt: Können Sie über alles lachen?» zeigt, dass Komik nicht nur Unterhaltung, sondern ein effektives Mittel der Gesellschaftskritik ist. 29. Internationales Filmfestival Freiburg, Sa, 21. bis Sa, 28. März. www.fiff.ch

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Die 25 positiven Firmen Diese Rubrik ruft Firmen und Institutionen auf, soziale Verantwortung zu übernehmen. Einige haben dies schon getan, indem sie dem Strassenmagazin Surprise mindestens 500 Franken gespendet haben. Damit helfen sie, Menschen in prekären Lebensumständen eine Arbeitsmöglichkeit zu geben und sie auf ihrem Weg zur Eigenständigkeit zu begleiten. Gehört Ihr Betrieb auch dazu? Die Spielregeln sind einfach: 25 Firmen werden jeweils aufgelistet, sind es mehr, fällt jener Betrieb heraus, der am längsten dabei ist.

Artischocken: sehen hübsch aus, spinosi sind sie trotzdem. 01

Coop Genossenschaft, Basel

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AnyWeb AG, Zürich

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Burckardt + Partner AG, Bern

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mcschindler.com GmbH, Zürich

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fast4meter, Storytelling, Bern

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Maya-Recordings, Oberstammheim

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Bachema AG, Schlieren

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Kaiser Software GmbH, Bern

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Ko Schule für Shiatsu GmbH, Zürich

VON TOM WIEDERKEHR

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Schweizerisches Tropen- und Public Health-

Der Artischocke werden wohltuende Wirkungen nachgesagt, mitunter, dass sie gut zum Abnehmen sei. Allerdings nicht, weil es anstrengend wäre, sie zu rüsten, sondern aufgrund ihrer Inhaltsstoffe. Der für sie so typische Bitterstoff Cynarin, der auch Namensgeber für einen leicht bitteren Aperitif ist, regt den Stoffwechsel an und hat eine verdauungsfördernde Wirkung. Lassen Sie sich also nicht von scharfen Spitzen, an welchen man sich die Finger wund sticht, von quietschenden Blättern, bei denen man nicht weiss, von wo an man sie essen kann, und auch nicht von einer dichten Barriere aus Stroh, welche das Herz der Pflanze schützt, von diesem frühlingshaften Genuss abhalten. Kaufen Sie einfach die kleinen, schlanken Artischocken, die der Italiener als Carciofi Spinosi kennt. Sie sind immer noch spitzig, knifflig – spinosi eben – aber den Aufwand wert. Die Carciofi Spinosi haben von Ende Dezember bis April ihre Saison. Achten Sie beim Kauf und vor allem auch beim Rüsten darauf, dass etwa zehn Zentimeter Stiel an der Blüte bleiben. Die äusseren Blätter der Artischocken abknicken, bis sich die inneren, helleren Blätter zeigen. Mit dem Rüstmesser die dunkelgrünen Stellen beim Stielansatz entfernen, dann den Stiel vorsichtig schälen und die stachlige Artischockenblüte etwa zwei Finger breit über dem Blütenboden wegschneiden. Falls es im Inneren etwas Heu hat, dieses mit einem Kaffeelöffel entfernen und die gerüstete Artischocke sofort in Zitronenwasser legen, damit sie nicht braun wird. Jetzt muss der Entscheid gefällt werden, wie die Artischocken zubereitet werden sollen. Entweder auf römische Art mit vielen Kräutern wie flacher Petersilie, Basilikum und Pfefferminze, kopfüber in etwas Wasser und Olivenöl. So rund eine Stunde auf kleinem Feuer weich garen, bis zum Schluss alles Wasser verdunstet ist und sich die weichen Artischocken mit dem Olivenöl und den Kräutern vermählt haben. Oder – sehr viel purer – die Artischocken der Länge nach halbieren, ein paar Minuten in Salzwasser blanchieren und in der Bratpfanne mit etwas Olivenöl langsam karamelisieren lassen. Auf römische Art als Vorspeise oder pur als Beilage zu kurz angebratenem Fleisch geniessen. Und Sie werden verstehen, weshalb es sich manchmal lohnt, etwas blutige Finger in Kauf zu nehmen, um so ein Herz zu erobern.

