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Corona-Krise unter Vierbeinern
Interview mit dem Tierheim München
TEXT: NICOLAS RÖWENSTRUNK
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Die Zeit mit und um Corona ist noch lange nicht überwunden. Jeden Tag hören wir in den Nachrichten Neues zum Thema Covid-19. Aber wie schaut es derzeit eigentlich in den Tierheimen aus? Wie geht es den Hunden? Und wie wirkt sich das aktuelle Geschehen auf das allgemeine Interesse aus, einen Hund zu adoptieren? Wir haben mit Judith Brettmeister vom Münchner Tierheim gesprochen. Sie ist verantwortlich für Tierschutz und Öffentlichkeitsarbeit beim Tierschutzverein München e.V.
DT: Hallo Frau Brettmeister. Danke, dass Sie sich Zeit nehmen, um uns ein paar Einblicke in das Münchner Tierheim zu geben. Judith Brettmeister: Sehr gerne.
DT: Wie ist die jetzige Situation im Tierheim während der Corona-Krise? Werden mehr oder weniger Hunde vermittelt? Judith Brettmeister: Bevor die Grenzen wieder geöffnet wurden, war unser Tierheim halb leer. Die Tiervermittlung lief in dieser Zeit ganz hervorragend. Sogar die Warteliste für Hundeaufnahmen (ca. 20 Hunde standen auf dieser Liste, die erst gebracht werden konnten, wenn ein Zwinger durch Vermittlung frei wurde) war abgearbeitet. Es waren fast nur noch Problemhunde vorhanden (z. B. sog. Kampfhunde, die in Bayern gar nicht vermittelt werden dürfen, oder Hunde, die ab und zu mal Dentalkontakt pflegen). Jetzt, mit der Grenzöffnung, blüht der illegale Welpenhandel wieder auf. Innerhalb von zwei Wochen wurden schon 20 Welpen durch Polizei oder Veterinärämter sichergestellt und unser Tierheim liegt nicht einmal an den großen Transportrouten wie z. B. das Tierheim Passau. Auf jeden Fall sind die Hundezwinger schon wieder alle belegt.
DT: Was, denken Sie, ist der Grund für die verstärkte Hundenachfrage? Judith Brettmeister: Menschen, die schon immer den Wunsch hatten, sich einen Hund zuzulegen und durch Corona gezwungen waren zu Hause zu bleiben, haben häufig die Chance genutzt, sich einen Hund aus dem Tierheim zu holen. Die Tierpfleger/-innen berieten telefonisch, die Interessenten durften sich dann den Hund für eine Runde Gassigehen holen, und wenn es gepasst hat, konnte der Vierbeiner zum Probewohnen mitgenommen werden. Die potenziellen Hundeneubesitzer sowie auch die Hunde hatten Zeit, sich aneinander zu gewöhnen. Eigentlich ein idealer Zeitpunkt. Zudem wurden Hunde nur an Interessent(inn)en vermittelt, die nach Corona nicht länger als vier Stunden täglich außer Haus sind oder den Luxus haben, den Hund mit in die Arbeit nehmen zu dürfen.
DT: Ist Covid-19 eigentlich gefährlich für Haustiere? Judith Brettmeister: Mehreren Berichten zufolge wurden einzelne Haustiere positiv auf SARSCoV-2 getestet. Katzen, Frettchen und Goldhamster scheinen empfänglicher für das Virus zu sein und können es an andere Tiere weitergeben. Bisher gab es nur vereinzelte Fälle aus anderen Ländern, in denen Hunde und Katzen positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurden. Die Tiere zeigten nur vorübergehende milde Symptome wie Atem- und Verdauungsprobleme. Es besteht die Vermutung, dass vom erkrankten Besitzer das Virus auf das Haustier übertragen wurde. Eine Übertragung von Hund oder Katze auf den Mensch ist bisher aber nicht nachgewiesen worden.
DT: Rechnen Sie nach der Corona-Krise mit einer verstärkten Abgabe von Hunden in Ihrer Station? Judith Brettmeister: Nein, eigentlich rechnen wir nicht mit einer verstärkten Abgabe von Hunden, wenn die Corona-Krise bewältigt sein sollte. Die Hundeinteressen-t(inn)en wurden ausführlich beraten, Hunde und Menschen hatten lange Zeit sich aneinander zu gewöhnen und es wurde nur an Hundefreundinnen/-freunde vermittelt, die nicht voll berufstätig sind – es sei denn, ein anderes Familienmitglied ist zu Hause.
DT: Was raten Sie möglichen Interessent(inn)en, die jetzt mit einem Hundewunsch auf Sie zukommen? Judith Brettmeister: Bei einem Hundewunsch sollte man auf keinen Fall auf Internetangebote eingehen. Diese sind häufig nicht seriös. Die Hunde haben meist keine gültige Impfung und sind oftmals viel zu klein von der Mutter weggenommen worden. Unsere erste Sicherstellung nach der Grenzöffnung war ein erst vier (!) Wochen alter Zwergspitz. Hunde aus den europäischen Nachbarländern dürfen erst mit 15 Wochen nach Deutschland gebracht werden. Die Gründe hierfür sind, dass Deutschland tollwutfrei ist und ein Hund erst mit zwölf Wochen gegen Tollwut geimpft werden kann. Nach drei Wochen wird getestet, ob die Impfung angeschlagen hat. Tollwut ist immer tödlich und kann nur am toten Tier diagnostiziert werden. Am besten ist es, zuerst im Tierheim nachzufragen. Wir haben zum Beispiel zwischenzeitlich auch wieder sehr viele Welpen, die nicht auf unserer Homepage zu finden sind, da sie sehr schnell vermittelt werden.
