The Gap 192 – Ein Vierteljahrhundert The Gap

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25 Fragen zur Gegenwart

Ein Vierteljahrhundert The Gap

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N° 192

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AUSGABE APRIL / MAI 2022 — THE GAP IST KOSTENLOS UND ERSCHEINT ZWEIMONATLICH. VERLAGSPOSTAMT 1052 WIEN, P.B.B. | MZ 18Z041505 M


13 MAI BIS 18 JUNI

Mehr Infos unter T +43 1 589 22 22 festwochen.at

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Editorial We gon’ party like it’s your birthday

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www.thegap.at www.facebook.com / thegapmagazin @the_gap thegapmag the_gap

Herausgeber Manuel Fronhofer, Thomas Heher Chefredaktion Sandro Nicolussi Leitender Redakteur Manfred Gram

Als am 16. Jänner 1997 die erste Ausgabe von The Gap erschien, war nicht nur das Heft ein anderes, sondern auch die Umstände waren es. Und zugegeben, der aktuelle Zustand dieser Welt gibt der nachhaltig aufkommenden Feststimmung ein Vierteljahrhundert später einen etwas zynischen Anstrich. Aber ein derartiges Durchhaltevermögen auf einem mehrmals totgesagten Terrain mag pompöser zelebriert werden als ein bloßer Etappensieg. Unter www. thegap.at/25 findet sich daher ein Überblick über die prall gefüllte Geburtstagswoche von 19. bis 24. April, die Kunst, Kultur, Film, Musik, Friedhof, Pandabären, Club und Rausch an verschiedenen Ecken Wiens organisch verbindet. Als erstes Gustostückerl dient dieses Heft, das 25 brennende Fragen zur Gegenwart versammelt und bearbeitet. Ob wir überhaupt noch in der Lage sind, Fragen auf befriedigende Art und Weise zu beantworten, steht auf einem anderen Blatt (dieses Heftes). Warum grassiert Antisemitismus nach wie vor? Welche Rolle wird der öffentliche Raum zukünftig spielen? Wie läuft’s im Job? Was macht Feminismus eigentlich für Männer? Werden wir zukünftig noch Fleisch essen und Alkohol trinken? Das Ergebnis der vielfältigen Beantwortungsversuche ist eine Textsammlung, die – mal oberflächlich, mal detailliert, mal pointiert, mal ausschweifend – dort hinschaut, wo derzeit glühende Debatten geführt werden – oder geführt werden sollten. Gehüllt in und begleitet von Cover und Illustrationen des Wiener Künstlers Lukas Weidinger (www.lukaswww.com). Die Antworten ergänzen, widersprechen oder unterstreichen einander, laden aber vor allem dazu ein, die Titel weiterzudenken, neugierig und kritisch zu bleiben und am Ende die Zuversicht nicht zu verlieren. Denn: Print lebt, so irgendwie – und auch die Nische lässt sich bei all den düsteren Aussichten nicht unterkriegen. Also lasst uns dieses Fest feiern! Und solltet ihr, liebe Lesende, uns die nächsten 25 Jahre sichern wollen, lässt sich das unter abo.thegap.at tun. Alles Gute!

Gestaltung Markus Raffetseder Autor*innen dieser Ausgabe Magdalena Augustin, Christoph Benkeser, Bernhard Frena, Barbara Fohringer, Susanne Gottlieb, Manfred Gram, Markus Höller, Hannah Jutz, Lisa Kreutzer, Alexander Lippmann, Oliver Maus, Tobias Natter, Manuela Naveau, Victor Cos Ortega, Dominik Oswald, Nikolai Prodöhl, Sabine Reiter, Ghassan Seif-Wiesner, Jana Wachtmann, Thomas Weber, Sarah Wetzlmayr Kolumnist*innen Josef Jöchl, Imoan Kinshasa, Christoph Prenner, Gabriel Roland Fotograf*innen dieser Ausgabe Fabian Gasperl Coverillustration Lukas Weidinger (www.lukaswww.com) Lektorat Jana Wachtmann Anzeigenverkauf Herwig Bauer, Manuel Fronhofer, Sarah Gerstmayer (Leitung), Thomas Heher, Martin Mühl, Thomas Weber Distribution Andrea Pfeiffer Druck Grafički Zavod Hrvatske d. o. o. Mičevečka ulica 7, 10000 Zagreb, Kroatien Geschäftsführung Thomas Heher Produktion & Medieninhaberin Comrades GmbH, Stauraczgasse 10/4, 1050 Wien Kontakt The Gap c/o Comrades GmbH Stauraczgasse 10/4, 1050 Wien office@thegap.at — www.thegap.at Bankverbindung Comrades GmbH, Erste Bank, IBAN: AT39 2011 1841 4485 6600, BIC: GIBAATWWXXX Abonnement 6 Ausgaben; Euro 21,— (aktuell: Euro 19,97) www.thegap.at/abo Heftpreis Euro 0,— Erscheinungsweise 6 Ausgaben pro Jahr; Erscheinungsort Wien; Verlagspostamt 1052 Wien

Daniel Nuderscher

Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz www.thegap.at/impressum

Sandro Nicolussi

Chefredakteur • nicolussi@thegap.at @vorarlwiener

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Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber*innen wieder. Für den Inhalt von Inseraten haften ausschließlich die Inserierenden. Für unaufgefordert zugesandtes Bildund Textmaterial wird keine Haftung übernommen. Jegliche Reproduktion nur mit schriftlicher Genehmi­ gung der Geschäftsführung.

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Magazin

Barbara Fohringer Born and raised in Niederösterreich, zog es Barbara 2015 nach Wien. Im Jahr darauf stieß sie über ein Praktikum zur The-Gap-Redaktion. Seitdem schreibt sie regelmäßig für uns über (österreichischen) Film oder gesellschaftspolitische Themen – in dieser Ausgabe beantwortet sie etwa die Frage, warum es hierzulande so viele Femizide gibt. Was sie sonst so macht? »Schreiben (beruflich und privat), lesen, prokrastinieren und halt irgendwie existieren.«

25 Fragen zur Gegenwart

Anlässlich von »Ein Vierteljahrhundert The Gap« widmen wir uns in dieser Ausgabe einem breiten Themenspektrum von A wie Antisemitismus bis Z wie Gen Z.

Lukas Weidinger Es war ein kurzfristiges Unterfangen, den Wiener Comic-Künstler und Illus­ trator Lukas Weidinger für dieses Heft zu gewinnen. So war »sportlich« der häufigste Begriff in den Telefonaten zur Detailabstimmung. Das Phantom bewegte sich außerdem durch diverse Funklöcher des europäischen Kontinents – plus: WeTransfer war down. Letzten Endes gestaltete der ausgewiesene Experte für alles, was annähernd in die Kategorie »Wimmelbild« fällt, ein Cover, das alle Artikel dieses Heftes interpretiert. Danke und chapeau!

BIER & KULTUR Rund 150 verschiedene Biere und ein abwechslungsreiches Bühnenprogramm

Rubriken

13. & 14. Mai 2022 Praterbühne Wien

CRAFTBIERFEST.AT CRAFTBIERFEST

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Kolumnen 008 Einteiler: Gabriel Roland 010 Gender Gap: Imoan Kinshasa 068 Screen Lights: Christoph Prenner 074 Sex and the Lugner City: Josef Jöchl

Barbara Fohringer, Lukas Weidinger (2)

003 Editorial / Impressum 012 Golden Frame 050 Prosa: Alexander Lippmann 052 Gewinnen 053 Rezensionen 060 Termine

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ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG. AGENTURFOTO, MIT MODELS GESTELLT.

Barbara Fohringer, Lukas Weidinger (2)

DEN VIBE IN DER CROWD SPÜREN. GEHT SICHER!

Freiheit leben, Freunde treffen – mit ihnen Party machen oder einfach nur abhängen. Die Impfung macht es möglich. Deshalb: Auf Nummer sicher gehen und sich impfen lassen! Alles rund ums Impfen auf gemeinsamgeimpft.at

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Warum suchen nach wie vor große Teile der Gesellschaft nach einfachen Antworten? Welche Kompetenzen empfehlen Sie sich anzueignen, um mit diesem Drang umzugehen?

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Man kann auch einfache Antworten auf komplexe Fragestellungen geben. Die sind dann halt meistens falsch, und dann muss man dazusagen, warum sie falsch sind. So kann man Sachverhalte auf unterschiedlichen Ebenen kommunizieren. Bestimmte Zusammenhänge erklärt man dem Kleinkind anders als der Großmutter und dieser wiederum anders als einem Hochschulprofessor. Es ist eine Stärke der Wissenschaft, dass man vereinfachte Erklärungsmodelle angeben kann, bei denen man bestimmte Aspekte versteht, aber eben nicht alles. Und dann versucht man, immer zutreffendere Antworten zu finden. Besonders für Forschungstreibende ist die Herausforderung, mehr Transparenz zu schaffen und die Dritte Mission der Universitäten (ihre Erkenntnisse für den Umgang mit gesellschaftlichen Herausforderungen zu kommunizieren und nutzbar zu machen; Anm.) entsprechend ernst zu nehmen, die jetzt im Forschungsalltag zu kurz kommt, weil es wenig Ansporn gibt, sich da einzubringen. Auf gesellschaftlicher Ebene haben wir den Umgang mit der Digitalisierung noch nicht richtig hinbekommen. Damit meine ich die Entstehung von Echokammern oder Filterbubbles – ebenfalls ältere Phänomene, die sich gerade beschleunigen. Abseits von der Aufrechterhaltung einer kritischen Geisteshaltung und dem Versuch, sich bei mehr als einem Medium zu informieren, hilft es, wenn man Menschen vertraut und sich an denen orientiert, die sich besser auskennen als man selbst. Außerdem hilft folgender Ansatz: Wenn jemand für ein komplexes Problem eine einfache Antwort anbietet, dann hätten wir vielleicht das Problem gar nicht, wenn die einfache Antwort stimmen würde. Sandro Nicolussi

Peter Klimek ist Physiker und Komplexitätsforscher am Complexity Science Hub Vienna und an der Medizinischen Universität Wien. 2021 wurde er vom Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten als österreichischer Wissenschafter*in des Jahres ausgezeichnet. Wegen der Coronapandemie war er zuletzt mit seinen Modellen und Erklärungen häufig in österreichischen Medien zu Gast.

Lukas Weidinger

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Viele alltägliche Lebensbereiche sind mittlerweile stark digitalisiert und globalisiert, die Folgen eigener Handlungen scheinen oft schwer abzuschätzen. Macht eine steigende Komplexität unser Leben auch komplizierter, gar schwieriger?

heute viel besser, als sie es vor ein paar Jahrhunderten war. Perverserweise findet heute eine Verklärung der traditionellen Medizin statt, die bis hinein in die Wissenschaftsskepsis geht. Auch qualitativ betrachtet war das Leben für durchschnittliche Wiener*innen vor 500 Jahren sicher nicht besser als heute.

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Lässt sich aus Ihrer Sicht sagen, dass unsere Welt eine immer komplexere wird? In der Komplexitätsforschung sagen wir: Context matters. Bis in die 70er-, 80er-Jahre hat man sich entweder sehr kleine Systeme sehr genau angeschaut, weil man dann auch ohne Computer die Chance hatte, die einzelnen Gesetzmäßigkeiten zu verstehen und einzuarbeiten. Andererseits wurden große Systeme so beschrieben, als wären alle Details gleich. Wie wenn ich beispielsweise in der Physik annehme, dass sich alle Wassermoleküle gleich verhalten. Auch komplexe Systeme können sehr simple Eigenschaften haben. Unsere Welt wird immer ausdifferenzierter und spezialisierter. Insofern nimmt auch die Komplexität zu, weil die Kontexte immer unterschiedlicher werden.

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Woran arbeiten Komplexitätsforscher wie Sie, wenn nicht gerade eine Pandemie ins Haus steht? Wir verstehen Komplexität als technischen Ausdruck, der nichts mit dem zu tun hat, was gemeinhin darunter verstanden und mit »kompliziert« synonym verwendet wird. Bei uns geht es darum, Systeme zu verstehen, die aus vielen Teilen bestehen, aber trotzdem mehr sind als die Summe dieser Teile. Da geht’s um Themen wie Emergenz und Synchronisation. Von der Methodik her arbeiten wir datenbasiert, quantitativ und formalwissenschaftlich. Das urtypische Anwendungsbeispiel ist eben die Infektionsausbreitung, aber auch die Systemstabilität an sich sowie Sicherheit in der Versorgung und Probleme in der Lieferung – wie es jetzt mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine wieder aktueller wird.

Ich bin mir nicht sicher, ob sich das qualitativ so stark verändert hat in den letzten Jahren. Gesellschaft funktioniert ja gerade durch diese Aufgabenteilung und durch eine gewisse Spezialisierung. Dass jede und jeder von uns nicht alles kann und sich nur auf einen gewissen Teil konzentriert, das ist schon länger so. Was sich natürlich geändert hat, ist die Zeitskala dieser Entwicklungen. Man wird mehr und mehr zu einem kleinen Zahnrad und die Geschwindigkeit der Entwicklungen steigt rasant. Zu behaupten, dass früher alles besser war, halte ich für verklärend. Alle Indikatoren deuten darauf hin, dass unser Leben besser wird. Beispiel Lebenserwartung. Die ist

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Die Welt, in der wir leben, wird immer komplexer und komplizierter – so eine häufige Argumentation. Gefolgt vom beliebten Stehsatz, dass früher alles besser gewesen sei. Warum Letzteres nicht stimmt und endgültige Antworten auf offene Fragen schwierig zu geben sind, erklärt Peter Klimek.

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Können wir aktuelle Fragen der Menschheit noch beantworten?

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herausragenden Beiträge, die schon so manche Wissenslücken für unser Publikum

schließen konnten. Vielen Dank dafür und viel Spaß beim Feiern eures 25. Jubiläums!

Lukas Weidinger

Liebes „The Gap“ Team, was wären unsere Konzerte und Events, ohne eure

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Gabriel Roland

betrachtet die hiesige Modeszene Stück für Stück

Es gibt Outfits, die man nicht trägt, sondern von denen man getragen wird. Das kann sich – vom Käfig über das Exoskelett bis zur Rüstung – gut anfühlen oder nicht. Ein gestärktes Hemd drückt die Brust heraus; Uniformen erzeugen Gerüste aus Amt um die Personen, die darin Stecken; der symbiotisch mit dessen Muskeln funktionierende Roboterarm gibt dem Cyborg übermenschliche Kraft. Aber all die Vorteile solcher von außen auf uns einwirkender Strukturen kosten etwas: ein Stück Freiheit. Und doch gibt es eine Welt, in der Hüllen ohne Limits funktionieren: die digitale. Dort, wo alles an Substanz, Material und Körper auf einer mathematisch dünnen Oberfläche abgebildet ist, wo die Grenzen der persönlichen Umformung die der spielerischen Fantasie sind, dort sollte man sich doch über Einschränkungen der Freiheit keine Sorgen machen müssen. Mode für die Instanzen, die uns in den Computerwelten vertreten, gibt es längst. Aber was, wenn die Gesetzmäßigkeiten des Virtuellen wie im Science-Fiction-Klassiker »Snowcrash« auf die handfeste Welt übergreifen?

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Die von Second Life inspirierte »Avatar«-Kollektion der zwischen Wien und Antwerpen arbeitenden Modedesignerin Flora Miranda ist auf www.floramiranda.com erhältlich.

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In the virtual world the dress wears you. Hier ist man nichts als eine Oberfläche, die wie eine Sockenpuppe durch geometrische Berechnungen bewegt wird. Das Verhältnis des parametrischen Mechanismus zu seiner Haut ist das der hinduistischen Gottheit zu ihrem Avatar, des Worts zu seiner Bedeutung, des Zauberspruchs zu seiner magischen Wirkung und der virtuellen Figur zu der den Computer bedienenden Person. Digitale Menschen sehen so aus, als trügen sie Kleider. In Wirklichkeit sind sie Kleider. Selbst das Gitternetz, das Flora Miranda in die Merinowolle ihres »Avatar«-Kleides strickt, ist nur eine Metapher, um den gähnenden non-space hinter der digitalen Fassade begreifbar zu machen. Ist die vor gerenderten Texturen, Schattierungen und visuellen Effekten bedeckte Haut erst vom virtuellen Scheinkörper abgezogen, so wird klar, dass da nichts ist. Die technische Zeichnung des Gitternetzes lässt uns mit dem Grauen vor diesem Vakuum arbeiten. Angst brauchen wir aber keine zu haben, solange Computerinterfaces sinnlich so eindimensional bleiben. Das Tolle an Mode ist, dass sie die Frage, ob sie einen Körper benötigt, nicht einmal beantwortet, sondern vorwegnimmt. Wie die digitale Haut ist Gewand ein autonomes, sich selbst tragendes System. Über das, was ein virtuelles Modell kann, hinaus, ist sie aber in direktem sinnlichem Bezug zu uns. Kleidung ist genau so sehr Oberfläche als Körper wie Material. Sie ist konzeptuelles Gebäude ebenso wie physische Realität – idealerweise in allen Fällen bereichernd und lustvoll. Das muss man gar nicht verstehen, das kann man einfach anziehen. roland@thegap.at • @wasichgsehnhab

Fabian Gasperl

Der digitale Mensch als Oberfläche

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Einteiler Werden Kleider in Zukunft noch Körper brauchen?

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Fabian Gasperl

Ein Vierteljahrhundert

DAS GEBURTSTAGSFEST MIT

ZACK ZACK ZACK | ZINN

FARCE CULK |

PLUS DJ-LINE:

THERESE TERROR | SELENA POMMES | WELIA | KOBERMANN.

