DIE ZELLE REDUKTION - KONZENTRATION
THERESA TACKE
Vertiefung und Bachelor Thesis Theresa Tacke Prof. Kazu Blumfeld Hanada msa | m端nster school of architecture M端nster 2015
DIE ZELLE REDUKTION - KONZENTRATION
THERESA TACKE
INHALT 6
EINLEITUNG
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FAZIT
8
ZELLEN
66
ANALYSE
24
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Definition
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Restflächen entlang der Bahngleisen
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weiße Zelle
70
Gleiskreuzung
16
Wohnzellen
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Gleis und Straße
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Klosterzelle
86
stillgelegte Gleise
20
Gefängniszelle
94
Ausbuchtungen
22
Vergleich
102
Randstreifen
110
Ergebnis
LEERE 26
32
44
die Leere im Raum
112
KONSUMGESELLSCHAFT 34
Konsum
40
Postkonsum
ZELLEN IN DER ARCHITEKTUR 46
Le Corbusier Modulor
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Cabanon
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Ando Architektur der Ruhe
54
Haus Azuma
56
Meditationsraum
58
Absalon Cellules
142
ENTWURF 114
städtebauliche Einbindung
116
Umgang mit der Umgebung
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Organisation und Struktur
120
die Zellen
122
Grundrisse
130
Schnitte und Ansichten
138
Atmosphären
QUELLENVERZEICHNIS
EINLEITUNG
in kargen kleinen Räumen zu verbringen? Ihren angereicherten Wohnkomfort einzutauschen gegen eine für die nötigsten Bedürfnisse eingerichtete Zelle? Besteht zwischen der Konsumgesellschaft in der wir leben, und dem Wunsch nach Einfachheit ein Zusammenhang? Sind wir am Ende einfach überfordert von der Masse an Eindrücken, Zeichen und Informationen, die jeden Tag auf uns einprasseln?
Wir werden im Alltag stetig dazu angehalten unsere Persönlichkeit zu definieren, zu vermarkten und uns immer auf dem neuesten Stand der Dinge zu halten. Diese anhaltende „Selbstfindung“ suchen wir in der Individualisierung. Sei es durch unseren Job, unsere Reisen, unsere Kleidung, Autos, Handys, soziale Medien. Wir versuchen jeden Bereich unseres Lebens abzugrenzen von der Masse, indem wir mehr besitzen, besser oder schneller sind. Auf der anderen Seite kann man immer häufiger Angebote für Auszeiten in Klöstern oder in einsamen Berghütten finden. Das Leben dort wird unter einfachsten Bedingungen geführt, fernab von Komfort und Luxus. Warum sind Menschen dazu bereit, ihre Freizeit
Wie man dem Titel Die Zelle - Reduktion - Konzentration entnehmen kann, charakterisiert die Arbeit primär die Bedutung der Zelle als Rückzugort und als Raum der Konzentration. Zunächst wird sich dem Begriff Zelle durch eine Definiti6
darlegen, die Zelle als Wohnraum zu nutzen. Unterschiede oder Gemeinsamkeiten bezüglich des Motives zur Nutzung werden herausgestellt und verglichen.
on genähert, bevor zwei bekannte Zellentypen, die Mönchs- und die Häftlingszelle, detailliert behandelt werden. Anhand der beiden Beispiele werden die grundlegenden Funktionen der Zelle dargestellt, nämlich das sich einschließen und das eingeschlossen werden. Der zweite Teil der Arbeit thematisiert das Potenzial und die Eigenschaften der Leere, welcher man im Inneren der Zelle begegnet. Konträr zur Leere stehen Konsum und Überfluss sowie die Allgegenwärtigkeit der Objekte. Sie bilden das Äußere der Zelle, was es auszuschließen gilt. Anschließend werden ausgewählte Beispiele aus der Architektur vorgestellt, welche sich mit dem Konzept der Zelle auseinandersetzten und Möglichkeiten
Zusammengefasst gesagt, arbeitet diese Arbeit unter verschiedenen Aspekten heraus, welchen Einfluss die Zelle auf das Bewusstsein ihres Bewohners jenseits der räumlichen Dimension als kleiner karger Raum, ausübt.
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ZELLEN
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DEFINITION
einschließt und gleichzeitig etwas Anderes ausschließt. Ergänzend ist zu erwähnen, dass der Begriff Cella, seit Beginn seiner Nutzung, mit einer konträren Doppeldeutigkeit belegt ist. Einerseits wird der Ausdruck, wie bereits erwähnt, mit einer kleinen Kammer oder einem Haftraum für Sträflinge gleichgesetzt, was ohne Zweifel eine negative Auslegung des Wortes bedeutet. Die Cella scheint in diesem Zusammenhang klein, karg, dunkel und ärmlich zu sein. Andererseits versteht man unter dem Ausdruck auch das innerste des Tempels oder die kleinste Einheit des Lebendigen. Die Cella wird in dieser Deutung zum Extrakt, zum Kern, zum Wesentlichen.1
Der Begriff Zelle leitet sich ursprünglich aus dem lateinischen Wort Cella ab und bedeutet soviel wie „kleiner Raum“. Allerdings wurden dem Ausdruck im Laufe der Geschichte mehrere Bedeutungen zugeschrieben. Cella meint unter Anderem auch: Gefäß, kleine Kammer, innerer Teil eines Tempels, Haftraum für Sträflinge, Wohnraum eines Mönchs, kleinste Einheit des Lebendigen. Bei Betrachtung dieser eigentlich verschiedenen Bezeichnungen findet sich ein gemeinsamer Ansatz: In der Substanz der Begrifflichkeiten existiert immer die Idee des Behältnisses, welches ein Innen und ein Außen definiert. Das bedeutet, dass die Cella etwas in sich 10
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jeglichen Überflusses, jeder Ablenkung und der Konzentration auf das Wesentliche, dem Inneren. Diese intensive nach innen orientierte Fokussierung der Zelle, schafft Raum für Tätigkeiten und Funktionen, die eine Separation der Außenwelt von Nöten haben.4
Grundsätzlich beginnt das menschliche Leben vor der Geburt in der Geborgenheit und Enge des mütterlichen Uterus, einer Art Zelle. Nach der Geburt wird der Mensch mit einem beinahe grenzenlosen Raum konfrontiert, den er sich Stück für Stück einverleibt. Die Architektur dient dem Menschen als Werkzeug, einen Raumausschnitt zu selektieren und ihn als Rückzugsort von der Weite zu nutzen. Die Zelle ist der kleinstmögliche zu bewohnende Raumausschnitt. Sie basiert auf dem Urgedanken der menschlichen Vorstellung von Raumgestaltung, nämlich dem Schutzbedürfnis gegen die Umwelt, oder anders ausgedrückt der Sehnsucht nach einer schützenden Höhle.2 Folglich ist die Zelle ein Produkt des menschlichen Bedürfnisses, sich räumliche Individualsphäre zu schaffen. Der Mensch kann diesen Individualraum erstens als zuvor erwähnten Rückzugsort nutzen und zweitens als Entfaltungsraum seiner Persönlichkeit, befreit von äußeren Einflüssen.
Beispiele dafür kennzeichnen im Bereich des Wohnens die Einsiedler- und die Mönchszelle, welche die geistige Arbeit als Ziel haben. Auch die Gefängniszelle lässt sich der Kategorie einordnen, in diesem Fall steht jedoch nicht die geistige Arbeit, sondern die Konfrontation mit dem eigenen Gewissen im Vordergrund. In der Kunst wird sich der Purismus der Zelle auch angeeignet und als Ausstellungsraum zum Einsatz gebracht.
Ferner ist das zentrale Motiv der Zelle die bereits erwähnte Differenzierung von Innen und Außen, da die Zelle das Leitbild für die Vorstellung eines Raumes als Behältnis verkörpert. Anders ausgedrückt wird sie zur Grenze zwischen dem was sie einschließt und dem was sie ausschließt. Das Eingeschlossene, sei es nun ein Mensch, ein Kunstwerk oder eine Funktion, wird in ihr Zentrum gerückt.3 Dies geschieht durch den absoluten Ausschluss
1_Vgl. CELLA, Christoph Bertsch, Silivia Höller, Skarabaeus Verlag 2010, Innsbruck, S.7 2_Vgl. www.vaerst.net/archiv/feuerstein.htm/ Zugriff: 03.06.2015 3_Vgl. CELLA, Christoph Bertsch, Silivia Höller, Skarabaeus Verlag 2010, Innsbruck, S.403 4_Vgl. ebd. , S.405
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WEISSE ZELLE Galerien und Ausstellungsräume der Moderne sind bekannt für den Ausschluss von Tageslicht und künstlicher Deckenbeleutung, sowie weiß gestrichenen Wänden an denen vereinzelt Kunstwerke ausgestellt sind. Diese vom irischen Künstler Brian O’Doherty analysierten und betitelten weißen Zellen 4 ,kennzeichnen sich durch das stringente Ziel, die ausgestellten Objekte und Bilder von allen äußeren Einflüssen zu isolieren. Dem Ausstellungsgegenstand soll die geballte Konzentration zu teil werden. „Die ideale Galerie hält vom Kunstwerk alle Hinweise fern, welche die Tatsache, dass es Kunst ist, stören könnte. Sie schirmt das Werk von allem ab, was seiner Selbstbestimmung hinderlich in den Weg tritt.5 Dieser reduzierte Zustand verleiht dem Raum einen höheren Sinngehalt. Der Ausstellungsraum wird zum Spannungsfeld, welches selbst gewöhnliche Gebrauchsgegenstände6 innerhalb des Raumes zum Kunstwerk werden lässt. Das puristische Wesen der Galerie negiert jeglichen Bezug zum zeitlichen, materiellen und räumlichen Kontext. Die weiße Zelle rückt vom säkularen Zustand ab. Das Ausstellungsobjekt in ihr wird beinahe zum klerikalen Gegenstand.7
niger ist mehr, sondern um eine verdichtete Reduktion, die den Fokus auf die eigentliche Funktion und den Sinngehalt des Objekts legt. Das Wesentliche wird in einen erhöhten Zustand versetzt.8
4_Vgl. Brian O‘Doherty, in der weißen Zelle, inside the white Cube. Berlin: Merve Verlag 1996 5_Vgl. ebd. , S.9
Die Expedierung eines Gegenstandes von seiner gewohnten Umgebung in eine weiße Zelle, schafft eine neue Dimension der Konzentration. Es geht nicht mehr nur um den Leitspruch der Moderne „ less is more“, we-
6_Marcel Dunchamp stellt sogenannte „Readymades“ aus, dies sind gewöhnliche Allltagsgegenstände mit seiner Signatur. Sie werden nur durch ihre Auswahl und dem musealen Kontext zum Kunstwerk. 7_Vgl. ebd , S.12ff 8_Christine Dissmann, die Gestaltung der Leere: Zum Umgang mit einer neuen städtischen Wirklichkeit, Bielefeld: transcript Verlag 2011, S.49
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WOHNZELLEN
losgelöst von äußeren Ablenkungen zu verwirklichen. Darüber hinaus wird die Zelle zum Rückzugsort aus der Gesellschaft. Sie schafft einen Bruch zwischen dem Bewohner und dem Lärm, der Ablenkung, den gesellschaftlichen Anforderungen sowie dem Konsum.9 Die Aufmerksamkeit wird nach Innen gerichtet. Das Selbst des Insassen soll zu seinem Urzustand zurückgeführt werden, um sich neu zu entfalten.10
Als kleinster, zu bewohnender Raum ist die Zelle im Normalfall sehr einfach gehalten und nur mit dem Notwendigsten ausgestattet. Auf persönliche Gegenstände, Dekor und Ansammlungen von Konsumobjekten wird verzichtet. Diese anspruchslose Einrichtung der Zelle rückt ihren Bewohner ins Zentrum und separiert ihn von der Außenwelt. Sie schafft also räumliche Individualität, welche zwei wesentliche Aspekte hat. Erst Einmal wird das Leben des Bewohners durch die Zelle im höchsten Maße konzentriert. Es wird auf ein Minimum an Notwendigkeit reduziert, alles was er benötigt befindet sich in seinem unmittelbaren Umfeld. Zudem ist es ihm möglich, seine Tätigkeiten
An dieser Stelle ist es von Relevanz zwischen zwei Arten des Rückzugsortes zu differenzieren. Eine Variante dessen, ist der selbstgewählte Ausschluss von der Außenwelt, um 16
sich der unübersichtlichen und überfordernden Umwelt zu entziehen. Die zweite Variante des Rückzugsortes stellt der erzwungene Ausschluss von der Außenwelt dar. In diesem Fall sind der Gesellschaftsentzug und der Verlust der Freiheit das Ziel der Zelle. Ableitend muss festgehalten werden, dass also zwei Zellentypen existieren, basierend darauf, ob der Aufenthalt in der Zelle freiwillig oder gezwungen angetreten wird.
