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20 Jahre Female Pressure

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N° 166

€ 0,—

AUSGABE DEZEMBER 2017 / JÄNNER 2018 — THE GAP IST KOSTENLOS UND ERSCHEINT ZWEIMONATLICH. VERLAGSPOSTAMT 1040 WIEN, P.B.B. | GZ 05Z036212 M


Entgeltliche Einschaltung, Foto © Manfred Seidl

Transzendenzaufzug von Karin Sander

Ein BIG ART Kunst & Bau-Projekt an der Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung Linz. Weitere Projekte unter www.big-art.at

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Editorial Sichtbarkeit Wer weiterblättert, wird bemerken: Wir haben uns bemüht, in dieser Ausgabe erstmalig durchgehend auf geschlechtergerechte Sprache zu achten. Bemüht deshalb, weil wir uns selbst dabei ertappt haben, genderneutrale Schreibweisen seltsam zu finden. Das ist eigentlich ein Armutszeugnis. Frauen in der Sprache mitzudenken sollte nicht ungewohnt klingen und es liegt gewissermaßen im Auftrag von uns Medienmenschen, LeserInnen daran zu gewöhnen und Frauen damit sprachlich ebenso sichtbar zu machen. Um Sichtbarkeit geht es auch in unserer aktuellen Coverstory: Die Datenbank Female Pressure zeigt seit nun knapp 20 Jahren auf, dass Frauen keine exotische Nebenerscheinung in der elektronsichen Musik mehr sind. Gesehen werden wollen auch die in unserer Fotostrecke porträtierten jungen SchauspielerInnen, um das Entdecktwerden geht es zudem in unserer Geschichte über das Domestic Repertoire der Major-Labels.

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www.thegap.at www.facebook.com / thegapmagazin @the_gap thegapmag the_gap

Herausgeber Manuel Fronhofer, Martin Mühl Chefredakteurin Yasmin Vihaus Leitende Redakteure Manfred Gram, Thomas Weber Art Direction Sig Ganhoer Autoren dieser Ausgabe Barbara Fohringer, Manuel Fronhofer, Pia Gärnter, Catherine Hazotte, Edith Huemer, Florian Kistler, Michael Mazohl, Martin Mühl, Dominik Oswald, Michaela Pichler, Magdalena Reuss, Gabriel Roland, Yasmin Vihaus, Jana Wachtmann, Sarah Wetzlmayr Theresa Ziegler Kolumnisten Illbilly, Therese Kaiser, Martin Mühl, Gabriel Roland Fotografen dieser Ausgabe Laura Schleder (Cover), Alexander Gotter, Erli Grünzweil, Michael Mazohl, Armin Rudelstorfer Lektorat Adalbert Gratzer, Patrick Sabbagh Anzeigenverkauf Herwig Bauer, Thomas Heher, Micky Klemsch, Martin Mühl, Clemens Reichholf, Thomas Weber (Leitung) Distribution Martin Mühl Druck Ferdinand Berger & Söhne GmbH Pulverturmgasse 3, 1090 Wien Geschäftsführung Martin Mühl Produktion & Medieninhaberin Monopol GmbH, Wohllebengasse 16 / 6, 1040 Wien Kontakt The Gap c/o Monopol Medien GmbH Wohllebengasse 16 / 6, 1040 Wien office@thegap.at — www.thegap.at Bankverbindung Monopol GmbH, Bank Austria, IBAN AT 54 1200 0515 8200 1929, BIC BKAUATWW Abonnement 6 Ausgaben; Euro 19,— www.thegap.at/abo Heftpreis Euro 0,— Erscheinungsweise 6 Ausgaben pro Jahr; Erscheinungsort Wien; Verlagspostamt 1040 Wien

Yasmin Vihaus

versucht hier, die vergangene Heftproduktion zu verarbeiten vihaus@thegap.at • @yasmin_vihaus

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Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder. Für den Inhalt von Inseraten haftet ausschließlich der Inserent. Für unaufgefordert zugesandtes Bildund Textmaterial wird keine Haftung übernommen. Jegliche Reproduktion nur mit schriftlicher Genehmigung der Geschäftsführung.

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Magazin 010

20 Jahre Female Pressure Wo stehen wir heute?

018 Ganzheitliches Glücksspiel Major-Labels und ihr Domestic Repertoire 022 Party, professionell David Jerina im Porträt 026 Zehn junge SchauspielerInnen Zweiteilige Fotostrecke 033 Kulturkampf in Oberösterreich Kommentar von Edith Huemer

036 Mit Kind und Pegel Violetta Parisini und Thomas Jarmer im Interview 040 Rock ’n’ Roll Lies MusikerInnen über Klischees 042 Musikförderung Harry Fuchs im Interview 044 Das Band-ABC Tipps für MusikerInnen von A bis Z

Lisa-Marie Edi

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Alexander Gotter hat immer eine Kamera dabei, um interessante Charaktere festzuhalten. Er fotografiert MusikerInnen, KünstlerInnen und Kreativschaffende. Für die aktuelle Ausgabe porträtierte er junge SchauspielerInnen, zu sehen auf Seite 026

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Edith Huemer leitet die KUPFzeitung, das vierteljährliche Magazin der Kulturplattform Oberösterreich. Ihr Kommentar über die Kürzungen des Kulturbudgets in Oberösterreich ist auf Seite 032 zu lesen.

024 Rubriken 003 Editorial / Impressum 006 Leitartikel 016 Golden Frame 050 Workstation: Lelo Brossmann, Patricia Ziegler 052 Prosa: Silvia Pistotnig 054 Gewinnen: LeserInnenbefragung 057 Rezensionen 060 Termine

Florian Kistler studiert in München, ist für sein Praktikum bei uns aber extra nach Wien gekommen. In der aktuellen Ausgabe unterstützte er uns bei den Kunst- und Festivalterminen sowie bei unserem Themenspecial »Being a Band«.

Laura Schleder lebt und arbeitet in Berlin. Oft sucht sie in ihren Arbeiten nach dem Skurrilen im Alltäglichen. Hierbei sind die Menschen, die sie trifft, so facettenreich und unterschiedlich wie die Subkulturen, denen sie angehören. Für das aktuelle Cover hat sie Electric Indigo in Berlin getroffen.

Kolumnen 007 Einteiler: Gabriel Roland 008 Gender Gap: Therese Kaiser 009 Lokaljournalismus: Martin Mühl 066 Know-Nothing-Gesellschaft: Illbilly

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Martin Mühl

Co-Herausgeber The Gap

Vielleicht ist auch in Kulturbelangen das strukturelle Problem mit der künftigen Regierung mindestens so groß wie das inhaltliche. ———— Es ist mehr als eine diffuse Sorge, dass sich unter einer wahrscheinlich schwarz-blauen Regierung für Kulturschaffende manches zum Schlechten wenden wird. Zuletzt hieß der Kulturminister in der rot-schwarzen Regierung Thomas Drozda. Dieser war ab 1998 kaufmännischer Geschäftsführer des Wiener Burgtheaters, ab 2008 Generaldirektor der Vereinigten Bühnen, seit Mai 2016 dann für etwas länger als ein Jahr unter anderem Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien. In diese Zeit fielen etwa die Neubesetzungen der Direktionen des Burgtheaters mit Martin Kušej (ab 2019), des Kunsthistorischen Museums mit Eike Schmidt (ab 2019) und der Wiener Staatsoper mit Bogdan Roščić (ab 2020). Entscheidungen, die im Einzelfall viel Kritik nach sich zogen, letztlich aber immer zumindest irgendwie argumentierbar waren und wohl sehr bewusst getroffen wurden. Ebenfalls von Drozda kamen Versuche, die Presseförderung besser auszustatten und neu auszurichten – es bleibt offen, was daraus wird. In die kommende Legislaturperiode fällt unter anderem die Verlängerung von MAK-Direktor Christoph ThunHohenstein oder die Neuausschreibung der MAK-Leitung.

Illustre Runde Ungeachtet dessen verhandelt derzeit ein illustres Team das Regierungspaket in Sachen Kultur. Dazu gehört auf der ÖVP-Seite der Psychoanalytiker Martin Engelberg, der 2012 mit seiner Liste »Chaj – Jüdisches Leben« drei Mandate im Vorstand der Israelitischen Kultusgemeinde erreichte. Er ist mit Danielle Spera, der Leiterin des Jüdischen Museums in Wien, verheiratet. Außerdem Christopher Drexler, studierter Rechtwissenschafter, der sonst innerhalb der ÖVP Karriere machte, oder natürlich die als Ministerin gehandelte Maria Großbauer. Die 1980 geborene Niederösterreicherin ist Werbefachfrau, Musikerin und Autorin. Ihr Mann Andreas ist Vorstand der Wiener Philharmoniker und seit heuer ist sie, als Nachfolgerin von Desiree Treichl-Stürgkh, Organisatorin des Wiener Opernballs. Für die FPÖ verhan-

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deln Walter Rosenkranz (nicht verwandt mit Barbara), ein Jurist und Rechtsanwalt, der unter anderem für das Verteidigungsministerium tätig war, und Claudio Eustacchio, ein Grazer Lehrer für Bildnerische Erziehung, dessen Nominierung für Erstaunen sorgte. Als Beraterin steht der Gruppe Agnes Husslein, die ehemalige Direktorin des Belvedere, zur Seite. Kunst und Kultur werden übrigens dem Cluster Staat und Gesellschaft unter der Leitung von Josef Moser (ÖVP) und Harald Stefan (FPÖ) zugeordnet – Letzterer ist Mitglied der Burschenschaft Olympia und leitete Anfang der 1990er das Büro von Jörg Haider. Während einzelne Bundesländer wie etwa Niederösterreich viel in die Kultur investieren und hier unter anderem das Donaufestival, ein neues Festspielhaus oder niederschwelligere Kulturvernetzung ermöglichen, hielt sich die ÖVP auf Bundesebene in der Kulturpolitik – zumindest nach Franz Morak – tendenziell zurück. Liest man das Wahlprogramm der Liste Kurz, so gibt es ein Kapital mit der Überschrift »Österreich als Kulturnation neu beleben«. Darin werden, nicht ganz untypisch, tatsächlich einige Problemfelder treffend benannt – während man Lösungsansätze dann eher ausspart. Der Eingangssatz lautet: »Wir müssen in unserem Kulturverständnis das Schubladendenken zwischen Volks- und Hochkultur überwinden – es geht um ein befruchtendes Miteinander.« Später liest man von privaten Mitteln oder auch: »Außerdem müssen wir ein Umfeld schaffen, in dem auch neue Kunst- und Kulturformen ihren Platz und junge neue Künstler eine echte Chance bekommen.« Dazu passt es auch, dass Maria Großbauer in Interviews von einer Quote für heimische Musik etwa auf Ö3 spricht.

Identitätsbewahrer Gegen die hat – je nach Tagesverfassung – wahrscheinlich auch die FPÖ nichts. Diese widmet der Kultur nur eine teilweise schwammig formulierte Seite im Wahlprogramm, die mit konkreten Forderungen wie freiem Eintritt in Museen für Familien endet. Davor geht es wenig überraschend viel um Brauchtum, Traditionen und deren Pflege. Neben erwartbaren Klassikern wie »Die Bewahrung unserer Identität ist das Gewissensthema unserer Epoche«

finden sich hier auch durchaus Höhepunkte an schrägen Zusammenführungen von Themen: »In einer Zeit der Identitätsvernichtung und der Entfremdung der Völker von ihren Wurzeln im Interesse globaler Großkonzerne und weltweit tätiger Finanzjongleure gilt dem ideellen Engagement für die Bewahrung der eigenen Kultur und Sprache besondere Achtung.« Das klingt wie ein Posting von unzensuriert.at, das sich in ein Wahlprogramm verirrt hat. Es ist lächerlich, Maria Großbauer vorzuwerfen, dass sie Thomas Bernhard auf einem Bild nicht erkannt hat. Auch wenn das Haider, der schon gegen Peymann und Bernhard demonstriert hat, nicht passiert wäre. Zweifel an der von Großbauer wiederholten ÖVP-Aussage von einem Miteinander der großen Betriebe und kleinen freien Szenen bleiben aber bestehen. Denn neben dem inhaltlichen Verdacht, dass in Zukunft eher Rückwärtsgewandtes Aufwind bekommt und Personal- und andere Entscheidungen nicht besonders fortschrittlich gelöst werden, ist damit zu rechnen, dass die Regierung die unterschiedlichen Kulturinteressen recht direkt aufeinanderprallen lässt. Die Förderung von großen Häusern (gern »Dampfer« genannt) und kleinen Initiativen spielt sich nur teilweise auf dem gleichen Feld ab – die Letzterer eben oft über labile Vereinsstrukturen. Statt tatsächliche Probleme über die Schaffung von Transparenz und Ausgeglichenheit von Förderungen anzugehen, ist zu vermuten, dass die Regierung sich hier, vom Ansetzen von Sparstiften wie in Oberösterreich abgesehen, heraushalten wird und die Protagonisten aufeinanderprallen lässt. Wie Kürzungen von Sozialleistungen für Flüchtlinge und andere Bedürftige nicht zu Entspannung führen, sondern diese gegeneinander aufbringt, wird auch mittels Einsparungen zwischen Hochkultur und junger und freier Szene Zwietracht gesät. Schön, wenn dadurch Einzelne motiviert werden, sich zu engagieren, wie bei #kulturlandretten in Oberösterreich (mehr dazu auf Seite 034). muehl@thegap.at • @muehlmartin

Andreas Jakwerth

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Leitartikel Die neue Kultur der Zwietracht

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Gabriel Roland

betrachtet die hiesige Modeszene Stück für Stück

Erli Grünzweil

Die Modewelt ist voller kurzlebiger Skandale. Eine ihrer andauernden Kontroversen ist aber ungleich bodenständigerer Art als entblößte Genitalien am Laufsteg oder Gerüchte um die Ablösung von Spitzenposten der Modehäuser. Es geht um den durchaus demokratischen Konflikt um Kord oder Schnürlsamt, den samtig gerippten Webstoff, den die Fabriken Manchesters der Welt brachten. Und das nicht nur, weil der 11.11., dessen vier Einser an die parallel verlaufenden Wales dieses Textils erinnern und der deswegen der Tag des Kords ist, noch nicht so lang zurückliegt. Der zweite Grund für diese Ausführungen ist viel naheliegender und auch interessanter als ein Jahrestag, den eine Handvoll Menswear-Geeks dazu nutzen, ihre schnürlsamtenen Dreiteiler auszuführen: die aktuelle Winterkollektion von Meshit. Bei dem von Ida Steixner und Lena Krampf geführten Label, das irgendwo zwischen dem Meshing verschiedener kultureller Einflüsse und dem frech produzierten eigenen Scheiß operiert, zählt Kord nämlich zu den Lieblingsmaterialien und kam in der Vergangenheit schon öfters zum Einsatz. Wer mit der Arbeit des Wiener Labels vertraut ist, den überrascht es nicht, dass keine Gedanken an die ockerfarbenen Breitkordhosen älterer Herren aufkommen, wenn Meshit Schnürlsamt verwendet. Das liegt nicht nur am angenehmen Blau des Kords, in dem Teile wie der hier abgebildete Pullover daherkommen. Vielmehr steht eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit den Qualitäten des Materials im Mittelpunkt. Es geht um die charakteristische Haptik, von der Polsterung und Absteppung noch zusätzlich hervorgehoben, und das Spiel mit der von Lichteinfall und Verarbeitungsrichtung abhängigen Optik des Stoffs. Kord hat aber noch eine weitere entscheidende Qualität: eine gewisse Vertrautheit und heimelige Anmutung. Diese Eigenschaften sind faszinierend nah verwandt mit dem Stigma der traditionalistisch-dumpfen Langweiligkeit, das den Schnürlsamt mancherorts so verhasst macht und mit dem dieser Pullover so gründlich aufräumt. Aber obwohl er so überzeugend unerwartete Qualitäten seines Materials hervorkehrt, bleibt er doch so etwas wie einem Grundcharakter verbunden. In diesem Fall ist das eine herzliche und robuste Freundlichkeit. Schnürlsamt gibt einem das Gefühl, dass man sich auf etwas verlassen kann. Umso passender ist es, dass Meshit für ihre Winterkollektion nicht nur diesen gefütterten Pullover, sondern auch ihren seit Jahren bewährten Parka in blauem Kord umgesetzt haben. So verbinden sich in der Kollektion – wie auch im Textil selbst – Experiment und Tradition. Ein interessanter Zufall dabei ist, dass es sich hier um die letzte klassischsaisonale Kollektion von Meshit handelt. Ab nächstem Jahr will das Label in kleineren, zeitlich flexibleren Einheiten arbeiten. Bei jemandem, der so mit Schnürlsamt umzugehen weiß, überrascht das nicht. roland@thegap.at • @wasichgsehnhab

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Einteiler Schnürlpunk

Meshit hat einen Store in der Westbahnstraße 25, 1070 Wien, und eine Website unter meshit.at

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Therese Kaiser

beschäftigt sich hier mit den großen und kleinen Fragen zu Feminismus.

Ein ordentlicher Geschäftsmann braucht dicke Eier. Ob ich da mitgemeint bin? ———— Es ist 23:30 Uhr, ich schreibe meiner Steuerberaterin eine Mail: »Du, können wir den Gesellschaftsvertrag noch gendern?« Am 25. August 2017 ist es so weit, nach 23 Monaten Selbstständigkeit, zwei hart abgefangenen Burn-outs, massiven Liquiditätsproblemen und Überforderung mit der Administration des eigenen Unternehmerinnentums gießen wir unsere Firma endlich in Form. Wir gründen eine GmbH, und weil ich meiner Steuerberaterin am Vorabend um 23:30 Uhr vollkommen zeitgerecht die Gender-Frage gestellt habe, sind wir mit 25. August laut Vertrag ordentliche Geschäftsmänner. Der Notar liest wiederholt den »ordentlichen Geschäftsmann«, wir kichern, und der Geschäftsmann zieht in meine Identitätsmatrix ein. Hierzulande wird mit einem Unternehmerbild gearbeitet, das ganz klar männlich konnotiert ist. Die jungen Wilden, das sind die jungen Buben, die mit ihren Start-ups und Agenturen und innovativen Dienstleistungen aufmischen, und das sind die alten, erfolgreichen, die im Engländer sitzen und konspirativ gestikulieren. Hier trifft eine konservative und wenig zeitgemäße Vorstellung von UnternehmerInnentum auf ein Bullshit-Bingo, das der Szene inhärent ist. Als weiblicher Geschäftsmann müsste ich mich auf dieses Spielchen einlassen. Also sinnlose Apps bei Ausschreibungen einreichen, in jedem Zusammenhang von Innovation sprechen, auch wenn es keine gibt, irgendwas mit Digitalisierung anbieten und öffentlich immer betonen, dass man einfach nur dranbleiben muss, dann wird’s sicher was. Ich bin aber ein pragmatischer Geschäftsmann: Ich weiß, was wir anbieten, und ich weiß, dass es niemals einen Punkt geben wird, an dem die Selbstständigkeit reiner, purer, wunderbarer Erfolg sein wird, sondern zu jedem Zeitpunkt zehrender Kampf, mit durchaus lohnenden gewonnenen Schlachten. Ich fokussiere mich in Alpbach darauf, unser politisches und wirtschaftliches Erbe besser zu verstehen, um es möglicherweise positiv mitgestalten zu

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können. Teile also nicht wahllos Visitenkarten aus und mag auch nicht lose Gespräche mit Netzwerk-Pflege gleichsetzen – arbeiten will ich sowieso nur mit den Menschen, die mir sympathisch sind. Ich will nicht sagen, dass alle Männer, die sich fürs Selbstständigsein entscheiden, dieses furchtbar anstrengende Bild reproduzieren, aber die, die es tun, sind vor allem Männer. Und dieser Habitus, die ständige Selbstüberschätzung, das ständige SelbstAnpreisen und Selbst-Verkaufen und große Herumgerede, das die Probleme der Selbstständigkeit unter den Tisch kehrt, wird dann oftmals auch noch belohnt, mit Anerkennung in ihren unterschiedlichsten Formen. Als wäre das Leben nicht schon anstrengend genug, es wird also auch von mir erwartet, dass ich wie ein zur Selbstreflexion unfähiger Affe ständig allen erzähle, wie erfolgreich ich nicht wäre, damit ich ebenso wahrgenommen werde wie viele meiner männlichen Kollegen. Das mache ich aber nicht, weil ich mir dabei dumm vorkommen würde und weil es einfach nicht stimmt und weil es eine Lüge ist, die vielen anderen zum Verhängnis wird. Wenn wir weiterhin allen erzählen, dass alles möglich ist, dann wird der Druck, den wir uns selbst und gegenseitig machen, nur noch größer. Und wenn wir ein Unternehmerbild propagieren, das auf Selbstüberschätzung und dicken Eiern basiert, dann schicken wir uns alle selbst ins nächste Burn-out. Eine der wenigen groß angelegten europäischen Studien zum Thema Female Entrepreneurship des Europäischen Parlaments kommt zum Schluss, dass Frauen mit weniger Risikobereitschaft gründen als Männer und seltener Wachstumsbestrebungen haben – also Einzelunternehmen bleiben. Frauen nehmen seltener und geringere Kredite auf als Männer und bekommen geringere Kredite als Männer. Der Weg zu mehr Chancengerechtigkeit ist wohl nicht ausschließlich der, Frauen dazu zu bringen, risikofreudiger zu agieren. Ja, Selbstständigkeit bedeutet Risikobereitschaft, und ja, es muss der Wille da sein, auch mögliches Schei-

tern mit Würde anerkennen zu können, und ein bisschen Größenwahn gehört auch dazu. Was aber für alle Sinn machen würde: dieses – empirische und sozialisierte – weibliche Unternehmerinnentum nicht mehr geringzuschätzen, sondern anzuerkennen, dass es ebenfalls eine Leistung ist, zu wissen, wo die eigenen Grenzen sind. Unternehmen, die von Frauen geführt werden, gehen seltener in Konkurs. UnternehmerInnentum ist kein kleiner frecher Lausbube und kein grober Patriarch – solche Bilder sind schädlich und haben nichts mit der Realität zu tun. Wenn wir also den ordentlichen Geschäftsmann ins 21. Jahrhundert übersetzen wollen, dann propagieren wir doch fortan das Bild eines risikofreudigen, reflektierten Menschen, für den UnternehmerInnentum nicht nur höchstmöglichen monetären Erfolg bedeutet, sondern womöglich das Entstehenlassen eines kleinen Mikrokosmos für die eigenen Ideen, ein Ort, an dem man darauf achtet, Ungerechtigkeitserfahrungen der eigenen Erwerbsbiografie nicht zu wiederholen. Ein Bild, mit dem wir uns alle identifizieren können und wollen, um wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen einzufordern, die nicht nur Mut belohnen, sondern auch einen verantwortungsvollen und erwachsenen Umgang mit den eigenen Ressourcen. Namaste. kaiser@thegap.at • @thereseterror Therese Kaiser ist Co-Geschäftsführerin des feministischen Business Riot Festivals und ist vor allem auf Instagram anzutreffen. facebook.com / businessriot instagram.com / thereseterror

Pamela Rußmann

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Gender Gap Vom Leben als weiblicher Geschäftsmann

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Martin Mühl isst sich durch Wien

Charts Clemens Ettenauer

Lokaljournalismus Pizza Randale

TOP 10

Bewerbungs-Scheiße 01 Bewerbung in Form einer Powerpoint-Präsentation 02 Bewerbung in Form einer Powerpoint-Präsentation mit Soundeffekten 03 »Ich bin auf der Suche nach einem gemütlichen Job.« 04 Bewerbungsfoto mit mehr als 1 oder weniger als 1 Person drauf 05 »Was weißt du über uns?« – »Nix.« 06 24-seitiger Anhang 07 Foto im Lebenslauf als vollflächiges Hintergrundbild 08 »Sehr geehrter Herr!« (ohne Name) 09 »Ich habe Humor, obwohl meine Freunde sagen, ich wäre nicht lustig.« 10 Mailanhänge in einem anderen Format als pdf

TOP 03

Foodora Restaurants in Wien 01 Lugeck 02 Jia Restaurant 03 Umami 5 Auch nicht schlecht: Ausschlafen, obwohl man ein Kind hat

Pizza Randale, Kettenbrückengasse 1, 1040 Wien facebook.com/pizzarandale

Speisen 4,90 Euro bis 13,90 Euro

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Charts Florian Kistler TOP 10

Dinge, die überbewertet werden 01 Silvester 02 »Best Of«-Alben 03 Andreas Gabalier 04 Die Regelstudienzeit 05 Selfie-Sticks 06 Facebook-Kommentare 07 Avocados 08 90er-Jahre-Partys 09 Kochvideos auf Facebook 10 Kapsel-Kaffee

TOP 03 Andreas Jakwerth, Martin Mühl

In unserem alten Büro gibt es seit rund zwei Jahren gute Pizza in der Pizza Riva. Und nun wird auch in der früheren Location unserer Release-Partys, im ehemaligen Transporter, Pizza serviert – und zwar ebenso großartige. Dahinter steht unter anderem Nikolai Kölbl, einer der Köpfe hinter der Neuausrichtung der Weinschenke auf Burger und der darauf folgenden Expansion. Und Carmine Cilentro aus Battipaglia hat als Koch unter anderem bereits die Pizza Mari, Kitsch und andere begleitet. Beim Umbau wurde die Raumstruktur des Transporter belassen und man setzt auf Grautöne, Metall und Holz. Die Karte bietet einige wenige Vor- und Nachspeisen sowie die mittlerweile glücklicherweise oft üblichen Pizza Bianco und Pizza Rosso. Abseits der Pizzen sind in der Aufwärmphase noch nicht alle Speisen auch wirklich verfügbar. Die Caprese alla Randale stellen sich dann als optisch und geschmacklich überraschend aufwendige und gelungene Kombination von Büffelmozzarella, Fleischtomaten, eingelegter Marille, karamellisiertem Koriander und Walnuss heraus. Die Pizzen werden vergleichsweise ungewöhnlich belegt, hier finden sich etwa Hokkaido-Kürbis-Creme, Wildschwein-Salsiccia, verschiedene Forellen, Roastbeef oder auch Blutwurst; die leicht süßliche Wurst harmoniert auf der »Wiener Blut« perfekt mit der intensiven Tomatensauce. Die Pizzen sind generell äußerst saftig und üppig belegt, als Würze stehen scharfes Öl und Knoblauchöl zur Verfügung. Die Panna cotta kommt mit Hagebutte oder Tonkabohne. Die Stimmung im Lokal ist locker, Musikprogramm gibt es offenbar weiterhin. Die Bierkarte ist klein (Weitra, einzelnes Craft-Bier und Blakstoc Cider), die Weinkarte überschaubar, aber einladend mit Montepulciano oder auch Nero d’Avola aus Italien bestückt. Mit Preisen zwischen 9,90 Euro und 13,90 Euro für eine Pizza isst man hier nicht günstig – die Pizza Randale ist aber eine gut erdachte Ergänzung des Wiener Angebots. muehl@thegap.at • @muehlmartin

Clemens Ettenauer ist Verleger, Galerist, Buchmesseveranstalter und lebt in Wien.

