Astrologie und Pop
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N° 175
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AUSGABE JUNI / JULI 2019 — THE GAP IST KOSTENLOS UND ERSCHEINT ZWEIMONATLICH. VERLAGSPOSTAMT 1052 WIEN, P.B.B. | GZ 18Z041505 M
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Editorial The first cut is the deepest! Mein Gesicht seht ihr an dieser Stelle zum ersten Mal, auch wenn ihr meinen Namen vielleicht in einer Ausgabe von The Gap oder auf thegap.at schon einmal überlesen habt. Hallo! Ich bin Theresa, die neue Chefredakteurin dieses wunderschönen Mediums. Außerdem bin ich eine Stier-Sonne und ein Fische-Mond mit Aszendent Widder. Warum das wichtig ist? Das könnt ihr in der Coverstory dieser Ausgabe nachlesen. Darin erklären die Astrologinnen Gerda Rogers und Lori Haberkorn unter anderem, was Horoskope mit Menschen machen (und umgekehrt). Die Moral der Geschichte: Es geht uns Millennials beim aktuellen Astrologietrend um viel mehr als Horoskope. Mit einem Blick in die Sterne starten wir aber auch in den eigentlichen Schwerpunkt dieser Ausgabe: Europa. Wir alle gehen am 26. Mai eine neue Zukunft dieses Kontinents wählen. Wie diese aussehen könnte, hat der Astrologe und Journalist Boro Petric für uns aus dem Geburtshoroskop der Europäischen Union gelesen. Kurz vor der Europawahl wird musikalisch abgestimmt – beim Eurovision Song Contest in Tel Aviv. Ein Großereignis, das nie unpolitisch war und immer ein Messinstrument für kontinentale Trends und (supra)nationale Identitäten. Welche anderen Kampagnen versuchen, dem Image der EU ein Coolness-Upgrade zu geben, hat Thomas Stollenwerk recherchiert. Ob sich das auch in der kommenden Wahlbeteiligung niederschlägt, bleibt abzuwarten. In den EU-Wahlen ist die Bereitschaft der Wahlberechtigten, ein Kreuzchen zu setzen, seit den späten 1970ern um rund 20 Prozentpunkte gesunken – auch wenn Österreich noch als vergleichsweise wählfreudiges Land gilt.
Markus Raffetseder
Bevor ihr euren Wahlschein anmalt, lacht das Bastelherz aber zuerst bei der ersten Edition unseres neuen Formats »The Cut«. In dieser und den nächsten drei Ausgaben von The Gap liefern wir euch Ausschneidematerial in vier Teilen, die zusammengefügt einen Print aus dem Fotobuch »Facts And Fiction« des Künstlers Peter Phobia ergeben. Froh kleben, froh leben!
Theresa Ziegler
Chefredakteurin • ziegler@thegap.at
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Web www.thegap.at Facebook www.facebook.com / thegapmagazin Twitter @the_gap Instagram thegapmag Issuu the_gap
Herausgeber Manuel Fronhofer, Thomas Heher Chefredaktion Theresa Ziegler Leitender Redakteur Manfred Gram Gestaltung Markus Raffetseder AutorInnen dieser Ausgabe Barbara Fohringer, Pia Gärtner, Kasun Jayatilaka, Sofie Kronberger, Dominik Oswald, Michael Mazohl, Nikolaus Ostermann, Michaela Pichler, Kevin Reiterer, Gabriel Roland, Thomas Stollenwerk, Werner Sturmberger, Sarah Wetzlmayr KolumnistInnen Astrid Exner, Illbilly, Gabriel Roland FotografInnen dieser Ausgabe Florian Auer, Rafael Bittermann, Fabian Gasperl, Erli Grünzweil, Michael Mazohl, Nikolaus Ostermann Lektorat Jana Wachtmann Anzeigenverkauf Herwig Bauer, Manuel Fronhofer, Kate Haider, Thomas Heher (Leitung), Martin Mühl, Christina Pikl Distribution Kate Haider Druck Grafički Zavod Hrvatske d. o. o. Mičevečka ulica 7, 10000 Zagreb, Kroatien Geschäftsführung Thomas Heher Produktion & Medieninhaberin Comrades GmbH, Stauraczgasse 10/4, 1050 Wien Kontakt The Gap c/o Comrades GmbH Stauraczgasse 10/4, 1050 Wien office@thegap.at — www.thegap.at Bankverbindung Comrades GmbH, Raiffeisen Bank, IBAN: AT67 3200 0000 1160 0756, BIC: RLNWATWW Abonnement 6 Ausgaben; Euro 21,— www.thegap.at/abo Heftpreis Euro 0,— Erscheinungsweise 6 Ausgaben pro Jahr; Erscheinungsort Wien; Verlagspostamt 1052 Wien Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der HerausgeberInnen wieder. Für den Inhalt von Inseraten haftet ausschließlich der Inserent / die Inserentin. Für unaufgefordert zugesandtes Bild- und Textmaterial wird keine Haftung übernommen. Jegliche Reproduktion nur mit schriftlicher Genehmigung der Geschäftsführung.
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Magazin 012
Astrologie ist wieder Pop. Warum? I saw the sign!
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Freud euch auf das Unbekannte Marvin Kren dreht »Freud« Happy Birthday, Bundesbad! Chillen statt Drillen »Deine Liebe ist ein Schiff, deine Sehnsucht ist die Ferne« Österreichischer Pop zwischen Kleingeist und großem Fernweh
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Proeuropäisch popeuropäisch Popbekenntnisse zu Europa Ein Friday mit Fridays For Future Was treibt jugendliche AktivistInnen auf die Straße? Vier Empfehlungen für den europäischen Festivalsommer Live, leiwand und draußen
ORF, Rafael Bittermann, Rockstar Photographers, Pamela Rußmann, Zoe Opratko
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ORF, Rafael Bittermann, Rockstar Photographers, Pamela Rußmann, Zoe Opratko
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Theresa Ziegler Seit Theresa (25) im April die Chefredaktion bei The Gap übernommen hat und voller Elan in die Produktion dieser Ausgabe eingestiegen ist, verlaufen die Dinge hier wieder in geordneteren, inhaltlich aber sehr spannenden Bahnen. Vor knapp drei Jahren ist Raver Resi, so ihr DJ-Name, aus Niederbayern nach Wien gekommen. Nach einer schnellen Google-Suche (»Magazine Österreich«) hat sich die Soziologiestudentin, sehr förmlich bei The Gap um ein Praktikum beworben. Schon damals wussten wir: Aus der wird mal was.
Werner Sturmberger
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»Komm zu The Gap, du wirst zwar nicht reich, dafür aber berühmt.« Mit diesem Versprechen lockte der frühere Chefredakteur Stefan Niederwieser Werner einst zu uns. Eingetroffen ist nur Teil eins der Prophezeiung. Aber was in den ersten sieben Jahren bei The Gap nicht eingetreten ist, kommt ja vielleicht in den zweiten noch. In der Zwischenzeit vergießt der 37-jährige Oberösterreicher weiterhin Herzblut zu Musik, Theater, Fußball und allem, was mit Gesellschaft zu tun hat – als freier Journalist auch in diversen anderen Medien.
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Rubriken 003 Editorial / Impressum 006 Charts 044 Wortwechsel 046 Workstation: Katharina Kacerovsky Alexander Van der Bellen 050 Prosa: Towander Flagg 052 Gewinnen 053 Rezensionen 058 Termine
Kolumnen
Teil 2: The Gap #176
Teil 3: The Gap #177
Teil 4: The Gap #178
»The Cut« ist The Gaps Antwort auf den »Bravo Starschnitt« unserer Jugend. In dieser und den kommenden Ausgaben liefern wir euch einen Print des Künstlers Peter Phobia in vier Teilen. Ihr müsst diese nur gewissenhaft an der gekennzeichneten Linie ausschneiden und mit einem Klebemittel eurer Wahl zusammenfügen. Peter Phobia ist in Deutschland aufgewachsen, studierte an der Angewandten in Wien und lebt mittlerweile in New York. Das Sujet »To Do #2« ist zentral in Peters Buch »Facts And Fiction«, das Fotos zu seinen aktuellsten Ausstellungen sammelt und bei Pool Publishing erschienen ist.
009 Einteiler: Gabriel Roland 010 Gender Gap: Astrid Exner 066 Know-Nothing-Gesellschaft: Illbilly
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TOP 10
Unglaublich böse Preset-Namen in Massive (Synthesizer) 01 The Boss 02 Boss Sub 03 Mean Octaves 04 Gangster Bass 05 Bad Brum 06 Supressor 07 Bad boy 08 Slapman 09 Hard Nuts 10 Killing Fields
-ko nze rt
TOP 03
Auch nicht schlecht: Sonnenbrille im Nachtclub tragen
k.a
Wie Religion die Politik instrumentalisiert Wie frei ist die Politik von Religion? Die Aufklärung hat zwar eine Säkularisierung versucht, doch die Konkordate des frühen 20. Jahrhunderts legten den Grundstein für eine Verpartnerung von Religion und Staat. Religion bleibt ein bestimmender politischer Einfluss, auf nationaler wie auch auf internationaler Ebene. Vom religiös motivierten Terrorismus bis zum Kreuz im Klassenzimmer schafft das Aufeinanderprallen von Religion und säkularer Gesellschaft Reibungen in der politischen Debatte. Diskussionen um Burkaverbot oder Beschneidung zeigen Demarkationslinien in der Gesellschaft auf und sind damit oft auch Gradmesser für die politische Selbstverortung. Niko Alm analysiert die Instrumentalisierung von Politik durch Religion und hält ein leidenschaftliches Plädoyer für Laizität.
Gabriela Horn alias Pænda ist Österreichs Vertreterin beim Eurovision Song Contest 2019. Ihr neues Album »Evolution II« wurde vor Kurzem bei Wohnzimmer Records veröffentlicht.
Charts Dominik Oswald TOP 10
Überraschend beatige Nummern von großen Schlagerstars 01 Heidi Brühl »Berlin« 02 Stephan Sulke alias Steff »Ma théorie« 03 Cindy & Bert »Der Hund von Baskerville« 04 Howard Carpendale »Du hast mich« 05 Udo Jürgens »Peace Now« 06 Brigitt Petry alias Brigitt »Lass die Hände von Bill Bailey« 07 Karel Gott »Rot und schwarz« 08 Lisa Fitz alias Lisa Bauer »Song vom Hilfsarbeiter« 09 Caterina Valente »Kismet« 10 Die Bambis »Inka City«
TOP 03
Von mir auf Weltklasseniveau zubereitete Speisen 01 Parmigiana di Melanzane 02 Karfiol in Butterbrösel 03 Wurstnudeln Auch nicht schlecht: Einen Hund aus dem Tierquartier adoptieren und ihn gernhaben
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Dominik Oswald ist Musikredakteur bei The Gap, Sixties-DJ und im Brotberuf Konzeptionist bei einer großen Wiener Digitalagentur.
Prvat, Christina Horn
Währinger Straße 59 1090 Wien www.wuk.at
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90s Trash 01 Corona »Rhythm Of The Night« 02 Bomfunk MC’s »Freestyler« 03 Lucilectric »Mädchen«
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Prvat, Christina Horn
Entgeltliche Einschaltung Foto: BMF/AdobeStock
bmf.gv.at
Entlastung Österreich Einfach weniger Steuern „Entlastung Österreich“ bringt weniger Steuern, weniger bürokratischen Ballast und mehr Umweltschutz „Entlastung Österreich“ ist keine punktuelle Steuerreform, sondern ein mehr-
Mehr Spielraum für die Wirtschaft
jähriges Entlastungsprojekt. Ziel ist, die
2020 •
Sozialversicherungsbonus
•
Erhöhung Kleinunternehmer-
finanzielle Belastung für jeden Einzelnen
„Entlastung Österreich“ bedeutet mehr
grenze und Pauschalierungs-
massiv zu reduzieren, ohne neue Schul-
Geld für Investitionen in Österreich und
möglichkeiten
den zu machen oder zusätzliche Steuern
weniger Bürokratie. Verbesserungen für
einzuführen. Erste Maßnahmen, wie den
Kleinunternehmen sowie die schritt-
Familienbonus Plus sowie die Senkung
weise Senkung der Körperschaftsteuer
der Arbeitslosenversicherungsbeiträge
werden Arbeitsplätze sichern sowie
und der Umsatzsteuer im Tourismus,
ausbauen und den Wohlstand im Land
haben wir bereits umgesetzt.
vermehren.
Mehr Geld zum Leben
Mehr Schutz für unsere Umwelt
•
Erhöhung der Grenze von geringwertigen Wirtschaftsgütern
•
Maßnahmen im Umweltbereich
2021 •
1. Etappe der Tarifentlastung
•
Erhöhung des Werbungskostenpauschales
•
Vereinfachung und Entbürokratisierung
Rund 75 Prozent des Entlastungsvolumens
Mit „Entlastung Österreich“ werden wir
kommen arbeitenden Menschen und
Maßnahmen aus der österreichischen
2022
Pensionisten zugute. Kleine Einkommen
Klima- und Energiestrategie zum Wohl
•
1. Etappe der KÖSt-Senkung
profitieren von einem Sozialversicherungs-
unserer Umwelt setzen. Vor allem im
•
2. Etappe der Tarifentlastung
bonus von durchschnittlich 280 Euro pro
Bereich der Mobilität wollen wir ökolo-
•
Erhöhung Gewinnfreibetrag
Jahr. 4,8 Millionen Steuerzahler entlasten
gische Anreize schaffen und Fahrzeuge
•
Mitarbeitererfolgsbeteiligung
wir außerdem spürbar durch eine Senkung
mit geringem Schadstoffausstoß steuer-
mehrerer Einkommensteuertarifstufen.
lich begünstigen.
Weitere Informationen auf entlastung.at The_Gap_175_003-011_Splitter_BBA_MF.indd 7
Gesamtentlastungsvolumen ab 2022: 8,3 Mrd. Euro
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kunst und bewegung
24.5. – 13.10.2019 linz KünstlerInnen: Memo Akten, Marina Apollonio, Benjamin Bergmann, Dietmar Brehm, Osvaldo Cavandoli, Gianni Colombo, William Forsythe, Achim Freyer, Aldo Giannotti, Helmuth Gsöllpointner, Heatherwick Studio, Leopold Kessler, Josef Linschinger, Constantin Luser, Helena Martins-Costa, Claudia Märzendorfer, Manfred Mohr, Numen/For Use, Helga Philipp, Alexander Ponomarev, Ief Spincemaille, Andreas Strauss, Jean Tinguely, Universal Everything, Urgent.Agency, Te-Yu Wang, u.a.
OÖ Kulturquartier, OK Platz 1, A-4020 Linz, +43.732.78 41 78, www.ooekulturquartier.at
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Gabriel Roland
betrachtet die hiesige Modeszene Stück für Stück
Fabian Gasperl
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Einteiler Punkt im Raum
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In der Geometrie ist ein Punkt ein Konstrukt ohne Ausdehnung in irgendeine Richtung. Anstatt sich in Länge, Breite oder Höhe zu erstrecken, gibt er genau eine Position im Raum an. Weil wir uns aber von etwas so Genauem ebenso wenig ein Bild machen können wie von etwas Unendlichem, behilft man sich damit, möglichst kleine, möglichst kreisförmige Flächen zu zeichnen, die als Annäherung dann die Aufgaben des Punktes zu erfüllen haben. Je spitzer der Bleistift, desto besser gelingt das. In der Mode sind Punkte viel körperhafter. Schon die englischsprachigen »polka dots« legen nahe, dass es hier ungleich lebendiger zugeht. (Dass wir nicht »Polkapunkte« sagen, ist übrigens ein unerklärliches Versäumnis.) Ein gutes Beispiel ist die hier abgebildete Jacke von Zacro: Obwohl ihre Punkte absolut regel- und gleichmäßig angeordnet sind und in schlichtem Schwarz auf weißem Grund daherkommen, geben sie dem Stück sofort etwas Spielerisches. Genauso wie Streifen organisieren Punkte eine Fläche, aber selbst das ordentlichste Punktmuster lässt dem Auge mehr Freiraum als die wildesten Streifen. Mit Punkten kommt Bewegung. Sind sie klein und eng gesetzt, sorgen sie für ein malerisches Flirren. Sind sie groß und grafisch wie hier, können Punkte ein ganzes Kleidungsstück ins Rollen bringen. Die Punkte tanzen Polka mit der Jacke. Gleichzeitig sind sie aber kompakte Anker für das Auge.
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Shinya Abe, der die Relax-Garden-Boutiquen und ihr hauseigenes Label Zacro betreibt, ist gut darin, Textilien aufzutreiben, die Rohheit mit Raffinesse verbinden. Viele seiner Textilien bezieht er aus Korea, so auch diese schwarzen Punkte auf weißem Denim. Auf der Suche nach einer dynamischen Jacke, verlässt sich Abe aber nicht nur auf Punkte. Das Stück rollt auch deswegen so gut, weil der Schnitt beinahe ohne gerade Linien auskommt. Der nach unten weit ausgestellte Kimonoärmel schließt an ein sichelförmiges Zwischenteil an und das wiederum an ein selbst auch nicht rechteckiges Rückenpanel. So wird die Jacke beinahe zu einer Kugel – oder eher zu einem Kreis. Man kann die Jacke nämlich trotz all ihrer gekrümmten und geschwungenen Linien ganz flach auflegen. So wird aus dem Körper wieder eine Fläche und die Schnittteile ergeben wie bei Tangram nebeneinanderliegend ein Bild. In diesem Zusammenhang sei allen LeserInnen dieser Kolumne als Belohnung dafür, dass sie es bis in den letzten Absatz geschafft haben, der Katalog der Ausstellung »Future Beauty: 30 Years Of Japanese Fashion«, die
2010 im Londoner Barbican stattgefunden hat, ans Herz gelegt. Darin wird demonstriert, wie Kleidung sowohl am Körper als auch flach aufgelegt schön sein kann. Und damit wäre auch der Kreis zum Punkt geschlossen, der genauso zwischen Ebene und Raum, Konstruktion und Realität, hin- und herspringt. roland@thegap.at • @wasichgsehnhab Die Kleidung von Zacro kann bei Relax Garden in London (40 Kingsland Road) und Wien (Neubaugasse 59) gekauft werden.
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Astrid Exner
beschäftigt sich hier mit den großen und kleinen Fragen zu Feminismus.
Letztens hatte ich beruflich in Paris zu tun. Die Kathedrale Notre-Dame stand noch unversehrt auf der Île de la Cité, das Frühlingswetter war prächtig, die Locals saßen beim Roséwein am sonnigen Trottoir, und ich hörte in einem Meetingraum dem dänischen Gründer eines Startups dabei zu, wie er sein berufliches Baby einer Gruppe von potenziellen GeschäftspartnerInnen schmackhaft zu machen versuchte. Er zeigte uns stolz die Belegschaft, die er um sich versammelt hatte. Ihr ahnt es: Es waren ausschließlich Männer, die von der Projektionsfläche zu uns herunterschauten. Ich stellte also interessiert die Frage: »Do you have any women on your team?« Ich kann das nur weiterempfehlen, denn wie auf die Frage reagiert wird, spricht Bände. Was dem dänischen Firmengründer als angemessene Wortwahl schien, war zum Beispiel nicht bloß strunzdumm, sondern auch höchst illegal. Er sagte: »Nein, aber ich hatte mal eine Frau als Mitarbeiterin. Die ist allerdings nach zwei Monaten schwanger geworden. Das hat meine junge Firma finanziell fast in den Ruin getrieben.« Und dann: »Deswegen werde ich nie wieder eine Frau anstellen.« Nach ein paar perplexen Augenblicken erkundigte ich mich: Ob er wisse, dass seine Personalpolitik in vielen Ländern gegen Gleichbehandlungsgesetze verstoße. Daraufhin legte der Kerl nach, das sei einfach seine Meinung und alles andere sei ihm egal.
Karenz-Facts There’s a lot to unpack here. Erstens: Warum behauptet ein Firmenchef, die Schwangerschaft einer Mitarbeiterin habe ihn Geld gekostet? Derartige Gerüchte halten sich auch in Österreich hartnäckig. Wer noch nie in Mutterschutz oder Elternkarenz war, musste vielleicht auch noch nicht darüber nachdenken, wer das Geld während dieser Zeit aufs Konto überweist. Aber genauso wie beim Arbeitslosengeld oder einer Bildungskarenz springt auch während des Mutterschutzes und der Elternkarenz hierzulande die öffentliche Hand ein – aus gutem Grund.
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Auf Nachfrage stellen Bianca Schrittwieser und Ingrid Moritz von der Abteilung Frauen und Familie der Arbeiterkammer Wien klar: »Während der Elternkarenz entstehen dem Arbeitgeber keine Kosten für die karenzierte Arbeitnehmerin, das Kinderbetreuungsgeld wird durch die öffentliche Hand (Familienlastenausgleichsfonds) finanziert. Während des Beschäftigungsverbotes wird Wochengeld aus Mitteln des FLAF und der Sozialversicherung bezahlt, auch hier fallen für den Arbeitgeber keine Kosten an.« Einzige Ausnahme: »Lediglich im Fall einer Freistellung aus arbeitsplatzbezogenen Gründen, weil die Tätigkeit oder der Arbeitsplatz für Mutter und/oder Kind eine Gefahr darstellen könnte und wenn der Arbeitgeber keinen Ersatzarbeitsplatz hat, muss der Lohn fortgezahlt werden.«
Angst vorm Uterus Die Work-Life-Balance-Richtlinie, die Anfang April im EU-Parlament beschlossen wurde, sieht Mindestrechte für Eltern auf europäischer Ebene vor. Sie stellt aber auch fest, dass sich die Mitgliedsstaaten bei der Umsetzung bemühen sollen, keine Auflagen vorzuschreiben, »die der Gründung und dem Ausbau von KMU entgegenstehen oder Arbeitgeber einer unverhältnismäßigen Belastung aussetzen.« Das Angstgespenst der »unverhältnismäßigen Belastung« von vor allem kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) hat spürbare und pauschale Auswirkungen auf diejenigen Personen, die aufgrund ihres biologischen Geschlechts als »gebärfähig« schubladisiert werden. Und da geht es noch nicht einmal um den Gender Pay Gap, sondern allein um die Chance, überhaupt einen Job zu bekommen, der dann niedriger bezahlt ist als der eines gleich qualifizierten Mannes. Da geht es um Frauen, die schon im ersten Vorstellungsgespräch vorauseilend betonen, dass sie keine Kinder wollen, weil sie spüren, dass sie nur mit dieser Klarstellung im Rennen um den Job bleiben. Es geht auch um Frauen, die ohne Angabe des (wahren) Grundes gar nicht erst zu Vorstellungsgesprächen eingeladen werden.
Der dänische Start-up-Gründer weicht der Möglichkeit einer schwangeren Mitarbeiterin so großflächig wie nur möglich aus, indem er es kategorisch ablehnt, jemals wieder eine Frau anzustellen. Jeder Uterus ist für ihn eine tickende Zeitbombe. Das ist wie gesagt schlicht illegal. Das ist aber leider auch weit verbreitet. Vor allem dort, wo die Entscheidungsträger männlich sind. Im EU Startup Monitor Report 2018 ist zu lesen, dass der durchschnittliche europäische Gründer (sic!) 38 Jahre alt und männlich (82,8 %) ist. In Österreich sind es sogar zu 88,5 % Männer, die Start-ups gründen. EU-weit entscheiden diese Männer im Schnitt über siebeneinhalb neue Stellenbesetzungen pro Jahr in ihrem jungen Unternehmen. Einzelfall? Ein Blick über den großen Teich zeigt: An der Wall Street ist die Situation ähnlich, wenn auch aufgrund einer anderen Ausgangslage. Weniger als 17 % der Führungsspitzen in US-Investmentbanken und weniger als 10 % aller US-FondsmanagerInnen sind weiblich, so CNBC. Und was überlegen sich die Chefs dort gerade? Richtig, nie wieder Frauen in ihr Team zu holen. Die Bloomberg-Reporterin Katia Porzecanski untersucht den Backlash zum #metoo-Movement, der an der über die Maßen männlich dominierten Wall Street brodelt. Sie sagt: »Männer scheinen zu glauben, dass es besser für sie ist, nicht mehr mit Kolleginnen zu interagieren.« Mehr noch: »Manche Männer denken sogar offen darüber nach, überhaupt keine Frauen mehr einzustellen.« Aus diesem Grund existieren Gleichbehandlungsgesetze. Zur Erinnerung im Wortlaut: »Auf Grund des Geschlechtes (…) darf im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses, bei der Festsetzung des Entgelts, bei der Gewährung freiwilliger Sozialleistungen, die kein Entgelt darstellen, bei Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung und Umschulung, beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen, bei den sonstigen Arbeitsbedingungen, bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.« exner@thegap.at @astridexner
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Gender Gap Und deswegen werde ich nie wieder eine Frau anstellen
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Respekt zählt. Wien wählt Europa! Du bestimmst, was in Europa zählt. Bei der Europawahl am 26. Mai 2019. Am Wahltag haben alle Wahllokale in Wien von 7 bis 17 Uhr geöffnet. Vergiss nicht für deine Stimmabgabe ein gültiges Identitätsdokument (z. B. Reisepass, Personalausweis, Führerschein, Studierendenausweis) mitzunehmen.