9_Vgl. Grundbegriffe der Architektur,Alban Janson,Basel: Birkhäuser Verlag 2013, S.367 10_Vgl. CELLA, Christoph Bertsch, Silivia Höller, Skarabaeus Verlag 2010, Innsbruck, S.404
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KLOSTERZELLE in Gottes Präsenz zu leben. Andererseits soll die Persönlichkeit in der Isolation gestärkt werden, sodass der Einzelne wieder vermögend ist der Gemeinschaft beizuwohnen.12
Die Geschichte der Mönchszelle und dem damit verbundenen Kloster beginnt mit dem Monachus, dem sogenannten Einsiedler und seiner Entscheidung zum Rückzug aus der Gesellschaft. Diese Haltung des Alleinlebens stellt die eigentliche Zelle, nämlich die nach Innen errichtete dar. Erst nachfolgend wird sie zum gebauten Raum. Unter dem metaphysischen Auge ist die Zelle demnach eine individuelle Distanzierung von der Welt. Dies geschieht zum Zwecke der Selbstkonfrontation, der Suche nach Gott und dem Wunsch, den Himmel auf Erden erleben zu dürfen. Jeder Mönch formuliert auf diese Weise in seinem Inneren eine Zelle aus. Gleichwohl ist sie neben ihrer spirituellen Definition auch der gebaute Lebensraum des Mönchs und wesentlicher Bestandteil des klösterlichen Zusammenlebens.11 Der Entschluss eines Gläubigen einem Orden, anders gesagt einer Gemeinschaft von Mönchen beizutreten, beginnt mit dem freiwilligen Gang in die Mönchszelle. Diese Isolation soll als Befreiung aus der Gesellschaft und als Vorbereitung auf das klösterliche Leben dienen. Sie ist gewissermaßen eine Lossagung vom Konsum, menschlichen Sehnsüchten und gesellschaftlichen Anforderungen. Darüber hinaus fungiert die Mönchszelle als Gleichgewicht zwischen der klösterlichen Gemeinschaft und der Individualsphäre. Dies bedeutet einerseits, dass dem Einzelnen immer wieder die Möglichkeit gegeben wird, in völliger Konzentration einen Weg zu finden,
Die Mönchszelle bietet ihrem Bewohner folglich eine Chance, die eigene Lebensform mit Einsatz und Begeisterung auszuleben, ohne den Lebensraum oder die Lebensform anderer damit zu behelligen oder gar zu beeinträchtigen.13 Wird dieser Grundgedanke des Klosters und seiner Zellen allerdings missachtet oder missbraucht, um den Einzelnen zu kontrollieren oder unterzuordnen, verliert die Mönchszelle ihren freiwilligen Charakter. Das Klosterleben ist dann nur noch schwerlich vom Leben im Gefängnis zu unterscheiden.14
11_Vgl. CELLA, Christoph Bertsch, Silivia Höller, Skarabaeus Verlag 2010, Innsbruck, S.417 12_Vgl. ebd. , S.419 13_Vgl. ebd. , S.422 14_Vgl. ebd. , S.421
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GEFÄNGNISZELLE schaftlichen Nutzen und die damit einhergehende Korrektur seines Fehlverhaltens. Laut Foucault ist die Architektur der Zelle und des damit verbundenen Gefängnisses ein Hilfsmittel dieser Umerziehung. Die räumliche Trennung der Insassen verhindert eine Interaktion untereinander und ermöglicht dadurch eine individuelle Überwachung und Bestrafung. Das wohl extremste Beispiel dieser Kontrollarchitektur ist das Panopticon, einem Entwurf für das „perfekte Gefängnis“. Durch einen Turm in der Mitte des Gebäudes, hat der Aufseher eine 360° Sicht auf die umliegenden, im Kreis angeordneten Zellen. Die Insassen können somit zu jeder Zeit beobachtet werden, ohne dass sie den Aufseher bemerken. Das allgegenwärtige Gefühl ständig kontrolliert und bei Fehlverhalten bestraft zu werden, gepaart mit der Ausweglosigkeit der Isolation durch die Zelle zu entfliehen, führt bei vielen Insassen zum Bruch der Persönlichkeit. Nach Foucault wird diese Auswirkung auf die Psyche des Häftlings oft begrüßt, da sie ein Zeichen dafür ist, dass das Individuum erfolgreich untergeordnet wurde.17
Die Mönchszelle ist, wie zuvor erwähnt, zuerst die Haltung des Einzelnen zum Alleinleben und dann ein gebauter Raum. Gegenteilig funktioniert die Häftlingszelle, da der Insasse in diesem Fall durch den gebauten Raum zum Alleinleben gezwungen wird. In erster Linie soll das Individuum aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Der Freiheitsentzug wird zur Bestrafung. Allerdings ist der reine Ausschluss nicht das Ziel der Häftlingszelle. Die eigentliche Konzeption ist praktisch zweiteilig aufgebaut. Zuerst einmal geht es um die bereits genannte Separierung und Isolierung des Individuums von der Außenwelt. Dem Häftling wird im ersten Schritt seine Missetat vor Augen geführt. Die Zelle ist also eine Konfrontationsstätte mit dem eigenen Gewissen.15 Des Weiteren wird sie zum Schutzraum gegen die selbstzerstörerischen Handlungsformen des Häftlings. Dies bedeutet, dass die Zelle ihren Insassen von der Umsetzung neuer Verbrechen oder Gesetzesverstöße abhält. Letztlich ist der Zellenaufenthalt nicht nur Schutz vor eigenem Fehlverhalten, sondern auch vor negativen äußeren Einflüssen und Bekanntschaften. Kurz gesagt, der Häftling wird von seinem gewohnten Umfeld distanziert, sowohl zum Schutz Anderer als auch zu seinem eigenen Schutz und um in der Isolation sein Handeln zu reflektieren.16 Eine weitere Funktion der Gefängniszelle ist das Umerziehen des Sträflings hinsichtlich seines gesell-
15_Vgl. CELLA, Christoph Bertsch, Silivia Höller, Skarabaeus Verlag 2010, Innsbruck, S.404 16_Vgl. ebd. , S.405 17_Vgl. ebd. , S.194,195
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VERGLEICH werden.18 Solange also die Privatheit und die Möglichkeit zur Weite nicht gegeben sind, ist das Leben in der Zelle eindimensional, fremdkontrolliert und begrenzt.
Stellt man einen Vergleich zwischen dem Konzept der Mönchzelle und dem Konzept der Häftlingszelle an, lassen sich trotz ihrer anfänglich erwähnten, kontroversen Motiven zur Nutzung, doch eine Reihe von Gemeinsamkeiten finden. Eine zentrale Gleichartigkeit beider Konzepte ist das Leben in der Zelle an sich. In beiden Fällen findet es in einem kleinen, kargen, fast leeren Raum, ohne Beziehungserfahrungen statt. Gepaart ist der isolierte Aufenthalt in der Zelle mit strengen Tagesabläufen und Regelsetzungen der Obrigkeit.Darüber hinaus findet sowohl in der Mönchszelle als auch in der Häftlingszelle ein Ausschluss von der Gesellschaft statt. Warum wird diese Isolierung nun einmal als Befreiung wahrgenommen und andererseits als Bestrafung? Welches Kriterium legt die Position des Individuums in der Zelle fest?
Ein per Urteil angeordnetes Leben in der Gefängniszelle kann also durchaus auch als Befreiung wahrgenommen werden, wenn die Privatsphäre des Insassen gewürdigt wird. Ebenso kann das Leben im Kloster zur Bestrafung und Gefangenschaft werden, wenn die Obrigkeit ihre Macht ausnutzt und das Individuum unterdrückt. Als wirkliche Befreiung wird das Leben in der Zelle daher oft nur mit dem völligen Ausschluss der Obrigkeit und ihrer Regeln empfunden. Diesem Ideal entspricht das Leben des Einsiedlers, also das Leben in der Klause, oftmals verwechselt mit dem Leben des Mönchs. In einer Zelle, in den meisten Fällen eine kleine Hütte, kann der Einsiedler fernab der Gesellschaft, nach eigenen Regeln leben und zu sich finden.19
Der wesentliche Unterschied liegt nicht allein in dem entweder freiwilligen Entschluss, oder der auferlegten Strafe zu einem Leben in der Zelle. Es geht ebenso um die Frage, ob Körper und Seele des Individuums eingeschränkt oder eingegrenzt werden. Einschränkung bedeutet Erstens, dass der Zellenbewohner ohne Privatheit und unter dauernder Beobachtung in seinem Denken und Handeln eingeengt wird und seine Persönlichkeit nicht entfalten kann. Zweitens kann die Enge der Zelle ohne die Erfahrung ihres Gegenstücks, der Weite nicht als Befreiung wahrgenommen
18_Vgl. Grundbegriffe der Architektur,Alban Janson,Basel: Birkhäuser Verlag 2013, S.369 19_Vgl. CELLA, Christoph Bertsch, Silivia Höller, Skarabaeus Verlag 2010, Innsbruck, S.182
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LEERE
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LEERE IM RAUM
Raum. Diese Wahrnehmung von Leere weist weltweit gesehen Unterschiede auf, welche kulturell begründet sind. In der westlichen Kultur wird der Raum als Container oder Behälter verstanden, welcher gefüllt ist.21 Leere ist hier das Gegenteil der Fülle, des Vorhandenen, der Existenz. Leere wird im Containerraum dort empfunden wo „nichts“ ist. Natürlich gibt es nicht nur eine spezifische Leere, die im alltäglichen Leben wahrgenommen wird. Die menschliche Wahrnehmung erfasst sowohl gegenständliche als auch gegenstandlose Leere. Die gegenständliche Leere bezieht sich auf die Proportion, die Stellung und das Fehlen stofflicher Inhalte, wohingegen sich
Im Alltag begegnet man ständig augenscheinlich leeren Räumen. Da wären zum Beispiel die leerstehende Wohnung oder aber das leere Büro nach Feierabend. Die Physik liefert den Beweis dafür, dass in einem Raum keine materielle Leere existieren kann, denn sogar im Vakuum finden sich Restpartikel von Materie.20 Was ist letztlich der Grund dafür, dass Räume leer empfunden werden, obwohl sie bewiesenermaßen einen Inhalt aufweisen? Die Erklärung liegt in der subjektiven Wahrnehmung von Leere. Mit dem eigenen Körper als Maßstab definiert das Bewusstsein die Proportionen eines Raumes. So schafft es sich ein Gefühl für die Leere oder die Fülle im 26
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die gegenstandlose Leere auf das Fehlen von Symbolen und Information bezieht.
bleiben eines einzigen Menschen gar nicht auffallen. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass die Menschenleere abhängig ist von der Funktion des Raumes und der damit zu erwartenden Menge an Menschen.23 Ein Raum, indem keine Aktion, kein Geschehen stattfindet, enthält auf eine gegenstandslose Weise auch eine Leere. Einerseits wird sie einsam und karg empfunden, andererseits bietet diese Leere aber auch Platz für Konzentration. Sowohl in der Gefängniszelle, also auch in der Klosterzelle findet sich die Geschehnisleere. In Galerien oder auch Ausstellungszellen wie dem White Cube, der weißen Zelle, verspürt man oft eine sinnbildliche Leere. Sie schafft eine gesteigerte Präsenz im Raum. Die Ausstellungsstücke werden dadurch besonders in Szene gesetzt, da sie von jeglichen Ablenkungen befreit sind.24 Grundsätzlich muss beachtet werden, dass die aufgezeigten Arten der Leere immer eine subjektive Wahrnehmung des Einzelnen sind. Daher kann man einem Raum nicht per se eine gezielte Leere zuordnen. Zudem treten die Erscheinungen in der Regel nicht einzeln auf, dem hingegen finden oftmals parallel zueinander statt. Die Leere kann sowohl befreiend wirken, aber auch als Chaos oder Dunkelheit empfunden werden.