22.04. | FLUC | WIEN TICKETS UND INFOS UNTER: WWW.THEGAP.AT / 25 The_Gap_192_003-013_Splitter_mf.indd 19 TheGap25er_TheGap192_210x280.indd

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beschäftigt sich hier mit den großen und kleinen Fragen zu Feminismus

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Imoan Kinshasa

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Im Gegensatz zur geläufigen Meinung ist Feminismus für alle da. Nur haben eben – wie auch in vielen anderen Bereichen – wütende Frauen den Grundstein für diesen Wandel gelegt. Auf den ersten Blick soll es für einen »gestandenen« Mann absolut keine Vorteile haben, Feminist zu sein. Es geht schließlich um Frauenrechte. Frauen dürfen wählen, Eigentum haben und Autofahren, damit ist die Emanzipation doch abgeschlossen, oder? ———— Man muss nicht zwangsläufig Vater einer Tochter, Bruder einer Schwester oder Besitzer einer weiblichen Hauspflanze sein, um Feminist zu werden. Während viele Männer (noch) nicht wissen, was sie mit Feminismus anfangen sollen, haben andere schon verstanden, dass Männer als isolierte Gruppe nicht die Werkzeuge haben, sich gegen die Oppression durch ihre Vorväter zur Wehr zu setzen.

Übertriebene Erwartungen Geschlecht und die anhaftenden Rollen sind soziale Konstrukte, die nun Stück für Stück demontiert werden. Der Feind ist nicht der Mann oder die Frau, sondern die sogenannte toxische Männlichkeit des Patriarchats, die mit all ihren übertriebenen Erwartungen und Anforderungen über unserer Gesellschaft hängt und Zusammenleben sowie individuelles Wohlbefinden belastet. Manche Männer projizieren die stattfindende Umverteilung der Macht als Bedrohung. Sie befürchten, dass Frauen den Spieß nun einfach umdrehen. Aber Gleichbehandlung muss sich nicht wie ein Kontrollverlust anfühlen. Folgend einige Argumente warum … Toxische Männlichkeit. Diese ließe sich etwas flapsig als Gruppenzwang durch tote weiße Männer beschreiben. Männer leiden vor allem

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unter dem Erwartungsdruck der patriarchalen Gesellschafts- und Familienordnung. Mann muss stark sein, Geld, Einfluss und Macht haben. Seit sich die Gesellschaft wandelt und ein einzelnes Einkommen für eine Familie nicht mehr ausreichend ist, ist die Position des Alphamannes nicht mehr zeitgemäß. Wir haben hier die Chance, von alten Werten abzulassen und neue zu definieren. Damit es kein Problem mehr ist, wenn der Mann beispielsweise zu Hause bei den Kindern bleibt, weil die Frau mehr verdient. Weniger Leistungsdruck. Von einem »echten« Kerl wird derzeit erwartet, allzeit bereit zu sein. Sei es im Bett oder anderweitig. Vorurteile wie dieses führen nämlich dazu, dass sie auch von Frauen und damit breit in der Gesellschaft übernommen werden. Ich kam selbst schon in eine erstaunliche Bettsituation, in der mir ein Mann erklärte, dass es bei ihm auch nicht immer geht. Absolut nachvollziehbar, aber hinderlich, dass es so schwer scheint, darüber ohne Scham zu sprechen. Die Möglichkeit, vulnerabel zu sein. Viele Männer können auch heute noch nur schwer über ihre Gefühle sprechen. Egal in welchem Setting, einige werden niemals über das sprechen (können), was sie wirklich belastet. All die hier gelisteten Aspekte des Patriarchats leisten einen Beitrag dazu, dass Männer den Frust lieber in sich hineinfressen – bis sie explodieren. Diese Belastung, von der Männer durch feministische Forderungen (freie Therapieplätze, Abbau von Erwartungshaltungen, …) befreit würden, entlädt sich heutzutage nicht selten in Gewalthandlungen, die letztlich bis zum Femizid (siehe Seite 42) führen können. Reduzierung der Gewalt. Ein überdurchschnittlicher Teil der Gewalt zwischen Men-

schen geht von Männern aus. Genauso sind aber auch die meisten von (außerhäuslicher) Gewalt betroffenen Menschen Männer. Kein Wunder, lernen Burschen doch bereits in der Volksschule, ihre Konflikte durch Körperlichkeit zu lösen, anstatt Gewaltfreiheit als Prinzip zu verstehen, um deeskalierend und sinnführend mit dem Gegenüber zu sprechen. Eine zentrale Forderung des modernen Feminismus sind erhöhte Ressourcen für Einrichtungen, die gewaltlose Konfliktlösungen unterrichten. Keine Absprache der Männlichkeit. Das landläufige Verständnis der Moderne definiert einen sehr schmalen Pfad der Männlichkeit. Wer davon auch nur ein bisschen abkommt, gilt als unmännlich, als Memme oder als [homohassende Beleidigung einfügen]. Ein zeitgemäßer Feminismus möchte ultimativ auch Männer von Zwängen und Konventionen befreien. Bitte lass dir die Haare wachsen, trage einen Rock oder lackiere deine Nägel, während du Rom-Coms schaust. Männlichkeit und Weiblichkeit sind keine abgesteckten Schubladen, sondern ein Spektrum. Den Geschlechtern zugeschriebene Eigenschaften sind menschliche Qualitäten, keine Geschlechtsmerkmale. Kurz-, mittel- und langfristig wird es also für Männer – aber auch für Frauen, die patriarchale Vorurteile und Rollenbilder ebenfalls internalisiert haben – notwendig sein, ihr Verhalten und ihre Position zu reflektieren und an den eigenen Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit und deren Platz in der heutigen Gesellschaft zu arbeiten. Der Status quo ist jedenfalls nicht mehr tragbar. In ihrer Ehre gekränkte Männer sind tickende Zeitbomben und eine Gefahr für die Gesellschaft. kinshasa@thegap.at @imoankinshasaa

Roman Strazanec

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Gender Gap Was tut Feminismus für Männer?

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Roman Strazanec

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Golden Frame Zeitgenössische Kunst im angemessenen Rahmen

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CryptoWiener »Schurli«, Digitalbild

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Malerei und Skulptur behaupten sich weiter gegen den Vorwurf des Anachronismus und sind am Kunstmarkt gefragt. Aber der Umsatz aus Verkäufen von NFTs ist bereits gleichgezogen, Tendenz steigend. Eine inhaltliche Verschiebung oder nur Veränderung der Form? ———— Wir sehen auf dem Screenshot einige große Themen aufgegriffen, an denen sich die Kunst heute abarbeitet. Das Thema digitale Kunst ist ziemlich klar. Der Hype heißt NFT und hat sich »Dezentralisierung« auf die Fahne geschrieben, aber man wird das Gefühl nicht los, dass die neue Technologie vorhandene Gräben nur vertieft. Trotzdem, so viel sei dem Ganzen zugestanden, sind einige neue Kunstkniffe möglich geworden, allen voran das (fast) vollständige Aufgehen des Kunstwerks im Besitz- und Echtheitszertifikat. Aber eigentlich ist das nichts Neues, man denke (mal wieder) an Duchamp und die Readymades, wo die Kunst in der Zuschreibung liegt. Und auch ein NFT behält sich ja – als im Netz schwirrender Zahlencode und durch die Leitungen rauschende Elektronen – durchaus ein Maß an Materialität bei. Zweitens: Politik! Die ewige Sinnsuche der Kunst geht weiter. Wie ist der Begriff der gesellschaftlichen Relevanz, die die Kunst für sich beansprucht, genau zu fassen? Genügt der symbolische Akt (Stinkefinger hoch, Protestplakat) oder muss aktiv in die Gestaltung der Gesellschaft eingegriffen werden? Hier lässt sich streiten, jedenfalls zu beobachten ist aber der zunehmend zur Maxime gewordene Ruf nach Zugänglichkeit und Integration, globalgeschichtlicher Perspektive und Selbstreferenzialität. Das führt zu Punkt drei: die Frage nach dem Subjekt. Der Körper, lange Zeit das sacro sanctum der bildenden Kunst, ist zum Schlachtfeld geworden. An ihm werden normative Vorstellungen aufgezeigt und verhandelt, seine Grenzen und sein Verhältnis zum Ich aufgebrochen. Es formt sich das Bild der multiplen und vom Körper unabhängigen Persönlichkeit und Perspektive. Und schließlich, das Museum. Eben nicht als White Cube, als hermetisch autonomer Raum verstanden, sondern als (idealerweise) öffentlicher, diskursfördernder und in ein System von Abhängigkeiten und Implikationen eingebetteter Ort, erproben sich die Institutionen in alternativen Formen: dem digitalen Museum, dem reisenden Museum, dem transhistorischen Museum und so weiter. Technologische Weiterentwicklung war immer schon beides: Rahmen und Treibkraft der Kunst. Insofern heißt die Antwort: Veränderung der Form und inhaltliche Verschiebung. Victor Cos Ortega

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Wo steht die bildende Kunst?

Linz, Heimat der Ars Electronica, bietet im Jahr 2022 mehrere Ausstellungen mit besonderem Augenmerk auf NFT und unter Berücksichtigung der zeitgenössischen Diskurse. Etwa »Pixels by CryptoWiener« von 26. August bis 28. Februar 2023 im OK Linz. Den digitalen Ableger des Francisco Carolinum kann man im Metaverse besuchen. Hier finden sogar Partys statt. Klick www.cryptovoxels.com/parcels/4650 für mehr.

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»Nie mehr wieder« ist ein Leitspruch, den sich Österreich auf die Fahnen geheftet hat. Und doch scheint der Antisemitismus hierzulande – wie auch in anderen Ländern – eher wieder auf dem Vormarsch zu sein. Holocaust-Forscherin Isolde Vogel über die Hintergründe. ———— Antisemitismus wird von manchen Menschen in Österreich bereits als ausgestorben oder aus dem arabischen Raum importiert bezeichnet. Doch die Statistik spricht eine andere Sprache. Die Meldestelle der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien hielt in ihrem Antisemitismus-Halbjahresbericht 2021 fest, dass die jüdische Gemeinde seit Beginn der Aufzeichnungen vor 20 Jahren noch nie mit einer derart hohen Anzahl von gemeldeten Vorfällen konfrontiert gewesen ist. Mit 562 Angriffen war die Zahl doppelt so hoch wie 2020. Zwischen März und Mai 2021 sind die hohen Zahlen auf antisemitische Manifestationen bei Protesten gegen COVID19-Maßnahmen zurückzuführen. Neben Israel-bezogenem Antisemitismus und COVID-Verschwörungen liegen auch Holocaust-Relativierung und Holocaust-Leugnung als Straftat weit vorne. Der Antisemitismus in Österreich, aber auch auf globaler Ebene, ist nach wie vor gegenwärtig und nur zu lebendig.

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Warum gibt es immer noch Antisemitismus?

Er war nie weg

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Dieses Loslösen vom Begriff der Religion und hin zu einer vagen rassistischen Definition spiegelt sich auch in der Verfolgung in der NS-Diktatur wider: »Die Nationalsozialisten bestimmten, wen sie verfolgten und wer für sie als jüdisch galt. Wer als jüdisch markiert wurde, hatte also nichts mehr mit der religiösen Zugehörigkeit per se zu tun.« Vielmehr ging es um Abstammung und »Blut«, einen eugenischen Gedanken. Die fälschliche Annahme eines Endes des Antisemitismus hängt auch damit zusammen, dass dieser nach 1945 öffentlich sanktioniert und großteils tabuisiert wurde. Doch in der mangelnden Aufarbeitung, in der bis heute bestehenden Abwehrhaltung, »irgendwas damit zu tun gehabt zu haben«, liege eine Gefahr

so Vogel: »Gerade in Österreich haben viele einen massiven Wunsch nach Entlastung von Schuld und Verantwortung. Teilweise wird Kindern in den Familien, aber auch in der Schule immer noch vermittelt, dass dieses Land und seine Leute mit dem Nationalsozialismus nichts zu tun gehabt hätten.«

Versteckt in Codes Daraus könne auch eine Motivation für Antisemitismus resultieren. Vogel: »Dass man Jüdinnen und Juden, die an die Shoah erinnern, als rachsüchtig imaginiert und sie deswegen attackiert.« Dass es in Europa im Vergleich zu vor 1933 nur noch wenige Jüdinnen und Juden gibt, tut dem keinen Abbruch. Das meine auch der Ausdruck »Antisemitismus ohne Juden«,

Lukas Weidinger

Die Zeithistorikerin und Holocaust-Forscherin Isolde Vogel von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften sieht die Vorstellung eines Verschwindens skeptisch: »Das würde voraussetzen, dass Antisemitismus überhaupt nur in einer bestimmten Phase der Geschichte verhaftet gewesen wäre.« Als Gesellschaft verbinden wir ihn meist mit dem Nationalsozialismus, weil er da in millionenfacher Vernichtung und Verfolgung resultierte. Aber, so Vogel: »Genau wie Antisemitismus nicht erst 1938 über Österreich hereingebrochen ist, ist er auch nach 1945 nicht einfach wieder verschwunden.« Diese Form des Antisemitismus ist historisch gesehen sogar ein sehr junges Phänomen. Sie war eine politische Bewegung, die sich vor allem im späten 19. Jahrhundert herauskristallisierte. Viel älter ist der historisch gewachsene Antisemitismus mit all seinen Stereotypen von finanziellem Wucher, sexueller Lüsternheit, Weltherrschaft, Ritualmorden und Menschenhass.

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Lukas Weidinger

so Vogel. Dieser wurde vom österreichischen Publizisten Paul Lendvai geprägt und beschreibe die Tatsache, dass der Antisemitismus immer noch da sei, obwohl es kaum noch jüdische Bevölkerung gäbe; dass er keine konkrete jüdische Person brauche, um sich zu artikulieren. Dass man den Antisemitismus in Österreich vor allem auf die Periode von 1938 bis 1945 beziehe, sei ein Problem, meint Vogel weiter. »Man blendet hier aus, was verklausuliert und nicht so offen geäußert wird.« Dieser latente Antisemitismus sei schwieriger zu erkennen. »Einerseits gibt es Personen, wie etwa Rechtsextreme, die bewusst bestimmte Codes bedienen und, statt ihren Feind als ›den Juden‹ zu benennen, dann von ›der Ostküste‹ oder ›den Globalisten‹ sprechen. Andererseits ist Antisemitismus nicht nur am rechten Rand zu finden, und gerade solche Verklausulierungen nutzen auch Menschen, die sich politisch links verorten.« Ein Paradebeispiel des modernen Antisemitismus ist der Umgang mit Israel. Auch wenn es legitim ist, die Politik des israelischen Staates zu kritisieren, richten sich diese Attacken doch oft gegen nicht-israelische Juden. Ihnen wird eine Doppelloyalität vorgeworfen, eine Mitschuld an der Situation Palästinas. »Das basiert auf dem alten Ressentiment, dass Jüdinnen und Juden wurzellos seien«, erklärt Vogel dieses Phänomen. »Ihnen wird Internationalität, also außerhalb der nationalen Ordnung zu stehen, unterstellt.«

Verschwörungen und Corona Dass die alten jüdischen Stereotype von Weltverschwörung, Wucher und Menschenhass ebenfalls nicht totzukriegen sind, zeigte zuletzt auch die Pandemie. Hier würde man sehen, meint Vogel, wie bereitwillig die Bevölkerung wegschaue, wenn bei den Demos Rechtsextreme und offene Antisemitinnen und Antisemiten mitmarschieren. »Für mich war es schockierend zu sehen, wie anschlussfähig Antisemitismus auf der Straße ist und

wie sehr sich die Menschen selbst verleugnen, wenn sie meinen, dass sie das nicht mitbekommen würden.« Das mache den Antisemitismus auch so resolut. Er ist ein Vehikel, um Krisen und plötzlichen gesellschaftlichen Wohlstandsverlust zu begründen: »Es ist nicht wie im Rassismus ein Treten nach unten, sondern die Vorstellung der Notwehr gegen eine heimliche Übermacht.« Somit ist der Antisemitismus auch nie nur einer politischen Strömung zuzuordnen, sondern findet sich in der Mitte der Gesellschaft, im esoterischen Bereich, in antiimperialistischen, globalisierungskritischen linken Gruppen und natürlich im Rechtsextremismus. Kann man dem Antisemitismus überhaupt noch etwas entgegensetzen? Es brauche mehr politische und gesellschaftliche Aufklärung, so Vogel. »Das mangelnde allgemeine Wissen darüber, was Antisemitismus ist, ist ein Punkt, bei dem man ansetzen kann.« Ebenso brauche es »Sensibilität dafür zu erkennen, wenn simplifizierende Welterklärungen an den Tag gelegt werden«. Konkret die Ansicht, dass alle Probleme in Einzelpersonen begründet seien und dass Angriffe gegen sie gesellschaftliche Probleme lösen könnten. Darüber hinaus gelte es, allgemein wachsam zu sein, »dass man alles dafür tut, dass sich so etwas wie die Shoah niemals wiederholt«. Dass der Antisemitismus auf Dauer überwunden werden könne, so optimistisch gibt sich Vogel momentan nicht: »Solange komplexe Probleme auf diese vereinfachende Weise erklärt werden, wird es auch ein antisemitisches Susanne Gottlieb Weltbild geben.«

Bei der Antisemitismus-Meldestelle können aktuelle Zahlen zu Übergriffen eingesehen, aber auch Attacken gemeldet melden. Infor­ mationen rund um jüdisches Leben in Wien gibt es bei der Israelitischen Kultusgemeinde. Das Wiener Wiesenthal Institut bietet Veranstaltungen und betreibt Forschung zum Holocaust in Österreich.