»Bring Back Summer«-Songs 01 Roosevelt – Around You 02 Toro Y Moi – Empty Nesters 03 Beach Fossils – Vacation Auch nicht schlecht: Analoge Kameras Florian Kistler studiert in München und wundert sich über den Wiener Wind, der einem, egal in welche Richtung man geht, scheinbar immer von vorne ins Gesicht weht.

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Seit knapp 20 Jahren besteht die Datenbank Female Pressure, die bis heute aufzeigen soll, dass Frauen in der elektronischen Musik keine exotische Nebenerscheinung sind. Was ist seitdem passiert, wie agiert die Wiener Szene und was leisten neue Initiativen wie Femdex? Ein Überblick. ———— »Als Frau aufzulegen war für mich nicht etwas Besonderes. Ich denke auch nicht daran, dass ich eine Frau bin, wenn ich ein Kilo Äpfel kaufe.« – Spricht man mit Susanne Kirchmayr, international erfolgreich als DJ und Producerin unter dem Künstlernamen Electric Indigo, über ihre Arbeit, wirkt es wie eine Selbstverständlichkeit, dass Geschlechterrollen hinter dem DJ-Pult eben keine Rolle spielen. Dabei hat die Künstlerin eine Diskussion rund um ausgeglichenere Geschlechterverhältnisse in der elektronischen Musik mitangestoßen. Vor knapp 20 Jahren gründete sie mit Female Pressure einen »Schwarm an Gleichgesinnten rund um den Globus«, wie Kirchmayr das Projekt selbst beschreibt. Die Initiative in ihrer Gesamtheit zu fassen ist schwierig, da sie letztendlich auch von den gestaltenden Personen abhängig ist und zu deren Werkzeug wurde. Entstanden aus der sich wiederholenden Frage nach weiblichen Acts entschied sie sich

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1998, zu einer Zeit, als das Internet gewissermaßen in den Kinderschuhen steckte und große Firmen wie Google gerade gegründet wurden, dazu, eine HTML-Liste mit weiblichen Artists zu veröffentlichen. Der OpenSource-Gedanke und die von Raum und Zeit unabhängige Verfügbarkeit, die das Internet ermöglichte, faszinierten sie. Aus der Liste wurde zwei Jahre später die von Andrea Mayr programmierte, bis heute bestehende Datenbank, aus dieser entwickelte sich eine Mailingliste zur internen Kommunikation, daraus ein Netzwerk für Künstlerinnen aus der ganzen Welt, aus diesem Umfeld entstanden wiederum Veranstaltungen, verschiedene Projekte und der Report »FACTS«, der Lineups internationaler Festivals auf ihre Geschlechterverhältnisse analysiert. »Ich habe 1989 angefangen aufzulegen, und natürlich gab es auch damals andere Frauen, aber die Präsenz war noch geringer. Ich wurde immer wieder gefragt, ob ich andere weibliche DJs kenne, meistens allerdings um drei Uhr Früh bei 110 Dezibel kurz vor oder kurz nach einem Set. Das ist natürlich nicht das richtige Ambiente, um über komplexe Sachverhalte zu diskutieren. Ich wollte etwas, auf das ich verweisen kann, weil die Leute offensichtlich zu

wenige Frauen kannten, die auflegen«, erzählt Kirchmayr in einem Interview via Skype aus Tiflis, direkt nach einem Auftritt im Bassiani, einem der größten und imposantesten Techno-Clubs Osteuropas. Mittlerweile ist Electric Indigo, die ihre Karriere im Wiener Trabant, einem kleinen Lokal im vierten Bezirk, begann, weit über die Grenzen Österreichs bekannt. Neben ihrer Arbeit nimmt sie sich bis heute jeden Tag selbst Zeit für die Pflege und Erweiterung der Datenbank und der Mailingliste, für die man sich online registrieren kann. Mittlerweile umfasst die Datenbank 2.090 Artists aus 74 Ländern, die Mailingliste 988 Mitglieder aus der ganzen Welt, der Großteil der Künstlerinnen stammt aus Europa und den USA. Durch die Offenheit des »Schwarms« ergeben sich durchaus auch unterschiedliche Standpunkte. »Die nicht indoktrinierende Position von Female Pressure ist wichtig, um es so langfristig zu gestalten. Unter den Mitgliedern sind Frauen mit sehr unterschiedlichen Zugängen zu Feminismus und Politik, es gibt eine große Bandbreite, und genau das finde ich so wichtig«, erklärt Susanne Kirchmayr. Ein Projekt, das Female:Pressure viel mediale Aufmerksamkeit brachte, war die erste

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Wo stehen wir heute?

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Veröffentlichung der »FACTS« vor knapp fünf Jahren. »Wir waren de facto die Ersten, die systematisch Line-ups von elektronischen Musikfestivals nach Geschlecht analysiert haben, und das hat ordentlich Wellen geschlagen«, so Kirchmayr. In einer neuen, 2017 veröffentlichten Auflage zeigt sich, dass der Frauenanteil in den vergangenen Jahren von 9,2 Prozent (bei 31 untersuchten Festivals) im Jahr 2012 bis Mitte 2017 auf 18,9 Prozent (bei 48 untersuchten Festivals) angestiegen ist. Bei einigen Festivals führte die Veröffentlichung durchaus zu einem Umdenken: »Ich kann mich erinnern, dass Mat Schulz vom Unsound Festival 2013 in einem Artikel von The Wire, für den wir beide interviewt wurden, argumentiert hat, dass ein höherer Frauenanteil mit einer Qualitätsminderung einhergehen würde. Wenn man sich die Entwicklungen im Programm ansieht, kam es zu einer deutlichen Erhöhung des Frauenanteils.« Während der Anteil an weiblichen Acts 2012 noch bei 7,4 Prozent lag, erhöhte sich dieser 2016 auf 24,6 Prozent. Als »Weckruf« sah man die Statistik auch beim CTM-Festival in Berlin – und handelte dementsprechend: Der Frauenanteil stieg in den letzten vier Jahren von 9,9 Prozent auf ein nahezu ausgeglichenes Verhältnis, 42,9 Prozent der gebuchten Acts waren in diesem Jahr weiblich. Ebenfalls mit Statistik beschäftigt sich die von Hannah Christ gegründete Wiener Initiative Femdex, die im vergangenen Jahr

»Wir waren de facto die Ersten, die systematisch Line-ups von elektronischen Musikfestivals nach Geschlecht analysiert haben « — Susanne Kirchmayr

aus einem Artikel über Geschlechterverhältnisse in Wiener Clubs entstand und Wiener Clubreihen auf Geschlechterverhältnisse in ihren Line-ups analysiert. Unterschieden wird zwischen Female und Male Acts, zusätzlich werden Main und Local Acts gesondert ausgewiesen – eine Einteilung, die unter Berücksichtigung all jener, die sich keinem Geschlecht zuordnen können oder wollen, nicht ganz greift, dafür aber plakativ ist. »Es handelt sich natürlich um eine extrem binäre Aufschlüsselung, aber es geht hier im ersten Schritt darum, ein Problem möglichst deutlich aufzuzeigen«, erklärt Therese Kaiser, Teil der Initiative und selbst DJ. Während die Statistik deutliche Probleme aufzeigt, soll die ins Leben gerufene Datenbank Lösungsansätze bieten. Bei der Erstellung orientierte sich Hannah Christ, die selbst als Veranstalterin und als DJ unter dem Pseudonym Minou

Entwicklung der Geschlechterverhältnisse in Festival-Line-ups 2012 – Mitte 2017

100

81.5%

84.3%

9.2% 9%

10.9%

81.8%

80

78.1%

78%

13.5%

14.3%

7.4%

7%

75.4%

60

40 20

10.7% 6.6%

4.5%

18.9% 5.4%

0 2012

2013

2014 männlich

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2015 weiblich

gemischt

2016

2017

Oram aktiv ist, an den analysierten bestehenden Wiener Clubreihen und versuchte, für jedes einzelne Format passende weibliche DJs zu finden, die dem Stil der Veranstaltung entsprechen. »Unsere Datenbank fokussiert sich auch auf die lokale Szene, vor allem in Österreich, teilweise auch in Deutschland und in der Schweiz. Es geht nicht nur um Main Acts, sondern eher um Local DJs, die beispielsweise als Support gebucht werden können«, erklärt Kaiser. Die Datenbank soll das Argument entkräften, es gebe keine weiblichen heimischen Acts. »Wir wollen einfach zeigen, welche Varianz es gibt und wie viele Menschen sich auf unterschiedliche Art und Weise mit elektronischer Musik auseinandersetzen«, so Kaiser weiter. Mit der Varianz dessen, was Clubmusik aktuell zu bieten hat, beschäftigt sich auch Marlene Engel im Rahmen ihrer Tätigkeit als Kuratorin für das Clubfestival Hyperreality, eingebettet in die Wiener Festwochen. Genug Frauen im Programm unterzubringen, um den, bei einem Event mit öffentlichen Subventionen dieser Höhe gewissermaßen fast vorausgesetzten Anspruch der Repräsentation beider Geschlechter zu erfüllen, sieht sie nicht als Schwierigkeit: »Die Lineups, die ich zusammenstelle, fallen alle unter Contemporary Club Culture, und es gibt einfach extrem viele interessante Künstlerinnen und Künstler, die zum Teil natürlich marginalisiert sind, die aber oft genau dadurch besonders außergewöhnliche oder spannende Musik machen. Wir haben nicht aktiv darauf geachtet, ein ausgeglichenes Verhältnis zu schaffen. Durch unseren Anspruch, das Beste oder Interessanteste zu zeigen, was in diesem Bereich passiert, hat sich das einfach ergeben«, so Engel. Dabei kann die Kuratorin des Clubformats der Wiener Festwochen freilich auf ein vergleichsweise größeres Budget zurückgreifen als private ClubveranstalterInnen. Doch auch dieses Argument greift nicht ganz, wie Engel, die außerdem die Eventreihe Bliss – die einzige unter 29 von Femdex ausgewerteten Veranstaltungen, die einen Frauenanteil von 50 Prozent erreichte – privat veranstaltet, erklärt: »Ich arbeite bei Hyperreality im Gegensatz zu Bliss mit Subventionen und habe Fördergeld zur Verfügung. Natürlich geht es bei privaten Veranstaltungen auch darum, das Geld wieder reinzuspielen – bei Bliss wusste ich allerdings bis zur Analyse des

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Laura Schleder, Lisa Edi, Niko Ostermann, Susanna Hofer

»Gründet Clubs, macht eure eigenen Partys!« Während einige VeranstalterInnen in Wien zumindest hinter vorgehaltener Hand noch immer über die fehlende Verfügbarkeit von weiblichen DJs sprechen, etablieren viele neue Veranstalterinnen und DJs neue Eventreihen, die aktiv von Frauen geprägt werden. Etabliertere, regelmäßig stattfindende Reihen wie Scheitern im Opera Club oder Femme DMC im Fluc sowie Struma + Idoine werden ergänzt durch das von Zarah Klein organisierte Common Contact im Titanic, das Unsafe + Sound Festival, organisiert von Shilla Strelka, das im vergangenen September in verschiedenen Locations über die Bühne ging, Eklaxtasy im Rhiz, die von Misonica initiierte unregelmäßig stattfindende Veranstaltungsreihe Hope X im Titanic und zuletzt im Au, Clinic, V ARE von Joja und Misonica sowie die von Femdex im letzten Jahr ins Leben gerufenen Reihe Utopia 3000 im EKH und die Veranstaltung Gönnerin, bei der Frauen die Möglichkeit haben, sich das erste Mal hinter dem DJ-Pult zu beweisen. Das Argument, Line-ups mit hohem Frauenanteil würden keine Leute anziehen und damit den wirtschaftlichen Erfolg schmälern, wird mit einigen erfolgreichen Veranstaltungen entkräftet. Mit der von Femdex initiierten Reihe Utopia 3000 im EKH will man gewissermaßen ein neues Konzept schaffen – sowohl das Line-up als auch das Veranstaltungsteam besteht aus mindestens 50 Prozent female identified persons, auf Gästeliste und Backstage-Bereich und die damit verbundene Zweiklassengesellschaft wird bewusst verzichtet – mit Erfolg. »Uns wurde oft von anderen Leuten vorgeworfen, dass wir unsere Veranstaltungen nicht so umsetzen können, weil das viel zu nischig ist. Wir können da einen sehr guten Gegenbeweis liefern, das Konzept wurde gut angenommen, es war extrem voll, und es ist faszinierend, wie viele unterschiedliche Leute das anspricht. Wir haben bei unseren Gästen einen Frauenanteil von über 60 Prozent, und das beeinflusst natürlich das Feeling. Ein ausgeglichenes Booking bedeutet nicht, dass sich die Veranstal-

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Hyperreality versuchte, Clubkultur in all ihren Facetten abzubilden.

tung nicht selbst tragen kann. Es liegt einfach in der Verantwortung von VeranstalterInnen, gesellschaftliche Diversität auf jeder Ebene herzuzeigen«, so Therese Kaiser. Während sich eine junge, weibliche Szene in der Wiener Clublandschaft bildet, ist diese in ihrer Gesamtheit dennoch weiterhin männlich dominiert – nicht nur die Line-ups betreffend. »Im ersten Moment sieht man natürlich das Line-up, aber es geht auch um die Strukturen, vom Booker, über die Geschäftsleitung bis hin zum Security. Ich frage mich immer, wie es sich wohl für mich anfühlen würde, wenn ich in einem Club arbeiten würde und um mich herum nur Frauen wären. Ich würde das vielleicht gut finden, aber es würde mir auffallen und ich würde mir schon Gedanken machen«, ergänzt Marlene Engel, die wie die Femdex-Crew bei der Organisation von Hy-

perreality etwa auch im Security-Team auf 50 Prozent Frauen setzt. Spricht man mit VeranstalterInnen, ClubbetreiberInnen und AktivistInnen, so sind sich letztendlich alle einig: Verantwortlich dafür, eine Vielfalt zu zeigen, sind jene, die Acts buchen und Veranstaltungen organisieren. Für Marlene Engel ergibt sich daraus ein klarer Aufruf an alle Frauen: »Gründet Clubs, macht eure eigenen Partys!« Eine Variante, die zwar bereits viele erfolgreiche Veranstaltungen hervorgebracht hat, letztendlich aber wohl dennoch nicht allein zu einem gewünschten Umdenken in der gesamten Landschaft führt. Spinnt man den Gedanken, dass immer mehr Frauen veranstalten und diese Partys vermehrt von Frauen – die ohnehin auch unter den Gästen in der Unterzahl sind – besucht und supportet werden, weiter, würde das in letzter Konsequenz zu dem zugegebenermaßen sehr unwahrscheinlichen Szenario einer kompletten Trennung zwischen Male und Female Partys führen – ein Ergebnis, das wohl kaum jemand für wünschenswert hält. Betrachtet man die gesamte Szene, sind Veranstaltungen und Initiativen wie die oben genannten dennoch eher Einzelfälle. Rosa Reitsamer, Soziologin und Assistenzprofessorin am Institut für Musiksoziologie an der Universität für Musik und darstellende Kunst, beschäftigt sich seit Jahren mit Geschlechterverhältnissen im Musikbusiness. Für ihr Buch »Die Do-It-Yourself Karrieren von DJs. Über die Arbeit in elektronischen Musikszenen« beschäftigte sie sich intensiv mit der Szene. Als Grund, wenn auch nicht als Ausrede sieht sie die noch immer geringere Anzahl an Acts: »Es gibt meines Erachtens nach wie vor weniger DJ-Frauen und Musikproduzentinnen, aber es kann doch kein Argument sein, Personen, die quantitativ unterrepräsentiert sind, von den Bookings auszuschließen und sie damit weiter zu marginalisieren.« Dem stimmt auch Susanne Kirchmayr zu – den Grund für die männlich dominierte Szene sieht sie in einer Spiegelung der Gesamtgesellschaft: »Ich glaube, dass keine Szene abgekoppelt vom Rest der Welt ist und dass Strukturen reproduziert werden. Diese würden sich nur dann nicht reproduzieren, wenn es ein explizites Anliegen der Szene wäre, zum Beispiel für Geschlechtergerechtigkeit zu sorgen, aber das ist es natürlich nicht, weil andere Dinge im Fokus stehen, in unserem Fall die Musik. Das

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Line-ups von Femdex gar nicht, wie hoch der Anteil welchen Geschlechts ist – es spiegelt viel mehr die Szene wider, in der ich mich bewege.«

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Marlene Engel kuratiert »Hyperreality, Festival for Club Culture by Wiener Festwochen« sowie die Veranstaltungsreihe »Bliss«.

betrifft uns alle, niemand ist frei von Voreingenommenheit, aber es ist wichtig, marginalisierte Gruppen zu fördern und nicht immer nach Automatismen zu handeln.«

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Was sagen die Clubs? Fragt man Wiener Clubs gezielt nach Frauenförderung, so ist dies für den ein oder anderen wohl ein eher unangenehmes Thema – nicht zuletzt, weil viel verabsäumt wurde und sich die Szene per se als offen und tolerant sieht, wie Benjamin Hötzeneder vom Werk erklärt: »Dass man aktiv gegensteuern muss, war wohl vielen nicht wirklich klar, weil man immer das Gefühl hat, sowieso offen für jede oder jeden zu sein. Frauen werden ja – zumindest in alternativen Szeneclubs – nicht aktiv diskriminiert, da würde bald mal jemand aufschreien.« Im Werk sieht man sich zwar voll und ganz in der Verantwortung, gibt aber gleichzeitig zu, dass Aktionen, die aktiv zur Frauenförderung beitragen, bisher verabsäumt wurden – und bedauert: »Wenn ich bedenke, dass es Female Pressure seit 20 Jahren gibt, dann ist es umso erschreckender, dass sich auf diesem Gebiet zumindest in Wien dermaßen wenig bewegt hat – und da nehme ich uns nicht aus. Ich denke, dass es viele weibliche DJs gibt, die das Zeug dazu haben, sich aber gar keine Chancen ausrechnen, gebucht zu werden. Die ganze Szene ist männlich dominiert, und es ist als Mann schon schwer, gebucht zu werden.« Auch in der Grellen Forelle nimmt man das Thema zwar ernst, gesteht aber ein, dass in der Umsetzung noch einiges zu tun ist, wie Geschäftsführer Johannes Piller erklärt: »Wir

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müssen uns und unsere Veranstalter noch mehr sensibilisieren und darauf pochen, dass man aus der eigenen Blase ausbricht und sich einfach mehr traut. Wir sehen uns in der Verantwortung, Clubkultur in all ihren Facetten zu fördern. Dabei geht es darum, die gesamte Vielfalt sichtbar zu machen und das Publikum zu fordern, ohne dabei gängige Stereotypen weiter zu unterstützen. Dabei spielen weibliche Künstlerinnen als auch die LGBTIQ eine wichtige Rolle und davor dürfen die Augen nicht verschlossen bleiben.« Als konkrete Maßnahme sieht er vor allem Kommunikation – im Juni dieses Jahres lud die Grelle Forelle etwa die Initiatorinnen von Femdex zu einem VeranstalterInnen-Jour-fixe ein, um die angesprochene Sensibilisierung zu fördern und die Sichtbarkeit der weiblichen DJs mehr in den Fokus der VeranstalterInnen zu rücken, wie Piller weiter erklärt. Getan sei die Arbeit damit allerdings noch nicht, auch zukünftig wünscht man sich weitere Zusammenarbeit und will VeranstalterInnen regelmäßig auf die Thematik hinweisen.

Boy Group +1, bitte Letztendlich funktionieren Bookings dennoch oft über Freundeskreise, die gerade in der Szene ebenfalls oft männlich dominiert

»Es ist in der Branche zum Teil eher ein Makel, wenn man sich Feminismus andichtet.« — Susanne Kirchmayr

sind. Dort, wo viele Frauen im Line-up stehen, befinden sich meist auch viele Frauen im Organisationsteam – und umgekehrt. »Ich glaube, das hat sich oft so entwickelt, die Typen legen auf, die Frauen machen Kassa, Deko oder Flyer, und das verhärtet sich eben. Wenn man von einem Kollektiv mit vier Typen ausgeht, das einen männlichen Headliner bucht, dann wird es schwierig, wenn alle selbst spielen wollen«, so Therese Kaiser. Doch auch Freundeskreise und die oft zitierten »Boy Groups« lassen sich erweitern. Matthias Markovits, Veranstalter von Dead Sea Diaries, erklärt etwa, dass er durch den Artikel von Hannah Christ im vergangenen Jahr durchaus aufmerksamer wurde: »Die Diskussion um die Thematik hat bei mir eine gewisse Neugierde geweckt und ich habe mich aktiv damit beschäftigt, welche weiblichen DJs tatsächlich in Wien tätig sind und mit wem wir musikalisch harmonieren. Der Grund, jemanden zu buchen, ist natürlich das Verständnis für die Sparte, die wir abdecken. Mit Mælanin und Welia habe ich mittlerweile beispielsweise zwei DJs gefunden, mit denen ich mich einerseits musikalisch identifizieren kann und die andererseits auch zu meinem unmittelbaren Freundeskreis gehören.« Mehr Zusammenarbeit wünscht sich Susanne Kirchmayr – nicht zuletzt, weil dadurch alle profitieren würden. Statt einem 50:50-Line-up plädiert Kirchmayr mittlerweile für eine Drittelung des Line-ups, bestehend aus weiblichen, männlichen und gemischten Acts sowie jenen, die sich keinem Geschlecht zuordnen wollen. Gegenseitige Förderung

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Booking-Verhalten der Wiener Veranstalter Juli 2014 – Juli 2016 100

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A R Ba hyt As lles nd hm cen wi Al e à /D di rd l pa iscu ng gut rt s Wa . / P Th ve ra ro s ss we elb rs an d Ca B e ny lis Er Dee oud s db p igi ah Ba t n k F* kre ed ck uz e e Ga ss Fu n Pl r en n us au kro Ke s Z om in uc So ke nn K ta an G r g oh al R low M ne oy as T a ch ec l in h M en no ea ra t M um ar M M eu ket od t e ere Po Talk i m in Sa era g lon nz e St S 200 ru ch 0 m e Te a ite ch + rn no Iod So ine nn Ve rk T tag eh ur rte bo W W We Vih elt ien ch a er se nna En lst do ro Zu rph m ck ine er wa tt

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sen Umstand sieht auch Soziologin Rosa Reitsamer als zusätzliche Hürde: »Sowohl Frauen als auch Männer sind einem harten Wettbewerb ausgesetzt; für Frauen verstärkt sich dieser unter anderem dadurch, dass sie bis heute die Position von Außenseiterinnen haben und dadurch einer stärkeren Überwachung und Kontrolle durch ihre Peers ausgesetzt sind. Frauen wird mehr ›auf die Finger geschaut‹ als den männlichen Kollegen.« Gerade in der elektronische Musik, die stark mit Technik verbunden ist, haben Künstlerinnen anfangs oft mit Vorurteilen zu kämpfen, so die Wissenschaftlerin weiter: »Die Verbindung von Technik und Männlichkeit strukturiert unsere Gesellschaft und sie zeigt sich beispielsweise an der Kodierung von technischem Können als männlich und der Vergeschlechtlichung von Musikinstrumenten und Tätigkeiten; denkt man beispielsweise an die E-Gitarre, an Drumcomputer und Synthesizer, an das Programmieren, das in der elektronischen Musikproduktion eine wichtige Rolle spielt, oder daran, dass in den Musikstudios in der Regel Männer arbeiten und die Tontechnik bei Konzerten in der Regel in fester Männerhand ist. Diese Verbindung von Technik und Männlichkeit spielt auch in der Bewertung von musikalischen Leistungen eine zentrale Rolle. Diese Verbindung gereicht Frauen zum Nachteil – historisch und aktuell.« Wie stark Künstlerinnen diese Umstände wahrnehmen und darauf reagieren, ist unterschiedlich und oft auch vom persönlichen Umfeld abhängig. Während manche, wie auch Susanne Kirchmayr, den Umstand, als Frau in

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einer männlich dominierten Rolle zu agieren, erst wahrnehmen, wenn sie aktiv darauf angesprochen werden, stellt er für andere eine Hürde dar. DJ-Workshops, Aufklärungsarbeit, Labelarbeit, mehr Präsenz für weibliche Artists und damit einhergehend mehr weibliche Role-Models können den Einstieg für die eine oder andere erleichtern. »Es gibt sicher ganz viele Aktionen, die helfen. Ausbildung und Training müssen leichter zugänglich sein, gleichzeitig braucht es eben Leute, die aus Überzeugung Line-ups machen, die zu einem Großteil aus Female Artists bestehen, denn um gut zu werden, braucht es Praxis. Ich finde gezielte Frauenförderung hier extrem sinnvoll«, erklärt Kirchmayr, die mit Female Pressure in den letzten Jahren massiv dazu beigetragen hat, mehr Bewusstsein zu schaffen. Letztendlich gilt es weiterhin, für ein förderndes Umfeld zu sorgen, Raum zu geben, zu unterstützen und verfestigte Rollenbilder zu durchbrechen. Ein Auftrag, der die Musikszene wie auch die Gesamtgesellschaft wohl noch länger beschäftigen wird. Yasmin Vihaus

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und explizit die Förderung von marginalisierten Gruppen sieht sie als Schlüssel: »Ich glaube, die Zukunft liegt auch darin, dass Männer und Frauen bzw. Menschen aller Geschlechter zusammenarbeiten und dass immer dann, wenn ein Geschlecht dominiert, das oder die andere / -n an Bord geholt werden.« Genau diesen Ansatz verfolgen mittlerweile auch einzelne Artists, wie etwa der Berliner DJ Objekt. Voraussetzung für eine Buchung des Künstlers ist es, dass am selben Floor auch eine Frau spielt, ist dies nicht möglich, so muss insgesamt für ein 50:50-Verhältnis gesorgt werden. Eine starke Geste, die durchwegs gelobt wird und als nachahmenswert gilt, aber auch eine, die nicht jede / -r in der Form umsetzen kann, wie Kirchmayr erklärt: »Ich habe das Gefühl, dass ich mir das nicht leisten könnte, nicht zuletzt, weil ich durch meine Arbeit für Female Pressure ohnehin etwas exponiert bin.« Der Einsatz für die Datenbank bringe zwar mediales Echo mit sich, hat in letzter Konsequenz aber nicht nur positive Auswirkungen auf ihre Karriere, so die Künstlerin. »Ich weiß, dass ich in der Vergangenheit bei manchen Festivals aufgrund meiner Assoziation mit Female Pressure nicht gebucht wurde. Das hat sich zwar zum Teil geändert, insgesamt ist meine Rolle in der Hinsicht aber sicher nicht karriereförderlich«, erklärt die Künstlerin weiter. Das sei auch der Grund, warum einige ihrer Kolleginnen nicht in die Datenbank aufgenommen werden wollen: »Es ist in der Branche zum Teil eher ein Makel, wenn man sich Feminismus andichtet.« Ein Umstand, der problematisch ist, vor allem wenn man bedenkt, dass Frauen der Einstieg in die Szene ohnehin oft schwerer fällt, weniger Frauen aktiv sind und dadurch weniger Role-Models existieren. Genau die-

Im kommenden Jahr feiert Female Pressure 20-jähriges Jubiläum. Die Datenbank ist via femalepressure.net aufrufbar, lokale weibliche Acts findet man beispielsweise via femdex.com. Die gesammelten Interviews mit mehreren Wiener Clubs, die im Rahmen dieses Artikels geführt wurden und nicht in ihrer Gesamtheit verwendet werden konnten, sind auf thegap.at/wosinddiefrauenclubs-wien abrufbar.