DT: Wie und wo kann man das Münchner Tierheim unterstützen? Judith Brettmeister: Wir freuen uns immer über Unterstützung und Spenden. Auf unserer Website können Sie sich jederzeit über den Tierschutzverein München und das Tierheim informieren. Direkt zur Spendenseite geht es über diesen Link: www.tierschutzverein-muenchen.de/geldspende
DT: Vielen Dank!
Weitere Informationen über das Tierheim München erhalten Sie hier: Tierschutzverein München e.V. Riemer Straße 270 · 81829 München Telefon +49 (0)89 92 10 00 21 www.tierschutzverein-muenchen.de
Hüter der Herde
Interview mit dem Schäfer Klaus Seebürger zum Thema Herdenschutzhunde
FOTOS: JULIA CHRISTE
TEXT: NICOLAS RÖWENSTRUNK
DT: Hallo, Herr Seebürger. Sie sind Schäfer. Besser gesagt: Chef einer großen Schäferei in Niedersachsen. Was ist eigentlich die Aufgabe eines Schäfers? Klaus Seebürger: Unsere Alltagsaufgabe ist es im Prinzip, die Schafe 365 Tage im Jahr satt zu machen. Entweder man steckt die Herde Tag und Nacht in ein gut eingezäuntes Gebiet oder man lässt sie abends auf einer Koppel und hütet sie tagsüber in freiem Gelände. Heutzutage wird sehr viel mit Zäunen gebaut, aber ich habe das noch klassisch gelernt: tagsüber die Schafe ohne künstliche Begrenzung satt zu hüten. Das bedeutet, sie ausgiebig weiden zu lassen, und die Hütehunde passen dabei auf, dass sie nicht dorthin gehen, wo sie nicht hinsollen. Heute werden zum Teil Zäune ohne Ende gebaut mit Plastik und viel Materialschlacht – was nicht unbedingt sehr ökologisch und naturnah ist, wenn Sie mich fragen.
DT: Ist die Schäferei für Sie mehr Beruf oder Berufung? Klaus Seebürger: Ja, wissen Sie, als Schäfer ist man mit Liebe zum Beruf infiziert. Wenn wir alle nicht so extrem schafverliebt wären, würde es sicherlich weit weniger Schäfer geben. Die Arbeit ist hart und die Wertschätzung ist nicht annähernd so gegeben, wie sie sein sollte. Manchmal werde ich nachts von der Polizei angerufen, weil sich jemand beschwert hat, dass die Herdenschutzhunde bellen. Da sage ich zu ihm: Das ist ja deren Job! … Ja, aber doch nicht so laut, können Sie da nichts dagegen machen? … Also, dazu fällt einem manchmal nichts mehr ein.
DT: Sie setzen für Ihre Arbeit Hütehunde und spezielle Herdenschutzhunde ein. Wie sieht so ein Alltag für die Hunde aus? Klaus Seebürger: Ja, mit den Hütehunden gehen wir tagsüber mit den Schafen zum Weiden, die Herdenschutzhunde sind über Nacht aktiv und passen auf die Herde auf.
Aufgabe der Hütehunde ist es, die Herde auf der Fläche zu halten, die für die Beweidung freigegeben ist, und sie von den umliegenden Kulturen abzuhalten. Da steht dann zum Beispiel Getreide und die Schafe sollen das natürlich in Ruhe lassen. Das heißt, die Hütehunde laufen den ganzen Tag die Kulturgrenze ab und passen auf, dass kein Schaf seine Nase ins Getreide steckt und daran nascht. Erstens, weil es ihm selber nicht bekommen würde, aber natürlich auch, um das fremde Eigentum zu schützen.
Die Herdenschutzhunde werden insbesondere gebraucht, um die Herde vor Wölfen zu schützen. Seit der Rückkehr des Wolfes in Deutschland haben wir diese Hunde bei uns im Einsatz. Manche verteidigen die Herde zusätzlich von Angriffen von Raben oder vor menschlicher Bedrohung, wie z. B. Diebstahl von Schafen oder von Technik.