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DI 3. MAI 2022 — 19:30 Uhr

»Genau wie Antisemitismus nicht erst 1938 über Österreich hereingebrochen ist, ist er auch nach 1945 nicht einfach wieder verschwunden.« — Isolde Vogel

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Luft | The Shape Of Elements Part IV www.muth.at

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genseinkünfte wirken und in diesem Bereich hebungskosten fielen aufgrund der geringeren Zahl an Bewertungsanlässen – im Durchdie Umverteilungswirkung der progressiven schnitt einmal je Generation – weit weniger Einkommensteuer verstärken.« Allerdings gibt es in Österreich seit 2008 ins Gewicht als eine Nettovermögenssteuer, keine Erbschafts- und Schenkungssteuer die jährlich erhoben werden müsste. Wie aber mehr. Sie wurde durch den Verfassungsge- ließe sich sicherstellen, dass die entstehenden Mehreinnahmen sozialstaatlichen Zwecken richtshof wegen der »Verfassungswidrigkeit zukommen und nicht in Korruptider Bemessungsgrundlage« gekippt, wie die Wissenschaftlerin erklärt. In onssümpfen verschwinden? »Bislang der Vergangenheit führte Anderwald müssen Steuern nicht zweckgebuntrotzdem Vorteile der Erbschafts- geden eingesetzt werden«, so Andergenüber einer Vermögenssteuer an. wald. Der Staat könne Steuern zur Verwirklichung sämtlicher Aufgaben Schließlich bestünden Bedenken in Bezug auf eine verfassungskonforme verwenden. Um mehr Transparenz zu Anna-Maria Ausgestaltung einer Nettovermöschaffen, wäre es durchaus denkbar, Anderwald genssteuer. Zentrales Problem sei dass man erzielte Einkünfte für entsprechende sozialstaatliche Zwecke einsetze. die gleichmäßige Bewertung der einzelnen Vermögensteile. »Das Privatvermögen müsste Allerdings bedürfe es dafür einer Rechtsjährlich zum Marktwert bewertet werden, um grundlage. Eine, die es bis heute nicht gibt – eine gleichmäßige und entscheidungsneutra- und die Forderung von Reichen wie Marlene le Besteuerung garantieren zu können.« Damit Engelhorn umso dringlicher macht. gehe ein hoher Verwaltungsaufwand einher. Christoph Benkeser Es wären unter anderem Schmuck, AntiquiAnna-Maria Anderwald forscht zu nachhaltäten und Gemäldesammlungen zu erheben. Fast unmöglich in einem Land, in dem es kein tiger Besteuerung unter Berücksichtigung umfassendes Vermögensregister gibt und Fi- demografischer, sozialer, wirtschaftlicher und nanzämter auf ehrliche Angaben der Steuer- ökologischer Entwicklungen an der Uni Graz. Marlene Engelhorn engagiert sich in der NGO pflichtigen angewiesen sind. Außerdem betont Anderwald, dass Erb- guerrillafoundation.org für die Transformation schafts- und Schenkungssteuer der unge- der aus der Zeit gekommenen Philantropie hin zu Grassroots-Bewegungen für beständigen hinderten Vermögensübertragung genauso entgegenwirken können. Der Vorteil: Die Er- sozialen Wandel.

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Umverteilung steuern Schließlich kämen Steuern neben Finanzierungsfunktionen auch sogenannte Sozialzwecke zu. Manche Steuern hätten allerdings bessere Umverteilungswirkungen als andere, so Anderwald: »Eine Nettovermögensteuer und eine Einkommensteuer sind unter bestimmten Bedingungen äquivalent. Vermögen stellt den gegenwärtigen Wert des zukünftigen Einkommens dar. Eine geeignet definierte Vermögensteuer wie auch eine Erbschafts- und Schenkungssteuer würde daher aus ökonomischer Sicht wie eine Erhöhung der Einkommensteuer auf Vermö-

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Das Steuerrecht sei ein Spiegelbild der Gesellschaft. Im Moment sieht man deswegen nur eine kapitalistische Fratze. Zeit für ein Makeover! ———— Marlene Engelhorn wird einen zweistelligen Millionenbetrag erben und fordert, dass der Staat ihr einen großen Teil davon abnimmt. Sie sitzt in Talkshows und sagt Sätze wie »Kapital bedeutet vererbte Macht« oder dass ein Prozent der Bevölkerung in Österreich über 40 Prozent des Vermögens halte. Damit ist die 29-Jährige bekannt geworden. Inzwischen engagiert sie sich im Kreise jener Millionär*innen, die für eine faire Besteuerung ihres Vermögens eintreten. Nicht, um die Welt als Philanthrop*innen zu retten, sondern um den demokratischen Prozess zu unterstützen – und eine Debatte über ungerechte Verteilung in der Gesellschaft zu führen. Engelhorns Ansatz hat Gründe. In Österreich tummeln sich die viertmeisten Millionär*innen innerhalb der Europäischen Union. Fast 350.000 Menschen besitzen mehr als eine Million Euro, wie eine aktuelle Studie des Schweizer Thinktanks Redesigning Financial Services errechnet hat. Und: In kaum einem anderen europäischen Land ist das Vermögen so ungleich verteilt wie zwischen Boden- und Neusiedler See. »Die Entwicklung unseres Steuersystems hat in den letzten 30 Jahren dazu beigetragen, dass Reiche ihren Wohlstand weiter ausbauen konnten«, sagt Anna-Maria Anderwald. Sie forscht am Institut für Finanzrecht an der Karl-FranzensUniversität in Graz im Bereich nachhaltige Besteuerung und kennt die Problematik.

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Wie lange können wir uns die Reichen noch leisten?

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SYNTHIE-POP ELECTRO FRENCHCORE SHOEGAZE TRAP POST-PUNK HIP-HOP T H E G A P SC H LI E SST LÜ C K E N . I N MU S I K , KU N ST U N D U N S E R E N KÖ P F E N . DA N K E F Ü R 2 5 JA H R E I N TE N S I TÄT.

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Immer wieder wird auch medial das Bild einer gespaltenen Gesellschaft gezeichnet. Sind diese Behauptungen empirisch zu belegen? Dieses Bild begleitet uns auch in anderen Ländern schon länger. Es kommt stark aus der Wahlforschung und ist bei Medien beliebt. Es geht davon aus, dass es zwei Lager gibt, die sich unversöhnlich gegenüberstehen und sich nichts mehr zu sagen haben. Die Wissenschaft zeigt allerdings, dass die empirische Realität komplexer und vielfältiger ist. In unserer Forschung, die wir nach der Flüchtlingskrise zwischen 2016 und 2019 durchgeführt haben, hat sich gezeigt, dass es verschiedene Linien in der Gesellschaft gibt, die Spaltungspotenzial haben. Die Haltungen der Menschen entlang dieser Linien sind auch widersprüchlich. Wie kann man sich das genau vorstellen? Wir haben uns angeschaut, wie es um Solidarität im Hinblick auf den Sozialstaat steht. Dabei konnten wir drei Spaltungslinien festmachen. Die erste ist eine meritokratische Spaltungslinie, also wie Leistung in einer sozialstaatlichen Gemeinschaft definiert wird. Diese Definition ist in Österreich sehr stark über die Erwerbsarbeit bestimmt. Die zweite Spaltungslinie ist die Definition von Innen und Außen dieser Gemeinschaft – mit Blick auf Ethnizität, Nationalität, Kultur. In den letzten Jahren waren diese Debatten etwas schwächer vorhanden, aber wenn jetzt viele Geflüchtete aus der Ukraine nach Österreich kommen, könnte es einen Punkt geben, an dem diese Willkommenskultur wieder umkippt. Politische Parteien instrumentalisieren das auch. Die dritte ist die Klassenspaltungslinie, also wie sich das gesellschaftliche Oben und Unten in Lebensrealitäten einschreibt, wie Chancen und Zugänge verteilt sind, wo Menschen Ausbeutung und Unterdrückung spüren und wo sie sich selbst positionieren. Diese Linie spüren Menschen stark, politisch ist sie aber sehr tabuisiert. Worauf ist diese Tabuisierung von Klassenunterschieden zurückzuführen? Man spricht heute gar nicht mehr von Klassen, wenn doch, dann wirkt man retro.

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Das war auch in der Forschung lange Zeit so. Ab den 70er-, 80er-Jahren hat man sich von dieser Vorstellung einer polarisierten Gesellschaft verabschiedet. Mit wirtschaftlichem Aufschwung ist man irgendwann in der Politik und auch in der Wissenschaft zur Conclusio gekommen, dass man die gegenwärtigen Verhältnisse durch Klassen nicht mehr treffend beschreiben kann. Dieses Modell baut aber auf Mythen auf, die auch immer wieder in der Bildungsforschung widerlegt werden und sich doch hartnäckig halten. Das hat auch damit zu tun, dass Menschen glauben, dass sie auf ihrem Lebensweg selbst entscheiden, welche Ausbildung sie machen und welchen Weg sie gehen – aber es hat natürlich sehr viel mit ihrem Hintergrund zu tun. Außerdem gibt es ein politisches Interesse daran, Klassenverhältnisse und Vermögensungleichheiten nicht zu thematisieren. Thematisiert wird eher, was Spaltungen in der beherrschten Klasse forciert. Das ist auch ein Versäumnis der Parteien, die traditionell die Vertreterinnen der beherrschten Klassen sind.

Wie ist eine solche Spaltung definiert? Wenn es soziale Gruppen mit einer stark politisch gefestigten Haltung gibt, in denen wenige Widersprüche und Ambivalenzen bestehen, die kaum Raum zur Meinungsänderung zulassen. Das ist oft an den Rändern der Gesellschaft so, in der sogenannten Mitte beobachtet man sehr wohl widersprüchliches Verhalten. Menschen sind nicht absolut solidarisch oder gar nicht solidarisch, das hat kürzlich die Covid-Pandemie gezeigt. Leute verändern ihre Haltung nicht wie Kleidung jeden Tag, aber die politische und soziale Umwelt wirkt natürlich darauf ein. Also trennen diese Spaltungen nicht wie teilweise dargestellt die Gesellschaft in zwei gleich große Hälften? Von Spaltung sollte man nur sprechen, wenn es zu Situationen kommt, in denen die Ausgrenzung so stark ist, dass der Zugang zum anderen Teil der Gesellschaft nicht mehr gegeben ist. Damit sollte man aufpassen. Medial wird dieser Begriff der Spaltung vorschnell verwendet. Er verhin-

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Nicht nur im Kontext der Pandemie, sondern schon in viel kleineren Rahmen wird immer wieder das Argument laut, die Gesellschaft sei beziehungsweise werde gespalten. Carina Altreiter erklärt, was dahintersteckt.

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Wie gespalten ist unsere Gesellschaft wirklich?

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dert dadurch auch zu erkennen, wo es Möglichkeiten für Berührungspunkte und Brückenschläge gibt.

»Man spricht heute gar nicht mehr von Klassen, wenn doch, dann wirkt man retro.« — Carina Altreiter Wie können die bestehenden Spaltungslinien unserer Gesellschaft überwunden werden? Gut funktioniert es, bestehende Definitionen – etwa von Beiträgen zur Solidargemeinschaft – nicht abzubauen, sondern zu erweitern. Denn diese Beiträge können ja vielfältig sein und beschränken sich nicht auf Erwerbsarbeit und Steuerzahlen. Politisches Engagement, Kinderbetreuung, Nachbarschaftshilfe – das könnten wir als Beitrag zur Gemeinschaft definieren. So könnten Fokussierungen entkräftet werden. In puncto Sozialleistung könnte auch das Bedarfsprinzip gestärkt werden, sprich: Ich krieg was, wenn ich was brauch. Egal zu welchem Beitrag ich in der Lage war oder bin. Und es gibt den Vorschlag, in Diskussionen das in den Vordergrund zu rücken, was uns alle verbindet. Was ist in den Gesellschaften dieser Welt überall gleich? Außerdem sollten wir wieder stärker auf Klassenunterschiede hinweisen und damit vor allem politisch konstruierten ethnischen Spaltungslinien ihre Richtigkeit nehmen. Sandro Nicolussi

Carina Altreiter ist derzeit Postdoc und Projekt­ leiterin in an der Wirtschaftsuniversität Wien im Projekt »Spatial Competition and Economic Policies (SPACE): Discourses, Institutions and Everyday Practices« sowie Co-Autorin der Studie »Umkämpfte Solidaritäten«.

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Festival für aktuelles Dokumentarfilmschaffen: Ethnocineca

Ethnocineca und The Gap vergeben Schreibstipendien Von 12. bis 19. Mai zeigt Ethnocineca wieder aktuellen Dokumentarfilm aus Österreich und der ganzen Welt. Gemeinsam mit dem Festival vergibt The Gap heuer zwei Schreibstipendien im Gesamtwert von 1.200 Euro.

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Wie fluide sind die Wertevorstellungen der österreichischen Gesellschaft? Wir haben uns angeschaut, welche Milieus welche Haltungen haben. Es gibt bestimmte Milieus, in denen Erwerbsarbeit etwas ganz Wichtiges ist. Nicht nur, weil man existenziell davon abhängig ist, arbeiten zu gehen, sondern weil das auch ganz eng mit Anerkennung verbunden ist. Diese Personen können es als Provokation erleben, wenn jemand nicht arbeitet – aus welchen Gründen auch immer. Sie fühlen sich dann gekränkt, weil sie sich ja abmühen und sich andere dieser Mühe entziehen. Wenn man nun die Gültigkeit von Erwerbsarbeit als Beitrag zur Solidargemeinschaft aufheben würde, hätten diese Personen große Schwierigkeiten da mitzugehen.

Du interessierst dich für Film, im Speziellen für Dokumentarfilm? Außerdem möchtest du gerne in die journalistische Praxis eintauchen? In Kooperation mit dem Filmfestival Ethno­cineca suchen wir zwei Nachwuchsjournalist*innen, die gemeinsam auf thegap.at vom Festival berichten. Die beiden Stipendien sind jeweils mit 600 Euro dotiert. Abwechselnd sollen die beiden Stipendiat*innen an je vier Tagen ihre Eindrücke vom Festivalgeschehen und den gezeigten Filmen in einem Filmtagebuch verarbeiten. Für die Erstellung ihrer Texte werden sie dabei von der The-Gap-Redaktion betreut und gecoacht.

Jetzt bewerben! Du bist interessiert? Dann schick ein kurzes Motivationsschreiben samt allem, was wir über dich wissen sollten (max. 2.500 Zeichen) sowie eine Textprobe (gerne auch unveröffentlichtes Material) per E-Mail an office@thegap.at. Die Einreichfrist endet am 28. April 2022. Über die Vergabe der Stipendien wird bis 2. Mai durch eine Jury entschieden, die sich aus Vertreter*innen von Ethno­ cineca und The Gap zusammensetzt.

Das internationale Dokumentarfilmfestival Ehnocineca findet heuer zum 16. Mal statt. Das Festivalprogramm wird am 18. April veröffentlicht und ist dann von 12. bis 19. Mai im Votiv Kino, im De France sowie online zu sehen. www.ethnocineca.at

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Wie funktioniert der Journalismus der Gen Z? Der Bedarf nach einer anderen, neuen und niederschwelligen Art des Journalismus ist groß, mindestens genauso groß wie die Zahl der talentierten Jungjournalist*innen, die ihn machen wollen. Die Chefredaktion bietet seit gut einem Jahr eine Plattform dafür. Ein Gastbeitrag von Hannah Jutz. ———— Am Anfang stand eine Vision: Journalismus für alle zu machen. Aber besonders für jene, denen von klassischen Medien wenig Beachtung geschenkt wird: junge Menschen und speziell die, die sonst seltener Journalismus konsumieren, weil ihnen die Inhalte zu komplex sind oder sie keinen Zugang zu ihnen haben. In ärmeren Familien spielt Journalismus oft keine so große Rolle, viele Migrant*innen sehen sich in der Berichterstattung nicht repräsentiert. Jugendliche müssen also dort abgeholt werden, wo sie sind: auf Instagram. Dort gestalten über 20 junge Journalist*innen Beiträge für Peers. Über 100 Reportagen und (Gast-)Beiträge zu gesellschaftsrelevanten und politischen Themen, teilweise von unseren Follower*innen an uns herangetragen, wurden bereits veröffentlicht. Die Reportage von Redakteurin Alena Wacenovsky zur Abschiebung der damals 14-jährigen Tina, die das Bundesverwaltungsgericht inzwischen für rechtswidrig erklärt hat, wurde sogar prämiert.

