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Investmentmärkte

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Energie sparen, Synergien nutzen

Betriebskosten – Strom zu sparen und Energiekosten zu senken ist längst mehr als nur ein Trend. Klimawandel, Krieg und damit verbundene Abhängigkeiten von Gaslieferungen zeigen, wie drängend Umdenken und beherztes Handeln sind. Die Grundlagen dafür haben gewiefte Start-ups und innovative Fachberater schon gelegt.

Von Susanne Osadnik – Fotos: zVg

Givaudan ist ein Traditionsunternehmen. 1895 in Zürich gegründet, hat der Aroma- und Duftstoffhersteller heute seinen Sitz in Vernier. Seine 15.800 Mitarbeiter an mehr als 181 Standorten sorgten 2020 für einen Jahresumsatz von 6,3 Milliarden Schweizer Franken. Eine der vielen Produktionsstätten von Givaudan ist in Dortmund angesiedelt und wird möglicherweise bald Energiegeschichte schreiben. Der Standort zählt schon jetzt zu den ener «In der Regel lässt sich übergetisch effizientesten des Konzerns, dürfte bald aber mit der Reduzierung von rund 19 Prozent des Stromverbrauchs flüssiger Strom- seine Poleposition weiter ausbauen. verbrauch in Höhe Durch energetische Optimierung der gevon 8 bis 15 Prozent einsparen.» samten Industriegruppe könnten die CO2-Klimaziele viel schneller erreicht – und auch Kosten im zweistelligen Milli-

Beat Geissler, Geschäfts- onenbereich eingespart werden. führerHibyrd Möglich machen kann das ein Berliner Start-up, welches ein technologieverliebter Schweizer gemeinsam mit einem Sustainability-Investmentbanker 2018 gegründet hat. Mehr zu diesem Die Idee der Hibyrd GmbH: Ganzheitliche StromThema am nutzungs- und Stromeinsparlösungen für IndusKongress INNOVATION DAY vom 10.11.22. trie, Gewerbe und öffentliche Auftraggeber mit smarter Green Tech (Volt Management), um darüber den Stromverbrauch umgehend und drastisch zu reduzieren. In Zeiten, in denen es wie nie zuvor um das Einsparen von Energie und Kostenreduktion geht, scheint Beat Geissler und seinem Kompagnon Nils Meinefeld eine Punktlandung geglückt zu sein. Dabei habe man sich lediglich lang bekannter Probleme angenommen – und Lösungen gefunden.

Der Schlüssel: Volt Management

«Unser Ansatz setzt an drei verschiedenen Hebeln an: dem Reduzieren der Stromspannung, dem Vermeiden von Spitzenlasten im Stromnetz zu bestimmten Zeiten sowie der Optimierung des Grundlastverhaltens aufgrund einer umfassenden Verbrauchsanalyse und der Bereitstellung von Handlungsoptionen», sagt Beat Geissler, Geschäftsführer von Hibyrd. Zu den wichtigsten Stellschrauben, an denen Hibyrd dreht, zählt das sogenannte Hibyrd Volt Management («Spannungsregulierung»), bei dem Schwankungen im Stromnetz genau so reduziert und stabilisiert werden können, dass der optimale Betriebspunkt erreicht wird. «Dadurch lässt sich in der Regel überflüssiger Stromverbrauch in Höhe von 8 bis 15 Prozent einsparen, ohne dass der operative Betrieb in irgendeiner Form beeinträchtigt wird», erklärt Hybird-Chef Geissler. Dabei habe der Kunde keine Investitionen zu leisten. «Wir liefern die Einsparung und absorbieren alle Kosten», sagt Geissler. Der Grund, warum Volt Management überhaupt notwendig sei, liege unter anderem auch darin begründet, dass die Energieversorger täglich Strom in zu hoher Voltzahl lieferten. Obwohl in der Regel 215 Volt ausreichten, liege die tatsächliche Voltzahl oft bei 235 Volt und mehr. Das Ergebnis: hohe Kosten für die Verbraucher, weil mehr Strom ver- als gebraucht wird; öfter defekte Maschinen und hohe Unterhaltungskosten. «Der tägliche Strom-Tsunami, der im Netz tobt, sorgt dafür, dass sowohl der Kühlschrank als auch die Industrieanlage unter der zu hohen Spannung leiden», führt Geissler weiter aus. Dies führe zu höheren Wartungskosten, darüber hinaus werde die Lebensdauer von Geräten und Maschinen verkürzt.

Hibyrd Volt Management wird in Betrieb genommen.