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Lions Club Zürich-Seefeld, Zürich

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Klinik Sonnenhalde AG, Riehen

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Privat-Pflege und Betreuung, Oetwil am See

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Praxis Colibri-Murten, Murten

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Schumann & Partner AG

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Bruno Jakob Organisations-Beratung, Pfäffikon

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VXL Gestaltung und Werbung AG, Binningen

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Hofstetter Holding AG, Bern

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Projectway GmbH, Köniz

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OfficeWest AG, Baden

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Scherrer & Partner GmbH, Basel

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ArchitekturPlus, Zürich

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Anne Hoffmann Graphic Design, Zürich

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FC Basel 1883 U19 Team UEFA Youth League

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Homegate AG, Zürich

Bezugsquellen und Rezepte: www.piattoforte.ch/surprise

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Piatto forte Beim Essen verhungert Es soll Zeitgenossen geben, die behaupten, bis eine Artischocke gegessen ist, sei man verhungert. Doch es gibt viele gute Gründe, sich dem Herz dieser Pflanze zu nähern.

Institut, Basel

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Möchten Sie bei den positiven Firmen aufgelistet werden? Mit einer Spende von mindestens 500 Franken sind Sie dabei! PC-Konto: 12-551455-3, Verein Surprise, 4051 Basel Zahlungszweck: Positive Firma + Ihr gewünschter Eintrag. Wir schicken Ihnen eine Bestätigung.

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BILD: STEFAN ROHNER

BILD: ZVG

Ausgehtipps

Im Lichtkegel dem Status der Kunst auf der Spur.

St. Gallen Angeknipst

Greifen Sie zu! Sie haben nichts zu befürchten.

Basel Zehn Minuten Ruhm Es heisst ja, jeder Mensch hätte irgendein besonderes Talent. Die Open Stage Night im Grand Café Sud gibt Ihnen die Gelegenheit, das Ihre während sieben bis zehn Minuten einer geneigten Öffentlichkeit zu präsentieren – egal ob Kabarett, Stand-Up Comedy, Zauberei, Artistik oder Chanson. Es soll nicht verschwiegen werden, dass neben Newcomern auch Profis auf der Bühne stehen werden. Zugegeben: Davon könnte man sich nun einschüchtern lassen. Man könnte es aber auch als Chance zur Inspiration und zum kreativen Austausch unter Talentierten sehen! Sollten Sie noch einmal drüber schlafen wollen: Die Reihenfolge wird erst kurz vor Showbeginn festgelegt, auch Kurzentschlossene sind willkommen. Also: Licht aus, Scheinwerfer an! The stage is all yours. (csp)

Die Abende werden langsam lauer, und etwas Stimmung in der Dämmerung ist gefragt. Eine passende Zeit für die «Eclairage» – Beleuchtung – des Franzosen Michel Verjux: Der 59Jährige macht mit seinen Lichtinstallationen die Fassaden der Lokremise und des Wasserturms zu Orten der Sinnlichkeit. Aber wie es sich für einen rechten Künstler gehört, will er damit nicht nur Abendspaziergängern ans Herz rühren. Er wirft die Lichtkegel von Theaterscheinwerfern und Diaprojektoren auf Gebäude und Ausstellungsräume, um Erkenntnisse über den Status der Kunst daraus hervorzuscheuchen. Und das, indem er mit genau jenen Parametern spielt, die zur Ausstellung und Betrachtung der Kunst dienen: Licht, Raum, Zeit. So entstehen immaterielle Bilder, die nach Mitternacht jeweils wieder abgeknipst werden. (dif)

Zusammen spielen – das wäre schon mal ein Ansatz.

Bern Rassismus im Alltag

der Lokremise und des Wasserturms.