Im Folgenden werden die in der räumlichen Zelle wahrzunehmenden Arten der Leere vorgestellt.22 Zuerst sei die Raumorientierte Leere zu nennen. Sie geht von dem zuvor erwähnten Containermodell aus und beschreibt den relativen Zustand der Leere im Raum bezogen auf seinen Inhalt. Allerdings geht die Leere nicht nur von der Größe des vorhanden oder nicht vorhandenen Inhalts aus, sondern auch von seiner Bedeutung für den Raum. Ein vorhandener Inhalt kann dem Gefühl der Leere entgegenwirken, indem er den Raum für sich einnimmt. Jedoch kann er das Gefühl auch unterstützen. Ein Beispiel dafür wäre ein zurückgelassener Stuhl in einer ansonsten leergeräumten Wohnung, welcher unterstreicht, dass die restliche Möblierung fehlt. Eine weitere Wahrnehmung der gegenständlichen Leere ist die minimalistische Architektonik eines Raums. Diese Leere ist beabsichtigt und willentlich inszeniert. Sie erfüllt den Anspruch der Moderne, was bedeutet, dass sie durch bewusstes Weglassen von Inhalten eine Schlichtheit, einen Purismus erreicht. Die Leere wird in diesem Fall zu einer Qualität. Auch das Fehlen von Menschen wird in vielen Raumsituationen als Leere definiert. Im Falle der Zelle reicht schon die Abwesenheit des Einzelnen aus, um Menschenleer zu wirken. In einem Kinosaal hingegen würde das Fern-
Es muss weiterhin festgehalten werden, dass besonders die vorgeführte, die bewusste Leere im Raum eine zweite spezifische Aussagekraft besitzt. Sie erzeugt neben dem 28
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Gefühl der Leere auch immer eine Atmosphäre im Raum. Im Falle des White Cube ist es die zuvor genannte gesteigerte Präsenz, die jegliche Störfaktoren vom Bild fernhält und es zum Kunstwerk werden lässt. In Gedenk- und Gebetsräumen bringt die Leere spirituelle Empfindungen hervor. Sie betont die Reinheit im Glauben. Diese Besonderheit findet sich natürlich auch in der Mönchszelle. Abgesehen von der spirituellen Ebene, wird durch den Purismus, der Einfachheit und der Reduktion im Raum eine gegenseitige Stimmung zur reizüberfluteten Leistungsgesellschaft erzeugt. Die Leere schafft demzufolge den Ausgleich zwischen dem stressvollen Alltag und der Ruhe. Dieser Ausgleich passiert erstens aufgrund der visuellen Ruhe, die eine Reduktion des Raumes mit sich bringt. Der Raum gibt keine neuen Reize frei und ermöglicht so eine Konzentration, das Sammeln der Gedanken. Zum anderen schafft die Reduktion eine seelische Ruhe, nämlich die Überzeugung der Reinheit statt der Anhäufung von Konsumgütern.25
20_Vgl.Christine Dissmann, die Gestaltung der Leere: Zum Umgang mit einer neuen städtischen Wirklichkeit, Bielefeld: transcript Verlag 2011, S.25,26 21_Vgl. ebd. , S.29 22_Vgl. ebd. , S.32 23_Vgl. ebd. , S.33ff 24_Vgl. ebd. , S. 39ff 25_Vgl. ebd. , S.65, 66
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KONSUMGESELLSCHAFT
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KONSUM
gebot als auch Nachfrage gesteigert werden. Wachstumsantreiber seitens des Angebots können höhere Stückzahlen, Investitionen in neue Technik, oder die Erschließung neuer Absatzmärkte sein. Die Nachfrage lässt sich am besten durch eine erhöhte Konsumbereitschaft ankurbeln. Angetrieben wird diese durch Werbung, neu entwickelte Produkte, dem suggerieren von neuen Bedürfnissen und teilweise sogar durch geplante Obsoleszenz, also dem absichtlichen, frühzeitigen Verschleiß von Produkten. Im privaten Leben werden der wirtschaftliche Wachstum und das steigende Bruttoinlandsprodukt mit dem eigenem Wohlstand gleichgesetzt und durch
Seit Beginn der Industrialisierung unterliegt die westliche Wirtschaft und Gesellschaft dem Dogma des Wachstums. Das Streben nach stetigem wirtschaftlichen Anstieg und einem steigenden Bruttoinlandsprodukt, hat die westliche Welt in eine Konsum- und Leistungsgesellschaft verwandelt. Konkret bedeutet das für die Wirtschaft, dass beinahe jeder Betrieb auf Wachstum ausgelegt ist, um zu überleben. Wirtschaftlicher Anstieg relativiert beispielsweise Fixkosten der Produktion. Durch das Wachsen, also auch schneller, besser, größer werden des Betriebs, bleibt er konkurrenzfähig. Um ein andauerndes Wachstum zu erreichen, müssen sowohl An34
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denn der Konsument kauft nicht, um seine Bedürfnisse zu befriedigen, er konsumiert die von System fingierten Bedürfnisse und versucht durch den Besitz bestimmter Objekte in der Hierarchie aufzusteigen. Ein Kauf ist letztlich keine eigene Entscheidung mehr, sondern eine vom System auferlegte Handlungsweise.28 Zudem spielt der Faktor des Überflusses eine große Rolle. Wie zuvor schon angedeutet, gibt die Wachstumsgesellschaft vor, Wohlstand könne in materiellem Besitz gemessen werden. Eine Folgerung besteht darin, dass ein Überfluss von Konsumgütern den Wohlstand weiter steigert. Baudrillard zitiert an dieser Stelle Nietzsche,welcher besagt, dass der Wunsch nach Überfluss nicht aus dem Kampf des Daseins entsteht, denn dieser Überlebenstrieb stellt seit je her eine Ausnahmesituation dar. Vielmehr bezieht sich dieser Wunsch auf den Kampf um Macht.29 Massiver Konsum drückt in der Wachstumsgesellschaft also Wohlstand, Glück und Macht aus und macht diese Werte durch ihre Messbarkeit gleichzeitig zu Gütern.
materielle Güter ausgedrückt. Glück wird im größtmöglichen Komfort gesucht und damit zum vergleichbaren Gut. Das Glück des Einzelnen ist demnach kein subjektives Empfinden mehr, sondern eine reale Begebenheit. Es ist also ein Zusammenhang festzustellen, zwischen dem Bedürfnis der Wirtschaft die Nachfrage der Produkte durch Konsum zu steigern und dem privaten Verlangen mehr zu besitzen, um sich vom Rest abzugrenzen.26 Jean Baudrillard gibt dieser Beziehung in seinem Buch „Die Konsumgesellschaft“ eine konkrete Definition, er nennt es das „System des Konsums“. Der Konsum wird hier als eigenständiges, von der Realität gesondertes Kommunikationssystem verstanden, welches eigene Zeichen und Bedeutungen entwickelt, die dem Konsum erst Sinn geben. Das System nimmt demnach nicht Bezug auf reale Geschehnisse oder Verläufe, sondern schafft eigene Bedürfnisse, denen nachgekommen werden muss. Es ist ein autarkes Gefüge mit eigens gesetzten Normen, nach denen gedacht und agiert wird.27 Der Konsument, vom System als Werkzeug benutzt und erzogen, nimmt die symbolischen Ordnungen an und handelt nach ihnen. Die Konsumenten nutzen Konsumobjekte, um untereinander gegenseitig ihre Stellung in der Gesellschaft kund zu tun und ihren Status zu definieren An dieser Stelle wird deutlich, dass er nicht mit dem klassischen Verbraucher gleichzusetzten ist,
Das Konsumobjekt wird dementsprechend zum Statussymbol des Konsumenten. Dies geschieht jedoch nicht aufgrund einer Wertigkeit des Objekts, sondern aus dem Vergleich mit anderen Gütern heraus. So ist ein Luxusobjekt nicht hochwertig, weil es besonders gute Qualität besitzt, sondern, weil es eine bessere Qualität besitzt als ein Massenobjekt. 36
bedeutet, dass etwas Anderes konsumiert wird, als das, was zweckmäßig ist. Ein Produkt, entsprechend dieser Merkmale ist zum Beispiel ein externer Hörer, welchen man per Audiokabel mit dem Handy verbinden kann. Seine Nützlichkeit strebt gegen Null, denn man kann auch ohne seine Verwendung telefonieren. Im Grunde ist der externe Hörer sogar hinderlich, da er die Handlichkeit des Mobiltelefons revidiert. Seine einzige Verwendung ist der Spielfaktor. So weit ist das Gadget also eine Manipulation des Konsums, denn es spielt dem Konsumenten vor, dass er eine Funktion, einen Nutzen konsumiert. Letzen Endes ist er allerdings nur Besitzer eines seelenlosen Objekts ohne Wert.
Baudrillard erklärt das Kuriosum des Konsumobjekts anhand von „Kitsch“. Seiner Auffassung nach ist Kitsch ein Pseudoobjekt, eigens dazu geschaffen, angehäuft zu werden, und um seinem Konsumenten einen höheren Status zu sichern. Kitsch funktioniert in der Masse, da er nur einen geringen Vergleichswert hat, quantitativ aber profitabel ist. Entgegengesetzt funktioniert das einzigartige Objekt. Es besitzt einen hohen Vergleichswert, ist aber nur begrenzt verfügbar.30 Hieran zeigt sich, dass der Wert eines Objektes auch nach seiner mehr oder weniger verfügbaren Stückzahl festgemacht wird. Kitsch ist stets eine Kopie, nie das Original. Er wiederholt den Trend, den Zeitstil, ohne jemals selbst der Trend zu sein. Kitsch ist eine Ansammlung von Serienprodukten. Durch seinen Besitz ahmt der Konsument die Zeichen und Trends der nächsten höheren Gesellschaftsklasse nach, um ihr näher zu sein und einen höheren Status zu erreichen. Dies ist der Grund für die stetig bestehende Nachfrage.31
Der Motor des Konsumsystems ist die ständige Reproduktion, die jeden Bereich des Konsums einem Aktualitätsprinzip unterwirft. Nicht nur eindeutige Konsumgüter wie zum Beispiel die Mode oder elektronische Ware werden saisonal modernisiert und ersetzt, auch Wissen und Kultur unterliegen dem Diktat der Aktualität und wird somit zum Konsumgut. Die Werte der Kultur und des Wissens werden zu Produkten, die Einzigartigkeit zum Massenobjekt.33Die Problematik liegt hier nicht in der Zugänglichkeit für die Masse, sondern in der Abwertung des Einzigartigen zu einer Anzahl von Requisiten, an denen der Konsument seinen kulturellen Stand messen kann.34
Ein weites Objekt, welches aus der Konsumgesellschaft gewachsen ist und ihren Charakter versinnbildlicht, ist das von Baudrillard erwähnte „Gadget“. Umgangssprachlich ist es am ehesten als technischen Schnick Schnackbekannt. Seine Eigenart ist die zweckmäßige Funktionslosigkeit. Laut Baudrillard besitzt das Gadget keinen Gebrauchswert und keinen Symbolwert, es ist eine Spielerei.32Was 37
Bedürfnisse und das Werk seiner Arbeit. Die Konsum- und Überflussgesellschaft entzweit die Bindung zwischen dem Individuum und seinem Handeln.37 Der Einzelne kann sich nicht mehr reflektieren, seine Identität geht im Überfluss verloren. Sie wird eingetauscht gegen eine Reihe von Zeichen und Symbolen. Der Konsument unterscheidet sich nur noch in einigen Nuancen von anderen Konsumenten.