DT: Die Rückkehr des Wolfes in Deutschland hat ja zu einer emotionalen Diskussion geführt. Wie sehen Sie als direkt Betroffener die Situation? Klaus Seebürger: Der Wolf ist ja schön. Aber nicht gut für uns Schäfer. Es ist eine ganz schöne Herausforderung, die Schafe dauerhaft vor dem Wolf zu schützen. Das Beschützen der Herde bedeutet einen hohen Arbeitsaufwand und damit auch eine große finanzielle Belastung. Dass wir die Schafe tagsüber auf freiem Feld hüten, macht die Sache nicht einfacher. Wenn ein Wolf die Herde sieht, sagt er sich: Das ist ja nett hier. Kein Elektrozaun, da nehme ich mir doch mal ein Schaf mit. Da haben wir Schäfer natürlich etwas dagegen. Aber das Problem ist, wir haben keine richtige Möglichkeit, uns zu wehren. Die Herdenschutzhunde machen morgens ihre Siesta hinter dem Zaun oder im Anhänger. Das ist sozusagen ihre Pause von der Nachtwache. Und unsere kleinen Hütehunde können wir nicht in die direkte Konfrontation mit dem Wolf schicken – geschweige denn mit einem ganzen Wolfsrudel. Dagegen haben die kleinen Hunde keine Chance. Unsere großen Herdenschutzhunde können schon was ausrichten gegen den Wolf. Allerdings, wenn man die jetzt aufeinander loslassen würde, gäbe es ein Gefetze und der Hund würde dem Wolf wahrscheinlich kilometerweit hinterherlaufen und in diesem dicht besiedelten Gelände weiß man nie, wo das endet. Es bleibt also eine schwierige Situation für uns.
Es gibt auch noch andere Gefahren als den Wolf, zum Beispiel kann es sein, dass die Herde auch von einem großen Rabenschwarm bedroht wird. Es kommt hin und wieder mal vor, dass sich viele Raben ein kleines Lämmchen vornehmen. Hier müssen die Herdenschutzhunde aufpassen, dass sie nicht von der Übermasse der Vögel müde gespielt werden. Wenn etwas passiert, ist dann oft der Schäfer selbst schuld. Nach dem Motto, ja hätte er mal einen Stall gebaut … Aber so ein Stall kostet einfach Unmengen an Geld und im Verhältnis wurden die Schafe in den vergangenen 40 Jahren immer weniger wert. Das ist schon ein Ungleichgewicht, über das man nachdenken sollte. Schäfer werden oft angesehen wie eine halbvergessene Zunft aus dem letzten Jahrhundert. Aber die Wahrheit ist, dass wir auch Unternehmer sein müssen. Ich würde mir wünschen, dass die Bedürfnisse der Schäfer und der Schafe mehr Gehör finden in einigen Punkten.
DT: Ja, das stimmt sicherlich. Wie viele Hunde haben Sie denn derzeit im Einsatz? Klaus Seebürger: Wir haben so an die 20 Hunde derzeit. Davon sind ca. 17 täglich im Einsatz.
DT: Muss man die Hunde eigentlich speziell erziehen? Gibt es eine Art Ausbildung als Hütehund? Klaus Seebürger: Die Ausbildungszeit, bis man sich wirklich auf den Hund verlassen kann, ist schon lang. Meist zwischen zwei und drei Jahren. Bei uns werden die Hunde ja in einer Wurfbox zwischen den Schafen geboren. Die Welpen können dann ganz in Ruhe in den Stall laufen und sich akklimatisieren. Später kommen sie dann auf unseren sogenannten Hundehügel, wo sie mit den Schafen das Leben draußen teilen. Es gibt jetzt keine richtige Ausbildung in diesem Sinne, aber eine aufwendige Zeit der Sozialisierung. Die Herdenschutzhunde leben dann in der Regel autark. Sie gehören quasi zur Herde, als wäre es ihr Rudel. Also im Idealfall denken die Schafe, der Schutzhund ist einer von ihnen – nur halt mit spitzeren Zähnen. Und der Hund sieht sich als Teil der Schafherde. Jetzt bleibt es dabei natürlich nicht aus, dass es zwischen Hund und Schaf mal zu Kommunikationsschwierigkeiten kommt. Ist ja klar. Das fängt schon mit dem „Mäh“ und dem „Wuff“ an. Und deswegen ist das ein bisschen komplizierter, als es oft dargestellt wird. Die Sozialisierung zwischen den beiden Arten ist schon ein aufwendiger Prozess. Jeder Hund und jedes Schaf lernt ja im Miteinander von den anderen. Wenn jetzt Herde, Hunde und Schäfer 24 Stunden zusammen wären, würde das besser funktionieren. Das ist aber natürlich im Alltag nicht möglich. Da wir nur etwa zehn Stunden aktiv beisammen sind, kann man in der restlichen Zeit ein eventuell ungewünschtes Verhalten nicht direkt vor Ort korrigieren. Also müssen wir immer mal wieder trainieren oder die Hunde mit nach Hause nehmen, um ihnen auch das Zusammenleben mit dem Menschen näherzubringen. Es ist also eine Ausbildung bzw. Weiterbildung beider Seiten, eher im Sinne einer stetigen Sozialisierung.