Wer hat nicht schon rassistische Situationen erlebt oder beobachtet – subtile Aussagen, Beschimpfungen oder offensichtliche Diskriminierungen? Auf der Strasse, im Kino, im Tram, im Fussballstadion, im Park. Orte, wo Menschen sich begegnen, können immer auch Schauplätze von Rassismus sein. Ob Täter, Opfer, Zuschauerin, Zuhörer, ob wir uns eingeschüchtert abwenden oder couragiert eingreifen: Je nach Situation findet man sich in unterschiedlichen Positionen wieder. Die Aktionswoche gegen Rassismus gibt Gelegenheit, in verschiedene Rollen zu schlüpfen. Vom 21. bis 27. März wird Bern zur Bühne für vielfältige Aktionen von mehr als 20 Organisationen und noch viel mehr engagierten Menschen. Durch verschiedene Aktivitäten wie Theater, Kunstaktionen oder Lesungen stellt die Stadt Bern das Thema Rassismus in dieser Woche in den Mittelpunkt. (csp)

www.kunstmuseumsg.ch

5. Aktionswoche der Stadt Bern gegen Rassismus,

Michel Verjux – Anschaulichkeit, noch bis 26. April, Mo bis So ab Abenddämmerung bis 24 Uhr, Fassade

Sa, 21. bis Fr, 27. März. www.berngegenrassismus.ch

Anzeigen:

Open Stage Night «Die Rache der Talentierten», So, 29. März, 19.30 Uhr (immer am letzten Sonntag im Monat). Anmeldung unter florian@florianklein.com, Grand Café Sud, Burgweg 7. www.sud.ch

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BILD: ANDRÉ STÖRIKO

BILD: ZVG

Der kosovarische Dramatiker Jeton Neziraj führt eine spitze Feder.

Flair für das Ungewisse: Die Jazzer vom Augur Ensemble.

Bern Fest der Wörter

Zürich, Rorschach Unheimliche Zukunftsmusik

Aprillen ist ein noch junges Pflänzchen. Erst zum zweiten Mal findet diesen Frühling das Lesefest im Schlachthaustheater statt. Es ist ein Fest von und für Lesefans, mit viel Herzblut und Liebe zum Buch gestaltet. Und Lese- und Hörfans wird einiges geboten: Zur Eröffnung liest niemand Geringeres als der begnadete Satiriker und Lyriker Max Goldt – er allein wäre schon die Reise nach Bern wert. Dazu sind weitere klingende Namen angekündigt: Unter anderen wird auch Klaus Merz Texte vortragen und Melinda Nadj Abonji («Tauben fliegen auf») wird zusammen mit Rap-Poet Jurczok 1001 auftreten. Nicht für Albanerinnen (oder Schweizerinnen mit solchem Hintergrund), aber wohl für die meisten Schweizer (ohne Hintergrund) ein Geheimtipp ist der Auftritt des jungen kosovarischen Dramatikers Jeton Neziraj. Er ist ein scharfer Kritiker der Missstände in der Regierung des jungen kosovarischen Staats, letztes Jahr war im Schlachthaustheater seine Komödie «Einer flog über das Kosovo» zu sehen: ein bitterböser Klamauk über eine Theatertruppe am Existenzminimum, die den Auftrag erhält, ein patriotisches Stück zur Feier der Unabhängigkeitserklärung zu schreiben. Es darf erwartet werden, dass Neziraj auch zu den kürzlichen Massenprotesten in Prishtina und die gleichzeitig einsetzende Massenauswanderung in den EU-Nachbarstaat Ungarn etwas zu sagen haben wird. Neben den Auftritten wird am Aprillen eine Ausstellung zu sehen sein, in der sich Spoken-WordKünstlerinnen und Rapper wie Hazel Brugger, Pedro Lenz, Gabriel Vetter, Black Tiger oder Steff La Cheffe zum Zusammenhang zwischen Schreiben und Sprache resp. zum mündlichen Auftritt äussern. Und, als wäre das nicht schon genug: Essen und Tanzen gibt’s auch noch. Kurz gesagt: ein Anlass, den sich Leseratten und Fans des gesprochenen Worts auf keinen Fall entgehen lassen sollten. (fer)