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Valie Export ist eine Ikone der Performancekunst und des feministischen Aktionismus. Ihre künstlerischen Arbeiten nehmen ihre Anfänge in den 1960er-Jahren und sind Teil einer Zeit des radikalen Aufbruchs. Es geht um Körper, Kunst, sexuelle Befreiung und Dekonstruktion von Blickmustern und festgefahrenen Rollenbildern. ———— Die Reihe »Körperkonfigurationen in der Architektur«, die Valie Export 1972 begann, ist eine der bedeutendsten Arbeiten ihrer frühen Fotoexperimente. Die Fotografie, die in den 1970er-Jahren noch einen weit intensiveren und revolutionäreren Charakter in der Kunst hatte als heute, diente Valie Export als Mittel zur Darstellung ihrer Konzepte bzw. als Begleitung ihrer Performances. Hinter »Der Mensch als Ornament« (1976) als Teil der Reihe der »Körperkonfigurationen« steckt das Konzept der Architektur und ihrer geometrischen Formen. Sie schreibt den menschlichen Körper in Fassaden, auf Straßen, in Gebäudeformen ein und veranschaulicht so die Verbindung des menschlichen Körpers zu den geometrischen Formen der Architektur – der Körper ergänzt die Formen und ist zugleich deren Ursprung. Schon Leonardo da Vinci hatte mit seiner Zeichnung »Der vitruvianische Mensch« (ca. 1490) die wechselseitige, proportionale Beziehung von Mensch und Geometrie verbildlicht. Diese reziproke Formübertragung greift Export in ihrer Fotoarbeit auf und zeigt damit eine der für ihre künstlerische Arbeit charakteristischen Doppelungen: der menschliche Leib und die geometrische Form, der Körper und die Kulturgeschichte, der Körper als Körper und zugleich als Abbild seiner selbst. Valie Export fügt in dieser Arbeit den Körper in ein Motiv ein, das eine Hausfassade mit starren geometrischen Linien zeigt, auf der sich bereits eine ornamentale Verzierung befindet. Davor hängt »der Mensch als Ornament« auf einer einfachen Dreiecksform. Es ist auch kein Zufall, dass der Körper, der in dieser Serie eingesetzt wird, ein weiblicher bzw. ihr eigener ist. Der weibliche Körper wurde in der Kunstgeschichte häufig als schmückendes Element, als stilisiertes Objekt auf Bildern inszeniert. Valie Export aber irritiert, indem zwar ein weiblicher Körper zu sehen ist, aber nicht auf gewohnte (männlich) künstlerisch inszenierte Weise. Sie eignet sich die – wie bis dato fast alle Medien – sehr männlich geprägte Fotografie an, übernimmt die Machtposition des Blickes und bricht so mit der Konvention: Nicht mehr der männliche Blick auf den weiblichen Körper sollte die Kunst bestimmen. Sie blickt als Fotografin nun auf die Frau und dekonstruiert das von Männern etablierte Frauenbild in der Kunst. Sie bestimmt als Künstlerin selbst, wie sie den weiblichen Körper zeigt. Sie setzt den Körper als Träger ihrer Kunst ein und entwirft somit ihr eigenes Konzept der bereits von Stéphane Mallarmé 1893 beschriebenen »écriture corporelle«. Mit dieser Arbeit, vorangegangenen und vielen darauffolgenden zeigt uns Valie Export eine neue (Kunst-)Richtung im Umgang mit Körper, Weiblichkeit und Magdalena Reuss künstlerischen Medien.

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Valie Export, Der Mensch als Ornament, 1976, Lentos Kunstmuseum / Valie Export Center Linz, © Bildrecht Wien, 2017

Valie Export Körperkonfigurationen

Am 10. November hat das Valie Export Center in der Linzer Tabakfabrik eröffnet. Neben dem Archiv des Vorlasses mit Schriften, Skizzen, Studien und Fotografie- und Videoarbeiten, die das bisherige Schaffen der in Linz geborenen Künstlerin umspannen, definiert sich das Center als internationales Forschungszentrum für Medien- und Performancekunst. Parallel dazu zeigt das Lentos Kunstmuseum Linz bis Ende Jänner »Valie Export – Das Archiv als Ort künstlerischer Forschung«.

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Major-Labels und ihr Domestic Repertoire Parallel zum großen Erfolg österreichischer Popmusik hat das Thema Domestic Repertoire in den letzten Jahren auch bei heimischen Majors wieder an Stellenwert gewonnen. Was können und was wollen sie für KünstlerInnen aus dem eigenen Land leisten? ———— An die 60 Absagen lässt er jede Woche schreiben, erzählt Sasha Saedi im Büro von Universal Music Austria am Wiener Schwarzenbergplatz. Dort, beim Marktführer unter den Plattenfirmen, ist er für den Bereich A&R (kurz für Artists and Repertoire) zuständig und somit für das Entdecken jener Talente, die das Zeug zum ökonomischen Erfolg haben. »Ich würde es als extrem respektlos empfinden, wenn nicht jeder eine Antwort von uns bekäme«, ergänzt Saedi, »aber die meisten wollen halt auch Gründe für die Absage wissen – und das können wir nicht liefern.« Den hochgerechnet 3.000 Zusendungen stehen ca. zehn Domestic Releases (drei Viertel davon aus den Bereichen Schlager und volkstümliche Musik und natürlich nicht alle von neuen Signings) gegenüber, die bei Universal Music Austria pro Jahr stattfinden. Viel mehr sei allein schon aus Kapazitätsgründen nicht sinnvoll zu betreuen, so Saedi. Die Rolle des Domestic Repertoire – also all jener Acts, die eine globale Plattenfirma in ihrer nationalen Niederlassung direkt unter Vertrag nimmt und nicht über ihren Mutterkonzern oder über Zweigstellen in anderen Ländern – sei aber eine wichtige für MajorLabels wie Universal. Saedi: »Das Arbeiten an eigenen Künstlern ist auch eine Daseinsberechtigung. Wenn du am eigenen Markt nicht signst und versuchst, Künstler zu eta-

blieren, dann bist du eigentlich als Label nur eine administrative Stelle. Das Hauptaugenmerk eines jeden Labels sollte daher auf der Domestic-Arbeit liegen.«

Das Um und Auf Ein paar U-Bahn-Stationen entfernt, in der Mariahilfer Straße, wo sich die heimische Dependance von Sony Music befindet, schlägt Nuri Nurbachsch, seit einigen Jahren Senior Manager A&R, in eine ähnliche Kerbe: »Domestic Repertoire ist das Um und Auf für alle Majors. Mit ein Grund dafür, dass wir bei Sony Music im Vergleich zu anderen Firmen noch relativ viele Menschen sind, ist, dass wir beim Domestic Repertoire recht stark aufgestellt sind. Vor allem mit meinem Kollegen Peter Schilling als Head of Ariola, wo – salopp gesagt – Volkstümliches erscheint, und mit mir in einer erweiterten A&R-Position.« Selbst bei Warner Music Austria, dem kleinsten der drei verbliebenen Majors, scheinen die A&R-Agenden wieder etwas aufgewertet worden zu sein. In die Karten wollte man sich bezüglich Zahlen, Struktur und Strategie aber nicht schauen lassen: Viel mehr als eine Liste mit aktuellen, teils durchaus erfolgreichen Signings – von Left Boy über Turbobier bis Robb – und die Bestätigung, dass man im Vergleich zu den Vorjahren schon aktiver geworden sei, wollte man bei Warner nicht verraten.

Ökonomisches Potenzial Dass sich bei den Majors in Sachen Domestic Repertoire wieder etwas mehr tut, erkennt auch Hannes Tschürtz vom Indie-Label Ink

Music an: »Gute zehn Jahre bestand das Thema gar nicht oder aus Casting-Shows und Schlager.« Nachdem Indies »von unten« mit einigen nennenswerten Erfolgen – von Ja, Panik über Soap & Skin bis Bilderbuch und Wanda – Schlagzeilen gemacht haben, sei mit dezenter Verzögerung, so Tschürtz, auch »oben« bemerkt worden, dass es da ein ökonomisches Potenzial geben könnte. Im Vergleich zu den Indies erfordert der große Apparat, der Majors nun mal ausmacht, aber andere Erträge, damit ein Signing überhaupt in Betracht gezogen wird. »Wenn wir nicht davon überzeugt sind, dass wir mit einem Projekt den nötigen Umsatz machen können«, erläutert Saedi, »dann machen wir es erst gar nicht. Nicht, weil wir so arrogant sind und es für Peanuts halten … Aber wenn du von einem Major gesignt wirst und es geht los, dann arbeiten hier acht oder neun Leute an dem Projekt, nicht nur zwei.« Dass man so in Sachen »nötiger Umsatz« schnell jenseits der 100.000-Euro-Marke zu liegen kommen kann, wird klar, wenn man bedenkt, dass Releases im Normalfall für ein bis zwei Jahre angelegt, dass neben den Aufnahme- und Produktionskosten auch Management, Booking-Agentur, Equipment, vielleicht sogar Bühnenoutfits, Stylisten / Stylistinnen oder FitnesstrainerInnen zu berücksichtigen sind. Und dann sollen natürlich auch MusikerInnen und Plattenfirma selbst etwas verdienen. Saedi versteht die Majors dabei als Dienstleister für die KünstlerInnen und nicht umgekehrt: »Ich sehe es in meiner Verantwortung zu sagen: Wenn du deine drei X unter

Ganzheitliches Glücksspiel The Gap 166 012-053 Story.indd 18

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Universal-A&R Sasha Saedi freut sich mit seinem Künstler Nazar über den Amadeus Award 2015 in der Kategorie »Hip-Hop / Urban«.

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Platin für Conchita: Rene Berto (The Unstoppables Management) und Dietmar Lienbacher (Head of Sony Music Austria; rechts) packen mit an.

unseren Vertrag setzt, dann muss es unser gemeinsamer Ehrgeiz sein, dort hinzukommen, auch wenn es verdammt viel Geld ist. Wenn wir das nämlich nicht schaffen, wird deine Performance und Kreativität darunter leiden. Wer bis 18 Uhr in irgendeinem Shop steht und Kleider verkauft oder Chips-Sackerl einordnet, wird um 20.30 Uhr nicht mit der gleichen Energie auf die Bühne latschen – und sei es nur eine Bretterbude beim Feuerwehrfest in Gramatneusiedl.«

Musterbeispiel Nazar Als Musterbeispiel für ein erfolgreiches Universal-Signing gilt der Rapper Nazar. Dem Vertragsabschluss ist dabei ein langer Arbeitsprozess vorausgegangen: sich über Jahre hinweg immer wieder mit dem Künstler treffen, um Möglichkeiten auszuloten – weil es auch ein schwieriges Genre mit einem etwa im Vergleich zu Schlager und volkstümlicher Musik niedrigen Marktanteil sei, so Saedi. Man habe es geschafft, Nazar trotz seiner kontroversiellen Aussagen in der österreichischen Gesellschaft salonfähig zu machen. »Seine Verkäufe sind stark angestiegen und wir haben mit ihm vor allem auch in den Abteilungen Testimonial und Synchronisation einen Artist, der für Brands richtig interessant geworden ist. Die Zeiten, in denen du als Künstler mit Musikverkäufen über die Runden gekommen bist, sind definitiv vorbei. Du musst heute ganzheitlicher denken.«

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»Die Zeiten, in denen du als Künstler mit Musikverkäufen über die Runden gekommen bist, sind definitiv vorbei. Du musst heute ganzheitlicher denken. — Sasha Saedi Universal Music

Ganzheitlich zu denken, das heißt – nicht nur, aber mitunter auch – 360-Grad-Deals abzuschließen, also als Label an allen Einnahmen des Künstlers / der Künstlerin beteiligt zu sein, ob aus dem Verkauf von Tonträgern, Sync-Rechten (etwa für Werbespots), Merchandise-Artikeln oder Konzerttickets. Auch bei Warner gibt es dieses Modell, genauso wie die von Universal ebenfalls angebotenen klassischen Künstlerverträge, Bandübernahmeverträge, Lizenzverträge oder Vertriebsdeals. »Wir sind zum Glück sehr flexibel und auch bereit, uns etwas einfallen zu lassen, solange wir das im Rahmen der Firma sinnvoll darstellen können«, erläutert Nuri Nurbachsch. Je nach Projekt seien so bis zu sechsstellige Budgets möglich – ein Beispiel dafür ist wohl Conchita Wurst –, aber eben auch vierstellige. »Ich bin im Gespräch mit Künstlern immer sehr direkt und frage auch immer: Was stellt ihr euch vor? Wo wollt ihr hin?« Die finanzielle Belastung, die diese Wünsche bedeuten würden, und was dem an Einnahmen gegenüberstehen müsste, führe dann oft zu Ernüchterung – und einem realistischeren Plan B, so Nurbachsch.

Der richtige Schritt? Aus der Sicht des Künstlers / der Künstlerin handelt es sich wohl immer um eine Einzelfallentscheidung, ob ein Major sein Geld wert und welche Form der Zusammenarbeit die richtige ist. Das zeigen auch Aussagen

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Das Österreichische Filminstitut präsentiert im jährlichen Filmwirtschaftsbericht Zahlen, Daten und Fakten rund um die heimische Filmlandschaft. Hier ein Sneak Peek:

»BRÜDER IM WIND« Mit über 150.000 Kinobesuchen ist der Abenteuerfilm »Wie Brüder im Wind« der meistgesehene österreichische Film 2016. Die Filmemacher Otmar Penker und Gerardo Olivares wollten im Rahmen des Films ihre Erfahrungen aus dem Tierfilmbereich auf eine fiktive Geschichte umlegen, in den Hauptrollen spielen Jean Reno, Tobias Moretti und Manuel Camacho. Die Mischung aus einer dramatischen Geschichte und gewaltigen Naturaufnahmen schaffte es auf Rang 30 unter den 50 meistgesehenen Filmen und ist nach »Bridget Jones’ Baby« der europäische Film mit den meisten Besuchern. Die Dreharbeiten fanden in Tirol, Kärnten und Südtirol statt, mit den Natur- und Tieraufnahmen begann man bereits 2011 im Nationalpark Hohe Tauern.

KINO IST DIGITAL Die analoge Filmvorführung stirbt langsam, aber sicher aus: 2016 gab es in Österreich 138 Kinos mit 556 Sälen – nur in einem Kino mit einem einzigen Kinosaal werden Filme ausschließlich analog abgespielt. Im Gegensatz dazu verfügen 104 Kinos bereits über die Möglichkeit, 3D-Filme abzuspielen.

IM AUSLAND ERFOLGREICH

Bleibt eine Frage: WasOb braucht es eigentmeint Sasha Saedi – aber: man mit einem Artist lich, um richtig als Artist liege, fürdas einen seiheimischen ohnehin wie Major Pointeressant zu sein? allem von Authentizität, kerspielen. Laut derVor Website Sony Mumeint Sasha Saedi – aber: Ob Musikbusiness man mit einem sic wiederum sollte, wer ins Artist richtig liege, dasKreativität, sei ohnehinÜberzeuwie Poeinsteigen will, Talent, gungskraft, Laut Mut und als am wenigsten kalkerspielen. der –Website von Sony Mukulierbaren Faktor dem zum Erfolg sic wiederum sollte,auf wer insWeg Musikbusiness will, Talent, Kreativität, Überzeu–einsteigen Glück mitbringen. Über Letzteres würde gungskraft, – als am wenigsten kalman sich beiMut denund Plattenfirmen wohl besonkulierbaren ders freuen, Faktor denn, soauf Nuri dem Nurbachsch: Weg zum Erfolg »Was –bei Glück mitbringen. Über vergessen Letztereswird, würde der ganzen Sache gerne ist, dass fast Risiko bei wohl der Record man sich das bei gesamte den Plattenfirmen besonders freuen, denn, so Nuri »Was Company liegt. Wenn also Nurbachsch: ein Release baden bei der ganzen Sache wir gerne vergessen wird, ist, geht, dann verlieren richtig viel Geld.« dass fast das gesamte RisikoManuel bei der Record Fronhofer Company liegt. Wenn also ein Release baden geht, dann verlieren richtig viel Geld.« Die heimischen Majorswir freuen sich Manuel Fronhofer über Demo-Zusendungen. Details unter universalmusic.at, sonymusic.at und warnermusic.at. Die heimischen Majors freuen sich über Demo-Zusendungen. Details unter UNIVERSALMUSIC.AT, SONYMUSIC.AT und WARNERMUSIC.AT.

Nicht nur hierzulande, auch im Ausland erfreuen sich österreichische Filme großer Beliebtheit. Außerhalb Österreichs erzielten 49 heimische (Co-)Produktionen drei Millionen Besuche, das entspricht einem Plus von 1,2 Millionen. Am erfolgreichsten war die deutsch-österreichische Co-Produktion »Toni Erdmann« von Regisseurin Maren Ade mit Peter Simonischek in der Titelrolle. Der Film kam auf 1,4 Millionen Kinobesuche in 19 Ländern. Auf Platz zwei folgt mit etwas Abstand »Vor der Morgenröte« unter der Regie von Maria Schrader, der in Deutschland, Frankreich und der Schweiz auf knapp 330.000 Besuche kam, danach folgt »Wie Brüder im Wind«.

FÖRDERLANDSCHAFT 2016 betrugen die Gesamtausgaben der 19 filmfördernden Institutionen 72,6 Millionen Euro, der höchste Anteil der ausbezahlten Förderausgaben betrifft mit 73,6 Prozent die Herstellung von Filmen. Dabei ist zu erwähnen, dass die Herstellungskosten bei 83 Prozent aller geförderten Filme unter 800.000 Euro liegen. Gefördert werden neben der Filmherstellung selbst auch die Stoffentwicklung, die Projektentwicklung, die Verwertung von Filmen, zusätzliche Förderung gibt es für Institutionen und Infrastruktur.

Mehr auf: THEGAP.AT / FILMKULTUROESTERREICH

Bezahlte Kooperation

Sony Music Entertainment Austria, Andreas Jakwerth

Major nimmt einem viel Arbeit ab, und wenn von der Deal denjenigen, passt, dann die es istmit dasihren im richtigen Acts schon Moeinmalauch mit einem Major Schritt«, probiert haben. »Ein ment der richtige meint etwa Bernhard Kaufmann vom Labelab, Karmarama, Major nimmt einem viel Arbeit und wenn der Deal passt, dann ist das »nur« im richtigen Modas für die Band Granada einen Verment auch mit der Sony richtige Schritt«, meint etwa triebsdeal Music eingegangen ist. Bernhard Kaufmann vom Label Karmarama, »Zu früh bei einem Major zu unterschreiben, das für dieblockieren, Band Granada Verkann mehr als es»nur« bringt,einen weil man triebsdeal mit Sony agieren Music eingegangen ist. nicht so unabhängig kann und in kre»Zu früh bei einem Major zu unterschreiben, ativen Entscheidungen weniger frei ist. Solange man denblockieren, Künstleraufbau selbst weil finanziekann mehr als es bringt, man ren kann, ist Unabhängigkeit also und sicher das nicht so unabhängig agieren kann in kreRichtige. Fremdkapital ist schön,frei aberist. esSolanmuss ativen Entscheidungen weniger ge manbewusst den Künstleraufbau finanzieeinem sein, dass dieselbst investierende Partei ren kann, ihr Investment ist Unabhängigkeit irgendwann also sicher wiederdas zuRichtige. Fremdkapital ist schön, aber es muss rückhaben will.« einem sein, dass Vielbewusst Realitätssinn auchdie beiinvestierende anderen BePartei ihrDie Investment irgendwann wiederMazufragten: Möglichkeiten heimischer jors, einen Künstler rückhaben will.« / eine Künstlerin im AusViel auch bei anderen Beland, vor Realitätssinn allem jenseits des deutschsprachigen Raums, platzieren, seien eher gering, heißt fragten:zu Die Möglichkeiten heimischer Majors, einen wieder. KünstlerStefan / eine Künstlerin im Auses immer Redelsteiner, der land, wie vor allem jenseits des deutschsprachigen Acts Wanda und Voodoo Jürgens aufgeRaums, platzieren, seien eher gering, baut hat,zuhat seine Fühler deshalb gleichheißt nach es immer wieder. Stefan Redelsteiner, der Deutschland ausgestreckt. Sein Erfolg dabei mag eher die Ausnahme bleiben, für ihn leisActs wie Wanda und Voodoo Jürgens aufgebautösterreichische hat, hat seine Fühler deshalb gleich nach ten Major-Dependancen aber Deutschland ausgestreckt. Erfolg nichts wesentlich anderes Sein als die zwei,dabei drei professionell mag eher die aufgestellten Ausnahme bleiben, Indies des für ihn Landes. leisten österreichische Major-Dependancen aber Aber immerhin: »Ich denke, dass da zuletzt nichts wesentlich als die hat, zwei, auch ein Umdenkenanderes stattgefunden es drei also professionell aufgestellten Indies des internaLandes. nicht mehr nur um Filialarbeit (fürs Aber immerhin: »IchAnm. denke, dageht. zuletzt tionale Headquarter; derdass Red.) Es auch ein Umdenken stattgefunden hat,gerade es also bildet sich bei Majors in Österreich nicht mehr Filialarbeit (fürs so etwas wienur einum ernstgemeintes A&Rinternaheraus, tionale Headquarter; Anm. der Red.) geht. Es das über Schlager und volkstümliche Musik bildet sich bei Majors in Österreich gerade hinausgeht. Kein österreichischer Major will so etwas ernstgemeintes sich wohlwie dieein nächsten Wanda A&R oder heraus, Bilderdas über Schlager und volkstümliche buch durch die Lappen gehen lassen …«Musik hinausgeht. Kein österreichischer Major will Geldgierig, schwerfällig sich wohl die nächsten Wanda oder Bilderbuch durch die Lappen gehen lassen …« Dass Universal beispielsweise den Vertrieb für Las Vegas Records übernommen hat und Geldgierig, schwerfällig dem Wiener Label bei einzelnen Themen Dass Universal beispielsweise den Vertrieb auch seine durchschlagskräftigere Marketingfür Vegas Records übernommen hatstellt, und undLas Promo-Infrastruktur zur Verfügung dem Label bei einzelnen Themen ist alsWiener Beleg dafür zu sehen, dass das Interesse auchMajors seine durchschlagskräftigere Marketingder an den Indies bzw. an deren Acts und Promo-Infrastruktur zur Verfügung stellt, gestiegen ist. Andreas Jantsch, Geschäftsist als Beleg dafür zu sehen, dass»Vor das Interesse führer von Las Vegas Records: ein paar der Majors anChristina den Indies bzw. anAndreas deren Acts Jahren gab es Stürmer, Gagestiegen Jantsch, Geschäftsbalier und ist. dannAndreas lange nix. Die Majors haben führer »Vor ein paar immer von nochLas mitVegas ihremRecords: Image als geldgierige, Jahren gab es Christina Andreas Gaschwerfällige Säcke zuStürmer, kämpfen, die junge balier undsofort dann fallen lange nix. Die wenn Majorsdie haben Künstler lassen, Verimmer noch mit ihrem ImageInals geldgierige, kaufszahlen nicht stimmen. dem Bereich schwerfällige Säcke getan zu kämpfen, junge hat sich aber einiges und mandie versucht diesem Image entgegenzuarbeiten. Künstler sofortbewusst fallen lassen, wenn die VerEs hat zuletzt ja auch ein paar spannende kaufszahlen nicht stimmen. In dem Bereich hat sich aber einiges und man versucht Signings gegeben undgetan es werden noch einige diesem Image was bewusst entgegenzuarbeiten. dazukommen, man so hört.« Bleibt eine Frage: es eigentEs hat zuletzt ja auchWas einbraucht paar spannende Signings gegeben undeinen es werden noch einige lich, um als Artist für heimischen Major interessant zu was sein?man Vorsoallem Authentizität, dazukommen, hört.«

»Was bei der ganzen Sache gerne vergessen wird, ist, dass fast das gesamte Risiko bei der Record Company liegt.« — Nuri Nurbachsch Sony Music

Österreichische Filmlandschaft 2016

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David Jerina im Porträt Party professionell

Mila Zytka

Nachtleben im Panoramaheim Nicht ganz untypisch begann David seine Veranstaltungen im jungen Studentenalter – eher ungewöhnlich ist, dass es ihm gelungen ist, davon zu leben und bis heute dabeizubleiben. Mit 18 kam er zum Studieren – es sollte Architektur sein – nach Wien, wobei er das Studieren selbst unter Anführungszeichen setzt. Denn die Praxis sah schnell anders aus. Er bezog ein Zimmer im Studierendenheim, in seinem Fall im Panoramaheim im 20. Bezirk, und wurde schnell einer der fleißigsten VeranstalterInnen von Studierendenpartys im Keller des Hauses. Dabei war zwar die Musik durchaus wichtig, David begann aber erst

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»Anfang der 90erJahre waren DJs Götter.« — David Jerina

später damit, auf seinen Partys auch aufzulegen, und konzentrierte sich zu Beginn auf die Organisation. Gespielt wurden 70er-Hits und Musik, die man später wohl Indie oder Alternative nennen sollte. Die Partys waren erfolgreich, wozu auch der über den eigenen Ausschank günstig gehaltene Bierpreis und das Vorhandensein von genügend Publikum direkt im Heim beitrugen. Gemeinsam mit seinem Kollegen Jens begann er schon damals, den »kreativerweise Saal 1« genannten Mehrzweckraum als zweiten Floor zu bespielen. Möglich machte dies der Umstand, dass dieser für Kulturveranstaltungen genutzt werden konnte, wozu auch Events mit dem Ersten Wiener Heimorgelorchester, Maschek oder Stermann und Grissemann gehörten. Sein prominentester Gast-DJs war nach einer Podiumsdiskussion DJ Red Fred. Ein gewisser Alfred Gusenbauer, der während seiner Studienzeit im Panoramaheim gewohnt hat und in den 80ern dort selbst für die Musik gesorgt hatte. 2007 wurde DJ Red Fred Bundeskanzler.