Natürlich muss sich die Frage gestellt werden, welche Auswirkungen die Konsum- und Überflussgesellschaft auf den einzelnen Menschen haben. Laut Baudrillard impliziert der Konsum eine Art Fürsorge für das Individuum, indem alle Objekte zu einer Dienstleistung werden, die genau auf den Einzelnen angepasst und ausgerichtet sind. Das Individuum wird quasi bemuttert und umsorgt, aber gleichzeitig auch umerzogen zum Konsumenten. Das System drängt dem Konsumenten fiktive Bedürfnisse in Form von maßgeschneiderten Produkten auf. Es gibt unterschwellig vor, den Einzelnen und seine Bedürfnisse besser zu kennen, als er es selbst tut. Ist das Individuum dann zum Konsumenten umerzogen, wird es selbst zum Produkt.35 Durch das Konsumieren, vermarktet sich der Einzelne, er verlagert seine Persönlichkeit in ein imaginäres Koordinatensystem und wird anhand seiner Konsumgüter messbar. Baudrillard geht sogar soweit zu sagen, dass die Beziehungen zwischen Konsumenten ihr eigentliches Ziel verlieren und nur noch die gegenseitige Positionsbestätigung zum Inhalt haben.36
26_Vgl.www.dw.de/kann-die-wirtschaft-ewig-wachsen/a-15938193kann die wirtschaft ewig wachsen?/Riot20/DW:DE/21.05.2012 Zugriff: 20.06.2015 27_Vgl. Kai-Uwe-Hellmann, Dominik Schrage (Hg), Jean Baudrillard (A), Die Konsumgesellschaft, ihre Mythen ihre Strukturen, Dresden: Springer VS, 2015, S.13 28_Vgl. ebd. S. 153, 154 29_Vgl. ebd. S. 66 30_Vgl. ebd. S. 161 31_Vgl. ebd. S. 162 32_Vgl. ebd. S. 163
Diese Gesetzmäßigkeit der Produkte kontrolliert also nicht nur materielle Güter sondern auch die Kultur, das Wissen, den Körper und sogar das Individuum als Gesamtes. Der Konsument trifft nicht mehr auf seinen eigenen
33_Vgl. ebd. S. 147, 148 34_Vgl. ebd. S.148 , 149 35_Vgl. ebd. S. 246ff 36_Vgl. ebd. S. 282, 283 37_Vgl. ebd: S. 280, 281
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POSTKONSUM
Hippiebewegung der frühen siebziger Jahre des 20.Jahrhunderts ausgeübt und in der breiten Masse wahrgenommen. Die Hippies sahen eine direkte Verbindung zwischen der westlichen Mentalität des übermäßigen Konsums und der Knappheit natürlicher Ressourcen. Diese Bewegung blieb von der Mehrheit der westlichen Bevölkerung unverstanden und auch die durchgeführten Studien zur Endlichkeit der Ressourcen traten in ihrer prognostizierten Drastik nicht ein. Trotzdem hinterließ die Ölkrise im Jahr 1970 zwar nicht durch die Knappheit der Ressourcen sondern durch politische Umstände herbeigeführt, einen bleibenden Eindruck in der westlichen Welt. Die
In den ersten Jahrzehnten der Industrialisierung wurde der Konsum in der westlichen Gesellschaft explizit befürwortet, denn er versprach mehr Einkommen für den Einzelnen, mehr freie Zeit und im Umkehrschluss auch kürzere Arbeitszeiten. Neben dem finanziellen Wohlstand verbesserte sich auch die Lebenssituation der Gesellschaft. Durch die sich stetig erweiternde Technik und Motorisierung der Gebrauchsgegenstände wurde das Leben komfortabler und der Bedarf an schwerer, körperlicher Betätigung geringer. Wirkliche Kritik am Konsum und der Wachstumsgesellschaft wurde erstmals durch die 40
An dieser Stelle muss sich die Frage gestellt werden, worin der Unterschied zwischen ökologischem Konsum und Postkonsum liegt. Vielleicht ist es die Erkenntnis, dass der durch Wachstum herbeigeführte Wohlstand nicht unendlich zunehmen kann und der Konsum nicht die erhoffte Freiheit gebracht hat, sondern die Gesellschaft neuen ethischen und psychischen Zwängen unterwirft.
Instabilität des Konsumsystems wurde mit einem Mal offiziell. Trotz der Erkenntnisse, dass der Konsum ein beschleunigtes Ende des natürlichen Vorrats herbeiführt und das Endprodukt des Konsum, nämlich der Müll, die Umwelt stark belastet, hat sich seit den siebziger Jahren wenig am Konsumverhalten der westlichen Zivilisation geändert. Natürlich wird in der heutigen Werbung von kraftstoffsparenden Autos und biologisch abbaubaren Verpackungen gesprochen, doch unterscheidet sich dieser Konsum nur durch seinen ökologischen Touch vom bisher Bekannten. Eine echte Kritik am Konsum kann man an in diesem Fall nicht vernehmen.
Das erklärte Ziel der Konsumgesellschaft, immer mehr zu konsumieren, zu besitzen, erzeugt trotz des wachsenden materiellen Wohlstand mehr Stress, Belastung und Freudlosigkeit für den Einzelnen.38 41
Wilhelm Heitmeyers soziologischer Erklärungsansatz zur Konsumgesellschaft und ihren sozialen Ungleichstrukturen beweist, dass Wohlstand keinesfalls mit Glück oder Zufriedenheit gleichzusetzen ist. Seine Theorie führt die Verunsicherung und Aggression des Einzelnen auf das System des Marktwerts zurück. Die Menschen werden nicht mehr unterschiedlich oder ungleich wahrgenommen. Durch ihre Transformation zum Konsumenten und damit zur Ware werden sie ungleichwertig. Die Angst nicht den Ansprüchen der Gesellschaft und des sozialen Umfelds gerecht zu werden, ruft eine erhöhte Anpassungsanstrengung, also Stress hervor. Alternativ kann die Angst auch ein apathisches Hinnehmen der Situation, also eine Depression provozieren, oder aber ein gewaltförmiges Handeln.39
hand seiner Besitztümer aus.40 Eine erfolgreiche Umsetzung dieser Idee ist zum Beispiel Carsharing. Dies ist ein über das Internet organisiertes Netzwerk von Menschen, sie sich Autos teilen. Ein anderes Beispiel ist Couchsurfing. Hier werden kostenlose Schlafplätze für Reisende angeboten; die eigene Wohnung wird zur Gemeinschaftsware. Auch im Downsizing lässt sich Gedankengut des Postkonsums finden. Eine maximale Reduzierung des Konsums ist das erwünschte Ziel. Es ist der Versuch den ökologischen Fußabdruck des Einzelnen im Hinblick auf Ernährung, Wohnen und Mobilität zu minimieren. Gleichzeitig bedeutet Downsizing auch eine Rückführung auf die eigentlichen Grundbedürfnisse des Menschen.41Alle Facetten des Postkonsums vereint das gleiche Ziel: Eine Loslösung vom Konsum. Dies geschiet zum Zwecke der Nachhaltigkeit, und um den Konsumenten wieder zum Menschen mit Persönlichkeit werden zu lassen.
Aus der Erkenntnis entstanden, dass Besitz nicht Glück bedeuten muss, kann man aktuell viele gesellschaftliche Strömungen des Postkonsums ausmachen, die sich das Teilen, Tauschen und selber machen zum Ziel gesetzt haben. Diese Grundprinzipien sollen regionale Versorgungszyklen entstehen lassen, die der Kurzlebigkeit der Massenware entgegenwirken und eine neue Nachhaltigkeit formen. Eine Art von Versorgungszyklen sind die so genannten Shareconomies, basierend auf dem Gedanken, Produkte miteinander zu teilen, statt sie zu besitzen. Durch das Teilen bleibt die Wertmessung des Einzelnen an-
38_Vgl. Wolfgang König, Geschichte der Konsumgesellschaft, Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2000 39_Vgl. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-82995572.html Zugriff: 18.06.2015 40_Vgl.blog.postwachstum.de/die-postwachstumsgesellschaft-ist-eine-postkonsumgesellschaft-20119720 Zugriff: 20.06.2015 41_Vgl.www.tagesspiegel.de/weltspiegel/soziale-bewegungen-shareeconomy-teilen-ist-das-neue-besitzen/7827034.htm Zugriff:20.06.2015
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ZELLEN IN DER ARCHITEKTUR
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LE CORBUSIER MODULOR portionsreihe (223, 140, 86, 53, ...). Aus der Nabelhöhe entsteht die rote Proportionsreihe des Modulors (113, 70, 43, 27).43
Der Modulor ist eine von Le Corbusier entwickelte Proportionslehre, basierend auf dem menschlichen Maß und dem goldenen Schnitt. Ausgangsmaß ist dabei die Größe des menschlichen Körpers. Le Corbusiers anfängliche Standartgröße von 1,75m, korrigierte er später auf 1,83m. Von dieser Größe ableitend, legt Le Corbusier die Gesamtgröße des Menschen mit ausgestreckten Armen, von 2,23m, sowie die Baunabelhöhe von 1,13m fest. Die Strecken zwischen diesen Punkten entsprechen nahezu den Proportionen des goldenen Schnittes. Die wiederholte Teilung des goldenen Schnittes42, ausgehend von der Gesamthöhe des Menschen ergibt die blaue Pro-
Schon antike Bauten wie das Parthenon, aber auch gotische Kathedralen wurden nach einem Proportionskodex gebaut, der auf dem menschlichen Körper basiert. Maßeinheiten wie beispielsweise das Schrittmaß, das Ellenmaß oder auch das Daumenmaß, wurden schon damals beim Errichten von Gebäuden als Hilfswerkzeug genutzt. Da der Mensch die Schönheit des Raumes bestimmt und er das dazu notwendige Raumgefühl von seinem Körper ausgehend auf den Raum überträgt, 46
die Architektur zurück zu holen. Der Meter dient im Falle des Modulors nur dazu, körperliche Maße in Zahlen auszudrücken.45
scheint es die einzige logische Konsequenz zu sein, den menschlichen Körper als Maßstab jedes Raumes zu nutzen. Den am Menschen orientierten Maßeinheiten stellt sich mit Beginn der Globalisierung und Industrialisierung und dem damit verbundenen Wunsch der Vereinheitlichung von Maßeinheiten, das Metermaß entgegen. Dieses basiert auf dem Gradnetz der Erde und kennzeichnet den vierzigmillionsten Teil eines halben Längenkreises.44
42_die Strecken a und b stehen im Verhältnis des goldenen Schnittes, wenn die längere Strecke (x) sich genau so zur Kurzen (y) verhält, wie die Summe beider Strecken zur Längeren.
