154 Magazin für Glamour und Diskurs. MONATLICH. VERLAGSPOSTAMT 1040 WIEN, P.B.B. GZ 05Z036212 M, Nº 154, DEZEMBER 2015
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154 Magazin für Glamour und Diskurs. MONATLICH. VERLAGSPOSTAMT 1040 WIEN, P.B.B. GZ 05Z036212 M, Nº 154, DEZEMBER 2015
PICTURE THE POPSONG 233 Einreichungen. 3 Gewinner. 1 Cover. — Seite 44 Nikon The Gap Cover Fin.indd 1
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Leitartikel von Thomas Weber.
Geld stinkt eben doch Künstler wie Kulturinitiativen sollten auf das Geld von Crack-Dealern verzichten – und sich stattdessen Klein- und Mittelbetriebe als Verbündete suchen.
och hat sich niemand die Mühe gemacht. Aber es wird schwer sein, unter namhaften und ernstzunehmenden Künstlerinnen und Künstlern solche zu finden, die das mittlerweile weit verbreitete »Engagement« der Glücksspielindustrie im Kultursponsoring gutheißen. Zumindest dann nicht, wenn man die Damen und Herren persönlich befragt, im Schutze der Anonymität und abseits der offenkundigen Abhängigkeiten von ihren Auftraggebern, der die allermeisten sich im vorauseilenden Gehorsam gegenüber den bitter benötigten Kulturgroschen ergeben. Wo doch selbst diejenigen, die das Geld direkt entgegennehmen – die Theaterintendanten, Festivaldirektorinnen und Repräsentanten der Kulturinstitutionen – sich im persönlichen Gespräch deshalb mitunter vor sich selbst ekeln. Geld stinkt manchmal eben doch. Und es ist ein schmutziges Geschäft; nicht nur das Glücksspiel, dessen Profit und Geschäftsmodell unleugbar auf dem Leid gescheiterter Existenzen und Suchtkranker basiert. Nein, auch die Kultur, die sich mit dieser Praxis gemein macht, riecht seltsam faul. Viele Theatermacher, urteilte der Kulturkritiker Thomas Trenkler unlängst im Kurier, sind mittlerweile käuflich: Sie nehmen ohne Genierer das Geld von schlecht angeschriebenen Firmen, die sich über das Kultursponsoring »einen Imagetransfer« erwarten. Der Glanz der subventionierten Theater soll auf diese Unternehmen und deren Besitzer, die auf Kosten der verarmten Spieler zu den reichsten Österreichern wurden, abfärben. Und nun machen sich manche auch mit Glock gemein. Durch den Umstand, dass der Waffenhersteller Gaston Glock mit Sitz im niederösterreichischen Deutsch-Wagram erstmals die
also umgehen mit diesem existenziellen Dilemma? Kulturinitiativen, aber auch Künstlerinnen und Künstler, die weder betteln noch im eben geschilderten Sinne anschaffen gehen möchten, haben mittelfristig wohl einzig die Chance, sich kleinere und mittlere Betriebe als Verbündete zu suchen. Was das konkret bedeutet und wie das genau aussehen könnte, das ist – leider, daran haben wir uns alle zu gewöhnen! – jedes einzelne Mal neu auszuverhandeln. Womöglich muss manch ein Kulturmensch dabei erstmals über seinen Schatten springen, die eigenen Bedürfnisse gedanklich aus dem Fokus drängen und jene der Sponsoren durchdenken. Mit einem lausigen Transparent auf der Bühne oder einem Logo auf der Website allein wird es künftig jedenfalls immer weniger getan sein. Denn: Erst wenn solche Bündnisse auch aufrichtig kommuniziert werden, können sie vom Publikum geachtet und als Empfehlung in beiderlei Richtungen verstanden und interpretiert werden. Wie man auch uns Kulturkonsumenten dabei als klare Verbündete gewinnen könnte? Nun, noch hat sich niemand die Mühe gemacht. Aber eine Art Kultur-Gütesiegel würde zumindest ich als mündiger Kulturmensch ganz klar gutheißen: Kein Geld von Glücksspielkonzernen. Da reicht dann vielleicht sogar ein Logo. Bild Michael Winkelmann
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Gala zur Verleihung des österreichischen Musiktheaterpreises im Wiener Ronacher mitfinanzierte, sieht Trenkler die Glaubwürdigkeit der gesamten Theaterlandschaft gefährdet, die Institution des Theaters als ethisch-hygienische Instanz. Kann aber Theater Krieg noch glaubwürdig infrage stellen, wenn sich die Künstler auf Kosten eines Waffenfabrikanten amüsieren?, fragt sich Trenkler. Sein Schluss: Das Gejammere wird groß sein, wenn der Steuerzahler nicht mehr bereit ist, ein derart verlogenes Getue zu finanzieren. Mag der Gedanke vom Theater als moralische Anstalt so tot sein wie Friedrich Schiller. Mag der Waffenfabrikant Gaston Glock dank der zahllosen Erwähnungen seiner Pistolen im HipHop und in RapLyrics der vielleicht wichtigste zeitgenössische Kulturexporteur des Landes sein. Mag die Hoffnung, der Steuerzahler könnte unliebsame Kulturpolitik aburteilen, eine romantische bleiben. Faktum ist: Nicht jedes Unternehmen, das hierzulande Steuern zahlt, übt ein ehrbares Gewerbe aus. Nicht jeden Konzern, der Kunst ermöglicht, muss und sollte man als Publikum akzeptieren – schon gar nicht als Kulturschaffender. Zwar ist der Einwand, dass gerade die Kultur jeden Cent brauche, klarerweise berechtigt. Wenn es diese allerdings nicht schafft, darauf zu achten, woher die von ihr zu kulturellen Produkten ver(mehr-) werteten Mittel stammen, dann hat sie jegliche ethische Urteilskraft und damit letztlich ihre Existenzberechtigung verwirkt. Mit einem Plus an öffentlichen Förderungen ist in den kommenden Jahren allerdings eher nicht zu rechnen. Zudem verlagern gerade die größeren, sich staatstragend gebenden Konzerne ihre Wohltätigkeitsaktivitäten mittlerweile oft weg von der Kultur hin zu den Bereichen Soziales und Nachhaltigkeit. Stichwort: Corporate Social Responsibility (CSR). Wie
Thomas Weber Herausgeber weber@thegap.at @th_weber
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Krampus »Österreich ist ein katholisches Land, es funktioniert über Traumatisierung«, meinte Christoph Waltz in der größten US-Night-Late-Show. Schon davor war man über dem Teich vom Krampus fasziniert. Anlässich eines Creature Feature machen wir uns Gedanken über die schwierige Geschichte des Brauchs und seine Relevanz heute.
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Magazin KRAMPUS 014 —— In den letzten fünf Jahren gab es eine Schwemme an trashigen Krampus-Horrorfilmen in den USA. Eine erstmals ernst zu nehmende Verfilmung gibt uns den Anlass, auf Nikolaus Helfers Spuren zu wandeln. Golden Frame: Olafur Eliasson 020 —— Er leuchtet das Winterpalais mit monochronem, gelbem Licht aus. Das verändert nicht nur unsere Wahrnehmung. The Revenant 022 —— Der Film rühmt sich nur mit natürlichem Licht gedreht worden zu sein. Über hochkomplexe FilmSequenzen und ein Interview mit Kamerafrau Leena Koppe. Les Revenants 024 —— Die französische Serie belebt Berge als Schauplatz unheimlicher Kräfte. Das sollte öfter so sein. Fallout 4 026 —— Das Design der Autos, Gebäude und Kühlschränke lehnt sich an die 50er an, als die Zukunft noch strahlend war. Aber auch in der Postapokalypse keimt Hoffnung auf. Häusl-literatur 028 —— Am Klo wird anders gepostet als im Internet. Während eine Autorin eine Art Literatur darin sieht, macht sich ein Graffiti-Forscher Sorgen um deren Zukunft. Elektronik in Österreich 032 —— Christian Lakatos kennt die heimische Bass-Szene wie kein Zweiter. Ein Interview über alte Partner und neue Pläne.
Gender Pay Gap 034 —— Jennifer Lawrence war ziemlich pissed, als sie rausfand, dass ihre männlichen Kollegen mehr verdienen als sie. Wir haben Josef Hader und Sabrina Reiter zu Gleichbezahlung und Gleichbehandlung befragt. GegenwartsKunst und Manierismus 036 —— Was taugt Manierismus für die Gegenwartskunst? Wir waren beim Performance-Parcours der Bildenenden. COSPLAY 038 —— Die 501st Austrian Garrison hat über 8.000 Mitglieder und schaut drauf, dass bei Cosplay-Events nur ein Darth Vader auftritt. Ein Interview. Kulturhauptstadt Breslau 040 —— Polen ist kein einfaches Pflaster. Dort lassen sich mit angeblichen Sexszenen auf der Bühne immer noch Skandale auslösen. Ausgerechnet da wird Breslau wird europäische Kulturhauptstadt 2016. Konzertposter 042 —— Sie werden zwar immer nur eine Nischen besetzen, aber Konzertposter setzen die Musik ihrer Idole auf ganz eigene Weise in visuelle Glanzsstücke um.
der Online-Shop
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»The Revenant« Es gibt ja gute Gründe, einen Film nicht bei natürlichem Licht zu drehen. Das Wetter spielt nicht mit, es ist zu hell, zu dunkel, zu früh, zu spät und nicht nur der Zeitplan kommt völlig durcheinander, sondern es kann auch richtig viel Geld kosten. Alejandro Iñárritu hat das alles nicht gekümmert. Über schwierige, komplexe und absurd anspruchsvolle Kameraarbeit.
022 Rubriken Leitartikel 003 Inhalt 004 Editorial 006 006 Porträts / Impressum Fondue 007 Unbezahlter Anzeiger 009 Splitter 010 Workstation: Chloe Thomas und Matthias Koslik 046 Prosa: Maria Hofer 050 Reviews 053 Termine 058
Bild der Ausgabe Manchmal steht die Redaktion an, wenn die Fotos mal nicht in der Qualität anrollen, in der man sich das wünschen würde. Was sind wir froh, dass unsere Art-Direktion in der hohen Schule der Kalligrafie geschult ist. Echtes Edding-Bling.
Kolumnen Dance Yrself Clean Know-Nothing-Gesellschaft
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I Will Survive — Mit ein bisschen Kulanz könnte man sogar die Coverstory über den Krampus unter dieses Thema stellen, das des Überlebens. Viele Blockbuster und Serien verarbeiten gerade dieses Motiv – allein, gestrandet, im kleinen Team, auf sich selbst gestellt, auf die eigene Menschlichkeit und ein paar wenige Hilfsmittel. In »The Revenant« muss ein Felljäger schwer verletzt mit Bären ringen und seinen Weg zurück in die Zivilisation erkämpfen (S.22), in »Les Revenants« werden einsam Überlebende von den Geistern der Vergangenheit gequält (S.24) und in »Fallout 4« keimt mitten in der atomaren Post-Apokalype ein wenig Hoffnung auf. Klar, auch früher gab es diese Robinsonaden. Tom Hanks auf der Insel, Tom Hanks am Flughafen, Tom Hanks in der Mondrakete. Die Häufung dieses Themas ist nach der Finanzkrise doch erstaunlich. Sei das nun in »Interstellar«, »Life Of Pi«, »The Martian«, »The Walking Dead«, »The Road«, oder eben ganz aktuellen Produktionen. Damit die Winterausgabe aber nicht zu düster wird, gibt da draußen noch eine bunte Welt mit Lichtinstallationen (S.20), einem neuen Bass-Music-Festival (S.32) oder neuen Kulturhauptstädten (S.40). Weil Überleben natürlich nicht alles sein kann. Stefan Niederwieser niederwieser@thegap.at @the_gap
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Marlene Mautner
Reiner Kapeller
Besser als Karton — Fotos können auch mal täuschen, darüber ist sich Marlene als Fotografin wohl bewusst und schickte uns das obige Porträt, auf dem sie wie eine toughe Kriminologin aus einer amerikanischen Fernsehserie aussieht. Im echten Leben wirkt sie eher wie die liebenswert verrückte Luna Lovegood aus »Harry Potter«, was nicht zuletzt daran liegt, dass sie Dinge sagt wie: »Wenn ich ein Ding wäre, wäre ich eine irisierende Geschenkfolie aus Zellophan. Ich könnte mir mich aber auch gut als Karton vorstellen.« Außerdem hat Marlene, die ein halbes Jahr in Island zugebracht hat, dort solange in die Sonne gestarrt, bis diese sich in ein schwarzes Loch verwandelte. Daraufhin ließ sie sich das Wort »Sonne« auf Isländisch in Morsecode auf den Finger tätowieren, weil … wenn wir das nur wüssten. Doch Marlene gibt uns nicht nur unzählige Rätsel auf, sondern schießt auch großartige Fotos, die es in unserer Workstation zu bestaunen gibt. Das schätzen wir umso mehr, als sie ihr Cello verkauft hat, um sich ihre erste Kamera zu leisten. Verrückt.
No Borders — Wenn man Reiner Kapeller danach fragt, was man vielleicht nicht über ihn weiß, merkt man, dass er schon lange schreibt. Für The Gap schon seit 2007. Fast gleich lang auf seinem Blog Denkfabrikat. Da heißt es dann etwa, dass er bei einem Kurs seine Leseleistung um den Faktor 3,23 gesteigert hat. Dass er Bücher prinzipiell nur am Flohmarkt kauft. Dass er Apple-Fan ist, aber einsieht, dass die Liebe zu einer Firma seltsam ist. Oder dass er Snapchat großartig findet, weil sich im Idealfall niemand mehr den ganzen Müll ansehen muss. Für The Gap schreibt er viel über Games und nicht mehr so viel über Musik wie früher – was erstaunlich ist, wenn man bedenkt, dass er mit Kendrick, Koze, Kurt Vile, Kanye und King Crimson alle fünf K-Himmelsrichtungen abdeckt, die auch bei The Gap ganz oben stehen. Sein Brot und sein Börek verdient er mittlerweile als Texter und Redakteur bei Union Wagner. Aufgewachsen ist er mit dem harten Zeug von RATM und Tool, wohl um den Schädel freizubekommen, nachdem er reichen Engländern und Russen in Vorarlberg Skiunterricht gegeben hatte. In Wien hat er dann immerhin drei Ausstellungen und einige Technopartys organisiert, aber dann irgendwann auf Fussball umgesattelt. Beim BK No Borders 11. Was auch ganz gut seine Lebenseinstellung beschreibt.
TEXT Amira Ben Saoud BILD Marcella Ruiz Cruz
TEXT Stefan Niederwieser BILD Privat
Impressum
HERAUSgeber Thomas Weber chefredakteur Stefan Niederwieser Stv.Chefredakteurin Amira Ben Saoud Redaktion Ranya Abd El Shafy, Benjamin Agostini, Sandra Bernhofer, Manuel Bovio, Ivo Brodnik, Johannes Busching, Ann Cotten, Juliane Fischer, Manuel Fronhofer, Daniel Garcia, Manfred Gram, Philipp Grüll, Julia Gschmeidler, Andreas Hagenauer, Teresa Havlicek, Jan Hestmann, Magdalena Hiller, Christoph Hofer, Peter Hoffmann, Michael Huber, Reiner Kapeller, Sophie Kattner, Markus Keuschnigg, Stefan Kluger, Michaela Knapp, Markus Köhle, Christian Köllerer, Alexander Kords, Christoph Kranebitter, Rainer Krispel, Michael Bela Kurz, Philipp L’Heritier, Franz Lichtenegger, Davi Maurer, Martin Mühl, Christiane Murer, Nuri Nurbachsch, Dominik Oswald, Johannes Piller, Stefanie Platzgummer, Christoph Prenner, Teresa Reiter, Werner Reiter, Kevin Reiterer, Martin Riedl, Tobias Riedl, Sonja Riegler, Gabriel Roland, Georg Russegger, Stefan Schallert, Peter Schernhuber, Nicole Schöndorfer, Werner Schröttner, Tanja Schuster, Katja Schwemmers, Katharina Seidler, Wolfgang Smejkal, Lisa Stadler, Johanna Stögmüller, Sophie Strohmeier, Peter Stuiber, Werner Sturmberger, Denise Helene Sumi, Yasmin Szaraniec, Franziska Tschinderle, Erwin Uhrmann, Jonas Vogt, Luise Wolf, Maximilian Zeller, Martin Zellhofer PRAKTIKUM Christoph Jelinek, Steven Meyer, Sarah Nägele termine Manuel Fronhofer, Stefan Niederwieser AUTOREN Georg Cracked, Michaela Knapp, Michael Lanner, Moriz Piffl-Percevic, Jürgen Wallner, Martin G. Wanko fotografie Florian Auer, Lukas Beck, Stephan Doleschal, Andreas Jakwerth, Marco Leimer, Marlene Mautner, Ingo Pertramer, Kurt Prinz, Karin Wasner Illbilly-illustration Jakob Kirchmayr COVER Tribp (Flickr, CC) ART DIRECTION Sig Ganhoer DESIGN Elisabeth Els, Manuel Fronhofer, Erli Grünzweil, Katharina Kvasnicka Lektorat Wolfgang Smejkal, Adalbert Gratzer web Super-Fi, m-otion anzeigen Herwig Bauer, Thomas Heher, Micky Klemsch, Martin Mühl, Thomas Weber (Leitung) Distribution Martin Mühl druck Ferdinand Berger & Söhne GmbH, Pulverturmgasse 3, 1090 Wien geschäftsFÜHRung Martin Mühl PRODuktion & MedieninhabERin Monopol GmbH, Wohllebengasse 16/6, 1040 Wien kontakt The Gap c/o Monopol GmbH, Wohllebengasse 16/6, 1040 Wien; Tel. +43 (1) 20 57 06; wien@thegap.at, www.thegap.at, www. monopol.at, office@thegap.at bankverbindung Monopol GmbH, easybank, IBAN AT77 14200 20010710457, BIC EASYATW1 abonnement 10 Ausgaben; Inland EUR 15, Europa EUR 35, Rest der Welt EUR 42 HEFTPREIS EUR 2 erscheinungsweise 8 Ausgaben pro Jahr; Erscheinungsort Wien; Verlagspostamt 1040 Wien Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder. Für den Inhalt von Inseraten haftet ausschließlich der Inserent. Für unaufgefordert zugesandtes Bild- und Textmaterial wird keine Haftung übernommen. Jegliche Reproduktion nur mit schriftlicher Genehmigung der Geschäftsführung.
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ADORE LIFE
Spähaugen und Schnappschützen aufgepasst: The Gap freut sich immer über bemerkenswerte Momentaufnahmen, optische Querschläger und belichtete Kuriositäten. Einsendungen an fondue@thegap.at
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Wer zu den feurigen Strauß-Walzern heftig das Tanzbein schwingt, dem mögen anschließend schon mal die »Knallkügerln« (Opus 140) brennen.
Erster Detektiv Justus Jonas, zweiter Detektiv Peter Shaw, Recherche und Archiv Bob Andrews.
jennylee Right On
Klingt verlockend, die Tacos im Dirty Sanchez sind allerdings unschlagbar.
Das ist vielleicht ein bisschen zu sehr im Balafehlston.
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NOT TO DISAPPEAR
Ein Krokodil am Häusl reicht noch nicht. Da will wohl jemand, dass sich die Kleinen ordentlich vorm Scheißen fürchten.
Wird leider bislang durch keine Autoversicherung gedeckt: Totalschaden durch Heckscheibenbeklebung. CD/LP/DL ab 15.01.2016
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Das Gegenteil von »Schau ma mal« bussey baby: was wir, wieder einmal, von london als partystadt lernen können. — Kürzlicher Besuch in London, das sich einmal mehr als das europäische Capital of Cool präsentiert: gute Galerien und Museen, tolle Menschen, Konzerte, Märkte, Kulturangebote, darunter eine Party in einer Location mit dem hübschen Namen Bussey Building. Ein mehrstöckiger Artspace im Süden der Stadt, ein Kino am Dach, weißgetünchte Stiegen, ein gemütlicher Innenhof. Auf den zwei an diesem Abend bespielten Floors funkeln aufwendige, gemappte Visual-Installationen, unter deren schönster der New Yorker Young Male ein elegantes Techno-Liveset spielt; das Publikum ist bunt gemischt in Sachen Kleidungsstil, Herkunft, Brotjob, sexueller Orientierung, Einstellung zu Drogen. Anders als bei uns scheinen viele einander nicht seit Jahren zu kennen und auf denselben Partys zu treffen, vor allem aber haben sie ihren Freitagabend schon länger geplant, denn die meisten von ihnen haben Vorverkaufstickets für die Party gekauft. Bei uns ist so etwas, wenn überhaupt, nur bei Konzerten wirklich üblich, und auch hier schafft man es meistens auch ohne sich vorher zu kümmern via Facebook-Restkartenbörse oder mit dem normalen Kontingent an der Tür noch zur Show. In London machen die wenigen Pfund Differenz zwischen dem Vorverkaufspreis und der Abendkassa einer Party beim Überleben in dortigen Verhältnissen zweifellos einen größeren Unterschied, im Speziellen transportiert die längerfristige Planung aber auch eine Art anderen Respekt vor einer Veranstaltung: Sie ist das Gegenteil von Schau ma mal. Kein schönes Wetter, das ja gerade auf der Insel größeren Seltenheitswert besitzt, macht der Kalkulation von IndoorVeranstaltungen einen Strich durch die Rechnung, ebensowenig ein ungeplanter oder erwartbarer Kater oder ganz einfach eine bessere Option. Freunde müssen sich bezüglich der Freitagnacht bereits unter der Woche absprechen und festlegen, sonst feiern sie eine Busstunde voneinander entfernt, denn Karten verfallen lassen kommt nur für Menschen in Frage, die entweder wirklich sehr krank oder gleichgültig gegenüber den Londoner Lebenskosten sind. Dass die Besucher der Bussey Party – schade, dass man hier das dazugehörige Wanda-Lied nicht kennt, das uns fortan die gesamte Londonreise über als Ohrwurm verfolgen sollte – in sich heterogener waren, ist natürlich der Größe der Stadt geschuldet. Dass sie auf der Straße von selbst auf verloren dreinblickende Touristen zugehen und ihnen den Weg zum Bussey Building erklären, hat eher mit der allgemeinen Freundlichkeit der britischen Menschen (oder ist es ihre Nicht-Österreicherhaftigkeit?) zu tun. Ansonsten zeigt die Londoner Partykultur etwas, wovon man hierzulande noch allzu oft nur träumen kann: Die Veranstalter können sich auf ihr Publikum verlassen.
Kolumne: »Dance Yrself Clean« Katharina Seidler Kolumnistin, FM4, Falter — @kaseidler
Bild Pamela Russmann
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Es gibt Dinge da draußen, die sind so gut, die sind Segnungen für die Menschheit, echte Hits der Warenwelt, für die machen wir freiwillig Werbung.
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Zwei in Einem
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Kürzlich haben wir im Büro betschlossen, unseren Pizzalieferanten zu wechseln und sind nun bei einem Anbieter, der nicht nur echte Zutaten verwendet, sondern aus dessen mitgeliefertem Karton man sich kleine Behältnisse basteln kann, die zur Aufbewahrung genau eines Pizzadreiecks dienen. Auf der Suche nach der korrekten Bezeichnung dieser geometrischen Form sind wir auf den Begriff »Dreiecksprisma« gestoßen. So viel Bildung hat selten die Hallen der The GapRedaktion durchweht. Egal. Man kann so ein Plastik-Pizzatascherl auch kaufen. www.stupidiotic.com
Dank der lieben Erderwärmung werden wir Produkte wie dieses bald nicht mehr brauchen. Aber bis es endlich soweit ist, sollten wenig kälteresistente Musikliebhaber in Ohrenschützer mit Kopfhörerintegration investieren. Eigentlich gibt es dazu nicht mehr viel zu sagen, außer, dass völlig unklar bleiben muss, wieso dieses nützliche Ding so unsagbar hässlich ist. Den Flausch kann man ja aus Wärmegründen noch verstehen, aber dieses weihnachtliche Muster hätte nicht sein müssen. Aufregen hilft wie immer eh nichts, lest doch lieber, was für Musik man gerade hören könnte ab Seite 53. www.radbag.at
Es gibt ja schon lange eine Website, die Kitlers (Cats that look like Hitler) sammelt. Aber von einer Page, die Katzen präsentiert, die wie Kendrick und Co. aussehen, wissen wir noch nichts. Diese unsere Kaufempfehlung wird den Absatz von Hoodies für Katzen natürlich dermaßen in die Höhe treiben, dass es bald ganze HipHop-Fashion-Blogs geben wird, die sich nur noch mit den coolsten Sneakern und Chains für Kätzchen beschäftigen werden. Sogar der schlimme Begriff »Hood Rat« wird bald vom viel cooleren »Hood Cat« abgelöst werden. Versprochen. www.amazon.com
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Ein Wettbewerb für Gipfelstürmer
Pandagram-Steckbrief: Felix Lang
Wir schickten unsere Leser in die Berge. Lomography schickte uns Fotografen auf die Party. Aber noch einmal von vorne.
Zusammen mit Lomography haben wir einen Wettbewerb zum Thema »Berge« veranstaltet. Das Gewinnerfoto – dieses Mal analog – seht ihr hier.
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Das Foto ist in Vorarlberg entstanden. Der Fels erinnerte den Fotografen an stark marmoriertes Fleisch. Wir Schreibtischtäter von The Gap kommen ja eher selten in die Natur. Und auch was Fotografie betrifft, sind Handyfotos innerhalb der Redaktion das höchste der Gefühle. Umso besser, dass es Leute da draußen gibt, die sowohl klassisch analog fotografieren als auch den Aufstieg nicht scheuen – beides eine Kunst. 273 dieser Gipfelstürmer haben bei unserem Wettbewerb mitgemacht und sich ein heißes Rennen um eine »Lomography Sprocket Rocket Superpop Green«, die sich dank Weitwinkel-Objektiv besonders für Panoramen eignet, geliefert. Das Werk des glücklichen Gewinners gibt es übrigens nebenan zu sehen. Und weil wir wie gesagt totale Fotomuffel sind, waren wir umso glücklicher, dass die guten Menschen von Lomography unsere letzte The Gap-Release fotografisch festgehalten haben und sogar noch unseren Instagram-Account mit den grünsten, bergigsten, schneeweißesten und fulminantesten Einreichungen zum Wettbewerb bespielt haben. Dafür haben wir die Partyfotos brav gesichtet, die Schmusefotos sicherheitshalber aussortiert und den Rest zum Voting freigegeben – Die Abgebildeten auf dem Foto mit den meisten Likes wurden mit Lomography-Goodie-Bags beschenkt. Wir freuen uns über die tolle Kooperation mit Lomography und gratulieren allen Gewinnern des Wettbewerbs herzlich! www.lomography.at
ABOUT
Felix Lang ist 25 und arbeitet als Fotoassistent in Wien. Er konnte sich mit seinem analogen Bild gegen 272 andere Einreichungen durchsetzen und hat damit eine »Lomography Sprocket Rocket Superpop«-Kamera gewonnen. sieht man mir nicht an, ist aber so:
Bin erst 25
am schwersten auf einem foto festzuhalten:
Nebel
liebste kamera:
Contax 139
liebster hashtag:
Habe ich keinen
drei follow-empfehlungen
James Kerr / Scorpion Dagger, @MedievalReacts, Wien in leiwanden Grafiken
schaue oder höre ich nur hinter zugezogenen vorhängen:
Fred Buscaglione – »Guarda che luna«
würd’ ich mir tätowieren:
Nichts
saidnooneever:
»Hmm ja, der dritte ›Batman‹ war schon besser als der zweite.«
instagram.com/thegapmag
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TOP 10
HITS ZUM HASSEN
01 GG Allin – You Hate Me And I Hate You 02 Public Image Ltd – This Is Not A Love Song 03 Surrogat – Hell In Hell 04 Xiu Xiu – Dear God I Hate Myself 05 Type O Negative – We Hate Everyone 06 Throbbing Gristle – We Hate You 07 Death Grips – No Love 08 Der Scheitel – Da Hoß in mia 09 DJ DSL – Alle Menschen san ma zwider 10 Heller & Qualtinger – Bei mir sads alle im Orsch daham
TOP 5
AUSFLUGSZIELE MIT OMA
01 Museum of Death 02 Casa Diabolo: Veganer Strip-Club in Portland 03 Alibi Tiki Lounge: Chuck Palahniuks Lieblingsbar 04 Adult Soap Box Derby: Seifenkistenrennen für Erwachsene am Mt. Tabor in Portland 05 Time Travel Mart, Echo Park, Los Angeles
auch nicht schlecht: Der Lagerraum von Amoeba Music in Los Angeles: 1 Million gebrauchte Schallplatten anyone?
www.thegap.at/gewinnen »The Walking Dead«-Fan-Paket Mehr Zombies: Die fünfte Staffel von »The Walking Dead« gibt es seit 16. Noember endlich auf DVD. Während die Überlebenden einen Weg nach Washington suchen müssen sie sich einmal mehr die Frage stellen, zu welchen Menschen sie geworden sind. In der ebenfalls erhältlichen ersten Staffel des Spin-Offs »Fear The Walking Dead« geht es um den Ausbruch der Epidmie. Wir verlosen ein Fan-Paket bestehend aus je einer Box und dem Brettspiel »The Walking Dead – Der Widerstand« von Kosmos.