Start im U96 Ohne Erfolge im Studium musste er irgendwann in der zweiten Hälfte der 90er-Jahre das Studierendenheim verlassen. Als Wohnort fand er von da an über viele Jahre eine WG in der Wiener Stumpergasse, die selbst teilweise zum belebten Hot Spot wurde. Und David zu einem Gastgeber mit ordentlich Schmäh mit Hang zur Deftigkeit. Als Veranstalter galt es nun, sich in »freier Wildbahn« zu beweisen: »Dagegen war das Heim mit seinen vielen Leuten vor Ort schon so etwas wie eine geschützte Werkstätte«, erinnert er sich an diese Umstellung. Gemeinsam mit DJ Elk und Matthias Zacek veranstaltete er im November 2003 dann den ersten 90ies Club im U96 in der Nussdorfer Straße. Diverse 80erPartys waren damals schon beliebt – »warum also nicht auf ein neues Jahrzehnt setzen«. Auch hier wurden zwei Floors bespielt. Nachdem die beiden Kollegen sich nach zwei, drei Jahren vollständig anderen Projekten zuwandten, übersiedelte David erst ins Bach, dann ins Weberknecht und von dort in den Keller des Hotels Donauwalzer. Das war in den Nuller-Jahren eine beliebte, wohl nicht wirklich genehmigte Location für DIY-Events und der Ort, an dem der 90ies Club zum ersten Mal so richtig aufging. Von dort ging es ins Badeschiff und, nachdem dort der obere Floor für wilde Partys gesperrt wurde, 2011 ins Loft. Und dort wurde der Club endgültig zur großartig laufenden Partyreihe.

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David Jerina belebt seit rund 20 Jahren das Wiener Nachtleben und bietet auf Mottopartys Ausgelassenheit und Musikliebhaberei. ———— Als professioneller Partymacher ist David Jerina einer der langlebigsten Unterhalter im Wiener Nachtleben. Mit seinen Mottopartys 90ies Club, 2000s Club, 2010s Club und seit einem Jahr auch der Power Disco dominiert er das Nachtleben an den Samstagen im Wiener Loft. Den eigenen Ideen und Überzeugungen, wie der Notwendigkeit von mindestens zwei Floors, ist er dabei über all die Jahre treu geblieben. So wie er von der Balance zwischen Party-Musik und jenen Songs, die ihn selbst begeistern, nicht abrückt. Begonnen hat für den mittlerweile 41-Jährigen alles in seiner Kärntner Heimat. Seine Eltern haben ihn schon als Kind in die Discos und Clubs des Touristenorts Velden mitgenommen, und »die Begeisterung für laute Musik und bunte Lichter hat seitdem nicht nachgelassen«, sagt er selbst. In Erinnerung ist ihm dabei DJ Hansi in der Disco Chic – seine Begeisterung führt er rückwirkend darauf zurück, dass Hansi eben DJ war und »Anfang der 90er-Jahre waren DJs Götter«.

Party als Job Das bei den Partys erworbene Event-Knowhow nutzt David in den letzten Jahren vermehrt auch als Einnahmequelle neben den eigenen Partys: Er veranstaltet Events für Unternehmen oder legt selbst bei Hochzeiten auf. So etwa auch die Jugendwahlkampfpartys von Heinz Fischer 2004 in ganz Österreich.

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Mit Events wie den jährlich stattfindenen Kurt-Cobain-Tribute- und -Coverabenden lebt David Jerina (hier mit Sir Tralala) seine musikalischen Leidenschaften aus.

Und immer wieder kommt der Fan in ihm durch – etwa wenn er als großer Nirvana-Fan seit mindestens 2010 jeden 5. April ein KurtCobain-Tribute mit Coverbands gemeinsam mit Sir Tralala veranstaltet. Da sind dann auch schon Wanda oder auch Voodoo Jürgens aufgetreten, bevor ihr großer Erfolg kam: »Ich bin da streng und will wirklich nur Coverversionen, und Wanda wollten unbedingt einen eigenen Song spielen«, erinnert er sich. Dazu kamen noch weitere Eventreihen mit klar verständlichen Mottos: Es folgte der 2000s Club, der vom Jetzt ins B72 und von dort ins Loft zog, der 2010s Club und zuletzt vor einem Jahr Power Disco. David selbst macht das gut vorstellbar: »Wir spielen hier unten am zweiten Floor den ganzen Abend Nummern, die man sonst nur in den zehn Minuten vor Sperrstunde hört – fürs Weinen.« Die letzten beiden veranstaltet er gemeinsam mit Christoph Hofer*, einem ausgewiesenen Musikenthusiasten. Dieser beschreibt Davids Erfahrung und professionellen Umgang mit den Wünschen und Eventabläufen und erzählt grinsend, dass David wie bei den Coverversionen auch streng sein kann: »Wenn man als DJ bei einer Party eine Nummer aus einem falschen Jahrzehnt spielt, kann es schon sein, dass man einen Rüffel bekommt.«

Keine Berührungsängste Die Power Disco zählt zu Davids persönlichen Lieblingen. Und so wie er bei seinen anderen Partys Wert auf Handwerk legt und DJs auflegen, die sich nicht nur darauf verlassen, dass die größten Hits vom betrunkenen Partypublikum sowieso gefeiert werden, sorgt er hier mit Leuten wie Rodney Hunter oder Antonio La Regina von 88.6. für Abwechslung hinter

dem DJ-Pult. Wichtig ist ihm dabei immer die Balance: ein Floor, der eher hit- und partylastig bespielt wird, und einer mit leicht nischigerer Musik. Musikalische Berührungsängste haben die meisten DJs sowie David selbst keine und im besten Fall versehen sie ihre Tätigkeit mit einem gewissen Augenzwinkern. Eine gastfreundliche Stimmung, die auch Patrick Pulsinger oder Christopher Just gern bei David auflegen lässt. Es geht ihm darum, dass die Leute wegen der Musik kommen: »Damit sich Leute auskennen, müsste ich den zweiten Floor wohl immer FM4-Floor nennen«, erklärt er den Unterschied. Die Marke FM4-Musik sagt eben doch etwas aus. Selbst Christian Schachinger ließ sich 2013 zu zehn Jahren 90ies Club zu folgendem Zitat hinreißen: »Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Cypress Hill oder Rage Against The Machine jemanden zum Tanzen bringen, mit dem ich reden möchte. Heute weiß ich es besser. Danke Weltjugend, danke David Jerina. PS: Und danke für den Wodka.«

Ein feines Netzwerk Über die Jahre hat sich David nicht nur alle Samstage im Loft erspielt, sondern auch ein Stammpublikum, das je nach Club unterschiedlich alt ist. Er will mit den Eintritten immer kalkulierbar und leistbar bleiben und hat vom Wegfall der Vergnügungssteuer wie andere Veranstalter und Locations profitiert. Die meisten seiner Gast-DJs beschreiben David darüber hinaus als akkuraten Planer – er selbst nennt sich da durchaus Perfektionist. Er weiß Wochen im Voraus die Abläufe seiner Events, und die MusikerInnen können sich darauf verlassen, Backstage die gewünschten Getränke vorzufinden: »Wenn wir aufsperren,

* disclaimer: der im text erwähnte christoph hofer steht unter anderem als gesellschafter von monopol in einem naheverhältnis zu the gap.

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ist alles schon erledigt«, meint er. Das macht es einerseits leichter, auf Unvorhersehbares zu reagieren, und zum anderen lässt sich so selbst die Party mit dem einen oder anderen Getränk genießen. Im Laufe der Jahre hat sich außerdem ein feines Netzwerk in Wien ergeben, auch mit Medienleuten, die seine Partys ankündigen und bei manchen Events ihre Lieblingsplatten spielen. Dass er mit seinen Mottopartys nicht vollständig eigenständig agiert, ist ihm dabei vollkommen klar: »Jeder oder jede hat das Recht, eine 90er-Party zu machen – ich ärgere mich aber nur, wenn Leute meine Ideen offensichtlich kopieren und etwa die falsche Schreibweise meines Clubs klauen.« In seine Heimat Kärnten kommt David nur zum Urlauben – musikalisch sind die Events speziell in Velden seiner Meinung nach vollkommen uninteressant: »Da geht es nur darum, Champagnerflaschen zu verkaufen.« Dabei spürt auch er, dass sich das Wiener Studierendenleben verändert hat und es keine Bummelstudenten mehr gibt: »Als wir begonnen haben, waren Donnerstage die besten Abende, heute braucht man unter der Woche nichts mehr versuchen.« Dafür gibt es heute Facebook, das es ihm leichter macht, den Kontakt zu den Gästen zu halten. Wie lange er noch Partys machen kann und will, weiß er nicht. Mit dem ihm eigenen Schmäh lässt er aber keinen Zweifel daran, dass er eigentlich nicht vorhat, an seiner Profession je etwas zu Martin Mühl ändern.

Ende 2017 feiert David Jerina nun eine Menge Jubiläen und eine Premiere: Im November jährte sich Power Disco zum ersten Mal, am 2. Dezember gibt es eine 5-Jahre-Party für den 2000s Club, bei dem unter anderem Max »Moogle« Zeller und Stefan Niederwieser für »Minimalbretter« auf einem dritten Floor sorgen sollen, und zu Silvester wird er das Loft erstmals auf vier Floors mit allen seinen Clubs bespielen.

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10 interessante JungschauspielerInnen im Porträt — Teil 1

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Der Weg auf die Bühne ist kein leichter: Von der Aufnahme beim Schauspielstudium über die intensive Ausbildungszeit bis zur Suche nach einem möglichen Engagement für meist begrenzte Zeit brauchen angehende SchauspielerInnen neben Talent auch viel Ausdauer. In unserer zweiteiligen Fotostrecke porträtieren wir zehn aufstrebende DarstellerInnen, die in dieser Saison auf ganz unterschiedlichen Bühnen in Wien zu sehen sind

und uns an ihrer Lust und Leidenschaft, aber auch an den Downsides ihres Jobs teilhaben lassen: Was gibt ihnen in ihrem Beruf Sicherheit, was bedeutet Erfolg in der Branche und was macht stolz? Bei der Auswahl der zehn KünstlerInnen stand nicht nur Erfolg, sondern vor allem Diversität im Fokus. Im ersten Teil unserer Reihe zeigen wir Kaspar Locher, kürzlich ausgezeichnet mit dem DorotheaNeff-Preis in der Kategorie »Bester schau-

spielerischer Nachwuchs« und zu sehen auf der Bühne des Volkstheaters in »Kasimir und Karoline« und »Hangmen«, Dolores Winkler, die derzeit am Schauspielhaus Wien auf der Bühne steht, Hanna Binder, aktuell unter anderem im Volkstheater als »Stella« im gleichnamigen Stück zu sehen, Michaela Bilgeri, Mitglied des Aktionstheater Ensembles und die Schauspielerin und Performancekünstlerin Nora Pider. Catherine Hazotte

KASPAR LO CHER Für Kaspar Locher ist der beste Ort, um sich zu verstecken, unter Wasser, denn dort hört man zumindest niemanden. Dieses Jahr wurde er mit dem Dorothea-Neff-Preis in der Kategorie »Bester schauspielerischer Nachwuchs« ausgezeichnet. Der Reiz an der Schauspielerei ist es für ihn »Menschen beobachten, kennenlernen und so etwas über das Menschsein erfahren«. Der gebürtige Schweizer studierte an der Hochschule für Künste in Zürich Schauspiel und ist seit der Spielzeit 2015 festes Mitglied im Ensemble des Volkstheaters und derzeit in »Höllenangst« und in der Bearbeitung von George Orwells Roman »1984« auf der Bühne zu sehen

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Alexander Gotter

Was bedeutet Erfolg für dich? Irgendwie hat man es ja immer ein bisschen in sich drin, dass man gemocht und anerkannt werden will. Als Schauspieler bestimmt ganz speziell auch noch, da man es sich ja ausgesucht hat, sich dort hinzustellen und bewertet zu werden. Sicherlich ist es ein Erfolg, wenn man für Rollen, die man spielen möchte, positiv bewertet wird. Auf der anderen Ebene denke ich, dass es auch ein großer Erfolg ist, sich bei seiner Arbeit treu zu bleiben und authentisch zu sein und zu den Leuten zu stehen, mit denen man einen gemeinsamen Weg geht. Wie würdest du das Gefühl beschreiben, wenn du auf der Bühne stehst? Oft bin ich kurz davor extrem müde, vor allem wenn ich nervös werde. Am liebsten würde ich mich dann hinlegen und schlafen. Natürlich ist dieser Moment nur ganz kurz, der dann gefolgt wird von einer erhöhten Energie und Aufmerksamkeit. Man bekommt sehr viel mit von seinen Schauspielkollegen, aber auch aus dem Publikum. Welches versteckte Talent hast du noch? Ich habe erst letztes Jahr durch Zufall entdeckt, dass ich gar nicht so schlecht tanzen kann, als wir für eine Produktion ein Youtube-Video von Beyoncé nachgetanzt haben. Da habe ich gemerkt, dass ich wirklich Swag habe.

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D OLORES WINKLER »Das Beste an der Schauspielerei ist die Bezahlung«, sagt die Oberösterreicherin Dolores Winkler und lacht dabei mit tiefer Stimme laut und ansteckend. Nach ersten Erfahrungen in einem Sprechchor in Linz studierte sie an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart. Schauspielerei bedeutet für sie bis zu einem gewissen Punkt auch Geschichten erzählen – eine ihre Leidenschaften. Derzeit steht sie auf der Bühne des Schauspielhaus Wien in »Diese Mauer fasst sich selbst zusammen und der Stern hat gesprochen, der Stern hat auch was gesagt«. Was war bisher die größte Herausforderung für dich? Für mich ist die größte Herausforderung, mit Leuten umzugehen, die einem nicht wohlgesinnt sind. Das ist sicherlich das schwierigste. An welchen besonderen Moment deiner Karriere kannst du dich gut erinnern? Ich kann mich noch besonders gut an den ersten Szenenapplaus in der Schauspielschule erinnern. Das ist mir auf jeden Fall im Gedächtnis geblieben und es war echt super. Was bedeutet Erfolg für dich? Im ersten Moment denkt man an Preise – aber das ist es eigentlich nicht. Dass ich mir finanziell keine Sorgen machen muss und ich weiß, was in den nächsten Jahren auf mich zukommt, das wäre für mich schon ein Erfolg.

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MICHAELA BILGERI Das besondere an der Schauspielerei für Michaela Bilgeri: »Das Zusammenspiel von Kopf und Geist – dass man sich nix scheißt und dabei kein Arschloch ist.« Den Weg auf die Bühne fand sie zufällig, wie sie erzählt: »Ich habe zufällig ein Plakat einer Schauspielschule gesehen und mich ohne nachzudenken dort angemeldet und wurde genommen.« 2016 war sie in der Produktion »Kein Stück über Syrien« des Aktionstheater Ensembles im Werk X zu sehen, das den Nestroypreis für die beste Off-Produktion gewann. Wichtig ist ihr vor allem aber auch Abwechslung: Neben ihren Engagements ist sie Chefredakteurin des Landjäger Magazins, im Rahmen dessen organisiert sie auch das Kürzestfilmfestival, außerdem schreibt sie für das Falter-Magazin Best of Vienna. Hast du deine Entscheidung jemals in Frage gestellt? Nein. Aber ich habe es zuhause nicht sofort erzählt und mir eine eigene Probezeit von drei Monaten gegeben, um mir absolut sicher zu sein, dass ich das auch will. Gibt es ein verstecktes Talent, dass du neben der Schauspielerei noch hast? Ich bin eine sehr gute Kellnerin. Ich bin sehr organisiert bei solchen Arbeiten und kann das auch sehr gut. Da kommt sicherlich von den Computerspielen, die ich sehr gern mag – wo man so Sachen ordnen muss wie zum Beispiel Tetris.

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Was war die größte Herausforderung in deiner Laufbahn? Eigentlich alle Arten von Vorsprechen. Ich hasse Vorsprechen wie die Pest. Das liegt vor allem auch daran, dass ich nicht weiß, was das Gremium haben will und was sie für eine Performance erwarten. Ich kann auch sicherlich eine Woche davor nicht mehr schlafen kann. Aber das kommt natürlich immer darauf an – wenn man gemeinsam an einem Dialog arbeitet, das liebe ich und mache ich sehr gerne.

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HANNA BINDER Die in Rumänien geborene Hanna Binder fand durch Zufall zur Schauspielerei: An ihrer Universität stieß sie auf eine Performance-Gruppe mit Marina Abramovic, die sie inspirierte. Nach dem Studium an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch war sie an verschiedenen Häusern in Deutschland, der Schweiz und Österreich zu sehen. Aktuell spielt sie die Hauptrolle in »Stella« im Volkstheater, im Sommer war sie in »Me Are The World« im Werk X zu sehen. Ihre Inspiration findet Hanna Binder in verkaterten Grenzzuständen, neben der Schauspielerei tobt sie sich in eigenen Produktionen als Regisseurin aus. Auf was bist du stolz? Stolz zeugt ja auch immer von einem guten Selbstbewusstsein, wenn man sagen kann, dass man eine bestimmte Sache jetzt gut erledigt oder gemeistert hat. Ich liebe das, was ich mache, und ich könnte sicherlich auch sagen, dass ich stolz darauf bin, immer wieder eine große Leidenschaft für etwas entwickeln zu können. Ich liebe es, mich immer wieder in Neues hineinstürzen zu können und dass ich eine solche Hingabe dafür habe. Welches versteckte Talent hast du, neben dem für die Schauspielerei, noch? Ich habe ganz absurde Talente wie Spagetti durch die Nase ziehen, und ich mag Mathe. Allerdings weiß ich nicht, ob es ein Talent ist, gut rechnen zu können. Ich kann sicherlich auch gut zweifeln.

»Wenn man Erfolg mit Geld in Zusammenhang bringen möchte, lässt sich sicher sagen: Mehr Geld wäre schön.« — Nora Pider

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Wann zweifelst du an dir? Ich zweifle oft an mir. Man stellt sich ständig selbst in Frage – aber das gehört zum Leben dazu. Wie glücklich sein gehört auch der Zweifel dazu. Alle Zweifel verschwinden bei mir vor allem dann, wenn ich mit guter Musik durch die Straßen gehe und mir vorstelle, ich wäre in meinem Musikvideo.

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Kunsthalle Wien

Museumsquartier #Hecker 17/11 2017–14/1 2018

NORA PIDER Nora Pider ist Schauspielerin, Performance-Künstlerin und Musikerin. Die Freiberuflerin aus Brixen in Südtirol studierte an der Schauspielschule Krauss und absolvierte eine Tanzpädagogik-Ausbildung an der Konservatorium Wien Privatuniversität. Im Zentrum ihrer Arbeit steht vor allem ein physisches Konzentrat aus Tanz, Schauspiel und Performance. Zu sehen war sie bisher etwa im Dschungel Wien, im letzten Jahr im Theater Spielraum sowie mit ihrer Performance-Gruppe VonPiderZuHeiss. Derzeit tauscht sie als Mitglied der Dreampop-Band Anger die Theaterbühne immer öfter gegen die Konzertbühne. Was war bisher deine größte Herausforderung? Die größte Herausforderung ist sicherlich die Freiberuflichkeit, die man zu meistern hat. Man muss ständig um Wertschätzung kämpfen. Wichtig ist es, dass man hier dranbleibt – vor allem wenn es mal nicht so gut läuft. Hast du neben der Schauspielerei noch andere Talente? Ich bin neben der Schauspielerei auch Performancekünstlerin. Ich mache regelmäßig konzeptuelle Solostücke. Meistens habe ich in diesem Zusammenhang eine Residency und arbeite ein halbes Jahr lang an einem bestimmten Thema. Meistens sind das sehr feministische Themen – wie die Rolle der Frau in der Gesellschaft. Durch Körper und Sprache werden diese unterschiedlichen Themen abstrahiert.

Florian Hecker ist Künstler, der mit synthetischen Sounds akustische Erfahrungsräume schafft und den Hörprozess des Betrachters als Material einsetzt. Seine computergenerierten, räumlichen Kompositionen dramatisieren Fragestellungen der Psychoakustik, objektiv-physikalischer Reize und deren individueller, psychischer wie physischer Wirkung. Der Ausstellungsraum der Kunsthalle Wien präsentiert sich im Rahmen von Halluzination, Perspektive, Synthese als Aufführungsort, Resonanzraum und Bühne für Klangereignisse, die sich einer sprachlichen Beschreibung und Kategorisierung entziehen. Termine Kuratorinnenführung Di 28/11 2017 & 9/1 2018, 18 Uhr Die Kuratorin der Ausstellung, Vanessa Joan Müller, bespricht die Zusammenhänge und Hintergründe der Ausstellung. kunsthallewien.at

Zweifelst du manchmal an dir? Das macht sicherlich jeder. Vor allem in den Momenten, in denen man für eine bestimmte Rolle nicht genommen wird. Aber das macht einen ja auch alles nur noch stärker und man kann aus diesen Situationen lernen.

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Credit: Florian Hecker, FAVN, processed performance still, Courtesy the artist; Original photography © Alte Oper Frankfurt, Norbert Miguletz, 2016

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Kulturkampf in Oberösterreich Kennst du das Land, wo Nirvana erstmals in Österreich aufgetreten sind? Das mit dem Kino Ebensee im Tourkalender mancher Indie-Größen auftaucht? Wo zwischen musikalischer Bildung, katholischem Umfeld und auf zahlreichen Bühnen im Hinterland Popphänomene erwachsen? Dessen Regiolekt vom Hamburger Hafen bis zum Wiener Praterstern Sprachbarrieren bricht? Wo die Kulturszene um ihre Zukunft bangt? Edith Huemer über die Rettung des Kulturlandes Oberösterreich.

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Ob der Enns den Gürtel enger schnallen Ein Blick nach Oberösterreich lohnt sich dieser Tage. Subkultur und Hochkultur, Volkskultur und zeitgenössische Kultur, E- und U-Musik, globale Kultur und Heimatpflege, Goldhaubenfrau und Riot Grrrl: Sie alle sind Leidensgenossen und -genossinnen und dabei, eine Allianz zu bilden. Seit 2015 regieren ÖVP und FPÖ im Land ob der Enns mit einem Arbeitsübereinkommen gemeinsam. Nach mehr als zwei Jahrzehnten hat Josef Pühringer 2017 das Amt des Landeshauptmanns an seinen Nachfolger Thomas Stelzer übergeben. Dieser kündigte eine »neue Zeit« an. Mit dem geplanten Budget für 2018 wird die vermeintlich neue Politik nun in Zahlen gegossen. Die Finanzkrise glaubt man überstanden, die Wirtschaft wächst wieder. Man setzt jetzt aufs Sparen: auf einen schlanken Staat (geringe Abgabenquote) und auf Schuldenabbau. So werden die geplanten Kürzungen und Umschichtungen zumindest mehrheitlich rezipiert. Die Sparpolitik bestimmt den Diskurs. Während bei der Kultur empfindliche 6,7 Millionen Euro gekürzt werden, gibt man im Sicherheitsressort zehn Millionen mehr aus.

»Hätten sie halt was Gescheites gelernt.« Letzte Rettung Das Land Oberösterreich hat einen Kulturauftrag. Diesen erfüllt es einerseits mit den landeseigenen Institutionen – den Landesmusikschulen, der Anton Bruckner Privatuniversität, den Museen, der Landesausstellung, der Landesbibliothek und dem Landestheater. Ergänzend fördert das Land gemeinnützige Vereine, die flächendeckend dazu beitragen,

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den Kulturauftrag zu erfüllen – mit zehntausenden Engagierten und unzähligen ehrenamtlich geleisteten Arbeitsstunden. Das sind: Volkskultur, Blasmusik, und Kulturinitiativen bis in den hintersten Winkel des Landes sowie Kunstschaffende verschiedener Sparten (Literatur, Film, Bildende Kunst, Theater, Kirche). Die Budgets der landeseigenen Einrichtungen werden für manche Häuser aufgestockt, bei anderen bis zu sechs Prozent gekürzt. Die zivilgesellschaftlichen Akteure und Akteurinnen tragen die Hauptlast der geplanten Kürzungen – wir sprechen hier von insgesamt minus 30 Prozent, manche Bereiche trifft es mit minus 35 Prozent. Das betrifft auch das Crossing Europe in Linz. Christine Dollhofer leitet das Festival für europäisches Kino. Sie fragt sich: »Was haben wir denn falsch gemacht? – Nicht nur, dass die Zuwendungen in den letzten Jahren sukzessive stagnierten – von einer Wertanpassung ganz zu schweigen. Wir Kulturvermittler*innen haben ohnehin sparsamst und erfindungsreich gearbeitet und weisen auch ernstzunehmende volkswirtschaftliche Effekte vor. Uns wurde ob der Finanzkrise und Konjunkturschwäche Nachsicht auferlegt – sollen wir jetzt nochmals den Gürtel enger schnallen?«

»Das brauchen wir eh nicht, warum sollen wir denen tausende Euro geben.« #kulturlandretten Die Kürzungen von unzähligen ehrenamtlich Engagierten und sehr prekär Arbeitenden treffen auf Widerstand. Mehr als 10.000 Menschen sind bereits dem Aufruf der Kulturplattform Oberösterreich gefolgt und haben auf kulturlandretten.at eine Petition an das Land Oberösterreich unterschrieben. Zahlreiche Kulturaktivisten und -aktivistinnen aus dem Umfeld des Röda in Steyr haben Landeshauptmann Stelzer bei der Eröffnung einer neuen Steg- und Hanggarage mit Transparenten empfangen: »Brücken bauen – Ja! Kultur beschneiden – Nein!« Bei der Eröffnung der Langen Nacht der Bühnen in Linz wurde Stelzer sogar ausgebuht. Eine Bewegung wurde angestoßen.

»Wer braucht das schon?« Avantgarde und Status quo Gerne bemüht die schwarz-blaue Landesregierung den Vergleich zu Wien als Negativfolie. Im Gegensatz zur roten Bundeshauptstadt werde man in Oberösterreich Schulden abbauen. 22 Millionen Euro investiert das Bundesland, um die Regionen mit Breitbandinternet zu versorgen. So will es sich ein progressives Antlitz verpassen. Doch Breitbandinternet allein hält die Jungen nicht von der Abwanderung ab. Die neu eingeführten Gebühren für den Nachmittagskindergarten ermutigen junge, gebildete Frauen nicht dazu, im Dorf zu bleiben.

»Sollen sie sich halt Sponsoren suchen!« Etliche Kulturaktivisten und -aktivistinnen wären hungrig auf eine Auseinandersetzung mit Kultur und Kulturpolitik. Welche Rolle kann Kultur in schrumpfenden Gemeinden spielen? Welche Wechselwirkungen gibt es zwischen Kreativwirtschaft und Kunstszene? Welche Bedeutung kann Netzkunst für die demokratische Öffentlichkeit haben? Für solche Fragen findet man in der oberösterreichischen Landesregierung kein Gegenüber. Stattdessen kämpfen zeitgenössische KulturarbeiterInnen gemeinsam mit der Volkskultur und den landeseigenen Institutionen um den Erhalt des Status quo.