DT: Gibt es spezielle Rassen, die sich als Herdenschutzhund eignen? Oder ist prinzipiell jeder Hund geeignet? Klaus Seebürger: Es gibt verschiedene Herdenschutzhundrassen. Klar ist es wichtig, dass sie territorial und auch von den Menschen eher unabhängig sind, trotzdem aber auch mit Menschen zurechtkommen und nicht gleich jeden als Angreifer sehen. Die Herausforderung ist ja: Die Hunde sollen autark und Respekt einflößend sein und sich zur Wehr setzen können, aber gleichzeitig sollen sie auch dem Schäfer folgen, wenn er sie ruft. Das ist so eine Balance, die nicht leicht hinzukriegen ist. In osteuropäischen Ländern ist es oft noch üblich, dass Herde, Schäfer und Hunde 24 Stunden zusammenleben. Manche denken, man könne durch Züchtung einen genetisch perfekten Herdenschutzhund schaffen. Da bin ich anderer Meinung. Ich denke, jedes Wesen hat seinen Charakter und letztendlich kommt es auf die Sozialisierung und das Lernen aus dem Zusammenleben an. Das ist ja sogar bei dem Wolf so. Der wird ja auch nicht als Profikiller geboren, sondern erlernt erst im Laufe seiner Jugend, wie das geht mit dem Überleben.
DT: Sind die Hunde auf den Schäfer geeicht oder könnte jeder mit Ihren Hunden Hüten gehen? Klaus Seebürger: Also, da wir mehrere Mitarbeiter haben, ist das jetzt kein Problem, die auch mal zu wechseln. Die Hunde kennen die einzelnen Schäfer gut. Trotzdem hat jeder Hund auch seine Lieblingsperson, mit dem er am liebsten arbeitet. Ein ganz Fremder würde jedoch gar nicht gehen.
DT: Viele Menschen denken ja, dass ein glückliches Hundeleben aus Hundekörbchen, Leckerlis und Kraulen besteht. Ihre Hunde dagegen haben einen richtig harten Arbeitstag mit anspruchsvollen Aufgaben. Würden Sie sagen, Ihre Hunde führen auch oder gerade deshalb ein glückliches Leben? Klaus Seebürger: Ich will mal den Hund beschreiben: Der Hütehund ist tottraurig, wenn er nicht mit auf die Weide darf. Und die Herdenschutzhunde – die müssen ja mal nach einer anstrengenden Arbeitsperiode Pause machen und die verordnen wir ihnen auch – sind auch tottraurig. Der eine weint dann wie ein Wolf, weil er am liebsten wieder rauswill zur Herde. Manche Hunde sind so in ihrer Rolle, die verteidigen ja die Lämmer wie ihre eignen Babys oder liegen bei den kranken Schafen, um sie zu beschützen. Also: Das ist ihr Leben. Ich denke, da kann man schon sagen, dass sie glücklich mit ihrem Leben sind. Natürlich ist das Leben hier draußen schon rauer als im Hundebett in der Stadt. So eine Konfrontation mit dem Wolf ist jetzt auch nicht immer das Angenehmste. Aber trotzdem würde keiner unserer Hunde zu Hause bleiben wollen. Jeder Hund hat Beine, eine Nase und Instinkte. Und die möchte er auch benutzen. Das kann er natürlich perfekt mit den Schafen draußen in der Natur.
DT: Was würden Sie sich von der Öffentlichkeit wünschen? Wie möchten Sie als Schäfer gesehen werden? Klaus Seebürger: Es braucht mehr Aufklärung. Und mehr Verständnis für unsere harte Arbeit für den geringen Lohn, der dann letztendlich dahintersteht. Wissen Sie, wenn das Schaf an sich immer mehr an Wert verliert, dann wird die Herde unternehmerisch oft auch dementsprechend minderwertig geführt. Wir Schäfer vom alten Schlag sind alle leidenschaftliche Arbeiter und Tierliebhaber und haben vor allem eines bei unserer Arbeit: Freude. Aber das Leben und Überleben als Schäfer ist schon ganz schön hart. Und wird einem auch von diversen Seiten unnötig schwergemacht. Da braucht es schon einiges an Selbstmotivation, weiterzumachen. Deswegen gibt es auch immer weniger von uns und der Nachwuchs bleibt aus. Ich selber habe das Glück, einen Sohn und Auszubildende zu haben, die diesen Beruf noch erlernen möchten.
DT: Gibt es eventuell eine besonders lustige oder spannende Geschichte, die Sie über Ihre Hütehunde erzählen können? Klaus Seebürger: Also lustig und schön zugleich anzusehen ist es immer, wenn die Schafe eine extrem enge Bindung zum Hund pflegen. Da spielen die Lämmer schon mal lieber mit dem Hund als mit der eigenen Mama. Wir haben eine ältere Hündin, die erkennen sie gar nicht, wenn sie in der Herde liegt. Weißer Hund, weiße Schafe, die sich absolut vertraut miteinander verhalten und zusammenkuscheln – da muss man schon zweimal hingucken, um zu sehen, wo der Hund abgeblieben ist (lacht).
DT: Klaus Seebürger, vielen Dank für das Interview! Wir wünschen Ihnen alles Gute für die Zukunft und weiterhin viel Freude bei Ihrer außergewöhnlichen Arbeit.