Netflix Seit bisschen mehr als einem Jahr ist Netflix auf dem österreichischen Markt – und hat unsere Fernsehgewohnheiten nachhaltig verändert. Serien und Filme gibt es hier zeitunabhängig im Abo zum streamen, darunter Klassiker und immer mehr exklusive Produktionen wie »Narcos« oder »Jessica Jones«. Wir verlosen vier 50-Euro-Gutscheine für Netflix.
»The Revenant«
(Schriftstellerin & Dramatikerin)
Am 15. Jänner 2016 startet das Action-Abenteuer »The Revenant – Der Rückkehrer« mit Leonardo DiCaprio in den österreichischen Kinos. Im neuen bildgewaltigen Film von Alejandro González Iñárritu geht es um eine Rachefeldzug in den 1820er-Jahren. Wir verlosen 3 Pakete, bestehend aus T-Shirt und Plakat.
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ORIGINELLSTE MEDIKAMENTE mit NEBENWIRKUNGEN
01 Sedacoron 02 Propofol (auch »Tigermilch«, © Michael Jackson) 03 Concor 04 Jene Hustensäfte, die einen ins Nirvana katapultieren 05 Diese anästhesierende Paste, die man beim Zahnarzt ins Maul geschmiert bekommt
auch nicht schlecht: Die Makirollen im Mochi
Mit »Ant-Man« gelang im Marvel-Universum Seltenes: Statt klassischem SuperheldenFilm ist »Ant-Man« ein durchwegs unterhaltsames Heist-Movie mit viel Humor und blöden Sprüchen. Rasant und doch Oldschool inszeniert, mit einem Überzeugenden Paul Rudd in der Hauptrolle. Wir verlosen 2 Fan-Pakate aus Steelbook-DVD und T-Shirt, Mütze oder Kopfhörer.
Lerne deine Stadt kennen – Mit dem »Marco Polo Cityguide 2016« Sich gesünder ernähren oder mehr mit der Familie unternehmen, öfters mal ins Fitnesscenter schauen … gegen Ende des Jahres sammeln sich wieder so einige gute Vorsätze fürs neue. Doch warum nicht einfach mal die eigene Stadt besser kennenlernen? Der »Marco Polo Cityguide« gibt Einheimischen (und denen, die es werden wollen) 584 Tipps, was sie in Wien alles unternehmen und erleben können. Über die »WienKlassiker« hinaus verschafft »Wien für Wiener« einen Überblick darüber, was gerade angesagt ist: beim Shoppen, Feiern, Sportmachen, Schlemmen, Entspannen oder in Sachen Kultur. Mit vielen Insider-Tipps, die zu überraschenden Orten und Erlebnissen führen! Zehn Exemplare verschenken wir.
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Samstag, 30.01.2016 raTHauS Wien eInlass 20.00
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Der Krampus stürmt die USA
Michael Doughertys »Krampus« als Folge eines Hypes
killed the Christmas Star
Anfang Dezember startet »Krampus« in den Kinos. Die kuriose Horrorkomödie von Michael Dougherty ist nur die Spitze des Krampus-Hypes in den USA. Der Regisseur sowie eine Volkskundlerin klären, warum es der gehörnte Störenfried plötzlich mit Santa und der Unterhaltungsindustrie aufnimmt und was er mit der österreichischen Identität treibt. 015
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Text jan hestmann Bild upi, grussvomkrampus.net
Ein Viral Video war geboren. Christoph Waltz erklärt Jimmy Fallon, Host der populärsten US-Late NightShow, das Phänomen Krampus, dessen Verwendung von Rute und Butte. Das US-Publikum zeigt sich begeistert von dem morbiden Kult aus Österreich. Das ist nun fast genau ein Jahr her. Dabei war es nicht das erste Mal, dass der dämonische Kettenschwinger ins Rampenlicht des US-Fernsehens trat. Bereits 2009 lud Stephen Colbert im kaum weniger beliebten »Colbert Report« den Krampus zu sich ins Studio, um die amerikanische, mit Zuckerguss und Fröhlichkeit geschmückte Weihnachtszeit aufzurütteln. Auch in Fernsehserien hatte der Krampus in den letzten Jahren schon einige Gastauftritte, etwa in der Sitcom »The League«, der Fantasy-Krimireihe »Grimm« oder auch in rappender Form in »American Dad«. Schleichend unterwandert der Schatten des Nikolaus also schon seit einiger Zeit die US-amerikanische Unterhaltungsindustrie. Dieser Culture Clash feiert nun mit der Horrorkomödie »Krampus«, die Universal Pictures um den 4. Dezember weltweit in die Kinos bringt, einen Höhepunkt. Das Konzept könnte nicht absurder scheinen. Wir betreten die Arena des klassischen Weihnachtsfilms, erfunden, um Familien in den Feiertagen zusammenzuführen und eine besinnliche Zeit im Kino zu schenken. Amerikanisches Setting, zutiefst amerikanische Charaktere. Befohlene Besinnlichkeit und Kommerzialisierungswahnsinn schreien gleichzeitig aus jeder Ecke des Bildes. Und mitten in diese allseits bekannte Formel pflanzt sich ein zotteliger, mitteleuropäischer Dämon, der drauf und dran ist, Santa Claus den Rang abzulaufen.
Die Weihnachtszeit muss schelmischer werden Verantwortlich zeichnet einer, der schon mit seinem HalloweenSchocker »Trick’r’Treat« begeistern konnte. Michael Dougherty, der mit seiner Darstellung rund um Pumpkin Jack bereits bewiesen hat, dass er aus lokalen Bräuchen und Traditionen skurrile Horrorgeschichten zaubern kann, ist auch ein großer Fan von Weihnachten, stellt sich nun heraus. Mit einem Haken: »Es hat mich aber immer schon gestört, dass Weihnachten nicht denselben schelmischen Geist hat wie Halloween. Viel zu lange wurden wir dazu gedrängt zu glauben, dass es zu Weihnachten ausschließlich um Freude, Feste und Geschenke geht.« Was ihm an der Weihnachtszeit bislang gefehlt hatte, war ein Kerl wie der Krampus. Der kam nun wie gerufen auf die US-Showbühne.
»Wir dürfen dem Aufstieg des Internets dafür danken, dass der Krampus nun eine Renaissance feiert«, freut sich Dougherty, »ein Online-Hype, dem in wahrhaftiger amerikanischer Manier sofort eine große Merchandise-Welle gefolgt ist.« Dabei hatte Dougherty schon lange vor der Existenz des Social Webs erste Bekanntschaft mit dem Krampus machen dürfen, nämlich durch einen weitergeleiteten Kettenbrief, in dem sich eine eingescannte alte Krampus-Grußkarte befand. Mehr Informationen zu der absurden Kreatur gab es damals aber nicht. Alte Grußkarten dieser Art sammelt noch heute ein anderer Krampus-Enthusiast. Auf seiner Website grussvomkrampus.net hat der US-Amerikaner George L. Peters Jr. aus purer Leidenschaft eine Galerie eingerichtet, die eine enorme Bandbreite der kuriosesten KrampusDarstellungen zeigt.
Krampus in Österreich Ist auch hierzulande eine solche Renaissance vom Krampus spürbar? Die obligatorischen Krampus-Umzüge werden uns wohl so schnell nicht verloren gehen, doch haben sie für viele schon einen faden Beigeschmack. In den Medien liest man davon, wenn es wieder einmal zu Ausschreitungen gekommen ist. Auf Youtube tummeln sich unzählige Amateurvideos, auf denen für die Kamera posierend die Rute geschwungen wird. Und wenn ORF-Reporter Hermes in seiner Reihe »Die unteren 10.000« einen Krampuslauf besucht, um betrunkenen Jugendlichen das Mikro unter die Nase zu halten, schafft es der Gehörnte auch mal ins Abendprogramm. Abgesehen davon zeigt der Krampus im gegenwärtigen heimischen Fernsehen wenig Präsenz. Der Glamour vom Krampus bröckelt. Aber gerade in den letzten Jahren gab es auch hier ambitionierte Ansätze, um den Geist wieder etwas zu beleben. Erst im Vorjahr erschien der Dokumentarfilm »Vom Krampus«, der danach fragt, welchen ästhetischen Standards der Krampus sich heutzutage stellen muss, um gesellschaftsfähig zu bleiben. National Geographic brachte den Bildband »Alpendämonen« heraus, in dem mittels überwältigender Bildaufnahmen verschiedenen Krampus-, Perchten- und Faschingsritualen von Bayern, quer durch Österreich bis nach Südtirol nachgegangen wird. Dabei begegnen wir einer ungeheuren Diversität an Krampus-Variationen, ob Stilfser Klaubaufe, bayrische Buttnmandln oder der Strohschab aus Bad Mitterndorf. Der Autor und Fotograf Carsten Peter attestiert dem Krampus dabei in seiner heutigen Rolle, identitätsstiftend sowie wertvoller sozialer Kitt der Dorfgemeinschaften geworden zu sein.
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Testosteron-stau Was hat es mit der Identitätsstiftung auf sich? Die Volkskundlerin Eva Kreissl sieht die Folgen vom Krampusspiel auch durchaus kritisch: »Stellen Sie sich einmal junge, kasernierte Männer mit Testosteronstau vor, wenn sie völlig vermummt dem Publikum, auch vielen jungen Mädchen, zeigen, wie der Teufel straft. Da gab es oft Verletzungen, selbst Todesfälle oder die Nikolospiele wurden zum Anlass von Dorfschlägereien.« Solche Vorfälle passieren heute noch, gehen aber auch weit in der Geschichte zurück und wurden als Konsequenz dessen schon mehrmals verboten. »Aber zwei Generationen später waren die Auswüchse vergessen und die Schauspiele und Umzüge wurden als schöner Brauch wiederbelebt.« Eva Kreissl kuratierte vor einigen Jahren die Ausstellung »Krampus – Das gezähmte Böse« im Volkskundemuseum Graz. Die Ausstellung ging der Frage nach, wie sich der Krampus, dessen Wurzeln bis ins Mittelalter zurückgehen, über die Jahrhunderte hinweg vom Sinnbild des leibhaftigen Teufels hin zum relativ zahmen Begleiter des Heiligen Nikolaus entwickelte. Dem Krampus, wie er heute existiert, schreibt Kreissl eine andere Rolle zu: »Moderne Krampusläufe haben wie auch der neue Trachtenboom nicht viel mit Tradition zu tun. Doch sie haben in meinen Augen sehr viel mit der Sehnsucht nach Wurzeln gemein und sind als Antwort auf Ängste vor Globalisierung, Entfremdung und den Folgen der Risikobelastung des modernen Lebens zu lesen.«
Ein immaterielles Kulturerbe Und der Krampus spaltet weiterhin die Gesellschaft, aus der er stammt. Die Unesco kann sich zu seinen Fans zählen. Denn seit geraumer Zeit stehen auch verschiedene österreichische Krampus-Rituale auf der von ihr veröffentlichten Liste des immateriellen Kulturerbes. In den Wiener Kindergärten wurden Krampusse 2006 hingegen offiziell verbannt, da sie den Kindern zu große Angst einjagen würden und dies pädagogisch nicht vertretbar sei. Ein Salzburger sorgte im Vorjahr für Schlagzeilen, als er Krampus-Seminare anbot, in dem vorwiegend Frauen sich mit ihrer Angst vor den Maskierten auseinandersetzen sollten. In den USA sind wir von solchen Konflikten weit entfernt, das frisch entdeckte Ungetüm wird jungfräulich gefeiert. Allerdings wird der Krampus hier auch stark mit dem Weihnachtsfest selbst und weniger mit dem 6. Dezember in Verbindung gebracht, wohl ganz bewusst, um ihn mit der lokalen Kultur verträglich zu machen. Der Krampus
Links: In den USA versteckt sich der Krampus zu Weihnachten neuerdings am Dach. Mitte: Rute und ein heißes Tänzchen mit dem Krampus auf alten Postkarten.
5 Fragen,
die sich aus österreichisch-katholischer Sicht in Bezug auf Michael Doughertys »Krampus« aufdrängen:
01 —— 24. Dezember?!? Endlich erklimmt der Krampus den Gipfel der Unterhaltungsindustrie in den mehrheitlich protestantisch geprägten USA. Er taucht aber nicht am 6. Dezember, sondern ausgerechnet zum Weihnachtsfest auf. 02 —— Offenbar vertritt Krampus Santa Claus in diesem Jahr, weil dieser aufgrund des verloren gegangenen Geists der Weihnacht keinen Bock mehr hat zu kommen. Santa Claus? Geist der Weihnacht? In welchen Wahnsinn ist der gute Krampus, seines Zeichens solider Züchtiger und Wächter katholischer Normen, da bloß hineingeraten? 03 —— Apropos Rauschebart: Wo ist eigentlich der Heilige Nikolaus geblieben? Die füllige Darstellung vom Krampus im Film legt die Vermutung nahe, dass dieser ihn zwischendurch gefressen hat. 04 —— Ohne zu viel spoilern zu wollen, aber was hat es eigentlich mit der dämonischen Gang vom Krampus auf sich? Woher kennen die sich, warum macht ein uralter Typ aus dem Mittelalter gemeinsame Sache mit denen? 05 —— Eine kulinarische Frage: Wo man hinsieht, wimmelt es von Lebkuchenmännern. Wo sind die Orangen und Erdnüsse geblieben? 017
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wurde quasi assimiliert. Und das ist auch der Moment, wo auch der Film »Krampus« schnell aufhört, penibel am Original zu beharren und sich eine große Portion künstlerische Freiheit nimmt. Auslöser der darauf folgenden irrwitzigen Eissturm-Apokalypse im Film ist lediglich der kleine Max, der aufgrund seiner unausstehlichen Verwandtschaft (David Koechner als Waffennarr Howard und Conchata Ferrell als daueralkoholisierte Zynikerin Aunt Dorothy) den Geist der Weihnacht verloren glaubt und im Affekt seinen Brief an den Weihnachtsmann in der Luft zerreißt. Ein dreistes Verhalten, das unmittelbar bestraft werden soll und den Krampus auf den Plan ruft. Nicht den Gezähmten, wie in Kreissls Ausstellung nahegelegt, sondern ein ganz anderes Kaliber. Und als würde das nicht reichen, auch noch eine Armee bösartiger Gehilfen. Hier bekommt man den Eindruck, der europäische Einwanderer habe innerhalb kürzester Zeit sämtliche geläufige US-Weihnachtsmotive, die allesamt vom Teufel (also eh dem ursprünglichen Krampus) besessen sind, auf seine Seite gebracht. Was folgt, weicht selbstredend in sich überschlagender Form von jeder traditionellen Vorlage ab. Wir bekommen die ganze Palette geliefert, Familiendramen, herzhafte One-Liner à la »Global Warming my Ass«, Monster und dennoch auch noch reichlich Weihnachtsstimmung. »Wir haben uns definitiv ein paar Freiheiten genommen«, gibt auch Dougherty zu, »aber der Ursprung ist ganz klar sehr alt und auch sehr österreichisch.«
Weihnachten ist jünger als der Krampus Naja. Einer derartig kuriosen Umdeutung vom Krampus sieht die Volkskundlerin Eva Kreissl naturgemäß eher skeptisch entgegen: »Unsere Art, Weihnachten zu begehen, ist jünger als die Wurzeln zu den Bräuchen rund um den Krampus«, setzt Kreissl an, »Weihnachten ist die christliche Neu-Interpretation eines römischen Jahreswendefestes und in seiner heutigen Ausprägung, neben der Kommerzialisierung, wesentlich protestantisch geprägt, während Nikolo und Krampus zutiefst und genuin katholisch sind.« Der Krampus sei hier Symbol für die Gefahren von Normverletzungen. »Darin ist die katholische Drohgeste deutlich spürbar.« Oder, um es mit den Worten von Christoph Waltz bei Jimmy Fallon auszudrücken: »Österreich ist ein tief katholisches Land, das durch Traumatisierung funktioniert.« Um Österreich und seine Kulturgeschichte mag es dem Regisseur wohl augenfällig nicht in allererster Konsequenz gegangen sein, wenn er auch den Ursprung gerne betont. Die Abweichungen erkennt er und
nimmt sie ebenso gelassen hin, seine Prioritäten liegen woanders: »Es muss als Weihnachtsfilm funktionieren und gleichzeitig Elemente von Horror, Fantasy und Humor beinhalten.« Ein Spagat, der zweifelsohne schon anspruchsvoll genug sein mag. Für Dougherty ist die Figur des Krampus zweifelsohne eine furchterregende, aber gleichzeitig auch eine mit beißendem Witz. »In all seinen unterschiedlichen Darstellungen ist er nicht immer ausschließlich schreckenserregend, sondern manchmal auch charmant, verspielt oder sogar attraktiv.« Damit mag er Recht haben. Auch Kreissl betont die besonders in Österreich, von Westen nach Osten zunehmende, mitschwingende Erotik vom Krampus. Nicht zuletzt auf den alten Grußkarten, die George L. Peters auf seiner Website hortet, kommt das nicht nur unterschwellig zum Vorschein.
Krampus Creature Feature Die Kostümfrage ist aufgrund der unzähligen, von Region zu Region variierenden Krampus-Darstellungen eigentlich keine leichte. Hier greift allerdings Doughertys Know-how in Bezug auf das HorrorGenre, das er schon in »Trick’r’Treat« gezeigt hat. »Jeder hat seine eigene Vorstellung wie er aussieht, darum haben wir die Kreatur über lange Strecken im Schatten verborgen und mysteriös gehalten. Wie in jedem guten Monsterfilm, will man nicht zu früh zu viel von seiner Kreatur offenbaren.« Die Überraschung mag am Ende dafür umso größer sein. Michael Doughertys »Krampus« schwankt immer wieder zwischen Klamauk, echtem Horror und sogar ein wenig gesellschaftskritischem Kommentar. Die eigentliche Sensation ist allerdings weniger der Film an sich als die Tatsache, dass es nun einen US-Film von einem MajorStudio gibt, in dem der Krampus den Protagonisten darstellt, auch wenn kaum Ursprüngliches daran haften geblieben ist. Es bleibt ein popkulturelles Kunststück, diese verschiedensten Elemente und Bräuche derart erbarmungslos durchzumischen und einen kuriosen Hype, der bereits Fernsehen, Reddit, Web und Souvenirläden erklommen hat, aufs nächste Level zu heben. Viel Spaß mit dem Krampus, Amerika! Vielleicht entdecken wir erst durch eure Euphorie unsere eigene alte Freude daran. Oder wir übergeben euch den zotteligen Hardcore-Katholiken mit Erleichterung. Darüber werden wir noch abstimmen. »Krampus« läuft ab 4. Dezember in den heimischen Kinos.
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Buttnmandln
Begleitet vom Nikolaus wird der Buttnmandl-Lauf vorwiegend rund um den 5. und 6. Dezember in der Region um Berchtesgaden in Bayern ausgetragen. »Stroherne Buttnmandl« sehen aus wie wandelnde Strohballen, tragen schwere Kuhglocken und tierische Masken. Dargestellt werden dürfen sie lediglich von ledigen Männern.
Quer durch die Alpenregionen tummeln sich neben dem Krampus noch viele andere schräge Gestalten, die in der kalten Jahreszeit durch die Dörfer taumeln. Hier ein kleiner Auszug:
Chläuse
Sie unterscheiden sich in »Schöne«, »Wüeschte« (Hässliche) und dem Hybrid »Schöö-Wüeschte«. Chläuse sind Waldgeister und treten in der östlichen Schweiz am 31. Dezember und 13. Januar auf. Das Gewand der Schöö-Wüeschten besteht aus Zweigen und Zapfen und ihre Bärte aus Bartflechte, menschliche Bäume quasi. »Schöne« tragen liebliche weibliche Masken, werden aber, wie auch die anderen Chläuse, von Männern verkörpert. Der Einkehrbrauch der Chläuse sieht Schellenrühren, Jodeln und Glühweintrinken vor.
Perchten
Perchten sind in Österreich weit verbreitet, werden aber zum Teil immer noch mit dem Krampus verwechselt. Sie tauchen nicht am 6. Dezember, sondern in den Rauhnächten um den Jahreswechsel auf und ziehen von Haus zu Haus. Dabei müssen sie nicht immer furchtbar aussehen. Die Schönperchten in Goldegg in Salzburg tragen edle goldene Masken. Neben den Schönen gibt’s aber auch beim Goldegger Perchtenlauf »Schiache« samt Hörnern und grimmigen Fratzen. Die Schnabelperchten im nicht weit entfernten Rauris zeichnen sich hingegen durch einen überdimensionalen Schnabel aus. Der ganze skurril anmutende vogelartige Kopf ist dabei in ein weißes Tuch gehüllt.
Wampeler
Die Wampeler aus dem Tiroler Inntal kommen am »unsinnigen Donnerstag« zu Beginn des neuen Jahres. Beim Axamer Wampelerreiten wird das ganze Dorf zur Ringkampfarena. Die Wampeler erinnern mit ihren ausgestopften wuchtigen Oberkörpern und bunt verzierten Holzmasken samt Schnauzbart ein wenig an mexikanische Wrestler. Während der Schlacht gilt es eine im wahrsten Sinne weiße Weste zu behalten.
Schnappviecher
Beim Egetmann-Faschingsumzug im Südtiroler Tramin ist der Metzger am Faschingsdienstag auf der Jagd nach sogenannten Schnappviechern. Eine erfolgreiche Jagd bedeutet den Sieg des Frühjahrs über den Winter. Schnappviecher sind drei Meter hohe, in Jutesäcke gehüllte Kreaturen mit pelzigem, saurierartigem Haupt. Wenn sie durch die Gassen Tramins ziehen, versuchen Treiber sie im Rudel zusammenzuhalten – was nicht immer gelingt. Für die Schnappviecher vergeben wir besondere StylePunkte.
Bild creative commons, tribp (CC)
Dämonen ABC
»Alpendämonen – Geheimnisvolle Mythen und Riten aus den Bergen« vom vielfach preisgekrönten Fotografen Carsten Peter ist ein im Jahr 2012 von National Geographic herausgebrachter Bilderband, der durch grobe Schönheit und verstörende Bildergewalt glänzt. Er zeigt eine breite ästhetische Vielfalt, gleichzeitig aber auch eine durchwegs konstituierte Männerdomäne. 019
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Das monofrequente, gelbe Licht verändert unsere Wahrnehmung. Ein Wortspiel mit Enlightenment (engl. für Aufklärung) könnte es on top geben. 020
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golden frame — Olafur Eliasson – »Baroque Baroque«
Barocke Erleuchtung Da ist viel Raum, viel Licht. Das barocke Winterpalais des Prinzen Eugen von Savoyen, die Lichtinstallationen des isländisch-dänischen Künstlers Olafur Eliasson. Kontrastprogramm? Nein. Die Ausstellung »Olafur Eliasson: Baroque Baroque« schlägt eine Brücke zwischen der prunkvollen Architektur des Palais und den großräumig angelegten Installationen Eliassons und präsentiert neben ortsspezifischen Interventionen eine Schau mit Arbeiten aus zwei Jahrzehnten. Eliassons Werk fügt sich homogen in das barocke Umfeld ein. Das Zusammenwirken von Architektur und Licht, Aspekte wie Zeithaftigkeit und Vergänglichkeit – »vanitas«, ein Begriff, der im Barock seinen Höhepunkt erreicht – finden sich in Eliassons Werk auf Schritt und Tritt. Er arbeitet mit flüchtigen Materialien wie etwa Licht oder Wasser, mit Illusionen und Veränderlichkeit. Seine Kunst ist nicht statisch, sie reagiert auf ihre Umgebung und lässt die Besucher Teil davon werden. Die Installation »Yellow Corridor« spiegelt all diese Elemente wieder. 1997 entstanden, war sie unter anderem bereits im Musée d’Art Moderne de la Ville de Paris (2002) oder im ARoS Aarhus Kunstmuseum in Dänemark (2004) zu sehen und beseelt nun das Stiegenhaus des Winterpalais. Eliasson greift das barocke Spiel von Licht und Schatten auf und leuchtet den Treppenbereich mit gelbem Monofrequenzlicht aus. Dieses Licht reduziert in unserer Wahrnehmung die Umgebung auf die Farben Gelb und Schwarz: das sichtbare Farbspektrum wird eingegrenzt, der gelbe Korridor macht die Besucher aber gleichzeitig sensibler in ihrer Wahrnehmung und erlaubt, detailgenauer und bewusster zu sehen. Eliasson taucht den weißen Raum, der Kunst zeigt, in neue Farbe. Was bleibt – aber nur für einen kurzen Moment – ist die optische Nachwirkung, das »afterimage«, wie Eliasson es nennt. Wenn wir den Raum verlassen, verwandelt unser Hirn das Gesehene in seine Komplementärfarbe und hinterlässt ein bläuliches Bild, was wiederum die Wahrnehmung des nächsten Raumes beeinflusst. Das Kunstwerk liegt also im wahrsten Sinne des Wortes im Auge des Betrachters. Man könnte auch sagen: Eliassons Installation macht den Pomp des Barock noch eine Spur pompöser. Eliasson stellt die Wahrnehmung von Kunst, unsere Sehgewohnheiten und das Verhältnis zwischen Realität und Repräsentation in Frage – ein Kontrast, der gerade in der Epoche des Barock eine zentrale Rolle einnimmt. Olafur Eliasson wurde 1967 geboren und lebt und arbeitet in Kopenhagen und Berlin. Er betreibt ein Studio in Berlin, das 90 Mitarbeiter beschäftigt, um seine Projekte umzusetzen. Seine Arbeit zeichnet sich als multimedial aus: Installationen, Malerei, Bildhauerei, Fotografie und Film. Am eindrücklichsten darunter sind jedoch seine Installationen, vor allem »The Weather Project«, das 2003 über zwei Millionen Besucher in die Tate Modern anzog. Der »Yellow Corridor« verbindet den Eingangsbereich mit den danach folgenden installativen Arbeiten, Fotografien und Skulpturen der Ausstellung »Olafur Eliasson: Baroque Baroque«. Die gezeigten Werke, einige der bedeutendsten Arbeiten des Künstlers, stammen aus den Privatsammlungen der TBA21 und der Juan & Patricia Vergez Collection und sind von 21. November bis 6. März im Winterpalais, dem vierten Ausstellungsort des Belvedere, zu sehen.
Text Magdalena Reuss Bild The Juan & Patricia Vergez Colletion, Buenos Aires, Foto: Irina Gavrich, 2015
Barock trifft auf heute – Olafur Eliasson lässt das Winterpalais des Prinzen Eugen in neuem Licht erstrahlen.