Edith Huemer leitet die KUPFzeitung, das vierteljährliche Magazin der Kulturplattform Oberösterreich.

Claudia Lomoschitz

»Jetzt schreien sie wieder, dass sie zu wenig Geld haben!«

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Aktuelle Projekte aus dem Medienhaus Monopol

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Nachdem durch die Awareness-Kampagne »1 Like 1 Baum« im Sommer 2017 5.253 Bäume in Äthiopien gepflanzt werden konnten, konzipiert die Monopol-Tochtergesellschaft Biorama aktuell eine Conversion-Kampagne für den Spendenshop der NGO Menschen für Menschen. Ziel der Aktion ist es, schenkend zu helfen und damit eine Alternative zu einem weiteren Weihnachtsfest mit Geschenken, die ohnehin niemand braucht, zu bieten.

Das kürzlich erschienene 128-seitige Magazin Kurier Medico Psyche ist nur ein Beispiel für die erfolg- und umfangreiche Zusammenarbeit zwischen Monopol, dem Kurier und Multimedia Partners. Monopol übernimmt regelmäßig die Content-Erstellung für redaktionelle Projekte – von der 48-seitigen Hochglanz-Ummantelung aus dem Businessbereich über Magazine im Gesundheitssegment bis hin zur ganzjährigen Themenserie im Hauptblatt.

Unser Beitrag: Konzeption

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Being A Band

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THEMENSPECIAL

036 040 Musikschaffende mit Kindern Klischees Wie familienkompatibel ist eine Musikkarriere? Violetta Parisini und Thomas Jarmer erzählen im Interview, warum die Musik nicht immer Vorrang hat.

Wir konfrontieren fünf österreichische Bands mit klassischen Klischees à la »Der Bassist ist immer der Langweilige in der Band«.

042 044 Interview mit Harry Fuchs Das ultimative Band-ABC Wir erklären dir von A wie Amadeus Award bis Z wie Zugabe, was du als Band wissen musst.

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Der Musikfonds-Geschäftsführer erklärt, warum wir uns in Sachen Musikförderung ein Beispiel an Skandinavien nehmen sollten.

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Being A Band

THEMENSPECIAL

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Violetta Parisini und Thomas Jarmer im Interview Mit Kind und Pegel

Singer-Songwriterin Violetta Parisini und Garish-Frontman Thomas Jarmer sprechen offenherzig über Vereinbarkeit von Musik und Familie, durch Schlafentzug bedingtes Zombiestadium und andere Schattenseiten der kleinen Sonnenscheine. ———— Es wird geschrien und gebrüllt. Richtig laut geht es stellenweise in der Grünen Hütte zu, einem Café-Restaurant am Rande des Wiener Praters. Violettas zweijährige Tochter wird mit Mannerschnitten bestochen, der vier Monate alte Sohn von Thomas hält nicht lange still im Maxi-Cosi und wird von seiner Mutter umsorgt. In Summe sehr stimmig für ein Gespräch über Musikschaffen und Nachwuchsfragen. Was bedeutet es für euch persönlich, Mutter oder Vater zu sein? thomas: Großer Wille zur Geduld. Aber an und für sich, um es blumig zu sagen: ein bisschen der Reiseleiter zu sein. Es geht schlussendlich darum, ein gewisses Maß an Orientierung zu bieten. violetta: Ich finde das Bild des Reiseleiters großartig. Für mich ist immer wieder die Gratwanderung schwierig, Regeln aufzustellen oder Wertvorstellungen zu vermitteln und gleichzeitig die Kinder sie selbst sein zu lassen, ihnen ihren Willen nicht zu nehmen. Meine Kinder haben beide einen sehr starken Willen, und das ist großartig, das wird ihnen viel bringen im weiteren Leben. Bevor man Eltern wird, hat man neun Monate Zeit, sich darauf vorzubereiten – was ist denn anders eingetreten, als ihr es euch vorgestellt habt? violetta: Alles! thomas: Man hört viel von anderen, wie

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»Nach der Geburt meiner zweiten Tochter habe ich beim ersten Konzert gemerkt, dass es sich nicht mehr ausgeht.« — Violetta Parisini

es sein kann, wenn es einen selber betrifft, ist es von der Rolle her etwas völlig anderes. violetta: Für mich war es diese totale Angewiesenheit auf andere, das erste Mal vielleicht seit meiner Kindheit. Ich habe einfach Hilfe gebraucht, ich habe gewusst, »da kommst du alleine nicht durch«, und das so vorher noch nie erlebt. Meine erste Geburt war wirklich furchtbar, die Hilflosigkeit, die Schmerzen, es war eigentlich schrecklich. Das Körperliche hat mich ziemlich umgehauen, hat mich auch psychisch sehr beschäftigt. Und die Tatsache, dass man danach keine Zeit mehr hat – für sich. Als Frau noch viel extremer, wenn du stillst. Du bist einfach lange nicht mehr alleine mit dir selbst. Was ging bei euch musikalisch nach der Geburt der ersten Kinder weiter? violetta: Ich habe mein zweites Album zwei Monate vor meiner ersten Geburt herausgebracht. Unsere größere Tochter war kein geplantes Kind, sonst hätten wir das anders gemacht. Drei Monate nach der Geburt habe ich in Deutschland mein erstes Konzert gespielt. Da ist mein Mann einfach mitgekommen, wir sind durch die Lande getingelt und ich habe gespielt. Ich habe sogar ein bisschen geschrieben. Nach der Geburt meiner zweiten Tochter habe ich aber beim ersten Konzert

gemerkt, dass es sich einfach nicht mehr ausgeht. Da war mir klar, ich muss Pause machen. Jetzt ist die Kleinere im Kindergarten, und ich freue mich über die Zeit, wieder schreiben zu können. Dass ich jetzt wieder mit neuem Material auf die Bühne gehen kann, macht mich sehr froh. thomas: Das ist in der ersten Phase gar nicht möglich gewesen. Ich bin in einem Zombiemodus unterwegs gewesen, bin permanent an irgendwelche Gegenstände angestoßen vor lauter Schlafentzug, gegen den Türstock gelaufen, weil ich dieses Körpergefühl und diese Präzision verloren habe. violetta: Ja, das kenne ich! thomas: Es geht um ein Zurückfinden zu einer Tätigkeit, die mit einem inneren Auftrag verbunden ist, wie es beim Musikmachen der Fall ist – und gleichzeitig mit einem Auftrag von außen verbunden ist, wenn es darum geht, ein Album fertig zu machen. Ich war fast ein Jahr zuhause bei unserem ersten Kind und habe sehr viel mit einer Hand am Kinderwagen geschrieben, beim Spazierengehen. Einen Großteil des vorletzten Albums (»Trumpf«) habe ich auf diese Weise geschrieben, das hat mich selbst überrascht. Wie unterscheidet sich das vorletzte Album von den vorhergehenden? thomas: Es ist viel aggressiver. Wie hat sich deine Musik verändert, Violetta? violetta: Bei mir ist die Musik düsterer geworden. Ich habe früher viel Inspiration aus der Suche nach einer Art von Ankommen geschöpft, und angekommen bin ich vorläufig. Deshalb haben sich die Themen geändert. Ich habe immer viel gezweifelt, ob das, was ich

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Violetta Parisini ist Singer-Songwriterin. Zu Beginn ihrer Karriere gewann sie mit Mieze Medusa den FM4-Protest-Songcontest, dem folgten u. a. zwei Albumveröffentlichungen und eine Nominierung für den Amadeus Music Award. 2014 kuratierte sie mit Wolfgang Schlögl das Popfest am Wiener Karlsplatz. Mit ihrem Mann, dem Musiker Sixtus Preiss, hat sie zwei Töchter, zwei und fünfeinhalb Jahre alt. Sie leben in Wien.

mache, sinnvoll ist. Und das fragt man sich umso mehr, je mehr man sich mit großen Ereignissen wie Geburt oder Tod auseinandersetzt. Wie haben sich deine Kinder auf das Bandleben bei Garish ausgewirkt? thomas: Im Verbund von uns vieren war ich der Erste, der ein Kind bekommen hat, und auch jetzt der Erste, der ein zweites bekommen hat. Der Erklärungsbedarf war immens groß, warum die Laune nicht immer so gut be-

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ziehungsweise die Haut etwas dünn ist. Unsere Hebamme hat treffend gemeint: Das erste Kind ist immer der Schneepflug, das macht den Weg für alle anderen frei, und so war es auch in der Band. Jetzt haben alle Kinder und das Verständnis für schlaflose Nächte ist bei allen da. Außerdem gibt es vor allem eine viel größere Verbindlichkeit, was Probentermine und dergleichen anbelangt. Wir arbeiten viel effektiver als früher, viel konzentrierter. Wir drehen bei der Arbeit am Album viel weniger

unnötige Runden, bis wir auf den Punkt kommen. Wenn wir auf Tour fahren, sind wir nicht mehr länger als drei Tage von zuhause weg. Violetta, dein Mann Sixtus Preiss ist ja auch Musiker … violetta: … und das ist wirklich sehr gut, weil wir beide uns unsere Zeit einteilen können. Was schwierig ist, nicht nur für Musiker, sondern auch andere Künstler und Selbstständige: Wenn man seine Arbeit aus seiner eigenen Quelle schöpft und einem niemand

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Thomas Jarmer ist seit 20 Jahren Sänger und Texter von Garish und war mit der Band u. a. für sieben Amadeus Awards und einen MTV Award nominiert. Mit seiner Frau hat er einen sechsjährigen und einen vier Monate alten Sohn. Die Familie lebt in Wien.

sagt, dann und dann muss etwas fertig sein, ist schnell immer etwas anderes wichtiger – und in meinem Fall sind das eben die Kinder. Das ist mein größtes Problem, wenn man so will, seit ich Kinder habe – die Kinder sind mir immer wichtiger als die Musik, die Musik leidet darunter. Diese Priorität setze ich nicht so klar, das passiert einfach. Wie schaut euer Kinderbetreuungsnetzwerk aus, habt ihr Großeltern im Einsatz? thomas: Meine Mutter kommt einmal in der Woche nach Wien. Unser Großer und sie sind ein super Gespann. Das ist uns auch sehr wichtig zu wissen, dass er gerade gut aufgehoben ist und nicht bei einer Babysitterin, die wir kaum kennen. violetta: Wir haben glücklicherweise unsere Familien in Wien, und unsere Kinder verbringen viel Zeit mit ihren Großeltern und unseren Geschwistern und deren Familien. So viel Zeit und Hingabe könnten wir einem Babysitter nie bezahlen.

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Was sagen die Kinder zu eurer eigenen Musik? thomas: Bei Konzerten im Sommer, wo der Große mit war, war er die ersten fünf Minuten immer sehr begeistert und aufgeregt, dann war etwas anderes wichtiger. Ich hatte in Jugendjahren die naive Vorstellung, dass meine Kinder eines Tages auf einem verstaubten Dachboden alte Fotoalben von mir finden und sagen: »Da schau her, der Papa war früher ein wilder Hund und hat in einer Band gespielt.« Und tatsächlich ist nun die Musik, die Band ein sehr präsenter Teil in unserem Leben. violetta: In letzter Zeit habe ich ein paar deutsche Lieder geschrieben. Eines davon beginnt mit »ich geh mir verloren«, das hat die Große nicht verstanden, und so reden wir dann über die Textzeilen. Was nicht einfach ist, einer Fünfjährigen so abstrakte Sachen näherzubringen. Das gibt auch mir eine andere Sicht auf die Texte.

Was sagt ihr, wenn eure Kinder selber MusikerInnen werden wollen? violetta: Ich wünsche mir, dass meine Kinder etwas machen, wofür sie brennen und wovon sie gut leben können. Ich habe selber sehr lange gebraucht, bis ich mich getraut habe, überhaupt Musik zu machen. Ich würde ihnen wünschen, dass sie nicht so viel zweifeln und auf ihr Herz hören. Ob das jetzt Musik ist oder Investmentbanking, ist mir eigentlich wurscht. Wobei, Investmentbanking, I don’t know … thomas: Ob sie jetzt später Musik machen oder nicht – sie sollen etwas machen, das zu ihrer Persönlichkeit passt. Etwas, das ihrer Persönlichkeitsentwicklung förderlich ist. violetta: Egal, was man macht, es ist immer mit vielen Umwegen verbunden. Das ist auch gut so, und diese Umwege sollten wir unseren Kindern auch zugestehen.

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F & M A

Wir wünschen der neuen Regierung viel Erfolg!

„Das Weisse Band“ Standbild mit freundlicher Genehmigungder Wega Film. © 2009

Und übrigens: Die Investition in österreichische Film- und Musikkultur ist eine Investition in die Zukunft! ! Unsere Ideen zu zeitgemäs sen Rahmenbedingungen für die Musikwirtschaft finden sie auf www.filmandmusicaustria.at

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Film und Musik. Handgemacht. www. filmandmusicaustria.at www.facebook.com/filmandmusicaustria

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Being A Band

THEMENSPECIAL

MusikerInnen über Bandklischees Rock ’n’ Roll Lies Irgendwo zwischen exzessiver Berauschung im Tourbus und lauschigem gemeinsamem Jammen am Lagerfeuer liegt sehr häufig die allgemeine Vorstellung vom MusikerInnenalltag. Wir haben vier österreichische Bands gebeten, diese Schubladen doch einmal für uns aufzuräumen und mitzuhelfen, Klischee und Wirklichkeit zu trennen.

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Liebe und Verlassenwerden sind unerschöpfliche Reservoire für Song-Inhalte. Vielleicht für Männer, die nix G’scheites g’lernt haben, nicht für uns. Habts leicht nix G’scheits g’lernt? Jein, sonst würden wir mehr Konzerte spielen und hätten mehr Geld, wenn wir nicht nebenbei lernen oder arbeiten würden. Die beste Musik entsteht, wenn man gemeinsam ein bisschen traurig ist. Ein guter Grund zum Traurigsein wäre jedenfalls die Kurz-Anzeige im letzten The Gap. Der Bassist / die Bassistin ist immer der / die Fade in der Band. Absolut, die fahren auch immer Auto und trinken deshalb nichts. Nein, ganz im Ernst, Kim Gordon war immer die coolste Person bei Sonic Youth, so wie auch Kim Deal bei den Pixies. Bassistinnen sind auf jeden Fall nicht fad.

»Because«, das Debütalbum von Aivery, ist bei Siluh Records erschienen.

Dives 1

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Liebe und Verlassenwerden sind unerschöpfliche Reservoire für Song-Inhalte. Ja eh. Aber das gilt grundsätzlich für jede tiefere Gefühlsempfindung, oder? Habts leicht nix G’scheits g’lernt? Hören wir nicht sehr oft. Niemand macht bei uns »nur« Musik. Die Leute beeindruckt eher, dass wir neben unseren »normalen« Leben so viel Zeit und Leidenschaft in dieses Projekt stecken. Die beste Musik entsteht, wenn man gemeinsam ein bisschen traurig ist. Wir sind definitiv häufiger gemeinsam glücklich als traurig. Und wenn man mal traurig in die Probe kommt, dann wird man am besten durchs gemeinsame Musikmachen aufgeheitert. Eigentlich entstehen genau so unsere schönsten Songs. Der Bassist/die Bassistin ist immer der/die Fade in der Band. Dem können wir nur widersprechen, die Bassistin zieht öfters mal die Fäden bei uns.

Dives haben vor Kurzem ihr Debütalbum veröffentlicht.

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Farewell Dear Ghost 1

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Liebe und Verlassenwerden sind unerschöpfliche Reservoire für Song-Inhalte. Natürlich. Zu diesem Thema wird vermutlich nie alles gesagt worden sein. Es ist nur auf Dauer ein bisschen fad, immer dieselbe Leier um die Ohren gehauen zu bekommen. Ich verstehe eh nicht, warum niemand einen Song über die Kontinentaldrift oder über einen der 69 Monde des Jupiters schreibt. Habts leicht nix G’scheits g’lernt? Der Rock ’n’ Roll ist definitiv »g’scheiter« als alles andere. Der wird ja eigentlich auch gar nicht gelernt, es ist eher eine endlose Suche. Wir lernen das Leben. Das muss erst mal reichen. Die beste Musik entsteht, wenn man gemeinsam ein bisschen traurig ist. Auf jeden Fall. Es gibt ja genügend Beispiele auch aus der zeitgenössischen Popkultur, wo jemand im Zustand des Glücklichseins einen ziemlich bedeutungslosen Mist produziert hat, während hingegen bei großer Trauer auch große Kunstwerke entstehen können. Wobei natürlich große Traurigkeit nicht per se große Popkunst bedingt. Nur weil dein Hamster gestorben ist, heißt das nicht, dass du das nächste »Sgt. Pepper« schreiben wirst. Der Bassist ist immer der Fade in der Band. Auch das ist mitnichten ein Klischee. Das ist ein Fakt. Auch hier wieder: Es gibt genügend Beispiele aus der Popkultur. Ich kann mir nicht vorstellen, dass John Entwistle jemals viele Witze erzählt hat. Oder die Rolling Stones, die haben ja nicht mal einen Bassisten. Zumindest kennt ihn keiner.

Farewell Dear Ghost sind momentan mit ihrem neuen Album »Neon Nature« auf Tour.

Flut

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Liebe und Verlassenwerden sind unerschöpfliche Reservoire für Song-Inhalte. Also unerschöpflich ist das Reservoir bestimmt nicht. Aber es stimmt auf alle Fälle, dass für uns große Gefühle wie Liebe, Trauer und Wut ideale Triebfedern für kreative Prozesse sind. Habts leicht nix G’scheits g’lernt? Das können wir weder bestätigen noch dementieren. Die beste Musik entsteht, wenn man gemeinsam ein bisschen traurig ist. Bei uns ist das absolut nicht der Fall. Wir sind am produktivsten, wenn die Stimmung fröhlich, locker und entspannt ist. Dann sind wir als Kollektiv kreativ. Der Bassist ist immer der Fade in der Band. Wenn man den unseren näher kennenlernt, ist er eigentlich ganz lustig.

Flut beginnen am 27. November ihre Süd-Ost-Tournee durch Deutschland.

Stereoface

Anna Breit, Tina Bauer, Christoph Liebentritt

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Liebe und Verlassenwerden sind unerschöpfliche Reservoire für Song-Inhalte. Absolut. Schwärmen und Jammern ist menschlich und speziell Songschreiber neigen dazu, dem eigenen Leid zu frönen. Es muss ja nicht unbedingt gleich à la Morrissey sein. Habts leicht nix G’scheits g’lernt? Doch … aber wir wollen halt nix G’scheits machen. Die beste Musik entsteht, wenn man gemeinsam ein bisschen traurig ist. In unserem Fall eher, wenn man gemeinsam ein bisschen zornig ist und dann auch als gehemmter, ausgewachsener Mensch wieder mal einen kindlichen Wutanfall erleben kann. Der Bassist ist immer der Fade in der Band. 4 Saiten sind halt weniger als 6.

»Jaws«, das neue Stereoface-Album, ist am 3. November bei Phonotron erschienen.

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THEMENSPECIAL

Musikfonds-Geschäftsführer Harry Fuchs im Interview

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In einem Angebotspapier an die neue Bundesregierung fordert der zuständige Fachverband der WKO zeitgemäße Rahmenbedingungen für die Film- und Musikwirtschaft. Mitautor Harry Fuchs über die zunehmend prekäre Einkommenssituation einer gesamten Branche, die Vision vom Musikexportland Österreich und darüber, was Schweden von ABBA gelernt hat. Musik aus Österreich ist zurzeit sehr erfolgreich – sowohl hierzulande als auch international. Man könnte denken, vieles läuft gut. Wo liegen aktuell die größten Probleme und wieso sollte gerade jetzt mehr in Fördermaßnahmen investiert werden? Im Bereich der Musik gestalten sich die Rahmenbedingungen nicht zuletzt aufgrund der dramatischen Marktentwicklungen der vergangenen 20 Jahre äußert problematisch. Musikproduktion ist aus sich heraus in den meisten Fällen durch die Verkäufe nicht mehr refinanzierbar, die Einkommenssituation der MusikerInnen, aber auch der BranchenteilnehmerInnen in den Labels, Agenturen und Verlagen wird zunehmend prekärer. Eine Musikproduktion auf konkurrenzfähigem, internationalem Qualitätsniveau bedarf daher einer finanziellen Unterstützung, wie sie durch den Österreichischen Musikfonds angeboten wird. Der Markt hat sich sowieso gedreht – war früher ein Album der Hauptumsatzträger, so dominiert heutzutage das Livegeschäft. Die Top-Acts in den USA generieren teilweise über 90 Prozent ihrer Einkünfte aus dem Touring. Und die Top-Acts sind es auch, die hierzulande den Livemarkt dominieren. Wegen der teuren Ticketpreise ist das Haushalts-Entertainment-Budget durch den Besuch einiger weniger Festivals oder Großkonzerte aufgebraucht. Kleinere Acts tun sich da schwer, am Kuchen mitzunaschen. Um letztendlich eine

kritische Größe zu erreichen, muss sich ein Act sein Publikum jedoch sukzessive erspielen können. Daher ist es wichtig, Konzerte und Tourneen zu fördern. Und am Beginn steht sowieso immer die Musikproduktion an sich, weshalb es unabdingbar ist, auch diese finanziell zu unterstützen. Welche Konsequenzen hätte es, wenn das Förderbudget nicht erhöht, sondern auf dem aktuellen Stand belassen oder gar gekürzt würde? Dass in Hinblick auf das uns zur Verfügung stehende Budget letztendlich nur rund 18 Prozent der Produktionseinreichungen gefördert werden können, wurde schon 2009 in einer vom damaligen Kulturministerium in Auftrag gegebenen Evaluierung festgestellt und eine deutliche Aufdotierung der Mittel empfohlen. Ebenfalls als wichtig erachtet wurde die Ausweitung der Förderaktivitäten um eine Vermarktungs- und Vertriebsförderung. Diese Empfehlungen haben auch Eingang in die zwei folgenden Regierungsabkommen gefunden – die dringend notwendige, spürbare Erhöhung der Mittel des Musikfonds hatte dies aber bedauerlicherweise nicht zur Folge. Sowohl der Fachverband der Film- und Musikwirtschaft als auch das Forum Musik, ein Zusammenschluss aller namhaften Musikinstitutionen und Interessenvertretungen in diesem Land, richten daher wiederholt die Forderung an die neue Bundesregierung, die dringend notwendige Budgeterhöhung des Musikfonds ganz oben auf ihre Kunst- und Kulturagenda zu setzen. Was eine Kürzung der Mittel beim Musikfonds bewirkt, lässt sich anhand zweier Beispiele ablesen: Als der ORF seine finanzielle Unterstützung vor einigen Jahren beendet hat, ging ein Aufschrei durch die Reihen der Musikschaffenden und diese haben eine Initiative auf Facebook gestartet, die binnen Kurzem über 10.000 UnterstützerInnen ge-

funden hat. Der ORF ist ja zum Glück mittlerweile wieder als finanzierender Partner mit im Boot. Und als wir aufgrund der wegen des offenen Amazon-Verfahrens (Stichwort Festplattenabgabe; Anm. d. Red.) eingefrorenen SKE-Fördermittel einen Call ausfallen lassen mussten, hat dies ebenfalls zu einem lauten Aufschrei geführt. Eine dauerhafte Kürzung unseres Budgets wäre für die Musikszene ein schwerer Schlag, ein gleichbleibendes Budget würde ein weiteres Arbeiten mit einer deutlichen Unterdotierung bedeuten. Wir hoffen aber immer noch auf ein eindeutiges Bekenntnis der Politik zum Musikland und Musikstandort Österreich und auf eine damit verbundene deutliche Aufstockung der finanziellen Mittel. Wir arbeiten auch weiterhin daran, die verantwortlichen PolitikerInnen von der Wichtigkeit eines Musikförderungsgesetzes zu überzeugen, das eine langfristige Planungs- und Finanzierungssicherheit bedeuten würde. Lässt sich die Wirkung der bisherigen Maßnahmen des Musikfonds und anderer Einrichtungen inklusive aller Umwegrentabilitäten beziffern? Was den Musikfonds betrifft, so hat dieser in den zwölf Jahren seines Bestehens 680 Produktionen mit mehr als sieben Millionen Euro, davon rund 800.000 Euro für Musikvideoproduktionen, gefördert und darüber hinaus 275 Livetourneen mit weiteren 1,2 Millionen Euro unterstützt. Die Förderungen durch den Musikfonds tragen nicht zuletzt in Form von kommerziellen Erfolgen, nationalem und internationalem Medienecho sowie Auszeichnungen mit Musikpreisen deutlich sichtbare Früchte. Es gibt zwar Studien zum heimischen Musikmarkt von Scheuch aus dem Jahr 2001 und dem IHS aus 2012, die zeigen, dass die gesamte Musikbranche in Österreich letztendlich 3,35 Milliarden Euro an Wertschöpfung generiert, bei über 61.000

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Müller

»Um eine kritische Größe zu erreichen, muss sich ein Act sein Publikum sukzessive erspielen können. Daher ist es wichtig, Konzerte und Tourneen zu fördern.« — Harry Fuchs

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Harry Fuchs ist seit dessen Gründung im Jahr 2005 Geschäftsführer des Österreichischen Musikfonds, einer Initiative zur Förderung professioneller österreichischer Musikproduktionen, die derzeit mit 920.000 Euro jährlich dotiert ist. Als Public-private-Partnership wird der Musikfonds finanziert vom Bundeskanzleramt sowie von Institutionen wie AKM, Austro Mechana, IFPI, dem Fachverband Film und Musik und dem ORF.