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I saw the sign! Astrologie ist wieder Pop. Warum?
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die eigene Musik zu kommunizieren – und es besteht eine große Chance, dass die HörerInnen diese auch verstehen. Das weiß auch Ebow, wenn sie rappt: »Du bist Scorpio? / Ist mein rising / Ich weiß ganz genau, wie dein Mind tickt« (»Neon Licht«).
Birth Charts in den Charts Wenn sich also vor allem auch MusikerInnen sowieso mit Astro-Memes und ihren Horoskopen beschäftigen, liegt es nicht so fern, dass Festivals ihre Line-ups mit den Sternzeichen ihrer Acts promoten. Der InstagramFeed des Hyperreality Festivals ist voll mit steckbriefartigen Shareables der angekündigten KünstlerInnen, die sich mit ihren Sonnen und Aszendenten vorstellen. Fragt man Marlene Engel, die Leiterin des Hyperreality, selbst nach der Stellung von Sonne, Mond und Aszendenten in ihrer Geburtsstunde, antwortet sie: »Steinbock, Widder, Zwilling – oder in anderen Worten: arbeitet viel und ist ehrgeizig mit Hang zum Exzess und Exzentrik. Glaub ich.« Da das Hyperreality in diesem Jahr zum ersten Mal unabhängig ist, habe sich das Team lange überlegt, wie man das Lineup ressourcensparend vorstellen könne, ohne einfach nur die Kurzbeschreibungen zu kopieren, die die Agenturen der Acts aussenden. »Ich wollte einen Zugang finden, die Arbeit der Künstlerinnen anders als sonst zu präsentieren, und denke, das ist uns gelungen«, sagt Marlene. Anders hätten wir wohl nicht so schnell erfahren, dass Quay Dash Jungfrau ist und Wwwings Widder mit Aszendent Krebs. Auf Instagram präsentiert auch Lori Haberkorn ihre Arbeit, die aber ganz anders ist als die der Hyperreality-Acts. Vor gut einem Jahr hat sie sich als spirituelle Coach und Veranstalterin von Mondzirkeln selbstständig
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Jahrzehntelang war das Image von Astrologie klassisch das Bild der ’68er-Großtante, die um ihr Geld gebracht wird. Heute sind es eher Business-Meetings, die wegen eines rückläufigen Merkurs verschoben werden. Wann ist das passiert? Eine Annäherung daran, wie wir plötzlich Astrologie zwischen den Zeilen der Planeten lesen. ———— Es ist für hobbymäßige TrendforscherInnen ein sehr interessantes Gefühl, wenn sich gewisse Regelmäßigkeiten in der eigenen Mediennutzung und im Konsumverhalten ausfindig machen lassen. Wenn auffällt, dass in Memes und InstagramCaptions immer öfter diese lila KästchenEmojis mit den verwirrenden Sternzeichen verwendet werden, die man sonst immer weitergewischt hat. Wenn in den hippen Geschäften ganze Tische voll mit Horoskopbüchern – für jedes Sternzeichen personalisiert – aufliegen und du dir dabei zusiehst, wie du sie selbst verschenkst. Schon seit dem Jahreswechsel 2017/18 ist in der Liebesheirat zwischen Astrologie und Memes eine Nische entstanden, die seither Social Media bestimmt hat. Einer der Stars unter den Meme-Kanälen ist @notallgeminis – eigentlich Courtney Perkins aus Los Angeles, die mittlerweile für The Fader und Garage Astrologieartikel schreibt. Hier hat sie sich vor allem darauf spezialisiert, die Sternzeichen in Popkulturikonografie darzustellen: als Celebrity Airport Looks oder J.Lo-Songs. Unter den Follower von @notallgeminis verstecken sich Frank Ocean und der InstagramAccount der Künstlerin, die anderswo Hyäne Fischer heißt. Astrologie wird aber nicht nur in Memes verarbeitet. Astrologie ist auch selbst ein Meme. Mit Sternzeichen-Lyrics hat sich eine weitere metaphorische Ebene aufgetan, durch
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Reale Konsequenzen Lori nennt die Personen, die ihre Angebote nutzen, nicht KlientInnen oder KundInnen. Sie nennt sie »ihre Frauen« – denn es sind de facto fast immer Frauen. »Ich glaube, dass ganz viele eben langsam realisieren, dass sie so sein dürfen wie sie wirklich sind, und nicht ein Produkt der Gesellschaft sein müssen«, sagt Lori. Astrologie sei ein Tool, den Lebensweg intern und selbstbestimmt zu kalibrieren und nicht von externen Impulsen abhängig zu machen. Auch wenn paradoxerweise externe Planeten die Energie dafür liefern. Egal, ob man dieser Sicht zustimmt, Lori Haberkorns »Frauen« nehmen sich aus ihrem Coaching
Auch ein Phänomen: Gerda Rogers. Seit 27 Jahren moderiert Österreichs wohl bekannteste Astrologin die Radiosendung »Ö3 Sternstunden«. Als Steinbock, Aszendent Skorpion, ist sie auch mit 77 Jahren immer noch in ihren astrologischen Praxen in Baden und Linz beratend tätig. Wenn es um Interviews geht, werden Gerda Rogers allerdings auffallend häufig sehr private Fragen gestellt. Ob das mehr damit zusammenhängt, dass Rogers einfach eine Frau im öffentlichen Leben ist, oder mit den eher als intim geltenden landläufigen Assoziationen mit Astrologie? »Das ist ein ganz normales Phänomen, wenn man einigermaßen prominent ist«, sagt Gerda Rogers, »aber natürlich spielt in meinem Fall der Zusammenhang zwischen astrologischem Einblick in das eigene Schicksal und der Realität meines Lebens auch eine besondere Rolle.« Bevor du mir mein Schicksal verrätst, verrate mir erst deines – emotionaler Handel auf dem Rücken der Sterne. Den Trend, dass sich gerade Millennials wieder verstärkt der Astrologie annehmen, sieht Gerda Rogers nicht so stark vor sich, da sich bei den »Sternstunden« immer schon vor allem junge Menschen an sie gewandt hätten. Im Übrigen sind heutig junge Menschen auch nicht die erste Generation, die den Blick auf die Sterne richtet. Den letzten großen Trendaufschwung hatte Astrologie in der New-Age-Bewegung der späten 1960erJahre. Auch damals haben sich Sternzeichen in die Popkultur geschlichen – allen voran das »Wassermann-Zeitalter« als dominierende Metapher in zeitloses Hits wie »Aquarius / Let The Sunshine In« von The 5th Dimension, eigentlich eine Coverversion des Intros aus dem Musical »Hair«.
»Die Astrologie ist im Prinzip ja nichts anderes als eine Rhythmenlehre, die genaue Auskunft über die unterschiedlichen Zeitqualitäten gibt.« — Gerda Rogers die Motivation heraus, die sie nicht selten ihre Berufung finden lässt. Überhaupt gehe es in den persönlichen Coachings, im krassen Unterschied zu den eher liebesbezogenen Tarot- Sitzungen, hauptsächlich darum, mithilfe der Planeten weg vom alten Job und hin zur erfüllenden Tätigkeit zu gelangen. Hier könnte man auch das in der Soziologie bekannte Thomas-Theorem unterbringen: »If men define situations as real, they are real in their consequences.« Astrologie ist in diesem Sinne ein soziologisch zu betrachtendes Phänomen.
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Anders als Lori Haberkorn berichtet Gerda Rogers, dass sich in ihren Beratungen alles nach wie vor um Liebe und Partnerschaft drehe. »Der Unterschied zu früher liegt wohl eher darin, dass sich sowohl bei Beziehungen als auch im Job das Rad immer schneller zu drehen scheint, wodurch auch Verunsicherung und Ungeduld da wie dort deutlich zunehmen«, analysiert Rogers. Im Grunde auch eine eher soziologische Aussage. Noch vor Gesellschaftsdiagnosen kommt bei Gerda Rogers aber das Coaching-Mindset:
»In einem Horoskop sieht man sehr genau, zu welchen Verhaltensmustern der jeweilige Mensch neigt und vor allem warum. Dann ist es unter anderem meine Aufgabe, sie zu Lernprozessen zu ermutigen, die es ihnen ermöglichen, überholte Muster hinter sich zu lassen und sich – gemäß den Möglichkeiten und Aufgaben, die ihr Horoskop aufzeigt – weiterzuentwickeln.« Ist es dieser dem Hyperkapitalismus inhärenten »Sei dein bestes Selbst«-Fetisch, der Astrologie heute wieder zum erfolgreichen und funktionierenden Trend macht? Oder warum beschäftigen sich so viele Menschen, die Popkultur produzieren, mit Sternenbildern, obwohl sie gar nicht unbedingt an ihr Horoskop glauben? Das ist eine Frage, die viele popaffine Medien in den letzten Monaten für sich beantworteten. Das US-amerikanische Magazin The Atlantic sieht den Millennial-Hype um Astrologie als Symptom entweder der hohen Stressbelastung der Generation oder eines möglichen Cultural Turns, vergleichbar mit dem Aufkommen der Romantik, beziehungsweise als eine Hinwendung von heutig jungen Menschen zu gleichzeitig realen und unrealen Orten, wie auch das Internet einer ist. Hengameh Yaghoobifarah hat für das Missy Magazin schon längst den Begriff der Queer Astrology im deutschsprachigen Raum verbreitet. Ihre These: Astrologie ist wie viele spirituelle Praxen mit einem »Hexen«-Stigma und als grob feminin abgestempelt. Horoskope und Chart-Readings zu verurteilen, sei also ein klassischer Mechanismus des Patriarchats, potenziell widerständige Praxen zu unterdrücken. Auch Marlene Engel warnt, danach gefragt, wie sie persönlich zu Astrologie steht, vor Wissenskolonialismus. Zum Millennial-Hype-Verständnis gehört eben auch der Zugang über Instagram. Lori Haberkorns on-brand-ästhetisierter Account bringt ihr mittlerweile eigentlich alle ihre KundInnen ein. Es mag paradox erscheinen, dass wir gerade auf Plattformen, die als der oberflächliche Tod unserer Generation gelten, nach einer tiefgreifenden, allumfassenden Erklärung der eigenen Person suchen, die manche in ihrem Geburtshoroskop finden. »Man kommt wirklich zurück zu Essenz. Weißt du, da geht es nicht um irgendeine Oberfläche«, meint Lori. Es wäre zu kurz gegriffen, wenn wir sagen, dass wir eben diese Essenz auf einer LED-Oberfläche suchen. Denn eigentlich, ganz eigentlich, geht es beim jetzigen Astrologie-Trend nicht unbedingt darum, ob wir wirklich Erklärungen finden.
Gerda Rogers und Astro-Memes Auch Gerda Rogers findet Astrologie-Memes lustig. »Ich bin ein humorvoller Mensch, habe also überhaupt kein Problem mit einem satirischen Umgang mit dem Thema Sternzeichen. Und meistens sind die ironischen Darstellungen der einzelnen Sternzeichen auch sehr zutreffend und bestätigen damit ja nur die astrologischen Erkenntnisse«, sagt sie. Ob
Erli Grünzweil, Susanna Hofer (Set-Design)
gemacht. Ihr »New Moon In Taurus Circle« Anfang Mai war bereits Mitte April ausverkauft. Als sie sich endgültig entschieden hatte, das spirituelle Coaching zum Hauptberuf zu machen, habe sie auf der Stelle alles gekündigt und ihr Astro-Business gegründet. Dann sei es »total irre« gewesen, wie easy und erfolgreich alles von Anfang an gelaufen sei. Gerade jetzt sei eben die Zeit da für spirituelle Angebote. Loris Mutter veranstaltete früher auch einen regelmäßigen Mondzirkel, bei dem sich ein Kreis an immer denselben Frauen in Loris damaligem Zuhause in Oberösterreich getroffen hat. Geheim musste das sein, denn damals seien die »Eso-Tanten« noch nicht so angesehen gewesen. »Als ich noch in Wien war, hatte ich auch das Gefühl, dass sich niemand damit beschäftigt, dass es auch noch überhaupt kein Thema ist. Ich habe jetzt das Glück, dass sich alles schon verändert hat, der ganze Zugang dazu. Ich muss es nicht mehr geheim machen«, erzählt Lori, die mittlerweile in Berlin lebt und arbeitet.
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Erli Grünzweil, Susanna Hofer (Set-Design)
Susanna Hofer hat für unser Cover-Shooting Sternenstaub in Ton gebrannt – entstanden ist ein Stillleben aus Sternzeichen. Erli Grünzweil fing das Arrangement fotografisch ein.
es also eine astrologische Erkenntnis ist, dass uns ein Fische-Mond zu PoetInnen macht oder ein Widder-Aszendent zum Boss, steht nicht zur Diskussion, da die Identifikation mit Metaphern meist die eigene Gedankenebene nicht verlässt. Und diese ist bekanntlich radikal frei. Wenn sich ein gewisser astrologischer Habitus allerdings in die Handlungen der Menschen einbringt, die vielleicht gar nicht wirklich oder nur ironisch an Planetenenergie glauben, hat sich ein paradoxer Trend ergeben. Business-Meetings oder Dates, die aufgrund der aktuellen Stellung des Merkurs verschoben werden, sind nur ein Symptom für das Bedürfnis vieler, einen externen Rat befolgen zu können und Entscheidungsgewalt abgeben zu dürfen. »Die Astrologie ist im Prinzip ja nichts anderes als eine Rhythmenlehre, die genaue Auskunft über die unterschiedlichen Zeitqualitäten gibt und zwar auch ganz speziell für unsere individuellen
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Prägungen und Anlagen. Damit die Dinge so funktionieren, wie ich sie mir wünsche, muss vieles zusammenpassen und es muss der richtige Zeitpunkt dafür sein. Und diesbezüglich stellt die Astrologie, das individuelle Horoskop, eine hervorragende Orientierungshilfe dar«, findet Gerda Rogers. Denkt man das mit Lori Haberkorn weiter, kann die Beschäftigung mit Planetenkreisen der externe Impuls sein. Der Nutzen, den wir daraus ziehen, ist der Output nach der mentalen und emotionalen Verarbeitung in einem selbst.
»I don’t date Geminis« Denn das Lesen der Planeten ist eben nicht nur ein Tool zur »Energiearbeit«. Durch Astrologie, und vor allem durch die popkulturelle Bearbeitung derer, reflektieren wir Handlungsmuster. Die zwölf Tierkreiszeichen dienen als Metapher für Verhalten, das sich sonst nicht so verkürzt und trotzdem
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pointiert darstellen lässt. Wenn Lizzo in »Soulmate« singt, dass sie sich davon verabschiedet hat, sich in Geminis zu verlieben, dann heißt das nicht, dass es hier wirklich um im Juni geborene Personen geht. Zwillinge sind bekannt für ihre zwei Gesichter, ihr großes Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und danach, sich nicht festlegen zu müssen. Das trifft nicht nur auf Sommerkinder zu, sondern auch auf willkürlich im Jahr verteilte Geburten. Der beliebte Ausruf »I don’t date Geminis« – ob er auf einem T-Shirt steht oder auf dem eigenen Moodboard – bedeutet daher, Personen, die sich wie Geminis verhalten, genau das aufzuzeigen und sich ihrer Negativität für den eigenen Vibe nicht mehr hinzugeben. Astrologie kann also Selbstermächtigung sein. Self Care trifft Empathie – eine Win-Win-Situation. Selbstermächtigung und -reflexion sind aber gleichzeitig auch Worte, die vielen Angst machen. Die intensive Beschäftigung mit den eigenen Verhaltens- und Denkweisen ist anstrengend und kann unerwartet gut isolierte Ecken aufreißen. Gerade denen, die sich vor jeglichen Therapieformen fürchten, täte eine solche bekanntlich besonders gut. Wenn Lori Haberkorn von ihren »Golden Circle Rituals« erzählt, hört sich das gar nicht so weit weg von einer therapeutischen Gruppensitzung an – natürlich minus dem spirituellen Gehalt. Astrologie kann erstens die bewusste Entscheidung gegen toxisches Verhalten anderer und für Personen, die einem gut tun, sein. Astrologie kann dann zweitens, angewandt auf das eigene Verhalten, eine Annäherung an Selbstaufarbeitung sein – für Personen, die Esoterik näher stehen als der Aussicht, für klassische Therapieformen im eigenen Umfeld stigmatisiert zu werden. Lori berichtet von einer extremen Nähe, die bei ihren Mondritualen im Zirkel entstehe. Enge Freundschaften, auch Jobangebote hätten sich dabei schon ergeben. Networking auf tiefstem Level – es gehe darum, »Masken fallen zu lassen«. Auch Marlene Engel sieht das ähnlich: »Selbst wenn man total skeptisch ist, kann man sich eingestehen, dass es sich um ein Mittel zur Selbstreflexion handelt, ob allein oder mit anderen.« Auf die Frage, ob Hyperreality unter einem guten Stern stehe, fragt Marlene kurzerhand ihre Freundin, Astrologin und Künstlerin Verena Dengler, die die Birth Chart des Festivals daraufhin interpretiert. Hier geht es gar nicht primär darum, was im Hyperreality-Horoskop steckt. Es geht darum, sich über ein Reflexionsinstrumentarium zu unterhalten und zu vernetzen. Theresa Ziegler Besser als Smalltalk.
Das Hyperreality Festival For Club Culture findet von 17. bis 18. Mai und von 24. bis 25. Mai auf der Sophienalpe in Wien statt. Lori Haberkorn ist als @lorihaberkorn auf Instagram zu finden. Und Gerda Rogers’ Beratungshotline ist unter 0900 / 600 515 zu erreichen.
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Europa und die Sterne Das Thema der Zeit: Nein sagen Wir haben Boro Petric, einen autorisierten Astrologen der Österreichischen Astrologischen Gesellschaft, nach seiner Einschätzung zu den Horoskopen der EU und der EU-Wahl gebeten. ———— Das Schicksal ist astrologisch gesehen ein bestimmtes Thema zu einem bestimmten Zeitpunkt. Unsere Freiheit ist, das Thema aktiv zu leben – oder passiv zu erleiden. Ausweichen können wir ihm nicht. Das aktuelle Thema heißt Capricorn/Steinbock. Und Steinbock sagt: »Nein!« Sagt: »So geht es nicht weiter! Die Grenze ist erreicht!« Und: »Keine Zeit!« Das Problem von jedem »Nein« ist, dass eine Frage bleibt: Wie dann? Die Antwort gibt erst – in 18 Jahren – der Wassermann: »Anders!« Bis dahin zementiert Capricorn das Abund Ausgrenzende, alles Alte und Harte. Seine Steinbock-RepräsentantInnen hebt er empor, egal ob das nun Menschen sind (mit
Geburtstagen von 12. Jänner bis 12. Februar), Länder (wie Russland und Indien, Oberösterreich und die Steiermark), Städte (Brüssel und Linz) oder Gebirge generell. Alle VertreterInnen des Gegenzeichens – das ist Cancer/Krebs (Geburtstage von 14. Juli bis 16. August) – geraten unter Druck und müssen sich radikal ändern. Das trifft alles, was am Meer liegt: Venedig, Amsterdam, Holland, die große Stadt Istanbul, die Türkei. Und in Österreich: Niederösterreich, die Wachau. Bei den Europawahlen 2019 stimmt Capricorn für die Konservativen und Alten: Johannes Voggenhuber (der Liste Jetzt gelingt der Einzug ins EU-Parlament) und Othmar Karas (betoniert Platz eins der ÖVP). Karas könnte sich allerdings nach einem Jahr unerwartet aus der Politik zurückziehen oder für höhere Ämter kandidieren.
Seit 1991 beobachtet Boro Petric die Zusammenhänge zwischen Himmel und Erde. Für Fragen an ihn oder die Sterne: orakel@boroskop.com.
Die Römischen Verträge Die Geburt der Europäischen Union Montagabend, 25. März 1957, 18:30 MEZ [Venus-Stunde], Rom
Die Europawahlen 2019 Mars Attacks Sonntag, 26. Mai 2019, 17:00 MESZ
Die Europawahlen 2019 Das Rote Quadrat Sonntag, 26. Mai 2019, 17:00 MESZ
So sehen die Europawahlen 2019 aus: Mars greift die EU-Beziehungen (links den Aszendenten, also den Ich-Punkt, und rechts den Du-Punkt) an. Das ist das Horoskop einer Scheidung. Zudem gibt es ein großes, rotes Quadrat zwischen Uranus und Uranus, Neptun und Mond (nächste Grafik): Das zeigt die Notwendigkeit großer sozialer (Neptun) Veränderungen (Uranus) für die Menschen (Mond), womöglich auch die Notwendigkeit einer Weiterentwicklung vom Staatenbund zum Bundesstaat. Und es zeigt auch den Schwachpunkt der EU auf: den harten, kalten Mond in Capricorn / Steinbock. Die EU ist eine VernunftEhe (Jungfrau). Mit Emotionen (Mond) tut sie sich schwer.
So sehen notwendige Veränderungen aus: Etwas muss sich ändern! Das Was ist nicht so klar. Das ist eine schwierige Situation. Und eine historische: Was jetzt gedacht und gemacht wird, wird für Europa für das gesamte 21. Jahrhundert von Bedeutung sein. Der große Zyklus von Uranus beträgt 84 Jahre. Was trotz aller Schwierigkeiten Mut und Hoffnung macht: Die Regierungen (Sonnen) und das Volk (die Monde) sind besonnen und entspannen das starre Quadrat durch konstruktive, positive (hier grüne) Linien. Beide bleiben Teil und Lösung des Problems.
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Ja sagen die EU-Sterne nur zu einer Jüngeren: Claudia Gamon. Neos erzielt Zuwächse und wohl ein zweites Mandat. Harald Vilimskys Horoskop ist gespalten in gute und böse Verbindungen; FPÖ polarisiert – und mobilisiert – stark. Ungünstig stehen die Sterne für Andreas Schieder – bestenfalls hält die SPÖ Platz zwei – und Werner Kogler – die Grünen schaffen es kaum nach Brüssel. Das ist keine Zeit für »Keine Mauern mehr« (Simone, 1990). Zum Covern empfehlen sich Songs von Pink Floyd (»Another Brick In The Wall«) und The Supremes (»Stop! In The Name Of Love«). Boro Petric
So sieht das Geburtshoroskop der EU aus. Sie wird als Handelsunion (Aszendent: Virgo/ Jungfrau) gegründet. Sie ist ganz auf Beziehungen ausgerichtet: Sonne, Merkur und Venus stehen rechts auf der Du-Seite des Horoskops. Es ist ein großes Friedensprojekt, aus der Not und den Erfahrungen eines verheerenden Krieges geboren, mit Friedensgott Jupiter direkt am Aszendenten und Kriegsgott Mars noch hoch am Himmel. Vor allem ist es eine revolutionäre Idee: Uranus, Gott der verrückten Veränderungen, steht am höchsten. Das hier ist etwas etwas Einzigartiges! Der beste Planet ist Venus (in Pisces / Fische) – und Venus ist der Planet Europas. In der Venus-Stunde (an einem Mond-Tag, aber in einer Venus-Nacht) wird die EU geboren.