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Das Besondere an der Chefredaktion: Die Als unabhängiges Medium auf einer Redakteur*innen haben überwiegend kei- Konzernplattform ist die Finanzierung nicht ne (abgeschlossene) journalistische Ausbil- leicht. Bis auf wenige, klar ausgeschriebene Kooperationen verzichtet die Chefredaktion, dung. Alles, was man mitbringen muss, um die zum Magazin Biber gehört, auf Werbung mitzumachen, sind grundlegende Film- und und setzt stattdessen auf einen Weg, der in Schnittkenntnisse am Smartphone. Auch bei der Themenwahl haben die Journalist*innen den USA oder in Deutschland schon viel etaviel Freiheit, um vielfältige Perspektiven und blierter ist als in Österreich: Finanzierung durch Mitgliedschaften. Menschen, Zugänge zuzulassen. Denn die Zudie jungen und diversen Journalistrittshürden der Branche sind hoch, mus wichtig und unterstützenswert der Konkurrenzdruck ist es ebenfinden, zahlen einen monatlichen falls: Auch junge Menschen, die keiBeitrag auf Steady (einer Crowdfunne Tante beim Radio oder Kontakte ding-Plattform; Anm.) und ermögzum Fernsehen und vielleicht noch lichen somit unsere journalistische kein Praktikum im Lebenslauf vorHannah Jutz zuweisen haben, sollen Journalismus Arbeit. Durch den Austausch mit der machen können. Unbezahlte und schlecht be- Community erfährt die Redaktion außerdem, zahlte Praktika können sich nur jene aus wohl- was den Konsument*innen wichtig ist. So habenderen Elternhäusern leisten. Oft werden wird gemeinsam definiert, wie neuer JourJobs nicht einmal ausgeschrieben, man erfährt nalismus aussehen soll. Journalismus, der nur durch Kontakte aus der Branche davon. eben für alle da ist. Hannah Jutz Viele Chefredakteur*innen stellen Menschen ein, die ihnen ähnlich sind, wodurch die Redaktionen homogene Gruppen bestehend aus Die Autorin ist Teil der Chefredaktion, die beiautochthonen Österreicher*innen aus der obe- spielsweise auf Instagram unter @die_chefredaktion zu finden und via www.steadyhq.com/ ren Bildungsschicht bleiben. Diversität wird höchstens in Form einer migrantischen Per- de/diechefredaktion zu unterstützen ist. Im Gegenzug gibt es einmal in der Woche digitale son oder einer Frau in einer Führungsposition Post sowie Einblicke in die Arbeits- und Denkgelebt. Das reicht aber nicht, Diversität muss weise von Gen-Z-Journalist*innen. breiter und intersektional gedacht werden.

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Frisst die Vinylkrise den Underground? Schallplatten sind beliebter denn je. Das wird dann zum Problem, wenn die globalen Herstellungskapazitäten nicht mehr ausreichen und jene durch die Finger schauen, die die Liebe zu Vinyl in den letzten Jahrzehnten gepflegt haben: kleine, unabhängige Artists. ———— 160 Millionen Schallplatten. So viel schwarzes Gold lässt sich in einem Jahr weltweit herstellen. Das Problem: Die Leute wollen mehr. Viel mehr. Auf bis zu 400 Millionen Stück schätzen manche Expert*innen der Musikbranche die globale Nachfrage – eine Zahl, die mit den aktuellen Möglichkeiten nicht zu erreichen ist. Während die Deluxe-Version von Adeles neuem Album die Regale in Mediamarkt-Filialen verstopft oder die achtundzwanzigste B-Seiten-Veröffentlichung von einer Elton-John-Platte den Record Store Day schmackhaft machen soll, warten »kleine Punkbands über zehn Monate auf ihren Release«. Sagt zumindest Jack White. Der ehemalige Sänger der White Stripes betreibt in Detroit seit Jahren ein Presswerk für Schallplatten. In einem Video, das er Mitte März auf Youtube teilte, sagt er: »Es geht nicht um große Labels gegen kleine Labels, es geht nicht um Independent gegen Mainstream, es geht nicht einmal um Punk gegen Pop. Das Problem ist einfach, dass wir alle ein Umfeld geschaffen haben, in dem die bei-

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spiellose Nachfrage nach Vinyl-Schallplatten nicht mit dem rudimentären Angebot Schritt halten kann.« Der »Seven Nation Army«-Guy mit den blau gefärbten Haaren trifft einen Punkt. Wir kaufen wieder Schallplatten. So viele, dass sich aus einem Hype in den letzten Jahren ein neuer Markt entwickeln konnte. Allein in Österreich gaben Menschen im Jahr 2021 über 10 Millionen Euro für Platten aus. Das entspricht über 400.000 Vinyl-Scheiben. Verkaufszahlen, die die Branche zuletzt in den späten 80er-Jahren erreichen konnte.

Erschwerte Planung In Umfragen geben fast 50 Prozent der Käufer*innen an, die Platte kein einziges Mal zu spielen, weil sie gar keinen Plattenspieler besitzen. Dem Markt ist aber egal, ob die Jubiläumspressung von Nirvanas »Nevermind« am Teller landet oder an der Wand einer Altbauwohnung im siebten Bezirk. Lifestyle ist Lifestyle. Kein Wunder, dass das auch die Majors Sony, Universal und Warner mitbekommen – und mit Riesenauflagen von Evergreens die Presswerke überlasten. Das bringt viele Nachteile mit sich. Vor allem für kleinere Labels, die neue Musik auf Vinyl veröffentlichen wollen. Man müsse vorausschauend planen, heißt es aus den Independent-Zirkeln der österreichischen

Musikszene. Die Wartezeiten seien zum Teil enorm. Wenige Monate? Inzwischen die Ausnahme! Oft dauere es ein halbes Jahr oder länger, bis die fertige Pressung geliefert wird – kurzfristig lasse sich dadurch jedenfalls kein Vinyl-Release umsetzen. Einer, der offen über das Problem spricht, ist Chrisfader vom österreichischen HipHop-Label Duzz Down San. Er war zuletzt an mehreren Vinyl-Produktionen des Labels beteiligt. »Wir hatten bei unseren Releases 2021 noch Glück mit den Wartezeiten, sind angesichts der aktuellen Situation aber froh, dass momentan keine Pressungen bei uns anstehen.« Für Independent-Künstler*innen sei es schließlich unmöglich, eine Veröffentlichung so lange zu verschieben. »Natürlich hoffen wir, dass sich die Lage bald wieder entspannt. Bis es so weit ist, kann man sich nur den Gegebenheiten anpassen und abwarten – oder ganz auf Vinyl verzichten.«

Düstere Aussicht Eine echte Alternative ist das nicht. Zumal Vinyl-Veröffentlichungen in manchen Musikgenres immer noch als Ausweis von Qualität durchgehen. Als DJ zeigt man sich gern vor ausstaffierten Ikea-Regalen, legt schon mal »vinyl only« auf, oder baut drei, vier Platten mit ins Set ein, um zu zeigen, dass man nichts mit Sync-Button-Warriors zu tun hat.

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»Derzeit kann man nur abwarten oder ganz auf Vinyl verzichten.« — DJ Chrisfader Albums auf Vinyl warten müssen, heißt das: In der Plattenindustrie läuft etwas gehörig schief. Der Markt hat sich selbst gefressen. Das Geschäft geht sich, zumindest für 99 Prozent des Indie-Undergrounds, nicht mehr aus. Dadurch werde nicht nur die Situation für Labels, Künstler*innen und Plattenläden drastischer. »Auch der Ton wird rauer«, so Kristoffer Cornils. Der Berliner Journalist hat sich zuletzt ausgiebig mit der »Vinylkrise« auseinandergesetzt und meint: »Die für die Vinylkrise des Jahres 2021 vermeintlich Schuldigen werden identifiziert und an den Pranger gestellt. Wahlweise konzentriert sich die Wut auf Kampagnen wie den Record Store Day, der

über die vergangenen Jahre Pressrhythmen durcheinandergebracht hat. Oder es wird auf die Majors geschimpft. Und natürlich wird die Schuld auch auf die Presswerke geschoben.« Schließlich würden sie große Kund*innen mit größeren Auflagen bevorzugen, weil sich mit ihnen das meiste Geld machen ließe, so Cornils. Und: Vinyl werde für kleinere Labels und Künstler*innen mittelfristig keine rettende Einnahmequelle mehr sein. Keine guten Aussichten für Artists, die der Schallplatte über die Jahre die Treue hielten, während sich große Firmen ins gemachte Geschäft legen. Jack White wendet sich deshalb in seinem Video an Sony, Universal und Warner, seine »kollegialen Brüder in der Musikwelt«, um sie mit einer Forderung zu konfrontieren: »Baut den bedauerlichen Rückstand ab und stellt selbst Ressourcen für den Bau von Presswerken bereit.« Wir werden sehen, was Christoph Benkeser sie davon halten.

Die dreiteilige Artikelserie zur Vinylkrise von Kristoffer Cornils und Thaddeus Herrmann findet sich unter www.dj-lab.de. Jack Whites Lagebericht trägt auf Youtube den Titel »A Plea to the Three Global Major Labels from Jack White«.

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Außerdem lässt sich Vinyl im Vergleich zu einem File auf einem USB-Stick tatsächlich angreifen – und damit herzeigen. Wenn es darum geht, die Instagrammability zu fördern, ist Materialität kein Nachteil. Das weiß auch Lucas Farr. Der Wiener Produzent veröffentlicht auf internationalen Labels wie Lobster Theremin aus London oder Out of Sorts aus Bristol. Auf den Release seiner letzten Platte wartet er inzwischen fast ein Dreivierteljahr. Die Situation mit den Presswerken sei zum Kotzen. Große Plattenfirmen ließen »das ›Lion King‹-Musical in dreihunderttausendfacher Auflage produzieren, die dann weltweit in den Läden stehen soll«. Als kleines Label mit 200er-Auflagen habe man dadurch keine Chance. Dabei sei der Markt dafür da. »Baut’s Plattenpressen, das kann doch nicht so schwer sein«, so Farr. Tatsächlich gibt es weltweit nur ungefähr 100 Presswerke für die Vinyl-Produktion. Die genaue Zahl lässt sich nicht festmachen. Allerdings wird vermutet, dass nur ein Zehntel davon – die meisten innerhalb Europas – die Kapazitäten für große Aufträge habe. Wenn mittlerweile sogar Superstars wie Taylor Swift, Ed Sheeran oder Adele mehrere Monate auf die Veröffentlichung ihres

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Die Antwort liegt auf der Hand: ja. EntscheiIch bekenne: Ich halte das für vertretbar dend ist allerdings die Frage, wie viel Fleisch – mit der ultimativen Einschränkung, dass die wir in Zukunft noch essen werden. Oder an- Tiere davor gut gelebt haben, würdevoll beders: Um wie viel weniger Fleisch wir in Zukunft handelt und keinesfalls gequält wurden. Diese werden essen müssen. Und natürlich: Welches Haltung mag man belächeln, vielleicht sogar Fleisch das sein wird. ———— Derzeit essen wir als zynisch erachten. Auch dann bleibt aber jedenfalls viel zu viel Fleisch, sowohl welt- ein Dilemma: Ganz pflanzlich – also völlig weit, als auch in Österreich. 62,6 Kilogramm vegan – ließe sich eine Weltbevölkerung von bald 10 Milliarden Menschen nicht ernähren. Fleisch und Wurstware sind es pro Jahr und Kopf hierzulande. Männer kommen mit wö- Das liegt allein daran, dass ein Gutteil der chentlich 900 bis 1.320 Gramm auf Fläche, die wir landwirtschaftlich nutzen können – Steppen, Savannen, einiges mehr als Frauen, bei denen es zwischen 483 bis 546 Gramm sind. in unseren Breiten Almen und auch Das ist schlecht für die Gesundheit. das sogenannte »Dauergrünland« Was man – mal abgesehen von den in niedrigen Lagen – nicht für den Folgen fürs Gesundheitssystem – Anbau von Gemüse, Obst und dergleichen verwendet werden können. noch für ein individuelles Problem Thomas Weber halten könnte. Gras und Heu wiederum können In dieser Quantität ist unsere Fleisches- wir nicht direkt verdauen, sondern nur über lust aber vor allem ein Problem von globaler den Umweg daran angepasster Wiederkäuer Brisanz. Denn alles, was über wöchentlich (Rinder, Schafe, Ziegen) nutzen. Wir spre300 Gramm Fleisch hinausgeht, geht klar auf chen von Milch, Käse, Fleisch, letztlich auch Kosten unserer Lebensgrundlage. Methan Leder, Wolle, Horn. Außerdem ist zumindest aus Rindermägen, für Kraftfutteranbau gero- umstritten, ob Böden ohne Beweidung und tierischen Dünger auf Dauer – also über Jahrdete Regenwälder – haben wir alle schon zig Mal gehört. 300 Gramm Fleisch pro Woche zehnte genutzt – überhaupt fruchtbar bleiben aber – das macht aufs Jahr umgelegt etwas oder verarmen würden. mehr als 15 Kilogramm – können wir ohne Überhaupt nicht wurst? schlechtes Gewissen essen. Das hat die internationale EAT-Lancet-Kommission 2019 Was wir aus diesem Wissen aber jedenfalls in ihrer »Planetary Health Diet« publiziert. ableiten können: Wir sollten eher Rind esGuten Gewissens essen können wir diese sen – und weniger Schwein und Geflügel. 15 Kilogramm aber selbstverständlich nur, Und Rindfleisch sollte vor allem von Tiewenn wir es prinzipiell für vertretbar halten, ren stammen, die auch wirklich vor allem dass für unsere Ernährung Tiere geschlach- Heu und Gras gefressen haben, und nicht tet werden. – wie Schweine und Hühner – Getreide, das

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der Mensch auch direkt verwerten könnte. Mit wöchentlich maximal 300 Gramm Bio-Rindfleisch liegen wir also nicht falsch. Und wem der Verzicht auf Schwein schwerfällt, der greift am besten zu Wildbret vom Wildschwein. Das Wildschwein profitiert als sogenannter Kulturfolger stark von der menschgemachten Kulturlandschaft und den milden Wintern. Wahrscheinlich ist es einer der größten Profiteure des Klimawandels. Wird es nicht reguliert (das heißt: bejagt) verwüstet es auch die Äcker, auf denen der Dinkel für vegane Dinkeldrinks oder der Kukuruz für pflanzliche Maiswaffeln wächst. Ja, natürlich: Cultured Meat – also in Zellkulturen im Bioreaktor gewachsenes »Laborfleisch« – wird außerhalb Europas bald eine Rolle spielen. In Europa sind die Behörden vorerst zurückhaltend mit Zulassungen. Der Gedanke ist durchaus reizvoll: Fleisch, für das kein Tier sterben musste. Ökologischer als herkömmliches Fleisch wird Cultured Meat derzeitigen Berechnungen zufolge aber nicht sein; eher im Gegenteil. Unser globales Problem dürfte es also eher nicht lösen. Und resilienter und weniger störungsanfällig macht es unser Ernährungssystem auch eher nicht, wenn ein Teil unserer Proteine aus energieintensiven Fabriken kommt. Thomas Weber

Thomas Weber ist Herausgeber des Magazins Biorama und empfiehlt die Bücher »Wie die Schweine« von Augustina Batzerrica sowie »Alle satt? Ernährung sichern für 10 Milliarden Menschen« von Urs Niggli.

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Werden wir in Zukunft noch Fleisch essen?

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Ein Vierteljahrhundert Popkultur – und wir feiern mit: P O M M E · D I V E S · JA, PA N I K SOPHIE HUNGER · ÓLAFUR ARNALDS M O O P M A M A · M E U T E · PI PPA · Z A Z MIRA LU KOVACS & SOPHIE LINDINGER VO O D O O J Ü RG E N S & D I E A N SA PA N I E R BIBIZA · BRANDT BRAUER FRICK · CULK B U N T S P E C H T · PAU L S J E T S · AV E C MARTIN KLEIN · JOEP BEVING U .V. M .

Weitere Informationen und Tickets: konzerthaus.at

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Das Wiener Konzerthaus gratuliert The Gap zum 25. Geburtstag!

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Verantwortungslose Freiheit Wohin dieser Fokus auf positive Freiheit führt, ist jedoch keine freie Wissenschaft, keine freie Kunst, keine freie Gesellschaft. Es ist eine verantwortungslose. Denn die Voraussetzungen für positive Freiheiten sind negative. Nur wer nicht damit rechnen muss, mit Gewalt und Hass konfrontiert zu werden, kann seine Kunst frei entfalten. Nur wessen Lebensgrundlagen

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gesichert sind, kann sich voll auf die Ausübung der Kunst konzentrieren. Eine tatsächlich freie Kunst bräuchte also eine freie Gesellschaft. Eine Gesellschaft, die frei von Zwängen, frei von Unterdrückung, frei von Gewalt ist. Diese freie Gesellschaft ist aber nicht nur Voraussetzung der freien Kunst, sie ist auch ihre Verantwortung. Denn eine freie Kunst allein ist zu wenig. Kunst formt Wahrnehmung, sie beeinflusst Gesellschaften, sie schafft Wirklichkeiten. Künstler*innen sind für die Gesellschaft, in der sie leben und arbeiten, mitverantwortlich. Das gilt für uns alle. Aber insbesondere in Hinblick auf das erhöhte Potenzial an Reichweite, Popularität und affektiver Kraft von Künstler*innen und ihrer Arbeit. Statt nur von einer »freien Kunst«, sollten wir also von einer »befreienden Kunst« sprechen. Eine Kunst, die die Künstler*innen befreit, die ihre Seher*innen, Hörer*innen, Leser*innen und so weiter befreit. Eine Kunst, die mithilft die Gesellschaft zu befreien. Solch eine Kunst muss sich ihrer Wirkung auf die Gesellschaft bewusst sein. Sie muss wissen, wer ihre Akteur*innen sind, wer sprechen kann, wer sprechen darf und wer nicht. Sie muss auch wissen, dass nicht alles gesagt, gezeichnet und gesungen werden muss. Dass es Grenzen gibt, dass es für den eigenen künstlerischen Fußabdruck eine Verantwortlichkeit gibt. Eine befreiende Kunst ist eine Kunst, die Rücksicht nimmt, die sensibel ist. Aber es ist auch eine Kunst, die radikal ist, die sich nicht scheut, am Umbau zu einer besseren Gesellschaft mitzuwirken. Eine befreiende Kunst ist eine Kunst, die ihre negativen Freiheiten stärkt und ihre positiven nutzt. Im besten Fall hilft Kunstfreiheit so dabei, uns alle ein Stück weit Bernhard Frena freier zu machen.

Wer sich für Kulturkämpfe rund um Begriffe interessiert, der*dem sei auch unser Artikel »Mikropolitik der Emanzipation: ›Cancel Culture‹ als konservative Propaganda« empfohlen, zu finden auf www.thegap.at.