nen Nährboden für zeitgenössisches musikalisches Schaffen aller Spielarten und Genres zu schaffen – auch für jene, deren kommerzielle Chancen geringer sind. Diese Frage steht außerdem in krassem Gegensatz zur vorangegangenen Frage die prekären Lebenssituationen betreffend. Wie so oft gelten die skandinavischen Länder auch in Sachen Musikförderung als Vorbild. Was kann sich Österreich von diesen abschauen? Schweden ist für uns immer das absolute Best-Practice-Beispiel für nachhaltige, effiziente Musikförderung. Das beginnt schon mit der Ausbildung in den Schulen; jedes Kind lernt ein Instrument, und um dies zu ermöglichen, wird unter anderem Instrumentenmiete gefördert. Menschen, die aktiv musizieren, entwickeln einen völlig anderen Zugang zur Musik an sich. Das heißt, sie sind an Neuem interessiert und sie können eine musikalische Leistung wertschätzen. In Schweden sieht man sich gerne Konzerte junger, neuer Acts an und ist bereit, dafür auch Eintritt zu bezahlen. Nach den Erfolgen von ABBA hat Schweden erkannt, dass es sich bei Musik um einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor handelt, und hat in diesen unter anderem mit massiven Exportmaßnahmen investiert. Resultat ist, dass Schweden heute ein Musikexportland ist, das den Weltmarkt mit Copyrights dominiert. Österreich hingegen genießt zwar den Ruf eines Musiklandes, ist wirtschaftlich gesehen jedoch ein Musikimportland. Aber in einigen Bereichen gilt auch die Musikförderung Österreichs als Vorbild. Zum Beispiel wurde der Musikfonds als damals europaweit einzigartiges Public-private-Partnership-Modell gegründet, das kurz darauf mit der Initiative Musik ein Pendant in Deutschland gefunden hat; Vertreter der Initiative Musik waren bei

uns, um sich Ratschläge für ihre Gründung zu holen. Und vor einiger Zeit hatte ich ein Gespräch mit der deutschen Kulturministerin Monika Grütters und habe ihr unser Musikfonds-Modell vorgestellt. 2017 war Grütters dann maßgeblich an der Gründung des deutschen Musikfonds beteiligt. Trotz guter Wirtschaftsdaten deutet sich ein Sparkurs der zukünftigen Regierung an. Verhandlungen rund um Förderungen im Kulturbereich werden voraussichtlich nicht einfach. Was sind die wichtigsten Argumente, um die politischen Entscheidungsträger zu überzeugen? Musikförderung beinhaltet zwei wesentliche Elemente: Kunst- und Kulturförderung sowie Wirtschaftsförderung. Diese beiden Bereiche unterscheiden sich teilweise in der Argumentation, haben aber auch gemeinsame Schnittmengen. Eine entsprechende Wirtschaftsförderung stärkt die BranchenteilnehmerInnen mittelfristig, damit sie sich international konkurrenzfähig entwickeln und sich selbst tragende Geschäftsmodelle entstehen können. Nur durch ein Bekenntnis zur Kunst- und Kulturförderung kann sichergestellt werden, dass heimisches Musikschaffen und Musikproduktion auch weiterhin qualitätsvoll möglich ist. Und dass Österreich dadurch seinem Ruf als Musikland nicht nur in Hinblick auf das klassische Repertoire, sondern vor allem auch mit dem aktuellen Schaffen aller Genres – von der ernsten und zeitgenössischen Musik, über Jazz, World und alle Spielarten der populären Musik bis hin zur experimentellen Musik und Avantgarde – gerecht werden kann. Über all unseren Aktivitäten steht dabei die große Vision, Österreich langfristig von einem Musikimport- zu einem Musikexportland zu machen. Manuel Fronhofer und Yasmin Vihaus

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Beschäftigten. Die Scheuch-Studie zeigt auch, dass jeder in Musikproduktion investierte Euro in der Folge vier Euro an Wertschöpfung erzeugt. Diese Zahlen sagen aber letztendlich noch nichts über die konkreten Wirkungen und Umwegrentabilitäten von Musikfördermitteln aus. Wir wünschen uns schon lange eine solche Studie, die jedoch auch finanziert werden muss. Der Musikfonds kann dies nicht leisten, da wir unsere Mittel zur Gänze für tatsächliche Produktions- und Tourförderung ausschütten und nicht in Studien investieren wollen. Aber vielleicht findet sich ja ein Sponsor, der eine solche Erhebung unterstützen möchte. Viele MusikerInnen arbeiten unter prekären Bedingungen – nicht zuletzt, weil die wenigsten auf ein regelmäßiges Einkommen zählen können. Hier wären vor allem langfristige Fördermaßnahmen gefragt. Sind solche zukünftig denkbar und was bräuchte es dafür? Wir argumentieren auf Basis der Studien von Scheuch und des IHS schon seit Jahren unter anderem mit dem sozialpolitischen Aspekt. Mit dem Künstlersozialversicherungsfonds wurde ja ein erster kleiner Schritt gesetzt. Hier zeigt sich aber, dass dieser Fonds nicht in dem Umfang genutzt wird, wie es seine Dotierung hergibt. Das mag vielleicht daran liegen, dass sich seine Existenz noch nicht zu allen Musikschaffenden durchgesprochen hat. Ein Förderprogramm, das auf die Verbesserung der Lebenssituation der Kulturschaffenden abzielt, kann sich über viele Ebenen definieren: von einer Einzelpersonenförderung über strukturelle Maßnahmen bis hin zu Steuererleichterungen, wie es ja in anderen Ländern praktiziert wird. Provokant gefragt: Warum lässt man nicht einfach den Markt entscheiden, welche MusikerInnen von ihrer Musik leben können und welche nicht? Eine derartige Frage könnte für Förderungen in allen Wirtschafts- und Gesellschaftsbereichen gestellt werden, entbehrt für mich aber jedweder Sinnhaftigkeit. Gerade in einem ausgewiesenen Musikland wie Österreich muss man darauf bedacht sein, ei-

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Being A Band

THEMENSPECIAL

Das ultimative Band-ABC Amadeus Austrian Music Awards Der Amadeus ist der größte Musikaward Österreichs, ob er sich als Ziel für JungmusikerInnen eignet, ist aber mehr als fraglich. Viele, die den Fame verdienen würden, bekommen ihn nicht, einige, die ihn bekommen, verdienen ihn nicht, und wiederum andere wollen ihn dann letztendlich nicht mehr. Vergiss den Amadeus erst mal, konzentrier dich lieber auf das Wesentliche …

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Bühne Die Bühne ist vermutlich dein Ziel, der Weg dorthin meist leichter als gedacht. Zugegeben: Niemand startet auf der großen Festivalbühne, ein Gig in kleineren Venues ist bei geringen Gagenanforderungen meist leicht zu bekommen – Nachfragen bei VeranstalterInnen und bei Kulturvereinen lohnt sich, oft gibt es eigene Veranstaltungen, die sich auf NewcomerBands konzentrieren.

Club Nolabel Die zuvor angesprochene Bühne bietet die Veranstaltungsreihe Club Nolabel mittlerweile seit zehn Jahren. Am jeweils letzten Dienstag im Monat wird Newcomerbands ohne Label eine Plattform geboten, heute bekannte Acts wie Leyya, Mavi Phoenix oder Farewell Dear Ghost feierten bei der Veranstaltungsreihe ihr Wien-Debüt. Bewerben kann man sich persönlich, per Mail oder via Facebook, pro Abend spielen drei Bands mit ähnlicher musikalischer Ausrichtung.

Debütalbum Während es für die erste EP nur eine Handvoll Tracks braucht, kannst du bei deinem ersten Album deine gesamte Bandbreite zeigen. Plane für die erste Produktion auf jeden Fall genug Zeit ein, denn die wirst du brauchen. Zusätzlich zur Aufnahme im Tonstudio solltest du an Mastering, Artwork, Vertriebskonzept und Promotion denken. Ein Label hilft dir bei allen Angelegenheiten die Produktion betreffend, ist aber nicht Voraussetzung. Ob mit oder ohne Label: Es lohnt sich mit Menschen zusammenzuarbeiten, die Erfahrung haben und dich in der Produktion unterstützen.

Förderung Band zu werden ist nicht so schwer, als Band auch finanziell zu überleben manchmal doch

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sehr. Während Konzerteinnahmen meist nur knapp die Kosten für Location und Aufwand decken, können Förderungen beispielsweise bei der Finanzierung von konkreten Aktivitäten wie etwa einer Tour oder der Produktion eines Albums helfen. Unabhängig vom Genre bietet die SKE (kurz für Soziale und kulturelle Einrichtungen der austro mechana) eine Tonträgerförderung an. Um Anspruch auf diese Förderung zu haben, muss ein Wahrnehmungsvertrag mit der austro mechana bestehen – die SKE entscheidet aber unabhängig von der bestehenden Mitgliedschaft über Anträge, eine formale Mitgliedschaft kann auch erst nach einer eventuellen Zusage abgeschlossen werden. Die Einreichung ist sehr unkompliziert, entschieden wird von einer Jury aus professionellen Musikschaffenden und JournalistInnen. Etwas zeitaufwendiger läuft die Einreichung beim Österreichischen Musikfonds ab. Kriterien für eine Förderzusage sind die Professionalität der Produktion und die Verwertungsmöglichkeit im In- und Ausland. Neben der Produktion kann man zudem um einen Toursupport für eine Österreich-Tour sowie um Unterstützung für die Teilnahme an internationalen Showcase-Festivals ansuchen. Um bei der Jury zu punkten, lohnt es sich, Zeit in ein gutes PR- und Marketingkonzept und einen plausiblen Budgetplan zu investieren. Neben der Förderung auf nationaler Ebene bieten die einzelnen Bundesländer oft eine zusätzliche Tonträgerproduktionsförderung an und auch in der (Heimat-)Gemeinde kann man um Förderung anfragen. Das Budget ist zwar meist geringer, die Anzahl an MitbewerberInnen allerdings auch. Eine wichtige Adresse für MusikerInnen, die für ihre Konzerte im Ausland eine Reisekostenunterstützung benötigen, sind die Österreichischen Kulturforen. Eine Liste der 29 ÖKF-Stellen findet sich auf der Website des Außenministeriums. Früh planen lohnt sich, denn das Budget wird meist sehr bald im Voraus verplant.

Gage Gerade am Anfang einer Karriere sind Gagenverhandlungen nicht leicht, auch in der Musik entsteht der Preis durch Angebot und Nachfrage, und das Angebot an Newcomer-Bands, die fast alles für einen Auftritt geben würden,

ist groß. Sei dir bewusst, dass du mit deinen ersten Gigs wohl nicht reich wirst, halt dir gleichzeitig vor Augen, dass deine musikalische Leistung etwas wert sein sollte und du gewisse Kosten decken musst.

Home-Recording Durch immer leistungsstärkere Computer und leistbares Prosumer-Equipment wird Home-Recording zu einer immer beliebteren Alternative für MusikproduzentInnen. Während die Aufnahmen eines Albums in einem professionellen Studio sicher Sinn macht, können kleine Recording-Sessions zuhause eine Ergänzung bieten. Benötigt werden ein leistungsfähiger PC inklusive Digital Audio Workstation (kurz DAW), Studiomonitore, Kopfhörer, ein Mikrofon und ein Audiointerface, außerdem muss man auf die Gegebenheiten des Raums achten.

Jugend Wie alt du bist, hat wenig Einfluss darauf, ob du erfolgreich wirst. Allerdings ist zu bedenken, dass es mit zunehmendem Alter meist nicht einfacher wird, sich auf die Musik als Haupt- oder Nebenbeschäftigung zu konzentrieren. Wer einen 40-Stunden-Job hat oder sich um ein Kind kümmern muss oder aber beide Dinge unter einen Hut bringen will, wird vermutlich weniger Zeit im Studio und auf der Bühne verbringen können. Verschwende deine Jugend also nicht! Mach Musik, solange du jung bist – einfacher als jetzt wird es nicht mehr.

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Bevor sich dein Management um deine Gigs kümmert und dein Label ordentlich Promo für dich macht, musst du dich um viele Angelegenheiten selbst kümmern. Wurdest du für einen Auftritt gebucht, gilt es zu klären, welche technischen Voraussetzungen vor Ort bestehen, wer die Ansprechperson vor Ort ist, wie du dich und dein Equipment zur Location bringst, wann der Soundcheck stattfindet, wie die Zusammenarbeit mit den Ton- und LichttechnikerInnen vonstatten geht, wie lange der Auftritt maximal dauern darf, inwiefern du dich bei der Promo einbringen kannst, wie hoch deine Gage ist und wann deine Sachen spätestens vom Konzertort wieder abtransportiert werden müssen. Veranstaltest du selbst, weil das Konzert etwa zur Promo eines Albums dient, musst du dich zusätzlich um die Location, die Organisation und Veranstaltungspromo kümmern.

Label

Erli Grünzweil

»Label« ganz ohne Musikkontext steht im Deutschen für ein Etikett, dass beispielsweise auf Waren angebracht wird, um diese zu kennzeichnen. In der Musik stehen Labels vor allem für Marken, unter denen Tonträgerhersteller die Werke von KünstlerInnen veröffentlichen. Kurz gesagt: Ein Label hilft dir dabei, deine Musik zu verbreiten und letztendlich auch zu verkaufen, je nach Vertrag erhält das Unternehmen dann eine zuvor vereinbarte Umsatzbeteiligung. In der Regel wird zwischen zwei Verträgen unterschieden: dem Künstlervertrag und dem Bandübernahmevertrag. Bei Ersterem überträgst du die gesamten Leistungsschutzrechte für mehrere Jahre an das Label. Die Beteiligung für den Künstler oder die Künstlerin liegt bei sechs bis zwölf Prozent des NettoHandelsabgabepreises, also dem Preis, den ein Verkäufer dem Vertrieb des Labels zahlt – dafür übernimmt das Label die Produktionskosten der Aufnahmen. Der Bandübernahmevertrag bestimmt allein die Übertragung der Rechte einer bereits fertigen Aufnahme, die Umsatzbeteiligung der KünstlerInnen ist höher, allerdings müssen diese auch die Produktionskosten selbst tragen. Üblicherweise bleiben dir so 15 bis 25 Prozent des NettoHandelsabgabepreises, allerdings müssen davon noch Kosten für Onlineverkäufe, beworbene Produkte, Verpackung und Technik-

kosten oder Anteile an der Videoproduktion bezahlt werden. Da Tonträgerverkäufe immer weniger Gewinn bringen, werden mittlerweile auch oft sogenannte »multiple rights deals« angeboten – neben der Verwertung von Aufnahmen werden darin auch Vereinbarungen über Beteiligungen an Umsätzen aus Konzerten, Werbeeinnahmen oder MerchandiseVerkäufen getroffen. Letztendlich übernimmt ein Label je nach Vertrag dennoch einen großen Arbeitsanteil, nicht zu vergessen ist außerdem die Promotion, die die Etiketten-Funktion der Marke mit sich bringt. Bei der Suche nach dem richtigen Label lohnt es sich einerseits, die Leistungen genau im Auge zu behalten, und andererseits, nach Labels zu suchen, die auch musikalisch zum eigenen Stil passen. Wer kein geeignetes Label findet, kann natürlich auch selbst ein Label gründen – eine Praxis, die in der Musikszene immer beliebter wird. Der Nachteil: Das finanzielle Risiko muss allein getragen werden, wichtige Kontakte zu Vertrieben, VeranstalterInnen und Medien könnten fehlen und der administrative Aufwand bleibt ebenfalls an dir hängen.

dem eigenen Genre entsprechenden Konzerten und (Showcase-)Festivals Ausschau zu halten.

Onlinevermarktung Das Internet bietet dir als Band gewissermaßen einen Raum der unbegrenzten Möglichkeiten. Während Generationen vor dir noch ihre Platten, CDs oder Tapes mühsam an Menschen verteilen mussten, kannst du deine Musik online sharen, sparst durch die nicht unbedingt notwendige physische Komponente Geld und erreichst im besten Fall mehr Menschen. Nutz diesen Vorteil!

Management Ähnlich wie das Label nimmt dir auch das Management vor allem administrativen Aufwand ab und sollte dir dabei helfen, deine Musik zu Geld zu machen. Die Aufgabengebiete von ManagerInnen im Musikbereich sind dabei nicht wirklich zu generalisieren, da es hier recht große Unterschiede gibt. Aufgabenfelder sind je nach Vertrag etwa Promotion, Verhandlungen von Gagen und Auftritten, die Vermarktung der Acts bei Plattenfirmen oder aber die Unterstützung bei bürokratischen Aufgaben.

Netzwerke Networking kann durchaus mühsam sein, in der Musikbranche ist es aber meist unerlässlich, mit ein paar wichtigen und weniger wichtigen Menschen Kontakt zu halten. Daraus ergeben sich im besten Fall Kollaborationen mit anderen Musikern, Auftritte oder ein Plattenvertrag. Die Community in Österreich ist überschaubar und man kennt sich schnell, dementsprechend lohnt es sich, nach szenetypischen Events mit Kommunikationsmöglichkeit, wie etwa Labelstammtischen, Musikstammtischen, Diskussionsabenden, oder

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Konzert

Proberaum Wer gut werden will, braucht Übung, wer seine Wohnung behalten und keinen Streit mit Nachbarn provozieren will, braucht einen Proberaum. Günstig angeboten werden solche Räume oft von Kulturvereinen, allerdings muss man etwas Glück haben und zeitlich flexibel sein. Abgesehen von Angeboten wie diesen bieten auch ImmobilieninhaberInnen bzw. Hausverwaltungen oft Proberäume im Keller an. Dabei gilt es zu beachten, ob du den Proberaum mit jemandem teilst und, wenn ja, ob du dein Equipment dort sicher verstauen kannst.

Quote Im Juni 2015 einigte sich der ORF mit der heimischen Musikwirtschaft auf einen fixen Anteil heimischer Musik in den ORF-Radios. Die freiwillige Quote von 15 Prozent wurde

Von A wie Amadeus Awards bis Z wie Zugabe

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im Herbst 2015 bei Ö3 erstmals erreicht, bei FM4 liegt der Anteil österreichischer Musik bei knapp 25 Prozent. Wichtig ist das vor allem, um österreichische Musikschaffende langfristig zu unterstützen. Sei also unbedingt und in jedem Gespräch für eine solche Quote – sie hilft dir!

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Review Die erste Produktion ist überstanden, die EP oder das Album steht kurz vor der Veröffentlichung, aber was tun, um mediale Aufmerksamkeit zu bekommen? Wer keine Promotion-Agentur hinter sich hat, muss selbst aktiv werden. Zunächst ist es wichtig herauszufinden, welche Medien für dich und das Genre, das du bedienst, relevant sind. Beim Vorbereiten der Unterlagen solltest du bedenken, dass MusikredakteurInnen meist sehr viele Zusendungen bekommen – dementsprechend lohnt es sich, herauszustechen. Stell alle Informationen bereit, die ein Journalist oder eine Journalistin von dir brauchen könnte, ein einfallsreicher Promo-Text, eine interessante Anekdote zur Bandgeschichte, ein cooles Musikvideo oder ein durchdachtes Artwork können helfen, um Eindruck zu hinterlassen, und erhöhen damit deine Chance, nicht unbemerkt zu bleiben.

Soundcloud Soundcloud ist tot, lang lebe Soundcloud! Der Musikdienst, der im Sommer kurz vor dem Konkurs stand, steht zumindest unter MusikerInnen und MusikkennerInnen noch immer hoch im Kurs. Wer seine Werke ohne dazugehöriges Video bereitstellen möchte, findet mit Soundcloud eine gute Plattform, auf der sich viele Musiknerds und Interessierte tummeln. Eigene Uploads sind nur mit einem Pro-Account möglich, dieser kostet 45 Euro im Jahr, bietet allerdings auch verschiedene Veröffentlichungsoptionen, die beispielsweise bei der Bemusterung an Medien sinnvoll sein können.

Tour Mehrere aufeinanderfolgende Konzerte an verschiedenen Orten ergeben eine Tour, so weit die Begriffsdefinition. Um die einzelnen Termine aufeinander abzustimmen, braucht es einiges an Planung und entsprechende Absprachen mit den VeranstalterInnen. Relevant sind alle Punkte, die du unter »Konzert« fin-

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dest, zudem ist zu bedenken, dass du rechtzeitig von Tourstopp zu Tourstopp kommst. Der Österreichische Musikfonds bietet übrigens eine Tourförderung an.

U-Bahn-Stars Wie kommt man zu einem großen Publikum? Unter anderem im Bereich der U-Bahn, allerdings steht diese Aktion der Wiener Linien stellvertretend für ein Problem in der Musikindustrie, das auch dich betreffen wird: Musik als kreative Leistung wird – zumindest finanziell – oft nicht honoriert.

Verwertung Verwertungsrechte ermöglichen dir mit deiner Musik Geld zu machen, passieren kann das auf fünf verschiedene Weisen: durch Vervielfältigung, also die Aufnahme oder das Kopieren von Tonträgern, durch Verbreitung, also die Weitergabe bzw. den Verkauf eines Tonträgers, durch Sendung im Radio oder im TV, durch eine öffentliche Aufführung im Rahmen eines Konzerts oder auch durch das Abspielen in der Öffentlichkeit sowie durch öffentliches Zurverfügungstellen, etwa online auf Streaming- oder Downloadplattformen. Theoretisch müsste jede/r, der/die Musik auf irgendeine Art und Weise nutzt, den Urheber oder die Urheberin um Erlaubnis bitten und mit ihm oder ihr eine Vergütung aushandeln. Praktisch gesehen ist das meist schwer umsetzbar, die dementsprechend naheliegende Lösung ist eine kollektive Rechtewahrnehmung – diese passiert durch sogenannte Verwertungsgesellschaften. In Österreich agiert in diesem Bereich die AKM für Aufführung, Sendung und Zurverfügungstellen, die Austro Mechana für die mechanischen Rechte, also Vervielfältigung und Verbreitung. Damit man Geld von der AKM bekommen kann, muss man entweder Mitglied der AKM oder einer ausländischen Verwertungsgesellschaft sein, die sich um die Wahrnehmung dieser Rechte kümmert. Mitglied kann jede/r UrheberIn eines musikalischen Werkes werden, das im laufenden Jahr oder im Vorjahr öffentlich aufgeführt, im Radio oder TV gesendet, im Internet zur Verfügung gestellt oder auf einem Handelstonträger vervielfältigt wurde. Eine Band als solche kann allerdings nicht Mitglied werden, sondern nur die einzelnen Bandmitglieder, die auch UrheberInnen sind. Die Mitgliedschaft bei der AKM beträgt für

UrheberInnen aktuell einmalig 78 Euro, die Abschlussgebühr bei der Austro Mechana 55 Euro.

Wanda Versuch nie wie diese eine Band zu sein, die erfolgreich ist. Egal, wie sie auch heißen mag. Bussi!

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XA-Award Anders als der anfangs genannte Amadeus Award bringt der XA-Award vermutlich weniger Fame, soll jungen MusikerInnen den Weg im Ausland ebnen. Der Award wird von einer internationalen Jury vergeben und ist mit 2.500 Euro dotiert – der eigentliche Gewinn ist aber vermutlich die Aufmerksamkeit der einzelnen Jurymitglieder aus der Branche. In unserer Auflistung steht der Award stellvertretend für die sich erst langsam entwickelnde Exportförderung. Unter der Dachmarke Austrian Music Export arbeiten Mica – Music Austria und der Österreichische Musikfonds zusammen und wählen jährlich etwa FocusActs aus, die ein Jahr lang vor allem in ihren Auslandsaktivitäten finanziell unterstützt werden.

Youtube Spätestens seit Yung Hurn sollte klar sein, dass Youtube ein für MusikerInnen unumgängliches Instrument zur Musikvermarktung ist. Eine kreative Videoidee und ein gut produziertes Video können dabei helfen, deiner Musik zusätzliche Promotion zu bringen.

Zugabe Ja, bitte!

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Sinn

TEILEN macht

Durch Teilen wird Suppe zur Suppe mit Sinn – und von der fließt heuer bereits zum zehnten Mal 1 Euro an die Wiener Tafel – suppemitsinn.at

Mit freundlicher Unterstützung von

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Workstation Menschen am Arbeitsplatz Armin Rudelstorfer

Lelo Brossmann, 45, Webprogrammierer und Videomacher Wenn Lelo sich nicht gerade der Musik widmet, arbeitet der neue Bassist der Band Kreisky als Webprogrammierer und Videomacher. Spannend findet er dabei, dass der Job »recht abwechslungsreich« ist und sich laufend weiterentwickelt. »Da gibt es dann auch neue Technologien, deshalb wird es nicht fad.« Neben seiner Tätigkeit bei Kreisky hat Lelo auch noch seine Hauptband Destroyed But Not Defeated, eine Coverband namens The Clashinistas und ist zudem auch als einer der Betreiber des Labels Wohnzimmer Records tätig. Die Musik in diesem Maße mit dem Job zu vereinbaren funktioniert nur, weil Lelo selbstständig ist. »Sonst würde das wahrscheinlich gar nicht gehen, weil ich doch recht viel Zeit in Musik investiere.« Das Ganze sieht er dabei als Kompromiss. »Ich arbeite weniger, als ich wahrscheinlich zeitlich könnte, widme mich dafür meinem Hobby, der Musik, und verzichte auf Luxus.« Nur Musik zu machen könnte sich Lelo zwar durchaus vorstellen, er würde aber trotzdem auch nebenbei etwas arbeiten, dann aber ohne finanziellen Druck und »Sachen, Florian Kistler die nett sind«, wie zum Beispiel im Bereich wohltätige Zwecke.

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Patricia Ziegler, 32, Sensorikerin »Mein Job eignet sich als Eisbrecher auf Partys recht gut«, erzählt Patricia Ziegler lachend. Doch das ist nicht das Einzige, was sie an ihrer Arbeit als Sensorikerin interessant findet. Die Qualität von Lebensmitteln zu überprüfen sei spannend und meist sehr abwechslungsreich, vor allem, da Lebensmittel auch etwas Grundlegendes sind. Dass Patricia für ihr Synthpop-Soloprojekt Bitten By genug Zeit bleibt, verdankt sie auch ihrer Arbeit in der BOKU, die vor allem projektgebunden ist. »Ich bin also quasi selbstständig, und nur deshalb geht das.« Daher wundert es Patricia auch, wie es Menschen mit einem 40-Stunden-Job schaffen, nebenbei Musik zu machen: »Das ist mir ein Rätsel.« Wie viele, die Musik machen, würde auch sie irgendwann gerne ihren Job hinter sich lassen und sich ausschließlich der Musik widmen, aber »es kommt, wie es kommt«.

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PROSA — SILV I A PISTOTNIG

Doggystyle Mit scharfem Witz schildert Silvia Pistotnig, was so alles passieren kann, wenn sich der Partner mit der Zeit zum besten Freund des Menschen verwandelt. Eine Beziehungsgroteske, die mit viel Gespür für das Surreale im Alltag Leser hechelnd zurücklässt.