Smarte Green-Tech-Lösungen

Durch die Einspeisung erneuerbarer Energien sind die Stromnetze zudem instabiler geworden – Atomstrom fliesst gleichmässiger als der unregelmässig eingespeiste Ökostrom – und müssen durch viel und sehr teure Regelenergie stabilisiert werden. So wollen die Lieferanten auf der sicheren Seite sein und Stromunterbrechungen im Netz vermeiden. Die rasant steigenden Mehrkosten dafür werden auf die Verbraucher umgelegt. Mithilfe des von Hibyrd neu interpretierten «Spannungsregulierers» wird das interne Versorgungsnetz ihrer Kunden erheblich geschont und die Lebenszyklen der einzelnen Komponenten signifikant verlängert. Hibyrd erfasst den energetischen Fussabdruck eines Standortes und implementiert smarte Green-Tech-Lösungen für zusätzliche Einsparungen.

Strombezüger «intelligent steuern»

Eine weitere wichtige Stellschraube ist die Entkopplung der einzelnen Stromverbraucher, um die Lastspitzen zur reduzieren. «Die Spitzenlast in Hotels liegt beispielsweise immer um die Mittagszeit, wenn in der Küche viel Strom gebraucht wird, aber auch überall Staubsauger in den Hotelzimmern zum Einsatz kommen und beispielsweise auch noch die E-Autos für die Lunchzeit an der Zapfsäule angeschlossen werden», berichtet der Hybird-Geschäftsführer. «Diese Spitzenlast kann man entkoppeln, indem die einzelnen Strombezüger intelligent gesteuert werden.» Bislang ist Hibyrd sowohl in der Hotellerie als auch in Gesundheitseinrichtungen, in der Grossindustrie und im Handel zum Einsatz gekommen.

Wider die Energieverschwendung

Strom- und Energiesparen steht auch bei der Wattelse AG im Fokus. Das Unternehmen mit Sitz in Cham berät Immobilieneigentümer und -nutzer bei der Reduktion des Energiebedarfs: Ob Betrieb oder private Wohnung – Wattelse bietet eine Rundumberatung zum Thema Heizungs-, Lüftungs-, Klima- und Kälteanlagen (HLKK) sowie zur Dekarbonisierung von Immobilien an. Seit der Bundesrat in der Schweiz die Unternehmen aufgefordert hat, sich selbst das Ziel zu setzen, im Vergleich zum Vorjahr 15 Prozent Strom einzusparen, hofft man bei Wattelse, dass das Thema Energiesparen weiter an Bedeutung gewinnt. Aus Sicht von HLKKExperte Markus Gomer, Partner bei Wattelse, wird von Verbauerseite grundsätzlich zu sorglos mit Strom umgegangen: «Vielfach wird nicht hinterfragt, ob ein bestimmtes Gerät den ganzen Tag eingeschaltet sein muss. Gerade im Gewerbe kommt es häufig vor, dass Motoren oder Anlagen laufen, ohne dass sie im Einsatz sind.» «Vielfach wird nicht hinterfragt, ob ein bestimmtes Gerät den ganzen Tag eingeschaltet sein muss.» Markus Gomer, Partner bei Wattelse

Der Energiedetektiv Markus Gomer bei der Analyse einer Lüftungsanlage.

Energetisches Vorbild: Swiss Life Arena

Die neue Swiss Life Arena, die im Oktober offiziell eröffnet wird, lässt nicht nur die Herzen von Eishockey-Fans höherschlagen. Sie ist auch ein Meilenstein auf dem Weg zu mehr Energieeffizienz von Gebäuden. Denn durch die Einbindung in den Energieverbund Altstetten und Höngg trägt die Arena zukünftig dazu bei, dass umgerechnet rund 30.000 Haushalte mit umweltfreundlicher Wärme beliefert werden. Wie das funktioniert? Herzstück des Energiekonzepts sind die bis zu vier Tonnen schweren Kältemaschinen. In der Energiezentrale der Arena werden mit ihrer Hilfe die Kälte für die Eisfläche, die Klimakälte für die Entfeuchtung der Raumluft und die Raumklimatisierung im Stadion produziert. Gleichzeitig wird die daraus entstehende Abwärme für die Beheizung der Räume verwendet und mit Wärmepumpen das Wasser für die Duschen erwärmt. Durch die Verknüpfung von Anergie- sowie Fernwärme- und Fernkältenetz entstehen zahlreiche Synergien in der Versorgung der Arena und der Kunden im Energieverbund Altstetten und Höngg mit ökologischer Wärme und Kälte. Die intelligente Vernetzung nutzt die verschiedenen Energiequellen und ermöglicht innerhalb des Energieverbunds klimafreundliche Wärmeproduktion. Neben der CO2-neutralen Wärme- und Kälteversorgung der Arena ist auch der Strom, der in der Swiss Life Arena verbraucht wird, zu 100 Prozent CO2-frei. Zudem wird auf dem Dach eine Photovoltaikanlage mit 400 kWp installiert. Der hier produzierte Strom von 400 MWh wird direkt in der Arena verbraucht. (so) Aber auch falsch eingestellte Heizungen sorgen für Energieverschwendung – und zwar gleich auf doppelte Weise: Wird zu stark geheizt, kühlt die Lüftung die Raumtemperatur gleich wieder auf einen bestimmten Wert nach unten. Da kämpfen gleich zwei Systeme gegeneinander – und produzieren dabei nicht zuletzt enorme Kosten. Martin Hofer, Geschäftsführer von Wattelse, beobachtet auch immer wieder, dass generell zu hohe Temperaturniveaus für die Gebäudeheizung eingestellt werden. Das tue beispielsweise den Wärmepumpen gar nicht gut. «Denn je höher die zu erzeugende Wassertemperatur ist, desto teurer wird es», erklärt der diplomierte Ingenieur. «Schon eine Rücklauftemperatur, die um zehn Grad zu hoch ist, verursacht 20 bis 25 Prozent höhere Stromkosten, verkürzt die Lebensdauer der Geräte.» Das könne richtig ins Geld gehen, so Hofer.