TEXT: SOPHIE STRODTBECK ILLUSTRATION: ANJA MORITZ
Seit Paris Hilton sind sie in Mode gekommen: Klein(st)hunde. Leider wird dabei oft vergessen, dass es sich um ganz normale Hunde mit ganz normalen hündischen Bedürfnissen handelt, eben nur im Miniaturformat, und nicht um modische Accessoires, die den Zweck haben, das Outfit der Halterin etwas aufzupeppen und ihm den letzten Schliff zu geben. Auf der anderen Seite werden sie oft auch von Haltern „normaler Hunde“ nicht ernst genommen und nur milde oder gar abfällig belächelt. Kleine Hunde, die oft mit großen Vorurteilen zu kämpfen haben.
Zugegebenermaßen war auch ich immer der Meinung dass ein Stelzenhamster für mich eher nicht in Frage kommt, bevor Piccolo hier eingezogen ist, ein Chihuahua-Spitz-Mix. Um im Trend zu liegen, könnte man auch sagen: eine neue Designerrasse, ein Spihuahua oder auch ein Chitz. Und auch Piccolo habe ich mir nicht ausgesucht, sondern andersrum – er hat mich zu meinem Glück gezwungen und mir dadurch Einblicke in das wunderbare Leben mit einem Kleinhund ermöglicht. Denn er steht offenbar auf große, blonde Frauen und ist vom ersten Tag an der festen Überzeugung gewesen, mit mir verheiratet zu sein. Seither sind wir ein untrennbares Team, der 3-kg-Zwerg und das 188-cm-Frauchen. Und diese Ehe wird sicherlich mehr Bestand haben als die von Heidi Klum und Seal, nämlich bis dass der Tod uns scheidet (auch wenn ich daran überhaupt nicht denken mag!).
BEGLEIT- UND GESELLSCHAFTSHUND
Der Begriff Begleithund kennzeichnet entweder Hunde, die die Begleithundeprüfung abgelegt haben, oder Hunde, deren vordergründige Aufgabe die Begleitung des Halters ist. Diese Hunde werden in der FCI-Systematik in der Gruppe 9 als Begleit- und Gesellschaftshunde zusammengefasst. Entgegen den vielen Vorurteilen gibt es auch Hunde, die beides sind: Hunde der FCI-Gruppe 9, die trotzdem eine Begleithundeprüfung gemacht haben. Von Piccolos Begleithundeprüfung im Schäferhundeverein und den Vorurteilen, mit denen wir dort zu kämpfen hatten, wurde in der Wuff bereits an anderer Stelle berichtet (Expeditionen in HundeParalleluniversen).
Wenn man sich die FCI-Gruppe 9 näher anschaut, findet man dort Rassen wie Chihuahua, Papillon, Bichon Frisé, Cavalier King Charles Spaniel, Chinesischer Schopfhund, Pudel, Japan Chin und einige andere mehr. Man findet in dieser Gruppe aber keine anderen kleinen Hunde wie etwa den Dackel, den Zwergpinscher oder auch den Jack Russell Terrier und andere Klein-Terrier wie West Highland White, Yorkshire oder gar Jagdterrier. Diese Rassen wurden nie als reine Begleit- oder Gesellschaftshunde gehalten, sondern waren immer schon berufstätig, nämlich als Jagdhunde. Und um sich mit einer im Zweifelsfall fast gleichgroßen Ratte oder einem Fuchs oder gar Dachs im Bau anzulegen, bedarf es einer Menge Mut und eines gewissen Größenwahns! Andere, wie z. B. der Zwergspitz waren Wachhunde und zeichnen sich bis heute durch extreme Wachsamkeit und Bellfreudigkeit aus. Auch die französische Bulldogge wurde als Wachhund eingesetzt und – wenn man sich z. T. heutige qualgezüchtete Vertreter anschaut, unvorstellbar! – auch als Jagdhund. Nicht jeder Winzling ist also pflegeleicht und unkompliziert, nur weil er ein Stockmaß von unter 35 cm hat! Bei diesen Hunden ist es umso tragischer, wenn sie als „netter kleiner Hund“ angeschafft werden und dann ein Leben als verkannter und, oftmals in falschen Händen, problembehafteter Stofftierersatz fristen müssen. Denn das haben sie nicht verdient. Das hat kein Hund verdient!
Aber zurück zu den eigentlichen Gesellschaftshunden: In der Regel sind das Hunde, die sich gerne, einfach und schnell an „ihre Menschen“ binden, denn darauf wurden sie selektiert. In richtigen Händen und mit der richtigen Erziehung, die natürlich für Kleinhunde mindestens genauso wichtig ist wie für die großen Artgenossen, sind es oft sehr leicht händelbare Hunde. Die meisten Probleme mit Hunden wären wohl sowieso vermeidbar, wenn sich die Menschen vor der Anschaffung des Hundes mehr Gedanken machen und sich mehr mit der Rasse und ihrer ursprünglichen Verwendung auseinandersetzen würden. Nur zu oft wird aber der Gesellschaftshund erst gar nicht in Betracht gezogen, weil er eben unter seinem „SchoßhundRuf“ leidet. Leider macht ein Bichon Frisé für viele nicht so viel her wie ein Kangal (erst vor kurzem habe ich von einem mich und meinen Zwerg belächelnden Kangal-Halter gehört: „Klar weiß ich, was ich da an der Leine habe, aber ich habe ja auch ein Haus und einen Garten.“ Auf weitere Nachfrage stellte sich heraus, dass es um ein Reihenmittelhaus mit 150 qm Garten handelt, und ein altdeutscher Tiger sieht sicherlich für viele interessanter aus als ein Pudel. Aber wenn man sich manches(!) Mensch-HundGespann anschaut, dann drängt sich doch die Frage auf, ob hier nicht ein reiner Begleithund besser geeignet wäre als das absolute Arbeitstier.