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Aufwendige Kameratechnik — »The Revenant« und andere Meistersequenzen
Die Künstler hinter den bewegten Bildern 022 Kameraleute stehen im Schatten von Schauspielern und Regisseuren. Doch erst sie sind es, die Visionen umsetzen und unvergessliche Bilder schaffen. Von komplizierten und noch komplizierteren Drehs. Ruhig und gefasst marschiert Emmanuel Lubetzki durch die Reihen zum Podium. Genau 357 Tage nach seinem ersten Oscar steht Lubetzki wieder auf der Bühne. Nach dem technischen Meisterwerk »Gravity« bekommt er ihn dieses Mal für den nicht minder aufwendigen »Birdman« verliehen. Die Rede aus dem Vorjahr recycelt er. Ende Februar werden wir diese Rede wohl zum dritten Mal hören. Für »The Revenant« sucht er noch größere Herausforderungen. Wieso das Licht und der Winter so ein Problem waren und andere Beispiele aufwendiger Dreharbeit, darum soll es hier gehen.
Text Patrick Krammer Bild fox films, privat
Long Shots Anders als bei »Birdman« hat es sich die Band OK Go zum Markenzeichen gemacht, ihre Videos wirklich in einem Shot zu drehen und es nicht nur so scheinen zu lassen. Auch in vielen Filmen findet man berühmte Beispiele für diese Technik. Im Noir-Klassiker »Touch of Evil« spaziert Charlton Heston durch eine Straße, in »Abbitte« marschiert James McAvoy an 1.000 Soldaten auf einem Strand vorbei und bei »True Detective« kämpft sich Matthew McConaughey minutenlang durch Häuser. Vor dem berühmten Kampf in »Kill Bill« gibt es eine sechsminütige Sequenz, bei der sich die Kamera durch einen Nachtclub schlängelt. Um das möglich zu machen, musste dafür währenddessen das Set umgebaut werden. Nach sechs Stunden Probe und 17 Versuchen (und angeblich kurz bevor der Kameramann zusammenbrach) hatte man die Szene endlich im Kasten. Die Komplexität für solche Sequenzen ohne Unterbrechung ist unglaublich – wie bei einem Uhrwerk müssen alle Einzelteile perfekt aufeinander abgestimmt werden. Auf die Spitze getrieben hat das heuer der in einer einzigen Einstellung gedrehte deutsche Überraschungserfolg »Victoria«. Eine der wohl bekanntesten Illusionen der Kinogeschichte wird bei der »Herr der Ringe«-Trilogie eingesetzt. Weil die Hobbits nicht größer als Kinder sind, musste Peter Jackson zwei Sets in unterschiedlichen
Größen bauen lassen: Ein kleines für Gandalf und ein großes für Frodo. Wenn die beiden beim Teekränzchen sitzen und die Kamera sich ein Stück bewegt, muss der kleine Frodo und Teile des Tisches synchron mitbewegt werden. Sonst geht die Illusion in die Hose und das Teekränzchen gleich dazu.
Stunts und Adrenalin In dem Actionfilm »The Protector« war das Planen nicht die größte Herausforderung. Während sich der Protagonist über drei Etagen durch die Stuntleute prügelt, muss ihm der Kameramann mit schwerer Steadicam um den Körper geschnallt auf Schritt und Tritt folgen. Komplexe Planungen und abgestimmte Abläufe gehören zum täglich Brot dieser Künstler. Doch der Adrenalinspiegel schießt so richtig in die Höhe, wenn der Dreh zur lebensgefährlichen Aufgabe wird. Für »The Raid 2« wurden mehrere Leute außen an einem Auto befestigt, um sich die Kamera weiterzureichen. Weil die Stuntfahrer immer wieder die Kontrolle über ihre Wagen verloren haben, mussten Kameramänner regelmäßig den Autos ausweichen, um nicht selbst getroffen zu werden. Hier wurde die Kameraarbeit selbst zum Stunt. Auch wenn die Dreharbeiten zu »The Revenant« nicht ganz so gefährlich waren, Spaß sieht sicher anders aus. Leonardo DiCaprio musste in einem Tierkadaver schlafen, Teile der Crew kündigten und Emmanuel Lubetzki wollte nur bei natürlichem Licht filmen. Stundenlang warteten sie jeden Tag bei Eiseskälte bis die Lichtverhältnisse einen Dreh zuließen. Der Prozess dauerte so lange, dass man zusammenpacken und von Kanada nach Argentinien übersiedeln musste. Dort war noch der benötigte Schnee. Ob sich das alles ausgezahlt hat, werden wir im Jänner in den Kinos sehen. Und Lubetzki am 28. Februar bei den Oscars.
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Leena Koppe: Immer im Fokus Sie zählt zu den besten Kameraleuten Österreichs. Für den beeindruckend schön gefilmten »Gruber geht« hat Leena Koppe sogar eine Romy gewonnen. Mit uns spricht sie über ihre Erfahrungen und Inspirationen. Was war denn Ihre komplizierteste Szene, die Sie gefilmt haben? Bei meinem letzten Film »Was hat uns bloss so ruiniert« war das Komplizierteste eine Steadycamfahrt durch drei Räume, einen Blick einmal durch den letzten Raum und anschließend wieder hinaus und nochmal zurück. Die Schwierigkeit war, das Licht so zu setzen, dass es in allen drei Räumen gleich war. Dazu waren sechs Darsteller und drei zweijährige Kinder zu koordinieren. Das war an sich nicht die größte Schwierigkeit, das Problem bei einem kleinen Budget ist, dass man nicht ausreichend Zeit und Equipment und Menschen dafür bekommt, sondern alles schnell schnell mit einfachsten Mitteln hinkriegen muss. Sind die Dreharbeiten für »Was hat uns bloß ruiniert« schon vorbei? Ja. Das Projekt befindet sich gerade in der Schnittphase. Was war der stressigste Dreh, auf dem Sie je waren? Das war ein Studentenprojekt, bei dem ich Kamera-Assistentin war. Die Räumlichkeiten waren abbruchgefährdet und die Menschen sind auf hohen, wackeligen Geländern vor lauter Müdigkeit beinahe im Stehen eingeschlafen. Alles war voller Dreck und ich weiß noch, ich musste an der Decke dieser Fabrikshalle die Kamera montieren für einen Topshot aus höchster Höhe. Ich stand mit einem Beleuchter, mit dem ich gearbeitet habe, mit ausgestreckten Armen auf einer hohen Leiter, die sich auf einer Art Brücke befand, neben der es meterweit in die Tiefe ging und das war nach, ich glaube, 18 Stunden Drehzeit. Aber da habe ich mir geschworen, so etwas in der Form nie wieder zu machen. Das Risiko, das wir eingingen, war zu groß für einen Film. Damit meine ich unser Leben und unsere Gesundheit zu riskieren, nicht die Kamera. Die wäre ja ersetzbar gewesen. Nach welchen Kriterien suchen Sie sich ein Projekt aus? Es muss mich ansprechen, ich muss mich in dem Projekt wiederfinden und etwas muss mich daran reizen. Da gibt es kein Rezept. Geht es dabei um Inhalt, die Herausforderung oder etwas anderes? Das eine oder das andere oder am besten um beides. Meistens ist es so, dass ein guter Inhalt eine Herausforderung ist, weil man ja das Bes-
te aus einem guten Inhalt machen möchte! Und jedes Projekt hat seine Anforderungen. Ich habe mir noch nie gedacht: das ist aber leicht … Haben Sie ein Vorbild? Welche Filme haben Sie geprägt? Meine Vorbilder sind immer Christopher Doyle und Sven Nykvist gewesen, um nur zwei Namen zu nennen. In Österreich bewundere ich die Arbeiten von Martin Gschlacht, Christine A. Maier und Wolfgang Thaler oder Christian Berger, aber auch viele französische Filme. Die Filme von Jane Campion sind immer eine Inspiration und die Musikvideos von Michel Gondry. Was ist Ihrer Meinung nach die beeindruckendste Einstellung in einem Film? Ich kann mich erinnern, dass ich von einer Einstellung in »3 Farben Rot« sehr beeindruckt war, in der die Kamera einem Anruf in den Leitungen folgt, einer Hauswand hinauf und durch das Fenster in das Zimmer zum Telefon. Ich habe die Einstellung lange nicht mehr gesehen, ich weiß nicht, ob ich das heute noch so sehen würde, aber das hätte ich gerne gedreht. Vor allem, weil es berührend war. Ich bin immer leicht enttäuscht, wenn ich merke, dass ein großer Kameraaufwand betrieben wurde, nur um der Technik willen. Wenn in einem Film Action abgefeiert wird und die Geschichte verloren geht, finde ich es immer sehr enttäuschend. Was hätte man für großartige Filme mit dem Geld drehen können, das diese paar Sekunden gekostet haben. Es würde mich natürlich sehr reizen, einen Actionfilm zu drehen, aber die Geschichte muss passen. Auch die Filme von Wes Anderson beeindrucken mich sehr. Die sind so ausgetüftelt! Ich fand die Kamerakonstruktionen in »The Darjeeling Limited« so einfallsreich. Wie er die Fahrten durch den engen Zug gelöst hat. Ich würde total gerne mal ein Budget haben, um in so eine Richtung denken zu können. Leena Koppe stand bereits bei »Zweisitzrakete«, »Die Vaterlosen« und »Gruber geht« hinter der Kamera. Neben einer Romy erhielt sie auch eine Auszeichnung bei der Diagonale. 023
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»Les Revenants« Staffel 2 — Es braucht mehr Berg-Serien
Drei Jahre. Drei verdammte Jahre. Das ist in Fernsehjahren fast ein ganzes Jahrzehnt. Vor drei Jahren machte Barney Robin den Heiratsantrag am Dach, die Mutter von Teds Kindern war da noch lange nicht bekannt. Auch Howard und Bernadette waren da noch nicht verheiratet. Serien, die heute schon wieder (gefühlt) durch sind, waren noch nicht einmal angelaufen. »Bates Motel«, »Brooklyn Nine-Nine«, »Hannibal«, »Masters Of Sex« und viele andere. Neuere, nun zum Standard gehörende wie »Fargo« oder »Narcos« waren noch nicht einmal erdacht.
Die superbe französische Mystery-Serie Revenants »Les Revenants« bekommt nach drei Jahren LesDiese drei verdammten Jahre dauerte es, bis eine vom Publikum und ihre zweite Staffel. Wieder in einer Hauptrolle: der Fachwelt rezipierte französische Mystery-Serie ihre Fortsetzung finden darf: »Les Revenants«, im Rest der Welt auch »The Returned« Berge, ein unterschätztes Serien-Setting. genannt. Die Szenen aus Staffel Eins prägen sich ins Gedächtnis: Zu Text Dominik Oswald Bild music box films
Beginn sieht man einen Schulbus gar unscheinbar durch die französischen Hochebenen gleiten, den Zwilling Camille und sehr bald die Tragik: Busunglück, alle tot. Vier Jahre später, nicht gealtert, kommt Camille zurück, als ob nichts gewesen wäre. Keine Erinnerung, alles normal. Außenrum hat sich alles verändert: Eltern geschieden, die Zwillingsschwester eine Lolita-Barfly. Zeitgleich tauchen immer mehr Wiedergänger auf, Simon, Lucie, Victor. Irgendwann bricht die Angst vor dem Neuen, Unbekannten aus, die Staffel endet mit polizeilichen Feuersalven. Die Story kann sich flott und kurzweilig sehen lassen, für Serien dieser Art auch nicht gerade üblich, sogar ohne grobe Logikfehler. Das Außergewöhnliche ist das Setting: Eine Kleinstadt, irgendwo im Département Haute-Savoie an der französisch-schweizerischen Grenze, eingebettet zwischen weißen Bergzipfeln und einem Stausee, der das 024
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Wie Figuren aus dem 19. Jahrhundert schauen sie einander an oder hinaus in die Natur, auf die Berge und die Seen. Nur ist nicht über allen Wipfeln Ruh.
zentrale Element der Serie bildet. Der Teil der realen Tignes-Talsperre ist eigentlich das Symbol für die Beherrschung der Natur von Menschenhand, Ort der Verlässlichkeit und doch Ort der Zerstörung, dort wo alles zusammenfindet, dort wo Tiere ertrinken, weil sie lieber sterben, als dem Unheil der Berge ausgesetzt zu sein. Französische Serien waren in den letzten Jahren, also in der Hochphase des Serienhypes der frühen 2010er Jahre, eher in einer Außenseiterrolle der globalen Rezeption. Eine Rolle, die dem möglicherweise weltbesten Filmland nicht unbedingt gut stand und steht. »Les Revenants« entschädigt für Klischees, die man vermissen konnte: Es gibt reichlich erotische Szenen mit frivolen Teenagern. Musikalisch untermalt werden diese, aber auch viele andere Szenen von Mogwai. Nach dem eher untergegangenen und fiskalen Flop »The Fountain« von Darren Aronofsky war es die zweite dunkle Science-Fiction-Vertonung der Schotten. Vor wenigen Wochen erschien nach überlanger Warterei die zweite Staffel. Immerhin mussten die Protagonisten nicht so lange warten, die Handlung setzt sechs Monate nach dem Ende der ersten acht Folgen ein. Die Kritiken aus Frankreich und dem Vereinigten Königreich sind einhellig und positiv.
setzten Mystery-Drama-Serien wie etwa »Twin Peaks« – der Starttermin der neuen Staffel ist übrigens für 2017 anberaumt – spielen die Berge an sich selten eine wichtige Rolle. Auch in Österreich ist das so. Rund zwei Drittel der österreichischen Bundesfläche gehören zum Alpengebiet. Nur: Es gibt kaum Serien, die auch dort spielen. Wenn, dann erfüllen sie meistens zwei Zwecke: Zum einen suggerieren sie ein »Hoamatgfühl«, dessen Zuhause auf ORF2 ist. Zum anderen geht es um die Ehrfurcht vor dem Berg. »Der Bergdoktor«, Sendungen mit ehemaligen Skifahrern und früher auch Zeichentrickserien wie »Heidi« dienen vor allem touristischen Zwecken, zeigen den Zusehern »unsere« Gemütlichkeit, Prosit inklusive. Die anderen Serien sollen die Gefahr, die von den Bergen ausgeht, zeigen. Das ist meist plumpe, physische Gefahr, die suggeriert, den Anweisungen der kernigen Bergfexe unbedingt zu folgen, auf der grünen Seite der Lawinenstangen zu fahren. »Die Bergretter« oder »Medicopter 117« wären Beispiele dafür. In den Reality-Trash-verliebten USA sind Sendungen mit Bergexpeditionen gerade en vogue, ausreichendes qualitatives Niveau wird aber logischerweise nie präsentiert.
Der Wiedergang
Deine Welt sind die Berge
In Österreich war das Verständnis von alpinen Gegenden als Setting für vernünftige Serien vor Jahrzehnten noch ein bisschen anders: Etwa im historischen »Die Alpensaga« von Turrini, Pevny und Berner, das die ruralen gesellschaftlichen Strukturen kritisiert, oder in der humoristischen Filmserie »Die Piefke-Saga«, die den Widerspruch von deutschen Touristen und den einheimischen kernigen Tirolern darstellt. Die meisten neuen, ernst gemeinten Serien aus Österreich spielen im flachen Land, fast ausschließlich in Wien. Ein »Braunschlag« hätte es genauso gut in Tirol geben können. Serien werden aber für ihr überwiegend Wiener Publikum produziert, die Identifikation mit dem nichtalpinen Gebiet ist da höher. Auch die Storylines der ORF Dienstag-Nacht-Serien lassen nur selten außerwienerische Schauplätze zu. Eine Suspense erweckende alpine Atmosphäre findet sich aber auch im modernen österreichischen Kinofilm nur vereinzelt. Andreas Prohaskas »Das finstere Tal«, das ja auch eindeutige Züge des neuen Tarantino-Films vorwegnimmt, sein etwas älteres »In drei Tagen bist du tot 2«, das Creature-Feature »Blutgletscher« von Marvin Krenn und auch Julian Pöslers »Die Wand« sind angenehme Ausnahmen. Es ist aber schade, dass es solch außergewöhnliche, weil auch vom Genre her nicht typisch österreichische Filme braucht. Die Alpen hätten ja jede Menge Spannung und Angst zu bieten.
Berge und Hochebenen sind zwar in Filmen durchwegs beliebt, insgesamt aber nur selten Schauplätze der internationalen Serienlandschaft. Die unendliche Einsamkeit der Kälte und der Schneeweiße findet sich etwa in »Fargo«. Auch in dezidiert in Hochgegenden ange-
Die erste Staffel von »Les Revenants« gibt es auf DVD. Auf welchem TV-Kanal die zweite Staffel auf Deutsch zeigt wird, steht noch nicht fest.
Das Thema der Wiedergänger – Tote, die zurückkehren – ist nicht neu, deutsche, nordische und slawische Volksmärchen kennen es schon seit Jahrhunderten, das Wort gibt’s sogar im Englischen. Wiedergänger unterscheiden sich dabei von stinknormalen Zombies durch ihr normales Aussehen, Serien wie »The Walking Dead« oder »In the Flesh« gehören trotz ähnlicher Thematik also nicht zu den Wiedergänger-Serien. Das von der Kritik mittlerweile doch gelobte »The Leftovers« ist quasi das Gegenstück dazu. Nach dem Erfolg des französischen Originals produzierte ABC mit »Resurrection« eine Serie ähnlichen Themas, die mittlerweile wieder eingestellt wurde. 2015 debütierte ein amerikanisches Remake als »The Returned«, wie immer, wenn die Handlung direkt übernommen und auf US-amerikanische Verhältnisse umlegt wird – man darf auch auf die nun wieder geplante »Braunschlag«-Adapation gespannt sein – eher mittelgut. Was das französische Original besser macht – es wurde auch mit dem Auslands-Emmy belohnt – sind nicht nur die schauspielerischen Darstellungen, die beim Remake teilweise unterirdisch sind. Es ist das Ambiente. Es sind die Berge.
Nur selten auSSerwienerische Schauplätze
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Text Rainer Kapeller Bild bethesda
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»Fallout 4« — Vom Leben vor und nach der Apokalypse
Apokalypse Wow 027 Das Open-World-Rollenspiel »Fallout 4« ist mit zwölf Millionen verkauften Exemplaren eindrucksvoll gestartet. Was fasziniert so an der Reise durch das Wasteland? Unterwegs auf einer Spurensuche durch Grafikdesign, Musik und die Farben der Postapokalypse. Seit 1997, als der erste Teil der »Fallout«-Reihe erschien, liegt die Spielwelt in den Trümmern des postnuklearen Wahnsinns. Ein unwirtlicher Ort, böse verstrahlt, voller Bestien und Banditen. In »Fallout 4« erhascht man erstmals einen Blick auf das Leben vor dem todbringenden Nuklearschlag. Also vom Boston des Jahres 2075, wo das Atom den Alltag prägt und alle Energieprobleme gelöst sind. Alles gut also? Nicht ganz, denn das Leben scheint stehengeblieben zu sein. Es steckt fest in einer Art Retro-Futurismus. Nach dem Zweiten Weltkrieg befeuerte das Spiel mit der Atomkraft einen ungeahnten Optimismus und zugleich die Angst vor einem nuklearen Krieg. In »Fallout 4« ist diese Spannung auch über 100 Jahre später noch greifbar. Als würde es einfach keine modernen Prozessoren geben und kein Informationszeitalter. Als hätte sich erfüllt wie man sich in den 50ern eine strahlende Zukunft vorgestellt hat, mit allen guten und schlechten Seiten. Man erahnt Euphorie in nuklearbetriebenen Autos und elektronischen Butlern, die Spiegeleier braten und das Haus sauber halten. Und man spürt Paranoia durch den Bau der Vaults, riesiger unterirdischer Bunker, die vor einem Atomangriff und dem radioaktiven Niederschlag, dem Fallout schützen sollen.
Zurück in die Zukunft Am Anfang von »Fallout 4« erlebt man für gut fünfzehn Minuten die Idylle vor dem unweigerlichen Atomkrieg. Spielerisch nicht mehr als ein Prolog, kommt ein Design zur Geltung, das sich am Googie-Stil orientiert (manchmal auch Doo-Wop-Architektur oder Popluxe genannt). Googie ist ein Stil der Moderne, der seine Inspiration im Auto- und Flugzeugdesign der Zeit fand, und vom Beginn des Weltraumzeitalters und des Atomzeitalters geprägt wurde. Einer nach vorne gerichteten Zeit, die Design und Architektur zu kühnen Entwürfen trieb. In »Fallout 4« ist dieser aufregende Mix der 50er mit den feuchten Träumen der Retro-Hightech-SciFi allerorts spürbar. Man erkennt sie an einer Bewegung signalisierenden Designsprache. Rundungen und Stromlinienförmigkeit sind Motive, die in die alltägliche Dinge einflossen. Vollendung findet der Googie-Stil im charmanten Retro-Futurismus der Straßenkreuzer und ihrer wahnwitzigen Heckflossen, überdimensionierten Leuchtreklamen, in langgezogenen Diners und Menschen in zu großen Anzügen. Mit Ausnahme verstaubter Lavalampen hat es wenig davon in die heutige Zeit geschafft. Umso schöner, diesen nostalgischen Blick auf die Zukunft hier versammelt zu sehen.
Endstation Sehnsucht Dann, nach dem glorreichen Prolog: Atomkrieg. Der ist im vollen Gange, die Flucht in die schützenden Vaults die einzige Möglichkeit, zu überleben. Man wacht über 200 Jahre später aus dem Tiefschlaf auf. Wenn man dann von Lebenspartner und Kind getrennt den Bunker verlässt, sein Haus in Schutt und Asche vorfindet und Codsworth, der elektronische Butler, alles ist, was blieb, dann ist es mit der Euphorie schnell vorbei. In einem Interview mit dem Telegraph erklärte GameDesigner Todd Howard, warum es wichtig war, diese Erfahrung zu machen. Es ging dem Team darum, ein Gefühl des Verlusts von etwas Liebgewonnenem zu simulieren. Die heile Welt gekannt zu haben, um zu verstehen, was man gerade verloren hat. Es ist eine verwüstete Welt, die vor einem steht, aber es gibt einen Grund, sich auf sie einzulassen. »Fallout 4« ist keine Therapiestunde im Fertigwerden mit Familienproblemen. Es ist Teil des Spielprinzips, dass man nur kurz das Ende der Welt betrauert und entschlossen mit Waffengewalt bis zum Ende der »Fallout«-Welt geht.
Die Welt von gestern In den ersten Stunden im Ödland trifft einen die Ästhetik der neuen Welt besonders. Da kommt man an Autos vorbei, an denen der Rost sich festgefressen hat und trifft auf verlassene, verblichene Spielplätze im Design großer fliegender Untertassen. An Straßenecken hängen Plakate von Uncle Sam, der für die Armee rekrutiert und vor dem Kommunismus warnt. Man bewegt sich auf der Erde eines verbrannten amerikanischen Traums, vorbei an mutierten Skorpionen und Skeletten im Fernsehsessel und erlebt zahlreiche Referenzen an die Popkultur, die »Fallout« so einzigartig machen. Unterwegs spielen Radiostationen Hits von Bing Crosby, aber auch Nat King Coles »Orange Colored Sky«, oder »Trying« von Ella Fitzgerald sind zu hören. Natürlich gibt es wieder den Sarkasmus, gepaart mit der Naivität und dem Optimismus der damaligen Zeit. Etwa, wenn The Five Stars im Doo-Wop-Stück »Atom Bomb Baby« von ihrer Angebeteten schwärmen: »Atom bomb baby, boy she can start. One of those chain reactions in my heart. A big explosion, big and loud. Mushrooms me right up on a cloud.«
Hoffnung im Hoffnungslosen Im Vergleich mit seinen Vorgängern ist das Wasteland von »Fallout 4« stilistisch ein gutes Stück wärmer und farbenfroher. Die Zeit der vielen Braun-, Grau- und Grüntöne ist vorbei. Die Sonne zeigt sich immer wieder und taucht verfallene Ruinen in goldenes Licht. Bei der Präsentation auf der E3 meinte Game Designer Todd Howard: »Wenn ich auf ›Fallout 3‹ zurückblicke, stelle ich eine Eintönigkeit bei den Spielumgebungen fest. Es kann, wenn eine Partie acht Stunden dauert, ein wenig depressiv machen.« Und tatsächlich, erstmals spürt man so etwas wie Hoffnung und sieht Schönheit in dieser kaputten Welt. Erstmals, so scheint es, geht es nicht ausschließlich um die Gegenwart und darum, dem allerorts sichtbaren Tod zu entkommen. »Fallout 4« erzählt von einem Neubeginn. Es handelt von Menschen, die sich eine Zukunft in dieser Welt aufbauen. Verstärkt wird dieses Gefühl durch neue Möglichkeiten in der Interaktion mit der Umwelt. Man kann an bestimmten Stellen Essen zubereiten, aus gesammeltem Schrott Waffen und Rüstungen bauen oder so wie in »Minecraft« sich ein Zuhause bauen. Apropos Hoffnung: Es gibt hier wirklich treue Begleiter, etwa Dogmeat den Schäferhund, der die Welt weniger einsam macht. Wenn er im Sonnenuntergang den Weg vorgeht und mit seinem Bellen immer wieder zu neuen Herausforderungen führt, dann ist das durchaus eine Welt, in der man sich die nächsten 100 Stunden verlieren möchte. »Fallout 4« ist bereits für PS4, Xbox One und PC erschienen. Das Buch »The Art of Fallout 4« zeigt Illustrationen, Konzeptzeichnungen und Artworks auf 368 Seiten. Ab 22. Dezember auf store.bethsoft.com 027
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Lokusliteratur Über Häuslsprüche und Aphorismen des stillen Örtchens
Auf Wiener Häusln findet man echte Inhalte, Lebensweisheiten und literarische Perlen. Eine Annäherung. Die Toilette. Zlavoj Žižek wusste vieles über sie zu berichten, eine ganze Ideologie entdeckte er gar hinter der unterschiedlichen Bauweise der stillen Örtchen Frankreichs, Deutschlands und der USA. Wenn also einer der stimmstärksten Querdenker unserer Zeit über Toiletten philosophieren kann, warum nicht daran Anleihe nehmen? Denn tatsächlich, auch in unseren Breitengraden ist der Gang auf die öffentliche Toilette immer wieder für Überraschungen gut. Hierzulande wird man jedoch weniger von der Architektur oder der Bauweise inspiriert, obwohl die in manchen Fällen natürlich auch spannend, in anderen, in Anbetracht der Enge und fragwürdigen Funktionalität, peinigend sein kann. Um Hygiene geht es hier auch nicht. Denn dieser Lokalaugenschein in die Wildnis der Wiener WCs im öffentlichen Raum widmet sich einem Gedanken, der noch um einiges unorigineller ist, als die spitzfindige Analyse der Architektur diverser stiller Örtchen, oder gar eine philosophische Abhandlung der Bauweise und Funktionalität à la Zizek. Liebe Klo-Geherinnen und Klo-Geher, jung und alt. Es geht um Inhalte!
Text Sonja Riegler Bild sonja riegler, YASMIN VIHAUS
Naive Liebe ist auch oasch »Naive Liebe ist auch oasch.« Dieses Stück Lebensweisheit ziert eine der Toilettenwände der Wiener Filmakademie. »ich.com, sie.net, scha. de« Lautmalerei, die von der Tür der Nachbarkabine prangt. Großartig. Mehr davon, bitte. Denn dieses Erweckungserlebnis am Häusl hinterlässt sogleich folgende Fragen: Verstecken sich überall in dieser Stadt weitere solcher kleiner Köstlichkeiten, Kugelschreiberkritzeleien, verschlüsselte Botschaften, politische Statements, Liebeserklärungen, die das gängige Niveau des verbreiteten Alltagsvandalismus sprengen? Kann nun tatsächlich das literarische Genre der Lokusliteratur ausgerufen werden? Is this a thing? Ich glaube ja. Wagen wir uns also hochoffiziell auf das, nun ja, mehr oder minder geistig stimulierende Terrain der Vienna Toilet Art. Denn in Zeiten, in denen so vieles auf virtuellen Walls hinterlassen wird und somit für alle Ewigkeit – Vorratsdatenspeicherung sei Dank – in das digitale Gedächtnis festgeschrieben ist, hat es doch etwas Bekömmliches, sich erneut den leibhaftigen, physischen Wänden und deren Inhalten zu widmen, präziser, den Inschriften der öffentlichen Toiletten dieser Stadt.