Alle Horoskope zeigen den Siderischen Tierkreis. Grafiken: Urano Millennium, www.urano.at
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Diana Lelonek, »Rubus L. (Blackberry) On A Shoe-Environment«, 2017. Photograph from the Center For Living Things collection. Courtesy of the artist. The_Gap_175_012-049_Story_BBA_MF.indd 19
Mit dem Aufkommen des Anthropozän-Diskurses lösen sich dichotome Verständnisse wie Natur–Kultur immer stärker auf. In der Ausstellung »Nature \ Nature« im Kunstraum Niederösterreich wird diese Auflösung in ihrem Facettenreichtum behandelt. Diana Lelonek bringt sie mit dem Absatz auf den Punkt. ———— Zwei Wochen nach dem zweiten internationalen Fridays-For-Future-Klimastreik öffnet der Kunstraum Niederösterreich unter kuratorischer Leitung von Mirela Baciak ein Fenster für neue Denkräume, das auch alle Teilnehmenden der Demonstration interessieren sollte: Wie schon im Titel durch den verwendeten Backslash angedeutet – einem typografischen Zeichen, mit dem in Programmiersprachen festgelegt wird, dass der nachfolgende Begriff nicht seine eigentliche Funktion hat –, versammelt »Nature \ Nature« Arbeiten von jungen österreichischen und internationalen KünstlerInnen, die unsere Vorstellung von Natur neu verhandeln. Denn was in den Fridays For Future kumuliert, spitzt sich schon länger zu: Die Dichotomie von Natur und Gesellschaft, aber auch von den Bildern, die wir davon haben, wird nicht mehr als gemeinhin gültig hingenommen. Die Ideen einer friedlichen, idyllischen, dem Menschen ergebenen Natur und ihrer Opposition – einer ungezähmten und unberührten Natur, die sich aktiv zu wehren weiß – sind zwei Seiten derselben Medaille. Mit einem stärker werdenden Verständnis des Anthropozäns werden diese Deutungen nicht mehr nur in akademischen Kreisen hinterfragt. Auch im medialen Diskurs werden sie vermehrt als Betrachtungsweisen angesehen, die der Wahrheit in ihrer Komplexität nicht mehr gerecht werden. In »Nature \ Nature« sind unter anderem Werke der polnischen Multimediakünstlerin Diana Lelonek zu sehen. In ihren Werken wird diesen Dichotomien reichlich Platz geboten – allerdings um sie aufzubrechen und um zu inspizieren, was sich dahinter verbergen könnte. Seit 2016 beschäftigt sich Lelonek in ihrem Center For Living Things mit humanoiden Naturformen. Sie sammelt zurückgelassene Objekte, welche sich die Natur zu eigen gemacht hat, und betrachtet diese als Zeichen menschlicher Überproduktion an der Schnittstelle zwischen Vergessenheit und dinglicher Handlungsmacht. Besonders spannend wird dies bei Objekten, die sich in ihren natürlichen Erscheinungsformen (pun intended) BetrachterInnen zunächst verwehren: Wer als Kind Computerplatinen als mystische smaragd-kupferfarbene Miniaturwelten erlebt hat, wird mit Freude sehen, dass diese zweite Erscheinungsform erst nach menschlichem Vergessen zum Vorschein kommt. Davor mussten die Objekte aber erst ausgemustert und mikrobakteriellen sowie pflanzlichen Prozessen übergeben werden. Ein Stiletto, aus dessen Absatzinnenraum ein junger Brombeerbusch hervorwächst, negiert das idealisierte Bild »unschuldiger«, »unberührter« Natur, und entzieht sich einer eindeutigen Klassifikation. Der Stiletto hat sich dabei verwandelt: In etwas Nicht-Zuordenbares, in ein Objekt, welches beide Definitionen transzendiert und deswegen negiert. Mit postapokalyptischen Konnotationen spiegeln Leloneks Werke aber auch eine Sehnsucht nach natürlicher Resilienz gegen hyperkapitalistischen Konsumwahn wider. Das Center For Living Things lehnt deswegen auch den Begriff »unnütz« gänzlich ab. Es wird stattdessen die Frage gestellt, wer eigentlich bestimmt, was als nützlich und was als unnütz gilt, und wer von diesen Definitionen profitieren kann. Interessanterweise ist mit Leloneks Stiletto entstanden, was in einer Zeit konstanten Konsums zur obersten Maxime geworden ist: etwas gänzlich Neues. Bei der Künstlerin sieht das sehr einfach aus – als müsste man nur mit offenen Augen dort suchen, wo sonst niemand hinsehen will. Sofie Kronberger
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Diana Lelonek: Brombeere auf Stiletto Postapokalyptisch gegen die Unschuld der Natur
Die Ausstellung »Nature \ Nature« wird am 7. Juni 2019 um 19 Uhr eröffnet und bis zum 27. Juli bei freiem Eintritt im Kunstraum Niederösterreich zu sehen sein.
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Freud euch auf das Unbekannte Marvin Kren dreht »Freud«
Michael Mazohl
Die Handlung, das unbekannte Wesen Der junge Sigmund Freud steht unter Druck: Er braucht dringend Erfolg. Von einer Studienreise in Frankreich hat er die Hypnose an seinen Arbeitsplatz im Wiener AKH mitgebracht – und damit die Möglichkeit, in das Unterbewusste vorzudringen. »Ein extrem mächtiges Mittel. Ich empfehle jedem, sich hypnotisieren zu lassen«, wirft Kren ein. Freud trifft das junge Medium Fleur Salomé,
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die es mit ihren scheinbar übersinnlichen Fähigkeiten in der Adelsszene zu großer Bewunderung schafft. Freud will sie als Scharlatanin entzaubern. Das verwickelt ihn in eine Verschwörung, die ganz Österreich in Atem hält. Der noch weitgehend unbekannte Robert Finster spielt den jungen Freud. »Ich wollte unbedingt ein neues Gesicht, jemanden, den man als Freud kennenlernt, der zu Freud wird«, schwärmt Regisseur Marvin Kren über die Besetzung. Beim Roundtable-Interview verrät Finster schließlich doch ein Detail zur Produktion: »Es geht in der Serie um acht Bücher – darf ich so viel verraten?« Finster blickt fragend zu seiner Agentin. Ein Lächeln,
»Ich brauche das, dass die Aufgaben größer werden, das reizt mich.« — Marvin Kren
ein Nicken, denn das war ein Witz: gemeint sind lediglich die acht Drehbücher zur Serie. Was er sich denn für seine Karriere erhoffe, schließlich erreicht Netflix 140 Millionen Menschen, die Serie wird in zehn Sprachen synchronisiert, in 30 untertitelt. Finster blickt kurz ins Leere: »Ich bin nicht so schlecht im Verdrängen.« Neben Finster gibt Ella Rumpf die fiktive Figur der Fleur Salomé. Die deutsch-französische Schauspielerin wurde mit ihrer Hauptrolle in Jakob Lass’ »Tiger Girl« bekannt. In weiteren Rollen spielen Georg Friedrich als k. u. k. Offizier, Brigitte Kren als Zugehfrau, Christoph Krutzler als Sicherheitswache, Rainer Bock als Theodor Meynert, Noah Saavedra als Arthur Schnitzler und auch Philipp Hochmair ist zu sehen. Einen visuellen Eindruck von der Serie gibt ein kurzer Trailer, der wiederum nichts von der Handlung preisgibt, aber sehr wohl
die Stimmung: Angst, Hysterie, Dunkelheit. Auf Rückfragen ergibt sich ein etwas anderes Bild: Düster? Nein, düster soll »Freud« nicht durchgängig sein. In Summe: Mystery. Jedenfalls kein Horror – die achtteilige Serie soll für das ORF-Hauptabendprogramm kompatibel sein.
Vom »Tatort« geadelt Mit zwei Horrorfilmen startete die Karriere von Regisseur Marvin Kren: »Rammbock« (2010) und »Blutgletscher« (2013) erregten mit Berliner Zombieapokalypse und Schneemonstern in den Hochalpen Aufsehen und letztendlich die Aufmerksamkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Der nächste Auftrag kam von der ARD, oder, wie Kren seine beiden »Tatort«-Episoden beschreibt: »Man ist fast geadelt, wenn man einen ›Tatort‹ macht. Ich habe versucht, aus Langeweile interessantes Zeug zu machen.« Auf »Tatort« folgte eine größere Aufgabe: Die sechsteilige Serie »4 Blocks« handelt von einem libanesischen Mafiaclan in Berlin-Neukölln. Kren führte Regie und schrieb am Drehbuch mit, räumt damit Preis um Preis ab: Auszeichnung der Deutschen Akademie für Fernsehen, Deutscher Fernsehpreis ( jeweils beste Regie), Deutscher Regiepreis Metropolis, Grimme-Preis, und die Serie erhielt zudem die Goldene Kamera. Dass Krens neue Serie ausgerechnet in Wien spielt, und noch dazu als eines der ambitioniertesten Serienprojekte des ORF gesehen werden kann, ist Ironie des Schicksals. Denn Wien wollte Marvin Kren zu Beginn seiner Karriere nicht haben. Die Filmakademie hat ihm die Aufnahme verweigert – er hat aber nicht aufgegeben: »Ich habe gleichzeitig dieses Alter erreicht, wo man sich denkt: Okay, ich bleibe jetzt für immer in Österreich oder ich probiere es im Ausland. Weit bin ich nicht gekommen – bis Hamburg.« Die Hamburger Filmhochschule nahm Kren an – »ein lebensverändernder Moment«. Im Sommer vergangenen Jahres erregte sich die FPÖ über Krens Landkrimi »Grenzland«, der ein Flüchtlingsschicksal behandel-
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Nach »4 Blocks« dreht Marvin Kren nun seine zweite Serie – im Wien des späten 19. Jahrhunderts. »Freud« handelt vom jungen Mediziner, bevor er zum Psychoanalytiker wurde – auf den Spuren von Mord und Verschwörung. Bei einer geheimnisvollen Reise nach Prag boten der ORF und Netflix Einblicke in ihre erste Koproduktion. ———— Die Reise führt ins Unbekannte. Aber zuerst in ein Luxushotel im Zentrum Prags. Ein Pfau läuft im Innenhof, im Barbereich empfangen Netflix und der ORF geladene JournalistInnen. Neugier liegt in der Luft. Marvin Kren erscheint. Wie vertraute Crewmitglieder begrüßt er alle Anwesenden einzeln. Marvin hier, Marvin da, schon diese ersten Minuten machen klar: Die Serie steht und fällt mit Kren, die Erwartungen sind hoch. »4 Blocks« hat Hoffnungen geweckt, die auf Erfüllung warten. Der Druck ist groß. Kren demonstriert Gelassenheit: »Ich brauche das, dass die Aufgaben größer werden, das reizt mich.« Das Unbekannte, das ist die Handlung von »Freud«. Keine Details werden dazu verraten, nur Spuren, Indizien. Der echte Freud hat die Aufzeichnungen über seine jungen Jahre verbrannt – und das ist für die Serie ein Glücksfall. Die fiktive Handlung kann den Raum bekommen, den sie braucht. Die Charaktere deuten darauf hin, dass diese Freiheit auch ausgereizt wird. Kokain wird zum Beispiel nicht zu knapp konsumiert. »Wir zeigen den jungen Freud fast als Junkie«, erzählt Kren – zu beachten ist, dass Kokain im 19. Jahrhundert als Medikament gegen allerlei Beschwerden in Pillenform geschluckt wurde.
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Das ist auch am Set zu spüren. Ein Truck reiht sich an den nächsten, über 100 Meter. Generatoren brummen. Dutzende Crewmitglieder schleppen Stative und Requisiten. Zahllose Kabel laufen in das ehemalige Invalidenheim in Prag. Die »Invalidovna« war bereits Kulisse für David Leans »Doktor Schiwago« und Miloš Formans »Amadeus«, Sönke Wortmann drehte Ende 2015 darin für die ARD- und später von Netflix übernommene Krankenhausserie »Charité«.
AKH mit Patina Szenebildnerin Verena Wagner und ihr Team schaffen in diesem eindrucksvollen Gebäude mit ihrer Detailverliebtheit eine besondere Atmosphäre. Im Keller zeigt sie Zellen, die dem ehemaligen Narrenturm im Wiener AKH nachempfunden sind. Ein Behandlungsraum mit einer »Fieberkiste« wurde eingerichtet, in dem Fleur Salomé sogenannte Hydrotherapien erdulden muss. Die
Recherchen und die Handwerksarbeiten alleine dazu zogen sich über Wochen. Wagner betont: »Besonders wichtig ist eine Patina, die auf allem liegt – das schafft im Film immer eine besondere Atmosphäre.« Ein knapp 100 Meter langer Gang wird in das späte 19. Jahrhundert versetzt, mit Gangbetten, Statisten und Öllampen, die alle paar Meter geduldig flackern. Es riecht nach frischer Wandfarbe – und Essen, an jeder Ecke hat das Catering Buffets aufgebaut. Der Gang soll das alte Wiener AKH zeigen. Am Set wird gerade eine Szene gedreht, in der sich zwei Frauen – Fleur und ihre Mutter – unterhalten. Der junge Freud tritt zu ihnen. Marvin Kren sitzt etwas abseits ruhig vor zwei Bildschirmen. Die Szene wird ausnahmsweise mit zwei Kameras gedreht. Ein Schnitt in der kurzen Szene muss anschlusslos sein, denn ein besonderer Blick ist Kren besonders wichtig. Eine Statistin humpelt an den beiden Frauen vorbei, eine Kranken-
ORF
022 te. In der Hauptrolle: seine Mutter, Schauspielerin Brigitte Kren. »Von meiner Mutter habe ich ein Grundverständnis für darstellende Kunst mitbekommen.« Brigitte Kren spielt auch in »Freud« eine Rolle. Es ist auch nicht ganz unpraktisch, dass sie in ihrer zweiten Rolle als Großmutter mit in Prag ist: Kren wurde Ende 2018 Vater. Die Zusammenarbeit von Mutter und Sohn am Set von Freud läuft – wie auch schon beim Landkrimi – reibungslos. Marvin Kren: »Wenn man sich gut kennt und einen guten Umgangston hat, dann ist das sehr einfach. Ohne Spektakel.« Auch beim Drehbuch verlässt sich Kren auf Kollegen, die er gut kennt: neben Stefan Brunner (»Tatort«) vor allem auf Benjamin Hessler, seinen engsten Partner, mit dem gemeinsam er »Rammbock«, »Blutgletscher« und »4 Blocks« gemacht hat. »Es ist für mich ganz wichtig, am Buch mitzuschreiben, jede Szene zu kennen, jede Stimmung, in die sich ein Schauspieler versetzen muss«, erklärt Kren.
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ORF
Für den Dreh der Koproduktion von Netflix und ORF wurde das Wiener AKH nach Prag verlegt. Nicht immer düster, aber durchaus mysteriös soll Marvin Krens Serie über den jungen Sigmund Freud werden.
duziert wird – und nicht, bis auf eineinhalb Drehtage, in Wien. Produzent Heinrich Ambrosch, der mit seiner Satel Film auch »Soko Donau« produziert, gibt zu bedenken: »Zum einen haben wir in Österreich nicht eine einzige Produktionshalle, die groß genug ist und bei der es auf dem Dach nicht trommelt, wenn es gerade regnet.« Zum anderen gibt Tschechien Steuergutschriften für Filmproduktionen, was deutliche Kostenvorteile bringt – ganz abgesehen von den niedrigeren Arbeitskosten im Allgemeinen. Unterm Strich: ein klarer wirtschaftlicher Standortvorteil, der Produktionen dieser Größe nach über die Grenzen lockt.
ORF voll des Lobes
schwester ist im Hintergrund auf dem langen Flur zu sehen. Das Timing aller ProtagonistInnen muss präzise sitzen. Die Aufnahme läuft. Kren starrt auf die Schirme. »War besser als vorher«, kommentiert er. Er steht auf und nimmt Freud-Darsteller Robert Finster zur Seite. Ein paar Worte, ein Kopfnicken, ein Klaps auf die Schulter. Kren geht stark auf seine SchauspielerInnen ein, gibt ihnen Platz, lässt sie ihre eigene verbale und körperliche Sprache sprechen. Nächster Versuch: »Hamma« (Wienerisch für »haben wir«). Kren ist zufrieden, er springt auf und läuft erneut zu den DarstellerInnen. Es geht sofort weiter zur nächsten Szene. Die Besetzung streut Kren als Regisseur Rosen. Georg Friedrich, Christoph Krutzler und Noah Saavedra schütteln im RoundtableInterview den Kopf auf die Frage: »Ja, was kann der Marvin denn besser machen?« Die Frage liegt auf der Hand, warum »Freud« mit über 80 Drehtagen in Prag pro-
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Dass sich Netflix für einen Stoff wie »Freud« interessiert, ist nachvollziehbar: ein historisches Setting, Mystery und Drama rund um eine äußerst bekannte historische Persönlichkeit. Dass sich der ORF beteiligt, ist in dieser Form eine Premiere und stellt die Frage, inwieweit der ORF mit einer Produktion wie »Freud« seinen öffentlich-rechtlichen Auftrag erfüllt. Katharina Schenk, ORF-Fernsehfilmchefin: »Nicht im Stil eines klassischen Biopics, sondern auf innovative und kraftvolle Art und Weise – und definitiv aus einem anderen Blickwinkel – beleuchten wir mit unserem neuen TV-Event ›Freud‹ eine der ganz großen Persönlichkeiten Österreichs. Mit diesem zutiefst österreichischen Thema, Marvin Kren als österreichischem Mastermind und Robert Finster als neuem, österreichischen Gesicht in der Hauptrolle ist diese internationale Großproduktion ein wunderbares Beispiel für die Erfüllung unseres öffentlich-rechtlichen Auftrags. Und wir freuen uns sehr darüber, dass wir diese High-End-Produktion als Erstes unserem heimischen Publikum präsentieren können und – dank dieser ersten Zusammenarbeit mit Netflix – danach auch Millionen Zuseherinnen und Zusehern weltweit.« Wenn das kein Grund zur Freude ist. Michael Mazohl
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Chillen statt Drillen
Das Bundesbad Alte Donau feiert 100. Geburtstag. Wir haben mit zwei der wichtigsten Menschen im Bad gesprochen und uns auf Exkursion begeben. ———— Vom militärischen Drill vergangener Tage ist im Bundesbad heute weder auf den weitläufigen und schattigen Wiesen noch auf dem markanten Steg, etwas zu erahnen. Gegründet wurde es als Militärschwimmschule, um den Soldaten Schwimmen, Disziplin und Temperarturresistenz beizubringen. Bademeister Udo (siehe auch Seite 27) und seine KollegInnen führen ein sanftes Regiment. Dort, wo früher Kommandos gebrüllt wurden, stört heute maximal ein kurzer Stoß in die Trillerpfeife die Ruhe. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Schwimmschule zum Bundessportbad »Alte Donau«. Daran erinnert heute nur mehr der Badesteg, an dem seinerzeit Abgrenzungen für Wasserballwettkämpfe und Schwimmbahnen befestigt wurden. Ein paar der alteigesessenen Stammgäste, die im Sommer mehr Zeit bei ihren Saisonkabinen als in ihren Wohnungen verbringen, waren wohl damals schon dabei. »Die kommen bei jedem Wetter. Viele gehen lieber ins Bad als zu Hause zu sitzen. Dafür bleiben sie dann zu Hause, wenn es zu heiß oder zu voll ist«, sagt Philipp Bitzinger. Als Betrei-
ber der Schankwirtschaft (siehe auch Seite 28) sieht er viele der eingesessenen Gäste fast täglich. Die Stammgäste sind fester Bestandteil des Flairs des Bades und seiner gemächlichen, entspannten Grundstimmung. Bei zu viel Veränderung – vom Menüplan angefangen bis hin zur Umgestaltung der Anlage – kann diese schon mal bedroht sein, erklärt Philipp: »Letztes Jahr ist eine Dame völlig aufgelöst in die Kantine gekommen: ›Die haben meinen Baum umgeschnitten! Ich bin seit 40 Jahren im Bad und immer unter demselben Baum gelegen. Ich weiß gar nicht, wo ich jetzt hin soll.‹«
Traum von der eigenen Kabine Journalistin Claudia Hubmann ist zwar auch Stammgästin, kann aber leider noch keine Kabine ihr Eigen nennen: »Mah, ich liebe das Bundesbad. Unser Traum von vor ein paar Sommern: eine eigene Kabine. Deshalb sind wir immer auf der Pensionistinnenwiese gelegen und wollten uns mit den Damen dort anfreunden.« Das hat nicht so gut geklappt und darum hat Claudia noch immer keine eigene Kabine. Die vielleicht effizientere Variante ist es, sich von der Burghauptmannschaft, die das Bad betreibt, auf die Warteliste für eine der etwa 257 Saisonkabinen setzen zu lassen.
Rafael Bittermann
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Happy Birthday Bundesbad!
Die 100 Jahre Betrieb sieht man der Schönheit Bundesbad Alte Donau gar nicht an. Vielleicht liegt es daran, dass es ganz genau weiß, wann es sich für Badegäste öffnet. Dieses Jahr von 27. April bis 8. September.
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die Schilfbucht mit barrierefreiem Zugang bis hin zum WLAN auf den Liegewiesen. Claudia nennt uns gleich drei Gründe warum das Bundesbad unter den vielen Wiener Bädern ihr Favorit ist. Nummer eins: Die Saisonkarte. Sie sorgt für ein exklusives VIP-Erlebnis. Mit ihr kann man direkt an den oft langen Schlangen vorbei ins Bad und sich so die Warterei ersparen. Kostenpunkt für die Wiesenkarte: 68 Euro. Umgerechnet circa 3,5 Mal der Eintritt in die Grelle Forelle. Dabei gibt es im Bundesbad wirklich Fische und man kommt anders als bei einem Clubbesuch in der Regel fitter
Alles für den Thrill – wer es sich ordnungswidriger Weise auf dem Steg gemütlich macht, wird meist geduldet. Im Ernstfall muss man aber mit der Autorität der Badeaufsicht rechnen.
Rafael Bittermann
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Die Wartezeit liegt aktuell bei ein bis zwei Jahren. Neben den durch die Bank älteren Stammgästen gibt es auch viele Familien mit Kleinkindern im Bad. »In der Pubertät gehen die Leute mit den Kindern dorthin, wo es mehr Action gibt. Die Kinder kommen dann eher mit den eigenen Kindern wieder – und bleiben bis in die Pension hinein«, sagt Philipp über das BundesbadPublikum. Auf den weitläufigen Liegewiesen finden Stammgäste und Familien genug Platz, um sich ungestört aus dem Weg zu gehen. Die jüngeren, sonnenhungrigeren und kinderlosen Gäste machen es sich dagegen eher am Steg gemütlich. Das Herumliegen ist dort zwar per Badeordnung untersagt, wird aber geduldet, solange sich die Badeaufsicht ungehindert über den Steg bewegen kann (Rettungsgasse bilden!). Generell sind die Bundesbadenden aber bunt gemischt, bietet das Bad doch für alle etwas: angefangen bei der Ballsportwiese über
» In der Pubertät gehen die Leut mit den Kindern dorthin, wo es mehr Action gibt« — Philipp Bitzinger
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Der Mann mit dem Röntgenblick Braungebrannt, Flip-Flops, Goldkette und immer bereit, unfolgsame Badegäste mit oder ohne Triller anzupfeifen. So oder so ähnlich sieht das Klischee vom Badewaschl aus. Mit der Realität hat das nur mehr in den wenigsten Fällen zu tun. Gut, zumindest eines trifft zu: Schon ein paar Tage vor der Eröffnung des Bundesbades ist Udo, Bademeister im Bundesbad, unverschämt gut gebräunt. Wir treffen ihn gerade beim Rasenmähen. Während Udo noch fertigmäht und sich ein T-Shirt überwirft, machen wir uns schon mal auf der Terrasse der Schankwirtschaft bereit, wo gerade letzte Vorbereitungen für den Saisonstart laufen. Wie lange bist du schon hier Bademeister? udo: Ich bin jetzt seit sieben Jahren im Bundesbad. Davor war ich im Jörgerbad und im Krapflwaldl. Ich bin aber lieber im Grünen, mitten in der Botanik. Darum passt das mit dem Bundesbad sehr gut. Das Panorama ist einfach großartig. Von allen Bädern hier hat das Bundesbad die größte freie Wasserfläche. Wenn man richtig steht, sieht man sogar den Kahlenberg. Einen Kiesstrand haben die anderen Bäder auch nicht. Der Baumbestand, die Tiere, der Steg und die Schankwirtschaft sind natürlich auch super. Was für Tiere gibt es denn im Bad? Die Attraktion bei den Familien und Kindern sind ganz sicher die Schwäne. Es gibt auch viele Enten. Vor ein paar Tagen habe ich drei Mandarinenten gesehen. Die sieht man selten. Moorhühner gibt es auch vereinzelt. Die halten sich besonders gern im Schilf auf. Ich habe aber auch schon Feldhasen und Füchse im Bad gesehen. Und dann gibt’s auch noch die Berta. Das ist die Wasserschildkröte. Sie zeigt sich aber nur sehr selten. Ich habe mal nachgeschaut, ob das eine Dosenschildkröte ist, die jemand ausgesetzt hat oder eine heimische Wasserschildkröte. Die können auch recht groß werden. Die Berta ist circa 25 cm lang, das ist schon die maximale Größe. Damit wird sie sicher schon 20 Jahre alt sein.
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Die Tiere fühlen sich nicht von den Badegästen gestört? Nein, die Vögel gehen zeitweise sogar in den Bitzinger, um im Schanigarten zu naschen, wenn sie etwas finden.
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Seit sieben Jahren sorgt Udo im Bundesbad für Ruhe und Ordnung. So entspannte Momente wie auf dem Photo, gibt es aber nur in der Vorsaison.
Was machst du eigentlich im Winter? Ich habe lange als Fitnesstrainer gearbeitet, aber jetzt noch nichts Neues gefunden. Außerhalb der Saison helfe ich gerade meinem Bruder. Der ist Biobauer und Hufschmied in der Südweststeiermark. Freust du dich darauf, wenn es hier wieder losgeht? Ja, ich bin schon froh, wenn ich wieder im Bad bin und man sich mittenrein stürzt. Klar gibt es auch Stresssituationen, Arbeit ist Arbeit. Konfliktpotenzial gibt es immer, aber das versucht man dann kommunikativ zu lösen. Schwierig wird es, wenn die Kinder gerade mal vier Jahre alt sind und die Eltern irgendwo herumliegen und nicht aufpassen. Philipp Bitzinger kommt zu uns und klinkt sich ins Gespräch ein. philipp: Ich muss zum Udo eine Geschichte loswerden: Als ich ins Bad gekommen bin, hat der damalige Betriebsleiter zu mir gesagt: »Da Udo, des is a Schoafa. Der ziagt sie scho außa, noch bevor sie überhaupt mitkriag’n dass sie untergengan.« Ich habe selbst zwei Kinder. Meine Frau ist da auch super vorsichtig. Aber wenn Udo da ist, ist sie eine Spur entspannter. Sie weiß, er hat das im Griff. Udo hat den Röntgenblick. udo: Vielen Dank. Man muss halt schauen, ob eine Situation gefährlich werden könnte. Prävention ist extrem wichtig. Einzugreifen, bevor es zu spät ist. Wenn man im Bad arbeitet, hat man dann auch noch das Bedürfnis hier privat Zeit zu verbringen? Na, das ist mit dem Job abgedeckt. Viele Kollegen kommen auch in der Freizeit hierher. Ich geh lieber trainieren in den Club Danube oder geh Schwimmen aufs Entlastungsgerinne in Langenzersdorf. Da kann ich dann wirklich abschalten.