Der Bezug zum menschlichen Körper wird im dezimalen Rechensystem des Metermaßes verfremdet. Le Corbusiers Ziel ist es, mittels des Modulors den menschlichen Maßstab in
43_Vgl. Le Corbusier, der Modulor, Stuttgart: DVA Architektur, 1978, S. 36-68 44_Vgl. ebd. , S. 18ff 45_Vgl. ebd. , S.60ff
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LE CABANON Philosophie der reinen Farben.47 Man betritt das Innere des Cabanon durch einen schmalen 70cm breiten Flur. An dessen Ende versperrt eine Trennwand den Blick auf die dahinterliegende Toilette. Im eigentlichen Wohnraum der Hütte befindet sich neben der Toilette, die nur durch einen Vorhang vom restlichen Raum getrennt ist, ein Bett mit extra Stauraum und einem integrierten Kopfteil, welches als Bücherregal dient. Außerdem sind ein kleines Waschbecken, ein Tisch mit zwei rechteckigen Holzkastenhockern, sowie weitere Bücherregale und ein Kleiderschrank im Raum vorhanden. Die Ausstattung der Hütte weist keinerlei Extravaganzen auf. Sie dient der reinen Befriedung menschlicher Bedürfnisse. Die Öffnungen des Cabanon sind auf ein Minimum reduziert. Anstelle von großen Fenstern, die möglichst viel Umgebung einfangen, entscheidet sich Le Corbusier, unter Verwendung von kleinen Fenstern, zu einer Inszenierung bestimmter Fragmente der Umgebung. Neben der Eingangstür und zwei schmalen, länglichen Belüftungsklappen, verfügt die Hütte über zwei quadratische Fenster, wovon sich eins neben dem Wachbecken befindet und den Ausblick auf einen Johannisbrotbaum freigibt. Das zweite Fenster dient der Belichtung des in den Raum ragenden Tisches, und gibt die Sicht auf den Monte-Carlo Stand frei. Durch ein drittes, etwas kleines Fenster an der rückseitigen Wand der Hütte, erblickt man einen Ausschnitt der Felswand,
Das Wort Cabanon ist die französische Verkleinerungsform von Kabine, bedeutet unter anderem aber auch Irrenhaus oder Hütte. In der Gegend um das Cap Martin, an dem Le Corbusier sein Cabanon platzierte, finden sich viele kleine Hütten, die von Hirten als Schutzraum genutzt werden. Die Banalität ihres Aussehen und ihrer Funktion erinnert sie an die Urhütten, dem Anfang der Architektur. Le Cabanon ist der einzige Bau, den Le Corbusier jemals für sich selbst entworfen hat. Er verbrachte das letzte Jahr seines Lebens in der Hütte und starb dort schließlich beim Baden im Meer. Die Skizze zur Hütte zeichnete Le Corbusier in 45 Minuten. Sie war ein Geburtstagsgeschenk für seine Frau. Doch schon in den ersten Zeichnungen erkennt man, dass sämtliche Maße auf Le Corbusiers Proportionslehre, dem Modulor, basieren und auf ein Minimum reduziert sind.46 Die quadratische Grundfläche besitzt eine Kantenlänge von 3,66m. Das ergibt einen kleinen Raum von knappen 14m2. Es ist selbstverständlich kein Zufall, dass dieses Maß dem durch die Modernisten festgelegten absoluten Minimum an Platzbedarf für sozialen Wohnungsbau entspricht. Die äußere Fassade der Blockhütte besteht aus grobgeschlagenen, halben Baumstämmen. Der Innenraum ist mit rechteckigen Holztafeln ausgekleidet. Die Deckentafeln sind grün, rot und weiß gestrichen und entsprechen folglich Le Corbusiers 48
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welche sich hinter dem Bau befindet. Le Corbusier schafft mit der Inszenierung von Wasser, Vegetation und Stein ein Spiel zwischen der Enge und Weite, wobei der Ausblick die Begrenztheit des Raumes relativiert.48Le Corbusier setzt mit seinem Cabanon die Proportionslehre des Modulors bis ins kleinste Detail um. Angefangen bei der Kantenlänge der quadratischen Grundfläche von 3,66m (blaue Reihe), über die Höhe der Hütte von 2,26m (blaue Reihe), bis hin zu den Sickhockern, mit einer Höhe von 43cm (rote Reihe). Die Kombination aus der strikten Einhaltung des Modulors und der Reduktion des Platzangebots sowie der minimalistischen Ausstattung, stellt für Le Corbusier des Beweis dar, das gutes Design nicht von Quadratmetern oder Luxus abhängt. Daher legt er den Begriff: Le Cabanon, also die Hütte, nicht negativ aus, ganz im Gegenteil wird die Hütte zum erstrebenswerten Ziel. Le Corbusier findet in seinem Cabanon die Anwort auf die Frage, wie viel Platz der Mensch zum Leben braucht. An dieser Stelle muss jedoch erwähnt werden, dass die Hütte keine Möglichkeit bietet, etwas zu kochen. Le Corbusier speiste während seines Aufenthalts in dem Restaurant eines Freundes. 46_Vgl.http://www.theguardian.com/artanddesign/2009/mar/08/architecture-exhibition Zugriff: 15.06.2915 47_Le Corbusiers Philosophie basiert auf Mondrian und dem De Styl 48_Vgl.http://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-BauNetz_ Classics_Le_Corbusier_in_Roquebrune_2964079.html,Zugriff: 15.06.2015
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ANDO ARCHITEKTUR DER RUHE der Architektur befriedigt nur die Sinneswahrnehmung des Sehens, durch eine Negierung werden die letzten visuellen Reize verbannt. Eine Entsagung dessen bedeutet eine Reduktion auf einfachste geometrische Formen. Je reduzierter die Form, desto umfassender ist der Raum. Zuletzt wiedersagt Ando der Säulenarchitektur und setzt auf Wände, um seine reduzierte Form umzusetzen. Die Mauer trägt auf mehreren Ebenen zur spirituellen Tiefe des Raumes bei. Erstens schließt die Mauer jeglichen Außenlärm aus, sodass nur noch die eigene Stimme zu hören ist. Zweitens ist die Mauer das eingrenzende Element des Raumes und definiert so ein Innen und ein Außen.
Andos Architektur der Ruhe basiert im Wesentlichen auf zwei Prinzipien. Es ist die absolute Entsagung aller Elemente, welche der Reinheit des Raumes, also dem Purismus, der Einfachheit und der totalen Raumintensität den Weg freimacht. Dies beginnt mit der Negierung jeglichem Prunk und Überfluss, welcher zu viel Ablenkung bedeutet und die Wahrnehmungsfähigkeit des Menschen mindert. Überdies verzichtet Ando auf jede Art der inszenierten Farbe, Materialität und vor allem auf die extravagante Form im Raum, was einfache Formen, gleichartige Materialien und aus dem resultierend, monotone Farbspektren zur Folge hat. Eine spektakuläre Form 52
zeugt wird sie durch eine Art Teilung des Raumes. Ausgangspunkt dafür ist ein Verständnis vom Raum als Ganzheit, welcher in einzelne Fragmente separiert wird. Diese Fragmente sind keine locker angeordnete Gruppe, vielmehr werden sie von der Ganzheit eingefasst und in ihrer Position gehalten. Sichtbar wird infolgedessen eine Kraft, die ihren Anfang an der Außenwand, der Mauer aufweist und sich auf die Mitte des Raumes zentriert. Aufgrund dieses Kraftfeldes erlebt man neben der Ruhe auch die absolute Intensität des Raumes.50
Sie grenzt den Raum also sowohl optisch also auch akustisch ein.49 Resultat der Negierung aller Reize ist die spirituelle Tiefe des Raumes. Er wird ruhig und schweigt. Ando lässt durch das Ausblenden des Außen ein Innen entstehen, anders gesagt wird in seinen ruhigen Räumen durch den Ausschluss äußerer Stimmen und Einflüsse die eigene Stimme hörbar. Durch die Kunst des Weglassens legt Ando eine Fokussierung auf die spirituelle Tiefe des Raumes, nicht auf seine bauliche Form oder den optischen Genuss. Das zweite Prinzip, auf das Ando aufbaut, ist die Spannung im Raum. Sie ist essenziell, damit sich der Purismus nicht zur Eintönigkeit entwickelt. Er-
49_Vgl. Werner Blaser, Tadao Ando, Architektur der Stille, Architecture of silence, Basel: Birkhäuser Verlag 2001, S. 12,14,16,18 50_Vgl. Masao Furuyama, Tadao Ando, Basel: Birkhäuser Verlag 1996, S. 9ff
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HAUS AZUMA auf. Definiert werden sie einzig durch die Art der Schalung. Andos Schaltafelmaß ist stets 90cm x 180cm breit, jede Schaltafel hat je 6 Bohrlöcher. Diese Maße ziehen sich über die gesamte Wandfläche und stehen somit in einer geordneten Proportion zum Menschen.1 Die Betonwände übernehmen die zuvor dargelegte Position der Umfassungsmauern. Sie schließen sowohl optisch als auch akustisch jeden Bezug und Einfluss der umgebenden Stadt aus und schaffen somit die Basis für den minimalistischen Raum im Inneren ihrer Grenze. Die spannungserzeugende Teilung des Ganzen passiert im Falle des Azuma Hauses durch die Dreiteilung des Inneren. Die warmen Fragmente des Raumes werden an den Rand geschoben, sodass im Mittelpunkt ein Innenhof entsteht. Der Hof ist das Spannungszentrum des Raumes. Zugleich strahlt er Stille und Ruhe aus. Verdeutlicht wird dies durch die zentrale Fensterausrichtung zum Innenhof. Ando hat mit dem Haus Azuma einen minimalistischen Raum geschaffen, der durch die Zurücknahme von Form und Ausblendung der Umgebung eine asketische Atmosphäre ausstrahlt. Durch das Weglassen allen Überflusses, ist Platz für Ruhe und Konzentration entstanden.52
Das Reihenhaus in Sumiyoshi, auch Haus Azuma genannt, wurde in den Jahren 1975 und 1976 in Osaka errichtet und zählt zu einem der Frühbauten Andos. Der zweigeschossige, quaderförmige Betonbau ist über die gesamte Grundstücksfläche gebaut und in drei Teile gegliedert. Im Zentrum des Hauses befindet sich ein zum Himmel geöffneter Innenhof. Er separiert die beiden äußeren Gebäudeteile voneinander. Im Erdgeschoss wird der Wohnraum im vorderen Teil des Hauses, durch den Innenhof vom Badezimmer, der Küche und dem Esszimmer im hinteren Teil getrennt. Das Elternschlafzimmer liegt im Obergeschoss über dem Wohnraum und ist über einen Steg mit dem Kinderzimmer verbunden. Dieses befindet sich oberhalb des Bades und des Esszimmers. Die zum Obergeschoss führende Treppe liegt im Innenhof. Folglich sind die Bewohner in jedem Fall dazu gezwungen, den Innenhof zu durchqueren, um von einem Raum in einen Anderen zu gelangen.51 Das Haus Azuma ist hinsichtlich dem enthaltsamen Ambiente und der ruhigen, alles erfüllenden Konzentration im Raum ein treffendes Beispiel für die Umsetzung der Theorie. Schon bei der nach Außen geschlossenen, quaderförmigen Gebäudehülle aus Beton, die nur eine Eingangsöffnung zur Straße enthält, stellt man die Reduktion des Materials und der Formgebung fest. Die Betonoberflächen der Wände weisen sowohl von Innen, als auch von Außen betrachtet, ein gleiches Aussehen
51_Vgl. Masao Furuyama, Tadao Ando, Basel: Birkhäuser Verlag 1996, S. 37,38 52_Vgl. ebd. , S.13ff
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MEDITATIONSRAUM Breite definiert und dient als akustische und optische Grenze zwischen Innen und Außen.2 Die Abgrenzung des umgebenden Geschehens und der damit einhergehenden Ruhe im Inneren geschieht auf zwei Ebenen. Es beginnt mit dem Raum umfassenden Wasserbecken, einer ersten Barriere zwischen Umfeld und Raum. Zudem verkörpern die Granitplatten am Grund des Beckens Krieg oder Unruhe. Ein Überwinden dieser Grenze bedeutet zugleich, ein Überwinden der Unruhe. Erst danach kann der Innenraum des Zylinders, ein Ort der Ruhe und des Friedens, betreten werden. Die zweite Grenze sind die zuvor genannten Betonmauern. Durch ihre Undurchlässigkeit erzeugen sie im Inneren des Zylinders eine intensive Raumerfahrung und Konzentration. Ihre Oberfläche wird zur Projektionsfläche des menschlichen Bewusstseins. Die beinahe freischwebende Decke des Zylinders lässt einen kreisförmigen Spalt zwischen sich und den austeigenden Fragmenten frei. Mittels des Spaltes gelangt indirektes Licht in den Raum. Dieser Strahlenkranz bündelt die gesamte Spannung im Raum und fokussiert sie auf die Mitte. Der Raum wird zum Schweigen gebracht, seine Bewegung ruht. In dieser Situation kann die Erregung des Menschen abklingen, eine innere Ruhe zum Gebet und zur Meditation entsteht.54
Zu Ehren des 50. Geburtstags der UNESCO, erbaute Ando in den Jahren 1994 und 1995 einen Meditationsraum. Dieser zylindrische Baukörper steht in einem Wasserbecken vor dem Pariser Sitz der Organisation und ist als Ort des Gebets für den Weltfrieden gedacht. Der Betonzylinder misst 6,5m Höhe und 33m2 Grundfläche. Zusammengesetzt ist er aus zwei 3,25m hohen Zylinderfragmenten. Das den Zylinder umgebende, künstlich angelegte Wasserbecken passiert man über einen Steg und gelangt so zur Eingangsöffnung des Meditationsraumes. Dieser nimmt die Position einer Insel ein. Neben dem indirekten Oberlicht an der Decke des Zylinders bleibt der Eingang die einzige Öffnung nach Außen. Die Bodenplatte des Wasserbeckens besteht aus Granitplatten der atomar angegriffenen Stadt Hiroshima. Ando verstärkt durch diese Materialwahl den Symbolgehalt des Baus als Ort der Andacht für Frieden.53 Auch der Meditationsraum für UNESCO weist, wie das Haus Azuma, beispielhaft die Merkmale Andos Architektur der ruhigen Spannung auf. Eindeutig lassen sich Gemeinsamkeiten zwischen der Materialität und Form des Baukörpers und der Theorie Andos, zur innen gerichteten Konzentration im Raum finden. Wie auch am Beispiel des Haus Azuma gesehen, reduziert Ando hier die Form des Raumes auf ein Minimum. In diesem Fall ist ein schlichter Zylinder das Resultat. Die in Beton gefertigten Wände werden durch das Schaltafelmaß von 90cm x 180cm
53_Vgl. Masao Furuyama, Tadao Ando, Basel: Birkhäuser Verlag 1996, S. 173,174 54_Vgl. ebd. , S.13ff
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ABSALON CELLULES und Tokyo konzipierten Zellen in ihrer Form und ihrem Aufbau voneinander. Es handelt sich demnach nicht um ein nomadisches Projekt, vielmehr hat Absalon sechs verortete Einheiten geschaffen, die direkten Bezug zu ihrer Umgebung aufnehmen. Zu einem tatsächlichen Aufstellen der Zellen ist es allerdings nie gekommen, denn Absalon verstarb im Jahre 1993, bevor er die sechs Prototypen aus weiß lackiertem Sperrholz in eine endgültige Version mit Wasser und Stromversorgung überführen konnte. Sein Werk stellt für Absalon einen radikalen Widerstand zum System und gleichzeitig eine Art Selbsttherapie dar.55
Seinem Lebenswerk gab der Künstler Absalon, geboren als Meir Eshel in Tel Aviv, den Namen „Cellules“. Dieses Werk besteht aus sechs weißen, auf seine Körpermaße angepasste Zellen, zwischen vier und acht Quadratmetern Wohnfläche. In ihrer komplett weiß getünchten Erscheinung wirken die Zellen wie überdimensionierte Architekturmodelle oder zu klein geratene Häuser. Jede der sechs Zellen war dazu gedacht, in einer anderen Stadt installiert und mit dem Charakter ihres Standorts konfrontiert zu werden. Infolgedessen unterscheiden sich die für Paris, Zürich, New York, Tel Aviv, Frankfurt 58
Selbst-Mäßigung durch die Zelle.57 Angesichts der Situation, dass Absalon sowohl als der Entwerfer und auch als Bewohner seiner Zellen vorgesehen war, sieht er quasi seine erwünschte Persönlichkeit vorher und konditioniert das Handeln und das Verhältnis zu materiellen Produkten des Ist-Zustand seiner Person durch den Raum zum Soll-Zustand. Die Selbstdisziplinierung findet einerseits über das bewusste Fernbleiben jeglicher persönlichen Gegenstände und Konsumobjekte statt. Aufgrund des minimalen Platzangebots in der Zelle ist es dem Bewohner gar nicht möglich, Gegenstände anzuhäufen. Ein Beispiel dafür bietet Absalons Planung der Bücherregale.