Jetzt kann man natürlich argumentieren: Wow, big deal, schon einmal etwas von Street Art gehört? Donaukanal ist dir ein Begriff? Durchaus, der Einwand ist berechtigt. Allerdings, wer kann guten Gewissens behaupten, sich noch nie gefragt zu haben, was und vor allem wer hinter all den Botschaften steckt, die diverse öffentliche Toiletten Wiens zieren? Welche Motivation veranlasst den Griff zum Kugelschreiber oder Edding – ganz klar, den hat man ja auch immer dabei –, den Wunsch, sich am Häusl zu verewigen? Ist es Ausdruck eines menschlichen Urinstinktes, Schlagwort Höhlenmalerei? Ist es die Intimität der Unsichtbarkeit, die Gewissheit des Geheimen? Gleicht die Toilettenkabine einer Art Kokon, ist sie sicheres Vakuum, das vor dem Werten und Meinen der Außenwelt schützt? Denn eines ist klar: Wenn hier Statements hinterlassen werden, dann passiert dies meist anonym. Wenn hier Kunst passiert, dann passiert sie anonym. »Naive Liebe ist auch oasch.« Wessen Liebe? Wer bist du, verdammt, desillusionierte Unbekannte, desillusionierter Unbekannter? Wir suchen nach Antworten. Man stelle sich also vielleicht Carla vor. Carla ist 25 Jahre alt, Studentin der, na sagen wir, Germanistik und der ewigen Wälzerei von literarischen Werken überdrüssig. Zudem hatte sie vor Kurzem eine Erfahrung amouröser Natur (mit Männlein oder Weiblein, das ist für unsere kleine Geschichte hier irrelevant) und dieses Techtelmechtel ist leider im Sand verlaufen. Carla greift also kurzerhand zum Stift und schreibt: »Naive Liebe ist auch oasch.« Danach hat sie sich vielleicht bei Tinder angemeldet. Ja, so wird es gewesen sein. So oder anders, und es war gar nicht Carla, sondern Carlos oder wer auch immer. Wir werden es im Falle der Lokusliteratur nie wissen. Autorin oder Autor unbekannt. Verlag nicht existent. Auflage, die erste – bis jemand zum Essigreiniger greift und das Ganze schöne Gekritzel mit Schweiß und Müh entfernt. Wir haben es hier schließlich mit einem vergänglichen, kurzlebigen literarischen Genre zu tun.
Toilet Art – (politische) Kunst im öffentlichen Raum? Der Fall der naiven Liebe am WC der Wiener Filmakademie, die auch oasch ist, mutet zwar tragisch an, ist jedoch politisch relativ harmlos. Brisanter wird es schon, wenn man sich fragt, wie wohl die Toiletten der präferierten Lokale einer Burschi-Verbindung oder im Gegensatz dazu das stille Örtchen diverser linksorientierter Institutionen aussieht? Denn auch wenn der Akt des Schreibens, Bekritzelns, Besprayens oder Verzierens der Toilette in den meisten Fällen anonym passiert, so ist das Endergebnis immer ein öffentlich sichtbares. Man überlege sich die rege Zirkulation, die vielen Augenpaare, die sich tagtäglich auf den verschiedensten öffentlichen Klos ein und aus bewegen. Die Toilette ist nun mal Urban Space, geteilte Nutzungsfläche,
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sie ist Medium, im gleichen Maße wie es eine Litfaßsäule oder eine Facebook-Wall ist. Alleine dieses Faktum macht sie zu einer Projektionsfläche, die gesellschaftspolitisch nicht uninteressant ist. Die jeweiligen Inhalte sind jedoch stark milieuabhängig. »Riot not diet«, ziert beispielsweise in großen, schwarzen Lettern den Spülkasten der Toilette des Votiv-Kinos. »Support your sisters, not just your cis-ters«, prangt von der Wand des Klos im Wiener Cafe Gagarin. Ein Schild, auf der Damentoilette der Hauptbibliothek, das dazu auffordert, keine femininen Hygieneartikel hinunterzuspülen, wurde mit einem simplen »Mein Tampon ist männlich« kommentiert. Feministische Botschaften auf den Wänden der stillen Örtchen Wiens sind keine Seltenheit. Und auf einmal ist es dann gar nicht mehr so still dort. Antifaschistische Statements, Solidaritätsbekundungen, politische Slogans und die obligate »Freiheit beginnt im Kopf«-Poesie, die Bandbreite ist groß. Die Inhalte der vorhin angeführten Burschi-Toiletten wollen wir hier getrost außen vor lassen. Bleibt höchstens zu fragen, ob Bumsti sich schon einmal zu einem Klo-Posting bemüßigt fühlte. Vielleicht sogar mit Hashtag #wählt so wie ihr denkt. Oder so.
Latrinalia – ja, es existiert ein Fachvokabel Schriftliche und grafische Spuren der menschlichen Kommunikation auf der Toilette sind keineswegs ein modernes Phänomen. Ihre Geschichte ist wahrscheinlich so alt wie das stille Örtchen selbst. So wurden beispielsweise bei archäologischen Ausgrabungen in Pompeji antike Latrinalia (ja, es existiert hier tatsächlich ein Fachvokabel) gefunden. Diese Tatsache führt uns wieder zurück zu der Frage nach den Motivationen und Motiven, sich auf der Toilette zu verewigen. Mit Sicherheit stehen in etwa dieselben Bewegründe dahinter, wegen denen Sprayer zur Dose greifen. Es ist das Faktum der Anonymität, das die Zunge lockert und den Edding quietschen lässt. Es ist der Wunsch nach zwischenmenschlichem Austausch, das inhärente Verlangen seinen Senf dazugeben zu können. Manchmal ist es wahrscheinlich einfach auch eine gute Möglichkeit, neben der herkömmlichen Entleerung zusätzlich Dampf abzulassen: »Ich hasse Menschen, Tiere und Pflanzen. Steine sind okay.«
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Interview mit Klo-Graffiti-Forscher Norbert Siegl beforscht seit 1976 Wandsprüche
Sag’s durch die Klowand Norbert Siegl hat sich schon mit Klo-Graffitis beschäftigt, bevor der Großteil der The Gap-Leser in die Windeln geschissen hat. Man kann den heute 85-jährigen Wiener also ohne Übertreibung als Experten bezeichnen. Wir haben ihn interviewt. »Toiletten-Graffiti aus einem Wiener Institutsgebäude: vollständige Bestandsaufnahme aller Graffiti in 46 Toilettenkabinen der Wiener Universität. Mehrbändig«. Das ist nur einer der vielen Einträge, die man findet, wenn man nach Norbert Siegl im Universitätsbibliothekskatalog sucht. Da wollte es jemand genau wissen, könnte man sagen – wenn man es im Gespräch mit Norbert Siegl aber genauso formuliert, antwortet er: »Was heißt wollte, ich lebe ja noch!« Er hat seine Forschung trotz seines Alters also keineswegs aufgegeben, er ist Leiter des Wiener Graffiti- und Street-Art-Archivs, das er 1976 als eines der ersten und umfangreichsten Dokumentationszentren für Graffiti-Kunst gegründet hat. Im Laufe der Jahre hat er mit seinem Team über 80.000 Graffiti gesammelt. In seiner Diplomarbeit »Das geschlechtstypische Kommunikationsverhalten am Beispiel von Toilettengraffiti« hält er die Klo-Inschriften nicht nur fest, sondern analysiert sie auch. Lange vor anonymen Accounts in Internetforen bildeten Klos einen abgeschlossenen Bereich, in dem Menschen nicht nur ihrer Notdurft, sondern auch ihren Gedanken freien Lauf lassen können. Die meistdiskutierten Themen unterscheiden sich dabei ebenfalls wenig von der Onlinewelt: Sex und Politik. Ok, das hätten wir vermutlich auch ohne Norbert Siegl geahnt, dennoch lassen sich interessante Parallelen zwischen Klo- und Außenwelt ziehen, wenn man sich seine Ergebnisse genauer ansieht. Beispielsweise was politische Äußerungen betrifft: Während Männer auf den Klowänden der Universität Wien eher zu rechten Äußerungen neigen, hinterlassen Frauen vermehrt politisch linke Inhalte am Häusl. Wer das mit Wähleranalysen vergleicht, wird zu einem ähnlichen Bild kommen. Während Politik am Klo häufiger von Männern diskutiert wird, ist Sexualität am Frauenklo häufiger ein Thema. Die Klowände der Universität fungierten dabei zum Teil sogar als Ratgeber – wie kommt man zum Orgasmus, welche Auswirkung hat die Penisgröße, wie vermeidet man Schmerzen beim Analverkehr – was heute Google beantwortet, hat 1991 noch die Klo-Community der Uni Wien erledigt. Dass das in dieser Form nicht mehr der Fall ist, liegt aber nicht nur daran, dass wir durch anonyme Online-Statements und Fragen schneller loswerden können – es hat auch architektonische Gründe. Warum Klo-Graffitis eine aussterbende Spezies sein könnten und wie man sich 60 Jahre lang mit ihnen beschäftigt, hat uns Norbert Siegl im Interview erklärt. Sie beschäftigen sich seit Jahren mit Klo-Graffiti, wie kam es dazu? Nicht seit Jahren, seit Jahrzehnten! Ich habe mit 25 begonnen, mich damit zu beschäftigen und jetzt bin ich eben schon 85. Ich war von 030
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der Materie schon immer sehr fasziniert, es ist einfach eine einzigartige Situation, in der die Kommunikation am Klo erfolgt. Durch einen anonym bleibenden Einzelnen ist eine große Anzahl von Rezipienten erreichbar und es können Beiträge kommuniziert werden, die in anderer Umgebung möglicherweise auf Unverständnis stoßen würden. Sehen Sie Klo-Graffiti als Vandalismus oder als Kunst? Weder noch. Es ist einfach eine Form der Kommunikation – so muss man das sehen, das hat meiner Meinung nach weder mit Kunst noch mit Vandalismus etwas zu tun. Wieso wurden gerade Klos so ein besonderer Kommunikationsraum? Da geht es um Privatheit. Es gibt ja keine Räume, die so privat sind wie dieser. Diese abgeschlossene Situation fördert die Anonymität und es werden viele Themen angeschnitten, die ansonsten nicht so oft angesprochen werden – das zeigt sich gerade auch in der langjährigen Forschung. Themen, die gesellschaftlich noch nicht so akzeptiert waren, wurden auf Klos dennoch »diskutiert«. Sexualität, extreme politische Meinungen und Ansichten beispielsweise. Und dieser Raum fördert eben auch, dass das in ausführlicher Weise abgehandelt wird, was im sonstigen öffentlichen Raum nicht der Fall ist. Natürlich gibt es im sonstigen öffentlichen Raum auch Graffiti, aber die sind meistens reduziert auf kürzeste Parolen, während am Klo Zeit bleibt für die längere Auseinandersetzung mit Themen. Wie sind Sie bei Ihrer Arbeit damals vorgegangen? Wie offen war die Uni für das Thema? Ich wollte keine offizielle Genehmigung für die Erhebung einholen, da das mit einem beträchtlichen zeitlichen und bürokratischen Aufwand verbunden gewesen wäre. Außerdem konnte ich nicht einschätzen, ob die Universitätsdirektion eine Genehmigung zur Durchführung erstellt hätte und wenn die Aufmerksamkeit erst einmal auf die Inschriften gelenkt worden wäre, hätten diese leicht bei einer gründlichen Reinigungsaktion zerstört werden können. Um zu starker Benutzerfrequenz und den damit zusammenhängenden Unannehmlichkeiten zu entgehen, nutzten wir die Semesterferien 1991 zur genauen Materialerhebung. Ein Problem stellten natürlich die Enge und die unvermeidbar mit der Örtlichkeit zusammenhängenden Gerüche dar. Insgesamt haben wir so 46 Kabinen in zwei Stiegen über insgesamt vier Etagen erfasst. Was hat sich im Laufe der Zeit verändert? Da hat sich schon einiges verändert. Im ganzen Universitätsbereich gibt es eigentlich fast keine Klo-Graffiti mehr, die Kulturform ist zumindest im Universitätsbereich großteils ausgestorben. Das hat damit zu tun, dass die Reinigungshäufigkeit gestiegen ist, dass die Wände nicht mehr tapeziert oder geweißt sind wie früher oder sie sind überhaupt mit Kunststoff verkleidet, auf denen viele Stifte nicht haften. Es gibt eine ganze Reihe von architektonischen Hindernissen, denen Klo-Graffiti heute ausgesetzt ist. Als ich begonnen habe, waren KloGraffiti wirklich auf jedem öffentlichen Klo zu finden – auf jedem Universitäts-Klo, in jedem Lokal. Die waren einfach eine konstante Kulturleistung, die überall im gesamten deutschsprachigen Raum anzutreffen war. In der Zwischenzeit ist das zurückgedrängt worden, es gibt nur mehr wenige Refugien. Ich bin sehr glücklich darüber, dass Sie da jetzt noch etwas gefunden haben, weil das ist eine Kulturform, die kurz vor der Ausrottung steht. Das ist eigentlich sehr schade. Wer sich für Graffiti-Kunst im Allgemeinen und Klo-Graffiti im Speziellen interessiert, dem ist ein Besuch im Graffiti-Museum Wien zu empfehlen. Ausführlichere Informationen zum Thema gibt es außerdem auf www.graffitieuropa.org 031
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Interview mit Christian Lakatos — Festivals und Elektronik in Österreich
Text Stefan Niederwieser Bild Lupi Spuma, Patrick Muennich, jana sabo
Christian Lakatos war jahrelang der Kopf hinter dem Urban Art Forms-Festival. Nächstes Jahr macht er etwas Neues, ausgerechnet mit der Konkurrenz. Ein ausführliches Interview über die österreichische Festivallandschaft und elektronische Musik.
Im Lauf der Zeit lernt man ja viele verpeilte Nasen und selbsternannte Experten für elektronische Musik kennen. Christian Lakatos ist das Gegenteil. Seit zehn Jahren hat er das Urban Art Forms veranstaltet, managt Camo & Krooked oder Gudrun von Laxenburg und kennt die heimischen Verhältnisse im BassMusic-Bereich wie kein Zweiter. Dass er ab 2016 mit dem Nu Forms Festival eine neue Veranstaltung mit neuen Partnern in Wiesen promoten wird, ist insoferne pikant, als sich das Urban Art Forms wegen Vertragsauflösung gleichzeitig eine neue Heimat wird suchen müssen. Brichst du jetzt dein Schweigen? Ach, nein. Ich habe ja auch keine negativen Empfindungen. Man hatte einfach verschiedene Interessen. Ich habe das zehn Jahre gemacht und wollte mich ursprünglich ganz aufs Management konzentrieren und gar nicht mehr veranstalten. Sie [Anm. Festival-Platzhirsch Skalar mit Nova Rock, Frequency uvm.] haben in Wirklichkeit halt wenig Ahnung von elektronischer Musik, wenn es um Subgenres geht, und da wollte ich niemanden hängen lassen. Also hab ich angeboten, dass ich ein Jahr lang jemanden aufbaue, der dann übernimmt, und ich bin raus. Es waren aber wohl zu viele Egos im Spiel, um das anzunehmen. Bis vor Kurzem habe ich nicht gewusst, ob sie das Urban Art Forms überhaupt weitermachen. Nachdem die Marke zu Tode gespart wurde, war sie für mich ohnehin tot. Sie konnten oder wollten es nicht glauben. Wenn man sich jetzt die Rückmeldungen ansieht, empfinden das die Leute auch so. Es gab aber zuvor schon enttäuschte Erwartungen. Du bist ja nicht der erste, der heuer von Skalar weggeht. Mir ist Loyalität am Wichtigsten. Ich habe damals im ersten Schritt 50 % meiner Firma und letztlich 100 % eingespeist und mich für ein
Team entschieden. Und da werden Gemeinschaftsentscheidungen getroffen. Wenn ich etwas anders sehe, muss ich mich trotzdem danach richten. Es ist ja kein Geheimnis, 2010 ist das Stromaggregat mit riesigem Schaden abgebrannt. Eine halbe Stunde, bevor wir das Festival aufsperren wollten, plötzlich alles puff, weg. Fast alle Geräte sind dran gehangen und jedes ohne eine eigene Sicherung ist gekillt worden. Beamer, Moving Heads, Laser, alles. Da hat mich Skalar gerettet. Und damit hat sich für mich kaum merklich das Verhältnis verschoben und war nicht mehr auf Augenhöhe. Damit man versteht, warum Dinge jetzt so sind, wie sie sind, es gibt auch rechtliche Vereinbarungen mit Skalar. Die Markenrechte von Urban Art Forms liegen in der Alserstraße [Anm. Synonym für Skalar]. Sie können entscheiden, ob sie es machen oder nicht. Es gab Angebote zur weiteren Zusammenarbeit. Das ist nur an Angebotsfristen für Acts gescheitert. Du hast also das Nu Forms gebucht. Buchen kann ja jeder. Es geht darum, das Gesamtbild zusammenzustellen. Bei einem Festival spielen immer sehr viele Interessen mit. Ich hatte ja immer eine Idee, warum es welche Subgenres, Brands oder Stage Hostings geben soll. Da spielt bei mir meine Arbeit als ArtistManager auch eine wichtige Rolle. Ich komme früh an neues Material, ich weiß, welcher Act im nächsten Jahr veröffentlichen wird, ich weiß, ob das funktionieren wird, ich bin seit zehn Jahren in dem Netzwerk. Wenn ich Rock zu buchen anfinge, was sollte ich da umgekehrt reißen? In der Konzertkultur kommen die Fans einfach zu einer Band wie AC / DC. In elektronischer Musik – ausgenommen EDM – war es immer wichtig, wer veranstaltet wo, an welchem Wochentag und welche Kredibilität hat man. Und das wurde beim kommenden Urban Art Forms, was den Bassmusic Bereich betrifft, ein bisschen unterschätzt.
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Das Urban Art Forms in Wiesen war heuer nicht so, wie sich das Christian Lakatos vorgestellt hat. Deshalb macht er 2016 das Nu Forms.
Mittlerweile gibt es in Österreich viele Elektronik-Festivals, man WC oder ein Dixi-Klo gehen müssen. Ob sie zum zehnten Mal Mario’s muss versuchen, sich abzugrenzen. Pizza fressen und ein lauwarmes Bier trinken müssen. Man muss jetzt Ich habe das alles durchgemacht. Ich habe das ja in Österreich ini- gewisse Dinge erfüllen. Wenn es auf anderen Festivals indisches und tiiert. Ein Klaus Leutgeb vom Lake war zum ersten Mal beim UAF auf koreanisches Essen gibt, wird man mit gebackenen Henderlflügerl einem Elektronik-Festival und ich sag mal frech, die Gründung von nicht weit kommen. Um Food Trucks gibt es einen Mega-Hype. Wenn Beat Patrol und Electric Love wurden davon sicher auch beeinflusst. die Burger und das Brot aus der Region kommen, ist das aber natürlich Die haben die Energie mitgenommen und ihr eigenes Ding daraus gut. Da wird aber auch viel Schindluder getrieben. Ob das alles organic gemacht. Aus alter Firmenpolitik habe ich früher mit Beatpatrol z.B. ist? Wer kontrolliert’s? Ich hoffe aber, dass die guten Teile Bestand nicht zusammengearbeitet. Es hat sich nun herausgestellt, dass wir haben werden. alle eigentlich gut miteinander können. Wir spielen hier mit offenen In England gibt es teilweise sogar Kindergärten und ein EntertainKarten untereinander und teilen die Acts fair auf – so wie ich das im ment-Programm. In Österreich ist es so – das hab ich immer kritisiert Drum’n’Bass seit zehn Jahren mache. Als ich in Wien vor zehn Jahren –, dass oft nicht die Musik im Vordergrund steht, sondern Fressen, Saufen, Ficken. Wenn ein Festival kein Tagesprogramm und kein Sideangefangen habe, war das echt ein Kriegszustand. Programm hat – und du in der Früh um zehn aufstehst, kannst du Da ist schon absichtlich gegen andere programmiert worden? Da ist alles absichtlich passiert. Wenn jemand etwas Internationales saufen. Und sonst nix. Darum ist es auch gut, dass sich etwas tut. gebucht hat, ist am selben Abend eine Free Party gemacht worden. Aber wir haben noch viel aufzuholen. Beim Festivals wie TomorDurch das Gegeneinander und die Ego-Probleme ist das kurzfristig rowland stehen handgeschnitzte Wegweiser, verziert, mit Schleiferl richtig zusammengekracht. Als ich dann mit Echo Location viele große umgehängt, für die sich Künstlergruppen einbringen, die das Ganze Acts übernommen hatte, habe ich mich mit allen zusammengesetzt als Plattform für sich sehen. Stell das einmal bei uns auf. Der Ständer und gesagt, ich möchte das befrieden. Ich teile das fair auf. Wenn ist nach zwei Sekunden weg, wenn sich die Security umdreht. Da fehlt Subfocus heute im Flex spielt, spielt er nächstes Jahr in der Arena. Seit der Respekt. Wenn du das am Burning Man machst, wirst du dort wir das so gemacht haben und jeder sein fixes Datum hat, funktioniert rausgeprügelt. Oder besser gesagt, es kommen zwei Festivalbesucher, die Szene und wächst ständig. die fragen: Hey, warum hast du das jetzt gemacht? Mittlerweile beAuf Festivals müssen jetzt Food Trucks stehen, da muss eine arge wundere ich das. Und genau das wollen wir für Nu Forms. Wie viele Deko sein, da müssen Zauberer auftreten und sich jeder wohlfühlen. Leute kommen, ist quasi erst mal scheißegal. Wir wollen die guten Leute haben, die das auch leben. Wie stehst du dazu? Ich glaube, dass das immer wichtiger wird. CO2-Kanonen, Konfetti und Special Effects sind auf der Bühne Multiplikatoren gewesen. Den Das Nu Forms Festival findet an drei Tagen im Juni 2016 Leuten ist es auch sonst nicht mehr egal, ob sie auf ein Fließwasser- in Wiesen statt. www.nuforms.at 033
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In Österreich verdienen Männer und Frauen im Film gleich viel. Trotzdem gibt es für Frauen weniger Hauptrollen. Wie im heuer erfolgreichsten heimischen Film »Das ewige Leben«.
Pay Gap im österreichischen Film — Müsste Jennifer Lawrence auch in Österreich an die Öffentlichkeit gehen?
Text Steve Meyer Bild luna film, daniel gebhart de koekkoek
Frauen verdienen im Schnitt weniger als Männer. In Hollywood ging das Thema kürzlich durch Jennifer Lawrence hoch, weshalb wir uns in Österreich umgehört und mit Leuten wie Josef Hader, Sabrina Reiter und deren Agentin Daniela Fruhmann gesprochen haben. »Wir sind so ein kleines Mini-Land und es harmoniert eigentlich alles sehr gut«, meint die österreichische Schauspielerin Sabrina Reiter. Dass alles harmonisch ist, dachte sich Jennifer Lawrence letztes Jahr vielleicht auch noch, bis ein Hack von Sony in Amerika für Schlagzeilen sorgte. Unbekannte sind in den Server eingedrungen und haben Gagenlisten, Verträge, Sozialversicherungsnummern, Passwörter, private Telefonnummern, Mailverläufe und vieles mehr geleakt. Durch den Skandal hat Jennifer Lawrence erfahren, dass ihre männlichen Kollegen bei »American Hustle« viel mehr verdienen als sie selbst. Ein Schock für sie. Lawrence sieht das Problem allerdings gar nicht unbedingt bei Sony, sondern viel mehr darin, dass sie bei den Gehaltsgesprächen in die gesellschaftliche Rolle einer Frau passen und nicht schwierig oder verwöhnt wirken wollte. Etwas, worüber sich Männer, ihrer Meinung nach, keine Gedanken machen müssen. Überholte gesellschaftliche Stereotype, derer wir alle ausgesetzt sind. Vielleicht sogar darunter leiden. Viele feiern Lawrence deshalb aktuell. Laut dem Wirtschaftsmagazin Forbes ist sie zwar die bestbezahlte Schauspielerin weltweit. Der bestbezahlte Schauspieler Robert Downey Jr. verdiente aber im Vergleich rund 80 Millionen Dollar. Mittlerweile setzen sich immer mehr Schauspielerinnen wie Patricia Arquette oder Cate Blanchett für gleichberechtigte Bezahlung in Hollywood ein. Natürlich verdienen alle nicht schlecht. Kein Grund jedoch, einfach zu akzeptieren, weniger als Männer zu bekommen. Für den gleichen Job.
In der EU an vorletzter Stelle Natürlich ist Österreich nicht Hollywood, ungleiche und ungerechte Bezahlung zwischen den Geschlechtern ist jedoch ein weltweites Problem. Nicht nur im Film-Business. Der Global Gender Gap Report von Eurostat hat dieses Jahr die Gleichstellung von insgesamt 145 Staaten untersucht. Österreich belegt 2015 nur Platz 37. Wenn es um Gerechtigkeit beim Lohn geht, liegt Österreich international sogar nur auf Platz 104. Frauen verdienen hier deutlich weniger als Männer. »Es gibt hier keinen Unterschied in der Bezahlung zwischen Männern und Frauen«, erzählt Daniela Fruhmann. Sie hat als Agentin einen genauen Einblick in die Gehälter, da sie für die Gagenverhandlungen der Schauspieler zuständig ist, die sie oft selbst betreut, wie Sabrina Reiter. Ein Problem der ungleichen Bezahlung sieht sie in der österreichischen Schauspielbranche nicht. Allerdings betont sie mehrmals, dass die Bezahlung im Filmbereich generell sehr schwierig ist. Alle verdienen anders. Eine Faustregel gibt es nicht, alles ist Verhandlungssache. Außerdem kommt es immer auf Budget, Marktwert und Berühmtheit der Person, Drehtage und vieles mehr an. Ziemlich kompliziert, verworren und intransparent. Intransparenz, die zum Problem werden kann. »Geld war schon immer ein Tabuthema«, sagt Fruhmann. Weder unter den Schauspielenden selbst, noch unter anderen Leuten der Branche wird darüber gesprochen. »In der Mehrzahl der Fälle gibt es dann auch böses Blut, weil es immer jemanden gibt, der mehr Geld bekommt. So ist das Leben«, erklärt sie. Bei Gehaltsgesprächen ist sie der Meinung, dass alle Beteiligten am Ende zufrieden sein sollten.
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Jennifer Lawrence hat die Debatte nach den Sony-Leaks angestossen. Sabrina Reiter treibt sie nun weiter.
Sabrina Reiter, Josef Hader Genau da lag in Amerika allerdings das Problem. Jennifer Lawrence war zufrieden, die Produktionsfirma war mehr als zufrieden und niemand redete darüber. »Das ist jeweils unser eigenes Ding, wir reden nicht über das Gehalt«, erzählt auch Sabrina Reiter. Allerdings kennt sie die Gagen einiger Schauspielkollegen und hat noch nie einen Unterschied festgestellt. Hier müsse sich niemand beschweren. Vielleicht ist Österreich in der Filmbranche fortschrittlicher und fairer als in allen anderen Bereichen, wenn es um die Bezahlung geht. Vielleicht werden Schauspielerinnen hier gleichberechtigter behandelt als in Amerika. Mit Sicherheit lässt es sich nicht sagen. Und laut dem Global Gender Gap Report ist es schwer vorstellbar. Josef Hader meint beim Besuch am Filmset von »Die wilde Maus« allerdings auch, dass es in Österreich keine großen Unterschiede in der Bezahlung gibt. Vielleicht funktioniert hier also alles von selbst? In Amerika oder Deutschland würde das anders aussehen. »Das Gefälle in Österreich ist aber insgesamt viel flacher«, meint Hader. Große Unterschiede gäbe es hier nicht. Es kommt allerdings oft vor, dass Schauspielende viel mehr verlangen, weil sie sich für berühmter halten. In seinem neuen Film verdienen aber sowohl Männer als auch Frauen, die in den Hauptrollen zu sehen sind, den gleichen Betrag. Berühmtheit oder Geschlecht sind da egal.