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Der Haushund Aus der Arbeit in die U-Bahn, rein ins Fitnessstudio, auf das Laufband, Puls 160, 170, schneller, dazwischen 20 Whatsapp, fünf Kommentare, 300 neue Pic, absteigen, unter die Dusche, fünf Whatsapp zwischen Föhnen und Schminkmaske, die Rolltreppe nach unten laufen, das Handy in der Hand und noch ein Foto hochladen, die UBahn kommt, laufen, bamm! Tschuldigung. Er hält mich an den Schultern fest und ich sehe auf, er sieht gut aus und fragt, Lust auf einen Kaffee? Wir gehen in ein Lokal gleich in der Nähe, ich stelle mich an die Bar, wie immer, willst du dich nicht setzen?, fragt er und bietet mir den Platz an einem Tisch an. Ich lege das Handy heraus, tippe, er nimmt es mir weg und bevor ich es zurückholen, aufstehen und weggehen kann, bestellt er für uns beide einen Kaffee und bevor ich mich beschweren kann, berührt er meinen Oberschenkel, ich finde dich interessant, sagt er und bevor ich etwas sagen kann, küsst er mich und ich ihn. Mein Handy piepst ständig, ich muss los, sage ich und er hält mich nicht zurück, er fragt nicht nach meiner Nummer und ich nicht nach seiner, er schaut mich nur an, mit diesen großen, warmen braunen Augen, ein Hundeblick. Am nächsten Tag steht er wieder da und sagt, ich habe auf dich gewartet und ich sage, warten ist Zeitverschwendung. Wir gehen zu mir nachhause, er kommt meinem Schritt nicht nach, obwohl ich in der Zwischenzeit whatsappe, vor der Wohnungstür warte ich auf ihn, bis er neben mir steht. Ich greife zwischen seine Beine, das hat Zeit, sagt er und ich verstehe nicht, was er meint. Sein Hundeblick. Er beugt sich über mich. Seine Zunge auf meinem Bauch, meinen Schultern, meinen Brüsten, seine Zunge auf meinem Körper, überall und ich tue nichts. Am Morgen läutet der Wecker. Ich stelle ihn ab. Wie heißt du, frage ich und er sagt, Benno und ich lache, das ist ja ein Hundename. Wuff, macht er, dann drehe ich mich um und schlafe ein. Als ich aufwache, ist er noch immer da. Benno brät Speck an, ich hole die einzigen zwei Teller aus

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dem Küchenschrank und stelle das Handy auf lautlos. Wir sitzen auf dem Boden, außer dem Bett habe ich keine Möbel. Es schmeckt herrlich, sage ich. Wuff, macht Benno. Am Nachmittag gehen wir spazieren. Im Park spielen wir fangen. Benno hängt die Zunge heraus. Abends koche ich für ihn, wie Hundefutter sieht es aus. Wuffwuff, sagt Benno. Das Handy läutet, ich schalte es aus. In der Nacht schnarcht Benno wie ein Tier und bewegt seine Arme, seine Hände erinnern mich an Pfoten. Benno richtet sich in der Wohnung ein Plätzchen aus Decken und Pölstern. Im Park werfe ich Stöckchen, die er mir bringt. Er kann gar nicht mehr aufhören, so lustig findet er es. Sein Haar, oder ist es Fell? wird nass vom Regen. Vor der Wohnung schüttelt er sich, kleine Wassertropfen spritzen von ihm ab. Vergiss nicht, die Pfoten abzuwischen, erinnere ich ihn. Danach hockt er sich auf den Boden und frisst das Futter schmatzend auf, er braucht gar keine Gabel und kein Messer. Er leckt den Teller sauber. Irgendwann läutet es an der Wohnungstür, wuff wuff wuff macht Benno aufgeregt. Er bewegt sich nur mehr auf allen vieren fort. Ich öffne die Tür, Su tritt ein, Benno knurrt. Sie beachtet ihn nicht. Was ist los mit dir, du nimmst nicht mehr ab, du kommst nirgends mehr hin, ich dachte, du bist krank, mein Gott, wie siehst du überhaupt aus? Mach dich fertig, heut ist der Empfang bei Molos, da müssen wir hin. Su sieht nervös auf ihr Handy, beeil dich. Ich habe keine Lust, sage ich. Spinnst du? fragt sie. Ich habe jetzt einen Hund. Benno schmiegt sich an meinen Oberschenkel. Was für ein hässlicher Köter, Mensch Nina, komm schon. Benno knurrt bedrohlich und ich muss ihn zurückhalten, damit er nicht nach Su schnappt. Ich kann nicht, sage ich und schlage die Tür zu. Benno schleckt meine Hände ab, wuff, macht er, du musst Gassi, natürlich! An der Laterne hebt er sein Bein, er trägt keine Hosen mehr, wozu auch. Am Weg zurück kaufe ich ein Halsband. Wir treffen einen Mann, der mit seinem Vierbeiner unterwegs ist, was für ein interessanter Hund, diese Rasse kenne ich gar nicht, sagt er. Tage, Wochen, oder Monate? später kommt uns eine Frau entgegen, sie sieht wunderschön aus und plötzlich

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Silvia Pistotnig liebt Stoffe und Figuren, die im postadoleszenten Nirgendwo der Gegenwart herumgondeln. Ihre Figuren polstert die gebürtige Kärntnerin, die in Wien Publizistik und Politikwissenschaften studierte, mit viel Witz auf. Wie das in Kurzform geht, zeigt die Shortstory »Der Haushund«. Wie das Langform funktioniert, lässt sich eindrucksvoll in Pistotnigs aktuellem Buch »Tshulie« (Milena Verlag) nachlesen. Darin schließt die 40-Jährige die Welt einer Schulabbrecherin, die im Gemeindebau bei Muttern wohnt, mit der einer wohlhabenden Vorstadtmutter zusammen. Biomarkt trifft Präkariat ist ein guter Nährboden für satirische Umtriebe.

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Silvia Pistotnig

Bubu Djumic

schäme ich mich. Benno knurrt sie an und ich schimpfe ihn, hör auf, aus jetzt! Ich kann mich gar nicht satt sehen an ihr, wie konnte ich mich nur so gehen lassen, jetzt stehe ich neben dieser Schönheit und sehe fürchterlich aus, wenn Benno doch endlich Ruhe geben würde, aus jetzt!, brülle ich, doch er hört nicht auf. In der Wohnung sperre ich ihn ins Bad, dort winselt er laut, doch es ist mir egal, ich bin gierig. Die Frau ist mitgekommen, ich will sie haben, ich reiße ihr das Gewand vom Leib, wie konnte ich nur jemals vergessen, was ist nur geschehen, ich stecke meine Zunge tief in ihren Mund, küsse sie wild. Als sie geht, lasse ich Benno heraus. Er legt sich auf sein Plätzchen. Er leckt mich nicht ab. Er schließt die Augen, er schnarcht nicht, er bewegt sich nicht. Auf dem Tisch hat die Frau auf einem Zettel ihre Telefonnummer hinterlassen. Ich suche mein Handy, schnell drehe ich es auf, speichere ihre Nummer. Benno bringt mir die Leine, ich hab keinen Bock auf das Scheißspazierengehen, keife ich. Er tritt beleidigt wieder ab. Später riecht es nach Pisse, weil ich vergessen habe, dass er Gassi muss. Schließlich stehe ich auf. Los, gehen wir, sage ich und nehme die Leine. Das dumme Vieh glaubt, wir gehen mitten in der Nacht spazieren. Ich nehme ein Taxi und wir fahren in den Wald. Benno hüpft aus dem Auto. Ich nehme die Leine ab. Er sieht mich mit seinen Hundeaugen an. Lauf los, sage ich. Nun mach schon, verschwinde!, schimpfe ich, doch er tut nichts, sieht mich an, mit seinen großen, treu-traurigen Augen. Hau endlich ab!, schreie ich, trete ihn mit den Füßen, hau ab, hau ab! Da erst läuft er los. Einige Meter weiter steht er auf. Ich wäre dir immer treu geblieben, sagt er und geht.

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Sag uns ruhig, wenn du uns scheiße findest: Mach mit bei der großen The-Gap-LeserInnenbefragung! Wir wissen, dass du dieses Magazin gerade liest – ob du es großartig oder mies findest, können wir aber nur erahnen. Wir würden gerne wissen, was du von The Gap hältst, welche Formate dir besonders gut oder schlecht gefallen und welche Themen wir vielleicht öfter aufgreifen sollten. Deine Meinung ist uns natürlich etwas wert: Unter allen TeilnehmerInnen verlosen wir folgende Goodies …

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EARDOT IN-EAR-KOPFHÖRER 01

BURLINGTON CRAZY X-MAS SOCKS 08

SOHN – RENNEN 16

Die neueste Technologie mit bester Soundqualität und im minimalistischen Design aus Österreich – zum fairen Preis von 139 Euro. Die kabellosen In-Ear-Kopfhörer von Eardot gibt’s exklusiv unter eardot.shop. Musikhören und Telefonieren kann so schön und innovativ sein! Wir verlosen zwei Stück.

Ob angebissene Lebkuchenmänner oder Geschenkspackerl im Pixellook – die Weihnachtskollektion von Burlington setzt unten rum witzige Akzente. Wir verlosen je zwei Paar Socken für Männer und für Frauen.

Verspielte Melancholie, eine unverwechselbare Stimme und das Spiel mit Synths und Loops prägen das gerade im Winter wieder besonders aktuelle Album »Rennen« von Sohn. Wir verlosen drei CDs.

WOLFGANG KOS – 99 SONGS 09

MILE ME DEAF – ALIEN AGE 17

Zwischen Rebellion, Sehnsucht und Lebensgefühl: Die Geschichte des 20. Jahrhunderts neu erzählt vom Kulturhistoriker und Pop-Experten Wolfgang Kos. Erschienen im Brandstätter Verlag. Wir verlosen drei Stück.

Auf dem neuen Album huldigt Mile-Me-Deaf-Mastermind Wolfgang Möstl dem Sample. Ein gebrochener Finger war schuld. Das Ergebnis: dystopischer DreamPop meets Indie-Rock. Wir verlosen drei Vinyls.

JOHN NIVEN – ALTE FREUNDE 10

CALEXICO – THE THREAD THAT KEEPS US 18

Witzige Dialoge, unerwartete Wendungen – John Nivens (»Kill Your Friends«) neuester Roman erzählt die Geschichte einer alten Freundschaft, deren Vorzeichen sich nach 30 Jahren radikal geändert haben. Erschienen bei Heyne Hardcore. Wir verlosen drei Stück.

Das neunte Calexico-Studioalbum (VÖ: 26. Jänner 2018) ist sowohl eine zeitgemäße Momentaufnahme der in Arizona gegründeten Band als auch eines zerrissenen Landes. Wir verlosen drei Vinyls.

SEX, DRUGS & ROCK ’N’ ROLL TRILOGIE

Die beiden Zwillinge aus Salzburg haben vor zwei Jahren mit schwermütigem Elektropop erstmals auf sich aufmerksam gemacht. Auf ihrem neuen Album darf nun ein bisschen mehr Leichtigkeit sein. Gute Entwicklung! Wir verlosen drei Vinyls.

Qwstion gibt mit seinen Taschen Antworten auf die Fragen des Alltags und verbindet minimalistisches Design mit verantwortungsvoller Produktion. Ganz neu im Sortiment: die Modelle des Christmas Specials aus schwarzem Leder und heller Bio-Baumwolle – ein Gegensatz voller Magie! Wir verlosen einen Gutschein für einen Qwstion Backpack.

FREITAG MAC-SLEEVE 03 Sämtliche Produkte der Schweizer Style- und Recycling-Experten von Freitag sind Unikate – und schauen dabei sehr gut aus. Auch das Mac-Sleeve, das es hier zu gewinnen gibt. In diesem Sinne: Symbolfoto! Wir verlosen ein Stück.

IL PALAGIO – WEINE VON POPSTAR STING 04 »Message In A Bottle« und »When We Dance«, so heißen nicht nur zwei Songs von Sting, sondern auch biodynamische Weine von dessen Weingut in der Toskana. Erhältlich sind diese unter sting.wine – auch im preisgünstigen Probierpaket mit drei Flaschen. Wir verlosen zwei Stück davon.

LINZER TORTE 05 Ein Klassiker in neuem Gewand: Skero, nicht nur Rapper, sondern auch Künstler, hat der Tortendose ein zeitgemäßes Design-Update verpasst. Der Gruß aus der Donaustadt schmeckt jetzt nicht nur gut, sondern schaut auch fresh aus. Erhältlich unter linztourismus.at. Wir verlosen drei Stück.

TICKET GRETCHEN THEATERGUTSCHEINE 06 Ticket Gretchen bringt dich ins Theater: Mit der App können Tickets für Kulturevents zum Originalpreis ohne Aufschlag einfach und schnell am Handy gekauft werden und für alle unter 27 gibt es bei Buchung ab 27 Stunden vor Vorstellungsbeginn sogar einen noch günstigeren Tarif. Wir verlosen zwei Gutscheincodes im Wert von 50 Euro.

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Nach »Nacktschnecken« (2004) und »Contact High« (2009) haben Michael Ostrowski und Helmut Köpping mit »Hotel Rock ’n’ Roll« Michael Glawoggers Trilogie nach dessen tragischem Tod 2014 letztes Jahr vollendet. Edelster Klamauk! Wir verlosen drei DVD-Boxen.

PLANET DER AFFEN: SURVIVAL 12 Das dritte Kapitel der Blockbuster-Reihe – und der Konflikt zwischen Affen und Menschen (Woody Harrelson als rücksichtsloser Colonel) gipfelt in einer epischen Schlacht. Ab 7. Dezember als 4K Ultra HD Blu-ray, 3D Blu-ray, Blu-ray und DVD erhältlich. Wir verlosen zwei DVDs und zwei T-Shirts.

SQUALLOSCOPE – EXOSKELETONS FOR CHILDREN 13 Von einer Jugend in der österreichischen Provinz und vom Erwachsenwerden erzählt das gelungene neue Album der Musikerin Anna Kohlweis. Die Songwriterin erweist sich dabei abermals als aufgeschlossene Klangbastlerin. Wir verlosen drei Vinyls.

PAUL PLUT – LIEDER VOM TANZEN UND STERBEN 14 Die Welt ist ein Gräberfeld und geht wahrscheinlich auch bald mit einem Tuscher unter. Den Soundrack dazu hat Paul Plut verfasst: ein Meisterwerk für die Ewigkeit! Wir verlosen drei CDs.

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IBEY – ASH 15

Billie Jean King vs. Bobby Riggs – das historische Duell zwischen der Nummer eins des Damentennis und dem ehemaligen Tennis-Champ und notorischen Zocker brachte 90 Millionen Zuschauer vor die TV-Geräte. Ab 24. November im Kino. Wir verlosen einen Gutschein für ein Monat Fitness in der Fit Fabrik Plus und zwei Soundtracks.

Das hochgelobte zweite Album der beiden Schwestern Lisa-Kaindé and Naomi Diaz. Moderner Pop, Hip-Hop und Elektronik treffen auf traditionelle afrikanische Klänge. Mit Gastauftritten von Chilly Gonzales, Kamasi Washington und anderen. Wir verlosen drei CDs.

MYNTH – PARALLELS 19

CHARLOTTE GAINSBOURG – REST 20 Für ihr viertes Album hat die Schauspielerin und Sängerin wieder mit einer handverlesenen Schar zusammengearbeitet: Guy-Manuel de Homem-Christo, Paul McCartney, Owen Pallett, Connan Mockasin und Produzent Sebastian. Wir verlosen ein Vinyl und zwei CDs.

R.E.M. – AUTOMATIC FOR THE PEOPLE 21 In der 25th Anniversary Deluxe Edition klingt dieser Meilenstein der 90er absolut auf der Höhe der Zeit. Kein Wunder: Das komplette Album (und der Bonustrack »Photograph« mit Natalie Merchant) wurde unter höchsten Ansprüchen (Dolby Atmos) neu abgemischt. Wir verlosen drei Vinyls.

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STEREOFACE – JAWS 22 Rock ’n’ Roll mit Erfahrung: Nach ausgiebiger Umtriebigkeit in anderen Projekten haben sich Stereoface gut vier Jahre nach der letzten Veröffentlichung wieder ins Studio begeben und zeigen mit »Jaws« erneut auf. Wir verlosen drei Vinyls.

LIIMA – 1982 23 Die drei Dänen von Efterklang und der finnische Perkussionist Tatu Rönkkö haben unter dem Namen Liima ein Album düster schimmernder Popmusik vorgelegt. Coproduziert von Grizzly Bears Chris Taylor. Wir verlosen drei Vinyls.

SIA – EVERYDAY IS CHRISTMAS 24 Ein Weihnachtsalbum – das dürfen nur ganz wenige. Eine davon ist mit Sicherheit Sia mit ihrem Gespür für Mainstream-Pop bei gleichzeitiger Verweigerung des ganzen Blödsinns, der da oft dran geknüpft ist. Wir verlosen drei Vinyls.

Zum Teilnehmen einfach hier entlang: www.thegap.at / leserinnenbefragung The Gap 166 012-053 Story.indd 55

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Series on the Practice of Digital Games

MuseumsQuartier / Q21 / Raum D, 1070 Wien

PROGRAM SEPTEMBER – DECEMBER 2017

www.fairsquared.info

Thu. 07.09.17, 19h VIDEO GAMES ARE BORING

Brie Code Speaker, Writer, CEO/Creative Director at Tru Luv Media, Berlin/World

Thu. 21.09.17, 19h SUCCESS ON OTHER PLATFORMS

Robert Podgorski Html5 Game Creator, Founder of BlackMoon Design, Poznan PL

Fri. 27.10.17, 19h UNDERSTAND INFLUENCERS TO SCALE YOUR MARKETING

Michael Albertshauser Co-founder GameInfluencer GmbH, Munich

Do. 09.11.17, 19h MISSION POSSIBLE – NEUE KOOPERATIONSMÖGLICHKEITEN FÜR DIE GAMES-BRANCHE

FAIR SQUARED Kondome sind zudem von der Vegan Society zertifiziert, denn es wird bei der Produktion kein Casein verwendet. Dieser Proteinanteil von Milch wird von den meisten Kondomproduzenten weltweit bei der Kondomherstellung eingesetzt. FAIR SQUARED Kondome gibt es in unterschiedlichen Größen und sie werden in Deutschland hergestellt.

Thu. 23.11.17, 19h POST-MORTEMS OF AUSTRIAN GAMES: „LIGHTFIELD“

Matthias Maschek Development, Technology Julia Murczek Technical Art, Production, CEO Raimund Schumacher Creative Director Simon Wallner Game Design, Biz and PR, CEO

Shop: www.fair2.me FAIR SQUARED Lube & Massage Gel Das vegane Gleit- und Massagegel • aus Fairtrade Inhaltsstoffen • NATRUE zertifiziert • kompatibel mit Naturkautschuk

Thu. 07.12.17, 19h IT’S OK TO NOT KNOW WHAT YOU ARE DOING

Nicolae Berbece Founder Those Awesome Guys, Bucharest, RO

Unterstützt von der Wirtschaftskammer Wien

subotron.com/veranstaltungen/pro-games

Der Naturkautschuk, der für FAIR SQUARED Kondome verwendet wird, entstammt dem fairen Handel.

Andy Schär eduxis consulting gmbh, Schweiz Jörg Höfstätter ovos GmbH, Wien

Medienpartner:

contains Fairtrade ingredients

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Rezensionen Musik Leyya

Meyrem Bulucek

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Manche mögen’s heiß. Leyya zum Beispiel, die das mit ihrem Debütalbum »Spanish Disco« bereits vermuten ließen und es mit dem neuen Album »Sauna« nun bestätigen. Das gilt sowohl für die Namensgebung des Longplayers wie auch für die darauf enthaltenen Songs. Das Titelstück knüpft mit sehr viel impliziertem Hüftschwung und lateinamerikanischen Anklängen gut an den Vorgänger an. Als explizites Bindeglied zwischen den beiden Alben gibt die Band allerdings den Song »Oh Wow« an, der bereits im September als Single erschienen ist. Insgesamt wollten Leyya auf »Sauna« ein bisschen weniger über den Dingen schweben, dafür die Dinge, die sie zur Erstellung des Albums benützt haben – ihre Instrumente und die zauberhafte Stimme Sophie Lindingers – stärker in den Vordergrund rücken. Auf »Zoo«, der ersten Single aus dem Album, spielt beispielsweise ein Saxophon die Hauptrolle, wodurch ein eingängiger Song entstanden ist, dem es an Details und soundtechnisch ein wenig windschiefen Momenten trotzdem nicht mangelt. Lediglich der Hall wurde um einiges zurückgeschraubt. So steigt man bereits weniger sphärisch in das Album ein, fühlt sich schnell ein bisschen mehr down to earth als beim Vorgänger. Oder eigentlich ein wenig mehr down to the dancefloor, denn die Sauna, die man gerade betreten hat, ist durchaus als Raum voll schweißtreibender Discohitze vorstellbar. Nach dem Percussion-lastigen Einstieg in das Album geht es auf den beiden Songs »Candy« und »Solitude« wieder ein wenig ruhiger zu und man verliert einen kleinen Teil der bereits erworbenen Boden- oder, besser gesagt: Dancefloor-Haftung wieder. Weiter geht es mit »In Your Heart«, das einen weiterträumen lässt, nur um dann durch einen Schrei Lindingers wieder auf den Boden zurückzukehren, wo sich ein wilder, grob gesponnener Klangteppich ausbreitet. »Sauna« ist abwechslungsreicher als der Vorgänger, kommt teilweise durchaus geradlinig daher und macht Lust auf Disco. Und wenn es sich am Dancefloor wie in einer Sauna anfühlt – umso besser. (VÖ: 26. Jänner) Sarah Wetzlmayr

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Sauna — Las Vegas

Termine: 31. Jänner, Linz, Posthof

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Rezensionen Musik

Fuckhead

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Dislocation — Noise Appeal Fuckhead feiern 2018 30-jähriges Bühnenjubiläum. Und wie bei wenigen anderen Bands ist die Bühne ihr eigentliches musikalisches Zuhause – die Performance ist nicht alles, aber ein überdurchschnittlich wichtiger Teil. Das ist auf einem Album natürlich nicht leicht einzufangen. Musikalisch und inhaltlich setzen Fuckhead mit »Dislocation« dort an, wo man es erwartet: kraftvolle, um nicht zu sagen: rabiate Klänge zwischen Bassmusik und Rock als schroffes, aber stabiles Fundament für deutsche und englische Texte, die jede Genrezuweisung je nach Lesart verweigern oder vereinnahmen. Nur Gesang ist das selten. Und fast nichts davon ist ganz eindeutig im Jahr 2017 verortbar, aber es haben sich ja auch die Themen und Probleme nur verschoben und nicht verändert: Es geht um Gesellschaft, Macht, sinnlosen Luxus, Selbsttäuschung, Entfremdung und die der Kunst innewohnenden Methoden, damit umzugehen. Wenig überraschend steht dabei der Körper immer wieder im Fokus. Zwischen sanft altbackenen Sounds (»Proximity«) – die aber wenig von ihrer Wirkung eingebüßt haben – glänzen ein paar fast schon überraschende Tracks, die an aktuellere musikalische Tendenzen anschließen. Auch wenn dessen Hochzeit fast zehn Jahre vorbei ist, erinnert »Neuron« in mehrfacher Hinsicht ein wenig an die dunklen organischen Sounds und zerstückelten Texturen eines Milanese. Und »Dark« hat eine durchaus funktionierende Songstruktur. Insgesamt mag die Kritik an Selfies und anderen Entwicklungen – auch wenn sie wie alles bei Fuckhead nicht 1:1 und schon gar nicht ohne Humor gelesen werden darf – natürlich ein wenig weird wirken. Die feinsinnige Ausformulierung von Differenzierungen darf man von der oberösterreichen Band aber sowieso nicht erwarten. Mit »Bad Luck« gibt es dann noch mal druckvoll gebrochene Beats, und »Doom« bietet breit österreichische Beschimpfungen durchzogen von Ausländerhass über digital-organischen Sounds. Das kann durchaus zum kleinen Hit werden. Martin Mühl (VÖ: 15. Dezember)

Salam — Seayou

»Salam« ist eines von drei arabischen Wörtern für Frieden. Es kann aber auch einfach nur als Gruß verwendet werden. Oder als Titel des zweiten Albums, wie es die Solokünstlerin Anna Attar alias Monsterheart vormacht. Kennen und lieben gelernt hat man diese allerspätestens 2015 anlässlich des ersten Albums der Buben im Pelz, bei dem sie gemeinsam mit David Pfister einen auf Velvet Underground und Nico gemacht und schnell mal »I’ll Be Your Mirror« gelungen verösterreichischt hat. Gab sich Attar auf ihrem Debütalbum »W« (2014) noch poppig tanzbar, klingt das Zweitlingswerk mehr nach grübelnder Entschleunigung. Das könnte auch an den Recording-Sessions liegen, die für »Salam« größtenteils in den eigenen vier Wänden stattfanden, die meisten der Songs sind sogar One-Takes. Vertraute Heimeligkeit sozusagen. Das bekommt man auch gleich direkt mit dem Opener »Slow Love« demonstriert, der einen in minimalistische Beats und Moog-Kadenzen hüllt. Nach ein bisschen drunk in love klingen auch die Synthies bei »Vertigo« – angeblich soll Monsterheart die Vocals mit kleinem Damenspitz eingesungen haben. Cheers to that! Mit dem Titelstück wird es dann wieder ernster, dunkler, nachdenklicher. Von Ertrinkenden, verbrannten Brücken und guns ist da die Rede. Wenn Monsterheart den Text von »Salam« haucht, hat das schon fast etwas Spirituelles: »Salam / What have you done / Have mercy with my soul.« Mit Hall und Ohrwurmtremolo kämpft sich die Solokünstlerin allerdings wieder aus dem Winterdepressionssog: Bei »Into The Sea« darf man dann doch seine glitzernden Tanzschuhe auspacken und verträumt auf seinem Bett herumhüpfen. Ein softes Timbre trifft auf klare Beats und vielschichtige Synthie-Sounds. Mal klingen sie nach »Space Oddity« wie bei »Vertigo« oder »Home«, dann wieder nach Kirchenorgel (»Timber«) und Cembalo (»Slow (Outro)«). Monsterhearts zweites Album »Salam« ist Gute-Nacht-Lied und Dreampop-Nachtmusik – perfekt für den Winterschlaf also. (VÖ: 8. Dezember) Michaela Pichler

Termine: 11. Dezember, Wien, Grelle Forelle — 15. Dezember, Linz, Stadtwerkstatt

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Rezensionen Musik

Telquist

Tocotronic

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Noise Appeal Records, Anna Attar, Clemens Franke, Universal Music

Ein Album »Strawberry Fields« zu nennen ist eine süße Reverenz und passt in dem Fall sogar. Die Beatles, Erdbeeren, Gitarre – was soll man dagegen schon sagen? Die Songs auf dem Debüt des jungen, aber nicht wilden Clemens Franke aka Telquist klingen vertraut und wären ohne weiteres ein angenehmer Hintergrund für einen Roadtrip – im Winter, durch einsame Landschaften und eher nicht über Landesgrenzen hinaus. Es werden Geschichten erzählt, mit denen sich wahrscheinlich jeder Anfang 20 identifizieren kann: von Freundschaften und Enttäuschungen, Euphorie und Zweifel. Ein bisschen beliebig, aber es geht sich gerade noch so aus, weil hier trotz allem jedenfalls Talent für diese spezifische Art des Songwritings vorhanden ist. Und auch Lethargie kann großartig sein, keine Frage. Hier klingt sie leider ein bisschen nach #traveller-Mentalität in Songform: Man bereist den gesamten musikalischen Lonely Planet, ist aber immer auf Backpacker-Pfaden unterwegs, von Hostel zu Hostel, von verträumtem Indie-Pop zu Reggae-Folk. Franke fühlt sich dabei frei, weil er völlig selbstbestimmt und in Eigenregie gearbeitet hat. »Life Is Good« lautet das lebensbejahende Fazit von Telquist. Man erinnert sich auch an die Eels und 2004 (»I Like Birds«). Es passiert, weil Telquist sich hier stimmlich auch hauptsächlich waagrecht bewegt. Und Vögel gibt es ebenfalls in den Erdbeerfeldern, »Pigeons« nämlich – nicht das einzige Lied, in dem das Gestern vermisst wird. Bei der ganzen Ausder-Zeit-Gefallenheit der Platte sind ihre Stärken das Understatement und das musikalische Grundverständnis. Diese Musik wird ganz sicher Publikum finden, auch Milky Chance kennt mittlerweile jeder. Der Unterschied zu ihnen ist, dass man Telquist keine unnötige Überproduktion vorwerfen kann, alles ist schlicht und ehrlich. Man kauft es ihm jedenfalls ab, wenn er singt: »I don’t wanna leave the strawberry fields« – never? Wär schade. Es gibt noch andere schöne Landschaften. (VÖ: 8. Dezember) Pia Gärtner Termine: 6. Dezember, Feldkirch, Rauch Club — 8. Dezember, Wien, Flex Café — 20. April, Mödling, Redbox