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Kein Sommer ohne Pommes Freibadkantinen sind ein Ort voller Erinnerungen. Im Normalfall haben diese aber nichts mit kulinarischen Höchstleistungen tu tun. Das war auch im Bundesbad lange Zeit so, bis Philipp Bitzinger und seine Schwester Valerie das Lokal übernommen haben. Die Kantine trägt jetzt nicht nur ein Umweltsiegel, sondern serviert auch Nicht-Frittiertes. Und das entgegen der Prognose der älteren Stammgäste sogar sehr erfolgreich: Die Schankwirtschaft wird jedes Jahr unter die besten Badkantinen gewählt. Betreiber Philipp Bitzinger erzählt uns, wie es dazu kam, warum Pommes unverzichtbar sind und die gebackene Scholle der Schutzpatron der Schankwirtschaft ist. Seit wann gibt es die Schankwirtschaft im Bundesbad und wie kam es dazu? Ich habe damals mit meiner Schwester im Lokal meines Vaters gearbeitet, dem Augustinerkeller. So ein Kellerlokal in der Stadt ist im Sommer aber relativ fad. Ich war früher selber oft Gast im Bundesbad. Da mich die Qualität der Kantine regelmäßig in den Wahnsinn getrieben hat, habe ich mir gedacht, das muss man doch besser machen können. Wir haben die Kantine dann hier 2014 übernommen, seit 2018 unter dem Namen Die Schankwirtschaft. Viele Speisekarten in Freibädern wirken noch immer sehr altbacken – buchstäblich. Wie geht ihr damit um? Wir haben schon bei der Präsentation gesagt, das kann so nicht weitergehen. Gleich im ersten Jahr haben wir mit gegrilltem Tofu auf Rucola-Tomaten-Salat und orientalischem Teller angefangen. Die Stammgäste haben uns für komplett verrückt erklärt. Für die gibt es freitags noch immer die gebackene Scholle am Menü. Wenn wir die von der Speisekarte nehmen, brauch ich am Samstag gar nicht mehr aufstehen,
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dann fackeln sie die Kantine ab. Generell haben wir die Karte aber stark überarbeitet – also vor allem leichter, den Temperaturen entsprechend und Veganes. Und wir kochen auch immer frisch. Pommes sind aber trotz der neuen Karte noch immer unersetzbar. Ja, ohne Pommes geht’s nicht. An einem guten Wochenende brauchen wir zwischen 600 und 800 Kilogramm Pommes. Das hat einfach Tradition. JedeR erinnert sich an den Badeausflug und da gehören Pommes, Jolly und Twinni einfach dazu. Am besten alles noch mit einem leichten Hauch von Chlor in der Luft (lacht). Fällt dir eine Geschichte zu den Stammgästen ein? Die Stammgäste dürfen zwei Tage vor der Saisoneröffnung mit dem Auto rein, um ihr Zeug in der Kabine zu verstauen. Das Wetter kann noch so schlecht sein, mindestens 20 Leute gehen dennoch immer ins Wasser. Das ist zwar ohne Badeaufsicht streng verboten, aber das ist ein Ritual, auf das sie den ganzen Winter über warten. Kann man das Bad genießen, wenn man den ganzen Sommer über hier arbeitet? Ja, wir freuen uns jedes Jahr auf die neue Saison. Meine beiden Kinder, vier und sechs Jahre alt, sind über den Arbeitsplatz von Papa sehr happy. Natürlich kann es stressig sein, aber man arbeitet hier quasi mit Meerblick. Ich habe 20 Jahre lang den Sommer in einem Keller im Ersten verbracht. Das hier ist schon etwas ganz anderes. Wir gehen nach der Arbeit gern noch Schwimmen. Da ist das Bad dann komplett leer. Das ist eine gute Entschädigung für einen langen Arbeitstag.
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Out of the dark: Nach Jahren im Kellerlokal, hat Philipp Bitzinger nun mit der Schankwirtschaft einen der sommerlichsten Arbeitsplätze Wiens.
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raus als rein. Das musikalische Angebot ist allerdings beschränkt. Musik gibt es nur bei Badeschluss. Seit mehr als 30 Jahren läuft Enrico Toselli, »Serenata, op. 3, no. 1«. Muss man mögen.
Kribbeln am Bauch
Mehr Infos zum Bundesbad gibt es auf burghauptmannschaft.at.
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Umkleiden statt anrufen. Das Telefonzellensterben macht auch vor dem Bundesbad nicht halt.
Nummer zwei: Die Bundesbad-Pommes. Für die tragen seit 2014 Philipp Bitzinger und seine Schwester Valerie die Verantwortung. Fett hilft zwar theoretisch beim Schwimmen – praktisch aber nicht, wenn man sich fühlt wie ein öltriefendes Kartoffelstangerl, das in einem Berg Mayo untergeht. Bei der Neuübernahme der Kantine wurde deshalb auch die Karte modernisiert und an die sommerlichen Temperaturen angepasst. Mit hausgemachten Limonaden und Kaffee der Rösterei Alt Wien lässt es sich im Schanigarten gut aushalten. Macht man das lange genug, stellt sich Claudias Nummer drei ein: die Rillenabdrücke auf der Haut von den Sesseln auf der Terrasse. Wer sehr durstig ist und keine Lust auf Schanigarten hat, kann das Wasser der Alten Donau trinken. Zumindest im letzten Jahr hatte es Trinkwasserqualität. Verantwortlich dafür sind Makrophyten. Die Unterwasser-
pflanzen reichern das Wasser mit Sauerstoff an und speichern Nährstoffe. In der alten Donau fallen sie vor allem dann auf, wenn sie beim Schwimmen zärtlich an der Bauchdecke kitzeln. Damit das eigentlich nicht passiert und sich die Badenden nicht in ihnen verheddern, hat die Stadt Wien bis zu 18 Mähboote im Einsatz. Letzte Saison haben diese 3.350 Tonnen Pflanzen aus der Alten Donau geschnitten. Die Stadt übernimmt nun auch die Mäharbeiten im Bundesbad. Wenn die bis zu 125.000 BesucherInnen pro Saison fesselnde Badeabenteuer erleben, liegt das heuer definitiv nicht an den Schlingpflanzen. Eher schon an den Geburtstagfeierlichkeiten vom 20. bis 23. Juni. Wir freuen uns schon darauf, wieder von Tosellis Geigen nach ein paar erholsamen Stunden unter den großen Bäumen zärtlich aus dem Bad geleitet zu werden, um angenehm erschöpft den Nachhauseweg in die noch immer glühende Innenstadt anzutreten. Wir wünschen noch einmal alles Gute und schönes Planschen! Werner Sturmberger
La vie en pastel. In den eleganten 60erBauten verbergen sich die heißbegehrten Saisonkabinen der Stammgäste.
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Österreichischer Pop zwischen Kleingeist und großem Fernweh
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Im kleinbürgerlichen Österreich sind meist nur die Gedanken frei. In diesen entspinnen sich kühne Träume von weit entfernter Exotik. Heimischer Mainstream und Underground können davon gleich mehrere Lieder singen. ———— »Alt wie der Mensch ist die Sehnsucht nach der Ferne.« Auch wenn dieses Zitat von der nicht-österreichischen Gruppe Element Of Crime stammt, muss man sagen: Das stimmt. Die Sehnsucht nach Eroberung, nach kreuzritterlicher Epiphanie schreibt jahrtausendelange Geschichte. Für den deutschsprachigen Rezeptionskreis war es stets – und spätestens seit Goethes italienischer Reise – das Stiefelland im Süden, das von Sehnsucht überschwappt war. Der kulturelle Mittelpunkt Europas, Renaissance und so weiter. Gut möglich, dass ein Wiener schon vor 500 Jahren gesagt hat: »Bologna? Meine Stadt!« Nach dem zweiten Weltkrieg nimmt die Verbundenheit mit dem kurz zuvor tatsächlich verbündeten Italien wieder Fahrt auf. Ende der 1940er gelingt Rudi Schuricke und seinem »Capri Fischer« ein internationaler Tophit, auch in Österreich wird daraus ein Evergreen für Jahrzehnte. Der österreichische Schlager und jener aus Deutschland sind nicht nur zu dieser Zeit untrennbar miteinander verbunden. Vor allem in den späten 1940ern und frühen 1950ern sind sämtliche InterpretInnen – und es sind wahnsinnig viele –, die großes Fernweh in die kleinbürgerlichen Wirtschaftswunder-Stuben des selbsternannten »ersten Opfer Hitlers« bringen, aus dem nie so bezeichneten »Täterland«: Dorle Rath mit »Barbara (Barbara, komm’ mit mir nach Afrika)« oder Danielle Mac (»Am Zuckerhut«) sind frühe Beispiele schon leicht obskurer Nachkriegsschlager für die Sehnsucht nach der Ferne, noch mit kolonialem Mief.
Der volkstümliche Schlager – also Musik, die zu keiner Zeit »progressiv«, sondern stets ihrer Traditionalität verpflichtet war – in Österreich setzt dagegen auf Abgrenzung und Wiedergewinnung einer wie auch immer gearteten »Identität«. Die »Sennerin von St. Kathrein«, »Mariechen und der Wandersmann« oder »Mariandl« sind Zeugen der Versuche von Zurückerlangung von distinktivem Österreich-Sein.
»Ich habe Sehnsucht nach dir, Maloja«
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»Deine Liebe ist ein Schiff, deine Sehnsucht ist die Ferne«
Auch in Österreich ist in den mittleren 1950erJahren die Sehnsucht stark auf Italien gerichtet – typisch österreichisch reicht hier Küchenpsychologie aus: Man will immer das, was man gerade nicht haben kann. Die gefühlte »verstümmelte« Republik lässt sich mit Capri, Napoli oder Roma berieseln und denkt beseelt an die gute alte Zeit mit Meerzugang und der Ausbeutung anderer »Völker«: Nicht umsonst erfreuen sich nicht nur die vor allem in der Frühphase Peter Alexanders haufenweise veröffentlichten Stücke wie »Komm ein bisschen mit nach Italien« größter Beliebtheit. Auch das später von ebenjenem neuen Darling der heimischen Stuben neu aufgenommene Stück von Heinz Conrads »Wie Böhmen noch bei Öst’reich war« entwickelt sich zum Gassenhauer. Es steht auch prototypisch für den Fernseh- und Fernwehschlager der 50er und 60er: ideologisch schwierig, aber ein Ohrwurm. Auch abseits der großen Fernsehg’sichter werden auf dem eindrucksvollsten Nachkriegslabel Harmona 3D zahlreiche Musikstücke veröffentlicht, die sich schon deutlich weiter weg denken: Fernwehpionier Harald Gregor ist »Fern am Strande von Samoa« oder
Der St. Pöltnerin Edith Zuser alias Lolita gelingt mit »Seemann (deine Heimat ist das Meer)« ein Welthit.
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in »Montevideo«. Die InterpretInnen des Labels singen zudem abwechselnd vom »April in Portugal«, vom »Südseezauber« oder »Am weißen Strand von Soerabaya«, während Label-Kollege Qualtinger in »Der Bundesbahn-Blues« den umgekehrten Weg geht, ein Würstelmalheur von Louis Armstrong in Attnang-Puchheim komödiantisch aufgreift und Scheibbs, Lunz, Ybbs und Schrunz zu heimischen Sehnsuchtsorten macht, die genauso cool klingen wie Nashville oder New Orleans. Der amerikanische Rock ’n’ Roll entsteht, bringt nicht nur Schwung in die heimischen Kinderzimmer mit – das es ja so in Österreich auch nicht immer gab und gibt –, sondern sorgt auch für eine zunehmende Auffettung des Konflikts zwischen Underground und Mainstream. Während oben genannte Künstler in den mittleren und späten 50ern durchaus weit rezipiert werden, ist der musikalisch spannendste Auswuchs an jugendlichem Fernweh eine Obskurität: »Maloja« von Frank Roberts aus dem Jahr 1958 ist ein elaboriertes Stück Trash, das mit Bongos und verschwörerischen Chören nach Kuba einlädt, wo der künstlerische Allrounder – er führt etwa auch bei Erotikfilmen wie »SexReport blutjunger Mädchen« Regie – von einer Nachkriegsromanze mit Crime-Aspekt erzählt. Hervorgebracht durch Al Bird Sputniks »Schnitzelbeat«-Sampler ist die Geschichte von Roberts und »Maloja« in den Kanon der heimischen Popgeschichte eingegangen.
»Über Rio und Shanghai, über Bali und Hawaii« Die 1960er-Jahre begannen dann mit einem Knall für die österreichische Musikszene. Der St. Pöltnerin Edith Zuser, die als Lolita weltberühmt werden sollte, gelingt mit der Schifffahrtshymne »Seemann (deine Heimat ist das Meer)« ein überragender Welterfolg. Neben dem zweiten Platz in den deutschen Charts – österreichische gibt es erst ab 1964 –, klettert »Sailor«, die adaptierte Variante mit englischem Voiceover, in den USA bis auf Rang fünf. Die UK-Version von Petula Clark chartet sogar ganz oben.
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Mittlerweile können sich Herr und Frau Österreicher auch immer mehr leisten, nicht bloß von der Ferne zu träumen. Höheres Einkommen bei geringerer Arbeitszeit lässt das Reisen in ferne Länder zum Massenphänomen werden, wodurch es mehr und mehr seinen Prestigefaktor verliert. Die Menschen konsumieren verstärkt Bildung und werden immer mobiler. Waren in Wien 1960 noch rund 180.000 PKWs angemeldet, sind es zehn Jahre später schon 320.000 Fahrzeuge. Dennoch: In den ersten Jahren der 1960er ändert sich an den bereits seit den 50ern bekannten Mustern relativ wenig: Fernwehsongs in Filmen – man denke etwa an Peter Alexanders »Brazil« aus »Charleys Tante«; österreichische Sänger singen Seefahrtsstücke für ein deutsches Publikum – man denke an das Gesamtwerk des, gelinde gesagt, umstrittenen Freddy Quinn; ab und zu veröffentlicht eine österreichische Kapelle eine Obskurität, wie etwa Die Bambis – ja, genau die! – mit ihrer Single »Inka City«. Erst hippiesker Beat bringt frischen Wind und für den gemeinen Österreicher gar exotische Instrumentierung: Die Beatniks aus Kärnten präsentieren die ersten heimischen Aufnahmen mit eingeflogener Sitar auf dem international beachteten »Fernost« von 1967.
»I just love my little world, I don’t need no new sensations« Während in den 1970ern die Preise für die Flugtickets schön langsam sinken und auch ferne Reisen nicht mehr allzu utopisch klingen, ebbt die Sehnsucht nach der Ferne in der
heimischen Musik ein wenig ab. Obwohl zu Beginn des Jahrzehnts noch internationale »sommerliche« Hits wie etwa »El Condor Pasa« von Simon & Garfunkel oder »In The Summertime« von Mungo Jerry die österreichischen Hitparaden dominieren, konzentriert sich die so genannte »Dialektwelle« vorerst vor allem auf ihr eigenes Milieu. Fernab des Schlagers transportiert die populäre Musik – und populär trifft es hier tatsächlich, spielt das 1967 gegründete dritte Radio Österreichs ja in sehr hohem Maße heimische Musik – nur wenig Fernweh. Hits wie die Peter-Rosegger-Vertonung »Ein Freund ging nach Amerika« von Musyl & Joseppa, sowie »My Little World« von Waterloo & Robinson singen sogar eher von Heimweh: »Und so ersehnte der arme Mann / Auf fernsten, fremden Wegen / Für höchste Freud’, für tiefstes Leid / Des Heimatlandes Segen.« Oder, gleich auf internationaler Bühne am Song Contest: »I just love my little world. I don’t need no new sensations« Wenngleich hier nicht auf die Spitzfindigkeiten der Geschichte des Austropop eingegangen werden kann – in der Frühphase der kommenden Stars (man denke etwa an »Der Hofa« oder »Der Tschick«) geht es vor allem um das Leben in Österreich, meist: in Wien. Wie soll man auch im Dialekt von anderen Orten singen? Aber, aber: Der vielzitierte, damals jedoch noch kaum beachtete Underground, der uns ja immer ein bisschen rausreißt, wenn’s grad mal eng wird, enttäuscht auch hier nicht: Rocky F. Holicke, das Alter Ego des Wiener Hob-
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Mit »Reif für die Insel« gelingt Peter Cornelius ein Klassiker für die heimischen Küchenradios.
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Zwölf Wochen lang auf dem Spitzenplatz der Austria Top 40: das deutschösterreichische Duo Buddy vs. DJ The Wave mit »Ab in den Süden«.
bypiloten Leopold Altgrübl, veröffentlicht 1973 die hypnotische Psych-Beat-Nummer »Ready For Takeoff«, die ein Jahr vor Reinhard Meys »Über den Wolken« den Traum von grenzenloser Weite mit schier beeindruckender Beklemmung vertont. Ein Sammlerstück, die wenigen Exemplare sind heute um vierstellige Eurobeträge erwerbbar.
»I steh aufs Gänsehäuferl, auf Italien pfeif i« Nachdem im Laufe der 70er sämtliche Gemütszustände der heimischen Milieus durchdekliniert werden, entdecken auch die zu household names gewordenen AustropopStars spätestens 1981 die Ferne und das gleich in schier unüberschaubarer Frequenz: Mit »Reif für die Insel« gelingt Peter Cornelius ein Klassiker für die heimischen Küchenradios; Georg Danzer erzählt von seiner jugendlichen Reise nach »Griechenland« – während alle (Hippie-)Welt, quasi als Gegenbewegung zum Massentourismus, nach San Francisco geht, »bin i autog’stoppt nach Griechenland«; Wolfgang Ambros schwärmt von der Schönheit von »Belize« und Hansi Lang 1982 von der roten Sonne in »Monte Video« (sic!). Spätestens in den 1980ern sind also alle österreichischen Popper und ihre Fans tief mit dem Fernweh verbunden. Einer der allergrößten Klassiker – in letzter Zeit auch wieder verstärkt im medialen Einsatz, man denke etwa an das Finale von »Tatort: Her mit der Marie« – ist prototypisch für den wachsenden sozialen Druck der 80er: »Irgendwann bleib i dann dort« von STS aus dem Jahr 1985.
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»Tequila, Tequila, Wonderbra, und heute Nacht machen wir noch die ganze Insel klar« Auch in den 90ern, in denen das, was man noch vor kurzem Austropop nannte, verwelkt, sind dann auch wirklich keine Traumziele mehr unerreichbar. Quasi prototypisch stirbt der größte Star im Drogenrausch in der »Dom Rep«, wie der gemeine Österreicher sagen würde. Mit dem Internet, der Globalisierung und all dem, was für den spießbürgerlichen Österreicher eine Gefahr darstellt, verliert sich auch die Sehnsucht nach der Ferne etwas. Zumindest in der Musik. Die meist englischsprachigen heimischen Produktionen verzichten auf den Bezug zur »Heimat«, die ja immer als Vergleichsgröße zur Ferne herhalten muss. Auch wenn die großen Sommerhits in den Charts – »Kingston Town«, »Bacardi Feeling«, »Limbo Dance« und natürlich »Macarena«, um nur einige zu nennen – Lust auf Urlaub machen, die heimischen Produktionen bleiben das ganze Jahrzehnt über stark am internationalen Markt orientiert. Es ist wohl auszuschließen, dass »A klana Indiana« in Menschen aus Mistelbach die Lust auf die amerikanische Prärie weckt. Auch in den Nullerjahren versprechen vor allem die internationalen Hits Urlaubsfeeling: »The Ketchup Song (Aserejé)« oder »Around The World (La La La La La)« begeistern die österreichischen Haushalte. Aber auch der österreichische Pop – oder was davon übrig geblieben ist –, entdeckt in seiner Trashigkeit wieder das Reisen: Während »Oua Oua« von den Max Brothers 2001 mit hawaiianisch anmutendem Kauderwelsch vier Wochen von
Platz eins der Austria Top 40 scheint, lacht »Ab in den Süden« des deutsch-österreichischen Duos Buddy vs. Dj The Wave gleich fette zwölf Wochen vom Platz an der Sonne. Als der österreichische Underground an Gitarrenmusik gegen Ende des Jahrzehnts endlich wieder ein Stück die Oberfläche erreicht, wiederholt sich die Geschichte fast zwangsläufig: Vorerst kümmert man sich um sich selbst, das Wegfahren wird hintangestellt. Nur wenige wagen Ausflüchte: Ja, Panik wünschen sich nach »Venedig«, die Beautiful Kantine Band nach »Hamburg«, die Gruppe Mob will »Zusammen weg von dir«, und Kreisky wissen in »Jacqueline«: »Hier gibt es für uns nichts zu holen.«
»Ti amo, Autogrill« In den Zehnern gibt es dafür endlich wieder auch Sehnsuchtsorte zu »holen«. Genauso wie jeder mehr oder weniger erfolgreiche Künstler sein spezifisches Image für die differenzierten Zielgruppen benötigt, braucht jede / r AustromusikerIn ihren / seinen Ort des Ausbruchs: Gerard sehnt sich nach »Lissabon«, die späten Bilderbuch schicken sich nach »Manila«, Ja, Panik gar nach »Antanarivo« und sowieso in die Utopie nach »Libertatia«. Dennoch lässt sich in den letzten Jahren feststellen: So sehr ändern sich in der Regel die Traumorte junger österreichischer Musik nicht: Nach all den Jahren kehrt Italien als das Traumziel zurück: Der Nino aus Wien etwa ist von der Adria und ihren Küsten begeistert: »Venedig geht unter«, »Adria« oder »Coco Bello« zeugen ebenso davon wie die Triest-Liebe von Grant. Bilderbuch widmen mit »Die Pest im Piemont« eine frühe Langspielplatte dem südlichen Nachbarn, und über Wanda – »Amore«, »Niente«, »Bologna«, eh schon wissen – muss hier nicht extra diskutiert werden. Dass Euroteuro ausgerechnet Lust auf »Autogrill« haben, bestärkt die retrophile Magie Italiens. Das österreichische Fernweh ist also genauso paradox wie die politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Vorkommnisse zwischen Feldkirch und Deutsch Jahrndorf, zwischen Rottal und Eisenkappel-Vellach: Nach all den weit entfernten Sehnsüchten – man denke an »Belize«, an Falcos Tod in der Karibik, an das Sich-in-der-Utopie-Verlieren von »Libertatia« – bleibt als einzige Konstante Italien übrig. Das Land, von dem schon die Urgroßeltern, Großeltern und Eltern geträumt haben. Das Land, in dem sie alle als Kinder waren. Ausbruch nur mehr im Rahmen des Vertrauten. Flucht in die Vergangenheit. Alt wie der Mensch ist die Sehnsucht nach Bekanntem. Dominik Oswald
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Auch »Malibu« von Rainhard Fendrich entflammt den Wunsch nach fernen Gefilden an den Abspielgeräten. Ebenjener Fendrich begründet bereits 1981 mit seinem Sensationshit »Strada del Sole« gleich ein neues Genre: Den Anti-Urlaubs-Song, an dem sich auch die Rucki Zucki Palmencombo (»Südseeträume«) versuchte und der zehn Jahre später von Ostbahn Kurti mit »Tequila Sunrise« perfektioniert werden sollte. Die zunehmende Ausbeutung der Besuchten widmet sich insbesondere die Erste Allgemeine Verunsicherung: Mit »Afrika (Ist der Massa gut bei Kassa?)« werden die imperialistischen Reisegewohnheiten des weißen Mannes massentauglich kritisiert und die geringe Wertschätzung für »fremde Kulturen« auch auf den Alben der mittleren 1980er Jahre weiterführt: »Fata Morgana« und »Samurai« (1990) sind weitere Stücke, die die Ausbeutung durch (Sex-)Tourismus aufzeigen und ins kollektive Gedächtnis einfließen lassen.
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034 Pullover und T-Shirts werden wie kein anderes Kleidungsstück für politische und popkulturelle Referenzen beansprucht. Derzeit dominant im Straßenbild: der EU-Hoodie.