Diskriminierung, aber nicht im Bereich der Gagen Daniela Fruhmann sieht in der Branche dennoch eine Diskriminierung von Frauen, die jedoch nicht bei den Gagen stattfindet. »Ich finde es dramatisch, wenn Schauspielerinnen über 35 fast keine Rollen
mehr bekommen«, sagt sie. Frauen werden auch hier in Österreich viel schneller als alt eingestuft als Männer gleichen Alters. Eine amerikanische Studie der San Diego State University hat herausgefunden, dass lediglich 30 % der Frauen in den 100 erfolgreichsten Filmen 2014 über 40 Jahre alt sind, während es bei Männern 53 % sind. Meist seien es auch Männer, die Regie führen oder das Drehbuch schreiben. In Amerika wurde der begehrte Filmpreis Oscar mittlerweile schon zum 87. Mal verliehen. Trotzdem gab es bisher mit Kathryn Bigelow 2010 nur eine einzige Frau, die den Preis für Beste Regie erhalten hat. Eine Erhebung der San Diego State University hat auch gezeigt, dass 2014 unter den 100 erfolgreichsten amerikanischen Filmen mit Angelina Jolie nur eine Frau in der Regie vertreten war. In Österreich sieht es da nicht besser aus. Lediglich zwei der 20 erfolgreichsten heimischen Filme seit der Jahrtausendwende sind von Regisseurinnen. Fruhmann sieht zudem eine große Diskrepanz zwischen der Anzahl an männlichen und weiblichen Rollen. Es gäbe sehr viele Frauen, die schauspielern, aber einfach nicht genügend Rollen. »Das ist scheiße«, meint auch Sabrina Reiter. Aus diesem Grund ist es für weibliche Schauspielende schwer, kontinuierlich zu arbeiten. Von einer Filmrolle in das nächste Projekt zu gehen, ist sehr schwer. »Die großen Rollen sind immer Männerrollen«, sagt Daniela. Eine von Männern dominierte Welt. Die traurige Realität in den meisten Berufsfeldern. Selbst wenn die Filmakademie als wichtigste Ausbildungsstätte für Film seit einigen Jahren versucht, genauso viele Frauen wie Männer aufzunehmen, hat die österreichische Filmbranche noch einiges zu tun. Frauen sind unterpräsentiert, manchmal unsichtbar. »Da muss endlich was passieren!«, sagt Daniela. 035
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Manieristischer Fingerzeig der Bildenden — Ab in die mysteriöse Gegenwelt
Unterm rosaroten Schleier Text Gabriel Roland Bild aschka kopp, Marlene Mautner
Wer moderne Kunst langweilig findet, sollte vielleicht aufgerissenen Auges die Bildende besuchen. Hier ist sie geheimnisvoll, mysteriös und manchmal auch radikal oberflächlich.
Am 6. Mai 1527 erstürmten außer Kontrolle geratene habsburgische Soldaten Rom. Tagelang wurde geplündert, zerstört, gemordet und vergewaltigt – der sogenannte Sacco di Roma. Die brutalen Wütereien reichten auch über das damals übliche Maß hinaus. Nicht zuletzt ging es hier um Rom. Die Schätze, die die Renaissance im Kirchenstaat angehäuft hatte, wurden dezimiert, schließlich wurde sogar der Papst selbst gefangen genommen. Als die Landsknechte abzogen, war die Würde der ewigen Stadt mehr als angekratzt. Am 19. November 2015 eröffnete im xhibit der Akademie der Bildenden Künste die Ausstellung »Aufgerissenen Auges: Transmanieristische Reaktionen«. Der Kurator Christian Hetlinger trägt einen Kaftan und verliest eine alchemistische Zutatenliste: »1 Babynarwal, 2 Ballone, 3 036
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Musikinstrumente, 4 Halbgötter, …« Das mondäne Kind im elegant gewellten Rock meint, dass doch mindestens 100 Leute anwesend seien. Oder doch Tausend? Aber kennen täte sie nur fünf. Währenddessen eine Performance: Brigitte Wilfing schöpft tief aus dem Repertoire symbolischer Gesten. Ob wohl wegen des verstörend lang gehaltenen römischen Grußes das Fotografieren streng verboten sei? Dann strömen alle in die Ausstellung.
Der Manierismus scheint ein Gebot der Stunde zu sein Der Manierismus scheint ein Gebot der Stunde zu sein. Es gilt, die Regeln und Restriktionen aufzubrechen, die sich Gestaltung und Kunst im großen Projekt der Moderne selbst auferlegt haben – oder vielleicht weniger sie aufzubrechen als sie aufzuweichen, sie durch Verpackung und Verschleierung der Alltäglichkeit zu entziehen. Die plakativen, dick aufgetragenen Ansagen, das angestrengte Wollen werden dem manieristischen Auge, das nach Luftigkeit verlangt, unerträglich. Gleichzeitig ist es aber auch der verpflichtenden Ironie überdrüssig. Der Kunst ihre heilige Ernsthaftigkeit zurückzugeben und sie vor dem Staub des Profanen zu bewahren, ist die Aufgabe des Manierismus. Er sucht das durch künstliche Expressivität und das gelehrte Spiel mit Symbolen, Chiffren und Bedeutungen zu erreichen. Im Italien des 16. Jahrhunderts geschah genau das. Als Reaktion auf die analytische Ausgewogenheit der ausklingenden Renaissance wurden Werke geschaffen, die freier im Ausdruck waren und mehr Wert auf Dynamik als auf Harmonie legten. Wenn die Renaissance dem Andenken der Antike den Schleier heruntergerissen und Europa zurück auf den Weg der rationalen Erkenntnis gebracht hat, so wollte der Manierismus besagten Schleier kunstvoll wieder auf die enthüllte Statue drapieren und ihr so ihren sinnlichen wie übersinnlichen Reiz zurückgeben. Es ging nun nicht mehr um eine Antike der großen Taten und Erkenntnisse, sondern um eine der geheimnisvollen Gärten und der darin verborgenen Offenbarungen.
Ein Garten der Künste Nicht umsonst fiel im Zuge der Eröffnungsreden in der Bildenden das Wort »Entsäkularisierung«. In der Ausstellung, die sich den heiligen Garten von Bomarzo zum Vorbild genommen hat, scheint sich in der Tat das meiste höheren Geheimnissen hingeben zu wollen. Das Kuratorium, Ruby Sircar und der bereits erwähnte Christian Hetlinger, hat die Räume mit Objekten vollgestopft. Die Wände sind mehrreihig und dicht behängt, wobei aktuelle Arbeiten mit solchen aus der Sammlung der Akademie vermischt sind. Auf Beschriftungen wurde verzichtet, was den Eindruck verstärkt, sich hier in einem kunstvoll angelegten Garten zu befinden – und nicht in einer kühlen Exposition von Einzelwerken. Die Aufgabe der Skulpturen des Sacro Bosco von Bomarzo erfüllen die zahlreichen Installationen und Objekte: ein pastellfarbenes
Fliesenpodest, aus dem eine Schokoladequelle in ebensolchem Rosa entspringt, ein Paar metallischer Vorrichtungen mit mysteriösen Lederpölstern, diverse Quasten und eine Locke Dürrs, um nur einige zu nennen. Hier wandelt man wirklich aufgerissenen Auges, so wie es die im Begleittext besprochene Sphinx von Bomarzo fordert. Der Boden des hintersten Raumes, verheißungsvoll-beklemmend mit »Eternal Night« betitelt, ist überhaupt fast gänzlich von einer tülligen Textilflut bedeckt, der es aber an einer Brücke mangelt, die das Erreichen der anderen Kunstwerke, einer Liebesgrotte, die das Kind von vorhin als Hüpfburg nutzt, und einer geisterhaft in einem Kasten schwebenden Banane, ermöglicht hätte. Das Betreten der Stofffläche mit Schuhen wird einem nämlich von einer gestrengen Dame harsch und gänzlich unmanieristisch verwehrt.
Als Reaktion auf die entzauberte Realität Man begegnet den transmanieristischen Reaktionen tatsächlich wie Fundstücken in einem Garten voller Kuriositäten. Nur wenige Stücke fallen wegen fehlender Sprezzatura auf. Etwaige Mängel an Professionalität oder Tiefgang stören nicht weiter. Auch die verhüllten Gestalten mit ihren ominösen Instrumenten, die sakrale Anordnung von Roland Rainer-Sesseln um ein DJ-Pult oder die wirklich wie die Einführung in einen Geheimkult wirkende Lecture Performance mit aufgebahrtem Nacktem im Anatomiesaal, alle im Rahmen des leider auf die Eröffnung beschränkten Performanceprogramms, machen sich gut. Da verwundert es nicht, dass die Klasse für kontextuelle Malerei von Hans Scheirl die diesjährige Ausstellungsausschreibung mit diesem Konzept für sich entscheiden konnte. Als einziger echter Wermutstropfen bleibt die Unterrepräsentation virtueller und digitaler Positionen, die sich nicht nur ihre Faszination mit der Oberfläche mit dem Manierismus teilen. Es ist alles andere als ein Zufall, dass die Bildende gerade jetzt diesen programmatischen Fingerzeig versucht. Genauso wie der Manierismus des 16. Jahrhunderts die Reaktion auf eine entzauberte Realität war, in der etwas wie der Sacco di Roma möglich wird, sind manieristische Tendenzen auch heute ein Schutzmechanismus der Kunst, die den nur allzu konkreten Unsicherheiten der Welt einen Spiegel des Geheimnisvollen vorhalten möchte. Der Rückzug in eine mysteriöse Gegenwelt gilt hier als Protest gegen die Umstände, die sich nicht mit dem Queeren, dem mystisch Ästhetischen oder dem radikal Oberflächlichen auseinandersetzen wollen. Ob der Fingerzeig richtungsweisend war, wird sich zeigen, dass aber Auswege vor den sich vermarktenden Resten der modernen Kunst benötigt werden, ist jetzt noch klarer als zuvor. Die Ausstellung »Aufgerissenen Auges: Transmanieristische Reaktionen« kann noch bis 10. Jänner im Xhibit der Akademie der Bildenden Künste am Schillerplatz besucht werden. 037
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Star Wars, Cosplay und Nerd-Age — Interview mit der 501st Austrian Garrison
Die Nerds haben den Krieg gewonnen
Text und Bild Marco Leimer
Nerdculture und Pop rücken immer näher zusammen. Heute gibt es eigene Nerd-Kollektionen. Der Geek wurde gescheitelt und salonfähig gemacht. Er hat jetzt die heißen Chicks an seiner Seite.
»The Big Bang Theory« ist eine der erfolgreichsten Serien aller Zeiten. Der berühmteste Cosplayer Alodia Gosiengfiao hat über fünf Millionen Facebook Fans. Der Mann mit den meisten Youtube-Abonnenten ist ein Gamer, nämlich PewDiePie. Die Zeichen sind eindeutig. Comic- und Fantasy-Blockbuster haben die Nerdculture zum Massenphänomen gemacht. Während man als Nerd früher oft isoliert war, ist man heute gut vernetzt. Social Media, Skype und Youtube waren ausschlaggebend. Plötzlich erstellten die Fans den Content. Da kann sich ein Film wie »Fack Ju Göthe« ganz nebenbei über Nerds lustig machen, in Wirklichkeit haben sie die größten und erfolgreichsten Tech-Konzerne der letzten Jahre gegründet. »Star Wars« ist und war immer Teil dieser Kultur, für viele ist es sogar eine Lebenseinstellung. Wie jede Mythologie spielt hier die Realitätsflucht auch eine Rolle. Man schlüpft in die Identität eines anderen. Mit
besonderer Hingabe machen das die Cosplayer. Cosplay ist ein Kofferwort aus »costume« und »roleplay«. Kam erstmals 1990 auf und stammt natürlich aus Japan. Die Kostüme sind großteils selbst geschneidert. Oft stecken hunderte Stunden Arbeit in einem einzigen Outfit. Es wird auf jedes Detail geachtet: Kontaktlinsen, Body-Modifications, Haare und Waffen. Imitiert werden Charaktere aus Comics, Filmen, VideoSpielen oder TV-Serien. Einen wichtigen Anteil jedes Cosplayers machen die Wettbewerbe aus. Meistens gibt es drei unterschiedliche Kategorien. Das ClassicCosplay ist eine Mischung aus Kostüm und Auftritt und kann eigentlich alles sein, hier gibt es kaum Restriktionen. Performance, Monolog oder sogar Parodie, alles ist möglich. Die Umsetzung des Kostüms macht 70 % der Wertung aus, die Performance 30 %. Im Character-Cosplay geht es hingegen nicht so sehr um das Kostüm, hier dreht es sich um die Darstellung des Charakters im Spiel. Dann gibt es noch das X-Cosplay. In einem 50-sekündigen Musikclip versucht man, die Jury mit starken Posen zu beeindrucken.
Boobs & Sixpacks Viele sehen im Cosplay eine Sexualisierung. Klar sind die Kostüme sexy und zum Teil sehr knapp, aber so sieht der Charakter nun einmal aus. Frauen muss die Verantwortung zugesprochen werden, mit ihren Körpern zu machen, was sie für richtig erachten. Schließlich werden Männer in den Comics genauso sexualisiert. Irgendwie wartet doch jeder darauf, das Thor endlich sein Shirt auszieht. Okay, viel besser wird es dadurch halt auch nicht. Aber immerhin werden alle gleich behandelt.
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Interview mit Alexander Rieß von der 501st Austrian Garrison Was glaubt ihr verleitet Menschen dazu, die Rolle einer fiktiven Figur anzunehmen? Ist es der Ausbruch aus dem Alltag? Bei LARPern (Live Action Role-Play) ist es oft der Ausbruch aus dem Alltag, aber auch das Schlüpfen in eine bestimmte Rolle, die man im richtigen Leben nie sein kann, fasziniert schon immer Menschen. Bei uns ist es mehr die Jugendliebe zu »Star Wars« oder, was hauptsächlich für uns die Motivation ist, Kindern Spaß zu bereiten. Für Erwachsene sind wir Kostümierte, für Kinder sind wir ihre Helden. Bekommt ihr viele Mitglieds-Anfragen? Müsst ihr selektieren? Dieses Jahr hatten wir sehr viele Anfragen. Ausselektieren müssen wir, weil eine Mitgliedschaft bei der 501st Legion ein filmakkurates Kostüm voraussetzt. Es gibt für alle zugelassenen Kostüme eine Kostümreferenz, die genau eingehalten werden muss. Deswegen ist eine Mitgliedschaft bei uns kostenlos, aber mit viel Zeit und Aufwand verbunden. Was macht ihr genau im Verein? Welche Projekte gibt es? Die Austrian Garrison ist ein Ableger der 501st Legion, dem weltweit größten »Imperial Star Wars«-Fanclub – wir sind kein Verein – mit über 8.000 Mitgliedern. Die 501st Legion ist von Lucasfilm offiziell genehmigt und auch Lucasfilms bevorzugte Gruppe, wenn es darum geht, diversen Events, Promotions, Charity-Veranstaltungen usw. den nötigen »Star Wars«-Touch zu geben. Bereits bei Gründung der 501st Legion war Wohltätigkeit ein wichtiger Punkt. Als Non-Profit-Organisation unterstützt die Legion bei Events auf vielerlei Arten gerne Charity-Aktionen, wie beispielsweise das Sammeln von Spenden für wohltätige Organisationen und Vereine wie Österreichische Kinder-Krebs-Hilfe, Make-A-Wish-Foundation, St. Anna Kinderspital, Kumplgut, …
Gibt es eine interne Hierarchie? Es kann ja nur einen Vader geben. Eine Hierarchie gibt es natürlich. Hier gibt es den Legion Council in der obersten Ebene und bei uns oder anderen Garrisons in den einzelnen Ländern haben wir den Commanding Officer (CO), Executive Officer (XO), GPO (Garrison Public Relations Officer), GML (Garrison Membership Liason), GEC (Garrison Event Coordinator) und GWM (Garrison Webmaster). Jeder hat ein oder mehre Kostüme, die abgenommen und registriert werden müssen. Wir haben zwar nur einen offiziellen Vader, aber das heißt nicht, dass nur einer dieses Kostüm registrieren lassen kann. Wir schauen natürlich, dass auf Events nur ein Vader auftritt oder eben abwechselnd. Werden die Kostüme selbst gemacht? Teils teils, alle Kostüme sind fanmade, also keine Stangenware. Entweder besorgt man die sich von einem Mitglied aus USA, England, Deutschland, oder man näht und bastelt selbst. Die Kosten sind schwer einzuschätzen, das einfachste günstigste Kostüm beginnt bei etwa 300 Euro und geht bis in die Tausende für einen filmakkuraten Vader. 2015 ist das Jahr der Jedi Ritter. »Episode 7«, Star Wars Identities im MAK, Comic Con in der Messe und John Williams in der Staatsoper. Was 1977 funktionierte, funktioniert auch heute. 130 Millionen Mal wurden die beiden Trailer von »Episode 7« geclickt. Wirtschaftlich gesehen waren die »Star Wars«-Filme anfangs gar nicht so ein Erfolg. Mastermind George Lucas hielt von Anfang an aber die Lizenzrechte inne, heute schätzt man den Franchise-Wert auf über 30 Milliarden Dollar. »Episode 7« kommt am 17. Dezember in die Kinos. 039
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Kulturhauptstadt Breslau 2016 — Oye
Zeit des »Erwachens«
Text Yasmin Szaraniec Bild M. Jędrzejczak
255 Zwerge, 117 Brücken, 1 lange und zermürbende Geschichte. Breslau hat einiges zu erzählen. 2016 wird sie zur Kulturhauptstadt Europas.
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Der Weg zur Europäischen Kulturhauptstadt (ESK 2016) ist ein langwieriger. Zwei Jahre dauerten die Vorbereitungen für den Wettbewerb in Breslau, das sich gegen Städte wie Warschau oder Danzig durchsetzen konnte. Zwei weitere Jahre nahm die Gestaltung des Programms in Anspruch. Seit Ende November 2015 sind die Pläne großteils fixiert. Acht Kuratoren präsentieren ihre nationalen und internationalen Projekte, unter anderem in den Bereichen Musik, Visuelle Kunst, Film und Architektur. Das Breslauer Charisma macht die viertgrößte Stadt Polens zu einer Studentenmetropole. Rund 130.000 von 630.000 Einwohnern sind Studierende. Bars, Cafés und Clubs sind wie die Unis und Fakultäten alle im Zentrum angesiedelt. Alles ist überschaubar. Ebenso die Clubszene. Sie orientiere sich am Mainstream, Breslau sei eine »Stadt der Discos«. So formuliert es Clubbesitzer Adrian Kotolowski. Die Studenten erwarten sich auch nicht unbedingt mehr, als in den gleichförmigen Lokalen zu Youtube-Hits zu feiern. Kotolowski ist Manager des Clubs Das Lokal, welcher – neben der Bau Bar – elektronische Musik abseits der Masse anbietet. Die ESK werde aber nicht in sein Programm miteinfließen.
rechtigkeit«), die von der Kirche gestützt wird, der Kulturhauptstadt einen bitteren Beigeschmack verpassen. Sich wiederholende antisemitische und antiislamische Hass-Demos wie jene vom 25. November könnten Touristen abschrecken.
Vereinigung der Geister Eröffnet wird feierlich am 15. Jänner 2016, dem sogenannten »Erwachen«. Dabei sollen die Breslauer wie durch einen Glockenschlag wachgerüttelt werden. Dafür wird Performancekünstler Chris Baldwin sorgen. Aus vier unterschiedlichen Ecken der Stadt werden »Geister« zum Leben erweckt. Diese Gespenster sind Metallkonstruktionen, die für vier historische Säulen – Innovation, Religion, Wiederaufbau und Hochwasser – stehen. 1997 wurden Teile Breslaus bei der Jahrhundertflut zerstört. Der Brite Baldwin arbeitete dafür zusammen mit dem französischen Künstler Philipp Geffroy, der diese Geister-Maschinen entwarf. An diesem Ereignis werden Hunderte von Künstlern aus ganz Polen teilnehmen und die Geister am Ende ihrer Reise im Zentrum der Stadt zu einem großen Ganzen zusammenführen.
Kunst selbstgemacht
Aus der Asche auferstanden
Magda Babiszewska nimmt auch eine verknüpfende Rolle im ESKDialog ein. Sie ist zuständig für den internationalen Austausch in Breslau und erzählt enthusiastisch von den Projekten, die in den Startlöchern stehen. Die Stargäste seien der Oscar-prämierte Komponist Ennio Morricone (»Spiel mir das Lied vom Tod«) und der baskische Bildhauer Eduardo Chillida. Chillidas Werke und Skulpturen prägten die Bildhauerei des 20. Jahrhunderts mit und verstehen sich hier als Geste des Dialogs mit der Partner-Kulturhauptstadt San Sebastian. Die Breslauer können dabei selbst zu Akteuren des Kunst werden. »mikroGRANTY ESK 2016« realisierte bereits 50 Kunstprojekte von Normalbürgern. Einzige Voraussetzung sei, aus Breslau zu kommen, erklärt Babiszewska. Insgesamt jedoch ist das Programm der ESK eher zurückhaltend, fast brav. »Was sich während der Olympiade des Theaters abspielen wird, ist nicht vorauszusehen«, lautet ihre Antwort auf die Frage, ob es Provokationen geben werde. Bei dem seit 1993 existierenden internationalen Theater-Festival präsentieren Künstler aus der ganzen Welt ihre Bühnenwerke. Mal sehen, ob es Kontroversen geben wird.
Dabei haben die Hauptstadt der Woiwodschaft Niederschlesien und ihre Bewohner im Laufe der letzten 100 Jahre eine Menge ertragen müssen. Breslau trug in dieser Zeit sehr viele Namen. Auf manche sind die Bewohner stolz, manche lassen sie erschaudern. 1944 wurde sie zur »Festung Breslau«, das Jahr darauf erlagen 21.600 der 30.000 Gebäude dem Bombardement der Roten Armee. Der Großteil der Stadt lag in Schutt und Asche, Dreiviertel der Einwohner mussten fliehen. Die Bewohner kamen zurück, die Stadt wurde wieder polnisch und 1955 begann der Wiederaufbau. Die einstige gigantische Ruine Breslau bietet heute ein einzigartiges Stadtbild. Eine Mischung aus gotischen Kolossen und maroden, sozialistischen Plattenbauten. Hindurch schimmern moderne Bürokomplexe und Einkaufszentren. Und wer sich am renovierten und mit bunten Gebäuden geschmückten Rynek (»Großer Ring«) genau umsieht, läuft vielen kleinen Symbolen der kommunistischen Widerstandsbewegung über den Weg. Zwerge aus Bronze hängen an Straßenlaternen, seilen sich von Balkonen herab oder entspannen gemütlich und Füße ausstreckend am Laptop beim Kaffee. Der erste dieser Gnome, »Papa Zwerg«, findet sich direkt vor der für die ESK renovierten Bar Barbara. Sie sei »das Herz der ESK«. Die ehemalige Molkerei war schon immer ein Ort für intellektuellen Austausch, so Babiszewska. Nun ist sie Infopoint, ESK-Büro und Kaffeehaus.
Kein Geld für Porno Denn erste Spannungen entstanden bereits um das Stück »Prinzessinnendramen. Der Tod und das Mädchen I-V« von Elfriede Jelinek, das unter dem Namen »Das Mädchen und der Tod«, im November in Breslau Premiere feierte. Es steht zwar in keinem direkten Zusammenhang mit der Kulturhauptstadt, ist aber Teil der aktuellen Theaterszene der Stadt. Im Interview mit dem Nachrichtensender tvn24 zeigte sich Vizepräsident und Kulturminister Piotr Glinski erzürnt und verkündete, es werde keine staatlichen Gelder für Pornografie am polnischen Theater geben. Grund dafür seien die als Schauspieler engagierten Pornodarsteller aus dem Ausland – die angeblich auf der Bühne Sex haben würden. Um noch eins draufzusetzen, wandte er sich mit einem Brief an den obersten Chef der Exekutive der Selbstverwaltung, Marschall Cezary Przbylski, mit der Erwartung, die Vorbereitungen für die Premiere zu unterbinden. Keine Woche im Amt und schon vermittelte Glinski durch seine Aussagen eine voreingenommene Haltung gegenüber provokativer Kunst. Trotz der Proteste und einer Internetpetition gegen »Das Mädchen und der Tod«, die innerhalb von vier Tagen 30.000 Unterschriften sammelte, kam es zur Premiere und das ausverkaufte Stück fand durchaus Zustimmung bei den Theaterbesuchern. Sex gab es am Ende eh keinen. Ausgezogen hat sich auch niemand. Babiszewska ist zuversichtlich, dass der Kulturhauptstadt so etwas nicht im Weg stehen werde, da das Gesetz die Kunst (noch) schütze. Trotzdem könnte die neu gewählte Regierung PiS (dt. »Recht und Ge-
Architektur im Aufbruch Noch vor der Renovierung des Barbara begann Breslau mit dem Bau des Nationalen Forums der Musik (Narodowe Forum Muzyki) – ein architektonisches Symbol, das die Beteiligung der Öffentlichkeit an der Kultur in der Stadt erhöhen und das wirtschaftliche Potenzial der Region Breslau stärken solle. Bereits Monate vor der offiziellen ESKEröffnung bietet das Forum ein dichtes musikalisches Angebot an Klassik- und Jazzkonzerten. Die Konzerte sind schnell ausgebucht. Das auf dem Platz der Freiheit errichtete Bauwerk ist modern, wirkt aber keinesfalls fehl am Platz. Die rostrote Holzfassade fügt sich nahtlos in die zinnoberroten Hausdächer der Stadt ein. Noch ist unter den Bewohnern Breslaus allerdings wenig von Kulturhauptstadt zu spüren. Die Message ist angekommen. Der Duktus des »volksnahen« Kulturangebots, der die Breslauer in seinen Bann ziehen soll, wird aber wohl erst mit der Ankunft der Touristen so richtig ins Rollen gebracht werden. Breslau ist gemeinsam mit San Sebastian Europäische Kulturhauptstadt 2016. Alle Informationen auf Deutsch finden sich auf www. wroclaw2016.pl/de. 041
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Gig-Poster — Underground und DIY auf dem Weg ins Museum
Text Peter Stuiber Bild Michael Hacker 2013, Diana Sudyka 2006, Frank Kozic 1996, Strawdogs 2011
Siebdruck-Rebellen 042 In Hamburg ist Europas erste Museumsausstellung über Gig-Poster zu sehen. Dass aus dem Underground-Phänomen ein Kommerzhit wird, ist dennoch nicht zu befürchten. Subversiv – das wollen die meisten Bands zu Beginn ihrer Karriere sein. Doch mit dem Erfolg verschlingt das kapitalistische System meist seine vermeintlichen Revoluzzer. Dann schlägt das klassische Merchandising voll zu, rebellische Motive landen auf TShirts von Modeketten, »Anti« wird zur hohlen Phrase. So ging es allen – nicht nur musikalischen – Gegenbewegungen der vergangenen Jahrzehnte, von Rock über Punk und Grunge bis HipHop. In den Nischen sammeln sich dann die Restbestände mit authentischem Anspruch. Auf diese Weise entstand in den 80er Jahren auch das Phänomen der Gig-Poster. Gedacht war es als Antwort auf die Kommerzialisierung der »Independent Music«, als Vorbilder dienten die West-Coast-Rock-Poster der 60er Jahre, deren Ästhetik von einer Art LSD-Jugendstil geprägt war, während die Gig-Poster seit den 80er Jahren tendenziell Anleihen bei Comic-Zeichnungen nahmen. Beiden gemeinsam ist der Grundgedanke, für ein bestimmtes Konzert Plakate in limitierter Stückzahl zu produzieren, die dann nicht affichiert werden, sondern als Erinnerungsstück von Fans erworben werden können und vom Künstler signiert sind. Passend zur »Protesthaltung« wird der Großteil der Gig-Poster bis heute im Siebdruckverfahren hergestellt, eine manuelle Technik, die charmante Rauheit und Authentizität verspricht. Die Farbe wird dabei durch ein feines Gitternetz mit einer Gummirakel auf das Blatt gepresst. Je nach Beschichtung geht Farbe durch oder nicht, die Motive werden mit einfachen, meist fotografischen Kopiertechniken auf das
Sieb gebracht. Die Farben werden nacheinander aufgetragen, daher braucht man z.B. für vier Farben vier Druckvorgänge: eine ziemlich aufwendige Sache. Häufig werden kräftige Farben oder Leuchtfarben (»Dayglow«) verwendet, um die Signalwirkung noch zu verstärken.