„Ich möchte das nicht werden, was diese Kultur mir anbietet, ich möchte nicht unbedingt etwas Besseres anbieten, sondern Widerstand leisten, nicht an dieser Sache teilnehmen.“ 56 Er schafft durch die Zellen ein Gegenmodell zu dem Wohnraum kapitalistischer Menschen der Konsumgesellschaft, welche ihre Individualität durch unbegrenzte Entscheidungsmöglichkeiten, einem andauernden sich-selbst-Ausprobieren und Ansammlungen von Konsumgütern, definieren. Absalons Vorstellung von Individualität basiert demnach nicht auf einer Selbstfindung sondern einer 59
überlastet.60Absalons Zelle wirkt wie ein Schutzfeld vor gesellschaftlich auferlegten Zwängen. Indem er sich seinen eigens auferlegten Zwängen unterwirft, legt er die Eigeninitiative ab und gelangt dadurch zu einer neuen Freiheit.Obgleich die Zelle eine Interaktion mit anderen Menschen ausschließt, da die Möblierung auf Absalons Körpermaß von 1,90m und explizit für eine Person ausgelegt ist, darf die Zelle keinesfalls als absolute Trennung von der Außenwelt verstanden werden.
In ihnen findet sich Platz für genau 30 Exemplare. Eine größere Ansammlung ist nicht möglich, was bedeutet, dass kein Buch willkürlich hinzugefügt wird. Für jedes neue Exemplar muss ein Anderes aussortiert werden. Andere Einrichtungsgegenstände in der Zelle geben durch ihre mehrfache Nutzungsmöglichkeit bestimmte Handlungsabläufe vor. So muss die Toilette zum Bespiel erst umgeklappt werden, bevor sie als Dusche nutzbar ist. Der gesamte Raum ist folglich darauf ausgelegt, die Eigeninitiative des Bewohners durch vorgegebene Handlungsstrukturen zu negieren. Der Mechanismus der Zelle konditioniert die Handlungen des Bewohners. Nach einiger Zeit wird der Mechanismus der neuer Komfort des Bewohners sein.58
Absalon scheint seine Zellen als Spiegel des inneren Selbst zu verstehen, als eine Ordnung die losgelöst von äußeren Anforderungen und Einflüssen ein eigenes System entwickelt. Bewohner und Raum verschmelzen zu einem Objekt. Die Zelle wird gleichsam zur zweiten schützenden Haut, die ihrem Bewohner einerseits Ruhe gibt, andererseits aber auch neugierig auf die Welt macht. Mittels des Alleinseins in der Zelle kann der Mensch außerhalb umso vereinter und verbundener sein und die Qualitäten seiner menschlichen Beziehung kultivieren.61
An dieser Stelle lässt sich darüber nachdenken, ob Absalon mit seinen entscheidungsbefreiten Zellen auf den Begriff der Depression reagiert, einer Überforderung des Einzelnen durch die Erwartungen der Gesellschaft. Die Depression wird häufig auf die Arbeitslosigkeit und gleichzeitiger Überarbeitung der globalisierten Welt und der Leistungsgesellschaft zurückgeführt.59 Aufgrund der freien Gestaltungsmöglichkeiten des eigenen Lebens, wird der Einzelne nicht mehr an seiner Hörigkeit, sondern an seinem eigenen Antrieb verglichen. Der depressive Mensch ist mit dieser ständigen Entscheidungsfreiheit und den Ansprüchen der Gesellschaft
55_Vgl. www.zeit.de/2010/62/Absalon-Austellung, Zugriff: 05.06.2015 56_Vgl. ebd. 57_Vgl. Susanne Pfeffer, Absalon, Köln: König Verlag 2011, S.318 58_Vgl. ebd. , S. 295,296 59_Vgl. ebd. , S.275 60_Vgl. ebd. , S.276ff 61_Vgl. ebd. , S.290,291
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FAZIT
der Geborgenheit und lässt den Raum zur zweiten Haut des Selbst werden. Ohne ihr Gegenstück, der Weite, wirkt sie jedoch schnell bedrängend, einschränkend und behindernd.
Der gebaute Zellenraum trägt drei wesentliche Charakteristiken in sich, welche unterschiedlich intensiviert annähernd jede Form der räumlichen Zelle tangieren. Das Merkmal der Isolation tritt immer in einem hohen Maß auf. Es schafft durch das Ausblenden der Umwelt, sowie der gesellschaftlichen Anforderungen und Werte die Basis der selbstbezogenen Konzentration.
Die Leere bringt Ruhe in den Raum. Durch die Abwesenheit neuer Reize und Eindrücke, seien es materielle Güter oder auch Menschen, wird der Weg zur Selbstwahrnehmung frei. Ein unterschiedliches Wirken dieser drei Charakteristiken hat zur Folge, dass der Begriff Zelle im räumlichen Verständnis nicht immer die Gleiche Bedeutung einnimmt. Angenommen es gäbe zwei Zellen die sich im Platzangebot nicht unterscheiden würden so wären
Neben der Isolation verkörpern Enge und Leere die weiteren Eigenschaften der Zelle. Diese beiden Merkmale wirken ergänzend zur Isolation und treten sowohl gemeinsam als auch einzeln auf. Die Enge schafft oft ein Gefühl 62
liche Ansätze und Ziele der entworfenen „Zellen“ erkennen.Le Corbusiers Cabanon ist eine Umsetzung seiner entwickelten Proportionslehre und spiegelt die generelle Idee der Moderne wieder. Die Hütte wurde auf das Einfachste zurückgeführt und folgt den Regeln des Funktionalismus. In diesem Fall geht es ihm um die Frage, wie viel Platz ein Mensch zum leben braucht und nicht um spirituelle Leere. Konträr dazu funktioniert Andos Architektur der Ruhe. Der minimale Platzverbrauch steht nicht im Vordergrund. Vielmehr übernimmt diese Rolle die absolute Stille im Raum, die es erlaubt zur eigenen inneren Stimme zu finden.
sie aufgrund der ungleichen Isolation von der Außenwelt und Leere im Raum doch in Gänze unterschiedlich. Ein Beispiel dafür bilden die autarke und die spirituelle Zelle, im Sinne der Mönchszelle. Obwohl beide Zellen eine minimale Fläche beanspruchen verfolgen die dennoch ein konträres Ziel. Die autarke Zelle fördert durch ihre Unabhängigkeit von der Gesellschaft die Flucht nach vorne, wobei die spirituelle Zelle ehr dem Rückzug aus der Gesellschaft dienlich ist. Unter Betrachtung der zuvor aufgeführten Beispiele aus der Architektur lassen sich auch bei Le Corbusier, Ando und Absalon unterschied63
auch für unkonventionelle Baugründe oder Restflächen in der Stadt. Die Aufgabe meines Entwurfs sehe ich darin, ein Konzept zu entwickeln, welches die Vorteile der Zelle mit dem städtischen Umfeld verbindet. Die Zelle soll keine Einsiedlerunterkunft verkörpern, sondern eine Alternative zu den klassischen Wohnsituationen bieten und als langfristiger Wohnraum in der Stadt etabliert werden.
Absalon hingegen stellt das Moment der Enge und das der Leere im Raum gleichermaßen in den Mittelpunkt. Er radikalisiert Le Corbusiers Ansatz des minimalen Platzverbrauchs, sodass seine Cellules am Ende nicht viel mehr sind als eine abstrahierte zweite Haut ihres Bewohners. Darüber hinaus entfernt er jegliche Konsumgüter und Dekoration um das Entstehen von neuen Reizen zu negieren. Meiner Meinung nach stellt das dargelegte Naturell der Zelle als Rückzugsort in der heutigen Zeit eine attraktive Wohnform dar. Primär verkörpert die Zelle eine Möglichkeit, der Schnelllebigkeit und den Anforderungen der Gesellschaft zu entkommen. Sie schafft den Abstand zu äußeren Einflüssen und Störungen, welche das Gehör zur inneren Stimme blockieren. Darüber hinaus entspricht ihre Eigenschaft der Reduktion in Teilen der Motivation des Postkonsums, da sich der Mensch in dieser einfachen Umgebung dem Einfluss des Konsums entzieht und eine Transformation vom Konsumenten zum Individuum stattfinden kann. Abgesehen von dem Aspekt des Konsums und der Überflussgesellschaft reagiert die Zelle auch auf die aktuelle städtische Problematik des Wohnungs- und Platzmangels. Aufgrund ihres reduzierten Platzbedarfs und der generellen Verschlossenheit gegenüber dem direkten Umfeld eignet sich die Zelle 64
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ANALYSE
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RESTFLÄCHEN AN DEN BAHNSCHIENEN Andererseits bietet sich die Opportunität zur Suche nach unkonventionellem Wohnraum.
Die Erfindung und Inbetriebnahme der ersten Dampflokomotive im Jahre 1804 in England und die Eröffnung der ersten Eisenbahn im Jahre 1825, stellte für die in den anfängen stehende Industrialisierung eine enorme Antriebskraft dar. Durch das immer dichter werdene Schienennetz war es zum ersten Mal möglich eine große Masse von Ware, aber auch Menschen, dampfbetrieben über Land zu transportieren.62 Der Schienenverkehr leitete unsere heutige globalisierte und vom Konsum beeinflusste Welt ein. Beinahe brutal wurden die Schienen oftmals durch bereits vorhandene Stadtstrukturen gelegt, Bestand musste weichen, Neubauten passten sich dem Schienenverlauf an. Trotzdem lassen sich in vielen Innenstädten etliche ungenutzte Restflächen entlang der Bahnstrecken finden. Einige von ihnen dienen dem Lärmschutz angrenzender Bauten, viele Flächen stellen jedoch nur planerische Überbleibsel zwischen Privatbesitz und Bahngleise dar.
Die zuvor erwähnten Restflächen entlang der Bahnschienen verkörpern eine Facette des nonkonformen Wohnraums. Durch ihre größtenteils zentrale Lage innerhalb der Stadt stellen diese Fläche an sich höchst attraktives Bauland dar. Allerdings verkompliziert ihre geringe Größe (maximal 200m2), außergewöhnlichen Grundstücksformen, teilweise starke Höhendifferenzen und der allzeit presente Lärm vorbeifahrender Züge eine Bebauung. Folgend werden in einer auf die Stadt Münster (NRW, Deutschland) bezogene Anlayse vorhandene Restflächen entlang der Bahnstecke verschiedenen Kategorien zugeordnet und vorgestellt. Durch das Aufzeigen von Vor- und Nachteilen der einzelnen Flächen soll ihre Bebauungstauglichkeit eingestuft werden. Ziel der Analyse ist das Ausfindig machen einer Restfläche, auf der exemplarisch ein Entwurf entsteht, welcher die besondere Lage und Form des Grundstücks mit dem zuvor behandelten Thema der Zelle vereint.