Die Zukunft vorhersagen wie die Auguren im alten Rom können die waghalsigen Impro-Folk-Jazzer aus Schweden, Norwegen und der Schweiz zwar nicht. Doch wie die gleichnamigen römischen Hellseher, die im Flug, Gesang und mal auch in den Innereien der Vögel nach Indizien für das Kommende suchten, lässt sich das Augur Ensemble auf das Ungewisse ein: Einer alten Tradition folgend und dabei Neues kreierend, improvisiert, arrangiert und komponiert das Quintett aus den Norwegern Eirik Dørsdal an der Trompete und Øyvind Hegg-Lunde am Schlagzeug, der Schwedin Anni Elif Egecioglu an Cello und Gesang sowie den Schweizern Fabian M. Mueller am Klavier und Kaspar von Grünigen am Kontrabass während des Spiels jedes Mal neu: ergebnisoffen und unter Kombination traditioneller und experimenteller Techniken. Mal in Schichten übereinander gelegt, mal sanft ineinander verworren, mal schief und verschachtelt: Der «Spooky Jazz» der Auguren, wie sie ihre Musik selbst betiteln, spiegelt auf sensible Weise den Raum wider, ohne ihn zu sprengen. Ein ausdrucksstarkes und doch minimalistisches Kammerensemble zwischen Instrumentalarrangements, Perkussionseinlagen, sanften Klanggerüsten und dem Sirren von Drohnen. (win) Augur Ensemble, Mi, 8. April, Fabrikjazz Zürich, Do, 9. April, Stella Maris Rorschach, Fr, 10. April, Tangente Eschen (LIE).

«Aprillen», Berner Lesefest, Do, 8. bis So, 11. April, Schlachthaustheater Bern. www.aprillen.ch

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Verkäuferinnenporträt «Die Familie ist das Allerwichtigste» Kostana Barbul, 47, sorgt dafür, dass Surprise auch auf die Strassen der Stadt St. Gallen gelangt. Im vergangenen Jahr lagen für die Tochter eines Appenzellers und einer Roma Freud und Leid in der Familie nahe beisammen.

«Oft sagen mir Leute, für jemanden, der Surprise verkaufe, sei ich doch viel zu gut angezogen. Ich denke dann: Soll ich denn in zerfetzten Lumpen dastehen? Man kann ja guten Geschmack haben, obwohl man aufs Geld achten und günstige Kleider kaufen muss. Meine Vatersprache ist Appenzellerdeutsch, meine Muttersprache aber ist Romanes, die Zigeunersprache. Ja, ich bin Zigeunerin. All die politisch korrekten Ausdrücke für uns, die hat man eingeführt, um uns nicht zu beleidigen. Wir nennen uns so, wie wir schon immer hiessen: Zigeuner. Aufgewachsen bin ich in Gossau, aber ich hatte schon immer einen viel stärkeren Bezug zur Kultur meiner Mutter. Der Vater meiner beiden Kinder war auch Zigeuner, und mein Sohn hat gerade vor ein paar Wochen eine Romnia aus Serbien geheiratet. Ich war eine der ersten Surprise-Verkäuferinnen überhaupt. Ich verkaufe das Heft seit den Neunzigerjahren, wobei ich immer wieder kürzere oder längere Unterbrüche hatte. Seit bald zehn Jahren habe ich jetzt meinen Standplatz am Bahnhof St. Gallen. Dort gehöre ich sozusagen zum Inventar. Ich habe 15 Jahre als Pflegehelferin in einem Spital gearbeitet, bis sie mich entliessen. Ich wurde alt und damit zu teuer. Für meinen Lohn konnten sie halt zwei Praktikantinnen einstellen, da kann man nichts machen. Später versuchte ich mich als Wirtin, aber das ging nur gerade zwei Jahre gut. Wir übernahmen ein Restaurant in einem kleinen Dorf. Was wir unterschätzt hatten: Wenn du in so einer Dorfgemeinschaft nicht dazugehörst, kommt auch keiner in deine Beiz. Immer, wenn es beruflich schlecht lief, konnte ich auf Surprise zurückgreifen. Surprise hat viele Vorteile: Es gibt keine Wartefrist, man kann direkt anfangen zu verkaufen, wenn man Geld braucht. Und es zwingt dich keiner, irgendetwas zu tun. Ich kann mir meine Zeit selber einteilen und verdiene das Geld direkt. Das entspricht mir sehr. So komme ich ohne staatliche Unterstützung aus. Ich bin auch für die Verteilung des Heftes in St. Gallen zuständig. Ich nehme die Hefte bei der Anlieferung entgegen, und die anderen vier, fünf Verkäufer in der Stadt beziehen sie bei mir. Ende Monat rechne ich mit dem Vertriebsleiter aus Zürich ab. Derzeit komme ich nicht so viel zum Verkaufen wie üblich. Ich habe viel Zeit bei meiner Tochter verbracht, denn im vergangenen Jahr ist meine Mutter gestorben. Sie lebte die letzten sieben Jahre bei uns und kümmerte sich sehr stark um meine kranke Tochter, die am Rubinstein-Taybi-Syndrom leidet, einem seltenen genetischen Defekt. Sie ist 30, aber geistig auf dem Niveau eines Kindes. Sie hing sehr an ihrer Grossmutter und brauchte eine Weile, bis sie verstanden hat, dass diese jetzt fort ist. Meine Tochter braucht rund um die Uhr Betreuung. Wenn ich nicht zuhause bin, sorge ich immer dafür, dass mindestens zwei Leute bei ihr sind. Die Spitex können wir uns nicht leisten, das wäre zu teuer. Wir lösen das in der Familie. Das ist ganz sicher der grösste Unterschied zwischen der Zigeunerkultur und der übrigen Gesellschaft: Bei uns hält die Familie viel stärker