Austin, Texas. Hamburg, Germany Pioniere wie Frank Kozik und Art Chantry begannen mit schrägen, ironischen Motiven für ihre Lieblingsbands und galten schon in den 90er Jahren als Kultfiguren. Besonders in den USA verbreitete sich der Trend einigermaßen rasch. Doch erst mit der Website gigposters.com, die im Jahr 2000 online ging, erhielt die Bewegung eine verbindende Plattform, auf der heute hunderttausende Motive abrufbar sind. Nach der Website wurden die sogenannten Flatstock Conventions eingeführt, als regelmäßige Events bei Rock-Festivals, bei denen sich die Gig-Poster-Szene trifft. (Der Begriff Flatstock leitet sich ab vom englischen Wort für Druckstock ab und verweist gleichzeitig auf das Woodstock-Festival). Als Zentrum hat sich Austin, Texas, etabliert, wo das American Poster Institute (API) gegründet wurde, das die Flatstock Conventions organisiert und wo jährlich das gigantische South by South West Festival (SXSW) stattfindet. Über 50 Flatstock Conventions gab es bisher, im Jahr 2006 traf man sich erstmals in Europa, genauer gesagt in Hamburg. Daher ist es auch kein Zufall, dass das dortige Museum für Kunst und Gewerbe die europaweit erste Museumsausstellung zum Thema zeigt (noch bis 3. Jänner 2016). Zu verdanken ist sie einem Mann, der
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Michael Hacker, links, ist einer der wenigen Österreicher, die Konzertposter gestalten. Weiters: Diana Sudyka, Frank Kozic, Strawdogs.
auch die erste Hamburger Flatstock Convention im Rahmen des Reeper-Bahn Festivals organisiert hat: dem Galeristen Ralf Krüger. Er hatte bereits seit den 80er Jahren »normale« Konzertplakate gesammelt, ehe er in der Schweiz erstmals ein Gig-Poster von Frank Kozik entdeckte – und es prompt dem Veranstalter abschwatzte. »Da war mit eigentlich gleich klar, dass das etwas Besonderes ist«, so Krüger. »1995 begann ich damit zu arbeiten. Bei unserem Label Amphetamine Reptile Records haben wir nebenbei auch Plakate verkauft, Stars wie Kozik und Coop (Chris Cooper) wurden von uns exklusiv in Europa vertrieben.«
Auch in den USA nicht Mainstream Aber nicht nur das: Krüger promotete die alternativen Konzertplakate, wo es nur ging. Er organisierte Ausstellungen bei Comic-Festivals wie jenem in Luzern, kooperierte mit dem Musikmagazin Rolling Stone, initiierte Plakate für Bands, die in Hamburg auftraten, trat als Experte im Fernsehen auf. Dass seine Sammlung nun den Grundstock für eine Museumsausstellung bildet, findet er großartig. Dass das Thema damit breitenwirksam wird, glaubt er nicht: »Es ist immer noch Underground und das ist auch gut so. Ich denke nicht, dass es jemals Mainstream wird, das ist es in den USA auch nicht.« Abzulesen ist dies auch an der Marktentwicklung der alternativen Kunstwerke, die keinen Boom wie der Design- oder Kunstmarkt erfahren haben: »Es gibt sicher Plakate, die für 500 bis 1.000 Dollar gehandelt werden, aber das dürften eher die Ausnahmen sein. Da müssen dann schon angesagte Bands und angesagte Künstler und das entsprechende Design zusammenkommen.« In der Hamburger Ausstellung, die rund 140 Plakate zeigt, sind die wesentlichen Protagonisten der Szene seit den 80er Jahren vertreten, so etwa Art Chantry, Coop (Chris Cooper), Mat Daly, Justin Hampton, Derek Hess, Frank Kozik, Dan MacAdam aka Crosshair, Tara McPherson, Jay Ryan sowie das Künstlerkollektiv Fort Thunder. Vier Arbeiten stammen auch vom Österreicher Michael Hacker, von dem einige Poster derzeit auch im Rahmen einer Illustrationsausstellung im Wien Museum zu sehen sind. Hacker gehört zur überschaubaren Gruppe von Leuten, die hierzulande Gig-Poster herstellen und war unter an-
derem auch im Künstlerkollektiv Atzgerei tätig (das ebenfalls in der Hamburger Ausstellung vertreten ist). Neben Hacker sind u.a. auch Burnbjoern und Idon Mine zu nennen, Letzterer verantwortlich für die »Hullabaloo«-Poster-Ausstellungen in Linz und Wien.
Hacker Wie viele seiner Kollegen begann Hacker, von sich aus Poster für seine Lieblingsbands zu gestalten. Anfangs bot er sie selber den Bands an, mittlerweile erhält er immer wieder auch von den Bands Direktaufträge. »Mein erstes Gig-Poster entstand 2007 gemeinsam mit Fördl von Vienna Electric Tattoo für ein Konzert von The Melvins in der Wiener Arena.« Seitdem sind Namen wie The Hives, Green Day oder Eagles of Death Metal dazugekommen. Die Auflage für seine Arbeiten liegt gewöhnlich bei 50 bis 100 Stück, die jeweils 25 bis 30 Euro kosten. Bei heißbegehrten Plakaten steigt der Preis auf 70 bis 100 Euro. »Jedenfalls sind die Poster immer limitiert und werden nicht mehr nachgedruckt, sobald sie ausverkauft sind.« Die internationale Vernetzung ist für Hacker selbstverständlich: »Die Flatstock Poster Conventions sind ein wichtiger Grund, dass ich Gig-Poster mache. Bisher habe ich an 13 Conventions in Hamburg, Barcelona, Chicago und Austin teilgenommen und dadurch viele großartige Künstlerinnen und Künstler kennengelernt und etliche Freundschaften geschlossen. Es ist jedes Mal unglaublich inspirierend, so eine Vielfalt an Techniken und Stilen geballt an einem Ort zu sehen.« Dass seine Werke plötzlich stärker im Rampenlicht stehen, gefällt dem Grafiker, der auch als Comic-Zeichner arbeitet: »Normalerweise hängen meine Poster v.a. auf Conventions, am Merchandise-Tisch bei Konzerten, in bestimmten Bars wie z.B. dem Brauhund in Wien oder an Wohnzimmerwänden. Dass man sie jetzt auch in zwei Museen sehen kann, freut mich sehr.«
Poster-Rock. Gig-Poster und die Flatstock Convention: noch bis 3. Jänner im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg. www.mkg-hamburg.de, giposters.com 043
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ADVERTORIAL MUSIK ALS FOTO — Dein Foto zu eineM Austro-Hit auf unserem Cover
PICTURE THE POPSONG Die Jury hat getagt. Marlon Fink darf sich über eine Nikon 1 J5 freuen und wir uns über einen ungewöhnlichen Märchenprinzen auf unserem Cover. Zusammen mit Nikon gaben wir unseren Lesern mit Picture the Popsong die Möglichkeit, zwar kein ganzes Album, aber einen Song als Bild darzustellen. Als Medium, das die österreichische Musikszene in all ihren Facetten abbilden möchte, mussten es natürlich Austro-Hits sein. Altes, Neues, Lustiges oder Ernsthaftes war gleichermaßen gefragt und da wir in Österreich sind, durften natürlich Beleidigungen („Du Oasch“), die Alpen („Schifoan“) und auch ein „Bussi, Baby“ nicht fehlen. Eingereicht wurden insgesamt ganze 233 Bilder.
Die glorreichen Gewinner Aus diesen wählte unsere Jury Marlon Finks Interpretation des EAV-Evergreens „Märchenprinz“ aus, der das Bild „bei einer ziemlich ausufernden, maskierten Party in der wunderbaren Villa Mühlberger in Bad Gastein“ schoss, wie er uns berichtet. Außerdem wollte er den abgebildeten Prinzen mit der Einreichung ein bisschen aufziehen. Marlon nimmt die Nikon 1 J5 mit nach Hause. Das Internet hingegen bewies wiedermal seine Liebe zu Katzen und gab Verena Zaufalls „Catgroove“ 509 Likes. Gertrude Bergers Darstellung einer „Maschin“ führt uns nach Süd-Ost-Asien. „Man glaubt gar nicht, wieviel Ware auf so einem Fahrrad gestapelt und transportiert werden kann. Ich erwischte nur das fast leer stehende Rad, allerdings kam dafür dieser wunderschöne, einzigartige und samtige Fahrradsattel zum Vorschein“, so die zufriedene Fotografin. Die beiden Social-Media-Gewinnerinnen dürfen sich jeweils über eine Nikon Coolpix S9900 freuen.
Want some Cash back? Es kann ja immer nur einen Gewinner geben, in unserem Fall sogar drei. Doch das heißt nicht, dass alle anderen auf eine Nikon-Kamera verzichten müssen. Gerade jetzt wäre ein guter Zeitpunkt, sich eine anzuschaffen. Denn Nikon gibt noch bis 16. Jänner beim Kauf zahlreicher Modelle Geld zurück. So werden zum Beispiel bei der Nikon 1 J5 50 Euro und bei der Nikon Coolpix S9900 30 Euro an der Kassa direkt vom Preis abgezogen. Wer gleich ein bisschen mehr Geld in die Hand nehmen will, bekommt natürlich auch mehr zurück: Im Bereich der DSLR Kameras sind bis zu 150 Euro Cashback möglich. Alle Informationen hierzu findet ihr auf www.nikon.at/cashback Die Jury Christina Putz (Nikon), Malina Schartmüller (Westlicht/Ostlicht), Martin Drexler (Die Grafische), Niko Havranek (Fotograf), Sig Ganhoer (The Gap)
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JURY WINNER
Marlon Fink EAV Märchenprinz Die Jury sagt: Dieser „Märchenprinz“ ist mehr als eine gelungene Visualisierung eines Songtitels. Das Bild lässt erahnen, was dem Prinzen am Vorabend in der Disco passiert sein könnte. Sein Abend ist vielleicht doch nicht wie erwünscht verlaufen, er ist müde und möchte am liebsten verschwinden. Ganz anders als klassische Märchenprinzen sehen wir den hier dargestellten in einem ungeschönten, ehrlichen Moment. Das im wahrsten Sinne des Wortes schräge und zudem perfekt abgelichtete Bild erzählt eine Geschichte und ist deshalb unsere erste Wahl geworden.
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Die Songs: 20 Austro-Hits 1. Wolfgang Ambros Schifoan — 2. Conchita Wurst Rise Like A Phoenix — 3. Wanda Bussi, Baby — 4. Falco Junge Römer — 5. Money Boy Dreh den Swag auf — 6. Christina Stürmer Ich lebe — 7. Der Nino aus Wien Du Oasch — 8. Klangkarussell Sonnentanz — 9. Gerard Irgendwas mit Rot — 10. Fiva & 5/8erl in Ehren Alles leuchtet — 11. Skero ft. Joyce Muniz Kabinenparty — 12. Bilderbuch Maschin — 13. Julian & Der Fux Speckbrot — 14. Jazz Gitti Hoppala — 15. EAV Märchenprinz — 16. Marianne Mendt Wia a Glockn — 17. HVOB Dogs — 18. Squalloscope Domino — 19. Soap&Skin Thanatos — 20. Parov Stelar – Catgroove.
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Verena Zaufall Parov Stelar Catgroove Verenas dicker, fauler zwölfjähriger Kater Amor macht es sich am liebsten dort gemütlich, wo viel herumliegt – gern zwischen Harmonika und Schlagzeug.
PREIS: Nikon 1 J5
PREIS: Nikon Coolpix S9900
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Gertrude Berger Bilderbuch Maschin
Die passionierte Hobbyfotografin und Reisende Getrude schoss das Foto bei ihrer Süd-Ost-Asien-Tour in Seoul.
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bild Marlene Mautner dokumentation Stefan Kluger
Workstation — MENSCHEN AM ARBEITSPLATZ
Chloe Thomas, 32, Grafikdesignerin & Ladenbesitzerin
Ein Interesse für Bilderbücher und Plakate und eine Vorliebe für Papier im Allgemeinen stand am Anfang. Und dann wollte sie lernen, wie man Bilder als Kommunikationsmittel einsetzt. »Bilder sind überall«, sagt Chloe Thomas. Und es sei wichtig, Botschaften richtig zu vermitteln. Nach ihrem Studium in Paris begann sie umgehend als selbstständige Grafikdesignerin im Kulturbereich zu arbeiten. Heute betreibt sie daneben noch einen Laden, wo sie ausgesuchte Papierwaren und Künstbücher verkauft. Am liebsten ist ihr, wenn Termine gleich morgens erledigt werden. Laden und Büro laufen dabei parallel unter einem Dach: »Die zwei Berufe treffen sich oft. Sich von ihrer eigenen Kreativität und Empfindsamkeit leiten zu lassen, ist für Chloe Thomas essenziell. »Dabei geht es nicht um mich, sondern um die Vermittlung einer Idee.« www.sous-bois.at
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Workstation — MENSCHEN AM ARBEITSPLATZ
Matthias Koslik, 54, Fotograf und Universitätsprofessor
»Am Rechner sitzen, organisieren, koordinieren, ab und zu fotografieren«, so schildert Matthias Koslik seinen typischen Arbeitstag. Mitte 2014 wurde er zum Professor für Fotografie am Institut of Design der Angewandten in Wien berufen. So steht momentan der Aufbau des Instituts und der Unterricht im Mittelpunkt. Der Fotografie widmete sich der gebürtige Freiburger bereits mit 14. Nach Abi, Praktikum und Lehre zum Fotografen ging es dann schnell: Koslik gründete neben seiner Freelancer-Tätigkeit das Designstudio »nonkonform« und lebte unter anderem in New York, London, Hongkong, ehe er 1996 in Berlin sein Studio Beavershot Productions eröffnete. Der vielfach ausgezeichnete Fotograf (u.a. Lions Gold in Cannes, German Design Award) sei froh, heute als Lehrer zu arbeiten, Erfahrung weiterzugeben und nur dann zu fotografieren, wenn er wirklich Lust dazu habe. Die Arbeit mit Auftraggebern motiviert ihn nur dann, wenn es möglich ist, ungewöhnliche Konzepte und Ideen zu entwickeln. In seiner Freizeit verschwindet Koslik am liebsten in den Tiefen der Wälder, um mit Sohn Moritz und Hund Luki auf Jagd zu gehen.
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Prosa von Maria Hofer
literarisch hat maria hofer mit ihrem schmalen roman-debüt »jauche« gerade das landleben und die mechanismen einer dorfgemeinschaft unter die lupe genommen. die steirerin kann aber auch urbaner. für the gap wohnt sie einer firmenbesprechung bei und lässt ihre figuren ordentlich abschweifen. bügelfalten, vanillekrapfen und kinderwägen am schienbein.
Eine Handvoll Mitarbeiter strömt aus in Richtung Besprechungszimmer. Sie haben Aktenhalter, Heftmappen, Ordner oder lose Zettel unterm Arm. Den meisten fällt irgendwann alles auf den Boden und sie klauben es relativ hastig und panisch wieder auf. Dem Peter sind seine Unterlagen aus der zittrigen Hand gerutscht, weil er mit der Anspannung im Raum nicht umgehen kann. Er ist sehr sensibel auf die Energien, die andere Leute ausstrahlen. Früher, als Kind, dachte er manchmal, er kann das Wetter Kraft seiner Gedanken beeinflussen, aber davon erzählt er lieber nie was. Man muss hier in der Firma sowieso aufpassen. Vorher im Lift ist er so nahe an den anderen gestanden, dass sich ihre Nervosität und Anspannung auf ihn übertragen haben. Die Uschi ist die Schlimmste, die hat schon so nervöse Augen. Bis eben zu diesem Zeitpunkt war er auch relativ gelassen – weil er sich entsprechend vorbereitet hatte, hat er eine tiefe innere Zuversicht gehabt, bis ihm die Uschi alles über den Haufen gehaut hat. Die hat, wie viele heutzutage übrigens, ihre emotionalen Kanäle nicht weit genug offen. Sie zuckt immer zurück, wenn er ihr über den Rücken fährt. Im Besprechungszimmer: Immer wieder auf und nieder. IMMER WIEDER AUF UND NIEDER, eure Augenlider, meine lieben Herren und Damen. Und rausschaun tut bei euch nichts als Augäpfel. Einer wie der andere. Die Fakten liegen auf dem Tisch, liebe
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Mitarbeiter. Sie sind nicht so weich wie eure Kopfpölster, meine Herren. Sie kommen hoffentlich bald und heftig in ihren Kopf. Da draußen ist die Welt nichts für so Luschen. Das war schon bei den Spartanern so. Und die SPARTANER waren super. Das ist alles letztendlich eine Frage des Charakters. Ich, meine Damen und Herren, ich bin eher so der Typ: einsame Krieger. Es ist ja eh knapp vor Weltuntergang. Dann sind wir endlich alle gleich. Versprochen. Bis dahin würde ich euch bitten, euch wirklich mal ordentlich vorzubereiten (missmutig schaut er auf ein Eselsohr in Peters Unterlagen und war deswegen so irritiert, dass er beinahe den Faden verloren hätte). Er bemerkt, dass seine Hände ganz heiß werden, wenn er daran denkt, dass Peter in der Früh so hochmütig den Krapfenmann gemustert hat. Vorher noch – in der Früh: Die Rollos nach oben. Da klatschen sie. Schön, dass du auf bist. Schön, dass du aufgestanden bist. Der Tag kann dich bestimmt kaum erwarten. Auch er fährt ganz normal mit der Schnellbahn, wie auch die Damen und Herren Mitarbeiter. Darauf legt er wert. Neben der Tür steht ein Schaffner und nimmt einer Mutter mit Kinderwagen einen angenehmeren Stehplatz weg. Ab und zu stößt sie mit dem Kinderwagen gegen sein Schienbein dafür. Dann hat er auch den Staucher Peter gesehen. Er hat einen Sitzplatz und immer, wenn die Bahn in einen Tunnel fährt und dabei die Scheiben schwärzt, betrachtet er
sich im Spiegel und macht was mit den Haaren. Ganz nebenbei, so, dass man das nicht unbedingt sofort bemerkt. Dann werden die Pferde gesattelt und auf die Stadt losgelassen wie es bestimmt in dem Lied heißt, das er sich gerade in die Ohren gestopft hat. Die Sitznachbarin kann das alles hoffentlich auch gut hören. So einer ist der Staucher Peter bestimmt. Nächste Station. Es riecht nach Bierfahne, die sich nähert, dann aber vorbeigeht, mit schweißigem Nachgeschmack. Das kann schon mal vorkommen, eine morgendliche Bierfahne in der Schnellbahn. Der Mann mit Fahne stellt sich schräg gegenüber hin. In seinen Händen hält er einen Karton. Auf seiner fettigen Jacke ist überall Staubzucker. Im Stehen öffnet er die Schachtel und nimmt einen Krapfen heraus und isst ihn so, dass ihm ein Großteil der Vanillefüllung über seinen Mundwinkel rinnt. Vanillekrapfen sind ein recht einfältiger Snack. Warum kann man nicht einfach mit dem Klassiker zufrieden sein: MARMELADE? Er wischt sich mit den Ärmeln ab und verschließt den Karton anscheinend wieder möglichst so, als ob er niemals geöffnet wurde. Das frisch rasierte Gesicht ist wieder sauber, aber er hat nicht bemerkt, dass nicht nur seine Jacke, sondern auch die gute Hose voll ist mit Staubzucker. Die gute Hose, von der die Mama gesagt hat, er soll sie anziehen und eine Bügelfalte hineinbügeln, was er auch gemacht hat, schief zwar, aber immerhin.
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Ad Personam: Maria Hofer
Maria Hofer zählt zu den interessantesten jungen Literatinnen aus Österreich. Biografisches rückt sie dennoch nicht so gerne heraus. Soll heißen: Man weiß nicht wirklich mehr als das: »Nach unspektakulärer Geburt 1987 und Erziehung in der Steiermark schließlich doch die Matura absolviert. Dann folgten ein Studium an der Universität Wien und zahlreiche andere Begebenheiten.« Eine dieser zahlreichen anderen Begebenheiten heißt »Jauche«, ist im Verlag rde erschienen und ein bissiges 85-Seiten-Debüt. Es steht in der Tradition österreichischer Anti-Heimatromane. Ein auktorialer Erzähler, wohl ein außenstehender Insider, zoomt darin in kurzen, prägnanten Sätzen in eine bäuerlich geprägte Dorfgemeinschaft. Was es an stereotypen Figuren dafür braucht ist vorhanden. Der Bürgermeister etwa, der gerne betrunken Auto fährt, seine auf perfekte Außenwirkung getrimmte Gattin, ein windiger Vize, bösartige Tratschweiber, oder ein deutsches Ehepaar, das sich in Land und Leute dort verliebt hat. Die bringen dann auch eine kleine Lawine ins Rollen, denn wie so oft am Land ist die Jauche nicht das Einzige, was zum Himmel stinkt: »Weil prinzipiell gilt: Auf dem Land, da wissen die Leute halt noch ihren Mund zu halten. Es ist fast schon so etwas wie ein Mundhalten-Instinkt. Auf der Alm gibt’s ka Sünd. Das heißt nicht, dass man alles machen kann und es ur super dort ist, das heißt nur, wenn man gefickt ist, dann so richtig, weil es jedem wurscht ist. Das kann irritierend sein.« Ein bissiges Buch, das sich gekonnt Klischees zunutze macht, um die Landenge implodieren zu lassen. Wie das klingt, kann man am 12. Dezember um 19.00 Uhr im Flex hören. Dort liest Maria Hofer gemeinsam mit Stefanie Sargnagel und Puneh Ansari. Manfred Gram
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Der Staucher Peter schaut verachtend rüber zum Krapfenmann. Er schüttelt den Kopf und versucht, bestätigenden Blickkontakt mit seinen Sitznachbarn aufzubauen. Das kann er genau beobachten. Gerade der Staucher Peter. Selber ist der Staucher Peter ein Krapfenmann, ein ungeheuerlicher sogar. Wenn der Staucher der original Krapfenmann wäre, würde er ihm sogar wünschen, dass eine hungrige Frau ihm die Krapfen alle wegnimmt. Und, dass der Staucher Peter die Krapfen im Auftrag seiner Mama mitnehmen müsste und dann nichts als sein Versagen präsentieren könnte. Zusammen mit einer vollgezuckerten Northface-Jacke. Er würde in der Hoffnung, dass ihn seine Mutter trotzdem noch mag sagen, er hat die Krapfen verloren. Die Mama aber glaubt, er hat sie schon wieder angelogen. Dann würde sie mit erhobener Nase und halb geschlossenen Augen nachfragen, ob es etwa viel schneit bei ihm, wegen der Jacke. Seine Mutter denkt übrigens bestimmt, Mutterliebe ist die beste Form der Nächstenliebe, weil man mit der Liebe zum Kind immer auch sich selbst lieben kann, das soll man ja nicht direkt, weil wir alle sind Sünder, schlecht und habgierig, aber die Kinder sind ja aus einem selbst, man kann sie gefahrlos lieben, so viel lieben, wie man will. Genauer will er das auch gar nicht wissen. Der Staucher braucht sich gar nicht vorm Krapfenmann ekeln. Der Staucher Peter ist der ekelhafteste aller Krapfenmänner. In der Schnellbahn hat der Staucher noch seine Unterlagen zärtlich ausgepackt. Gerade, dass er sie nicht laminiert hat. Der hat sicherlich eine Laminiermaschine. Immer, wenn der Peter was laminiert, sitzt er mit einem debilen Grinser vor der Laminiermaschine. Ganz bestimmt. Und dann nimmt er das frisch laminierte Dings und freut sich. Es ist so stabil und unzerstörbar. Wie für die Ewigkeit gemacht. Staucher gehört selbst laminiert. Der Peter bemerkt im Besprechungszimmer seinen Blick auf das Eselsohr. Er hört nicht die Ansprache. Mit seinen schwitzigen Händen streicht er immer wieder und immer wieder drüber. Das Papier wird schon ganz feucht. MEINE LIEBEN DAMEN UND HERREN. Und dann schaut der Staucher Peter kurz auf. Er schaut kurz auf und hat so einen unterwürfigen Blick. Wie ein Hunderl. Er schaut dem Peter scharf in die Augen. SPARTANER! Peter fühlt es sofort, er hat versagt. Schon wieder. Er hasst die Uschi. Der Chef schenkt ihm danach einen Krapfen in der Mensa. Bis zum Weltuntergang dauert es eh nicht mehr lange, versprochen. »Hier, hast du einen Krapfen, Mann«, sagt er. Daheim. Er lässt seine Rollos wieder runter. Dann bereut er, dass er so gemein zum Peter Staucher war. Dann muss er noch einmal ein bisschen Auflachen wegen »Krapfen, Mann«. Der Staucher Peter. Solche braucht’s halt auch. Ein netter Kerl.
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ES GIBT IM LEBEN GENUG, DAS NICHT PASST. JOBS, DIE PASSEN. 24 Stunden online und jeden Samstag in der Zeitung.