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oft ein Spannungsfeld herrscht, ist augenscheinlich. Außerdem deutet sich in diesen tendenziösen Beispielen schon an, wie der Freiheitsbegriff von Konservativ-Rechten dabei häufig im Bereich der positiven Freiheiten verweilt. Dies gilt im Übrigen nicht nur für die Kunstfreiheit. Meinungsfreiheit, Wissenschaftsfreiheit, kapitalistische Freiheit – all diese werden im reaktionären Diskurs zumeist über positive Freiheiten definiert. Freiheit ist, tun zu können, was man will. Zu handeln ohne Einschränkung, ohne (staatliche) Intervention. Sich selbst verantwortlich zu sein.

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Denn sobald es ans Beantworten dieser Fragen geht, tun sich die Diskrepanzen in den politischen Lagern auf. Die Rechte sieht einen ständigen Angriff durch politische Korrektheit, Wokeness und Cancel Culture. Die Linke sieht einen Mangel an Freiheit, wer Kunst machen darf, welche Kunst gemacht wird und wie davon gelebt werden kann. Für die (imaginierte) Mitte gilt oftmals nur die Hochkultur als Kunst und alles andere ist bedeutungslose Belustigung. In diesen Grabenkämpfen wird Kunstfreiheit von allen Seiten als Schild vorneweg getragen. Der Freiheitsbegriff ist biegund duldsam, mit ihm lässt sich viel machen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass er zumindest zwei Formen von Freiheiten in sich vereint, die nicht immer vereinbar sind: negative Freiheiten und positive Freiheiten. Negative Freiheiten sind Freiheiten von. Freiheit von Gewalt beispielsweise. Oder Freiheit von politischer Verfolgung. Positive Freiheiten sind Freiheiten zu. Freiheit, transphobe Texte zu schreiben etwa. Oder Freiheit, Swastikas auf Hauswände zu malen. Das zwischen diesen beiden Formen von Freiheit

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Kunstfreiheit zwischen den Lagern

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Kunstfreiheit ist ein Lieblings-Buzzword der Feuilletons. Was genau damit gemeint ist, ändert sich aber von Kommentar zu Kommentar, von Forderung zu Forderung. Eine Einordnung, was Kunstfreiheit eigentlich ausmacht und warum Kunstfreiheit allein zu wenig ist. ———— Die Wiener Secession hatte sich die Kunstfreiheit nicht nur auf die Fahnen, sondern auf das Gebäude geschrieben: »Der Zeit ihre Kunst. Der Kunst ihre Freiheit.« Für den Diskurs um Kunstfreiheit ist dieses Motto zum Stehsatz in Österreich geworden. Kunstfreiheit scheint eine jener unumstößlichen Freiheiten zu sein, welche im Prinzip überall auf zustimmendes Nicken stoßen. Doch wessen Freiheit ist hier gemeint? Freiheit wozu? Und Freiheit wovon? So knapp und prägnant das Motto der Secession ist, so schwammig und unklar sind seine Konturen.

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Wen befreit die Freiheit der Kunst?

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Universal Music Austria gratuliert herzlich zu 25 erfolgreichen Jahren & großartigen Leistungen in der Musikszene

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Erlebnisse wie »Resident Evil Biohazard« in First Person und VR brennen sich unvergesslich in die Erinnerung ein. Auch mit VR-Brillen – singulär oder als Extension des Handys – lassen sich beeindruckende Erfahrungen machen. Aber wenn man 4K-HDR-Grafik stundenlang bequem am 65-Zöller oder gar am Beamer erleben kann, warum sollte man sich dann ein Gerät über den Kopf stülpen? Technologien wie AR und VR werden oft misstrauisch beäugt. Johanna Pirker von der Uni Graz im Gespräch.

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Obwohl im Handel und der Industrie AR und VR gut angenommen und immer häufiger eingesetzt werden, ist die Akzeptanz beim Gamer noch verhalten. Woran liegt das? Ich weiß nicht, ob ich das so sehen würde, aber ich glaube, das sind dann die wirklich klassischen Gamer, die Core-Gamer, die wirklich traditionell am Computer klassische Computerspiele spielen. Aber grundsätzlich sieht man schon auch in der &-Run-Spiele oder MMORPG für VR inteGames-Industrie den steigenden Einsatz von VR-Technologien. Spannend war ja zum ressant zu machen? Beispiel »Half-Life«, das wirklich extra für Das sehe ich genau nicht so. Mir wird beispielsweise leicht schlecht in Virtual ReVirtual Reality entwickelt wurde. Und ich würde schon glauben, dass auch VR-Games, ality. Das heißt, wenn du mich in ein Flugauch die, die aktuell besonders populär sind, oder eine Rennsimulation in VR setzt, wird ein ganz eigenes Genre bilden könmir schlecht, weil die Bewegung in nen. Das ist genauso wie mit Mobile Virtuality nicht mit der Bewegung Games. Für sich hat das ein eigenes im realen Leben übereinstimmt. Publikum – und Ähnliches sehe ich Spiele wie »Beat Saber«, bei dem auch bei Virtual-Reality-Games. Im man steht und Tanzbewegungen besten Fall ist ein VR-Game ja nicht durchführt, sind die Spiele, die auch für mich und andere Menschen gut nur eine Abbildung von einem Spiel Johanna Pirker eins zu eins in einem klassischen funktionieren, denen leicht schlecht oder schwindlig wird in der Virtual RealiRaum mit einer VR-Brille. Da können ganz andere Arten von Erfahrungen, ganz andere ty. Ich sehe das Spiel-Potenzial von VR vor allem auch in Erfahrungen, bei denen wir Arten von Spielen entwickelt werden. nicht einfach klassisches Gaming nachbauVR funktioniert bei Games nach wie vor en. Also, wenn man wirklich diesen Virtualam besten mit Flug- bzw. Rennsimulatio- Reality-Raum nutzt, ich mit der Umgebung nen und First-Person-Shootern. Welche interagiere, mich im Raum bewege, links Lösungen vor allem beim User-Interface, und rechts schaue. Ich kann in die Hocke gewären sinnvoll, um beispielsweise Jump- hen. Ich kann da vielleicht Puzzleteile sehen.

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Auch Escape-Rooms funktionieren da ganz gut. In puncto Second Screen und/oder AR-Funktionalität hat man, siehe PSP, Wii U oder Handy, bisher bei praktisch allen Gamer*innen auf Granit gebissen. Sind Technologien in Entwicklung, die daran in Zukunft etwas ändern könnten? Es ist entscheidend, welches Interface man für welches Spiel verwendet. Wie zum Beispiel die Wii U oder Augmented Reality. Ähnlich wie vorher bei VR: dass man das auch für das Spieledesign nutzt. Natürlich muss man das Spielprinzip an die Technologie anpassen. Das kann nicht funktionieren, wenn ich einfach sage: »Ich habe zwar neue Möglichkeiten, aber ich mache nichts damit.« Das muss wirklich etwas sein, das einen Mehrwert liefert. Auch beim Handy haben wir das gesehen: Ab dem Zeitpunkt, wo der Fokus auf Touch-Capabilities so viel leichter war – Swipen, Reinzoomen –, musste mit diesen Möglichkeiten gearbeitet werden. Wenn ich eins zu eins ein ähnliches FPS-Game aufs Handy portieren würde, mit den gleichen Controls, ohne irgendeinen Mehrwert – warum sollte ich das auf dem kleinen Screen spielen? Wenn ich doch die Möglichkeit habe, auf einem großen Screen viel leichter zu spielen. Wir müssen überlegen: Welche Arten von Spielen eignen sich dafür? Gibt’s neue Arten von Spielen, die für diese Technologien geeignet sind? Und wenn ich wirklich ein anderes Spiel adaptieren möchte: Was wäre der Mehrwert, mit der neuen Technologie zu spielen? Ich glaube, es ist egal, ob wir da jetzt von AR, VR oder anderen alternativen Formen von Input und Markus Höller Output und Devices reden.

Johanna Pirker ist Spezialistin und inter­ national anerkannte Expertin für Computer­ spiele, Augmented Reality und Virtual Reality sowie Initiatorin und Direktorin der Game Dev Days Graz.

Lukas Weidinger, Foto Furgler

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Wie entwickelt sich Gaming durch Virtual und Augmented Reality?

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HAPPY BIRTHDAY THE GAP

Dose leer? Einfach recyclen.

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Zum einen gibt es das, was man eine akute Diese leiden ganz besonders, weil sie Belastungsreaktion nennt – sich wie betäubt sich in einer Phase befinden, in der ihnen die zu fühlen, eine Unfähigkeit, Reize zu verar- Außenwelt eigentlich die nötige Stabilität beiten. Und zum anderen die posttrauma- geben sollte, bis sie selbst ausreichend unabhängig sind. In Kriegszeiten ist das tische Belastungsstörung. Sie kann natürlich schwierig. Neben latenten Monate, sogar Jahre dauern. Betroffene empfinden dabei eine GleichgülDepressionen kann das dazu führen, tigkeit gegenüber anderen Menschen, dass sie die Aggressivität des Krieges eine Teilnahmslosigkeit und Freudloquasi aufsaugen und dadurch selbst sigkeit. Man hat auch immer wieder ein unpassendes Sozialverhalten Flashbacks. Des Weiteren leiden oder ein anderes Moralverständnis Nataliya Geflüchtete etwa unter Anpassungsentwickeln. Tereshchenko störungen. In der Psychoanalyse sagt man, dass sie noch einmal eine Separation er- Wie geht man allgemein am besten mit krileben und in der für sie fremden Kultur eine senhaften Situationen um? neue Identität entwickeln müssen. Das geht Das ist eine sehr komplexe Frage. In jeoft mit Depressionen einher. der Krise ist es wichtig, für sich Anker zu finden, die Stabilität und Sicherheit geben. Es Wie kann in solchen Fällen geholfen wer- ist auch wichtig, sich ein realistisches Bild den? zu machen und zu verstehen, was man selbst Für Personen, die geflüchtet oder migriert für sein Wohlbefinden tun kann; und wenn sind, ist es wichtig, Anker zu finden, die ih- man genug Ressourcen hat: was man andenen eine gewisse Stabilität geben. Das können ren Menschen anbieten kann. In Krisenzeizum Beispiel Personen sein, die sich in einer ten ist es gut, Kontakte zu pflegen, um über ähnlichen Situation befinden. Es ist auch schwierige Themen sprechen zu können. So wichtig, ihnen zu zeigen, dass die Gesellschaft entwickelt sich ein Gefühl, dass man nicht sie unterstützt. Etwa indem man mit ihnen in alleine ist. Dass es andere gibt, die Ähnliches Kontakt tritt, Interesse zeigt für das, was sie durchmachen. durchgemacht haben. Indem man ihnen eine Manuel Fronhofer gewisse Sicherheit anbietet. Außerdem ist es Nataliya Tereshchenko hat an der Sigmund wichtig, dass sie ihre Trauer verarbeiten, dass sie dieses Gefühl auch zulassen und sich er- Freud Privatuniversität studiert und als Psycho­therapeutin in Wien gearbeitet. Ihren lauben, traurig zu sein. Plan, zurück in der Ukraine eine Praxis zu eröffnen, unterband der Angriffskrieg RussWie wirken sich solche Belastungen auf lands, der sie im Februar zur Flucht zwang. jüngere Generationen aus?

Lukas Weidinger, Nataliya Tereshchenko

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Du hast zuvor deine persönlichen Erfahrungen geschildert. Aus Sicht der Psychotherapeutin: Welcher Auswirkungen haben Krieg und Flucht auf den Menschen?

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Willst du in die Ukraine zurückkehren, sobald dies wieder möglich ist? Ich plane, so lange hier zu bleiben, wie es wegen des Krieges nötig ist. Aber wie alle anderen Geflüchteten möchte ich in die Ukraine zurückkehren. Wir haben ein sehr schönes Land, das reich an Möglichkeiten ist, was die Karriere oder Kunst und Kultur betrifft. Und auch im IT-Bereich ist die Ukraine sehr fortschrittlich, bei uns wurden etwa die ersten digitalen Pässe der Welt eingeführt.

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Wie hast du die Wochen seit deiner Flucht erlebt? Ich bin noch immer in einem Schockzustand, in einem Zustand des Betäubtseins und der Desorientierung. Es ist sehr schwer für mich, überhaupt irgendetwas zu tun. Als Psychotherapeutin weiß ich aber, dass das nur ein Gefühl ist, eine Art Schutzmechanismus. Ich muss jetzt hier in Österreich wieder eine gewisse Sicherheit für mich aufbauen, noch einmal neu beginnen. Ich wollte ja in Kyjiw eine Praxis eröffnen und hatte mein Leben hier eigentlich schon abgeschlossen.

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Wie hast du die Entwicklungen vor Kriegsbeginn in Ukraine erlebt? Hat sich für dich die Notwendigkeit einer Flucht abgezeichnet? Wir haben die Situation verleugnet und nicht gedacht, dass die Lage auch rund um Kyjiw eskalieren würde. Dass im Osten seit 2014 Krieg herrscht, daran haben wir uns ein bisschen gewöhnt. Dass auch Städte im Westen der Ukraine betroffen sein würden, hat aber niemand erwartet. Als ich dann am ersten Tag der Invasion realisiert habe, dass die Bomben überall sind, habe ich keine andere Wahl mehr gehabt als zu fliehen.

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Nataliya Tereshchenko ist Psychotherapeutin und Psychoanalytikerin sowie Mitglied und ehemalige Mitarbeiterin des Europäischen Verbandes für Psychotherapie. Nach neun Jahren Ausbildung und Arbeit in Wien kehrte sie letzten Dezember zurück in ihre Heimat, die Ukraine, um sich dort ein Leben aufzubauen. Drei Monate später zwang sie die Invasion der russischen Armee zur Flucht.

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Wie ist es, vor einem Krieg fliehen zu müssen?

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Courtesy Ai Weiwei Studio, Foto © Gao Yuan

HAPPY BIRTHDAY THE GAP!

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Ein viel diskutiertes Thema der letzten Jahrzehnte ist der öffentliche Raum, vor allem im urbanen Gefüge. Sabine Knierbein, leitende Professorin des Interdisciplinary Centre for Urban Culture and Public Space an der TU Wien, über die vielschichtigen Perspektiven und Herausforderungen, die uns als Gesellschaft in Zukunft im Kontext des öffentlichen Raumes beschäftigen werden. Eingangs eine allgemeine Frage: Welche Rolle spielt der öffentliche Raum für eine Gesellschaft? In Bezug auf den öffentlichen Raum finde ich es sinnvoller vom Partikularen ins Generelle zu gehen und nicht umgekehrt, weil das Thema so weitläufig ist. Und ich würde die Frage nach dem öffentlichen Raum auch in den Zusammenhang von Stadtkultur setzen. In meinem Verständnis ist die Basis, die beide Themen verbindet, das Alltagsleben in den Städten und die unterschiedlichen kulturellen Praktiken, die daraus entstehen. Außerdem sollte vielleicht besser von den öffentlichen Räumen gesprochen werden. Viele Forschende bestehen schon länger auf diese Benennung im Plural, weil die Räume so vielseitig und viele Lesarten möglich sind. Unsere Wahrnehmung hängt stark damit zusammen, wo wir in der Gesellschaft stehen, welche Erfahrungen und welche Interessen wir haben – und auch damit, aus welcher Disziplin wir die öffentlichen Räume verstehen möchten.

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Wie ist das Verhältnis von öffentlichen Welche Entwicklungen haben dazu geführt? Räumen und ihrer Nutzung? In den letz- Und wie kann mittels öffentlichem Raum ten Jahren wurde ja viel zur Relevanz öf- ein Gegengewicht zu diesen gesellschaftlichen Tendenzen geschaffen werden? fentlicher (Frei-)Räume diskutiert, sei es Wir befinden uns in der Klimakrise, Krieg deren Verbauung oder Aneignung durch verschiedenste Gruppen. und Pandemie umgeben uns; wir erinnern uns Ich würde nicht sagen, dass sich die an die Refugee-Bewegungen der letzten Jahre und an das Aufkommen autoritärer Politikstiöffentlichen Räume akut im Niedergang le, siehe Bolsonaro oder Trump. Die urbanen befinden. Seit der Covid-Pandemie hat das Thema neue Aufmerksamkeit erfah- Situationen stehen schon immer in einem Spannungsverhältnis zwischen Festigen ren, aber diese Transformationsprozesse und Aufbrechen, aber in den letzten Jahren sind allen, die sich schon länger mit dem Thema befassen, seit rund drei Jahrzehnten ist dieses Verhältnis stark in eine Richtung bewusst. Viele urbane Facetten treten zwar gekippt. Das gesellschaftliche Phänomen im öffentlichen Raum zutage, aber die Phä- der Individualisierung – anders als ein klasnomene dahinter sind in der ganzen Gesell- senbasiertes Verständnis von Gesellschaft schaft zu finden. Damit meine ich – produziert Druck zur Aneignung zum Beispiel Trends wie Individudes öffentlichen Raumes, und das ist alisierung und De-Kollektivierung. einer der Gründe, warum bestimmte Was dazu führt, dass IdentitätspoGruppen noch schneller mit ihren Anliegen auf der Straße protestieren. litiken präsenter sind und die BeDie öffentlichen Räume werden also anspruchung von Raum als identitätsstiftendes Moment wichtiger Sabine Knierbein umkämpfter. Dies kann auch Potenwird. Aktuell ist die Aneignung des ziale für Demokratisierung bieten, öffentlichen Raumes also nicht mehr au- aber nur, wenn gewisse Grundwerte wie Respekt oder Unversehrtheit beachtet und geteilt tomatisch eine Form der Kollektivierung, sondern plötzlich ebenso Teil der Indi- werden. Ansonsten drohen populistische, autoritäre und gewaltvolle Praktiken Überhand vidualisierung – so absurd das klingt. Für zu nehmen. Ich finde es daher essenziell, das lange Zeit bestanden auch relativ stabile und zuordenbare Öffentlichkeiten, die mit Thema der Gewaltfreiheit wieder präsent zu Protesten sichtbar waren, doch das bricht machen. Denn Gewaltausübung findet überall statt, sei es vom Staat aus oder gegen den langsam auseinander und formiert sich in neuen Formen von »publics«. Staat, zwischen Gruppen oder auch zu Hause,

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Wem gehört der öffentliche Raum?