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Ein großer Teil von Europas Jugend knüpft Erwartungen, Herz und Vernunft an die EU. In Kunst und Jugendkultur feiert er die Union, ganz unironisch. ———— Plötzlich war Mitte Februar überall im Netz dieser EU-Pass. Nach wenigen Klicks und dem Überfliegen von ein paar Tweets und Postings war schnell klar, worum es ging. Bilderbuch bewarben ihr neues Album unter dem Hashtag #europa22 mit einem politischen Viral-Ding. Auf bilderbucheuropa.love konnte man ein paar persönliche Daten angeben und ein Porträtfoto hochladen, um anschließend den eigenen EU-Pass via Social Media zu teilen. Die Idee eines shareable Bekenntnisses zu Bilderbuch
Stiftung vom Institut YouGov erheben, wie es Jugendliche in Europa mit Europa halten. »Junges Europa 2018 – So denken Menschen zwischen 16 und 26 Jahren« ist die Studie überschrieben, für die 6.080 junge Menschen in sieben EU-Staaten interviewt wurden. In der Zusammenfassung der Ergebnisse heißt es: »Die jungen Menschen haben eine deutlich positivere Einstellung zu Europa als noch 2017.« »Immer weniger junge Europäer würden in einem Referendum für den Austritt ihres Landes aus der EU stimmen.« »Immer mehr junge Menschen erkennen, dass sich ihr Land und die EU in gleicher Weise brauchen.« Aber auch: »Unter jungen Polen, Franzosen und Griechen sind populistische Einstellungen vergleichsweise weit verbreitet.« »Junge Europäer mit populistischen Einstellungen haben tendenziell ein liberales Demokratieverständnis.« Und: »Wer populistisch denkt, wünscht sich eher radikale Veränderungen. Fast 40 Prozent dieser Gruppe stimmen dafür.« In Pop und Kunst findet sich jede Menge Wertschätzung für Europa und die EU. Wohl kein Zufall. Eine Vermutung: In Brexit-Zeiten stiftet kollektives Bekennen zu Europa genau das angenehme, kollektive »Europagefühl«, das akut von rechts bedroht erscheint. Populismus und Nationalismus, EU-Ablehnung und kleinstaatliche Identitätspolitik gibt es schließlich gerade en masse. Das Bilderbuch-Europa als supranationale, identitätsstiftende Einheit steht in der Wahrnehmung vieler junger Menschen auf dem Spiel. Dabei geht es um viel. Schließlich gibt es unter jungen und halbjungen EuropäerInnen inzwischen viele, deren Lebensrealität sich über nationale Grenzen hinweg abspielt. Sie pflegen Freundschaften quer über den Kontinent und sind durch billige, subventionierte Flugtickets, vereinheitlichte Studienpläne, gemeinsames Wohnen, Arbeiten, Feiern, Festivalbesuchen, Fußballschauen, Demonstrieren, Konsumieren etc., zur »Generation Erasmus« geworden. Die Eintritts-
»Wir brauchen kein Rumgejammere. Es ist Zeit für neuen europäischen Spirit.« — Jan Böhmermann und Europa gefiel sehr vielen Menschen. Über 70.000 der Pässe wurden gleich am ersten Tag geteilt. Zum Beispiel von Mavi Phoenix, der Autorin Sophie Passmann oder der deutschen Justizministerin Katarina Barley. »Wenige Monate bevor Rechtspopulisten das Europäische Parlament erobern könnten, ist die Werbung einer jungen Band aus Kremsmünster in Oberösterreich der vielleicht schönste Hinweis darauf, dass alles auch ganz anders sein könnte«, schrieb bento.de, eine asiatische Snackbox aus dem Hamburger Spiegel Verlag.
Wertschätzung fürs »Europagefühl«
Theresa Ziegler
Wenn European Citizenship als Promo für Popmusik funktioniert, muss es wohl ganz besonders gut oder besonders schlecht um die europäische Identität bestellt sein. Oder beides. Der politische Diskurs über so ziemlich alles sei schließlich zunehmend polarisiert, heißt es. Im Jahr 2018 ließ die deutsche TUI-
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Popbekenntnisse zu Europa
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karte zu diesem nicht unexklusiven Club sind Bildung und Wohlstand. Natürlich haben die mobilen, gebildeten jungen Europäerinnen und Europäer ihren eigenen Pop, ihre eigene Kunst und Jugendkultur voller Popbekenntnisse zur EU und zu Europa. Der 23. Juni 2016 ist eines der Schicksalsdaten Europas und ein wichtiges Datum für proeuropäische Bekenntnisse in der Popkultur. Damals stimmten die Briten per Referendum über den Brexit ab. Der Fotograf Wolfgang Tillmans, in London lebender Deutscher, hat damals mit einer künstlerischen Kampagne gegen die britische Abkehr von Europa demonstriert. »Protect The European Union« nannte er seine Serie von fünf Postern, die in 23 Sprachen erschien. Auf den Postern stellte er zum Beispiel die Frage »If Putin, Trump, Le Pen and Wilders want to dissolve the EU, where does that put you?«, oder erklärte: »My father’s English, my mum’s French, I studied in Vienna, now live in Denmark. It’s never been a hassle to do so. And I don’t want it to be.«
Der deutsche Fotograf und Künstler Wolfgang Tillmans wurde auserkoren, die EU cool zu machen. Seine politischen und proeuropäischen Poster sind auf das Sharen hin optimiert.
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es doch eigentlich eine einfache Möglichkeit, da rauszukommen: Vorwärtsgang einlegen, Fernlicht an und Vollgas nach vorne – nein, nach oben, zu den Sternen. Wir brauchen kein Rumgejammere, kein EU-Geschimpfe. Es ist Zeit für neuen europäischen Spirit.« An den unterschiedlichsten Stellen finden sich Hinweise auf ein ganz unironisches, aufrichtiges Europagefühl, das es bei vielen Menschen gibt, und das auch die EU-Institutionen gerne pflegen möchten. So unterstützt das Europäische Parlament eine Aktion des Berliner Creative Directors und Konzeptionierers Robert Eysoldt. Der hat pünktlich zur Europawahl am 26. Mai 2019 den Call »GIF Me Your Best« initiiert. Europäische Grafik- und AnimationsdesignerInnen, TypografInnen, IllustratorInnen, FotografInnen und
KünstlerInnen sind aufgerufen, bis zum 24. Mai ihre GIFs zum Thema Europäische Union einzureichen. Das Motto: »Don’t take democracy for granted and GIF me your best!« Ausgerechnet GIFs. Jenes Grafikformat, das im Netz wie sonst nur das Meme für Ironie, Anspielung und die Verschleierung des Ernsts jedweder Angelegenheit steht, als demokratiepolitisches Statement. Und das, wo das EU-Parlament doch gerade erst einer Reform des digitalen Urheberrechts zugestimmt hat, die absolut nicht im Ruf steht, der Meme- und GIF-Kultur zuträglich zu sein. Wie sehr sich GIFs per Einreichwettbewerb zum Medium europäischen Integrationspops machen lassen, wird sich zeigen. Sie sind jedenfalls längst nicht das einzige. Thomas Stollenwerk
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Nuancen im Pathos Popkulturelle Bekenntnisse zu Europa sind gerne pathetisch. Subtiler geht’s auch. Die beiden Mainstream-House-DJs Jax Jones (Großbritannien) und Martin Solveig (Frankreich) haben ihr neues gemeinsames Projekt schlicht Europa getauft. Das Motto: »Stronger Together«. Und natürlich gibt es auch pessimistische Töne. Kurz nach dem Brexit-Referendum erschien Kate Tempests Album »Let Them Eat Chaos«. »Europe is lost, America lost, London lost. Still we are clamouring victory. All that is meaningless rules. We have learned nothing from history«, heißt es in ihrer Spoken-Word-Erzählung »Europe Is Lost«. Der verlorene Westen, der sich nach Tempest noch immer als Sieger der Geschichte wähne, daraus aber gar nichts gelernt habe, sorgte nur ein paar Wochen nach der Veröffentlichung für ein weiteres politisches Spektakel, als Donald Trump zum US-Präsidenten gewählt wurde. Ein Schock für den einen Teil der »westlichen Wertegemeinschaft« und eine wohltuende Disruption für den anderen. Die alte Rede von dieser Wertegemeinschaft wird ganz offenbar auch von Leuten mit hoher Ironiekompetenz ernst genommen. Im März widmete sich Jan Böhmermann im »Neo Magazin Royale« der europäischen Idee in Form einer Glam-Rock-Hymne auf die »United States Of Europe«. Nicht ironiefrei. Allerdings schickte Böhmermann dem Musikvideo ein 14-minütiges proeuropäisches Pamphlet in Form eines John-Oliver-Essays vorweg. Mit relativ eindeutigem Fazit: »Spätestens seit dem Brexit wissen wir alle, wir sind irgendwie aus Versehen mit Europa rückwärts mit 180 und Licht aus in die Sackgasse reingefahren. Und jetzt stehen wir da mit zerbeultem Heck an der Wand und wundern uns, warum es rückwärts irgendwie nicht mehr weitergeht und schreien uns gegenseitig an in 24 Sprachen. Dabei gibt
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Was treibt jugendliche AktivistInnen auf die Straße?
Jeden Freitag streikt Fridays For Future gegen Klimapolitik und das »whole damn system«.
Fridays For Future Vienna
Ein Friday mit Fridays For Future Am 21. Dezember 2018 hat die Initiative Fridays For Future auch in Österreich Fuß gefasst. Seitdem wird nach dem Vorbild der jungen Schwedin Greta Thunberg jeden Freitag für das Klima gestreikt – am Heldenplatz und zunehmend auch anderswo in Österreich. ———— Es ist fünf vor zwölf und es ist heiß. An einem Freitag im April werden am Heldenplatz noch die letzten Vorbereitungen getroffen, ein Mikrofon wird in Betrieb genommen, ein paar Leute haben sich schon vor dem Reiterstandbild Erzherzog Karls von Anton Dominik Fernkorn platziert. Nun, mit ein paar Minuten Verspätung, geht es los: Die Wiener Gruppe von Fridays For Future streikt wieder. Der 19. Streik, dieses Mal bei sommerlichen Temperaturen im April. Es sei auch im Umgang mit dem Klimawandel – wie in diesem Moment am Heldenplatz –
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längst schon zwei vor zwölf, lässt ein junger Mann die näher herantretenden Streikenden wissen, bald darauf folgt der erste Spruch: »What do we want? Climate justice! When do we want it? Now!« Es war Greta Thunberg, die im August 2018 den Anfang machte. Sie streikt seither für das Klima. Thunberg und ihre Ideen gewannen nach und nach weltweit Aufmerksamkeit und so ist die globale Bewegung Fridays For Future entstanden, bei der v. a. SchülerInnen sowie Studierende sich für den Klimaschutz einsetzen. In Österreich waren es Katharina Rogenhofer, Johannes Stangl und Philipp Wilfinger, die für den 21. Dezember 2018 die erste Demo in Wien anmeldeten. Die drei hatten einander zuvor bei der UN-Klimakonferenz im polnischen Katowice kennengelernt und nach
einer Begegnung mit Greta Thunberg die Entscheidung gefällt: Sie müssen auch etwas tun. Einige Wochen später, am 15. März, gehen alleine in Wien mehr als 10.000 Menschen beim weltweiten Klimastreik auf die Straße.
Pop und Protest Es ist auch Philipp Wilfinger, der an diesem Tag des Öfteren die Menge mobilisiert. Vor Fridays For Future habe der Student der Global Studies keine Erfahrungen mit Aktivismus gehabt: »Ich war ein ganz normaler Student, der sich zwar mit Umweltthemen befasst hat, aber ich habe das nie nach außen getragen.« Überhaupt habe niemand aus der Wiener Gruppe zuvor Demos organisiert, sagt er. Man merkt dies den OrganisatorInnen nicht an. Neben Ausrufen der Streikenden
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Alle Klassen für den Klimaschutz? Jugendliche seien nicht per se politisch stärker mobilisiert als frühere Generationen, sagt Matthias Rohrer vom Institut für Jugendkulturforschung.
etwa: »Derzeit befindet sich in Zusammenarbeit mit Tiroler Landtagsabgeordneten mehrerer Parteien ein Antrag in Ausarbeitung, der regionale Forderungen von Fridays For Future Innsbruck umfassen soll.« Ebenso haben sich unter anderem Parents For Future, Teachers For Future und Scientists For Future gegründet.
Nicht politikverdrossen
wie »Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Zukunft klaut«, sprechen auch zahlreiche Schilder und die TeilnehmerInnen stimmen – weil Pop und Protest schon oft eine Symbiose eingegangen sind – Lieder an. Es gibt Tee und eine Open Stage, auf der alle ihr Anliegen kundtun können. Von denen haben die jungen Menschen genug: Appelle an die Politik, etwa weniger die streikenden und damit mitunter schulschwänzenden SchülerInnen zu kritisieren, sondern vielmehr Klimapolitik zu gestalten – Stichwort: Pariser Klimaabkommen; und die Botschaft, was jedeR für das Klima tun kann – »Wir sind niemals zu klein, um etwas zu ändern«, sagt ein Bub. Die DemonstrantInnen sitzen, lauschen und machen mit ihren Smartphones Fotos und Videos.
Thema da. Auch Amelie, die mit ihrer Mutter Susanne hier ist, will sich zukünftig mehr für den Klimaschutz einsetzen. »Wenn wir alle zusammenhalten, dann können wir wirklich etwas erreichen«, ist die Schülerin überzeugt. Ihre Mutter wiederum glaubt, dass es dafür noch mehr Leute bei den Demos braucht. Mehr Leute haben sich in den vergangenen Wochen immerhin bei Fridays For Future engagiert, mittlerweile gibt es 15 Regionalgruppen. Die meisten davon haben sich in Städten wie Linz, Innsbruck oder Graz gebildet, aber auch in Bad Ischl, Ried im Innkreis oder Schärding gibt es eigene Gruppen. Von Seiten der Innsbrucker Gruppe heißt es
Entsteht durch Fridays For Future eine neue Politisierung junger Menschen? Matthias Rohrer vom Institut für Jugendkulturforschung sieht das so: »Auch wenn es gerne so kolportiert wird, es handelt sich bei Fridays For Future nicht um eine gesellschaftlich breit angelegte Jugendbewegung und auch nicht um eine neue Form der Politisierung junger Menschen. Denn die Jugendlichen, die hier protestierten, gehören zum Großteil zu den bildungsnahen Schichten, die immer schon politikinteressiert und auch in der Vergangenheit schon für für sie wichtige Themen mobilisierbar waren. Unabhängig von den Freitagsprotesten und der Fridays-For-Future-Bewegung, kann man jedoch durchaus feststellen, dass Klimaschutz als politisches Thema für junge Menschen wichtiger wird.« Auf die Frage, wie politisch Österreichs Jugend überhaupt sei, antwortet Rohrer, dass diese nicht politischer oder unpolitischer sei als die anderer europäischer Staaten; sie sei außerdem nicht politikverdrossen, sondern »politiker- beziehungsweise politikerinnenund institutionenverdrossen«. Daher würden sie sich aus politischen Debatten beziehungsweise Prozessen zurückziehen, so Rohrer. Zurückziehen wollen sich die AkteurInnen von Fridays For Future keinesfalls, wie Philipp Wilfinger betont: »Wir streiken, bis ihr handelt.« Barbara Fohringer
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Fridays For Future Vienna, Adobe Stock
Hartnäckig dranbleiben Doch nicht nur SchülerInnen und Studierende befinden sich am Heldenplatz, immer wieder sieht man auch ältere Menschen, wie etwa Niki. Er sei seit einigen Wochen bei den Streiks dabei. Seitdem er Opa geworden ist, denke er vermehrt an den Klimaschutz. PhD-Studentin Hanja sagt gegenüber The Gap: »Die einzige Möglichkeit, dass wir noch langfristig einen lebenswerten Planeten haben, ist ein relativ fundamentaler Systemwechsel. Den sehe ich momentan überhaupt nicht. Aber ich glaube, die einzige Möglichkeit, den irgendwie anzustoßen, ist eine breite gesellschaftliche Bewegung, die mit Hartnäckigkeit dranbleibt.« Und Physikstudent Max glaubt, dass man gegenüber der Politik die eigenen Anliegen mehrmals kundgeben müsse, bis man gehört werde. Er habe schon zuvor versucht, sich gegen den Klimawandel zu engagieren, aber erst jetzt sei eine große Bewegung für dieses
Von Freitag zu Freitag mehr Übung im Protestschild-Basteln.
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Was? Wie? Wann? • Projekte aus den Bereichen: Architektur, Ausstellung, Bühne, Comics, Design, Festival, Film, Fotografie, Kongress/Konferenz, Konzert, Kunst, Kunstvermittlung, Literatur, Musik, Publikation, Tanz, Tonträger (Audio/Video), Tournee sowie die Verknüpfung von Kunst und Kultur mit sozialem Engagement. • Hilfe und Unterstützung mittels wemakeit-Tutorials und Webinaren, einfach eine E-Mail an hello@wemakeit.com schicken. • Start der Crowdfunding-Kampagnen ab dem 14. Mai 2019 möglich.
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Live, leiwand und draußen Vier Empfehlungen für den europäischen Festivalsommer
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Festival-Pick: Roskilde Festival
Dass die Stimmung am Roskilde Festival von ganz außergewöhnlicher Qualität ist, liegt nicht etwa am stets überzeugenden und abwechslungsreichen Line-up, sondern an den unzähligen Freiwilligen, die das Festival mit ihrem Engagement prägen. ———— »8 days of music, activism, arts, camps, and freedom«, so steht es auf der Website des Roskilde Festivals. Und dieses ist nicht nur eines der längstdienenden (seit 1971), sondern mit seinen deutlich mehr als 100.000 musikbegeisterten BesucherInnen auch eines der größten Festivals Europas. Und eines, das überdies ein stets beeindruckendes Line-up aufweisen kann: Aus allerlei, dabei aber nicht beliebig zusammengestellten Genres tummeln sich alte Helden und aktuelle Superstars ebenso auf den sieben Bühnen und weiteren Nebenschauplätzen wie kleine, feine aufstrebende Acts, die man anderswo oft erst viel später zu sehen und hören bekommt. Beim Durchkreuzen des unglaublich weitläufigen Festivalgeländes am Rande Roskildes – die Stadt wird während der Veranstaltung in Sachen Bewohnerzahl zur viertgrößten Dänemarks – passiert man nicht nur ein breites Angebot von Essensständen und Modeläden, bei dem die OrganisatorInnen auf regional und unabhängig setzen. Man hat auch die Gelegenheit, sich mit diversen oft gesellschaftspolitischen (Kunst-)Projekten auseinanderzusetzen oder einen Abstecher in einen der thematisch gestalteten Zeltplätze zu machen. Dazu kommen noch die ausführlichen Bemühungen der VeranstalterIn-
nen, das Festival jedes Jahr ein wenig nachhaltiger, grüner, inklusiver und sicherer zu gestalten. Craft Bier gibt es auch. Und das alles war noch nicht einmal das Beste am Roskilde Festival. Denn das Beste ist die entspannte, offene, freundliche Atmosphäre, für die das im Durchschnitt 24 Jahre alte und somit doch recht junge Publikum verantwortlich ist. Und dieses legendäre »orange feeling« (benannt nach der mit orangefarbener Plane überdachten Hauptbühne, der – wenn man so will – Roskilde Signature Stage) hat einen guten Grund: Das Festival ist eine gemeinnützige Unter-
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nehmung, bei der alljährlich sage und schreibe 30.000 Volunteers mitarbeiten. Deren Engagement endet nicht beim freiwilligen Securitydienst oder Mülleinsammeln, sondern sorgt für eine insgesamt sehr rücksichtsvolle, positive Atmosphäre auf »ihrem« Festival. Man spürt, dass hier alle ein bisschen mehr auf die Dinge und vor allem auf einander aufpassen. Neben all der Musik, dem Feiern und den gesellschaftspolitischen Ambitionen ein Erlebnis für sich. Manuel Fronhofer
Roskilde Festival, 29. Juni bis 6. Juli, Roskilde (DK)
SH Luftfoto, Niko Ostermann
Gemeinnützig feiern
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SH Luftfoto, Niko Ostermann
Festival-Pick: Primavera Sound Festival
Im Zentrum der Musikwelt Polizisten die Occupy-Bewegung vom Plaça de Catalunya knüppelten, was später am Gelände – das Primavera ist kein unpolitisches Festival, im Gegenteil – das beherrschende Thema war. Das Konzert war jedenfalls fantastisch. Und als fast alle Hits schon gespielt waren, adressierte Jarvis Cocker die dunkle Wolke über den Köpfen der Menschen direkt: »The next song is for all the people at Plaça de Catalunya. The next song is called ›Common
People ‹« – Dammbruch. Tags darauf spielte der völlig losgelöste Caribou auf einer Bühne, die seitdem wegen Überfüllung geschlossen ist, wahrscheinlich das Konzert seines Lebens. Und wieder lagen sich Menschen von Gefühlen übermannt in den Armen. Es ist auch dieses Zwischenspiel der Energien, dass das Primavera so besonders macht – durch und für das Publikum, durch und für die KünstlerInnen. Unvergessen bleibt, wie Radiohead 2016 die schon im Arbeitslicht beleuchtete Bühne noch einmal betraten, um sich mit »Creep« zu bedanken, wo dann – richtig – wieder alle Dämme brachen. Unvergessen die gewaltigen Wellen of Sound, die über die vorderen Publikumsreihen Richtung Bühne brachen, als Arcade Fire 2017 ihr großes Headliner-Set mit »Wake Up« begannen, und alle 40.000 den Einsatz natürlich perfekt erwischten. Unvergessen, als DJ Koze 2018 sein zweistündiges Closing-Set der ersten Festivalnacht auf der besten Bühne mit einer 15-Minuten-Version des besten ElektronikSongs des Jahres, »Pick Up«, beendete – hinter ihm das Mittelmeer, aus dem sich zu dieser Uhrzeit langsam der blutrote Sonnenaufgang seinen Weg bahnte. Unvergessen jeder Morgen, an dem man glücklich nach Hause geht, weil man es bis dahin geschafft hat und ob all der fantastischen Dinge, die man gesehen und – vor allem! – gehört und gefühlt hat. Nikolaus Ostermann
Primavera Sound Festival, 30. Mai bis 1. Juni, Barcelona (ES)
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Wer die Musik liebt, der muss auch Liebe für das alljährlich in Barcelona stattfindende Primavera Sound Festival in seinem Herzen tragen. Es ist das Festival der Musikliebenden. ———— In den 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts verwurzelt, fand das Primavera 2005 im Parque del Forum im Norden der Metropole sein Heimatgelände, das seitdem bespielt wird und die Stadt jedes Jahr Ende Mai / Anfang Juni in einem magischen Ort im Zentrum der Musikwelt verwandelt. An diesem Ort passieren fantastische Dinge. Es ist der Ort, an dem Pulp 2011 ihre große Comeback-Show just an dem Abend spielen sollten, an dessen Tage spanische
Fantastische Musikmomente bis in die frühen Morgenstunden: das Primavera Sound Festival in Barcelona.
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Festival-Pick: Sziget Festival
Über 80.000 BesucherInnen pro Tag beim Sziget Festival auf der Budapester Donauinsel.
rekt in der Donau und einer Runde Strandcocktails bietet dieser auch Platz für Yogaklassen und eine weitläufige Chill-out-Area. Auf dem Festival in Ungarns Hauptstadt treffen jedes Jahr über hundert Nationalitäten aufeinander und zeigen, dass der allgegenwärtige Slogan »Island Of Freedom« nach wie vor seine Berechtigung und einen wichtigen Kern hat. Neben dem Sziget Passport, den man gleich zu Beginn bekommt, gibt es zahlreiche Gruppenaktivitäten, die in den täglichen Special Partys vor der Hauptbühne ihren Höhepunkt finden. Gecampt werden kann im Übrigen so gut wie auf der gesamten Insel, hier kann man von
Volles Programm auf der »Island Of Freedom«
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»mitten in der Partyzone« bis hin zu sehr ruhigen Ecken das gesamte Festivalerlebnis auskosten. Aber auch die vielen preiswerten Hotels und Apartments der Stadt sind eine gute Option, den einwöchigen Trip angenehm und gemütlich zu verbringen. Und wer ausreichend Energie hat, kann neben dem Festivalprogramm die aufstrebende Kevin Reiterer und pulsierende Stadt erleben.