DIE ERZIEHUNG
Das heißt aber im Umkehrschluss natürlich nicht, dass Kleinhunde anspruchslos sind! Kleine Hunde stellen sogar große Ansprüche an ihren Halter, was Führungskompetenz angeht. Ein kleiner Hund fühlt sich schnell bedroht, wird aber auf der anderen Seite von vielen Menschen ungefragt angefasst und gestreichelt, weil er ja nicht so gefährlich ist, wie ein großer. Da ist der Halter gefragt, seinem Hund die nötige Sicherheit zu bieten, damit dieser es nicht nötig hat, zuzubeißen. Auch mit anderen großen Hunden kommt es oft zu Problemen, denn ein Bernhardiner und ein Chihuahua machen sicherlich nichts untereinander aus! Bereits ein Spiel kann für so einen Zwerg gefährlich werden – aber natürlich sollte man auch Kleinhunden Kontakt mit anderen, auch größeren Hunden erlauben. Außerdem werden Warnsignale von kleinen Hun-den von großen Hunden oft nicht ernst genommen, was zur unnötigen Eskalation führt. Meine Erfahrung ist auch, dass viele kleine Hunde eine sehr niedrige Reizschwelle haben, sprich: schon beim kleinsten Auslöser hysterisch werden – vor allem, wenn sie nicht gelernt haben, wie man sich richtig verhält. Das mag aber auch daran liegen, dass ein kleiner Hund natürlich nicht die Beißkraft eines großen hat, deshalb selten richtig gefährlich wird, und man darum diese Kriterien bei der Zucht vernachlässigt hat.
MIT VOLLGAS VORRAUS: ZWEI VON SOPHIES MINIS AUF ENTDECKUNGSTOUR
vermeintlichen Ungefährlichkeit, zum anderen sicherlich auch, weil man einen tobenden Kleinhund an der Leine in der Regel trotzdem noch ganz gut händeln kann – den Stress, den der Hund dabei hat, sehen viele gar nicht. Außerdem wird man in solchen Situationen mit einem kleinen Hund maximal ausgelacht, mit einem großen bekommt man sofort Probleme mit dem nicht Hunde haltenden Teil der Bevölkerung, und Passanten wechseln die Straßenseite. Ich kenne beides, weil ich ja Hunde in allen möglichen und unmöglichen Größen habe. Wenn ich mal nur mit dem Zwerg unterwegs bin, ist das Leben vergleichsweise einfach. Ich habe oft das Gefühl, dass der kleine Hund die Herzen öffnet, und auch Menschen, für die bereits ein Beagle eine Zumutung ist (okay, der Wahrheitsgehalt dieser Aussage ist ein anderes Thema), lächeln den Zwerg oft an und man fühlt sich nicht sofort diskriminiert, weil man sich mit einem Hund in die Öffentlichkeit wagt. Als ich Piccolo einmal mit auf einer Vortragstour dabeihatte, hatte ich sogar das Gefühl, dass die missmutigen Menschen, die im Berufsverkehr in der Kälte auf ihre verspäteten Züge warteten, sich eines Lächelns kaum erwehren konnten, als ich mit meinem Koffer, auf dem Piccolo thronte, vorbeikam. Es kam mir vor, als würde durch Piccolo die Welt von einem Schwarzweiß- in einen Farbfilm umgewandelt werden. Den Eindruck hatte ich noch nie, wenn ich mit der Großen oder gar mit allen Vieren unterwegs bin.
Nichtsdestotrotz führen Kleinhunde die Beißstatistiken an, z. B. auch in der Untersuchung von James Serpell tummeln sich Dackel und Chihuahua auf den vorderen Plätzen, was Angriffe auf Fremde, den eigenen Besitzer und andere Hunde angeht. Um das zu verhindern, ist der Besuch einer Hundeschule schon von Beginn an unerlässlich. Denn bereits hier muss der Zwerghund lernen, mit Hunden aller Größen zurechtzukommen. Dasselbe gilt natürlich für die größeren Kaliber, die andersrum genauso den Umgang mit Winzlingen lernen müssen. Darum ist auch von Hundeschulen abzuraten, die ihre Gruppen strikt nach Größen trennen, aber es sollte natürlich immer gewährleistet sein, dass genug kompetente Trainer vor Ort sind, die notfalls regulierend eingreifen können. Größere Hunde, die den Umgang nicht gelernt haben, können zur Gefahr für die Kleinen werden, weil diese unter Umständen bei schnellem Vorbeisausen das Beutefangverhalten auslösen. Das hat schon einige Kleinhunde das Leben gekostet, ohne dass von Seiten des Großen echte Aggression im Spiel war. In einer guten Hundeschule bekommt auch der Besitzer vermittelt, wann er eingreifen muss, um seinem Hund zu schützen.