Unter Betrachtung der heutigen Wohnsituation die besonders in den Städten von Wohnungsmangel und überteuerten Grundstückspreisen geprägt ist, rücken zentral gelegene Wohnungen, Häuser und Grundstücke in beinahe unbezahlbare Ferne.63 Auf der Suche nach bezahlbarem Wohnraum ergeben sich aus dieser Situation zwei Möglichkeiten: Zum Einen besteht die Option der Aufgabe städtischer Vorzüge und dem Umzug aufs Land.
62_www.maerklin.de/media.php/de/pdfs/geschichtedereisenbahn.pdf Zugriff: 10.07.2015 63_Bodenrichtwert Münster: Innenstadt zwischen 6250€/m2-810€/m2 http://geo.stadt-muenster.de/webgis2/frames/index.php?PHPSESSID=5bd3b0531eeda06079c33b19bc3287a7&gui_id=Bodenrichtwerte Zugriff: 10.07.2015
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GLEISKREUZUNG
Gefälle, noch ein übermäßiger Baumbestand oder Wildwuchs feststellen. In der Regel liegen diese Restflächen brach. Aufgrund des verstärkten Lärms vorbeifahrender Züge von zwei Seiten und ihrer ungewöhnlichen Form, verfügen sie über keine konkrete Funktion.
Die Restflächen der Kategorie Gleiskreuzung, sind am stärksten von dem Schienenverkehr geprägt, da nicht nur eine, sondern zwei Seiten der Fläche unmittelbar an ein Bahngleis grenzen. Die typische dreieckige Grundstücksform begründet sich aus der Lage dieser Restflächen direkt hinter einer Bahnweiche. Verorten lassen sich die Grundstücke nahe des Bahnhofs und am Rand der Innenstadt, also an Orte einer Gleisbündelung oder einer Gleisspaltung. Grundsätzlich lassen sich auf diesen Flächen werder ein nennenswertes
3
70
71
m
23 ,2
m
9,0
,9
m
25
#1 GRUNDSTÜCK
STANDORT Stadtteil: Straße:
Grundrissform: Fläche:
St. Mauritz Niedersachsenring
Dreieck 96 m²
80%
Anbindung
30%
Zugänglichkeit
60%
Zentralität
5%
Topographie, bezogen auf Höhenversprünge
75%
Lautstärke, bezogen auf die Umgebung
25%
Baumbestand, bezogen auf Flächenanteil
72
73
25
,9
m
20,2 m
13,8 m
#2 GRUNDSTÜCK
STANDORT
Grundrissform: Fläche:
Dreieck 142 m²
Stadtteil: Straße:
St. Mauritz Bohlweg
90%
Anbindung
60%
Zugänglichkeit
60%
Zentralität
25%
Topographie, bezogen auf Höhenversprünge
75%
Lautstärke, bezogen auf die Umgebung
40%
Baumbestand, bezogen auf Flächenanteil
74
75
27,6
m
26,6 m
10,0 m
#3 GRUNDSTÜCK
STANDORT Stadtteil: Straße:
Grundrissform: Fläche:
Mitte -
Dreieck 133 m²
5%
Anbindung
5%
Zugänglichkeit
60%
Zentralität
5%
Topographie, bezogen auf Höhenversprünge
80%
Lautstärke, bezogen auf die Umgebung
25%
Baumbestand, bezogen auf Flächenanteil
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4
GLEIS UND STRASSE
Restflächen, welche sich zwischen einer Bahngleise und einer Straße befinden, besitzen keine typische Grundstücksform. Kennzeichnend für diese Kategorie ist jedoch, dass zwei oder mehr Seiten infrastrukturelle bedingten Einflüssen, wie zum Beispiel Autolärm oder Lärm vorbeifahrender Züge, ausgesetzt sind. Sowohl die Topographie, als auch der Baumbestand, Bewuchs und Lage dieser Restflächen, variieren von Grundstück zu Grundstück. Zu den vorher genannten Indikatoren, lassen sich keine allgemeingültigen Aussagen treffen.
6
5
78
79
12
,0
m
21,4
m
1m 12,
3,8 m
#4 GRUNDSTÜCK
STANDORT Stadtteil: Straße:
Grundrissform: Fläche:
St. Mauritz Bohlweg Niedersachenring
Trapez 199 m²
Anbindung
75%
Zugänglichkeit
60%
Zentralität
5%
Topographie, bezogen auf Höhenversprünge
90%
Lautstärke, bezogen auf die Umgebung
80%
Baumbestand, bezogen auf Flächenanteil
80
81
3m 38,
37,3 m
7,2 m
#5 GRUNDSTÜCK
STANDORT Stadtteil: Straße:
Grundrissform: Fläche:
Hansaviertel Lippstädterstraße
Dreieck 97 m²
75%
Anbindung
50%
Zugänglichkeit
75%
Zentralität
5%
Topographie, bezogen auf Höhenversprünge
40%
Lautstärke, bezogen auf die Umgebung
75%
Baumbestand, bezogen auf Flächenanteil
82
83
5,5 m
m
9,0 m
5,6 m
16,5
5,7 m
,8
m
16
#6 GRUNDSTÜCK
STANDORT Stadtteil: Straße:
Grundrissform: Fläche:
Hansaviertel Hafenstraße
Sechseck 198 m²
75%
Anbindung
50%
Zugänglichkeit
80%
Zentralität
5%
Topographie, bezogen auf Höhenversprünge
75%
Lautstärke, bezogen auf die Umgebung
75%
Baumbestand, bezogen auf Flächenanteil
84
85
STILLGELEGTE GLEISE
Die stillgelegten Gleise stellen eine Ausnhame im Vergleich zu den restlichen Kategorien dar. Zwar werden auch diese Flächen in ihrer Form und Lage maßgeblich von den Gleisen definiert, jedoch befinden sich diese Grundstücke nicht zwangsläufig im akustischen Einflussbereich des laufenden Zugverkehrs. Die markanten schmalen und langen Flächen lassen sich nahe dem Güterbahnhof verorten. Meist sind sie bedeckt mit Gräsern und jungen Birken. Einen Höhenunterschied lässt sich aufgrund der vorherigen Nutzung als Gleis nicht finden.
8 7 9
86
87
#7
m
1,8 m
GRUNDSTÜCK
STANDORT Stadtteil: Straße:
6,1
6,3
m
8,5 m
8,3 m
25,7 m
25,5 m
1,7 m
Grundrissform: Fläche:
Hansaviertel Hafenstraße
Streifen 145 m²
40%
Anbindung
25%
Zugänglichkeit
75%
Zentralität
5%
Topographie, bezogen auf Höhenversprünge
30%
Lautstärke, bezogen auf die Umgebung
75%
Baumbestand, bezogen auf Flächenanteil
88
89
6,8 m
16,0 m
15,1 m
18,2 m
25,5 m
1,7 m
1,8 m
#8 GRUNDSTÜCK
STANDORT Stadtteil: Straße:
Grundrissform: Fläche:
Hansaviertel Hafenstraße
Streifen 200 m²
40%
Anbindung
25%
Zugänglichkeit
75%
Zentralität
5%
Topographie, bezogen auf Höhenversprünge
30%
Lautstärke, bezogen auf die Umgebung
80%
Baumbestand, bezogen auf Flächenanteil
90
91
16,2 m
9,6 m
8,6 m
18,3 m
16,5 m
1,7 m
#9 GRUNDSTÜCK
STANDORT Stadtteil: Straße:
Grundrissform: Fläche:
Hansaviertel Hafenstraße
Streifen 110 m²
25%
Anbindung
10%
Zugänglichkeit
60%
Zentralität
5%
Topographie, bezogen auf Höhenversprünge
50%
Lautstärke, bezogen auf die Umgebung
30%
Baumbestand, bezogen auf Flächenanteil
92
93
12
AUSBUCHTUNGEN
kästen genutzt, in anderen Fällen dienen sie als Lärmschutzwall zwischen Bestand und Bahngleis.
Ausbuchtungen entlang der Bahnstecke stellen in der Regel unbebaute Überbleibsel zwischen Grundstücken im Privatbesitz und den Gleisen dar. Die Grundstücksformen variieren stark, ebenso wie auch die Topographie und die Lage dieser Restflächen. Einzig die Tatsache, dass fast alle Ausbuchtungen stark bewachsen sind, tritt als allgemeingültiges Merkmal der Kategorie zu, denn auch die momentanen Funktionen der Flächen unterscheiden sich. Zum Teil werden sie als Standort für Hochleitungsmaste oder Stromversorgungs94
10
95
11
m
22,1
m
15 ,4
8,5 m 5,3 m
# 10 GRUNDSTÜCK
STANDORT Stadtteil: Straße:
Grundrissform: Fläche:
Hansaviertel Hafenstraße
5%
Viereck 91 m²
5%
Anbindung
75%
Zentralität
5%
Topographie, bezogen auf Höhenversprünge
80%
Lautstärke, bezogen auf die Umgebung
75%
Baumbestand, bezogen auf Flächenanteil
96
Zugänglichkeit
97
20,2 m
23,5 m
2,3 m
5,2
m
# 11 GRUNDSTÜCK
STANDORT Stadtteil: Straße:
Grundrissform: Fläche:
Hansaviertel Hafenstraße
Streifen 121 m²
60%
Anbindung
75%
Zugänglichkeit
75%
Zentralität
80%
Topographie, bezogen auf Höhenversprünge
60%
Lautstärke, bezogen auf die Umgebung
80%
Baumbestand, bezogen auf Flächenanteil
98
99
m
25, 5m
26,4 m
11,0
3,7
m
# 12 GRUNDSTÜCK
STANDORT Stadtteil: Straße:
Grundrissform: Fläche:
Hansaviertel Johanniterstraße
Trapez 188 m²
50%
Anbindung
50%
Zugänglichkeit
60%
Zentralität
80%
Topographie, bezogen auf Höhenversprünge
40%
Lautstärke, bezogen auf die Umgebung
90%
Baumbestand, bezogen auf Flächenanteil
100
101
14
13
RANDSTREIFEN
Die wohl am häufigsten vorkommenden Restflächen entlang der Bahnstrecke, sind die Randstreifen. Selten liegen sie zentrumsnah, vielmehr fungieren die Randstreifen als Pufferzone zwischen Einzelgrundstücken und dem Verkehrslärm der Züge, außerhalb des Stadtzentrums. Im Gegensatz zu den Ausbuchtungen, treten diese Restflächen nicht vereinzelt auf, sondern wie ihr Name schon erahnen lässt, als zusammengesetzter Streifen von einzelnen Flächen. In den meisten Fällen sind diese Grundstücke stark bewachsen und wei-
sen einen nicht unbedeutenden Höhenunterschied auf.Somit fungieren die Randstreifen sowohl optisch und weitesgehend akustisch, als Grenzfläche.
102
103
15
m
15
,4
m
15
,4
m
6,5
6,5
m
# 13 GRUNDSTÜCK
STANDORT Stadtteil: Straße:
10%
Grundrissform: Fläche:
Hansaviertel Auf der Horst
10%
Anbindung
Trapez 99 m²
Zugänglichkeit
30%
Zentralität
80%
Topographie, bezogen auf Höhenversprünge
40%
Lautstärke, bezogen auf die Umgebung
80%
Baumbestand, bezogen auf Flächenanteil
104
105
m
m
7,3
m
7,3
6,3
6,3
m
# 14 GRUNDSTÜCK
STANDORT Stadtteil: Straße:
Grundrissform: Fläche:
Hansaviertel Auf der Horst
10%
Trapez 46 m²
10%
Anbindung
10%
Zentralität
80%
Topographie, bezogen auf Höhenversprünge
Lautstärke, bezogen auf die Umgebung
80%
Baumbestand, bezogen auf Flächenanteil
40%
106
Zugänglichkeit
107
m
17
,7
m
17
,7
m
8,5
8,5
m
# 15 GRUNDSTÜCK
STANDORT Stadtteil: Straße:
25%
10%
40%
Grundrissform: Fläche:
Hansaviertel Auf der Horst
Trapez 148 m²
Anbindung
25%
Zugänglichkeit
Zentralität
80%
Topographie, bezogen auf Höhenversprünge
Lautstärke, bezogen auf die Umgebung
90%
Baumbestand, bezogen auf Flächenanteil
108
109
ANBINDUNG 1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
1
2
3
4
5
6
7
8
9
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15
1
2
3
4
5
6
7
8
9
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13
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15
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
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15
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
1
2
3
4
5
6
7
8
9
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11
12
13
14
15
2
4
1
6
7
5
7
8
5
4
11
2
1
3
4
1
3
9
ZENTRALITÄT
LAUTSTÄRKE
ERGEBNIS
ZUGÄNGLICHKEIT
Die Grafik stellt im ersten Schritt die Ergebnisse der sechs Bewertungsindikatoren jeder einzelnen Restfläche zusammengefasst dar. Der zweite Teil der Grafik figuriert eine Auflistung der drei best- und schlechtbewertesten Flächen pro Indikator.Anhand der zusammenfassenden Grafik lässt sich gut ablesen, dass manche Indikatoren eine Allgemeingültigkeit für eine ganze Kategorie besitzen, wie zum Beispiel der Topographieindikator. Er zeigt an, dass alle aufgelisteten Randstreifen (1315) eine starkes Gefälle aufweisen, wohinge-
gen die Kategorien Gleis und Straße, sowie stillgelegte Gleise kaum Gefälle besitzen.Der zweite Teil befasst sich weniger mit allgemeinen Ausagen, als mit den Flächen im Einzelnen. Duch das Ranking lässt sich ableiten, welches Grundstück sich für eine möglichen Bebauung am besten eignet. Anhand von drei positiven Auflistungen und keiner Negativen, schneidet die Restfläche #1 in der Wertung am besten ab.