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Stichwort Femizide. Die öffentlichen Räume sind Orte, um Formen des respektvollen Umgangs auszuhandeln und Varianten der NonViolence zu trainieren. Viele dieser Punkte betreffen die Art und Weise, wie öffentliche Räume genutzt werden. Aber wie äußern sich aktuelle Tendenzen im baulichen Sinne? Wird beispielsweise die aktivistische Nutzung des öffentlichen Raumes stadtplanerisch eingeschränkt? Natürlich gibt es Backlashes in diese Richtung. Wir haben dazu auch Studien gemacht, die im Buch »City Unsilenced« beschrieben sind. Nach den Bewegungen wie den Indignados Movements, Occupy Wallstreet oder den Gezi-Park-Protesten wurden öffentliche Räume mancherorts umgeplant und für Demonstrationen weniger zugänglicher gemacht. Dies ist aber keine neue Vorgehensweise, sondern war schon zur Zeit des Wiener Ringstraßenbaus Teil der Stadtplanung. Nicht ohne Grund gibt es keinen großen Platz direkt vor der Universität Wien und der Ring ist nicht rund, sondern mehreckig-geradlinig, um Studentenprotesten keinen Raum zu bieten und um militärische Kontrolle von Protesten zu ermöglichen. Heute passiert viel Stadtplanung an den Stadträndern, wo viele Menschen wohnen. Hier entstehen auch Parks und viel öffentliche Räume, die allerdings oft standortpolitisch gedacht werden und zur Aufwertung der Wohnungen dienen. Zwar wird immer wieder der Alltagskultur oder dem nachbarschaftlichen Austausch Raum gegeben, aber die politische Dimension des Austausches oder die Förderung von Demokratisierungsprozessen kommt dabei zu kurz. Viele Kommunen berichten von Problemen mit der Inanspruchnahme des öffentlichen Raumes durch nichtdemokratische Gruppen. Deshalb bräuchte es verstärkt wieder den (Bildungs-)Auftrag an

die Kommunen, die politische Teilhabe und demokratische Nutzungen zu fördern. Wo siehst du Ansatzpunkte, um das angesprochene Spannungsverhältnis in Gesellschaft und öffentlichem Raum wieder zu verschieben? Der Transformationsdruck und der Druck auf das Alltagsleben ist in den letzten Jahrzehnten tatsächlich massiv gestiegen und wird mit jeder Krise verstärkt. Das wird sich auch im öffentlichen Raum durch stärker ausgetragene Antagonismen zeigen. Verbal ist dies bereits spürbar, in ganz alltäglichen Situationen. Oder in der digitalen Welt, die zu einem bedeutenden Austragungsort von Gewalt geworden ist. Diese Verrohung auf der sprachlichen Ebene, in der Öffentlichkeit, im Alltag, ist der erste Schritt zu anderen Formen von Verrohung, die sich in politischer Gewalt ausdrücken. Hier müssen wir versuchen, möglichst früh anzusetzen, und diese Kette von Verrohungen stoppen. Ich denke, die Kommunen, aber auch beispielsweise Kulturveranstalter*innen, die im öffentlichen Raum arbeiten, müssen diese Entwicklungen sehr ernst nehmen und Programme darauf fokussieren, Teilhabe zu ermöglichen. Kulturelle Institutionen erwähne ich deshalb, weil sie starke Auswirkungen auf das soziale und politische Leben in ihrem Umfeld und somit auch auf die Öffentlichkeit im Allgemeinen haben können. Magdalena Augustin

Seit Dezember 2008 ist Sabine Knierbein mit der inhaltlichen Entwicklung des Forschungsbereichs Stadtkultur und öffentlicher Raum an der Technischen Universität Wien sowie mit der akademischen Netzwerkbildung auf internationaler Ebene betraut. Ihre Schwerpunkte in Lehre und Forschung liegen neben methodischen Fragen vor allem auf sozialen, kulturellen und politischen Dimensionen der Urbanisierung im Kontext des urbanen Alltagslebens und des gelebten Raumes.

»Das gesellschaftliche Phänomen der Indivi­dua­lisierung produziert Druck zur Aneignung des öffentlichen Raumes.« — Sabine Knierbein

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Die Klimakrise ist eine der größten globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts – und längst auch in Österreich spürbar, etwa in Form von Waldbränden oder der gestiegenen Hochwassergefahr. Absichtserklärungen gibt es viele, am konkreten Handeln scheitert es hingegen oft. Nicht nur in der Politik. Wie man Menschen zu nachhaltigem Handeln bewegen kann, weiß die Umweltpsychologin Isabella Uhl-Hädicke. Es gibt viele Ansätze, wie sich der ökologische Fußabdruck verringern ließe. Um den Titel deines Buchs zu zitieren: »Warum machen wir es nicht einfach?« Das hat viele Gründe. Es liegt einerseits an der Natur der Klimakrise. Sie ist schwer greifbar, irgendwie diffus. Sie wurde nicht von einem punktuellen Ereignis ausgelöst und es ist leider auch nicht so, dass wir sagen können, sie wird am 13. Mai 2025 vorbei sein, wenn wir folgende fünf Handlungen setzen. Zum anderen: Wir spüren zwar schon Konsequenzen, aber der Leidensdruck ist noch nicht so groß, dass er etwas auslösen würde. Und der dritte Punkt, den ich nennen möchte: Es gibt natürlich Ideen, wie man der Klimakrise begegnen kann, aber die Sache ist sehr komplex und betrifft viele Bereiche. Und selbst wenn man jetzt als Einzelperson alles umstellt, zeigen sich nicht sofort Konsequenzen des eigenen Handelns. Das Erleben von Konsequenzen ist es aber, was unser Handeln steuert. Du schreibst in deinem Buch, dass schon die Auseinandersetzung mit Umweltschutz und Klimakrise einen inneren Zwiespalt auslöst, eine kognitive Dissonanz. Wie äußert sich dieses Phänomen? Damit ist die Diskrepanz gemeint zwischen Wissen und Handeln. Also wir wissen

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eigentlich, was zu tun wäre – aber Vergleich zur Nachbarschaft liegen. Genau diese letzte Gruppe hat ihren handeln wir auch entsprechend? Energieverbrauch dann am stärksWenn wir diese Diskrepanz wahrnehmen, löst das in uns, salopp geten reduziert. Da passiert vieles sagt, ein ungutes Gefühl aus, eine unbewusst. Wir sind halt wirklich weit davon entfernt, rationale Wekognitive Dissonanz. Wenn man Isabella sen zu sein. Es geht darum, was man die Information erhält, dass das eiUhl-Hädicke für »normal« hält. Wenn man sich gene Verhalten schlecht fürs Klima ist, muss man mit dieser Diskrepanz irgend- zum Beispiel anschaut, wie viel mehr Platz Fleischgerichte auf Speisekarten haben im wie umgehen. Viele versuchen dann sich zu Vergleich zu vegetarischen Speisen. Das sirechtfertigen, indem sie die Informationen herunterspielen oder Ausreden finden, um ihr gnalisiert uns: Fleisch zu essen ist normal. Gewissen zu erleichtern. Oder indem sie die Quelle der Information infrage stellen, bei- Wie antwortest du auf die Frage, ob Einspielsweise wenn sie Greta Thunberg dafür zelpersonen überhaupt etwas bewegen kritisieren, etwas in Plastik Verpacktes geges- können? sen zu haben. Es hilft den Menschen zu sagen: Es braucht natürlich Handlungen auf »So perfekt, wie die tut, ist sie gar nicht.« politischer Ebene und auf wirtschaftlicher Ebene. Aber ich finde es wichtig, dass man Welche Strategien und Ansätze gibt es, auch als Einzelperson die Verantwortung Menschen dazu zu bringen, sich nachhal- annimmt, sich auch vor Augen führt, dass tig zu verhalten? man etwas verändern kann. Wir alle können Als Psychologin bin ich stark bei den in unserem Umfeld Denkprozesse anstoßen. Wenn ich in die Arbeit komme und meinen menschlichen, bei den psychologischen Einflussfaktoren, aber es ist mir wichtig zu Fahrradhelm auf den Tisch lege oder fürs sagen: Ohne politische Rahmenbedingun- Mittagessen mein eigenes vegetarisches Esgen, ohne Infrastruktur wird es nicht gehen. sen mitbringe, dann sind das Hinweisreize, die zeigen, was möglich ist. Natürlich ändert Wie ist das Steuersystem gestaltet? Wie das sich nichts von heute auf morgen – und ich Mobilitätssystem? Was die psychologischen Faktoren betrifft, so beeinflusst uns vor al- versteh total, dass das frustrierend sein kann. lem unser Umfeld – man nennt das die so- Aber: Was wäre die Alternative? Man muss zialen Normen. Ein Beispiel: In einer Studie dranbleiben und alles tun, was in der eigenen wurde versucht Strategien zu entwickeln, Macht steht. Manuel Fronhofer die Leute dazu zu motivieren, ihren Energieverbrauch zu senken. Einer Gruppe hat Isabella Uhl-Hädicke ist Umweltpsychologin man Infos gegeben, wie viel Geld sie sich durch ihr Handeln ersparen, einer anderen, an der Universität Salzburg. Vor Kurzem ist ihr Buch »Warum machen wir es nicht einfach? wie positiv die Reduktion ihres Verbrauchs für die Umwelt ist. Und einer dritten wur- – Die Psychologie der Klimakrise« im Molden Verlag erschienen. de gesagt, wo sie mit ihrem Verbrauch im

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Wie bringt man Menschen dazu, nachhaltig zu handeln?

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klusion, indem es Menschen mit Beeinträchtigungen in den Werkstätten unterbringt. Aus ihnen herauszukommen, ist sehr schwierig. Ich würde gerne auf dem ersten Arbeitsmarkt als Journalist arbeiten. Ich würde es gut finden, wenn im Hörfunk, im Fernsehen und in Zeitschriften mehr über das Thema Inklusion und Teilhabe gesprochen würde. Dadurch würden auch Menschen mit Einschränkungen mehr beachtet werden. Dann hätten wir auch eine Stimme in der Gesellschaft.

Vor- und Nachteile

kehren kann. Denn wir haben dort nur ein arbeitnehmerähnliches Rechtsverhältnis. Also keine Leistungsverpflichtungen und einen erhöhten Kündigungsschutz. Die negative Seite: Weil wir Menschen mit Beeinträchtigung in der Werkstatt nicht als normale Arbeitnehmer*innen anerkannt sind, bekommen wir keinen Mindestlohn. Wir haben nur Anspruch auf ein Werkstättengehalt. Laut Statistik des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zur Rentenversicherung von Menschen mit Behinderungen in Werkstätten betrug das durchschnittliche monatliche Arbeitsentgelt eines Werkstattbeschäftigten etwa 180 Euro. Das sind ungefähr zehn Euro pro Tag. Rund 1,50 Euro pro Stunde. Die Werkstätten haben eigentlich das Ziel, Menschen mit Einschränkungen in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen. Dahin schafft es aber weniger als ein Prozent. Die Werkstätten begünstigen also keine Inklusion. Im Gegenteil: Das System schafft noch mehr Ex-

Um die Wohnung bezahlen zu können und Lebensmittel zu kaufen, bekommen Menschen mit Behinderung eine Grundsicherung. Das Amt bezahlt die Wohnung, die Heizung und das warme Wasser. Die Kosten für die Wohnung sind bei jeder Person unterschiedlich hoch. Das ist der Vorteil der Grundsicherung: dass der Lebensunterhalt gesichert ist. Doch die Grundsicherung hat ebenfalls Nachteile. Ich muss zum Beispiel jeden Zuverdienst dem Sozialamt melden. Das wird dann auf die Grundsicherung angerechnet. Uns wird gesagt, dass Werkstätten weniger Gewinn machen als Betriebe auf dem ersten Arbeitsmarkt, weil wir langsamer arbeiten und mehr Anleitung brauchen. Deshalb kann man uns keinen Mindestlohn zahlen. Aber die Werkstätten verkaufen die Produkte, die wir Menschen mit Beeinträchtigung in den Werkstätten herstellen, oder unsere Arbeitskraft. Manche frankieren Briefe, andere arbeiten in Wäschereien oder ordnen Waren in Betrieben. Es gibt Unternehmen, die mit Werkstätten für Menschen mit Einschränkungen zusammenarbeiten. Das sind große Firmen wie

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Unter Mindestlohn Und es gibt einen Außenarbeitsplatz. Da arbeitet man auf dem ersten, regulären Arbeitsmarkt, ist aber weiter in der Werkstatt für Menschen mit Beeinträchtigungen angestellt. Der Vorteil ist, dass man nicht so unter Druck steht und wieder in die Werkstatt zurück-

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Der Autor arbeitet in einer Werkstätte für Menschen mit Behinderung. Er fragt sich, warum es solche immer noch braucht – und fordert den Mindestlohn. Ein Gastbeitrag von Nikolai Prodöhl, unterstützt von Lisa Kreutzer. ———— Seit 13 Jahren arbeite ich in Hamburg bei einer Gärtnerei für Menschen mit Beeinträchtigungen. Ich ernte Vogerlsalat, Portulak oder Chicorée, packe das Gemüse in Kisten und pflanze Feldsalat oder Spinat im Gewächshaus. Die Gärtnerei ist ein geschützter Arbeitsplatz, eine sogenannte Werkstätte. Eine von mehr als 3.000 in Deutschland, in denen rund 320.000 Menschen mit Behinderungen beschäftigt sind. In Österreich arbeiten rund 23.000 Menschen mit Behinderung in Werkstätten. In diesen werde ich gefördert und nicht rausgeschmissen, wenn ich die Leistung nicht bringe, weil ich mehr Erklärungen brauche und nicht so schnell arbeiten kann. Denn Stress bei der Arbeit kann ich nicht ab. Dann fühle ich mich unwohl und manchmal werde ich davon krank. Werkstätten gehören zum sogenannten zweiten Arbeitsmarkt. Ich bekomme Anleitung, bei der ich ohne hohen Leistungsdruck lernen kann. Außerdem bekomme ich Urlaub für Weiterbildungsangebote für Menschen mit Beeinträchtigungen. Damit ist es mir möglich, ein Praktikum zu machen.

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Was ist an Werkstätten für Menschen mit Behinderungen problematisch?

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»Das durchschnittliche Arbeitsentgelt eines Werkstattbeschäftigten beträgt ca. zehn Euro pro Tag.« — Nikolai Prodöhl

selbstständig leben. Aber dafür müsste die Stelle an mich angepasst sein. Um in einer Redaktion gut arbeiten zu können, brauche ich Unterstützung in der Themenfindung, in der Recherche, in der Interviewführung. Das wäre echte Inklusion. Denn ich bringe im Gegenzug eine neue Perspektive in die Berichterstattung ein – als Vertreter einer Bevölkerungsgruppe, die bisher im Journalismus kaum vertreten ist. Ich denke, Menschen mit Einschränkung müssen mehr wertgeschätzt werden. Für alle Menschen, die einer Arbeit nachgehen, ist es wichtig, einen Mindestlohn zu bekommen. Ein fairer Lohn hat etwas mit der Würde des Menschen zu tun. Nikolai Prodöhl

Nikolai Prodöhl ist Redakteur der inklusiven Redaktion Andererseits aus Wien. Dieser Text ist im Februar 2022 in einer längeren Fassung auf www.andererseits.org erschienen.