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AB HIER: REZENS ONEN
154 Grimes Art Angels (4AD / Beggars)
Der Engel, den wir brauchen Nein, er ist es nicht, der Sellout, den viele heraufbeschworen haben. Und das, obwohl Grimes sich auf ihrem neuen Album dem Pop widmet. Grimes does pop? Nein, das stimmt nicht ganz. Denn den Großteil von »Art Angels« wird man nicht im Popradio hören. Musikalisch sozialisiert wurde Grimes (bürgerlich: Claire Boucher) im R’n’B und Pop der 90er und 00er Jahre. Das hört man, sie öffnet sich aber in allerlei Richtungen für Versatzstücke und copypastet sich durch die vergangenen 20 Jahre. Sie verdichtet heimliche Hits zu einem packenden Album, das dem Trademark-Sound der jungen Kanadierin verschrieben ist. Doch was ist Grimes nun? Viele versuchten Boucher und ihren Stil zu kategorisieren – das neue Album wird ihnen weitere Steine in den Weg legen. Dieser Tage beanspruchen viele Szenen die oft aliengleich wirkende Grimes für sich: Hipster sehen sie als ihre Stilikone, Pop als exzentrische Queen des Genres, Indie als ihren neuen Female Superstar. Grimes isn’t anything. Grimes is everything. Musikalische Kollaborateure gab es nur wenige: Neben einem Gastspiel der Neo-Soul-Ikone Janelle Monae auf dem irgendwo zwischen Funk und Electroclash mäandernden Track »Venus Fly« wird lediglich noch die Newcomerin Aristophanes auf dem wohl extremsten Song des Albums – »Scream« – gefeaturt. Der Großteil der Songs auf »Art Angels« wird durch elektronische Beats getrieben – so auch die Single »Flesh Without Blood«. Im Video dazu greift Grimes die Symbolik des »gefallenen Engels« auf. Das absolute Highlight des Albums ist jedoch ein Track, der schon seit Langem in einer Demo-Version bekannt ist: »REALiTi«. Für das Album noch einmal neu arrangiert, büßte der Song nichts von seiner Intensität ein und wirkt perfekt im Albumverbund. Am Ende ist Grimes selbst der Titelheld, der Art Angel – eine Frau, die dem Pop zu etwas Höherem, zu einer postmodernen Kunst stilisiert. Man könnte nun die Analogie zu Taylor Swift ziehen, die es letztes Jahr mit dem lupenreinen Pop von »1989« schaffte, zum größten Superstar des Jahres zu werden. Grimes wird dies auf andere Weise schaffen. Sie ist tatsächlich der gefallene Engel des Pop. Er trägt die Spuren des Absturzes, des eigenen Bluts, des eigenen Drecks. Und deswegen ist ihr Pop auch ureigen, nicht zu kopieren, nicht einzuordnen. Im letzten Song des Albums, »Butterfly«, ein mit einem glasklaren Housebeat unterlegter Pophit, stellt Grimes klar, dass sie nicht zu einem Postergirl à la Taylor Swift taugt: »If you’re looking for a dreamgirl / I’ll never be your dreamgirl«, heißt es da. Grimes möchte nicht angehimmelt werden – sie bleibt lieber der Außenseiter, der unerreichbare Art Angel. 09/10 Florian Kölsch 053
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Über Pop-Musik
Hotline Bling und denkendes Geräusch. Ausgewählt von Stefan Niederwieser. Freddie Gibbs Shadow Of A Doubt (ESGN) — Freddie wird manchen jetzt zu hart und grimmig sein. Auf »Piñata« hatte Madlib letztes Jahr noch geschmeidige Beats beigesteuert. Das dritte Album ist finsterer, durchzogen von Gewalt, Kokain und Sex. Dabei sind die eigenartigen Beats, die das Album so hörenswert machen. Ein paar richtige Durchhänger sind zwar dabei. Sonst aber sind sie verquer, hybrid synthetisch-analog, verspult, wie in den letzten Minuten eines Rauschs. Und bereit für den Absprung. Various Artists Ballgasse 6 – Wiener Avantgarde der 80er (Monkey) — Erstaunlich, aber man kann trotz des exzellenten »Wienpop«-Wälzers noch weiße Stellen in der lokalen Popmusikgeschichte findet. Die Begleittexte zur Compilation sind dicht und voll mit zu viel Wissen. Darin ist die Rede von genialem Dilettantismus. In der Ballgasse 6 war nämlich Kunst daheim, die ihre Körper mit Klang bewaffnet hatte. Rockenschaub, Damisch, Zobernig und so weiter. Ein irres Fundstück ist das allemal und wandert natürlich gleich ins Archiv. Rustie Evenifyoudontbelieve (Warp) — Leute schauen in der U-Bahn ganz irritiert, wenn neben ihnen der Sound von zerquetschten Vögeln, Ventilatoren und Sternengleitern aus den nur halb abgeschirmten Kopfhörern dringt. Was ist das? Rustie. Kennt man ja eigentlich. Außer dass die kristallinen Geräuschsplitter jetzt gerade noch bedrohlicher funkeln. Das ist nicht nur Klangforschung, das ist Forschen an der Zukunft. Und ein fast verschwenderischer Umgang mit argen Ideen. iLoveMakonnen iLoveMakonnen 2 (Ovo Sound) — Die Zukunft von Rap! – One Hit Wonder! – Ma wuascht! Wenn ein Hit wie »Tuesday« in einer solchen Wucht daher kommt, wird gern das Ende von HipHop, wie wir ihn kannten, ausgerufen. Stichwort Gurgle Rap. iLoveMakonnen hat seine schlafwandlerische Zerbrechlichkeit und den verhatschten Flow gedrosselt. Sonst aber ist der hölzerner Kasper mit seiner zweiten EP eine willkommene Erweiterung von dem, was Rap überhaupt sein kann. Electric Light Orchestra Alone In The Universe (Columbia) — Gut, Jeff Lynne ist nicht David Bowie und erfindet sich nicht als Blackstar, Drum’n’Bass-Chamäleon oder Ziggy neu. AITU könnte genau so gut aus den 70ern sein. Aber Tame Impala, Adele, Kurt Vile, Steve Wilson oder Sleater Kinney immerhin auch. Warum also nicht mehr vom selben alten Wein? Da ein wenig Schlager, dort sieht deutlich Roy Orbison herunter, sanfter Bombast, ein insgesamt herrlich stumpfer 70er State Of Mind. Und außerdem natürlich: Grimes – Art Angel (4AD) Album, Person und Weltanschauung des Jahres. Wandl – Rap Remixes Vol. 1 (Bandcamp) Wandl, why u no make more tracks like dis? Yung Hurn – Opernsänger (Livefromearth) Ja schau. Noisey, Sargnagel und Juice feiern den debilen Bub eh wieder.
Grant Grant (Milchwald)
Von Klo’neuburg bis nach Triest Grant haben einen guten Namen, den Exzess im Nacken und vor allem: ein grandioses Debüt. Der Hang zum Italophilen ist dem österreichischen Pop inhärent. Generationen, im Sommer aufgewachsen an Bademeisterstränden der Adria. Grant, fünf Anfang-Zwanziger aus Klosterneuburg, finden ihren Sehnsuchtsort in Triest. Der Vergleich zu Wanda ist aufgelegt, auch wenn da musikalische Welten dazwischenliegen. Dima Braune, der Sänger und Texter von Grant, der mit OversizeSakko, Slim Tie, Doherty-Hut und selbstzerstörerischem MacGowanGestus wie eine Verkörperung des Exzesses auftritt, erzählt auf dem Debütalbum viel von Literatur. Er macht Joseph Roth zu seinem Personal Jesus, versucht sich an neuen Leiden des jungen W. und ihm gelingt auf dem wohl besten Stück des Albums und potenziellem Song des Jahres »Babajaga« das Kunststück, eine alte osteuropäische Mär neu zu definieren. In der Elegie, die mit dezentem Balkan-Shanty-Pop untermalt wird, schafft er eine Art osteuropäische Gesellschaftsstudie und glänzt mit Sätzen wie »Ein Mann hielt Boschina am Herzen fest« oder »Ich putz ihm Schuh, ich putz ihm Haus, ich fick ihm die Dämonen raus, im Wahn sagt er vielleicht ›Ich liebe dich‹«. Überhaupt: Die Texte. Fernab jeglicher Peinlichkeit skizzieren sie mal fiktive Figuren, mal werden sie Ausdruck der vielzitierten Befindlichkeit, wie etwa in »Verwunschen«, dem zweiten großen Stück des namenlosen Debüts. Braune offenbart da großes erzählerisches Talent, ähnlich dem des jungen Nino Mandl. Musikalisch ist viel dabei: Neben vereinzeltem Balkan-Pop und Westcoast-Funk-Rock ist es vor allem Gitarrenpop, den uns Grant präsentieren, manche mögen das durchaus auch stinknormalen Rock nennen. Für das noch junge Alter ist das handwerklich durchaus top, vor allem die Leadgitarre vermag zu entzücken. »Grant« kann die Platte des aktuellen Ösi-Hypes sein, die alle gehabt haben wollen. »Wir haben’s ja schon immer gewusst«, jaja. Eines ist aber klar: Man muss ein Auge auf Grant haben. 08/10 Dominik Oswald
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Neigungsgruppe Indie
Schöner Lärm, betörende Stille, alles dazwischen und natürlich die obligate Ausnahme. Ausgewählt von Manuel Fronhofer. Jennylee Right On! (Rough Trade) — Ihre Stammband Warpaint hört man Jenny Lee Lindbergs Soloalbum natürlich an. Dramatisch-unterkühlte Atmosphäre, hypnotisch in ihren Bann ziehende Rhythmus arbeit, ätherisch-entrückter Gesang – all das kommt auch hier zum Tragen, die Songs dieser Sammlung fallen aber karger, elementarer, intimer aus. Eine finstere New-Wave-Ästhetik gibt den Grundton vor. Der Winter kann kommen – auf »Right On!« wird er passend als »long« und »lonely« besungen.
Adele 25 (XL / Beggars)
Konsens Hurrikan Adele wütet weltweit und reißt dabei alles nieder. Niemand ist sicher, aber jeder ist sich sicher. Wir müssen gar nicht drumherum reden. Adeles letztes Album »21« war eines dieser Alben, die heute als »monumental« bezeichnet werden. Eines dieser Alben, die in gefühlt jedem zweiten Haushalt liegen, weil es sich sowohl zum Bügeln als auch zum Schmusen recht gut eignet. Eines dieser Alben, die sich einfach unfassbar oft verkaufen. Eigentlich war »21« gar nicht wirklich eines dieser Alben, es war das Album. Man kann Adele nicht nicht mögen, selbst wenn man wollte. Und warum sollte man auch? Es gäbe keinen Anlass. Da ist die Stimme, die dreckige Lache, die klassische Optik, und nochmal die Stimme. Adele ist nicht, wie oft behauptet, die Künstlerin einer Generation, sondern eher die Künstlerin für alle. Deshalb war »21« das, was es war, und deshalb wird »25« voraussichtlich die höchsten Erstwochen-Verkäufe seit 2000 erreichen. Und damals haben die Leute wirklich noch CDs gekauft. Um ganz sicher zu gehen, gibt’s für die Balladen-Bonanza auch erst mal kein Streaming. Kauft oder redet nicht mit. Wo warst du, als Adele ihr Album auf die Menschheit losgelassen hat? Viel höher kann man Erwartungen fast nicht schrauben – jedes noch kommende AdeleAlbum wird im Grunde genommen der Nachfolger von »21« sein. Und wenn man sich dann doch kurz ein wenig über die Durchschnittlichkeit des neuen Albums wundert, fällt einem wieder ein, dass sie eigentlich immer schon so geklungen hat und die Songs nichts anderes sind, als das, was man bisher gewohnt war. Einzig der Song von Max Martin treibt das Ganze etwas voran. Obwohl, oder gerade weil man hier ein bisschen in Taylor Swifts »1989« schwelgen darf. »Send my love to your new lo-hhhover« – wenn Max schon mal nur zwei Akkorde verwendet, dann meint er es verdammt ernst. Adele ist wichtig, da sind wir alle einer Meinung. Aufregend ist sie nicht, aber das muss sie nicht sein. »25« ist genau das, was man sich von »25« erwartet hat und vielleicht auch ein bisschen weniger. Also, ja – hello from the same side. 07/10 Franz Lichtenegger
Strange Faces Stonerism (Autumn Tone) — Mit der schönen Zeile »I saw the sunlight and it was the colour of your eyes« eröffnet das Debütalbum dieser vierköpfigen Band aus Chicago. Garage-Rock, Lo-Fi-Punk, SixtiesPop – das sind die Zutaten dieser Musik. Hall und Verzerrung sind auf Anschlag, es scheppert und kracht ganz wunderbar. Jugendlicher Sturm und Drang in seiner ansteckendsten Form, dazwischen was zum Durchatmen. Bei der Produktion hat übrigens Twin-Peaks-Frontmann Cadien James ausgeholfen. Martin Crane Physical Therapy (Inscape) — Brazos hieß die Gruppe, bei der Martin Crane an einer Annäherung von Indie-Rock und Folk gearbeitet hat – mit schönen Ergebnissen. Nun gibt’s das erste Album unter seinem bürgerlichen Namen. Teils mit Band eingespielt, teils am Rechner zusammengebastelt, erweitert es das Spektrum um zeitgemäßen Pop, Synthetisches aus den 80ern und ein schummrig-funkiges Saxofon. Für Letzteres gab’s auch schon Dev-Hynes-Vergleiche. Musik von luftiger Eingängigkeit. Sunflower Bean Human Ceremony (Fat Possum) — Die psychedelische Magie von The Velvet Underground und der schwere Rock von Black Sabbath, dazu eine lässig-verträumte Indie-Ästhetik – Julia Cumming, Nick Kivlen und Jacob Faber, alle um die 20 und in Brooklyn zuhause, haben ein ziemlich gutes Grundrezept für ihre Musik erstellt. Dass sie auch Songs schreiben können und gegenüber Pop-Appeal keine Abneigung haben, hilft bei dessen Umsetzung natürlich. Money Suicide Songs (Bella Union) — Das zweite Album dieser Band aus Manchester hebt an, als wäre es ein verlorenes Meisterwerk ihrer Lands leute The Verve – statt bittersüßer Symphonie gibt es hier aber unbarmherzig-morbiden Gospel. Wie der Albumtitel sind auch die Songtexte vom mittlerweile überwundenen schlechten psychischen Gesundheitszustand des Sängers Jamie Lee geprägt und entsprechend aus der besonders tristen Abteilung. Eine intensive Angelegenheit von gequälter Schönheit.
Und außerdem natürlich:
Get Well Soon – Love (Caroline) Konstantin Gropper und die Liebe. Chamber-Pop in betörender Perfektion. Hinds – Leave Me Alone (Lucky Number) Charmant holpriger Garage-Lo-Fi-Pop aus Madrid. Ton Steine Scherben – Gesamtwerk (David Volksmund) Höchst politisch, höchst persönlich – eine der besten deutschen Bands ever. 055
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Hinds Leave Me Alone (Lucky Number)
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Mystery Jets Curve Of The Earth (Caroline)
Ein kastilischer Hirsch
Das Lied von der Erde
Die vier Madrileninnen von Hinds erlegen Ende des Jahres genau jenen Zwölfender, den sie zuvor über den ganzen Globus scheuchten.
Fast unbemerkt haben die Mystery Jets ihre Kunst des Songwritings perfektioniert. Und kombinieren das mit locker gesungenen Zeilen über diesen einen Planeten.
Ganz so arg war es natürlich nicht, aber die vier Girls aus Madrid haben dieses Jahr doch eine ziemliche Konzert-Hetzjagd hinter sich, die beim SXSW wohl ihren Höhepunkt erreichte. Dort spielte die Band 16 Konzerte innerhalb von nur vier Tagen. Die gerichtliche Treibjagd um ihren Bandnamen konnten die Vier allerdings nicht für sich entscheiden. Das Kollektiv sah sich gezwungen, den ursprünglichen Bandnamen (Deers) einer Verweiblichung zu unterziehen. Eine musikalische Umorientierung blieb aber aus. Hinds nehmen immer noch die gesammelte Garage- und Low-FiÄsthetik ins Zielfernrohr und treffen mit Blattschuss direkt unsere von zu viel Jägertee desensibilisierten Synapsen. Der in unseren Breitengraden hinlänglich bekannte RonettesSchunkler »Bamboo« machetiert sich bereits seit Monaten durchs Dickicht der Tristesse. Die sinister gespielte Gitarre immer auf 11erAnschlag. Zudem rütteln Songs wie »Fat Calmed Kiddos« oder »Castigadas En El Granero« (dt: Züchtigung in der Scheune) sowohl durch deren Namensgebung als auch durch die psychedelische Sogwirkung am Tarantino-Referenzbaum und wirken wie direkt einem seiner Filme entstiegen. Filmvorlagen scheinen bei Hinds sowieso eine nicht unerhebliche Rolle zu spielen. Wer sich beim Sound bereits an den 60ern bedient, tut das gern dann auch bei den Videos: In »Gardens«, dem bandinternen Favoriten und Opener, schaut man den Mädchen samt Biersaft-Jüngling beim Reißausnehmen zu. In »Pierrot Le FouManier« (natürlich wieder 60er) wird da der Bürgerlichkeit getrotzt und dem weißen Pulver zerstoßene Rosen vorgezogen. Ansonsten hüpfen die Themenbereiche, denen immer diese wunderbar kastilische Färbung anhaftet, hauptsächlich um die Nacht und ihre Kinder. Bemerkbar auch beim Instrumental »Solar Gap«, bei dem die zur Afterhour winkenden Sonnenstrahlen auf der Haut tanzen. Wer sich also gerne totes Wild über den Kaminsims hängt, tut das am besten mit dem sehr lebendigen »Leave Me Alone«. Alle anderen dürfen das natürlich auch. 07/10 Christoph Kranebitter
Wie soll man sich schon über Songs und Melodien streiten? Bei den Mystery Jets muss man das wohl. Denn sie zirkelten immer weiter von zappeligem Indierock weg. Vor zehn Jahren hatten struppige Haare, waren austauschbar, aber passten mühelos in die Verkaufsvorlagen von Musikvermarktern. Mit »Serotonin« kam dann Pop in vollen Zügen. Am Cover blasse, mintgrüne Farben, Männer bei der Hygiene, weltgewandte Songwriterschule. Das klang hervorragend, ging nur leider nicht so richtig auf. Weil allzu große Sprünge versteht ein Publikum nicht. Wenn schon mondäne Melodien, dann bitte von Kindsbeinen an. Sonst wirkt das schnell unglaubwürdig,. »Radlands« war zwei Jahre schon wieder eine schwer nachvollziehbare Wendung. Americana. Texas. Da konnte man leicht überhören, dass die Mystery Jets mittlerweil echte Kaliber von Songs schrieben. Niemand wartet auf ein Album von ihnen. Sie können sich jetzt in Ruhe mit den Doves, Manic Street Preachers und Prefab Sprout messen. Und das tun sie. Die Puzzleteile stimmen jetzt zusammen. Durch den neuen Bassisten mit pinken Haaren fühlte man sich wie in einer brandneuen Gang. Die Refrains werden lange vorgebaut, die unterschiedlichen Teile einer Story geben sich mühelos die Hand. Die Steel-Gitarre muss jetzt nicht mehr einen US-Sound markieren. Sie kann einfach die richtige Wahl für einen Zwischenteil sein. Songs bauen sich langsam auf, um zu explodieren. Die Arrangements sind organisch, locker, ja, sophisticated sagt man. Über all das zu streiten, ist natürlich schwer. Und Pop funktioniert ja schon lange auch über alles andere, über Images, Sounds, Sex. Die Mystery Jets üben sich in der Kunst des Songwritings. An einem Punkt hätte das Album beinahe die Balance verloren. Das wurde korrigiert. Und wie als Bonus wurde noch ein relevantes Thema verarbeitet. Erde, Astronomie, Biologie und Klimaforschung sind das Gewebe, auf dem Zeilen wie »be the change you want« gesungen werden. Das ist unzeitgemäss, wenig sexy, aber jaja, eben, was für Songs. 08/10 Stefan Niederwieser
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Und anderes Musikalisches dazwischen und darüber hinaus. Kuratiert (ha!) von Amira Ben Saoud.
Eloui Tangles and Loose Ends (EMG)
Vom geplanten Zufall Auch auf ihrem zweiten Album zieht sich Eloui nicht vom Schlachtfeld des experimentellen Pop zurück. Selbst wenn sie die Schwerter ein bisschen hat abschleifen lassen. Es rasselt und prasselt, es zischt, poltert und seufzt. Dass man da anhand des Abstraktionsgrades schnell an Kunst und Malerei denken mag, kommt auch nicht von irgendwoher. Eloui ist eigentlich von der Malerei hinein in ihre selbst erbauten Klang-Schlösser gezogen. An der Wiener Akademie ausgebildet, hat sie die Stifte, Pinsel und MS Paint gegen Bass, Ukulele, Klanghölzer und sonstige, eher untypische Instrumente getauscht. Franziska Abgottspon, so der bürgerliche Name, zauberte mit ihrem Debüt 2011 schon ein zwar nicht einfaches, aber unumstritten starkes Album hervor. Das Eloui’sche Melodienspektrum zeichnet zwar nicht mit Kate Bushs Initialen, die Stimme tut es dann aber doch hie und da. Auch opulente Bläsersätze und Streicher-Arrangements sind diesmal dabei, wirken abrundend, harmonisierend. Das ist es wohl auch, was der sonst doch teils schrullig-zuckenden Musik die Erdung gibt. Das Gespür für sympathisches Understatement, wenn erforderlich, und für noisiges Rauschen, wenn gewollt. »Tangles And Loose Ends« heißt nicht nur das zweite Album, sondern auch die letzte Zeile des letzten Songs. Es kokettiert mit den unvollendeten Aufgaben und hinausgeschobenen Verpflichtungen, die Eloui als eigenständige Kunstform und Methode betrachtet. Der Zufall ist in ihrer Musik – an der Schnittstelle zu Neuer Musik – von großer Wichtigkeit. Auch, wenn sie ihn zu regeln versucht, geht er gerade mit dem experimentellen Touch des ganzen Albums d’accord. Auch wenn dieses zweite Album von Eloui deutlich feiner und abgerundeter in Richtung Singer-Songwriter-Ecke abzielt, behält sie sich ihre eigene ungestüme Verworrenheit vor. Abstraktion und Experiment bleiben also die Strippenzieher, egal ob mit Bläser- oder Streichorchester. Auch wenn die sanfte, beinahe einlullende Stimme Elouis gekonnt in die falsche Ecke locken will, geht es hier nicht darum. Fast wie Schneewittchens böse Stiefmutter mit dem roten Apfel. Nur, dass dieser köstlich – und sicher nicht vergiftet ist. 07/10 Lisa Schneider
Goldlink And After That We Didn’t Talk (Soulection) — Mit dem Geräusch eines Autounfalls, mit dem das Vorgängerwerk »The God Complex« endete, beginnt »And After That We Didn’t Talk« und erinnert daran, dass trotz der extrem tanzbaren Beats nicht immer alles eitel Wonne ist. Der Rapper aus Washington changiert zwischen ernster Vergangenheitsbewältigung und Partyspaß und klingt dabei wie kein anderer. Unbestritten einer der besten, unverwechselbarsten und eigenständigsten Rap-Artists zur Zeit. R.O.M + Deffie Entropy [EP] (Self-Released) — Mutti war wieder auf Bandcamp shoppen. Auch im Einkaufswagerl: »Entropy« von R.O.M + Deffie. Eine großartige Investition, die sich nicht nur beim Auflegen lohnen wird; auch privat lässt es sich zu den fünf ausgezeichneten Tracks heftigst durchs Zimmer bouncen. Sie haben Bass, sie haben Justin Timberlake-Samples, weitergedachte Trap-Beats und ein paar Favela-Funk-Einflüsse. Frisch und süffig wie ein Erdbeer-Kiwi-Smoothie mit einem Schuss Wodka. Sango Da Rocinha 3 (Soulection) — Nochmal Soulection, nochmal Favela Funk (Rocinha ist ein Stadtviertel in Rio, das sich aus einer Favela entwickelte). Die Serie, in der Sango Brasiliens SoundGeschichte in ein neues Kleid sampelt, geht in die dritte Runde. Klingt kaum anders als die Vorgänger-Alben, hat aber auch eher enzyklopädischen Anspruch als den einer Weiterentwicklung. Es gibt auch nicht viel weiter zuentwickeln, weil es ohnehin ein perfektes Konzept ist. Richie Quake In Love N’ Memory [EP] (Self-Released) — Irgendwo zwischen James Blake, Spooky Black, Kindness und Jmsn spielt sich der zärtliche Alt-R’n’B / Pop von Richie Quake ab. Wenn man grad niemanden zum Schmusen hat und sich ganz fest selbst umarmen muss, hilft Richie weiter: »You don’t need a man, you’re strong and independent«. Wow, ok, danke! Abgesehen von der schmusigen Stimme und den traurigen Harmonien kann auch das Cover-Artwork einiges: eine Power-Point-Präsentation der Liebe. Gaika Machine [Mixtape] (Self-Released) — Zum Abschluss auch etwas Verstörendes: Der Londoner Produzent Gaika werkt an Ungetümen, die Namen wie »Enoch’s Drone« oder »Sodium« tragen. Da kann man sich ausrechnen, dass das Ergebnis nicht nach Ariana Grande klingt. Wer Experimente zwischen Grime, Dancehall und Dub mag und von MenschMaschinen träumt, wird fündig: »My old man is a scientist and my brother’s into robots – that’s what we’re all about«, sagt Gaika. Genau so klingt’s.
Und außerdem natürlich:
Justin Bieber – Purpose (Def Jam) Gönnung. Arca – Mutant (Mute) Es rappelt wieder im Sound-Karton. Grimes – Art Angels (4AD) Quirlig, nervig, mutig und leiwand(ig).