110
TOPOGRAPHIE
BAUMBESTAND
111
10
13
3
13
14
15
3
10
4
9
3
10
11
12
13
4
12
15
ENTWURF
112
113
M 1:500
STÄDTEBAULICHE EINORDNUNG Fundament der Grundstückswahl ist die zuvor durchgeführte Analyse von Restflächen entlang der Bahnschienen im Innenstadtbereich Münsters. Das ausgewählte Grundstück entspricht der Restfläche #1 dieser Analyse. Verortet im Viertel St. Mauritz, am Rand der Innenstadt, verfügt das Grundstück über keine direkte Erschließung zum Straßennetz. Der Zugang führt entlang einer Strebergartenanlage. Die dreieckige Form des Grundstücks ergibt sich aus den zwei Bahnlinien, welche unmittelbar hinter der Fläche zusammenlaufen
und somit die langen Seiten des Grundstücks definieren. Ein Lärmschutzwall, welcher die hinter ihm liegende Strebergartenanlage von den Bahnschienen trennt, definiert die dritte, kurze Seite des Grundstücks. Es liegt keine direkte Nachbarbebauung vor.
114
115
UMGANG MIT DER UMGEBUNG Um auf diesem Grundstück ein Haus mit einem angeschlossenen Außenbereich zu realisieren, wurden die Außenwände des Gebäudes bis an die Grundstücksgrenzen gezogen und der Außenbereich ins Innere der Umrandung verlagert. Die drei Mauern, welche sich über die gesamte Höhe des Gebäudes erstrecken, dienen als akustische und visuelle Grenze zur Außenwelt. Die isolieren das Gebäude von der umliegenden Umgebung und schaffen gleichzeitig eine nach Innen gerichtete Konzentration.
Diese Hülle erlaubt lediglich durch drei Fenster eine Interaktion zwischen dem Gebäudeinneren und der Umwelt. Jedes dieser drei Fenster liegt in einem anderen Geschoss und fängt einen anderen Teil der Umgebung ein. Der Zweck liegt darin, die drei prägnantesten Umgebungsmerkmale; Schienen, Strebergärten und das Stadtpanorama, in fokussierter Form zu zeigen und somit eine Verortung des Gebäudes zu erzielen.
116
117
ORGANISATION UND STRUKTUR Die Grundlage des Entwurfs basiert neben der fast vollständigen Isolation des Inneren von der Umgebung auf der Unterteilung des Gebäudes in zwei wesentliche Bereiche mit unterschiedlichem Grad an Privatheit und Konzentration. Dieser Einteilung in gemeinschaftlicher und individuell nutzbarer Bereiche ermöglicht es den Bewohnern des Hauses einerseits ihr Zusammenleben zu pflegen, andererseits aber auch ihren individuellen Gedankengängen nachzugehen und eine selbstbezogene Konzentration zu finden. Der zentrale Bereich zur gemeinschaftlichen Nutzung bildet ein mittig gelegener Raum, welcher sich über alle Geschosse erstreckt. Er beherbergt die grundlegenden Elemente des Zusammenlebens wie einer Küchenzeile und einem Essbereich, sowie einiger Sitzgelegenheiten. Zudem verfügt er über einen direkten Zugang zum Bad, dem Abstellraum, einem der Individualräume und beiden Treppenhäusern, welche den zentralen Raum L-förmig rahmen. Das erste Treppenhaus birgt im Obergeschoss den Eingang zum Gebäude. Vom Eingangsbereich erreicht man im zweiten Obergeschoss einen Raum, ausgestattet mit Tisch und Hocker. Daran angeschlossen befindet sich eine Dachterrasse. Über die Treppe ins Erdgeschoss gelangt man wie zuvor erwähnt, in den zentralen Raum des Gebäudes. Anders als der zweite Treppenauf-
gang, welcher ausschließlich zu den privaten drei weiteren Individualräumen führt und sehr eng wirkt, leitet das erste Treppenhaus ausnahmslos in gemeinschaftlich nutzbare Bereiche des Gebäudes und mutet durch seine Mehrgeschossigkeit und einem großen Oberlicht sehr weit an. Ein anderer Aspekt des Entwurfes, ist das Spiel mit der Enge und der Weite im Raum. Es ist die Umsetzung eines weiteren Merkmals der Zelle. Innerhalb der äußeren, formgebenden Hülle, wird ein Enge- beziehungsweise Weitegefühl durch das Überschneiden von einzelnen Räumen erreicht. Durch dieses Ineinandergreifen der Räume definieren sich die engen und weiten Bereiche, wie zum Beispiel in der Höhe. Trotz ihrer gegenseitigen Beeinflussung funktionieren die Räume getrennt voneinander und ohne einen Hinweis auf ihre Verbindung. Verstärkt wird die räumliche Weite durch eine spezifische Fenstersetzung. So wird die Weite über die Raumgrenzen hinausgetragen. Dies kann durch das Fenster auf einen angeschlossenen Innenhof geschehen, aber auch durch ein verglastes Dach oder eine Weitsicht auf die Umgebung.
118
119
DIE ZELLEN
In den folgenden Abbildungen wird Anhand von Schnitt und Grundrissen des Gemeinschaftsraumes, sowie der vier Individualräume, die spezifische Anwendung der Elemente Weite und Enge, sowie der Leere im Raum aufgezeigt. Die Merkmale lassen sich zwar im gesamten Entwurf finden, erreichen in den zuvor genannten fünf Räumen jedoch das Höchstmaß der Umsetzung.
Reize zu vermeiden und die Bewohner an einer Ansammlung von Konsumgütern zu hindern. Desweiteren trägt das bereits erwähnte Spiel mit den Raumproportionen in den weiten Teilen verstärkt zum Gefühl der Leere bei.
Im Gemeinschaftsraum dominiert durch den hohen Mittelteil und ein verglastes Dach das Gefühl von Weite. Die Nischenbereiche am Rand des Raumes bieten eine Möglichkeit zum Rückzug. Die folgenden drei Individualräume besitzen das gleiche Grundschema. In allen drei Fällen befindet sich der Eingang im engen Moment des Raumes, erst beim weiteren Eintreten öffnet er sich und das Gefühl von Weite wird von einer Fensteröffnung untermauert. Der vierte Individualraum unterscheidet sich in dem Maße von den anderen Dreien, als das er nicht im engsten Moment betreten wird, sondern erst eine weitere Steigung der Enge folgt bevor der Weite Teil des Raumes betreten wird. Die Leere im Raum wird in diesem Entwurf auf verschiedene Weise umgesetzt. Angesichts der reduzierten Ablagefläche und der puristischen Einrichtung, wird ein Minimum an Objekten im Raum angestrebt. Ziel ist es, neue 120
121
24
24 85
2,
85
2,
1,
10
50
,4
8
1,
50
15
50
2,
35
15
5,
15
2
24
5
6
24
4
1, 15
23
,5 25
9,
0
1
13
ERDGESCHOSS | M 1:200
7
2
15
M 1:200 2
Lichthof Nischenbereich Innenhof Individualraum Bad Abstellraum
48
21
5
8,
1,
1 2 3 4 5 6
7
7,
74
5
3
0 ,8
5
1,
122
21
123
27
,6
0
,0
0
48
7
35
7
1,
35 24
1,
8
10
24
3,
,4
8
85
3,
00
7,
85
36
5 24
7
4
3, 15
50
6
15
2,
25
,5
0
15
1
8,
2
7
2,
58
OBERGESCHOSS | M 1:200 EINS
15
9 7 2, 15 5
2
Lichthof [Luftraum] Individualraum Innenhof [Luftraum] Flur Eingangsbereich Individualraum Individualraum Loggia Individualraum [Luftraum]
48
21
5
8,
7
1,
1 2 3 4 5 6 7 8 9
7,
74
3
0 ,8
5
1,
124
21
125
0
27
,6
0
50
11
24
24 85
85
2, 2,
15
15
10 3,
7
,4
8
85 15
5,
11
3,
00 36
5
24
6
24 3, 15
,5
0
5,
15
1
15
25
2 8,
2,
58
OBERGESCHOSS | M 1:200 ZWEI
7
4 15
8 7 2, 15
74 5
2
7,
Lichthof [Luftraum] Individualraum Innenhof [Luftraum] Individualraum [Luftraum] Eingangsbereich [Luftraum] Dachterrasse Gemeinschaftsbereich Individualraum [Luftraum]
48
21
5
8,
7
1,
1 2 3 4 5 6 7 8
3
0 ,8
5
1,
126
21
127
0
27
,6
0
50
11
24
24 76
2,
76
2,
24
24
10
,4
8
4 88
5,
11
6,
24
36
24
2 3,
1
7,
,5 25
71
0
15
8,
DACHAUFSICHT | M 1:200
24
4 15 7 2, 26 5
2,
Glasdach Dachterrasse [Luftraum] Innenhof [Luftraum] Dachfl채che
26
48
21
5
8,
27
51
1,
1 2 3 4
7,
74
3
5
1,
128
0
21
129
,6
0
50
11
SCHNITTE-ANSICHT | M 1:250 EINS
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SCHNITTE-ANSICHT | M 1:250 ZWEI
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SCHNITTE-ANSICHT | M 1:250 DREI
134
135
SCHNITTE-ANSICHT | M 1:250 VIER
136
137
ATMOSPHÄRE DACHTERRASSE
138
139
ATMOSPHÄRE WEITSICHT
140
141
ATMOSPHÄRE NISCHE
142
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144
145
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Nicole Ahland Space #21 2015, http-www.wichtendahl-ahland-space7_w500.jpg
4_03
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1_02
08-the-white-room-8 katherine Du Tiel 2014, www.katherinedztiel.com
4_04
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09-the-white-room-9 katherine Du Tiel 2014, www.katherinedztiel.com
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1_04
03-the-white-room-3 katherine Du Tiel 2014, www.katherinedztiel.com
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Schienennetz in M체nster, Autor 2015
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Restfl채chenanalyse, Autor 2015
5_43
Ergebnis der Analyse, Autor 2015
6_01
Lageplan M 1:500, Autor 2015
6_02
Skizze Umgang mit der Umgebung, Autor 2015
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Skizze Das Moment der Enge und der Weite im Raum, Autor 2015
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Skizze Zellen, Autor 2015
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http-/de.qantara.de/sites/default/files/styles/slideshow_wide/public/uploads/2013/09/02/ gefaengniszelle_1.jpg
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Nicole Ahland Space #7 2015, http-www.wichtendahl-ahland-space7_w500.jpg
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chair-in-empty-warehouse
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Grundriss Erdgeschoss, M 1:200 , Autor 2015
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Grundriss erstes Obergeschoss, M 1:200, Autor 2015
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Grundriss zweites Obergeschoss, M 1:200, Autor 2015
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Grundriss Dachaufsicht, M 1:200, Autor 2015
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Schniite und Ansicht eins, M 1:250, Autor 2015
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Schnitte und Ansicht zwei, M 1:250, Autor 2015
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Schnitte und Ansicht drei, M 1:250, Autor 2015
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Schnitte und Ansicht vier, M 1:250, Autor 2015
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Atmosph채re Dachterrasse, Autor 2015
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Atmosph채re Weitsicht, Autor 2015
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Atmosph채re Nische, Autor 2015
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