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Volkswagen oder Siemens, aber auch das Goethe-Institut. Im Jahr 2018 haben alle Werkstätten in Summe 5,1 Milliarden Euro Vergütungen von der Eingliederungshilfe erhalten. Davon zahlen sie unter anderem Löhne und Mieten. Die Werkstätten in Deutschland sind gewinnorientierte Unternehmen. Aber wir Menschen mit Beeinträchtigung arbeiten für sehr wenig Geld. Deutschland hat die Behindertenrechtskonvention der UN 2009 unterschrieben, Österreich im Jahr 2008. Laut dieser soll gefördert werden, dass Menschen mit Einschränkungen auf dem offenen, also dem ersten Arbeitsmarkt arbeiten können. Werkstätten für Menschen mit Behinderungen in Deutschland verstoßen gegen dieses UN-Abkommen. Wenn ich in den Medien einen Arbeitsplatz bekommen könnte, der branchenüblich bezahlt ist, wäre ich nicht auf die Grundsicherung angewiesen. Dann könnte ich sparen und

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Zerstören Social Media unsere Demokratien? heißt eben auch, dass wirklich jede*r ein Medium gründen kann – auch Attila Hildmann mit seinen kruden, rechtsextremen Verschwörungstheorien.

glauben heute 20 bis 30 Prozent der Bevölkerung, dass nur Geimpfte auf den Intensivstationen liegen. Du kannst dir auf dein Smartphone genau die Nachrichten holen, die deine Gefühlslage bestätigen und dein Weltbild untermauern. Das war vor 30 bis 40 Jahren nicht so. Wenn mich heute eine FFP2-Maske nervt, finde ich in Sekunden eine Meldung, die mir erklärt, dass die Maske ungesund sei und nicht vor Corona schütze. Warum kam die Demokratisierung der Medien mit dem Internet nicht einer Demokratisierung der Gesellschaft gleich? Demokratisierung klingt so gut. Die Demokratisierung der Medien ist brutal positiv konnotiert, in Wahrheit ist sie aber ambivalent: Es ist eine super Sache, dass heute jede*r ein eigenes Medium gründen kann, aber das

Autokratien profitieren davon wesentlich. Kurz vor diesem Gespräch haben russische Gerichte Facebook und Instagram verboten. Wie geht das zusammen? Das Problem für Autokratien ist, dass sie nicht kontrollieren können, was ihr Volk per Social Media von außen erfährt. Der Kreml hat versucht Facebook vorzuschreiben, welche Inhalte es zeigen darf. Um die eigene Propaganda im Ausland zu verbreiten sind soziale Medien dann aber wieder nützlich. Russland hat das jahrelang geschickt gemacht und nun auch in Europa Propagandakanäle wie Russia Today oder Sputnik installiert und dort konspirative Fake News über den Westen verbreitet. Es gibt einen spannenden Bericht von General Gerassimow, der 2013 in einem russischen Militärmagazin schrieb, wie soziale Medien den Zugang zu einem Protestpotenzial in einem anderen Land schaffen. Das ist einfach eine Waffe der hybriden Kriegsführung. Bloß im eigenen Land schmeckt das Putin überhaupt nicht. Warum funktionieren konspirative Fake News für manche Menschen so gut? Wie kann man das verändern? Es gab schon immer Menschen, die empfänglich für bestimmte Verschwörungstheorien waren. Ich glaube, gewisse Charaktereigenschaften begünstigen das. Schon in meiner Klasse gab es einen lieben Kerl, der total wütend wurde, wenn man ihm sagte, dass 9/11 nicht von der US-Regierung geplant wurde. Verschwörungen verkehren die philosophische Erkenntnistheorie ins Absurde, indem sie sagen: »Alles, was derzeit erwiesen ist, ist falsch.« Es soll also alles genau so sein, wie es eigentlich nicht scheint. Dabei ist Skepsis gegen Machthabende prinzipiell nichts Schlechtes. Verschwörungstheorien gibt es jedenfalls schon immer und es werden wohl immer 10 bis 20 Prozent der Bevölkerung dafür anfällig sein.

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Das klingt sehr drastisch. Corona hat die negativen Seiten der Demokratisierung der Medien aufgezeigt. Es

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Welche Probleme sind das konkret? Soziale Medien sind private, profitorientierte Unternehmen. Per se ist das nichts Schlechtes, sie sind sehr innovativ und erfüllen ökonomische Zwecke, allerdings scheren sie sich wenig um die gesellschaftlichen Auswirkungen ihrer Produkte. Als Werbeunternehmen möchten sie uns durch Newsfeed-Algorithmen möglichst lang an den Bildschirm fesseln. Diese Algorithmen kuratieren für uns Inhalte nach Maßgabe des emotionalen Gehalts: Content, von dem beispielsweise Facebook denkt, dass er mich unterhält und emotional berührt. Das kann lustig oder traurig sein, aber auch polarisieren und Angst machen. Darum grassieren Fake News und Desinformation auf sozialen Netzwerken. Dahinter stecken starke Emotionen – so werden unwahre, aber emotionale Inhalte vom Algorithmus bevorzugt ausgespielt. Soziale Medien wie Facebook, Twitter und Youtube unterliegen einer Fake-News-Epidemie.

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Fangen wir ganz plakativ an: Zerstören Social Media unsere Demokratien? So pauschal würde ich das nicht sagen, das wäre eine grobe Vereinfachung. Aber: Gewisse Aspekte der Funktionsweise sozialer Medien stören im demokratischen Prozess. Ich hüte mich davor, Social Media pauschal als negative Erscheinung abzustempeln. Sie bringen auch Positives in unsere Welt, weil sie das Urbedürfnis nach zwischenmenschlicher Kommunikation erfüllen – deshalb sind sie so erfolgreich. So verhält es sich mit vielen neuen Technologien; es gibt prinzipiell auch negative Aspekte und Probleme, die man vorher nicht antizipiert hat. Über diese Probleme sollten wir sprechen.

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Soziale Netzwerke sind nicht nur in aller Munde, sondern auch auf richtig vielen Endgeräten installiert. Dass sie nicht nur Vorteile haben, ist hinreichend bekannt. Fritz Jergitsch über die Probleme durch Social Media und mögliche Lösungsansätze.

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Das klingt so naturalisierend und irreversibel. Sprechen wir nicht auch von einem Bildungsproblem? Es ist bei jedem Thema anders, aber es ist ein natürliches Phänomen. Das Coronavirus beispielsweise ist kompliziert, abstrakt und beschränkt unser Leben irrsinnig. Bildung und die Fähigkeit zu kritischem Denken helfen selbstverständlich, konspirative Erzählungen zu hinterfragen. Wenn man sich mit Weltgeschichte auskennt, versteht man, wieso 9/11-Verschwörungstheorien ein Schwachsinn sein müssen. Versucht man Impfgegner*innen mit Kampagnen abzuholen, steigt die Animosität aber nur noch mehr. Wir sollten vor diesem Problem natürlich nicht kapitulieren, hätten es aber besser schon vor 30 Jahren in Angriff nehmen sollen. Wir haben in Österreich eines der schlechtesten Bildungssysteme in ganz Europa. Dafür gibt es keine einfachen Lösungen. Dann die komplizierte Lösung: Was muss passieren, um das Ruder rumzureißen? Wir müssen im ersten Schritt verstehen, wie Algorithmen funktionieren, und sie of-

fenlegen, damit wir die auftretenden Mechanismen regulieren können. Wir müssen Wege finden, wie wir extrem emotionale Inhalte abschwächen können. Man könnte beispielsweise verbieten, Inhalte nach dem Gesichtspunkt der Interaktionsrate auszuspielen und stattdessen andere Metriken wie Lesezeit und Qualität entwickeln. Der Google-Suchalgorithmus zeigt, dass das ginge. Warum fällt es der Politik so schwer, den Raum des Internets zu kontrollieren und regulieren? Der technologische Fortschritt geht mittlerweile so schnell, dass die Politik nicht mehr nachkommt. Mark Zuckerberg musste bei seiner Befragung im US-Kongress über die teils blauäugigen Fragen der 70-jährigen Männer lachen. Unsere Volksvertreter*innen werden gewählt, weil sie den besten Wahlkampf führen und nicht weil sie ihr Fach am besten verstehen. Jetzt kommen Metaverse und künstliche Intelligenz und wir haben noch nicht mal die sozialen Medien richtig verstanden. Ich bin froh, dass in der EU-Kommission intelligen-

tere Leute arbeiten und nicht vordergründig Lobbyist*innen. Mit der DSGVO hat die EU auch auf den Tisch geklopft – warum sollte das nicht auch bei sozialen Medien funktionieren? Am Ende des Tages muss sich jeder Mensch vergegenwärtigen, dass, wenn ein Medium oder eine soziale Plattform gratis ist, man nicht Kunde, sondern das Produkt ist. Guter, qualitativer Journalismus kostet Geld, und wenn ich ein umfassendes, ausgeglichenes Bild über meine Umwelt bekommen will, muss ich Geld dafür bezahlen. Es ist ein Problem, dass Propaganda überall gratis zu finden ist, aber guter Journalismus hinter der Paywall versteckt bleibt. Medien sind angehalten zu vermeiden, dass nur noch reiche Leute ihre Inhalte sehen können und dass Armut gleichbedeutend wird mit einem Ausschluss von gutem Journalismus. Sandro Nicolussi

Fritz Jergitsch ist Gründer und Chefredakteur des Satiremediums Die Tagespresse und Autor des im Residenz Verlag erschienenen Buches »Die Geister, die ich teilte – Wie soziale Medien unsere Freiheit bedrohen«.

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Gewagte Grammatik, Anglizismen, GenderSternchen, Emojis, Abkürzungen und Aussparungen. Droht uns der Sprachverfall? ———— Schnelle Antwort: nein. Lange Antwort: Sprache verändert sich. Sie ist kein geschlossenes, abgeriegeltes System. Neues kommt dazu, was man nicht mehr braucht verschwindet. Diesen Sprachwandel gibt es schon seit gesprochen wird und damit wohl auch die leidige Diskussion darüber, wie andere, fremde Spracheinflüsse die eigene Sprache kapern und kaputt machen wollen. Allerdings ist dieser Wandel bedingt durch soziale Medien mit all den Emojis, Kürzeln, Memes, Gifs und gewagten grammatikalischen Konstruktionen erstmals so richtig sichtbar und mitunter in Reels, Storys und Tiktoks auch hörbar. Bei so etwas beginnen konservative Sprachkritiker*innen dann natürlich nervös zu werden. Und wenn wir schon dabei sind: Beim inklusiven Gendern fährt unter der Sprachprofessor*innenschaft ebenfalls irgendwer regelmäßig aus dem Schnürlsamtsakko respektive Bouclé-Blazer. Da wird dann gleich einmal Sprachverfall gewittert. Dabei tut die Sprache letztlich nur das, was sie wirklich ziemlich gut kann: Sie formt und schafft Bewusstsein. Beim Gendern sogar sehr effizient mit Sternchen oder Doppelpunkt oder Punkt oder Rufzeichen oder Unterstrich oder was es sonst noch alles gibt.

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Ist die deutsche Sprache in Gefahr?

lol, lal, lawl, lel, lül

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knackig, sehr ans Englische erinnernd kommt die Frage daher. Wer hier an Sprachverfall denkt, ist selber schuld. Vielmehr sollte einem der Sittenverfall zu denken geben, der sich offenbart. Es steckt also einiges an kreativem Potenzial in der informellen, schriftlichen Kommunikation mit ihren Abkürzungen und Emojis. Der Zeichenhaufen lebt. Man wird etwa überrascht sein, was sich alles mit der Ziffer »1« so ausdrücken lässt. Und selbst das unscheinbare Akronym »lol« schwirrt in unterschiedlichsten Schreibweisen und Bedeutungsnuancen durch die Plattformen. Ein kleiner Auszug: lal, lawl, lawlz, lel, lelz, lollig, lolol, lololol, lolwut, lool, loool, lolz, löl, lölz, lul, lulz, lül. Das ist nicht Sprachverfall, sondern in dieser komprimierten Form ein Manifest der Mannigfaltigkeit, an dem dadaistische Sprachbastler wie Hugo Ball heute

ihre Freude hätten. Folglich hat es »lol« auch in den Duden (Anm.: als »EDV-Jargon«, lol) und in die Umgangssprache geschafft. Ist die deutsche Sprache also in Gefahr? Der langen Antwort kurzer Sinn: nein. Die hält das aus. Dringender sollte man eher Themen wie Datenhandel, Echokammern, Filterbubbles, Cybermobbing, Fake News und Hatespeech diskutieren. Gerne auch abgekürzt und mit Emojis. Wie es mitunter an anderer Stelle in diesem Heft passiert. Manfred Gram

Dass die Sprache stets in Bewegung ist, bildet sich auch in jenen Wörtern ab, die neu in den (Online-)Duden aufgenommen werden. 2021 waren es mehr als 500, etwa ein Fünftel davon hat einen Corona-Bezug. Die aktuellsten Neueinträge kurz vor Drucktermin: Chancenplus, Nudging, Yogalates und Mikroabenteuer.

Lukas Weidinger

Überhaupt ist Effizienz oberste Maxime. Noch nie wurde so viel geschrieben wie heute. Chats, Blogs, SMS, Status, Tweets – da kommt einiges zusammen, das schnell verfasst und verschickt sein will. Es ist eine neue schriftliche Form der Kommunikation, die sich hier entwickelt hat, und sie hat nur wenig mit dem gemein, wie man üblicherweise schreibt bzw. alphabetisiert worden ist. Es regieren Abkürzungen, Aussparungen, Weglassen und nicht allzu langes Nachdenken. Und zwar nicht nur bei Millennials und Post-Millennials, wie die brisanten Chatprotokolle aus den Machtzirkeln österreichischer Spitzenpolitik so zeigen, die in den letzten Monaten öffentlich wurden. Als pars pro toto sei hier ans wunderbare »(…) wer vorbereitet Gernot auf seine Vernehmung?« erinnert und daran, dass der höchste und wichtigste Beamte im Justizministerium wissen wollte, wer denn den Finanzminister schön durchbrieft, bevor die WKStA auf ein Intensivinterview vorbeischaut. Syntaktisch

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Morde an Frauen sind keine Einzelfälle, beson- Ebenso werde oft den Opfern Schuld zugeUm Gewalt an Frauen und Mädchen zu ders in Österreich gibt es exorbitant viele. Wo- schoben, was wiederum Scham auslöse. Daher verhindern, gilt es, den Blick auf die gewaltran liegt das? ———— Das Europäische Institut trauen sich gewaltbetroffene Frauen oft nicht, tätigen Männer zu lenken. Das macht der für Gleichstellungsfragen definiert Femizid Hilfe zu suchen. Prekäre finanzielle Situatio- Dachverband für Männer-, Burschen- und als »von privaten und öffentlichen Akteuren nen sorgen dafür, dass sich Frauen nicht ohne Väterarbeit in Österreich (DMÖ). Erich Lehbegangene oder tolerierte Tötung von Frau- Weiteres von gewalttätigen Partnern trennen. ner, Obmann und Psychoanalytiker, hält fest: »Patriarchale Vorstellungen von Ge- »Gewalt an Frauen ist zu überragenden Großen und Mädchen wegen ihres Geschlechts«. schlecht spielen ebenfalls eine große Rol- teil Gewalt von Männern. Hauptsächlich wird Expert*innen warnen seit Jahren, dass in Österreich besonders viele Frauen und Mäd- le«, so die Expertin weiter. »Das reflektiert Gewalt in der Gesellschaft von Männern auschen getötet werden. So gab es 2021 laut den geübt und auch von vielen Männern erlitten. unter anderem die politische Entwicklung. Autonomen Österreichischen FrauDarin zeigt sich, dass Gewalthandeln sehr mit Wir haben in Österreich seit Jahren enhäusern (AÖF) 31 Femizide, 2022 eine rechtskonservative Regierung, Mustern von Männlichkeit zusammenhängt.« sind es bereits acht. Anlässlich der in Parteien des rechten politischen Männlichkeit reflektieren internationalen Tage gegen Gewalt Spektrums wird Gewalt an Frauen an Frauen 2021 sagte Frauenminisoft verharmlost und als ›importier- In unserer Gesellschaft herrsche noch immer terin Susanne Raab (ÖVP), dass jeder das Bild des starken Mannes, so Lehner. Es tes Problem‹ dargestellt. Gewalt an Frauenmord einer zu viel sei. Den- Maria Rösslhumer Frauen und Femizide werden jedoch sei daher wichtig, mit Männern in Kontakt noch sind sich viele in ihrer Kritik ob genauso von sognannten zu treten, die gewalttätig geworden der mangelhaften Bemühungen der Bundes- autochthonen Österreichern begansind beziehungsweise zur Gewaltregierung einig. Olivera Stajić betitelte etwa ausübung neigen: »In Beziehung mit gen.« Auch Medien reproduzierten einen Kommentar in Der Standard mit den Begleitern lernen sie, ihre Gewalttäpatriarchale Klischees, wenn sie Femizide als »Beziehungsdrama« oder Worten »Femizide: Raab ist auf einem Auge tigkeit und Männlichkeit zu reflekblind«. Sie machte darin darauf aufmerksam, »Familientragödie« verharmlosen, so tieren, von Gewalt abzulassen und dass Frauenmorde die österreichische Politik Rössl­humer. anstelle der Gewalt andere Formen Erich Lehner vor allem dann interessiere, wenn der Täter Sie erinnert daran, dass es bereits der Beziehung zu erarbeiten. Dann einen Migrationshintergrund hat. Dabei seien Gesetze zum Schutz vor Gewalt gebe, jedoch lernen sie auch ihre Männlichkeit von einer die Täter doch vor allem eines: Männer. würden diese oft nicht wirksam angewendet dominanzorientierten zu einer beziehungsbeziehungsweise ausgeschöpft. Verbale Ge- orientierten Männlichkeit zu entwickeln.« Scham und Verharmlosung Barbara Fohringer walt oder Hass im Netz würde oft toleriert. Der Verein AÖF ist ein Netzwerk von 13 auto- Auch die Auswirkungen der Pandemie habe nomen Frauenhäusern, das auch die Informa- sich in ihrer Arbeit gezeigt, etwa bei der erhöh- Zusätzlich zur Frauenhelpline (0800 / 222 555) tionsstelle gegen Gewalt und die Frauenhel- ten Anzahl an Anrufen bei der Frauenhelpli- gibt es auch eine Telefonnummer für Männerberatung (0720 / 70 44 00) sowie den Männerpline gegen Gewalt (0800 / 222 555) betreibt. ne. Von der Politik wünscht sich Rösslhumer notruf (0800 / 246 247). Weitere Informationen Geschäftsführerin Maria Rössl­humer betont, »eine langfristige und gesicherte Finanzierung, für eine echte Gleichstellungs- und Gewalt- zu AÖF und DMÖ sind unter www.aoef.at bzw. dass das Sprechen über Gewalt an Frauen www.dmoe-info.at zu finden. schutzpolitik« und mehr Ressourcen. in Österreich noch immer tabuisiert werde.

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Warum gibt es in Österreich so viele Femizide?