An dieser Stelle ist auch mal ein Plädoyer für die Winzlinge und ihre Besitzer nötig: Wie schon weiter oben beschrieben, ist es die Pflicht eines Hundehalters (und zwar jeder Größe!), für seinen Hund einzustehen und ihm Sicherheit zu geben. Und wenn ich mich gegen einen aufdringlichen „Der tut nix, der will nur spielen“-Labbi nicht wehren kann, nehme ich meinen Zwerg zur Not auch mal hoch, um zu verhindern, dass er selber versucht, sich zu wehren oder plattgehopst wird. Denn Piccolo ist es egal, ob Labbi nur spielen will, wenn er dabei penetrant wird. 30 kg, die 3 kg besteigen wollen, müssen nicht sein! Und nein, ich habe keine Lust, mir deswegen immer wieder anhören zu müssen, dass ich mich dann ja nicht wundern muss, dass mein Hund so ist, wie er ist – denn ich möchte nicht wissen, wie er wäre, wenn man ihn solchen Situationen aussetzt, ohne einzugreifen! Denn dann würde er sicherlich zum hysterischen Kleinhund werden. Durch diese Maßnahmen habe ich aber zum Glück einen Hund, der zu mir kommt, wenn es ihm zu viel wird, der aber auf der anderen Seite auch mit Doggen spielt, wenn diese wissen, wie man sich Kleinen gegenüber zu verhalten hat.
Und auch sonst ist Piccolo ein ganz normaler Hund: Er hat vier Beine zum Laufen, zwei davon, um in Mauselöchern zu buddeln, eine Nase für Fährten, ein großes kleines Hirn für verschiedene Tricks, die ihm sehr viel Spaß machen, und Ohren zum Hören. Ja, man staune! Sehr oft höre ich nämlich ganz verwundert „der hört ja“, wenn ich ihn rufe und er angesaust kommt. Dann grinse ich nur in mich rein und frage mich, warum fast jeder davon ausgeht, dass ein kleiner Hund nicht folgt.
DER ZWERG ALS TREND
Piccolo ist nicht nur ein ganz normaler Hund, er darf auch ein Leben als solcher führen. Und das ist ein Privileg, das viel zu wenige der Winzlinge genießen dürfen. Nur zu oft sieht man sie in Täschchen sitzen, die farblich zum Outfit der Halterin passen. Manchmal sieht man sie auch nicht, weil sie in verschiedenen modischen Mäntelchen so zum Püppchen degradiert wurden, dass nicht mehr viel an einen Hund erinnert. Sie fristen ein Leben als reines Statussymbol, und haben nicht mehr Rechte als andere Nutztiere. Beim Anblick solcher Exemplare fällt es zugegebenermaßen auch mir schwer, darin den Caniden zu sehen, der vom Wolf abstammt, und mir blutet das Herz, weil man diesen Hunden alles nimmt, was einen Hund ausmacht – sogar das Laufen. Und das, obwohl im Tierschutzgesetz ganz klar verankert ist, dass man ein Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend halten muss.
Dank Paris Hilton und anderen ähnlich gestrickten Ladys mutieren diese Kleinhunde immer mehr zu modischen Accessoires. Es drängt sich das Gefühl auf, dass man sich in gewissen Kreisen ohne Chi auf dem Arm gar nicht mehr blicken lassen kann, auf fast jedem Foto in diversen Lifestyle-Magazinen springen sie einem
entgegen. Menschen, die sich noch nie mit dem Verhalten und den Bedürfnissen von Hunden auseinandergesetzt haben, wollen nun auch so einen, weil es „in“ ist. Dadurch werden nicht nur Vermehrer von Zwergen unterstützt, das führt auch dazu, dass diese Hunde immer noch kleiner werden. Von fast jeder der (sowieso schon) kleinen Rasse gibt es nun Toy- oder Teacup-Varianten, die z. T. gar nicht mehr lebensfähig sind. Für einen gesunden Chihuahua von mehr als 3 kg besteht kein Bedarf mehr, dafür akzeptiert die FCI grauenvollerweise Chihuahuas ab 500 Gramm.