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AUFGEZEICHNET VON AMIR ALI

zusammen. Die Familie ist das Allerwichtigste. Mein Sohn ist ein erwachsener Mann, aber wir sehen uns jeden Tag. Wenn ich meine Kinder zwei, drei Tage nicht sehe, werde ich fast krank. Ich bin sehr glücklich, dass mein Sohn geheiratet hat. Er und seine Frau kannten sich schon lange, aber als wir die Formalitäten hier erledigen wollten, glaubten die Behörden, es handle sich um eine Scheinehe. Die beiden mussten all ihre SMS und E-Mails der letzten Jahre offenlegen, um das Gegenteil zu beweisen. Da kommt man sich schon etwas blöd vor. Die Arbeit bei Surprise liegt mir sehr am Herzen, ich habe über die Jahre viele Kunden als Freunde gewonnen. Manche kommen ab und zu bei mir zuhause auf einen Kaffee vorbei. Beim Verkaufen achte ich darauf, die Leute nicht zu bedrängen. Ich bin einfach da und schenke ihnen meine Aufmerksamkeit. Wer das Heft will, der kauft es.» ■ SURPRISE 346/15


SurPlus – eine Chance für alle! Werden Sie Gotte oder Götti bei SurPlus Surprise kümmert sich um Menschen, die weniger Glück im Leben hatten. Menschen, die kaum Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt haben und ihr Leben in die eigenen Hände nehmen wollen. Mit dem Verkauf des Strassenmagazins Surprise überwinden sie ihre soziale Isolation. Ihr Alltag bekommt wieder Struktur und mehr Sinn. Sie gewinnen neue Selbstachtung und erarbeiten sich aus eigener Kraft einen kleinen Verdienst. Das verdient Respekt und Unterstützung. Das Spezialprogramm SurPlus ist ein niederschwelliges Begleitprogramm für ausgewählte Surprise-Verkaufende, die regelmässig das Strassenmagazin

verkaufen und hauptsächlich vom Heftverkauf leben. Diese Verkaufenden erhalten nur geringe soziale Ergänzungsleistungen und werden im Programm SurPlus gezielt vom Verein Surprise unterstützt: Sie sind sozial abgesichert (Ferien, Krankheit, Nahverkehrsabonnement) und werden bei Problemen im oft schwierigen Alltag begleitet. Mit einer Patenschaft leisten Sie einen wesentlichen Beitrag für die soziale Absicherung der Verkaufenden und ermöglichen ihnen, sich aus eigener Kraft einen Verdienst zu erarbeiten. Vielen Dank für Ihr Engagement!

Elsa Fasil Bern

Kostana Barbul St. Gallen

Ralf Rohr Zürich

Marlis Dietiker Olten

Negasi Garahassie Winterthur

Josiane Graner Basel

Tatjana Georgievska Basel

Emsuda Loffredo-Cular Basel

Anja Uehlinger Baden

Fatma Meier Basel

Haimanot Ghebremichael Bern

Ja, ich werde Gotte/Götti und unterstütze das SurPlus-Programm von Surprise! 1 Jahr: 6000 Franken