Hohes Einsparpotenzial

Nach Einschätzung des Wattelse-Geschäftsführers könnten Immobilienbesitzer durch eine entsprechende Betriebsoptimierung 10 bis 15 Prozent einsparen. Bei grösseren Anlagen, wo der Hebel stärker ist, könnten es auch 20 Prozent sein. «Selbst in neuen Gebäuden steckt viel Potenzial für Optimierungen», sagt Hofer. «Anlagen gehen falsch eingestellt in Betrieb, oder aber sie laufen gar nicht erst richtig. Nur merken das die Kunden oft erst zu spät, weil sie einfach darauf vertrauen, dass alles korrekt abgenommen wurde.» ∙

Innovation, Real Estate & Energy

Die Immobilienwelt steht vor einem radikalen Wandel. Neue Anforderungen und technologische Möglichkeiten verändern die Art und Weise, wie wir entwickeln, planen, bauen, bewerten, finanzieren, vermarkten und betreiben. Und nun fordert uns auch noch die Energiefrage heraus. Experten präsentieren Innovation und liefern Antworten zur brandaktuellen Energiefrage!

Innovationen Wie trenne ich die Spreu vom Weizen? Dos and don‘ts im Umgang mit Innovationen Finanzierung Innovationen im hart umkämpften Geschäft mit Hypotheken Digital Twin Digitale Gebäudezwillinge integrieren verschiedene Datenquellen und erschliessen massive Innovations- und Optimierungspotenziale. Industrieller Bau Mit ganzheitlichem Product-Lifecycle Management anstatt singulären Immobilienprojekten zu mehr Erfolg! Bewirtschaftung Best Practice Case zur Digitalisierung des Property Managements Herausforderung Energie Wie die Immobilienwelt die vor der Türe stehenden Energieprobleme in den Griff kriegt Energieoptimierung Welche Optimierungsmassnahmen kann ich kurzfristig im Immobilienbestand umsetzen? Capex Mit strategischer Instandsetzungplanung energetische Potenziale erschliessen! Energiepositive Gebäude Ein ebenso neuer wie ganzheitlicher Ansatz für höhere Renditen im Immobilienportfolio Energiemangellage Auf welche rechtlichen Risiken müssen Vermieter vorbereitet sein? Energiegewinnung Ein innovatives Startup zeigt uns, wie man mit Wärme aus der Tiefgarage Wohnungen und Büros heizen kann. PropTech Die Schweizer PropTech-Szene lebt! Ein Blick in das Labor für Immobilieninnovationen Ivo Bracher Bonainvest Holding

Matteo Bernardoni UBS Philippe Büchi AWK Group

Severin Boser Implenia

Clemens von Radowitz Immobilien Basel-Stadt Dr. Martin Nicklas EKZ

Martin Hofer Wattelse

Rolf Truninger Qualicasa

Julie Joubert Catella

Stefanie Merkli Rohrer Müller Partner Margaux Peltier Enerdrape

Lars Sommerer SwissPropTech

Der Innovation Day wird moderiert von der TV- und Radiojournalistin Maria Victoria Haas. Dienstag, 10. November 2022 von 9.00 bis 16.00 Uhr in der JED-Eventhalle in Schlieren. Tagestickets sind für CHF 490 auf innovation-day.ch erhältlich. Member von Swiss Circle, SwissPropTech und Abonnenten von Immobilien Business profitieren von ermässigten Preisen.

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