GESUNDHEITLICHE PROBLEME
Die massiven gesundheitlichen Probleme, die diese Größe oder besser Nichtgröße nach sich zieht, lassen diese kleinen und ursprünglich robusten Hunde zu reinen Qualzuchten mutieren. Kaum eine der Toy-Rassen ist noch in der Lage, Welpen auf natürlichem Wege zu gebären, meist ist ein Kaiserschnitt notwendig. Die Geburtsschwierigkeiten ergeben sich oft dadurch, dass kleine Rassen zum einen kleinere Würfe mit entsprechend größeren Welpen haben, zum anderen, dass sich der Beckendurchmesser mit sinkendem Erwachsenengewicht stärker verringert als der Durchmesser des Welpenkopfes. Dazu kommen verhältnismäßig große Köpfe bei diesen Zwergrassen, weil das Gehirn eben nicht beliebig klein gezüchtet werden kann. Außerdem soll dieses übertriebene Kindchenschema angeblich besonders ansprechend sein, was ich nicht nachvollziehen kann. Aber nicht nur das Gehirn, auch andere Organe wie Magen, Darm, Lunge, Leber, Nieren und Herz sind beim Zwerghund relativ gesehen größer als beim großen Hund. Der daraus resultierende größere Gewichtsanteil der inneren Organe hat logischerweise einen geringeren Anteil von Muskel- und Knochenmasse zur Folge, aus dem wiederum eine höhere Frakturanfälligkeit resultiert. Aber auch unter anderen Erkrankungen haben diese Extremzwerge häufig zu leiden: Sie sind im Vergleich zu den größeren Artgenossen wesentlich häufiger von einer Patellaluxation, also einer lockeren Kniescheibe, betroffen. Bereits Tiere mit einem Gewicht von unter 8 kg haben ein doppelt so hohes Risiko dafür wie schwerere, bei einem Gewicht von unter 5 kg tritt die Patellaluxation sogar 2,6-mal häufiger auf. Auch ein Trachealkollaps, also ein Zusammenfallen der Luftröhre, der eine erschwerte Atmung und im schlimmsten Fall Atemnot zur Folge hat, ist ein typischer Defekt bei Zwergrassen. Ein weiteres typisches Problem von Zwergrassen ist der Hydrocephalus, der Wasserkopf, dessen Auftreten umgekehrt proportional zur Körpergröße ist.
KLEINES GEN MIT GROSSER WIRKUNG
Keine andere Säugetierart zeigt eine so umfangreiche Größenbandbreite wie der Hund. Man muss sich nur mal eine Dogge neben einem Chihuahua anschauen. Und dafür, dass dieser Chihuahua handtaschenkompatibel ist, ist vermutlich nur ein einziges Gen auf Chromosom 15 verantwortlich, eine bestimmte Variante des sogenannten IGF1-Gens. IGF steht für Insulin Like Growth Factor 1, das ein Wachstumsfaktor ist, also ein Hormon, das wachstumsfördernd wirkt. Man weiß, dass dieses Gen auch für die Körpergröße von Menschen oder von Mäusen zuständig ist. Neben diesem Gen liegt bei bei kleinen Hunden eine Art „Wachstumsbremse“, ein bestimmter DNA-Abschnitt, der dafür sorgt, dass das IGF1-Gen weniger von den wachstumsfördernden Hormonen produziert. Kleine Hunde haben also quasi einen eingebauten Wachstumsstopp. Große Hunde haben zwar auch das IGF1-Gen, aber eben nicht die dazugehörige Wachstumsbremse. Es ist also die Kombination aus Gen und regulatorischer DNA (= Bremse), die entscheidend für die Größe oder Nichtgröße eines Hundes ist.
FAZIT
Kleine Hunde sind toll, solange sie Hunde sind bzw. sein dürfen und nicht zu klein sind. Das Leben mit einem Zwerg macht viel Spaß und ist in vielen Punkten einfacher als das mit einem großen Hund, weil er in der Gesellschaft oft besser akzeptiert wird, man ihn problemloser zum Beispiel in ein Restaurant (es ist nun mal aus rein praktischen Gesichtspunkten ein Unterschied, ob eine Bordeauxdogge oder ein Malteser unterm Tisch liegt!) oder auf eine Bahnreise mitnehmen kann und weil viele dieser Gesellschaftshunde, wenn man ihre Bedürfnisse respektiert, unkomplizierte Begleiter im Alltag sind. Man sollte aber unbedingt darauf achten, dass sie eine gewisse Mindestgröße haben und keine Kriterien für Qualzuchten erfüllen. Und man sollte als Besitzer über blöden Anspielungen von Haltern „echter Hunde“ stehen – mein Spruch in solchen Fällen: „Der ist nicht klein, das ist ein Konzentrat!“
Mein Name ist Sophie Strodtbeck, Jahrgang 1975, ich habe Tiermedizin an der LMU in München studiert. Berufserfahrung habe ich in verschiedenen Großtier- und Gemischtpraxen im schönen Ostallgäu und im Großraum München gesammelt. Von der Maus über den Hund bis zum Allgäuer Braunvieh, meinen Lieblingspatienten, habe ich dort fast alle Tierarten behandelt und viele Erfahrungen sammeln können. 2010 kehrte ich der Praxis den Rücken und machte mein Hobby „Hund“ zum Mittelpunkt meines beruflichen Lebens. Seither arbeite ich als Autorin, Dozentin und Fotografin und berate Hundehalter in Verhaltensfragen.
Die Strodtbeck-Meute besteht derzeit aus vier eigenen Hunden, dem Beagle-Rüden Herr Meier, dem Chihuahua-Mix-Rüden Piccolo, der Chihuahua-Hündin Piranha und der Beagle/Yorkie-Mix-Hündin Rita-Line. Wir leben im Steigerwald in Franken, wo wir auch regelmäßig Seminare veranstalten.