01/10 grottig 02/10 schlecht 03/10 naja 04/10 ok, passt eh 05/10 guter Durchschnitt 06/10 sehr gut 07/10 super 08/10 ein Top-Album des Jahres, Genre-Klassiker 09/10 absolutes Meisterwerk
Pop, Bass, Hop
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TEXT Franz Lichtenegger BILD Kristina Hrabetova, Opéra National de Lyon 2008, Vija Celmins, Margot Pilz, Academy of Arts, Architecture and Design, Prague, Kunsthaus Bregenz, Carolee Schneemann
Es ist eigentlich ganz simpel: Ab Dezember stehen im Wiener Designforum Möbel und Objekte des Alltags im Fokus. Klare Linien, unkompliziert wirkende Formen, schlichte Gestaltung – eigentlich ganz simpel. Dabei sieht man ihnen die Liebe zum Detail und die Entwicklung zurück zu den Ursprüngen der Anwendung erst auf den zweiten Blick an. Ganz so simpel ist das Ganze dann wohl doch nicht. Eröffnung: 15. Dezember, 18.30 Uhr; Dauer: 16. Dezember bis 14. Februar Wien, Designforum
Simple. Die neue Einfachheit
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TERMINE
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46 Videos
TEXT Franz Lichtenegger BILD Kristina Hrabetova, Opéra National de Lyon 2008, Vija Celmins, Margot Pilz, Academy of Arts, Architecture and Design, Prague, Kunsthaus Bregenz, Carolee Schneemann
Wir mögen, wenn wir von Anfang an wissen, worauf wir uns einlassen. »46 Videos« macht keine leeren Versprechungen und ist genau das, was es nun mal vorgibt, zu sein – nämlich 46 Videos, allesamt Theater- und Operninszenierungen aus dem Werk von Regisseur Peter Stein. 46 Videos, nicht mehr, aber auch nicht viel weniger. Und hier noch Namedropping: Tschaikowsky, Goethe, Shakespeare, Schiller, Brecht. Dauer: 20. November bis 14. Februar Wien, Künstlerhaus
Vija Celmins Vija Celmins mag die Natur. Spinnweben, den Nachthimmel, die Wüste oder eben das Meer. Und das tut sie im Grunde genommen schon seit den 70ern, also sollte man sich auch bei ihrer ersten Einzelausstellung in Österreich, die einen Querschnitt ihres druckgrafischen Werks zeigt, auch nicht viel anderes erwarten. Ganz ohne Fluchtpunkte ist man da schon mal hilflos der Totalität des Meers ausgesetzt. Dauer: 20. November bis 31. Jänner Wien, Secession
Margot Pilz Mit Margot Pilz verbindet man erstmal eine Reihe von Adjektiven, die allesamt so klingen, als müssten sie erst geschrien werden, um sich selbst gerecht werden zu können: Radikal, feministisch, aktionistisch, selbstbestimmt. Ähnlich verhält es sich mit ihrem Werk – Pilz gilt als eine Pionierin der Konzept- und Medienkunst. Kein Wunder, dass die Ausstellung auf den Namen »Meilensteine« hört. Dauer: 18. November bis 5. März Wien, MUSA
Iconic Recycling Es sind große Fußstapfen, in die zwölf Prager Kunststudentinnen und -studenten treten wollen – es sind ikonische Fußstapfen. Einer Luxusmarke neues Leben einzuhauchen gilt vor allem in der Modewelt als Ding der Unmöglichkeit, trotzdem schaffen es die 35 entstandenen Modelle aus dem Wintersemester irgendwie. Nach Tokio und New York wird nun in Wien nicht nur präsentiert, sondern auch verkauft. Dauer: 27. November bis 9. Jänner Wien, Mario Mauroner Contemporary Art Vienna
Österreichische Kunst aus der Sammlung des Kunsthaus Bregenz Im Kunsthaus Bregenz gibt’s bald eine Art Greatest Hits – wobei das hier wahrscheinlich eher eine B-Sides and Rarities wäre. Im positiven Sinn. Heimo Zobernig kuratiert dabei gemeinsam mit Thomas D. Trummer und Rudolf Sagmeister eine auf Malerei und Skulptur gestülpte Ausstellung von Werken, die schon länger im Besitz des Gründungsdirektors sind, als es das Kunsthaus überhaupt gibt. Dauer: 26. November bis 10. Jänner Bregenz, Kunsthaus
Carolee Schneemann Jemand wie Carolee Schneemann braucht nicht nur viel Platz in ihrem Lebenslauf – die gebürtige US-Amerikanerin ist ihres Zeichens Künstlerin, Choreografin, Performerin und Autorin –, sondern auch für ihre Ausstellung. Schlappe 1.700 m2 auf zwei Ebenen widmet das Salzburger Museum der Moderne ihr für die rund 350 Arbeiten und sechs Jahrzehnte umspannende Werkschau »Kinetische Malerei«. Dauer: 21. November bis 28. Februar Salzburg, Museum der Moderne 059
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Janis: Little Girl Blue Ein Dokumentarfilm von Amy J. Berg Erzählt von Chan Marshall (Cat Power) DiENSTAG, 26. Jänner 2016, 20 Uhr Votivkino, Währinger StraSSe 12, 1090 Wien * Zur Teilnahme einfach bis 19. Jänner 2016 eine E-Mail mit dem Betreff »Janis« an gewinnen@thegap.at schicken. Teilnahmebedingungen: Die Teilnahme ist ausschließlich per E-Mail möglich. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
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3.000 Euro für 3 Minuten – jetzt Kurzfilm-Konzept einreichen! Thema: POWER TO THE PEOPLE Ob Dokumentarfilm oder Animation, Experiment oder Fiktion – alles ist erlaubt! Die 5 realisierten Kurzfilme feiern am 30. Mai 2016 ihre Galapremiere im Stadtkino im Künstlerhaus. Eine prominente Jury und das Publikum vergeben Preise in der Höhe von 4.000 Euro. Weitere Infos und Einreichbedingungen ab 27. Oktober 2015 unter nightofthelight.at
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Initiiert von
In Kooperation mit
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Kunsthalle Wien
T ermine
G a lerien
Museumsquartier 7/11 2015 – 7/2 2016 #Populism Tobias Zielony, o. T. (2013, Pigmentdruck), aus »A Colonial Landscape« Courtesy: KOW Berlin
Natalia Zaluska, o. T. (2015, Mischtechnik / Collage auf Leinwand) Courtesy: Christine König Galerie, Wien
Tobias Zielony – A Colonial Landscape
Natalia Zaluska
mit einer Sound-Installation von Philip Rizk Politische Konflikte in zeitgenössischer Kunst aufzuarbeiten, erfordert Fingerspitzengefühl: Der Berliner Künstler Tobias Zielony (geb. 1973) hat sich dieser Aufgabe 2013 gestellt und in seinem Projekt die politische und gesellschaftliche Situation Palästinas aufgearbeitet. Wo Zielony in 24 großformatigen Landschaftsabbildungen subtil andeutet, legt der deutsch-ägyptische Videokünstler und politische Aktivist Philip Rizk (geb. 1983) den Finger weitaus drastischer in die Wunde. Von Zielony dazu eingeladen, steuert er den Bildern Texte bei, die als eigenständige literarische Arbeit ebenso im Rahmen der Ausstellung gezeigt werden. »A Colonial Landscape«: Kritik einer umstrittenen Causa in Bild und Schrift. bis 23. Jänner Fotohof Salzburg
Die Gemälde der polnischen Malerin Natalia Zaluska wirken reduziert, entsprechen aber laut Aussagen der Künstlerin nicht allen Richtlinien der Minimal Art. Dafür sei ihre Auseinandersetzung mit Form und Materialität eine zu aufwendige. Sie arbeitet mit Karton: geometrische Formen werden über- und nebeneinander geschichtet, wie Bausteine arrangiert. Wichtig ist die Wechselwirkung zwischen den einzelnen Modulen, das Konstrukt, das entsteht, wenn sie zusammengesetzt sind. Im Sinne von: alleine nichts, zusammen alles. Da wird collagiert, gerissen, übermalt, lackiert. Ebenso wichtig wie das Endprojekt ist nämlich das Schaffen an sich, jede noch so kleine Bewegung, Änderung am Werk. Ein bisschen Minimalismus at least: Maximale Vielschichtigkeit in minimaler Arbeitsweise. bis 23. Dezember Galerie Christine König, Wien Ausstellungsansicht Politischer Populismus, Foto: Stephan Wyckoff
Kärnten
Valentin Oman – Spuren / Sledi Galerie Walker bis 31. Jänner Peter Sengl in der Accrochage 15 Rittergallery Showroom bis 24. Dezember
Oberösterreich
Weihnachtsausstellung Galerie 422 bis 9. Jänner Perfect Paintings II Brunnhofer Galerie bis 14. Jänner
TEXT Lisa schneider
Salzburg
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Reflections Galerie Frey bis 16. Jänner Lois Hechenblaikner – Hinter den Bergen Galerie Thomas Salis bis 27. Februar
Steiermark
Querschnitt / Künstler der Galerie Galerie Leonhard bis 23. Dezember
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Orte des sinnlichen Erlebens – zweiseitige Teppiche aus Marokko und dem Iran Reinisch Contemporary bis 18. Dezember
Tirol
Hubert Scheibl Galerie Schmidt in Reith i. A. bis 24. Jänner Madeleine Boschan Galerie Bernd Kugler bis 22. Dezember
Wien
Sonja Gangl Galerie Krobath bis 19. Dezember Peter Sandbichler Galerie Elisabeth & Klaus Thoman bis 9. Jänner Herbert Golser – Delirious Galerie Frey bis 9. Jänner Cruising – Rita Nowak & Michael Horsky Konzett bis 5. Dezember Natur und Form Galerie Hummel bis 19. Dezember
Politischer Populismus ist nicht nur auf dem Vormarsch, er bedient sich auch wesentlich stärker popkultureller wie künstlerischer Verfahren und Ästhetiken als noch in früheren Jahren. Die Ausstellung Politischer Populismus versammelt Werke internationaler Künstler/innen, die sich mit den verschiedenen Facetten des Populismus beschäftigen, ihn analysieren, ironisch brechen, vor allem aber darauf verweisen, wie omnipräsent er geworden ist. www.kunsthallewien.at www.kunsthallewien.at/blog
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TERMINE
FESTIVALS
3 Fragen an Zora Bachmann (Künstlerische Leitung »This Human World«-Festival) Was unterscheidet »This Human World« von anderen Filmfestivals? Naja, das kommt auf das Festival an, mit dem man uns vergleichen will. Vergleicht man es mit anderen Festivals in Österreich, würde ich sagen, es ist die sehr starke thematische Ausrichtung. Außerdem haben wir ein enorm junges Publikum und vor allem ein sehr diverses. International gesprochen würde ich sagen, wir programmieren weniger konservativ als andere Human-Rights-Filmfestivals. Wir sind seit vielen Jahren Mitglied im Human Rights Film Network. Es ist ein Zusammenschluss von 38 über die gesamte Welt verstreuten Festivals. Die Wertungen, Positionierungen und Ausrichtungen in der Filmauswahl sind aber sehr unterschiedlich. Wir legen Wert darauf, dass alle Genres vertreten sein können, wir interessieren uns für künstlerisch Neues und für Filme, die sich auch mit Film selbst auseinandersetzen. Es gibt ja auch andere Festivals, die Filme mit euren Themenschwerpunkten zeigen. Wieso ist es wichtig, ein komplettes Festival unter diesem Motto auszurichten? Es stimmt, dass es andere Filmfestivals gibt, die gesellschaftspolitische Filme zeigen. Und das ist ja toll. Ich sehe es eher als Bereicherung als Konkurrenz. »This Human World« bietet sehr viele dynamische Formate, sehr viel Möglichkeiten, sich einzubringen und mitzureden, danach gibt es von Seiten des Publikums auch immer eine starke Nachfrage. Wir sind eben ein Filmfestival, aber auch ein bisschen mehr als das. Du bist schon lange beim Festival dabei. Was hat sich in den letzten Jahren geändert? Es entstehen sehr viele Festivals in Österreich. Das verändert die Arbeit. Es werden sehr viel mehr Human Rights-Filme produziert, die Filme sind tendenziell länger. »This Human World« Festival, Wien, diverse Locations 3.–12. Dezember
Aisha Devi versteckt sich noch hinter Pappmaché. Vor Kurzem hat sie »Conscious Cunt« veröffentlicht.
CTM Festival Das CTM Festival, das früher club transmedial hieß, findet zwar nicht in Österreich statt, aber wir machen da mal eine Ausnahme. Weil es ziemlich einzigartig in Europa ist. Das Festival ist für experimentelle und elektronische Musik und findet zum 17. Mal – selbstredend – in Berlin statt. Wo auch sonst? Es wurde 1999 in etwas anderer Form gegründet und neben Ausstellungen finden auch Konzerte, Installationen und Partys statt. 150 verschiedene Veranstaltungen gibt es insgesamt, die unter anderem im Theater der Volksbühne oder im Berghain ausgetragen werden. Das Festival will dieses Mal ein klares Zeichen für Toleranz setzen, da die Welt aktuell eine Zeit der Krisen und Veränderungen durchmacht. Tickets gibt es jetzt schon zu kaufen. Da sie sicherlich bald ausverkauft sein werden, solltet ihr schnell sein. Verschiedene Locations, Berlin, 29. Jänner bis 7. Februar
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TERMINE
FESTIVALS
Du glaubst das ist Photoshop. Dabei wird direkt auf den Arlberg Lichtkunst projiziert.
1.534 … so viele Menschen haben sich aktuell für das Urban Art Forms Festival angemeldet. Was erstaunlich ist, wenn man bedenkt, wie viele Leute sich beschwert haben, dass es nur noch eintägig in den Rinderhallen Sankt Marx in Wien stattfinden wird. Shitstorms sind auch nicht mehr das, was sie mal waren.
Cineastic Gondolas Gondeln als Ort für ein Festival klingt erstmal echt komisch. Irgendwie aber auch interessant. Das Festival findet schon zum fünften Mal im kleinen Kaff Lech am Arlberg statt. Es bezeichnet sich selbst als multimediales Kunsthappening mit Kunst- und DJ-Gondeln. Party und Kunst in engen Gondeln. Unter anderem sorgen DJs aus Wien, Hamburg, Berlin und London für Stimmung. Die Tickets sind auf 400 Stück limitiert, die über verschiedene Vorverkaufsstellen vertickt werden. Lech am Arlberg, 12. Dezember
Pah, wir brauchen keine Berge. Wir bauen uns die Berge hier selbst ins Tal.
TEXT Steven Meyer BILD ZORA BACHMANN, Emile Barret, peteionian
Electric Mountain
Wer auf Electronic Dance Music steht, ist ab Dezember irgendwo zwischen den Bergen im Ötztal in Tirol genau richtig. EDM-Größen wie David Guetta waren hier schon zu sehen. Das Festival findet von Dezember bis April an mehreren Tagen statt, wobei zwei Tage im April das große Finale bilden. Der Eintritt zu vielen Konzerten ist kostenlos und auf 2.300 Meter bietet es die perfekte Gelegenheit, wieder Ski zu fahren. Das aber besser vor den Konzerten. Ötztal, 20. Dezember bis 9. April
Air&Style Das Air&Style ist ein Freestyle Snowboard Festival und das größte seiner Art in Europa. Abgehalten wird das Festival seit 1993 und der Standort wurde schon einige Male verlegt. Mittlerweile gibt es neben Innsbruck auch jährliche Festivals in Peking und Los Angeles. Die Veranstaltungsagentur gehört größtenteils dem Snow- und Skateboard-Star Shaun White. Den kennt man auch aus so einigen Videospielen. Abgesehen vom Sport wird es auch Musik-Acts geben, unter anderem Cro, Sum 41 und K.I.Z. Innsbruck, 16. bis 17. Jänner
Performing New Europe
APAP steht für Advancing Performing Arts Project und ist ein europäisches Netzwerk. Kunstschaffende dieses Netzwerkes präsentieren bei der dritten Ausgabe des Performing New Europe Festival ihre Arbeiten, die jeweils die Vielfalt des aktuellen Tanzund Performance-Schaffens zeigen. Im Programm gibt es insgesamt neun Produktionen von Kunstschaffenden von überall aus Europa. Szene Salzburg, 20. bis 23. Jänner 063
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MUSIK
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VE UR LT E KU UN HR UND ET S JA 15 NST- IQUE KU MUS LA
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t bie tge d n d sie Sta un m nen ympo en i a n s 5 h eri n/S die er, ünstl unge der s äu K alt ein r e H ge st alt zähli eran turve 2 S l V , n E u e K M , u de hr Ja ens zen und LA 15 .Pölt , dut st- ert – auf St tive Kun efini tive Ak d ein m d pek un irau tros Fre e Re iten Ein 4 Se 16
Mehr Infos: www.lames.at Order: office@lames.at
Swahili für „Wo Möbel Geschichten erzählen.“
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Sein Auftritt beim FM4-Fest dürfte ihm gefallen haben: Kele kommt wieder, diesmal mit Bloc Party.
FM4-Geburtstagsfest Zum 20. Geburtstag gab’s Kele, zum 21. nun dessen Band Bloc Party – das mag ein bisschen nach Abo klingen, aber als Headliner sorgen die Indie-Rocker mit offenem Ohr für Elektronik dank zappeliger Hits wie »Helicopter« oder »Flux« erstens für ausgelassene Stimmung und zweitens ganz sicher für ein volles Haus. Wobei: Wenn FM4 Geburtstag feiert, kommen die Hörer ja eh von allein … Und sonst so? OK Kid, Antilopen Gang, Fat White Family, Grossstadtgeflüster, Isolation Berlin (Empfehlung!) sowie aus heimischer Erzeugung: Farewell Dear Ghost, Satellite Stories und A Life, A Song, A Cigarette. 23. Jänner Wien, Ottakringer Brauerei
LIVE @ RKH
ÖSTERREICHS CLUBSZENE IM RADIOKULTURHAUS
ELOUI & GäSTE
14.12.2015 KARTEN UND INFOS: radiokulturhaus.ORF.at Flachmann in der Hand, Make-up verschmiert – der genau richtige Zeitpunkt für Kill-J-Pressefotos.
Eloui © J.J. Kucek
Ja Ja Ja Festival
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Nordischer Musikabend wäre wieder. Diesmal mit dabei: Júníus Meyvant aus Island, einer dieser empfindsamen bärtigen Songwriter – aber einer, der seinen Folk-Pop gerne mit ordentlich Streichern und Bläsern aufpoliert; die junge norwegische Multiinstrumentalistin Farao, die die getragene Melancholie ihrer Melodien mit rhythmischer Vielschichtigkeit und synthetischen Ambient-Sounds zu facettenreichem Pop ausbaut; die Finnen The Scenes, die den Rock ’n’ Roll ihres neuen Albums »Sex, Drugs and Modern Art« enthemmt, aber auch im feinen Anzugzwirn auf die Bühne bringen; sowie Kill J aus Dänemark mit Zeitgemäßem zwischen schummrigem R’n’B und cleanem Pop. Dürfte gut werden – wie immer. 29. Jänner Wien, Wuk
TEXT Manuel Fronhofer BILD Rachael Wright, Johanne Fick, Melt Booking (2), Warner Music, Per Kristiansen, Jenn Five
MAHALI AMBAPO SAMANI HUONYESHA HISTORIA.
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MUSIK
highlights LGoony & Crack Ignaz
Crack Ignaz
Dass deutschsprachiger Rap grad ein bissl auf den Kopf gestellt wird, dafür sorgen auch die beiden Herren, die für dieses Doppelpack zusammengefunden haben. Der Kölner LGoony (»Mon€¥, Hom€$, Ho€$, $wag«) und der »König der Alpen«, Crack Ignaz aus Salzburg. Sagt man noch CloudRap dazu? 20. Jänner Innsbruck, Aftershave — 21. Jänner Salzburg, Rockhouse — 22. Jänner Wien, Fluc — 23. Jänner Graz, PPC
Do. 03.12. // 20:00 Songwriter / Pop
Sóley
Mi. 09.12. // 20:00 Theater
Theater im Bahnhof: Aufräumen
Do. 10. – Sa. 12.12. Kabarett
Thomas Maurer: Der Tolerator
Während man dem hibbeligen Math-Rock ihrer Anfangstage noch die Kopflastigkeit hagerer Indie-Buben anhörte, lassen Yannis Philippakis & Co bei neueren Songs gerne mal die Muskeln spielen. Atmosphärisch schlägt sich das – gerade im Wechselspiel mit ruhigerem Material – in gesteigerter Intensität nieder. Das passt gut zu den größeren Konzerthallen, die die Band mittlerweile füllt. 26. Jänner Wien, Gasometer
Bild: Ingo Pertramer
Foals
Fr. 11.12. // 20:00 Pop / Rock
Wirtz
Angel Haze
Sa. 12.12. // 20:00 Indierock
Ein Disput mit ihrer Plattenfirma und der provokante Stunt, ihr Album »Dirty Gold« mal eben selbst ins Netz zu stellen, noch dazu zu Weihnachten, einer Unzeit für neue Releases – das hat sie vor zwei Jahren fast die Karriere gekostet. Doch Angel Haze ist noch (oder wieder) da. Mit »Back To The Woods«, zornigen HipHop-Hymnen und aufreibenden Geschichten, auf den Punkt abgeliefert. 31. Jänner Wien, Flex
Madsen Mo. 14.12. // 20:00 Balkangroove
Shantel & Bucovina Club Orkestar
Mi. 16.12. // 20:00 Kabarett
Gunkl: So Sachen
New Sound Festival
Elias
Mit Wanda als Headliner hat das neue Showcase-Format der LS Konzertagentur im Vorjahr eine gelungene Premiere hingelegt. Dabei soll es eigentlich ja nicht um große Namen gehen, sondern um neu zu entdeckende Acts – um den »Sound von morgen«. Also: Ohren auf! Und sich von heimischen und internationalen Artists wie Inner Tongue oder Elias überzeugen lassen. 27. Februar Wien, Ottakringer Brauerei
Di. 12. – Mi. 13.01. Kabarett
Roland Düringer: Weltfremd?
Sa. 16.01. // 20:00 Musikkabarett
Familie Lässig: Neujahrskonzert
Sa. 16.01. // 20:00 Ragga / Pop
Mono & Nikitaman
Fr. 22.01. // 20:00 Electronic
Wolf Alice Die Gitarren dürfen laut sein, die Gitarren dürfen aber auch leise sein. Von Grunge, Shoegaze und Folk holen sich Wolf Alice, was gerade passt, um die Gefühlswelt nach außen zu tragen. Und zwar so erfolgreich, dass der frühe Hype um die Band etwas verzögert auch in den britischen Album-Charts eingeschlagen hat – in Form von »My Love Is Cool« und fast ganz oben. 28. Februar Wien, Flex
Ages / Leyya / Ant Antic
Bild: Robert Maybach
TEXT Manuel Fronhofer BILD Rachael Wright, Johanne Fick, Melt Booking (2), Warner Music, Per Kristiansen, Jenn Five
TERMINE
Fr. 22.01. // 20:00 Comedy
Michael Hatzius: Echstasy
K.I.Z.
Hinds
Massive Attack
Die Brechstange kommt auf ihrem aktuellen Album »Hurra die Welt geht unter« nicht mehr ganz so oft zum Einsatz wie früher, der krasse Humor ist K.I.Z. angesichts dystopischer Gesellschaftsverhältnisse aber nicht ausgegangen. Nachdenklich, auf die korrekt unkorrekte Art. 16. Dezember Wien, Gasometer — 29. März Graz, Orpheum
Es rumpelt in der Garage: Die vier Spanierinnen haben ein Gespür für Lo-FiPop, ein Faible für die Sixties – und ein paar ziemlich gute Songs im Kasten. Auf ihr Debütalbum »Leave Me Alone« darf man sich jedenfalls freuen, genau wie auf die dazugehörige Tour, die die Hinds auch nach Österreich führen wird. 25. Jänner Wien, B72
Die Trip-Hop-Wegbereiter bringen ihren hypnotischen Sound auf Europatour. Neue Musik soll sich dafür auch ausgehen. Da braucht man eigentlich nicht viel mehr dazu zu sagen, außer vielleicht noch: Im Vorprogramm spielen die sehr leiwanden Young Fathers. Also doppelt erfreulich. 20. Februar Wien, Gasometer
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Know-Nothing-Gesellschaft von Illbilly The K.I.T.T.
Immer diese Adele
illustration Jakob Kirchmayr
M
anche Dialoge, die man so aufschnappt auf der Straße find ich schon auch sehr amüsant. Diesen hab ich mir sogar aufgeschrieben: »Hat diese Adele eigentlich auch einen Nachnamen?« »Bloch-Bauer, nicht?« Und, wie ich jetzt gerade merke, nicht nur aufgeschrieben, sondern auch auswendig gemerkt, denn den Zettel, auf den ich dieses Kommunikationskleinod notierte, find ich nimmer. Gut möglich, dass ich ihn verloren habe. Ich wünsche es mir sogar. Soll ihn doch wer finden und Freude daran haben. So wie ich mit dergleichen. Aus Gründen, die ich nicht verstehe und mittlerweile auch zu hinterfragen aufgehört habe, finde ich nämlich mehrmals in der Woche, beinahe jeden Tag schon, etwas Interessantes auf der Straße liegen. Verlorene Einkaufslisten, Terminvereinbarungen, To-do-Lists, oder irgendwo schnell hingeschmierte Telefonnummern und ausgestreute Visitenkarten. Aber ich habe auch schon eine stattliche Zahl an fremden Passbildern und Kundenkarten über die Jahre angehäuft. Ich sammle diese Dinge in einer Kiste und bei Zeiten schau ich in diese dann hinein. Insbesondere, wenn ich Inspiration suche. Dann fühl ich mich wie diese fabelhafte Amelie und dann muss ich ein bisschen speiben. Jedenfalls, als ich das letzte Mal meine Sammlung durchging, fiel mir ein bereits vergessener Zettel, um nicht zu sagen ein wahrer Schatz, wieder in die Hände. Vor einem der zahlreichen Wiener Amtshäuser fand ich nämlich vor mehreren Monaten eine Auflistung der Musikstücke, die man sich bei einer standesamtlichen Hochzeit in Wien wünschen kann. Also eine Liste romantischer Musik. Oder genauer: eine Liste an Musik, die von der Stadt Wien für romantisch gehalten wird. Wenn meine Recherchen stimmen, dürfen sich künftige Eheleute von diesem Pool aus 58 Lieder für die Trauungszeremonie vier Stücke aussuchen und zahlen einem Musiker, der das auf einem Keyboard klimpert, dann 35 Euro. Wobei, recherchieren ist jetzt ein wenig zu viel gesagt. Diese wichtige Info steht nämlich auf der Vorderseite des doppelt bedruckten Papierblatts. Viel wichtiger ist aber natürlich die Rückseite, auf der sich die ganze Hochzeits-Mucke findet. Die ist in zwei Kategorien unterteilt: »Trauungsmusik klassisch (chronologisch
geordnet)« und »Trauungsmusik modern (alphabetisch geordnet)«. Die Klassik beginnt übrigens mit Johann Sebastian Bach, hantelt sich über Händel weiter, dann folgen Zwischenstationen u. a. bei Mozart, Beethoven, Schubert, Chopin, bis man am Ende bei Rudolf Sieczynski anlangt. Ganz streng chronologisch nimmt sich die Liste dennoch nicht aus, möchte ich hier anmerken, weil Händel, der hier als Nummer zwei geführt wird tatsächlich um ein paar Wochen älter als der Kollege Bach ist. Ersterer erblickte Anfang März 1685 das Licht der Welt, während Zweiterer sich erst Ende März des selben Jahres ins Leben einfugte. Es ist nicht der einzige Fehler dieser Art in der Liste. Aber ich möchte da jetzt auch nicht darauf herumreiten. Es ist nämlich ziemlich wurscht. Und ich hab das jetzt auch nur erwähnt, damit ich einen dummen Fugenwitz zu Bach hier reinpasten kann. Bei den modernen Musikstücken auf der Liste konnten derartige Fauxpas übrigens nicht passieren, weil sie ja, wie bereits erwähnt, alphabetisch geordnet wurden. »All You Need Is Love«, ich glaube es ist von den Beatles, möchte das jetzt aber dezidiert nicht nachschlagen und geh jetzt einmal auf volles Risiko mit dieser Behauptung, macht den Anfang. »You Are The Sunshine Of My Life« von Stevie Wonder, das weiß ich dafür fix, steht ganz am Schluss. Dazwischen Brechmittel der Liebe wie »Bed Of Roses«, »My Heart Will Go On«, oder »Can You Feel The Love Tonight«. Mit Frank Sinatras »My Way« findet sich sogar eine richtige Themenverfehlung auf der Liste: Wir erinnern uns an die ersten Zeilen dieses berühmten Liedes: »And now, the end ist near and so i face the final curtain …«, oder wie es Freund Google translatet: »Und nun das Ende IST in der Nähe und so stelle ich den abschließenden Vorhang …« So rein gefühlsmäßig ist das auch schlecht übersetzt eher nichts für eine Hochzeit. Allerdings wohnte ich schon Zeremonien bei, da wünschten sich die Brautleute »I Still Haven’t Found What I’m Looking For« auf der Kirchenorgel. Auch eher ungünstig als Botschaft. Und man hat echt
kaum eine Ausrede in Sachen Verständnisprobleme, weil selbst Google den U2Refrain astrein mit »Ich habe immer noch nicht gefunden, was ich suche« übersetzt. Aber was weiß man. Genau, was weiß man. Deswegen habe ich jetzt einfach einmal zum Telefon gegriffen, eines der Wiener Standesämter angerufen und die Nummer von Frau Johanna Vrabl gekriegt. Johanna ist Hauptpianistin für die Stadt Wien, ziemlich locker drauf und ich hab sie deswegen gleich geduzt. Ich hab ihr gleich auch ein bisschen erzählt, dass die Chronologie bei der Klassik-Liste nicht ganz korrekt ist und sich ein paar kleinere Fehlerteufelchen dort eingeschlichen haben. Und nachdem wir ein bisschen gemütlich geplaudert hatten, ich hab ja 1.000 Freiminuten, die ich nie und nimmer alle verbrauche im Monat, von den 1.000 SMS ganz zu schweigen, hab ich sie gefragt, wie oft denn »My Way« so gewünscht wird als Musikbegleitung bei Hochzeiten. »Oft«, sagte sie. Mehrmals in der Woche, manchmal sogar mehrmals am Tag. Die neue Nummer Eins seit geraumer Zeit ist aber »Someone Like You« von Adele. Und dann kicherte die Amtspianistin ein wenig und sagte: »Im Song geht es um den Ex, der mit einer Neuen glücklich ist, aber sie ist noch voll mit Kummer und Harm, aber wir spielen ja nur dazu und singen eh nicht.« Menschen, die »Kummer und Harm« sagen sind mir sehr sympathisch und wie sich im Laufe des Telefonats herausstellte, sind die Standesamt-Keyboarder überhaupt ein lustiges Völkchen. Sie wetten heimlich auf die mögliche Dauer einer Ehe auf Grund der Musikauswahl. Bei älteren Paaren auch darauf, wer zuerst stirbt. Adele steht bei 6-8 Jahre. Und dann fragte sie glatt: »Kennen Sie den Song? Kennen Sie Adele?« »Nur Bloch-Bauer«, antwortete ich. Und die Frau Vrabl lachte und erzählte, dass sie einen Zettel gefunden hat, wo so etwas Ähnliches oben steht. Und ich dachte mir: So einen dick aufgetragenen Blödsinn glaubt mir doch kein Schwein.
Illbilly The K.I.T.T. www.facebook.com/ illbilly
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If I Don’t Ask, I Won’t Get, 2013, Video-Standbild Video still
STEFAN SAGMEISTER THE HAPPY SHOW
© Sagmeister & Walsh
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28.10.2015 – 28.3.2016 MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst / Gegenwartskunst Austrian Museum of Applied Arts / Contemporary Art Stubenring 5, 1010 Wien Vienna, Austria MAK.at
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Stefan Sagmeister: The Happy Show Organisiert vom Institute of Contemporary Art, University of Pennsylvania in Kooperation mit dem MAK. Hauptsponsor dieser Ausstellung ist The Pew Center for Arts & Heritage. Der Dank des ICA gilt auch The Chodorow Exhibition Initiative Fund für die Unterstützung der Ausstellungstournee. Organized by the lnstitute of Contemporary Art, University of Pennsylvania in cooperation with the MAK. Primary sponsorship is provided by the Pew Center for Arts & Heritage. ICA is also grateful to The Chodorow Exhibition Initiative Fund for support of the exhibition’s tour.
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