Sziget Festival, 7. bis 13. August, Budapest (HU)
Rockstar Photographers, Christian Hedel
Das Sziget Festival auf der Budapester Obudai-Insel hat sich in seiner mehr als 25-jährigen Geschichte zu einem Fixpunkt in der europäischen Festivallandschaft entwickelt. Was 1993 mit 43.000 BesucherInnen begann, findet nun als siebentägiger Mega-Event mit über einer halben Million BesucherInnen, also über 80.000 pro Tag, statt und lässt so gut wie keine (Festival-)Wünsche offen. ———— Neben dem vielfältigen Line-up, das von internationalen Headlinern (dieses Jahr etwa Florence + The Machine, The National und Ed Sheeran) über ein ausgedehntes Electronic- und DanceProgramm bis hin zu World-Music- und Jazz-Stages für jeden Geschmack sowie jede Uhrzeit und Situation das Passende parat hält, sind die Begleitaktivitäten und -angebote das eigentliche Salz in der Suppe. Da sich das Sziget Festival seit jeher nicht als bloßes Musikfestival, sondern als Ort, an dem Kunst in den verschiedensten Facetten im Fokus steht, präsentiert, finden laut Angaben der VeranstalterInnen jedes Jahr an die 1.000 Performances unterschiedlichster Art auf dem weitläufigen Gelände statt. Neuer Zirkus, GauklerInnen und ArtistInnen, Theater- und Tanzgruppen und vieles mehr gibt es zu erleben. Ein Open-Air-Kino, ein riesiger Sportbereich, sowie die Art Zone, ein großer Garten voller Installationen, Skulpturen und allerhand Mitmach-Actions, tun ein Übriges, damit auch am siebten Tag keine Festivalmüdigkeit aufkommt. Am nördlichen Ende der Insel wartet – sofern das Wetter mitspielt – der große Sziget Beach. Neben Abkühlung di-
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Rockstar Photographers, Christian Hedel
Festival-Pick: Melt Festival
Rave mit Storch im Morgenrot schen sind nicht nur kaum ungut, sondern verteilen sich auch auf die vielen Stages und Bereiche – anstehen muss man so gut wie nie. Die Securitys sind entspannt und außerdem hat es in all den Jahren, soweit ich mich erinnern kann, nur ein einziges Mal geregnet. Deshalb ist das Melt als Festival aushaltbar. Dann gibt es noch die Dinge, die es zu einem der besten überhaupt machen. Und an dieser Stelle kann ich nicht ohne die Worte Magie und Romantik auskommen. Das Ganze findet nämlich in Ferropolis, auf einem stillgelegten Kohleabbaugelände zwischen gigantischen Stahlbaggern statt, wegen denen ich jedes Jahr wieder komplett
perplex bin. Manchmal spucken sie sogar Feuer. Man ist hier sowieso ständig von den Elementen überwältigt. Industrie und Natur bilden zusammen die schönste Kulisse überhaupt. Die Bühnen befinden sich in einem Biosphärenreservat: In einem Moment verliert man sich im Rave, im nächsten fliegt ein Storch wenige Meter über den Kopf hinweg ins Abend- oder Morgenrot, vorbei an einer der riesigen Discokugeln. Und es gibt einen See, der das Festival für urbane Millennials quasi zum jährlichen LignanoUrlaub macht. Aber kommen wir zum Wichtigsten: Das Booking ist großartig. Eine Mischung aus Techno, Avantgarde und auch Mainstream hat mich mit Anfang 20 zum ersten Mal elektronische als »echte« Musik begreifen lassen, mir erste Berührungspunkte beschert und so definitiv zu meiner Sozialisation beigetragen. Die Running Order ist auch gut durchdacht. Unvergesslich etwa die brutale Intensität von Portishead als Closing Act im Kontrast zum puren Hedonismus der vorausgegangenen Tage. Neben Musik gibt es Panels, Spielplätze, viel Liebe zur optischen Gestaltung und Kunst. Nicht umsonst zeichnet der Kultursender Arte einige der Shows auf. Das Melt ist wegen seiner Kontraste so besonders und hat mir viele schöne Erinnerungen beschert. Es ist wahrscheinlich das einzige Festival, für das mein Körper die Strapazen noch auf sich nehmen will. Vermutlich wird es mich auch diesen Juli in den Norden ziehen. Ist schon Pia Gärtner Tradition so.
Melt Festival, 19. bis 21. Juli, Gräfenhainichen (DE)
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Dinge, die zu Festivals gehören, haben bei mir schon immer Unbehagen ausgelöst: gezwungenes Gut-drauf-Sein, besoffene Teenager, eingeschränkter Zugang zu Sanitäranlagen und Schlafen im Zelt – umgeben von Müllbergen. Beim Melt bin ich die letzten sechs Jahre trotzdem immer wieder gelandet. ———— Viele der gängigen Festivalübel sind hier nämlich weniger schlimm oder werden von den Pluspunkten einfach überboten. Zum Beispiel gibt es das Green Camping, eine Area, in der Müll getrennt und gesammelt wird. Auch sonst ist alles irgendwie besser. Die 20.000 Men-
Gigantische Bagger, die nachts sogar Feuer spucken, als imposante Kulisse des Melt Festivals.
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Wortwechsel Wie sollen VeranstalterInnen mit sexuellen Übergriffen auf Festivals umgehen?
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Rrriot Festival
Gut gemeint und weit daneben. ———— Um es wenig überraschend vorwegzunehmen: Ich bin kein Fan von Frauenzonen bei Festivals. Was aber nicht heißen soll, dass ich nicht sehr schätze, dass man nun auch in kommerzielleren Räumen beginnt, sich Gedanken über (sexuelle) Gewalt, beziehungsweise die Sicherheit der BesucherInnen zu machen. Kennt man queer und safe spaces, dann kommt einem diese Herangehensweise schlichtweg amateurhaft, fast naiv vor. Unterm Strich könnten diese Frauenzonen aber auch der Startschuss zu einer sinnvollen Diskussion um Alkohol, Geschlechterstereotype und das Verhalten von Menschen auf Großveranstaltungen sein. Aber zurück zum Anfang: Meine Unruhe in Sachen Frauenzonen ist so vielfach, dass ich auseinanderdividieren muss: Wer sind denn eigentlich Frauen? Was ist mit Trans-Personen? Oder Intersex-Personen? Welche Erfahrungen machen homosexuelle FestivalbesucherInnen? Gibt es rassistische Übergriffe auf Festivals und sind all jene hier mitgemeint? Bevor nun ein Festival 50 politisch korrekte Einheiten baut, damit alle voreinander (?) in Sicherheit sind, wäre es wohl sinnvoll, zu überlegen, wieso Festivals Übergriffsorte sind, und die gute alte Best-Practice-Strategie zumindest mal auszuprobieren. Kann es sein, dass es Festivals gibt, bei denen es zu weniger Gewalt kommt? Vor allem queere VeranstalterInnen haben über die vergangenen Jahrzehnte Strategien zum »Safer Clubbing« ausgetestet und opti-
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miert. Räume, die in Sachen Geschlechtergerechtigkeit klare Zeichen setzen und eine Zero-Tolerance-Policy gegenüber Rassismus, Sexismus und Homophobie postulieren und auch leben, sind sicherer. Line-ups, die mehr als nur ein einziges Geschlecht zeigen, Security- Teams, die divers aufgestellt sind, Bands und Acts, die Gewaltfreiheit, Toleranz und Respekt postulieren: All das sind fundamentale strukturelle Bausteine für eine weniger aggressive Festivalkultur. Vor allem: Sie suggerieren den weiblichen Besucherinnen nicht, dass man sie wegsperren müsste, damit sie sicher sind; sie sagen den Menschen, die sich nicht benehmen können, dass sie am besten gleich zu Hause bleiben sollen. Frauenzonen vergessen auf all die anderen, die auf Festivals degradierende Erfahrungen machen mussten, und sie sind auf demselben binären stereotypen Verständnis dieser Welt aufgebaut, das uns den ganzen Schaß erst eingebrockt hat. Männer sind nicht per se Täter, Frauen sind nicht per se Opfer, und viele Menschen sind weder Frauen, noch Männer, oder beides. VeranstalterInnen sei angeraten, sich mit längst existierenden Positionen zu diesem Thema zu beschäftigen, von eigens abgestellten Awareness-Teams, die Ansprechpersonen sein können, bis hin zur Festivalarchitektur ließe sich einiges machen. Und sie sollten sich die Frage stellen, welchen Einfluss die heimische »Saufkultur« auf (sexuelle) Gewalt hat. Frauenzonen sind aus meiner Sicht reine und schlechte Symptombehandlung eines Problems, das auf ganz anderen Ebenen erst entsteht und dort im besten Fall auch behandelt werden sollte.
Therese Kaiser alias Therese Terror ist DJ, Veranstalterin und Geschäftsführerin des Rrriot Festivals. Gemeinsam mit dem Team um Marlene Engel arbeitet sie auch am Hyperreality Festival For Club Culture Vienna und setzt sich für Geschlechtergerechtigkeit in der Clubszene ein.
Theresa Ziegler
Therese Terror
Markus Sibrawa, Frauenhelpline, Nova Music, Petra Rautenstrauch
Festivals sind keine safe spaces – es wird gestohlen, verletzt und Schaden angerichtet. Während hier viele an verschwundene Zelte denken, geht es vermehrt leider auch um sexuelle Gewalt. Laut einer You-Gov-Studie haben 43 Prozent aller Frauen unter 40 ungewolltes sexuelles Verhalten auf einem der britischen Festivals erfahren. Doch auch in Österreich sind sexuelle Belästigungen und Übergriffe auf Festivals ein großes Problem. Das Nova Rock hat für dieses Jahr einen Campingbereich nur für Frauen angekündigt, und beim Donauinselfest wird es eine »Frauen-Empowerment-Insel« geben. Sind damit funktionierende Lösungen gefunden? Wie können und müssen VeranstalterInnen auch auf Täterseite ansetzen, um sexuelle Übergriffe zu verhindern und Festivals zu den safe spaces zu machen, die sie sein sollten?
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Markus Sibrawa, Frauenhelpline, Nova Music, Petra Rautenstrauch
Theresa Ziegler
Das Team der Frauenhelpline
Ewald Tatar
Barbara Novak
Frauenräume als Gewaltschutzmaßnahme kontraproduktiv. ———— Frauenräume sind sinnvoll – in anderen Kontexten. Zum Beispiel ein Frauenbereich in einer Sauna, Netzwerke zur Stärkung der weiblichen Perspektive – alle Räume, in denen sich Frauen auf freiwilliger Basis dazu entscheiden, unter sich zu sein. Frauenräume zu schaffen, um Frauen vor Gewalt zu schützen, sind hingegen kontraproduktive Strategien, um dem Thema Gewalt und Sexismus zu begegnen. Außer es soll erreicht werden, dass Frauen sich nur in Sicherheitszonen sicher fühlen dürfen – und sich außerhalb dieser Zonen einem als »normal« eingestuften Risiko aussetzen. Damit wird Gewalt als normativer Zustand und Gewaltfreiheit als abnormal angesehen – Stichwort Täter-Opfer-Umkehr. Was wären weitere Strategien dieser Art? Nach acht Uhr abends das Haus nicht mehr verlassen zu dürfen? Und was ist mit den Gefährdern? Welche Lehren ziehen sie daraus? Kurzsichtige Aktionen wie diese bekräftigen Machtstrukturen und zwingen Betroffene, sich diesen anzupassen, anstatt strukturelle Veränderungen anzustreben. Unsere Empfehlung ist daher, keine exklusiven Maßnahmen zu setzen, sondern einen inklusiven Raum zu schaffen, in dem Gewalt in keinster Weise geduldet wird, in dem es allen gut geht und sich alle angstfrei bewegen können. Für ein Festival könnte dies bedeuten, Informationsstellen einzurichten, Sensibilisierungskampagnen durchzuführen, Notruffunktionen für alle zugänglich und gut sichtbar einzurichten etc. Im Allgemeinen kann sich bei der Planung eines Festivals bereits an Good-Practice-Beispielen orientiert werden und auch auf eine architektonisch und infrastrukturell geeignete Ausrichtung des Geländes geachtet werden. Eine gute Schulung des Personals, Monitoring und Gefährdungseinschätzung gehören ebenfalls dazu. VeranstalterInnen und OrganisatorInnen sind unseres Erachtens nach in der Pflicht, dieses Thema in ihre Planung ganzheitlich miteinzubeziehen – mit einem separaten »Frauenraum« wird das Problem nur verstärkt und in keinster Weise gelöst.
Ein geschützter Bereich als Angebot. ———— Wir haben heuer beim Nova Rock einen eigenen Campingbereich für Frauen eingerichtet, um einen Akzent zu setzen gegen mögliche Belästigungen aller Art im Laufe des Festivals. Dies geschieht weniger aus einer dringenden Notwendigkeit heraus – die Wünsche nach einer solchen Maßnahme hielten sich in Grenzen, aber sie kamen eben doch immer wieder auf. Sexuelle Übergriffe in der Öffentlichkeit sind in den letzten Jahren vermehrt zum Thema geworden. Das betrifft nicht nur Festivals, sondern viele andere Bereiche unserer Öffentlichkeit, das möchte ich hier schon sehr deutlich klarstellen. Die Einführung des Frauen-Campingplatzes ist eine Option, die wir Besucherinnen anbieten wollen, die womöglich schon einmal schlechte Erfahrungen auf Festivals gemacht haben oder ganz einfach vorbeugend in einem geschützten Bereich nächtigen wollen. Ich muss aber auch sagen, dass die Anzahl der Anmeldungen dafür eher überschaubar ist. Wir hatten mit deutlich mehr Interesse gerechnet und sind schon wieder dabei, die Pläne zu überdenken und diesen neuen Bereich womöglich doch kleiner zu bauen, als ursprünglich angedacht. Eine weitere Neuerung ist, dass es durch spezielle Westen gekennzeichnete SecurityMitarbeiterInnen geben wird, die bei möglichen Problemen Anlaufstelle sind und diese Probleme bei Notwendigkeit auch sofort an die Polizei weitergeben bzw. auch selbst unmittelbar eingreifen können. Dies betrifft aber nicht nur mögliche sexuelle Belästigungen, sondern auch Rassismus, Wiederbetätigung oder etwa homophobe Äußerungen.
Awareness, Empowerment und schnelle Hilfe für ein friedliches Miteinander. ———— Das Donauinselfest ist das größte Freiluftfestival bei freiem Eintritt in Europa und das zweitgrößte weltweit. Es ist auch eine der friedlichsten und sichersten Großveranstaltungen seiner Art. Das gelingt durch ein engmaschiges Netz an Sicherheitskräften, Feuerwehr, Rettung, Sanitätsdiensten und deren sehr guter Abstimmung untereinander. Nicht zuletzt sind es aber auch die BesucherInnen selbst, die das vielfältige und umfassende Programm schätzen und zum großen Teil entspannt und respektvoll miteinander umgehen – eben aufeinander schauen. Dennoch: Wir wissen, dass es auf Großveranstaltungen immer wieder zu Belästigungen von Frauen und Mädchen kommt. Als SPÖ Wien, als Veranstalter des Donauinselfestes, akzeptieren wir solche Übergriffe absolut nicht! Wir haben daher im Vorjahr eine Awareness-Kampagne gestartet und mit dem »Rettungsanker« eine wirksame und am Festival sichtbare Maßnahme gesetzt, die es auch heuer wieder geben wird. Dazu gehört, dass Belästigung aufgrund des Geschlechts ernstgenommen wird, das gesellschaftlich sensibilisiert wird und im Fall des Falles schnelle und kompetente Hilfe zugegen ist. Auf diese drei zentralen Kriterien werden die Sicherheitskräfte auf dem Donauinselfest speziell geschult. Sie sind mit gut sichtbaren Stoffbuttons ausgestattet und sich ihrer Aufgabe als »Rettungsanker« bewusst: Hilfe für Betroffene, Abschreckung gegen potenzielle Täter. Der große Erfolg der Kampagne und des »Rettungsankers« zeigt sich in den guten Erfahrungen beim letzten Donauinselfest, und vor allem auch durch die Übernahme des Programms durch die Wiener Bäder und die Wiener Linien. Auch bei anderen Festivals sehen wir, dass unser Ansatz weitergetragen wird. Und genau solche wichtigen Impulse kann und soll das Donauinselfest setzen. Was wir zumindest auf dem Donauinselfest nicht brauchen, sind exklusive Frauenbereiche – die Damentoilette ausgenommen. Aber wir nützen das Fest durchaus, um Themen weiterzubringen. Eines davon ist ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis auf den Bühnen. Dafür stellen wir heuer eine eigene Bühne für Frauen-Empowerment auf die Beine. Burschen und Männer im Publikum sind herzlich willkommen. Schaut’s vorbei!
Die Frauenhelpline gegen Gewalt ist rund um die Uhr, anonym und kostenlos in ganz Österreich unter 0800 222 555 erreichbar.
Ewald Tatar ist Hauptanteilseigner der Barracuda Holding, deren Subunternehmen pro Jahr für Hunderte Konzerte sowie die wichtigsten heimischen Festivals verantwortlich zeichnen, u. a. das Nova Rock, dessen Hauptverantwortlicher Tatar ist.
SPÖ Wien, Donauinselfest
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Nova Rock Festival
Barbara Novak ist Landesparteisekretärin der SPÖ Wien und in dieser Funktion für das Donauinselfest verantwortlich.
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Katharina Kacerovsky, 38 Leiterin der Europride 2019
Pride Weeks, darunter auch die Vienna Pride, gehören mittlerweile zum Kulturkalender fast jeder großen Stadt. Jedes Jahr wird aber eine in Europa als Ausrichtungsort der Europride ausgewählt und zur Gastgeberin eines riesigen LGBTIQ-Festivals. 2019 – in Wien – leitet Katharina Kacerovsky die Euro pride. Viel Verantwortung, aber auch viel gegenseitige Inspiration, denn hier wird eng mit dem Dach verband EPOA (European Pride Organisers Association) zusammengearbeitet. »Diese Vernetzung ist sehr ressourcenintensiv – eingeladene GästInnen, PolitikerInnen und Firmen müssen europäisch sein, der Kontaktekreis ist deutlich größer und es gilt, einen stärkeren internationalen Anspruch zu erfüllen«, sagt Kacerovsky. Sichtbar wird diese intensive Zusammenarbeit unter anderem in der EuroprideKonferenz zum Thema Menschenrechte und dem Wagen der EU-Kommission auf der Regenbogenparade. Europäische Werte, das sind für Kacerovsky: »Demokratie, Gleichheit und die Wahrung von Menschen würde und Menschenrechten im globalen Kontext – einschließlich des Schutzes von Minderheiten«.
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Workstation Menschen am Arbeitsplatz Nikolaus Ostermann
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Theresa Ziegler
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Alexander Van der Bellen, 75 Bundespräsident der Republik Österreich
Seit gut zwei Jahren repräsentiert Prof. Alexander Van der Bellen Österreich nach außen und somit auch in Europa. Dass dabei auf dem »First Schreibtisch« einiges an Papier zusammenkommt, überrascht wenig. Als Sohn estnischer Einwanderer und nach einem halben Leben politischer Berufserfahrung, weiß Van der Bellen um die Essenz der europäischen Idee. »Es hat Jahrzehnte gebraucht, die Europäische Union aufzubauen. Aber wie ein Baum, der lange Zeit braucht, um zu wachsen und stark zu werden, und in nur wenigen Minuten gefällt ist, so ist auch die Europäische Union leicht zu beschädigen. Die EU hat uns Europäerinnen und Europäern Frieden, Freiheit und Wohlstand gebracht. Keine Europäerin, kein Europäer wird in Krieg, Unterdrückung und Armut leben wollen. Wir wollen unseren European Way of Life leben, und nicht in autoritären Systemen«, sagt unser Bundespräsident. Eine spezielle Europäerin begleitet van der Bellen jeden Tag in die Hofburg: die ehemalige griechische Straßenhündin Juli, die im April ihren ersten öffentlichen Auftritt an der Seite des Präsidenten hatte.
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PROSA — TOWANDER FLAGG
UM KOPF UND KRAGEN Die Wiener Autorin und Comedienne Towander Flagg hat das Westerngenre für sich entdeckt. Geschickt montiert treffen einander dabei Klischees und Stereotype zum Duell um High Noon.
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WESTEN Die alte Stute schwächelte wohl. Anders schließlich war es nicht zu erklären, dass ihr linker Vorderhuf gegen die unterste Stufe der kleinen Holztreppe stieß, die hinauf zum Eingang des Miller Hotels führte. Dumpf klang es in der Stille der Nacht wie das Klopfen eines Besuchers, der sich zu dieser späten Stunde mit Sanftheit in den Fingerknöcheln dafür entschuldigte, jene aus dem Schlaf zu wecken, deren müde Glieder unter ihren groben Baumwolldecken Erholung vom harten Tagwerk fanden. Die Stute, ihrer Natur nach eine Kreatur ohne Vorstellung von menschlichen Tugenden wie Umsicht oder Zurückhaltung, hatte sich auf ihren letzten Schritten den Weg hinauf zum Miller Hotel schlicht verstolpert und so für die Herrin des Hauses den falschen Eindruck erweckt, wohl einen zögerlichen Reisenden vor der Tür stehen zu haben. Mrs. Miller war noch nicht zu Bett gegangen, sondern saß im Licht einer Öllampe am Küchentisch und flickte die Kleidung der Kinder. In drei Paar Strümpfen hatte sie bereits die Fersen ausgebessert und hatte dann das gute Garn in die Nadel gefädelt, um einen Riss im Unterhemd ihrer Ältesten zu richten, als sie das sanfte Klopfen des Hufes auf Holz hörte. Sogleich legte sie das Hemd auf den Tisch, raffte ihren Schlafrock vor der Brust zusammen und ging mit der Öllampe in der Hand nach vorne ins Haus, um nach dem Rechten zu sehen. Draußen sprang jetzt neben der Stute ein Paar staubiger Stiefel in die festgetretene Erde vor der Treppe und die alte Mähre schnaubte aus, als wüsste sie, dass ihr Rücken fürs Erste von seiner Last befreit war. Während die Absätze des nächtlichen Besuchers dann die Treppenstufen hinauf polterten, über die Dielen der Veranda hinweg auf die Tür zum Hotel zu, stand Mrs. Miller bereits hinter dem kleinen Fenster neben dem Eingang und lugte an den Spitzen der vergilbten Spanngardine vorbei nach draußen. Sie hielt die Lampe hoch über ihrem Kopf, damit die Spiegelung des Lichts im Glas der Scheibe ihr nicht die Sicht auf den Besucher verdarb. »Verzeihen Sie, Ma’am.« Das Gesicht eines jungen Burschen senkte sich nun zu dem ihren herab.
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»Haben Sie ein Zimmer frei in Ihrem Haus für mich und einen Platz im Stall für mein Pferd, die wir beide nach einem langen Tagesritt erschöpft sind?« Die Geschäfte gingen schlecht im Miller Hotel hier in Long Pine. Reisende zogen heutzutage zumeist entweder im Norden durch das Territorium auf direktem Weg in die Black Hills, jetzt, wo das Land nicht mehr im Besitz der Lakota war, oder weiter im Süden den Trail entlang Richtung Oregon und so war Mrs. Miller jeder Gast willkommen. Also fragte sie auch nicht allzu drängend nach, was den jungen Mann, der sich ihr als Mr. Goodlick vorstellte, in ihr Hotel am Rande der Stadt brachte. Seine Geschäfte, so sagte der junge Mann vage, führten ihn von Aurora aus nach Norden. Mr. Goodlick schien Mrs. Miller ein freundlicher junger Mann zu sein. Er blieb in höflichem Maße zurückgezogen, aß am Morgen sein Frühstück neben den Kindern, die ihn nicht zu stören schienen, verschwand während des Tages zu Fuß in Richtung Long Pine, nahm sein Abendbrot anschließend auf dem Zimmer ein und als er am frühen Morgen des zweiten Tages nach seiner Ankunft in Long Pine seine Reise wieder aufnahm, dachte Mrs. Miller nicht mehr weiter über ihn nach. Sie steckte bloß seine paar Dollar Nächtigungsgeld in das Leinensäckchen, das sie in der dunkelsten Ecke der Kammer hinter dem Speck auf einen Haken gehängt verbarg, und überlegte, was davon sie für Zucker, Mehl, Schmalz und vielleicht auch ein Pfund Butter ausgeben und was davon sie sparen würde. Sie kam gar nicht auf die Idee, dass der unscheinbare Gast etwas damit zu tun haben könnte, dass am Nachmittag desselben Tages, als Mr. Goodlick frühmorgens das Hotel verlassen hatte, ihr Stallbursche spurlos verschwand. Tom Baker, so hieß der Kerl. Mrs. Miller wusste weiter nicht viel mehr von ihm, als dass er ein Waisenkind und auf sich allein gestellt war, und dass er wie so viele andere junge Männer in den Westen gekommen war, um hier sein Glück zu finden. Erst fünf Tage zuvor war er bei ihr auf der Türschwelle gestanden, in einem Paar staubiger Hosen, die ihm um
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Sarah Glück
die dünnen Beine schlotterten, und hatte seine Dienste angeboten. Nur aus ihrer christlichen Güte heraus hatte Mrs. Miller ihn bei sich aufgenommen und weil er sich nicht daran stieß, im Stall bei den Pferden zu schlafen. Zwar war Tom nicht besonders geschickt darin, seine Arbeiten im Haus mit Sorgfalt zu erledigen, doch er begnügte sich dankbar mit Mahlzeiten, die anderen Burschen, deren Mägen in diesem Alter Fässer ohne Boden waren, nicht einmal zur Morgensuppe gereicht hätten, und so wogen Mrs. Miller die Vorzüge eines eigenen Stallburschen mehr als die paar Kanten Brot und Zipfel Wurst, die nun in ihrer Speisekammer fehlten. Vielleicht hielt sie Tom Baker für einen unsteten Gesellen, der bloß von sich aus das Weite gesucht hatte. Vielleicht kam ihr gar nicht in den Sinn, dass an ihm ein Verbrechen begangen worden sein könnte. Natürlich hatte sie auch nicht gesehen, wie der umsichtige Reisende in jener ersten Nacht von seinem Fenster aus den Stall beobachtete, hatte der nächtlichen Konversation, die sich zwischen ihm und Tom entsponnen hatte, nicht gelauscht und als sie im darauffolgenden Winter hinter dem Holzstoß beim Stall ein Bündel Banknoten fand, das sie zweimal nachzählte, bis sie sicher war, dass es auf eine Summe von vierhundertdreiundzwanzig Dollar herauskam, dachte sie nicht einmal daran, dass Tom Baker und nicht der gütige Herr im Himmel es dort versteckt zurückgelassen haben könnte. Es war der Westen. Menschen kamen und gingen. Ob ihr Weg sie ins Glück oder Unglück führte, fragte niemand, nicht einmal Mrs. Miller in ihrer christlichen Güte. Sie legte bloß an einem Sonntag im Advent drei ganze Dollar in die Kollekte und tastete jedes Mal, wenn sie in der Speisekammer ein Stück Speck von der Seite schnitt, nach dem Leinensack dahinter, um sich zu versichern, dass alles noch in Ordnung war.