1/2 Jahr: 3000 Franken

1/4 Jahr: 1500 Franken

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1 Monat: 500 Franken

346/15 Talon bitte senden oder faxen an: Verein Surprise, Administration, Spalentorweg 20, 4051 Basel, F +41 61 564 90 99, info@vereinsurprise.ch, PC-Konto 12-551455-3 SURPRISE 346/15

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Surprise ist: Hilfe zur Selbsthilfe Surprise hilft seit 1997 Menschen in sozialen Schwierigkeiten. Mit Programmen in den Bereichen Beschäftigung, Sport und Kultur fördert Surprise die soziale Selbständigkeit. Surprise hilft bei der Integration in den Arbeitsmarkt, bei der Klärung der Wohnsituation, bei den ersten Schritten raus aus der Schuldenfalle und entlastet so die Schweizer Sozialwerke.

Ich möchte Surprise abonnieren! 24 Ausgaben zum Preis von CHF 189.– (Europa: CHF 229.– ) (Verpackung und Versand bieten StrassenverkäuferInnen ein zusätzliches Einkommen.) Gönner-Abo für CHF 260.–

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Eine Stimme für Benachteiligte Surprise verleiht von Armut und sozialer Benachteiligung betroffenen Menschen eine Stimme und sensibilisiert die Öffentlichkeit für ihre Anliegen. Surprise beteiligt sich am Wandel der Gesellschaft und bezieht Stellung für soziale Gerechtigkeit. Strassenmagazin und Strassenverkauf Surprise gibt das vierzehntäglich erscheinende Strassenmagazin Surprise heraus. Dieses wird von einer professionellen Redaktion produziert, die auf ein Netz von qualifizierten Berufsjournalistinnen, Fotografen und Illustratorinnen zählen kann. Das Magazin wird fast ausschliesslich auf der Strasse verkauft. Rund dreihundert Menschen in der deutschen Schweiz, denen der Arbeitsmarkt verschlossen bleibt, erhalten damit eine Tagesstruktur, verdienen eigenes Geld und gewinnen neues Selbstvertrauen. Impressum

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Herausgeber Verein Surprise, Spalentorweg 20, 4051 Basel www.vereinsurprise.ch Öffnungszeiten Sekretariat 9 – 12 Uhr, Mo – Do T +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99 info@vereinsurprise.ch Geschäftsführung Paola Gallo (Geschäftsleiterin), Sybille Roter (stv. GL) Anzeigenverkauf T +41 61 564 90 90, M +41 76 325 10 60 anzeigen@vereinsurprise.ch Redaktion T +41 61 564 90 70, F +41 61 564 90 99 Amir Ali (ami), Florian Blumer (fer, Heftverantwortlicher), Diana Frei (dif), Sara Winter Sayilir (win) redaktion@strassenmagazin.ch leserbriefe@strassenmagazin.ch Ständige Mitarbeit Rosmarie Anzenberger (Korrektorat), Rahel Nicole Eisenring, Shpresa Jashari, Carlo Knöpfel, Melanie Kobler (Grafik), Yvonne Kunz, Stephan Pörtner, Isabella Seemann, Sarah Weishaupt, Priska Wenger, Tom Wiederkehr, Christopher Zimmer Mitarbeitende dieser Ausgabe Monika Bettschen, Lucian Hunziker, Steven MacKenzie, Pascal Mora, Thomas Oehler, Benedikt Sartorius Gestaltung WOMM Werbeagentur AG, Basel Druck AVD Goldach Auflage 25 950 Ex., Abonnemente CHF 189, 24 Ex./Jahr Marketing, Fundraising T +41 61 564 90 50 Svenja von Gierke