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Die Unendlichkeit — Vertigo Ist das die Kälte der neuen Biederkeit? Vorerst nicht. Denn dass Tocotronic zum 25. Bandjubiläum ein Konzeptalbum präsentieren, das gar autobiografisch aus Dirk von Lowtzows Leben – vom Stöpsel zum Grandseigneur, vom Provinzbürschchen mit komischer Frisur zum Subjekt reichweitenstarker Relevanz, vom Erst- zum Letztverliebten – erzählt, ist keine spießige Koketterie des Establishments. Es ist ein Experiment, keine Frage, leidet aber nicht unter diesem Korsett. Ketten sind zum Sprengen da, hätte vermutlich Mitte der 1990er getextet und auf Trainingsjacken genäht werden können. »Die Unendlichkeit« ist viel mehr als entrücktes Konstrukt vermeintlicher Besserwisser, wahrhaftig eine Hymne auf das Format Album, ein Lobgesang auf die Emanzipation des Selbst, auf die Befreiung durch Landflucht und die erst wieder einengenden Strukturen sowie die vermeintliche Dekadenz des städtischen Mikrokosmos. In aller Deutlichkeit: Was Dirk von Lowtzow auf »Die Unendlichkeit« zu weit gespanntem klangbildlichem Bogen zu erdichten vermag, sucht seinesgleichen, vielleicht sogar im gesamten Œuvre der Gruppe – und es ist immerhin ihr zwölftes Album. Wobei: Es ist auch einfach; das autobiografische Element macht es vermeintlich so. Besonders knackig und konzise sind – c’est la vie – die Coming-of-Age-Minidramen. Etwa die Top-Empfehlung »Electric Guitar«, das vom Entdecken des Subjektivierungs- und Individualisierungstools Gitarre erzählt, vom »Teenage Riot im Reihenhaus« und von »Manic Depression im Elternhaus«. Oder das von McPhail’schem Hall & Wahn getriebene »1993«, das von der Flucht nach Hamburg erzählt, wo Place erstmals wirklich Space war. Besonders spannend: Selbst seltene Momente der Nostalgie sind völlig mieffrei, Versuche, Biederkeit anzukreiden, schier chancenlos. Etwa: »Es gab noch keine Handys / Es war alles Gegenwart / Die Zukunft fand ausschließlich / In Science-Fiction-Filmen statt« (»Unwiederbringlich«). Die Zukunft war gestern nicht. Die Zukunft ist heute auch nicht. Gut, dass das Gestern und das Heute aber mit Tocotronic waren und Dominik Oswald sind. (VÖ: 26. Jänner)

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Strawberry Fields — Wohnzimmer

Termine: 13. April, Salzburg, Republic — 28. Juli, Wien, Arena Open Air

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Termine Musik

The Third Waltz Homecoming-King Voodoo Jürgens (Foto) hat dieses Jahr jede Menge Gründe zu feiern, genauso wie sein Management – beim mittlerweile etablierten großen Redelsteiner-Fest. Zur gut kuratierten Blase gehört bekanntlich auch Stefanie Sargnagel, die beim dritten Walzer ebenfalls dabei ist. Wie auch Naked Lunch – seit den 90ern bewährt leiwande Alternative-Gesichter. Für den krankheitsbedingt ausgefallenen VoodooHaberer Peter Doherty gab es zu Redaktionsschluss noch keinen Ersatz. 6. Dezember Wien, Gasometer

www.vinyltom.at

www.wholelottasound.eu

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FM4-Geburtstagsfest It’s your birthday, baby! Radio FM4 lädt wieder zum ausgiebigen Feiern ein. Das Line-up ist noch höchst geheim, wie es sich für eine Überraschungsparty gehört. Wer FM4 kennt (also eh jede/r), weiß aber, was man kriegt: Indie und Alternative in allen Genres, kuratiert von echten MusikliebhaberInnen. Bestes Beispiel: Co-Headliner Kettcar (Foto) – der einzige Act, den man schon verraten darf – sind die least obvious choice der Hamburger Schule. Sounds like a party! 20. Jänner Wien, Ottakringer Brauerei

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Termine Musik Yasmo & Die Klangkantine Den Sound von Yasmo und der Band ihres Vertrauens braucht man eigentlich nicht mehr groß erklären. Ihr politisch aufgeladener Jazz-Rap tourt schon lange durch die Lande und wird dabei mit Blick aufs Tagesgeschehen immer relevanter. 1.000 Liebe brauchen wir jetzt mehr denn je. 1. Dezember Graz, Orpheum — 2. Dezember Sankt Johann in Tirol, Alte Gerberei — 9. Dezember Vöcklabruck, OKH — 15. Dezember Salzburg, Jazzit

highlights Mi. 06.12. Comedy

The Umbilical Brothers ..................................................

Mi. 06.12. HipHop

Kontra K ..................................................

Do. 07.12. Im LiteraturSalon

Konrad Paul Liessmann ..................................................

Fr. 08.12. HipHop / Electro

Kroko Jack

Rakede ..................................................

Mundart-Rap geht meist in die Hose. Mundart-Trap erst recht. Aber Kroko Jack gelingt sogar der Ausfallschritt zum Dancehall. »Extra ordinär« ist extra leiwand. Noch ein Grund dafür: CrackIgnaz-Feature. 1. Dezember Graz, Bunker — 14. Dezember Salzburg, Rockhouse Bar — 15. Dezember Wels, Alter Schlachthof — 16. Dezember Klagenfurt, CIK

Sa. 09.12. Neoklassik

Martin Kohlstedt

Theresa Ziegler

Wolf Alice

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Mo. 11.12. Balkangroove

Shantel & Bucovina Club Orkestar ..................................................

Mi. 13.12. Im LiteraturSalon

Was an Wolf Alice nicht Indie ist: dass sie per Anzeige im NME zusammengefunden haben, dass »Moaning Lisa Smile« aus ihrem Debütalbum für einen Grammy nominiert wurde. Was an Wolf Alice schon Indie ist: Hast du sie dir mal angehört? Feinste Gitarren aus North London. Und ihr Song »Silk« kommt außerdem im »Trainspotting«-Sequel vor. Auch das zählt noch als Indie, okay? 14. Jänner Wien, Arena

Gisbert zu Knyphausen Jemand, der seine Band mit Fotos auf Facebook vorstellt, ist ein super Kerl – so viel ist fix. Das macht es auch erträglicher für Gisberts Fans, dass sie sieben Jahre auf ein neues Album warten mussten. Und noch ein Jahr, um die Songs daraus nun endlich live hören zu können. Heartfelt songwriting at its best! 25. Jänner Wien, Wuk — 26. Jänner Graz, PPC — 27. Jänner Salzburg, Rockhouse

The Horrors

Julian & Der Fux Liima

The Horrors sehen so horror aus wie die ärgsten Emos vom Klassenfest 2005. Seit demselben Jahr zeigen sie aber stetig, welche großartigen Musiker sie sind. Beim neuesten Album »V«: gleicher Look, musikalisch aber verspielter und elektronischer. Passend zur Experience als DepecheMode-Vorband letzten Mai und Juni. 4. Dezember Wien, Flex

Bye Bye, Vanille! Das Pferd, das dem Debütalbum sein Narrativ geschenkt hat, wird feierlich verabschiedet. Ein letztes Mal schwingen wir unsere Körper noch im Vanille-Beat, ehe es abzuwarten gilt, welchem Tier sich Julian & Der Fux bald annehmen. Autocorrect macht aus Fux immer Lux – ein Hinweis? 19. Dezember Wien, Chelsea

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Bild: Konrad Schmidt

Gerards Bubble platzt? Das rappt er zumindest auf seiner neuesten Single »Azurblau«. In echt wird die Gerard-Blase allerdings einfach nur immer größer und voll mit neuen österreichischen Rap-Acts. Die Future seines heuer gegründeten Labels Futuresfuture sieht also gut aus. Da kann man beruhigt auch mal eine kleine Tour in eigener Sache einlegen. 13. Dezember PPC, Graz — 15. Dezember Wien, Wuk

Menschen liefern besser ab, wenn sie die Deadline sehen. So auch Liima (Efterklang und der finnische Perkussionist Tatu Rönkkö), die sich regelmäßig zu Fünf-Tages-Sessions irgendwo in Europa treffen, um Songs zu schreiben – für »1982« in London, Kopenhagen, Portugal und Berlin. Live spielt’s das Album in noch mehr Städten. 21. Jänner Wien, B72

Hans-Henning Scharsach ..................................................

Do. 14.12. Kabarett

Andreas Vitásek ..................................................

Fr. 12.01. Pop-Kabarett

Rauhnacht – Eine Neujahrstragödie ..................................................

Do. 18.01. Kabarett

Max Uthoff ..................................................

Fr. 26.01. Kabarett

Lisa Eckhart

Bild: Franziska Schrödinger

Wolfgang Bohusch, Andreas Hornoff, Lars Homann, Beese Buam, Kidizin Sane, Primary Talent, Dennis Williamson

Gerard

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Mi. 31.01. Electro / Pop

Leyya POSTHOF – Zeitkultur am Hafen, Posthofstraße 43, A – 4020 Linz Info + Tickets: 0732 / 78 18 00 kassa@posthof.at | www.posthof.at Weiterer VVK: LIVA Servicecenter im Brucknerhaus, Veritas Kartenbüro, oeticket und alle oberösterreichischen Raiffeisenbanken.

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Termine Kunst

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Andere Räume. Collected #7 In der siebten Ausgabe des Ausstellungsformats »Collected« treffen Gemälde und Fotografien aufeinander, die durch Inszenierung des Realen oder das Zeigen von Utopien (Bild-)Räume konstruieren und durch das Schaffen dieser »anderen Räume« ein kritisches Betrachten und Befragen realer Orte ermöglichen. Die Ausstellung setzt ein Vexierspiel aus Utopie und Realität der Bildräume, Medien und letztlich des Museums als Heterotopie in Gang. 29. November bis 21. Jänner Wien, Kunstforum

The Polaroid Project An der Schnittstelle von Kunst und Technologie zeigt die Ausstellung das Phänomen Polaroid zum ersten Mal in seiner gesamten Breite. Bedeutende Künstlerinnen und Künstler – von Ansel Adams bis Andy Warhol – haben im Medium der Sofortbildfotografie neue Wege beschritten und die Ästhetik einer Ära geprägt. Ihren Werken stellt »The Polaroid Project« mit Kameramodellen, Konzepten und Prototypen jene innovative Technik an die Seite, die diese visuelle Revolution überhaupt erst ermöglichte. Bis 25. Februar Wien, Westlicht

Ästhetik der Veränderung Um das österreichische Kunsthandwerk international konkurrenzfähig zu machen, wurde im Jahr 1867 am Österreichischen Museum für Kunst und Industrie die k. k. Kunstgewerbeschule eingerichtet. Sie ist die Vorgängerinstitution der heutigen Universität für angewandte Kunst Wien, die aktuell ihr 150-Jahr-Jubiläum feiert. Ihre Geschichte wird nun in einer großen Ausstellung, die auch Zukunftsszenarien entwirft, aufgearbeitet. 15.Dezember bis 15. April Wien, MAK

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Fantastic Gondolas Mit angesagten DJs, Live-Acts, Disco-Gondeln und Visual Art lädt Lech Zürs am Arlberg zum multimedialen Happening zwischen 1.450 und 2.350 Meter Höhe. Das Kunstevent versetzt die BesucherInnen alljährlich für einen Abend in eine Welt der Licht- und Farbspiele. Renommierte ProjektionskünstlerInnen, DJs und Live-Acts verwandeln die Rüfikopf-Seilbahnen im Zentrum von Lech mit Installationen und Live-Visuals in ein Gesamtkunstwerk. Am Rüfikopf auf 2.350 Metern wird die Hochstimmung rund um die Open-AirBühne vom Blick auf Großprojektionen gekrönt, die die umliegenden Berge als faszinierendes Panoptikum inszenieren. 9. Dezember Lech Zürs am Arlberg

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Termine Festivals

… Ausstellerinnen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz präsentieren auf der Buchquartier 2017 ihr Angebot. Die Buchmesse ist speziell für kleine und unabhängige Verlage gedacht und bietet – bei freiem Eintritt – ein buntes Programm. Unter anderem besteht vor Ort auch die Möglichkeit, mit SchriftstellerInnen und VerlegerInnen ins Gespräch zu kommen. 9. und 10. Dezember Wien, Museumsquartier

This Human World

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Im Rahmen der zehnten Ausgabe des International Human Rights Film Festival This Human World werden die Rechte der Menschen und deren Durchsetzung in den Fokus gerückt. An insgesamt elf Festivaltagen wird eine enorme Bandbreite von über 100 Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilmen (Foto: »Weapon Of Choice«) sowie ein umfangreiches Rahmenprogramm in Form von Performances, Workshops, Lectures und Diskussionen mit führenden ExpertInnen und FilmemacherInnen aus aller Welt in Wien zu sehen sein. 30. November bis 10. Dezember Wien, verschiedene Locations

Florian Kistler

Kirstin Tödtling / Lech Zürs Tourismus, This Human World, Daniel Aude

Winter im MQ Auch heuer verwandelt sich der Innenhof des Museumsquartiers wieder in eine stimmungsvolle Winter-Location. Unter anderem werden in begehbaren Designobjekten – genannt MQbis – ausgefallene Punschspezialitäten zum Aufwärmen ausgeschenkt. Zudem beleuchten LED-Kuben die MQbis und sorgen zusammen mit den strahlenden Bäumen und künstlerischen Lichtprojektionen an den Fassaden für entsprechende Stimmung. Bis 23. Dezember Wien, Museumsquartier

Fridge Festival Bereits zum siebenten Mal haben die BesucherInnen des Fridge Festivals die Möglichkeit, sich gleichzeitig vom Sound internationaler Künstler und von spektakulären Stunts beeindrucken zu lassen. Das einzigartige Konzept sorgt ganztags für Unterhaltung und bringt dabei Big-Air-Rampe und Bühne direkt ins Herz des Skigebiets. 15. bis 17. Dezember Kreischberg

Ja Ja Ja Festival Nach den gut besuchten bisherigen Ausgaben kehrt das Festival für nordische Musik auch 2018 wieder ins Wuk zurück. Sieben Jahre nach der ersten skandinavischen Entdeckungsreise – damals noch unter dem Namen Spot On Denmark im B72 – werden die BesucherInnen zum Erkunden neuer, großteils noch unbekannter KünstlerInnen aus Island, Norwegen, Finnland und Dänemark eingeladen. Vier Acts aus dem europäischen Norden sollen dabei die große Bandbreite skandinavischer Musik abbilden. Inklusive transkontinentaler Vernetzungsgelegenheit für die heimische Musikbranche. Bislang fixiert: Pom Poko, The Holy und Velvet Volume (Foto). 27. Jänner Wien, Wuk

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Art On Snow Hautnah können die BesucherInnen des größten Kunstfestivals der Alpen dabei sein, wenn wieder Eisblöcke in Kunstwerke verwandelt werden. Retro und mit nostalgischen Charme lautet das diesjährige Motto »60 Jahre internationaler Skisport in Gastein – Alpine Ski WM 1958«. Mit dabei sind unter anderem wieder das bayerische Kollektiv Soma Vision sowie der Brite Simon Beck. 27. Jänner bis 2. Februar Gastein

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Termine Kino A Ghost Story

Regie: David Lowery In »A Ghost Story« trifft Drama auf Romanze und Fantasy. C (Casey Affleck) stirbt bei einem Autounfall. Ihm gelingt es nicht, ins Jenseits überzutreten, also versucht er als Geist Kontakt mit seiner Ex-Frau (Rooney Mara) aufzunehmen. Tiefsinn, Trauer und Herzschmerz, passend zur Melancholie der kalten Monate. Start: 7. Dezember 2017

Aloys

Was uns bindet

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Regie: Ivette Löcker ———— In dieser Doku kehrt die in Sankt Michael im Lungau aufgewachsene und nun in Berlin lebende Filmemacherin Ivette Löcker zu ihren Eltern zurück, da diese ihr und ihrer Schwester das renovierungsbedürftige Haus vererbt haben. Löcker stellt fest: Die Auseinandersetzung mit Heimat und Herkunft, mit Idealen und unterschiedlichen Lebensentwürfen und vor allem natürlich mit den zwei Personen, die sich Vater und Mutter nennen, ist längst nicht vorbei. Löcker nimmt das Publikum also mit, ist nah dran, wenn nicht nur das brüchige Haus, sondern die ebenso brüchigen Familienbeziehungen vor der Kamera skizziert werden. Wir sehen zwei Leute, die zwar unter einem Dach, aber dennoch getrennt leben, und wir sehen zugleich eine Familie, die, geschädigt durch die unglückliche Ehe der Eltern, Schaden genommen hat. Start: 1. Dezember 2017

Regie: Tobias Nölle Zur Eröffnung der Georg-Friedrich-Retrospektive des Filmarchivs im Metro Kinokulturhaus feiert »Aloys«, der 2016 erschienene Debütfilm von Tobias Nölle, seine Österreichpremiere. Friedrich spielt einen verschrobenen und voyeuristischen Detektiv, der dank des Aufeinandertreffens mit Vera (Tilde von Overbeck) selbst zum Getriebenen wird. Start: 14. Dezember 2017

Voll verschleiert Regie: Sou Abadi In »Voll verschleiert« trifft Politik auf Komödie: Armand (Félix Moati) verkleidet sich mit Nikab als Frau, um den zum radikalen Muslim gewordenen Bruder Mahmoud (William Lebghil) seiner Freundin Leila (Camélia Jordana) zu besänftigen. Vielschichtiger, als der deutsche Filmtitel verspricht. Start: 28. Dezember 2017

Loving Vincent Regie: Dorota Kobiela, Hugh Welchman Animation trifft auf Kriminalfilm trifft auf Kunst trifft auf Biografie: In »Loving Vincent« wurden alle Szenen zuerst mit SchauspielerInnen gedreht und anschließend in Öl nachgemalt. Erzählt werden Leben und Tod Vincent van Goghs, angelehnt an 800 Briefe des Malers. Spannende Umsetzung. Start: 29. Dezember 2017

Barbara Fohringer

Filmgarten, Thimfilm

The Killing Of A Sacred Deer

120 BPM Regie: Robin Campillo ———— Paris in den 1990er-Jahren: Eine Gruppe von AktivistInnen will Act Up, einen Verein, der sich wie sein US-amerikanisches Vorbild gegen die Diskriminierung und Stigmatisierung von Aids-Kranken einsetzt, in Frankreich etablieren. Durch öffentlichkeitswirksame Aktionen soll Aids politisiert und in den medialen Diskurs gebracht werden. Für »120 BPM« konnten Regisseur Robin Campillo und Philippe Mangeot – gemeinsam verfassten sie das Drehbuch – aus ihren persönlichen Erfahrungen mit Act Up schöpfen. Die Weltpremiere fand in Cannes statt, wo der Film nicht nur äußerst gelobt, sondern auch mit vier Auszeichnungen – unter anderem dem Grand Prix – prämiert wurde. »120 BPM« geht zudem für Frankreich in der Kategorie »Bester fremdsprachiger Film« bei der kommenden Oscar-Verleihung ins Rennen. Start: 4. Jänner 2018

Regie: Giorgos Lanthimos Der Film ist von den Werken über Iphigenie des griechischen Dramatikers Euripides inspiriert und feierte in Cannes seine Weltpremiere. Der erfolgreiche Herzchirurg Steven (Colin Farrell) wird von Martin (Barry Keoghan) erpresst, da dieser sich für den Tod seines Vaters rächen will. Spannend. Start: 18. Jänner 2018

Downsizing Regie: Alexander Payne Liebling, wir haben uns geschrumpft, um der Überbevölkerung entgegenzuwirken: Ein Ehepaar (Kristen Wiig und Matt Damon) lässt sich mit wissenschaftlicher Hilfe verkleinern, um dem Planeten zu helfen und weil sie sich dadurch ein besseres Leben in einer eigenen Community für kleine Menschen erhoffen. Start: 18. Jänner 2018

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© Erik Weiss

Bestsellerautor John Niven in Bestform – intelligent, beißend, saukomisch!

Labor für Festivalgestaltung 10–18 Feb 2018 Magazin 4, Bregenz (Vorarlberg)

poolbar

Konzeption & Umsetzung

352 Seiten · € 20,60 [A] Leseprobe unter heyne-hardcore.de

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Illbilly

frönt der hohen Kunst der tiefen Pointe. Umgekehrt wird aber auch kein Schuh draus

So viel hab ich mittlerweile kapiert – ich bin ein Mann ohne großartige Talente. Ich beherrsche weder ein Instrument noch kann ich jonglieren, auf Stelzen gehen oder Stimmen imitieren. Gut, ich kann Udo Lindenberg nachmachen und Georg Friedrich und Eddie Vedder. Ich kann auch Georg Friedrich nachmachen, wie er Udo Lindenberg nachmacht. Aber damit hat es sich dann schon. Außerdem bin ich noch schlecht in Sport, kriege keinen Kopfsprung ins Wasser hin, weil ich auch nicht wirklich gut schwimme, und wenn ich zum Beispiel Yoga mache, weil das gut für meine verkümmerte Muskulatur, schlechte Haltung und ramponierten Faszien ist, falle ich den meisten Positionen einfach um wie ein Stein. Dann bleib ich reglos liegen und schaue verstohlen der ganzen Klasse auf Brust, Po und Bein. Auch den Herren. Meine Blicke sind dann überall, und weil meistens irgendwo im Yoga-Raum noch eine Spiegelwand ist, fällt gar niemandem auf, wenn ich meine Augis herumschweifen lasse. Alle sind mit sich beschäftigt und ich mit ihren Camel-Toes und Hosenbeulen, von denen ich leider nie weiß, wie der englische Fachausdruck heißt. »Bulge« meine ich einmal in Zusammenhang mit sich in der Hose abzeichnenden Männergemächten gelesen zu haben. Aber üblicherweise fällt mir das Wort nie ein und ich sage dann immer so Dinge wie »Schwanzschatten« oder »Glockenspiel« zu den in Yogahosen frei schwingenden Beidln. Aber nicht dass jetzt jemand glaubt, ich bin ausschließlich auf primäre und sekundäre Geschlechtsmerkmale fixiert. Ich verliere mich auch oft in den Tattoos der braven Yogis. Ein Typ, der drei Jahre nach dem Hype frisurtechnisch noch immer auf Man-Bun setzt, weswegen ich ihn für mich Dutt-Boy und Duttlbär getauft habe, hat etwa auf seiner Wade einen

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Notenschlüssel und ein paar Zeilen einer Melodie tätowiert. Ich glaube aber nicht, dass er ein guter Musiker ist, weil der Notenschlüssel nicht auf der G-Zeile sitzt, wo er hingehört, sondern einfach irgendwohin platziert wurde. Ich strafe so etwas mit innerlicher Verachtung ab und fühle mich nicht einmal schlecht dabei. Die Welt ist so voller interessanter Menschen, da muss man im Vorfeld ein bisschen aussieben. Und jemand, der sich einen Notenschlüssel einfach falsch tätowieren lässt, soll von mir aus Lichtdurchströmungen ohne Ende kriegen, aber intellektuelle Leuchtkraft ist eher nicht von so einem zu erwarten. Eher noch ein spannender Reisebericht vom Backpack-Trip durch die malaysische Inselwelt. Egal. Beim Starren und Spannen nicht erwischt zu werden, ist höchstwahrscheinlich mein größtes Talent. Mein zweitgrößtes dürfte übrigens die Produktion von billigen Kalauern und miesen Wortspielchen sein. Ich sag nur Duttlbär. Das ist übrigens auch mein zweiter Zeitvertreib, wenn ich beim Yoga wie ein Stein umgefallen bin und halbverknotet am Boden liege. Denn fast eineinhalb Stunden nur auf fremde Körper zu glotzen, ist selbst mir oft schon sehr unangenehm. Da fühlt man sich nämlich immer auch ein wenig schmutzig und dirty. So, wie wenn man sich an der Schnellkassa im Supermarkt seinen Einkauf selber scannt und sich aber dabei von einer Kassafachkraft helfen lässt, die es genau wegen dieser Selbstscannerei bald nicht mehr geben wird. Die armen Menschen bei ihrer Selbstabschaffung zu unterstützen, ist nicht gerade nobelhobel. Auch egal. Unlängst, als ich wieder ganz unten auf der Matte angekommen war, überlegte ich mir übrigens eine Liste mit den besten Songs, in denen Nahrungsmittel vorkommen.

Beim Yoga bekomme ich nämlich regelmäßig Hunger. Auch weil ich davor nichts esse. Ich habe nämlich große Angst, dass mir ein Schas auskommt. Und obgleich ich immer weniger Genierer kenne – in einer vollen Yogaklasse einen Koffer mit ordentlich Schmackes aus der ayurvedischen Resteküche abzustellen, ist wirklich nicht mein Style, kommt sicher extrem unnice rüber und lenkt naturgemäß die Aufmerksamkeit auf mich. Das kann ich echt nicht brauchen. Jedenfalls überlegte ich mir Songs rund ums Essen, und da kam einiges zusammen. Um das jetzt alles abzukürzen, schreibe ich es in Listenform hin, was ich mir da am Mattenboden so ausgedacht habe. Also hier jetzt: meine TopSongs zum Thema Essen! 01 Tanze Sambal mit mir, Sambal Oelek die ganze Nacht 02 Sarma Chameleon 03 Reis Like A Phoenix 04 Brimsen And Clover 05 Dumpling Jack Flash 06 Baby You Can Chive My Car Namaste und aus! facebook.com / illbilly

Jakob Kirchmayr

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Know-Nothing-Gesellschaft Down mit der Matte

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Leben auf Sicht Die aktueLLe buchreihe für neue nachhaLtige Wege

zof, DER STANDARD

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barbara nothegger | Sieben Stock Dorf Wohnexperimente für eine bessere Zukunft 176 Seiten, klappenbroschur iSbn: 9783701734092 | iSbn ebook: 9783701745487

reSiDenZverLag.at The Gap 166 060-068 Termine.indd 67

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Im Namen der Schaumkrone!

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