Hinter dem Pseudonym Towander Flagg verbirgt sich die Wienerin Katja Langmaier. Mit ihrem Debütroman »Der Galgen fragt nicht, welcher Hals« (Querverlag) begründete sie en passant das Genre »Revulva-Western«. Sie ist auch sonst als Autorin umtriebig – etwa als Kolumnistin für das feministische Magazin Anschläge und als Stand-up-Comedienne. So war Langmaier Co-Organisatorin des PCCC* – Vienna’s First Queer Comedy Club und ist auch sonst häufig auf Stand-upComedy-Bühnen zu Gast. Aktuell arbeitet sie mit ihrem scharfen Witz gerade am zweiten Teil der »Galgen«-Triologie sowie an einer intertextuellen, queerfeministischen Aneignung der Sherlock-Holmes-Abenteuer unter dem Arbeitstitel: »Fliegen im Ausgedinge«.
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Towander Flagg
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Gewinnen thegap.at/gewinnen
Sky X Für alle, für die nicht bereits die finale Staffel von »Game Of Thrones« ein Argument für ein Sky-Abo war, gibt es aktuell viele weitere gute Gründe, sich durch die Filme, Serien und Sportkanäle durchzuforsten – unter anderem Sky Originals wie »Chernobyl« und (für alle, die die Miniserie immer noch nicht gesehen haben) »Patrick Melrose«. Mit dem neuen Angebot Sky X ist das alles für On Demand und 24/7-Live-Streamen optimiert. Wir verlosen ein Jahresabo für das Sky X Kombi & Live TV Angebot.
Vampire Weekend »Father Of The Bride« Sechs ganze Jahre mussten Vampir- und WochenendFans auf ein neues Album warten. Und es ist happierpeppier und gleichzeitig tiefgründiger denn je. Die Promidichte in den Features stimmt mit Danielle Haim von Haim und Steve Lacy von The Internet dürfen mehrmals ihre Genii beisteuern. Wir verlosen 3 CDs.
Gerda Rogers »Ein Leben mit den Sternen« Gerda Rogers ist wohl die bekannteste Astrologin Österreichs. Und alle Promis, die etwas auf sich halten, veröffentlichen früher oder später eine Biografie. In Rogers’ Fall ist nachzulesen, wie sie in Rom einst zu den Sternen fand und sich in Österreich ein astrologisches Beratungsbusiness aufgebaut hat. Zu aller Prominenz im Buch kommt noch eine persönliche Widmung von Gerda selbst hinzu. Wir verlosen ein Buch mit Widmung.
Niko Alm »Ohne Bekenntnis«
WIR SIND VIELE - JEDE*R EINZELNE VON UNS Kunst & Kultur bleiben frei. #dievielen_at #dievielen #wirsindviele #glaenzenstattgrenzen #solidaritaetstattprivilegien #diekunstbleibtfrei #argekultur
Infos & Tickets: www.argekultur.at The_Gap_175_052-057_Rezensionen_BBA_MF.indd 52
Spätestens seit der bekennende Pastafari (und ehemalige The-Gap-Herausgeber) 2011 mit Nudelsieb am Führerscheinfoto gegen die Diskriminierung Nichtgläubiger demonstriert hat, ist die Wechselwirkung zwischen Kirche und Staat eines der Hauptthemen für Niko Alm. Für sein Buch hat er sich also nichts weniger als eine Gesellschaftsdiagnose vorgenommen. Darin nachzulesen: Warum Konzepte der moralischen Angemessenheit und kulturellen Deutungsherrschaft Symptome dieser Verflechtung zwischen Religion und Politik sind. Wir verlosen 3 Bücher.
»John Wick: Kapitel 3« John Wick, gespielt von Keanu Reeves, hat sich bereits im ersten Teil der Actionreihe sehr ausführlich für seinen ermordeten Hund gerächt. Nun, im dritten Film, ist der Auftragskiller in Rente selbst auf der Flucht. Passend zum Kinostart haben wir Aufholmaterial, für alle, die den Vorgänger noch nicht gesehen haben, und ein paar Fanschmankerl zu verschenken. Wir verlosen 5 Blu-Rays von »John Wick: Kapitel 2«, 5 Gold Coins zu Teil 3 sowie 10 Kinotickets.
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Rezensionen Musik Molly
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All That Ever Could Have Been — Sonic Cathedral
Sonic Cathedral
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Glaubt man Tocotronic, die in ihrem Song »In höchsten Höhen« davon singen, dass auch im Blick zurück Dinge entstehen, die zu verschiedenen Arten von Begegnungen und Bindungen führen, so lässt sich im Titel des Debütalbums der Band Molly nicht nur Nostalgie, sondern plötzlich auch ein Versprechen für die Zukunft entdecken. »All That Ever Could Have Been« ist natürlich einer jener Sätze, die vor nostalgiegetränkter Rückschau nur so triefen. Trotzdem muss man anerkennen, dass sich aus diesem Blick zurück immer auch etwas Neues ergeben kann. Bei den beiden Tirolern Lars Andersson (Gesang, Gitarre) und Phillip Dornauer (Schlagzeug, Bass, Synthesizer) sind es sogar verdammt große Dinge, die daraus entstehen. In den Songs ihres Debüts verstecken sich nämlich ganze Songwelten, die man nur schwer überblickt, bei denen es aber auch gar nicht darauf ankommt den Überblick zu bewahren. Eher geht es darum, sich von der Hafelekarspitze oder von einer der vielen anderen Tiroler Bergspitzen ins dunstige Tal und damit gleichzeitig in die Klang- und Traumwelten der beiden Musiker fallen zu lassen. Was einen dort erwartet, ist ebenso unvorhersehbar wie das Wetter in den Tiroler Bergen: Einmal tragen einen die Klänge wunderschönsten Dream-Pops (»All That Ever Could Have Been«) bis ins nächste Tal, ein anderes Mal wird man von der Sounddecke des 15-minütigen Post-RockEpos »Coming Of Age« aufgefangen. Textlich sind die beiden etwas mehr am Boden geblieben: Krisen des Erwachsenwerdens, Vergänglichkeit und Zeit bilden den thematischen Rahmen. Obwohl man sich hier definitiv in höheren Sphären bewegt, klingt das Ganze alles andere als abgehoben, sondern ganz einfach nach einem guten Angebot, sich hin und wieder in die höchsten Höhen zu begeben, vielleicht den einen oder anderen Blick zurück zu wagen und sich dann von Geräuschnebel und Klangwolken der Band davontragen zu lassen. (VÖ: 28. Juni) Sarah Wetzlmayr
Live: 25. Juni, Wien, Fluc — 27. Juni, Innsbruck, P.M.K. — 28. Juni, Salzburg, Rockhouse
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Rezensionen Musik
Buntspecht
Esrap
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Draußen im Kopf — Phat Penguin Die strahlenden Augen der Indie-Kids, die Virtuosität auf gar fremdartigen Instrumenten, das artistische Jonglieren mit vielfältigen Musiken. Die einen sagen: »Das ist Balkan-Folk, gemischt mit Bossa Nova!«, die anderen: »Gypsy-Pop und Wiener Swing!«. Alle müssen aber zugeben: Die sympathischen Wiener Wandermusikanten Buntspecht veranstalten einen gehörigen Zirkus in seiner pursten Form. Das Sextett entdeckt bereits mit dem erst 2018 erschienenen Debüt »Großteils Kleinigkeiten« unerkanntes Land innerhalb der österreichischen Popmusik, bricht dort mit den Konventionen und Grenzen des Machbaren und stößt dabei gar nicht allzu viele vor den Kopf, dafür aber umso mehr zum Tanzen an. Dass es den an Ort und Stelle prophezeiten Amadeus nicht gab… Ach, was wissen die denn schon? Sicher ist: Sollten die Tanzschuhe denn überhaupt wieder verstaut worden sein, spätestens mit »Draußen im Kopf« müssen sie wieder geputzt werden. Wobei: Die zwölf Stücke, die allesamt wieder sehr gut geworden sind, verlangen quasi nach Adamskostümen untenrum, schreien die letzten verbliebenen Freiheiten heraus, beschwören Hoffnungen auf Besserung des Zustands, träumen von Welten aus College-Broschüren. Nur: Hier wird nichts gelernt, hier wird sich amüsiert! Und: hier wird sich gespürt! Während in »Waschmaschinentango« noch ganz zart das liebste Anhimmeln von Schweißperlen seit Klaus Lage passiert, geht’s im wohl größten Hit »Unter den Masken« gleich auf’s Ganze: »Du bist verrückt genug / um dich in dieser Welt zu verlieben / aber die Welt ist viel verrückter als du / und fast wär etwas von uns geblieben«, heißt es da ganz richtig. Nicht nur hier, gleich überall, werden Vokale gedehnt wie emotionale Thera-Bänder, so dass nicht nur Jörkk Mechenbier oder Thees Uhlmann ihre helle Freude haben. Hier und da mal ein neues Instrument – jetzt im Angebot: ein Klavier! –, aber sonst ändert sich zum Vorgänger nicht so viel. Das ist ja nicht Schlechtes, vor allem, wenn man so dringlich und einzigartig ist wie der Zirkus der Gruppe Buntspecht. Nur »Obacht!« bitte vor den Clowns. Denen ist nicht zu trauen! (VÖ: 17. Mai) Dominik Oswald
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Tschuschistan — Springstoff So sympathisch Esra Özmen – die Rap-Hälfte von Esrap – auch sein mag, sie versteht es gut, Ottakring mit ihrer Delivery rücksichtslos in Flammen zu setzen oder auch den Rathausplatz bei den Wiener Festwochen zu rasieren. In den Texten geht es um Esraps Leben als partyfreudige Heimatlose. Keine richtigen TürkInnen, keine richtigen ÖsterreicherInnen, in einem Land voller Hindernisse. Sie leben in ihrem eigenen Staat namens »Tschuschistan« und fallen da so blöd auf, wie sie wollen. Feminismus und türkische Refrains sind dabei selbstverständlich, Rassismus und Hipster-Shit eher unerwünscht. Während »Der Tschusch ist da« partytaugliche Arabeske ist, oder »Para Queen« die Erfolgsformel Dancehall-Beat verwendet, zeigt Esrap mit »Gecelere Bak« oder »Tschuschistan« auch düstere und sphärische Seiten, bei denen man das eine oder andere Mal schlucken muss. Die paar Stilreferenzen auf Kollegah und Farid Bang machen die deutlichsten Schwächen des Albums aus, eine Richtung, in die sich Esrap hoffentlich nicht entwickeln werden. »Tschuschistan« orientiert sich trotz des starken Wienbezugs klar an einer internationalen HörerInnenschaft, denn die gibt es überall. Das ist nicht zuletzt der Wiener Deutschrap-Fixgröße und dem Platinträger Freshmaker zu verdanken. Er nennt sich scherzhalber selbst den David Guetta des Hip-Hop und hat die meisten Nummern des Albums produziert. Wenn es nach ihm geht, reihen sich Esrap irgendwann neben Eko Fresh, Chakuza, Dame oder Frenkie ein, mit denen Freshmaker derzeit zusammenarbeitet. Shoutouts an Testa und Kid Pex als Protagonisten von Kids Of The Diaspora sowie Uwe Felchle dürfen an dieser Stelle nicht fehlen. Esrap machen mit diesem Release einen großen Entwicklungsschritt, auch wenn sie sich noch nicht ganz festlegen wollen, in welche Richtung ihre Musik gehen soll. Es fühlt sich jedenfalls danach an, als hätte Wien einen weiteren fixen Rap-Act im Repertoire, von dem es hoffentlich regelmäßigere Releases geben wird. (VÖ: 28. Juni) Kasun Jayatilaka
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eco fashion
sustainable design
organic food
Gospel Dating Service Sun Over Moon — Ink Music
Mona Steinmetzer, Christian König, Stefan Mayerhofer
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Man hört den Lyrics an, dass Gospel Dating Service in den letzten drei Jahren, seit ihrem Debütalbum »Champagne«, wohl einige Lektionen gelernt haben. »Now I know I’m gonna land on my feet / Now I know I’m gonna do this for me« (»Sun Over Moon«) – das klingt nach Selbstfindung und einem gesunden Prozess, den Twentysomethings klassischerweise durchmachen. Auch musikalisch haben Christoph Ertl, David Resch und David Ruhmer andere Wege für sich entdeckt. Der HammondOrgel-Sound hat sich verabschiedet, gekommen sind cleanere Drums. Geblieben ist die Liebe zur Diatonik und Major-7/9-Akkorden. Gospel Dating Service haben die Aufgabe, auf ihrem zweiten Album einen erwachseneren Sound zu produzieren, sehr ernst genommen. Diese Progression ist ihnen äußerst gelungen, man könnte die beiden Alben dieser Hausübung fast als Best-in-Class-Beispiel herzeigen – damit die Lümmel in der letzten Reihe sehen, was mit »wachsen, aber den eigenen Sound behalten« gemeint ist. Aber! Und das große »Aber« kommt jetzt: Leider fehlt der Hit. »Terrified Of Butterflies«, die Vorabsingle, oder »Like Wolves« kommen da noch am nächsten hin. Aber so wie uns der Durchbruch »Red« damals sehr schnell sehr aufmerksam gemacht hat, kriegt uns kein Song auf der neuen LP. Dabei gibt es schon einige Momente, die wir als Idee freudig erkennen. Referenzen wie das »Island In The Sun«- bzw. Weezer-Zitat in »Sweet Applejam« oder Leyyas »Superego«-Drums in »Hoover Danny K.« zeugen davon, dass das Trio Spaß hatte, sich umzusehen und ihr SoundParadigma zu erweitern. Auch der farbliche Wechsel im Grundton von Rot auf Orange und Gelb erkennen wir als cutes Gimmick an. Nur bleibt uns auch nach zwei- und dreifachem Hören des Albums keine Stelle stark in Erinnerung – nur der Gedanke, dass es eh zehn solide Songs waren. Aber egal, was wir schreiben: Gospel Dating Service sind nach dem Prozess von »Sun Over Moon« in sich so Zen, dass sie sich intern validieren. Und das sollten wir eigentlich alle. »Now I know what I want for me / It took me years to disagree«, heißt es in »Flower«, dem wahrscheinlich stärksten Song der LP. (VÖ: 7. Juni) Theresa Ziegler
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Rezensionen Musik
Gran Bankrott
Motsa
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Das Zugeben ist der Todfeind jeder Hybris. Das Eingestehen, dass man gescheitert ist. Das Bankrottanmelden. Das macht niemand gerne. Wobei, eigentlich kennt Florian Tremmel, vielleicht die zentrale Figur im österreichischen DIY, das Scheitern ja gar nicht, zumindest nicht in Hinblick auf das, wovon sich Künstler »wirklich« ernähren können: Kritikerlob. Spätestens mit »Nazzle«, der letzten der beiden Langspielplatten, war Gran unverzichtbar geworden im Kanon selbsternannter Topchecker zwischen Gürtel-Grind und Avantgarde. An diesem Ort wurde »Nazzle« nicht zu Unrecht sogar als »monolithisches Meisterwerk« geadelt. Einer ähnlichen Bewertung steht auch für das außerordentlich gut benannte »Das Album« nichts im Wege. Wenngleich natürlich die musikalischen Gesichtspunkte, auf die – versprochen! – gleich einzugehen ist, durchaus nur leicht adaptiert werden, machen die paar umgedrehten und neu angezogenen Stellschrauben einen gar dramatisch wirkenden Namenswechsel notwendig, denn: Gran Bankrott singt auf Deutsch. Im Unterschied zu vor noch ein paar Jahren ist dies aber keineswegs eine – Achtung! – Bankrotterklärung der heimischen Indie-Szene, sondern pure Notwendigkeit. Nur so lassen sich die anvisierten bedrückenden Wirklichkeiten des ach so tollen Wien in ihrer Drastik vermitteln. Wenn EinserschülerInnen des Neoliberalismus deine Stadt mit dem Etikett der »lebenswertesten« Metropole verschmieren, kannst du nur dagegen sein. Gran Bankrott präsentiert uns lieber die Tristesse der vom Turbokapitalismus ausgespuckten VerliererInnen. Auch musikalisch – versprochen ist versprochen! – bedient sich Tremmel, der »Das Album« wie gewohnt größtenteils in Eigenproduktion entstehen hat lassen, der Mittel der Trostlosigkeit, die schon die Working-Class-RomantikerInnen der britischen Stahlstädte vor 40 Jahren kannten: ein buntes Mosaik mit tollen Ideen aus New Wave, Dark Wave, Post-Punk. Hauptsache kühl, Hauptsache Assoziation: flackernde Neonröhren in verlassenen Industriebauten; Hauptsache: das Ende der Zufriedenheit. Der Meister selbst bringt es am besten auf den Schlusspunkt: »Roy Black is dead.« (VÖ: 14. Juni) Dominik Oswald
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Perspectives — Petricolour Mit etwas sehr großen Begriffen kommt Motsas Tracklist zu seinem neuen Album daher: »World War III«, »Revolution«, »Hope Dies Last«. All das lässt darauf schließen, dass es Valerio Dittrich (wir wissen immer noch nicht, warum man sich bei diesem bürgerlichen Namen ein künstlerisches Alias zulegt) um das bigger picture, sozusagen die Gesellschaft, geht. Mit so einer Motivation wird Musik oft genug zur überzogenen Anrührung. Beides – überzogen und anrührend – ist der letzte Track »Hope Dies Last« tatsächlich und könnte in Vertretung Hans Zimmers für den nächsten Filmmusikauftrag für einen Apokalypsefilm durchgehen. Motsa mag sich seines Bedeutungsschwangerschaftsspagats aber durchaus bewusst sein, wenn er sein Album auf Soundcloud unter »Religion und Spiritualität« einordnet. Dabei hat Motsas Sound durchaus viele seiner eigenen Vorzüge. »Falling« aus 2016, zu dem er Amy Spencer ans Mikrofon gerufen hat, ist laut FM4 einer der 100 besten österreichischen Tracks des 21. Jahrhunderts. Überhaupt passt Motsa-Beat und melancholische Sängerin extrem gut zusammen. Auch »Reset« aus dem neuen Album wird nicht zuletzt durch Sophie Lindinger, bekanntlich eine Hälfte von Leyya, eines der Highlights des Longplayers. Hier stimmt der Druck, hier darf er’s sein. Dass Motsa aber auch ein bisschen badass ist und wummern kann, zeigen »Hyperreality« und »Ritual«, wo ein Querverweis auf frühere Moderat-Alben nicht auszulassen ist. Hier findet sich das Image eines starken Producers wieder, der seine erste EP bei Fatboy Slims Label veröffentlicht hat, um dann später lieber sein eigenes zu gründen. So viel Vertrauen in das eigene Können und so viel Bei-sich-Bleiben trotz des schnellen und stetigen Erfolgs zeugt von einer gewissen Angstfreiheit, die Motsa nicht nur bei sich, sondern auch in der Gesellschaft sehen will. Ihr ahnt es schon: Hier wird übergeleitet zur ersten Single des Albums, »No Fear«, die sich schon vorm Album-Release in uns raufgespielt hat. Hier zeigt sich noch einmal: Motsa ist am besten mit Feature, in diesem Fall mit »Hearts Hearts«-Herz David Österle. Vielleicht ist es eben die zweite Perspektive, in der Motsa richtig aufgeht. (VÖ: 24. Mai) Theresa Ziegler
David Visnjic, Julian Mullan
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Das Album — Numavi
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David Visnjic, Julian Mullan
DER PLATZHIRSCH IST LOS! 2019 im Industrieviertel: 11. Mai – 11. August
www.viertelfestival-noe.at
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Termine Musik www.vinyltom.at
www.wholelottasound.eu
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ORF RADIOKULTURHAUS Argentinierstraße 30a, 1040 Wien
5 MILLIONEN PESOS: ORF. WIE WIR.
KOMPOST 3 ORF. WIE WIR.
MO 27.05.19
Checkfest Eigentlich würde man HVOB (Foto) ja als klassischen Club-Act einstufen. Klassisch im formalen Sinn, denn wir alle wissen, wie außergewöhnlich der Sound des Duos einzustufen ist. 2017 packten sie diesen in das Eintagesfestival Checkfest – im Freien und noch dazu nachmittags bzw. abends (anstatt spätnachts). Das Konzept ging auf und das Checkfest wird heuer wiederholt. Dieses Mal kuratieren HVOB den klassisch, im epochalen Sinne, anmutenden Sound von Forest Swords und den eher housigen Spanier Pional in ihr Fest. 29. Juni Wien, Arena
ORF. WIE WIR. © Nikolaus Ostermann
WUK retten. Das Benefizkonzert In den nächsten Jahren kommt einiges auf das WUK zu. Nach 160 Jahren verschleißt auch das vielseitigste Gebäude – zunächst als Lokomotiv- und Maschinenfabrik, dann als Technologisches Gewerbemuseum und ab den 80ern schließlich als das alternative Werkstätten- und Kulturhaus, für das wir es lieben. Um die umfassenden Renovierungsarbeiten zu finanzieren, kommen zum Benefizkonzert WUK-Alumni wie Avec oder Hearts Hearts (Foto) mit dem australischen Beatbox-Künstler Dub FX zusammen. 29. Juni Wien, WUK
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Termine Musik Black Palms Orchestra Darija Kasalo (#diewirtin) betreibt bekanntlich nicht nur den Ungargrill, sondern seit letz-tem Herbst auch die Konzertvenue Grillx am Petersplatz. Mit der Postpunk-Initiative Bloodbeat ergibt sich das Lovechild einer Konzertreihe, die durch das Christian-Fuchs-Projekt Black Palms Orchestra und das neu gegründete Trio Dun Field Tree einen Classic-Rock-Turn nimmt. 1. Juni Wien, Grillx
highlights Fr. 17.05. Visual Comedy
Yllana: Best Of
Fr. 24.05. Figurentheater
Stuffed Puppet Theatre: Babylon
Sa. 25.05. Rock / Alternative
Taskete!