Sport und Kultur Surprise fördert die Integration auch mit Sport. In der Surprise Strassenfussball-Liga trainieren und spielen Teams aus der ganzen deutschen Schweiz regelmässig Fussball und kämpfen um den Schweizermeister-Titel sowie um die Teilnahme an den Weltmeisterschaften für sozial benachteiligte Menschen. Seit 2009 hat Surprise einen eigenen Chor. Gemeinsames Singen und öffentliche Auftritte ermöglichen Kontakte, Glücksmomente und Erfolgserlebnisse für Menschen, denen der gesellschaftliche Anschluss sonst erschwert ist. Finanzierung, Organisation und internationale Vernetzung Surprise ist unabhängig und erhält keine staatlichen Gelder. Das Strassenmagazin wird mit dem Erlös aus dem Heftverkauf und mit Inseraten finanziert. Für alle anderen Angebote wie die Betreuung der Verkaufenden, die Sportund Kulturprogramme ist Surprise auf Spenden, auf Sponsoren und Zuwendungen von Stiftungen angewiesen. Surprise ist eine nicht gewinnorientierte soziale Institution. Die Geschäfte werden vom Verein Surprise geführt. Surprise ist führendes Mitglied des Internationalen Netzwerkes der Strassenzeitungen (INSP) mit Sitz in Glasgow, Schottland. Derzeit gehören dem Verband über 100 Strassenzeitungen in 40 Ländern an. Vertriebsbüro Basel T +41 61 564 90 83 Thomas Ebinger, Anette Metzner, Spalentorweg 20, 4051 Basel, basel@vereinsurprise.ch Vertriebsbüro Zürich T +41 44 242 72 11, M +41 79 636 46 12 Reto Bommer, Engelstrasse 64, 8004 Zürich, zuerich@vereinsurprise.ch Vertriebsbüro Bern T +41 31 332 53 93, M +41 79 389 78 02 Andrea Blaser, Alfred Maurer, Bruno Schäfer, Pappelweg 21, 3013 Bern, bern@vereinsurprise.ch Strassenchor T +41 61 564 90 40, F +41 61 564 90 99 Paloma Selma, p.selma@vereinsurprise.ch Strassensport T +41 61 564 90 10 Lavinia Besuchet (Leitung), l.besuchet@vereinsurprise.ch, David Möller (Sportcoach) www.strassensport.ch Vereinspräsident Peter Aebersold

Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auch auszugsweise oder in Ausschnitten, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird von der Redaktion und dem Verlag jede Haftung abgelehnt. Surprise behält sich vor, an Verkaufende gerichtete Postsendungen zu öffnen. Barspenden an namentlich bezeichnete Verkaufende können nur bis zu einem Betrag von CHF 100.– weitergeleitet werden. Darüber hinausgehende Beträge sollen – im Einverständnis mit der Spenderin oder dem Spender – allen Verkaufenden zugute kommen.

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Schön und gut. Ab sofort sind die neuen Surprise-Caps mit eleganter Kopfwerbung bei uns in Einheitsgrösse erhältlich: Zur Auswahl stehen sie in den Farben Schwarz und Beige. Zugreifen! Grosses Badetuch 100 x 180 cm aus sehr langlebigem Zwirngarn, 100% handgepflückte Baumwolle. Mit Surprise-Logo eingewebt und von A bis Z in der Schweiz hergestellt. Vorder- und Rückseite verschiedenfarbig: vorne kühles Aquablau, hinten heisses Rot.

Surprise-Cap CHF 16.– beige

Strandtuch (100 x 180 cm) CHF 65.–

schwarz

50 Prozent des Verkaufspreises kommt Surprise zugute.

Alle Preise exkl. Versandkosten.

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Ist gut. Kaufen! Die neuen Surprise-Taschen sind da! Gemeinsam mit dem Secondhand-Shop «Zweifach» aus Basel haben wir neue und schicke Surprise-Taschen entworfen! Die Taschen werden umweltfreundlich aus nicht mehr gebrauchten Lastwagenplachen genäht und mit Autogurten versehen. Sie sind geräumig und verfügen innen über ein grosses Zwischenfach. Erhältlich sind sie in den Farben Rot, Blau, Grün, Orange und Schwarz. Je nach Vorrat kann die Lieferung bis zu drei Wochen in Anspruch nehmen. Zweifach ist ein Betrieb der Eingliederungsstätte Baselland und bietet jungen und erwachsenen Menschen mit einer Behinderung die Möglichkeit, im beruflichen Alltag Fuss zu fassen. Tun Sie sich, Zweifach und auch Surprise etwas Gutes und bestellen Sie noch heute ihre Tasche in ihrer Lieblingsfarbe! Surprise City-Taschen (24,5 x 35,5 cm); CHF 45.– (exkl. Versandkosten) schwarz orange grün blau rot

Der Surprise-Schriftzug soll folgende Farbe haben schwarz weiss silber Anzahl Taschen

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