The 1975
Sa. 25.05. Songwriter
William Fitzsimmons
Seinen kruden Kommentar zu Misogynie und Rockmusik hat Sänger Matty Healy mit einer Feminismus-Rede bei den Brit Awards wieder geradezubiegen versucht. Argument genug, sich in den 22. Bezirk zur neuen Open-Air-Venue Metastadt zu begeben. Dort gibt es Platz für 5.000 Indiepop-Fans – mehr als in der Arena, wo The 1975 mit ihrem Vorgängeralbum gastierten. 8. Juli Wien, Metastadt
Mo. 03.06. Tanz / Performance
Doris Uhlich: Every Body Electric
Theresa Ziegler
Bild: Theresa Rauter
Die Craft-Brauerei 100 Blumen lädt erneut in seine Ländereien in Liesing, um den Sommer zu feiern. Passend zu leichten Reben und dem Vibe von Wiener Brauhandwerk geben sich 5/8erl in Ehr’n mal Bier statt Wein hin. Mundart-Songwriterin Sigrid Horn (Foto) probt für ihren Popfest-Auftritt und gibt an das Zupftrio Catnip Swayze weiter. 8. Juni Wien, 100 Blumen Brauerei
Mi. 12.06. Rock / Alternative
Black Rebel Motor cycle Club
Do. 13.06. Kabarett
Lisa Eckhart: Die Vorteile des Lasters
Julia Holter Songwriting’s not dead! Pop herrscht abseits von Raum und Zeit, denn wie könnte sonst eine Kalifornierin in den 10er-Jahren des neuen Jahrtausends Songs schreiben, die auch ein Paul McCartney der 1970er für sich beanspruchen könnte? Ganz so wie die Beatles anno dazumal verpackt Julia eine politische Grundhaltung im Bedürfnis nach Liebe. 20. Juni Linz, Rosengarten am Pöstlingberg — 21. Juni Wien, WUK
Lucy Dacus
Fr. 14.06. Kabarett
Christoph Fritz: Das jüngste Gesicht
Sa. 15.06. Wissenskabarett
Science Busters feat. Franz Viehböck: The Eagle has landed
Do. 20.06. Pop
Jährlich wiederkehrende, random Feiertage sind eigentlich nur was für JournalistInnen mit leerem Content-Plan. Lucy Dacus, Songwriterin aus Virginia, widmet dem Valentinstag, Muttertag, Bruce Springsteens Geburtstag et al. eine EP mit Eigenkreationen wie »My Mother & I« und Covers wie »La vie en rose«. Live ist mit ihr jeder Tag Weihnachten. 7. Juli Wien, Flex — 8. Juli Dornbirn, Conrad Sohm
Schmieds Puls
Kraftwerk
Low
Neben ihren mittlerweile zwei Supergroups 5K HD und My Ugly Clementine co-kuratiert Mira Lu Kovacs das diesjährige Popfest (siehe Seite 61). Ihr Trio Schmieds Puls vergisst sie glücklicherweise nicht. »Alles, was ich abseits der Musik mache, ist schlafen und essen«, sagte sie kürzlich. 14. Juni Wien, Porgy & Bess
»Sie sind ein Kraftwerk und sind hochverlegt« passt nicht nur silbentechnisch auf die berühmte Zeile aus »Das Model«, sondern stimmt auch inhaltlich. Die Düsseldorfer Legenden machen statt im Donaupark Linz Halt in der Bundeshauptstadt. Ihre 3D-Liveshow ist bekanntlich eine Maschin. 24. Juni Wien, Arena
»Low« heißt nicht immer »tiaf«. Wer sich nicht hoch oben verausgabt, hält meistens länger durch. So gibt es die Slowcore-Band aus Minnesota schon seit 1993. Gerade das aktuelle Album »Double Negative« klingt aber so gar nicht nach ländlich und 90s, sondern nach heute und urban. Ein Highlight! 1. Juli Wien, WUK
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Julia Holter
Sa. 22.06. Indie / Alternative
Tocotronic
Sa. 13.07. Open Air
Bilderbuch / Yung Hurn / Lou Asril: Ahoi! Pop Sommer
Bild: Hendrik Schneider
Andreas Jakwerth, David Meran, Markus Kloiber, Universal Music, Sabine Schreiber, Dicky Bahto, Matador Records
100 Blumen Sommerfest
POSTHOF – Zeitkultur am Hafen, Posthofstraße 43, A – 4020 Linz Info + Tickets: 0732 / 78 18 00 kassa@posthof.at | www.posthof.at Weiterer VVK: LIVA Servicecenter im Brucknerhaus, Veritas Kartenbüro, oeticket und alle oberösterreichischen Raiffeisenbanken.
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Termine Festivals
4 Fragen an Mira Lu Kovacs und Yasmin Hafedh
Kuratorinnen des Popfest Wien
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Ihr seid das erste All-Female-Kuratorinnenduo des Popfests. Schlägt sich das auch in einer angeblich so schwer zu erreichenden anständigen Frauenquote im Line-up nieder? yasmin hafedh: Wir sind beide Künstlerinnen, die lange im Game sind und wissen, dass die Frauenquote nicht schwer zu erreichen ist und dass sich dieser Mythos 2019 nimma ausgeht. Im Line-up schlagen sich jedenfalls unser Interesse an österreichischer Musik und die Vielfalt, die es hier gibt, nieder. Wie hat sich eure Popfest-Experience durch das Kuratieren verändert? Ihr seid ja beide zuvor schon mit euren Bands aufgetreten. yasmin hafedh: Kuratieren ist mehr Arbeit als Auftreten, haha. Aber es ist sehr schöne Arbeit. Man muss halt viel mehr mitbedenken. mira lu kovacs: Ich verstehe jetzt besser, warum welche Acts auf welche Bühnen geladen werden. Da geht es viel mehr darum, Stimmungen einzuschätzen und Space zu geben, als um den »coolsten« Slot. Die bisher bestätigten Acts (Ebow, Lylit, Lou Asril, Wurst, Avec) lassen auf ein sehr souliges und R&Blastiges Popfest schließen. mira lu kovacs: Wir haben schon ein paar Genre schwerpunkte, aber ich denke doch, dass es einige starke Kontrapunkte gibt, die das Ganze brechen. Es ging uns auch um einen gewissen PerformanceStil – die Acts, die wir gebucht haben, sind alle sehr starke Persönlichkeiten und »ownen« ihre Stages. Was ist euer Ansatz beim Booking – klassische Recherche oder Intuition? yasmin hafedh: Wir sind uns sehr einig bei allen Acts, die beim Popfest auftreten werden. Wir haben Recherche betrieben, jede eMail, die wir bekommen haben, durchgehört und uns a priori Listen gemacht – jede für sich –, die sich sehr geähnelt haben. mira lu kovacs: Da Yasmo und ich in der Wiener/ österreichischen Szene sehr aktiv sind, haben wir vieles bereits gekannt, daher konnte man zum Teil sehr gut »intuitiv« kuratieren. Trotzdem haben uns ein paar Anfragen positiv überrascht. Schön, so auf neue, herausragende Musik zu stoßen. 25. bis 28. Juli Wien, Karlsplatz
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Impulstanz Festival Seine aktuellen Highlights argumentieren das Festival für zeitgenössischen Tanz auch heuer wieder in unsere Empfehlungen. Mit »Masurca Fogo«, einem Stück von Pina Bausch, die es nach der Uraufführung auf der Expo in Lissabon nach gut 20 Jahren mit dem Tanztheater Wuppertal nach Österreich holt, und der brasilianischen Produktion »Um Jeito de Corpo«, bei dem Impulstanz-Gründer Ismael Ivo das 33-köpfige Ensemble leitet und Morena Nascimento choreografiert, ist der portugiesische Sprachraum gut vertreten. Die Geschichte der Sexualität hingegen wird in Mette Ingvartsens Reihe »The Red Pieces« abgehandelt – erstmals werden alle vier Einheiten als Ganzes präsentiert. Und was uns genau bei der Bühnenadaption von Planningtorocks Album »Powerhouse« erwartet, bleibt erstmal eine Überraschung. 11. Juli bis 11. August Wien, diverse Locations
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Termine Festivals
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BesucherInnen erwarten die Veranstalterinnen des bereits 18. Feschmarkts in Wien. Die Kreativmesse in der Ottakringer Brauerei hat sich für Jung designerInnen und KleinproduzentInnen zum regelmäßigen Treffpunkt entwickelt, wo sie nicht nur mit einem interessierten Publikum, sondern auch mit Peers diverser Bereiche zusammenkommen – nämlich aus Kunst, Produktdesign, Accessoires, Möbel, Mode und Food. Come fesch you are! 14. bis 16. Juni Wien, Ottakringer Brauerei
Vienna Biennale For Change
Theresa Ziegler
Yavuz Odabas, Oliver Look, Fabien Giraud & Raphaël Siboni, Jana Sabo
Kaleidoskop Was wäre ein Sommer ohne Karlsplatz? Noch bevor das Popfest sich seinen Lieblingsplatz aneignet, bespielt ihn das neue Festival Kaleidoskop mit Freiluftkino – ganze 22 Filmabende lang, bei freiem Eintritt. Das Kuratorinnenkollektiv Cine Collec tive legt in der Filmauswahl einen Schwerpunkt auf Zusammenleben im urbanen Raum und geht genretechnisch in die Breite: Spiel-, Dokumentarsowie Animationsfilme aus Österreich und der Welt. 28. Juni bis 19. Juli Wien, Karlsplatz
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Zwei Tage nach der Europawahl eröffnet die Vienna Biennale For Change 2019 unter dem Motto »Schöne neue Werte«. Change besteht auch bei der Biennale hauptsächlich aus der Tetralogie Arbeitsmodelle der Zukunft, neue Formen des Zusammenlebens, nachhaltiger Konsum und künstliche Intelligenz – unter anderem bearbeitet in »Uncanny Values. Künstliche Intelligenz & Du« im MAK. An der Schnittstelle Technologie, materielle Welten und Deutungsmacht setzt die (öko-) feministische Ausstellung »Hysterical Mining« in der Kunsthalle an. 29. Mai bis 6. Oktober Wien, diverse Locations
Viertelfestival Kulturschaffen am Land ist mit vielen Herausforderungen verbunden – eine davon: Vernetzung. Dem stellt das Viertelfestival in Niederösterreich eine Platform entgegen, die jedes Jahr eines der vier Viertel des Landes fokussiert. 2019 zeigt das Industrieviertel, was es kulturell zu bieten hat. Unter anderem nämlich recht ungewöhnliche Spielorte, wie die ehemalige Kammgarnfabrik in Bad Vöslau, den stillgelegten Triestingtaler Bahnhof Altenmarkt-Thenneberg oder das Fischauer Thermalbad. 11. Mai bis 11. Augustl Industrieviertel, diverse Locations
Sommer Szene Salzburg
Biorama Fair Fair Das leerstehende Sophienspital ist mittlerweile zur Festivalhochburg geworden. Nach der Vienna Design Week 2018, dem Rrriot Festival 2019 und diversen Ausgaben der Business Riot Series, beansprucht nun die Biorama Fair Fair das einzigartige Gelände. Wo früher hauptsächlich Kittel getragen wurde, stellen nun 50 AusstellerInnen aus Eco-Fashion und -Design aus. Wo früher Krankenhauskost verteilt wurde, bieten regionale Bio-ProduzentInnen am Foodmarket ihre Köstlichkeiten an. Umrahmt wird all dies von Talks, Exkursionen und Workshops zu Nachhaltigkeitsthemen. 21. bis 23. Juni Wien, Sophienspital
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Fünf Uraufführungen und vier Österreichpremieren nimmt sich die Sommerszene Salzburg dieses Jahr vor. Das Fest der performativen Künste arbeitet dabei auch sehr stark auf die Stadt zugeschnitten. So fügt sich die Klanginstallation »Euch sprechen die Steine« von Marco Döttlinger konkret in den Tunnel des Neutores ein und in »Die Späte der Stunde« erarbeitet das Kollektiv Ohnetitel einen Stadtplan aus Assoziationen. Cute Tierchen sind die Stars im performativen Hearing »Herde und Stall«. 17. bis 29. Juni Salzburg, diverse Locations
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Lel GIFs! Vom User Generated Fun Content – nur halt animiert – bis zur völligen kapitalistischen Auflösung in Form von »Giphy For Brands« und Starbucks-Stickern in Instagram-Storys: Bewegt sich nicht nur selbst, sondern auch Gemüter und im besten Fall sogar gesellschaftliche Konvention. Wie viel künstlerisches Potenzial steckt in einem Katzen-GIF? Das Wiener KuratorInnenkollektiv Based widmet dem viralen Medium unserer Post-Internet-Ära eine eigene Ausstellung. Extra für diesen Anlass wurden Auftragsarbeiten in Form von Graphic Interchange Formats von Schirin Charlot, Stefani Glauber, Daniela Grabosch, Martina Menegon, Soso Phist und Anna Vasof angefertigt. 23. Mai bis 2. Juni Wien, Suzie Shride
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Termine Kunst
Termine Kunst Ricarda Denzer: To Tell A Story Der menschliche Sprechakt nimmt in Ricarda Denzers Œuvre einen zentralen Platz ein: Um eine Narrationen zu bilden, fügt sie zur akustischen Handlung, die sie als gesellschaftspolitische Manifestation begreift, eine audiovisuelle Ebene hinzu. Ähnlich geht die in Wien lebende Künstlerin auch in ihrer Soloshow »To Tell A Story« in Klagenfurt vor, in der sie Bezug auf ein KünstlerInnengespräch mit den beiden SchriftstellerInnen Susan Sontag und John Berger aus dem Jahr 1983 nimmt. 8. Mai bis 14. Juni Klagenfurt, Kunstraum Lakeside
Mode Momente. Fotografinnen im Fokus Wo fängt Kommerz an und wo hört die Kunst auf? Modefotografie hantelt sich an diesem schmalen Grat entlang, gleichzeitig besitzt das Medium die Macht, Genderrollen und Stereotype zu channeln – oder zu verfestigen. Die Ausstellung »Mode Momente« rückt deshalb Künstlerinnen in den Fokus, die international im Diskurs zwischen Kunstfotografie und Mode arbeiten, wie unter anderem Jakob Lena Knebl, Anna-Sophie Berger, Marina Faust, Luise Hardegg und Caroline Heider. 19. Juni bis 15. September Linz, Landesgalerie
Michaela Pichler Martina Menegon, »So Much For Self Control« (Still), 2019; Kunstraum Lakeside, Landesgalerie Linz, Mumok, Kunsthaus Graz, Belvedere 21, Kunsthaus Bregenz, Nicholas Knight
Nikita Kadans Kunstwerke sind vereinnahmend wie kontrovers: Inhaltlich hochpolitisierte Themen wie Postkommunismus und Turbokapitalismus in der ehemaligen UdSSR treffen auf fragile Materialien wie Porzellan. Brüche und Kontinuität werden in seinen Zeichnungen, Fotos, Skulpturen und Installationen sichtbar. In der Einzelausstellung »Project Of Ruins« nähert sich der ukrainische Künstler seiner geografischen Heimat an und rückt die künstlerische Avantgarde in der Ukraine in den inhaltlichen Fokus. 27. Juni bis 6. Oktober 2019 Wien, Mumok
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Nikita Kadan: Project Of Ruins
Connected. Peter Kogler with… Peter Koglers Arbeiten bewegen sich zwischen Architektur, Grafik, Film und Collage. Wiener U-BahnfahrerInnen kennen seine Werke – zumindest, wenn sie am Karlsplatz vorbeikommen. Peter Kogler ziert mit seiner Kunst allerdings nicht nur flächendeckende, geometrische Wandgestaltungen im öffentlichen Raum: Für die Ausstellung »Connected. Peter Kogler with…« gestaltet der österreichische Medienkünstler eine Installation, die Kunstwerke des frühen 20. Jahrhunderts, etwa von Fernand Léger, neu inszeniert. 28. Juni bis 20. Oktober Graz, Kunsthaus
Monica Bonvicini Interdisziplinär, sozialkritisch und durchaus humoristisch arbeitet sich Monica Bonvicini seit den mittleren 1990er-Jahren an Geschlechterstrukturen, Machtverhältnissen, an Hegemonie und Raumkonzeption ab. Nicht zufällig werden Bonvicinis Werke gern im öffentlichen Raum gesehen. Für ihre Ausstellung im Belvedere 21 hat die venezianische Künstlerin ganz ihrem Duktus entsprechend eine ortsspezifische Installation entwickelt, die auf sozialpolitische Strukturen im Raum aufmerksam macht. 28. Juni bis 27. Oktober Wien, Belvedere 21
Thomas Schütte Zuerst Gerhard-Richter-Schüler, dann regelmäßige Documenta-Auftritte, ein goldener Biennale-Löwe obendrauf und insgesamt jede Menge extraschwere BronzeSkulpturen: Thomas Schütte wird nicht gerade selten als erfolgreichster deutscher Bildhauer bezeichnet. In seiner Soloausstellung im Kunsthaus Bregenz werden nicht nur neue Plastiken von Schütte im institutionellen White Cube präsentiert, die westlichste Bundeshauptstadt der Nation darf sich auch im Urban Space an seinen Skulpturen erfreuen. 13. Juli bis 6. Oktober Bregenz, Kunsthaus
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Termine Kino Zwischen den Zeilen Regie: Olivier Assayas ———— Nach »Personal Shopper« begibt sich Olivier Assayas auf die Spuren des heutigen Literaturbetriebs – inklusive Liebeswirrungen. Assayas wollte einen Film darüber machen, was es bedeutet, sich den Änderungen der Welt zu stellen oder eben nicht, so der Regisseur gegenüber den Medien am Locarno Film Festival. Start: 7. Juni
Long Shot: Unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich
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To The Night Regie: Peter Brunner ———— Norman (Caleb Landry Jones), einziger Überlebender eines Brandes, bei dem seine Eltern ums Leben gekommen sind, kämpft seit seiner Kindheit mit Schuldgefühlen und einer posttraumatischen Belastungsstörung. Seiner Freundin Penelope (Eléonore Hendricks) und dem gemeinsamen Sohn versucht er ein guter Freund bzw. Vater zu sein. Doch eines Nachts holt ihn plötzlich die Vergangenheit wieder ein, als er seinen blinden Freund Andi (Christos Haas) aus einer brennenden Wohnung retten muss. »To The Night« feierte seine Weltpremiere beim Internationalen Filmfestival Karlovy (Karlsbad), in Österreich wurde der Film erstmals auf der Diagonale 2019 gezeigt. Die Dreharbeiten fanden in New York City statt. Peter Brunner, der auch als Musiker tätig ist und Musikvideos realisierte, studierte an der Filmakademie bei Michael Haneke. Start: 14. Juni
Regie: Jonathan Levine ———— Das Konzept »Chaot mit Herz am rechten Fleck trifft auf Frau außerhalb seiner Liga« hat Seth Rogen schon in mehreren Filmen erfolgreich durchdekliniert; in »Long Shot« trifft seine Figur Fred Flarsky auf Außenministerin und Ex-Crush Charlotte Field (Charlize Theron), für die er Reden schreiben soll. Start: 20. Juni
Burning Regie: Chang-dong Lee ———— Wer Haruki Murakami nicht nur lesen, sondern auch sehen mag, kann »Burning« auf der großen Leinwand erleben: Lee Jongsu (Yoo Ah-in) trifft auf eine ehemalige Bekannte Shin Hae-mi (Jeon Jong-seo) und damit beginnt ein Mysterium. »A masterpiece of psychological unease«, schreibt etwa die Los Angeles Times. Start: 20. Juni
Brightburn Regie: Ulli Gladik ———— Tori Breyer (Elizabeth Banks) hat mit Fertilitätsproblemen zu kämpfen. Als eine Raumkapsel in der Nähe ihres Bauernhofs aufschlägt, findet sie in dieser ein Kind, das sie fortan aufzieht. Dieses hat magische Kräfte und begeht Verbrechen. In »Brightburn« trifft Superhelden-ScienceFiction auf Horror. Start: 20. Juni
Regie: Bertrand Mandico ———— Anfang 20. Jahrhundert: Fünf Burschen, fasziniert von Okkultem, begehen ein schweres Verbrechen. Ein alter Kapitän soll ihnen Recht und Ordnung beibringen, doch die Burschen versuchen einen Aufstand und landen auf einer Insel. Dort ist jedoch nichts so wie es scheint: Es gibt merkwürdige Gewächse, von denen mysteriöse Kräfte ausgehen. Die Burschen beginnen sich zu verändern. Der Regisseur realisierte – trotz einschlägigen Studiums – nur einen einzigen Animationsfilm, danach drehte er Kurzfilme für Arte und schuf neue Interpretationen von Genres. Das zeigt sich auch in »The Wild Boys«, der die Kritik bereits im Vorfeld überzeugte. Mandico wollte eine Art fantastisches Erzählen erforschen, wie er in einem Interview verrät. Der Titel des Films stammt von William S. Burroughs’ gleichnamigem Roman. Start: 5. Juli
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Leid und Herrlichkeit Regie: Pedro Almodóvar ———— Pedro Almodóvar ist zurück und er erzählt die Lebensgeschichte des Regisseurs Salvador Mallo (Antonio Banderas), dessen Karriere sich im Sinkflug befindet. In Rückblicken wird von seinen Höhen und Tiefen berichtet. Auch dieses Mal ist Penélope Cruz zu sehen. Premiere im Wettbewerb des Cannes Filmfestival 2019. Start: 26. Juli
Barbara Fohringer
The Wild Boys
Regie: Luc Besson ———— Regie-Altmeister Luc Besson (unter anderem »Nikita«, »Léon – Der Profi«, »Das fünfte Element«, »Lucy«) stellt abermals eine (schöne) Frau in den Fokus seines filmischen Schaffens: Anna (Sasha Luss) ist nicht nur Model, sondern auch Attentäterin. Helen Mirren ist in dem Actionthriller ebenso zu sehen. Start: 19. Juli
Stadtkino Flimverleih, Filmgarten
Anna
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Illbilly
frönt der hohen Kunst der tiefen Pointe. Umgekehrt wird aber auch kein Schuh draus
Mittlerweile ist es für mich zur lieb gewonnenen Tradition geworden, ungefähr jede zehnte Ausgabe eine neue Chefredakteurin willkommen zu heißen. Die alten machen dann üblicherweise eine Wolke, sie verduften gewissermaßen, sagen zum Abschied leise »Tschauli« oder »Babatschi« und stapfen dann wacker von dannen. In ein hoffentlich besseres Leben mit mehr Geld, Zukunftsperspektiven und Designkleidung von Kreativen, mit denen man eng befreundet ist und die es geschafft haben. Ich hingegen bleib wieder einmal zurück, warte und mach dann, wie es sich gehört, wenn eine neue Kaiserin inthronisiert wird, einen Kotau. In gebührendem Abstand werfe ich mich nieder in den Staub, berühre dabei den Fußboden drei Mal mit meiner Stirn und harre dann kniend der Dinge und Aufträge, die mich erwarten. Meine – leider oft sehr direkten Freunde – machen immer den großen Verarschinger, wenn es heißt, dass bei The Gap wieder eine neue Lady am Steuer sitzt. Sie sagen dann so unschöne Dinge wie: »Na, wann wirst denn du dort endlich einmal was?« Oder sie ärgern mich mit Sätzen wie: »Übergehen die dich absichtlich, oder kannst du einfach nix?« Oder sie steigern ihr Triezen ins Surreale: »Wie wär’s, wenn du einfach 20 % weniger verrechnest und 50 % mehr gibst?« Ich muss schon sagen, dieser Spott hinterlässt Spuren. Aber was noch viel schlimmer ist: Um mich wieder auf die Erfolgsbahn zu bringen, quälen mich meine lieben Freunde und haben mir ein Coaching spendiert. Ein Counseling und Life Mentoring bei einem anerkannten Counseler und Life Mentor. Der gute Mann, der einiges an Erfahrung mitbrachte und unentwegt Paul Watzlawick zitierte, kleckerte nicht lange
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und machte gleich einmal klar, wo der Hammer hängt, den ich nie ausborgen wollte: »Die beiden wichtigsten Tage deines Lebens sind der Tag, an dem du geboren wurdest, und der Tag, an dem du herausfindest, warum.« Und genau da setzten wir dann an in unserem Counseling-Talk. Ich musste gleich einmal drei sich überschneidende Kreise zeichnen. Einer stand für Talent, einer für Leidenschaft und einer hieß etwas sperrig »Was braucht die Welt um mich herum wirklich«. Es geht übrigens noch sperriger, denn an den »Was braucht die Welt um mich herum wirklich«-Kreis wurde ein vierter Kreis angehängt und der hieß »Was braucht die Welt um mich herum wirklich und wäre bereit dafür zu zahlen«. Kaum verwunderlich, die Kreise blieben auch nach längerer Grübelei leer. Schließlich kann ich schwer angeben, dass meine allerliebste Leidenschaft Fernsehen ist und man wohl mein größtes Talent eine völlig schmerzbefreite Tendenz zum »Oversharing« nennen könnte. Ich erzähle nämlich jedem immer alles. Und zwar unverblümt. Mir fehlt zum Beispiel das Enzym, das nach Spargelgenuss die Asparagusinsäure in geruchsintensive, schwefelhaltige Abbauprodukte umwandelt. Mein Spargel-Lulu stinkt nicht. Theoretisch könnte es auch sein, dass es schon stinkt, ich es aber einfach nicht rieche, weil ein anderes Enzym in meinem Körper dafür sorgt, dass ich nach Spargelgenuss partiell geruchsblind bin und sozusagen eine kleine Anosmie mein Eigen nennen darf. Aber ich habe es bis dato nicht übers Herz gebracht, nach dem Spargelessen jemanden zu fragen, ob er einmal kurz mit mir auf den Abort mitkäme, um
an meiner Stange Wasser zu schnuppern. Denn unterm Strich ändert es eh nichts an der Tatsache, dass ich ein Mutant bin. Ein Spargelmutant, der entweder kein Spargel-Lulu fabriziert oder es einfach nicht riecht. Gut, bei den X-Men könnte ich eher nicht mitmachen. Da müsste ich mehr können. Zum Beispiel die Farbe wechseln. Von weiß auf grün und wieder zurück. Oder Photosynthese. Oder vielleicht hätte ich ja eine verrückte Gabe und könnte jeden, den ich berühre ordentlich notgeil machen. Spargel soll ja angeblich gut sein, wenn der Swag in der Lendenregion nicht richtig auf Augenhöhe ist und ich hätte dann die Kraft, den Boys einen Ständer und den Girls einen nassen Schritt zu verpassen. Ich wäre Asparago und ein gefürchteter X-Men. Oder wie ein altes italienisches Sprichwort sagt: »Ein steifer Schwanz nimmt keinen Rat an.« Jetzt habe ich vollends den Faden verloren. Aber das macht nichts, weil es ist jetzt platztechnisch ohnehin Sense. Und die Frage, was denn die Welt um mich herum wirklich braucht, oder gar bereit dafür zu zahlen ist, wird ein anderes Mal beantwortet. Und zwar ganz ohne Crowdfunding. www.facebook.com / illbilly
Jakob Kirchmayr
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Know-Nothing-Gesellschaft Mutationen sind voll okay
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Vienna International Dance Festival 11. Juli – 11. August 2019 impulstanz.com Workshops Performances Soçial
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