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JULIEN BAKER

Support: Ratboys

30.04.22 Wien, Arena 01.05.22 Salzburg, Rockhouse

THE SMILE

Thom Yorke, Jonny Greenwood (Radiohead) & Tom Skinner (Sons of Kemet) presented by radio FM4 & The Gap Support: Robert Stillman

17.05.22 Wien, Gasometer

KEROSIN95

BLACK MIDI presented by The Gap

14.05.22 Wien, Flex

DOPPELFINGER

presented by radio FM4 & The Gap

19.05.22 Innsbruck, Die Bäckerei 20.05.22 Graz, Orpheum 21.05.22 Steyr, Röda 26.05.22 Wien, B72

presented by radio FM4, Message & Goodnight.at

FRISKA VILJOR

THE MAGNETIC FIELDS

ROYAL BLOOD

09.06.22 Wien, Theater Akzent

21.06.22 Wien, Gasometer

06.05.22 Innsbruck, Die Bäckerei 20.05.22 Salzburg, Argekultur 21.05.22 Graz, Dom im Berg 22.05.22 Wien, WUK 10.09.22 Völklabruck, OKH

presented by The Gap

29.05.22 Salzburg, Rockhouse 30.05.22 Wien, Flex 01.06.22 2 0 Dornbirn, 2 2 E U Conrad R O P E Sohm A N T O U R 02.06.22 Linz, Posthof 03.06.22 Aflenz, Sublime

presented by radio FM4

TUE 21 JUNE

VIENNA

ELEMENT OF CRIME presented by radio FM4

09.07.22 Wien, METAStadt Open Air 10.07.22 Linz, AHOI! Pop Sommer

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THE KOOKS

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Support: Thees Uhlmann & Band & My Ugly Clementine

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Vom Anderssein über die Auffächerung und Bewertung von Funktionen bis hin zur Nacktheit von Maschinen – letztlich geht es um die Frage, wer Verantwortung übernehmen kann. Ein Gastbeitrag von Manuela Naveau. ———— Ein Ereignis nach dem anderen jagt unsere Aufmerksamkeit. Die Situation in der Ukraine rüttelt an den europäischen Grundfesten, und schneller als erwartet finden wir uns in einer Welt, in der aufgerüstet wird. Von einer Zeitenwende ist die Rede, die kürzlich vom deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz ausgerufen wurde. Der Alltag von uns Europäer*innen ist verblüffend schnell von existenziellen Fragestellungen bestimmt und es scheint ein Luxus zu sein, sich über Rechte und Pflichten von Robotern Gedanken zu machen. Oder doch nicht?

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anderes menschliches Wesen, ein Tier, die Umwelt, die Maschine. Gunkels Meinung nach veranlassen Maschinen uns zum Umdenken, um methodisch die Grundlagen zu überdenken, auf denen unsere ethischen Positionen beruhen. Denn für ihn ist – »trotz aller Neuerungen in der Moralphilosophie, die dem menschlichen und nichtmenschlichen Anderen einen gewissen Anspruch auf moralischen Status erhoben haben« – der Ausschluss der Maschine das letzte gesellschaftlich akzeptierte moralische Vorurteil, wie er bereits im 2007 veröffentlichten Aufsatz »Thinking Otherwise: Ethics, Technology and Other Subjects« festhielt.

Das Zeugs

Andererseits ist es gerade jetzt so wahnsinnig wichtig, dass wir Roboter vor allem als Im November 2018 erschien bei MIT Press Maschinen verstehen. Die Unterscheidung in ihren Funktionen: Social Robots versus Indie Publikation »Robot Rights« von David J. Gunkel, der auf Fragen zur Ethik in Bezug zu dustrieroboter versus intelligente, automatineuen Technologien spezialisiert ist. Er un- sierte Systeme versus … Die Liste kann gerne tersucht in seinem Buch die soziale Situati- eigenständig weitergedacht werden. Es stellt on von Robotern und die Möglichkeiten und sich die Frage, inwieweit menschenähnliche Herausforderungen, die sie für beMaschinenwesen oder telematische stehende moralische und rechtliche Androiden wie zum Beispiel Erika Systeme darstellen. Gunkel bezieht und andere Androiden von Hiroshi sich vor allem auf Social Robots und Ishiguro, dem Leiter des Intelligent Robotics Laboratory der Universität Roboter als anthropomorphe Körper und vertritt einen relationalen Anin Osaka, nicht auch als clever (und satz betreffend die Handlungsfähig- Manuela Naveau teuer) ausgearbeitete Körper rund keit und den Status von Robotern. Er um Spracherkennungs- beziehungsunterscheidet zwischen Robotern als Körper, weise intelligente Kamera- und Lautsprechersysteme zu sehen sind. als Werkzeug, als Objekt, als Arbeiter*in oder als Gefährt*in und stellt vor allem die Frage Und im Sinne Jean Baudrillards stellt nach »Otherness«, dem Anderssein. sich die Frage: Was ist der »technische Kern Die Frage nach dem Anderssein ist für und was Beiwerk, Gadget, formelles Indiz«? Gunkel eine Beziehungs- und Haltungsfra- Baudrillard unterschied bereits Ende der ge, eine Form des Interesses an anderen, 1960er-Jahre bei Robotern in Maschine und Zeugs, wobei die Maschine eine reale Funktider Sensibilisierung in Bezug auf andere on besitzt und das Zeugs eine imaginäre. Und und der Einbeziehung anderer – sei es ein

Das Anderssein

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er meint weiters: »Die Tauglichkeit des Zeugs ist in der Wirklichkeit minimal, aber im Imaginären zauberhaft.« Diese Auffächerung und diese Bewertung von Funktionen spielen nicht erst seit dem Essay »The Uncanny Valley« (»Das unheimliche Tal«) von Masahiro Mori, einem japanischen Robotiker, der in den 1970er-Jahren erstmals von der Akzeptanz von Robotern in der Zusammenarbeit mit Menschen sprach, eine Rolle. In der Forschung – im Besonderen zu automatisierten Systemen wie selbstfahrenden Fahrzeugen – wurde hier ein Schwerpunkt nicht nur auf die Akzeptanz von Maschinen und Interfaces gesetzt, sondern auf das Gefallen derselben. Aber auch Social Robots, die in Alten-, Kranken- und Pflegeheimen eingesetzt werden oder die für Kinder im Bildungsbereich zum Einsatz kommen, haben ihre Relevanz, weil es vor allem um ihre soziale Funktion geht.

Die Nacktheit In Zeiten von Pandemie, Kriegen, Wertverschiebungen und weltweiten existenziellen Fragestellungen tritt jedoch die Nacktheit vernetzter Maschinen in den Vordergrund: automatisierte Drohnen, unbemannte Flugzeuge, fernkontrollierte Raketen und Bomben. Maschinen ohne »Zeugs«, da sie nicht gefallen müssen, sondern rein auf ihre Funktion beschränkt sind. Überzeugt davon, dass Technologie nicht ohne den Menschen und ihre Umwelt gedacht werden kann, plädiere ich für eine Nacktheit, die ohne Beiwerk und ungeschönt in Frage stellt, wer Verantwortung übernehmen kann. Und ich bin der Meinung, dass uns diese Agenda nicht aus der Hand genommen werden soll. Manuela Naveau

Manuela Naveau ist Professorin in der Abteilung Interface Cultures am Institut Medien der Kunstuniversität Linz.

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Wann ist ein Mann ein Mann?

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In ihrem neuen Buch »Den Vater zur Welt bringen« arbeiten sich der Kabarettist Hosea Ratschiller und sein Vater, der Schriftsteller und Lehrer Klaus Ratschiller, an Begriff, Geschichte und Nützlichkeit des Konzepts »Vater« ab. Hosea Ratschiller darüber, ob Väter immer Männer sein müssen, wann ein Mann ein Mann ist und warum es auch schön sein kann, dass wir die Antworten darauf noch nicht kennen. Vater ist ein Begriff, der eng mit Mann und Männlichkeit zusammenhängt. Wie seht ihr diesen Zusammenhang in eurem Buch? Muss ein Vater ein Mann sein? Unser Vorschlag ist, dass man nicht mehr vom Vater spricht, sondern vom Vatern. Also einer Reihe von Dingen die zu tun sind, wenn man mit Kindern oder überhaupt Nachkommenden lebt und umgehen muss. Dinge wie der Umgang mit Wissen, mit Bildung, mit Verantwortung, mit Erfahrungen der Befremdung. Zu zeigen, dass das nichts ist vor dem man Angst haben muss oder das man abwerten muss, sondern das dazu gehört. Diese Rolle des Daseins, Angst-Nehmens und Begleitens, das nennen wir Vatern. Das muss natürlich kein Mann sein, das ist völlig vom Geschlecht gelöst – oder das wäre das Projekt. Das muss vor allem nicht nur einer oder eine sein. Das können viele machen. Das ist eine Tätigkeit. Ein Kind kommt auf die Welt und geht durch einen Haufen Hände: medizinische Hände, kalte Hände, warme Hände, schweißige und trockene. Vaternde Hände sind fremde Hände, die bleiben. Die diese Fremdheit aushalten.

scheinlich in einer Lebenszeit nicht überwinden. Genauso wie Gewalterfahrungen. Das überwindet man über Generationen hinweg. Das wird weitergegeben und reproduziert. Wenn du die Zuschreibung Mann bekommst – das ist eine Lebensaufgabe, dich damit auseinanderzusetzen. Eine von vielen Lebensaufgaben. Ich glaube nicht, dass wir noch in einer Zeit Leben, in der wir definieren können, was ein Mann ist. Und ich finde auch, es hat über-

Wann ist deiner Meinung nach ein Mann ein Mann? Wenn er Lust darauf hat. (lacht) Eine schöne und knappe Antwort! Aber es gehört schon mehr dazu, sich als Mann zu fühlen, oder? Natürlich! Es gibt ganz viele Leute, die haben keine Lust ein Mann zu sein oder einem bestimmten Männerbild zu entsprechen, müssen aber trotzdem. Natürlich ist es kein reines Hobby, welches Geschlecht man performt. Aber wir wissen schon so viel. Und dann ist die Frage: Wie viel Spielraum haben wir innerlich und äußerlich, um beweglich zu werden? Wir schleifen ein paar tausend Jahre Rollenbild mit uns rum. Das kann man wahr-

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haupt keinen Sinn, es zu versuchen. Genauso wie ich keinen Sinn darin sehe, ein neues Vaterbild zu entwickeln. Deswegen sage ich: Tun wir das Bild weg und reden über die Tätigkeit. Also was tut man da eigentlich? Und warum? Und wozu? Gibt es dann auch eine Tätigkeit des Männerns? Wahrscheinlich hat es tatsächlich etwas damit zu tun, im Bewusstsein der eigenen Privilegiertheit herumzulaufen. Sich bewusst zu sein, dass man, sobald man als Mann ange-

sehen wird, zuerst einmal ganz viele Rechte hat, die Leute, die nicht als Männer angesehen werden, nicht haben. Wahrscheinlich gehört zum Mann-Sein dazu, dafür ein Bewusstsein zu entwickeln und damit irgendwie umzugehen. Dem Mann wurde angedichtet, ein Auslöser zu sein, der Urvater. Das war die männliche Rolle. Vom Zeugenden wird das Kind ausgelöst, von Gott die Welt und vom Stammvater die Herrschaftsdynastie. Der Vorschlag, den wir mit dem Buch machen, ist zu versuchen, uns ohne Ursprung zu denken. Das wäre also für dich die Herausforderung für neue Konzepte von Männlichkeit: Mann ohne Ursprung zu denken, Mann ohne Norm? Genau so sehe ich das. Das muss jetzt entwickelt werden. Der demokratische Mann ist noch nicht patentiert, der wird erst entwickelt. Es ist aber etwas Schönes, dass wir das jetzt machen dürfen! Viele Hunderte und Tausende Jahre war es unmöglich, das auch nur zu denken. Das jetzt zu können, ist eine Befreiung. Erst seit 150 Jahren gestatten wir uns selbst, Evolution zu denken. Erst seit 150 Jahren denken wir uns als Spezies anders. Das ist ein extrem kurzer Zeitraum. Wir leben am Beginn einer sehr aufregenden Zeit, in der vieles möglich wird, was davor nicht möglich war. Diese Rückschläge, die man immer wieder erlebt, das wird sich nicht durchsetzen. Die Erfindung der Demokratie, oder des Demokratisierens, bei dem viele mitsprechen, das ist so eine sinnvolle Idee, das ist nachhaltiger als jede andere Regierungsform. Macht kann man nicht abschaffen, Macht kann man nur teilen. Das ist das Beste, was man damit machen kann. Das kann die Demokratie. Deswegen bin ich so optimistisch, dass sich Arbeit daran lohnt und dass sich ein mutiges Denken lohnt. Wenn man genau genug schaut und sich genügend Zeit nimmt, dann gibt es an allem, was uns niedergedrückt hat, irgendeinen ermutigenden Aspekt. In diesen ganzen Jesusgeschichten gibt es zum Beispiel einen Satz, den man immer brauchen kann: »FürchBernhard Frena tet euch nicht.«

Das Buch »Den Vater zur Welt bringen« ist im Molden Verlag erschienen. Präsentiert wird das Buch von den beiden Autoren unter anderem am 21. April um 20 Uhr im Schauspielhaus Wien.

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sellschaftlich erwünscht betrachtet werden: Randständiges, Unangepasstes, Experimentelles, Innovatives, Risikoabfederung und der Nachwuchs stehen im Mittelpunkt. (Gemeint ist hier nicht die Finanzierung jener Institutionen, deren Träger die öffentliche Hand ist, wie die Bundesmuseen.)

Noch nie war die Dominanz alter Musik – also von Musiktiteln, die älter als eine Saison sind – so groß wie heutzutage. Früher waren die neuen Titel die Gewinnbringer, nun rangieren sie unter »ferner liefen«. Umso wichtiger die Ermutigung der kleinteiligen und randständigen Szenen, der Grassroots-Musikveranstalter*innen und Umkämpfter Markt des Nachwuchses. Die ersten Schritte ins Nun ist die Musik ein weites Feld mit einigen Feld der Popularmusik haben häufig WettBesonderheiten, insbesondere einer starken charakter. Der Wetteinsatz kommt von den Marktverzerrung. Ihre Träger sind auf der jungen Musiker*innen selbst. Die Markteinen Seite global tätige Konzerne, die große macht der Konzerne erschwert sowohl den Marktanteile halten. Auf der anderen Seite des kleineren Vermarkter*innen als auch den Spektrums finden sich das Entdecker-Label Künstler*innen das Leben. Albumproduktiund der Musikclub mit der hippen Program- onen erfolgen anfangs fast immer auf eigene mierung in der Peripherie. Diese Schlagseite Kosten; wenn man als Vorband spielen will, des Marktes in Richtung gewinnorientierter, muss man sich häufig einkaufen. Auf Showteilweise börsennotierter Unternehmen sorgt case-Festivals spielt man meist gratis und für eine Konzentration der Vermarkmuss zusätzlich Reise und Aufenttung auf wenig Repertoire, das dafür halt finanzieren. Ohne Fanbase gibt es keinen Plattenvertrag und keinen umso häufiger gespielt wird. Unangepasstes, Innovatives oder RisikoreiVertrag mit einer Agentur. Manche ches hat in dieser Welt wenig Platz. Veranstalter*innen lassen Bands für Diese Entwicklungen der Musikwelt ihre eigenen Auftritte bezahlen. Alles, was ein Geschäftsmodell sein kann, verheißen nichts Gutes für den NachSabine Reiter wuchs, auch in der Popularmusik. ist ein Geschäftsmodell.

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Der Musikmarkt weist eine starke Verzerrung auf, die Geschäftsmodelle großer Unternehmen lassen kleinen Labels und Veranstalter*innen ebenso wie jungen oder randständigen Künstler*innen kaum Luft zum Atmen. Wer von Fair Pay für professionelles Musikschaffen spricht, muss daher auch über entsprechende Fördermaßnahmen sprechen. Ein Gastbeitrag von Sabine Reiter. ———— Im Kunst- und Kulturbereich wird aktuell unter dem Schlagwort »Fair Pay« die faire Bezahlung im Kontext der Fördermaßnahmen durch die öffentliche Hand diskutiert. Mit an Bord sind das zuständige Ministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, die Kulturlandesräte und -abteilungen der Bundesländer und die Interessengemeinschaften des Kunst- und Kulturlebens. Begonnen mitten in der Coronakrise ist die Diskussion mittlerweile so weit gediehen, dass es eine Ausschreibung von Fair-Pay-Zuschüssen durch das Ministerium gibt. Nun fragt man sich zurecht, was im Kunst- und Kulturbereich bisher Förderziel war, wenn nicht die Ermöglichung der adäquaten Bezahlung professionellen Schaffens. Die Ausübung als Hobby ist ja ohnehin möglich. Die öffentliche Hand fördert oder finanziert grundsätzlich dann, wenn der Markt nicht von selbst volkswirtschaftlich oder gesellschaftlich erwünschte Ergebnisse hervorbringt. Diese Situation nennt sich Marktversagen. Gründe dafür können unter anderem marktverzerrende Strukturen sein. Fördergeber*innen stellen sich also grundsätzlich die Frage, an welchen Stellen einer Welt, in der mit den diversen Spielarten der populären, aber auch mit klassischer Musik sehr viel Geld verdient werden kann, eigentlich Marktversagen zu konstatieren ist. Das ist keine leichte Übung, denn dazu muss zunächst ein Verständnis darüber hergestellt werden, was volkswirtschaftlich und gesellschaftlich erwünscht ist. Grundsätzlich ist das Fördersystem im Kunst- und Kulturbereich nicht verkehrt strukturiert. Die Kunst- und Kulturförderung setzt in Österreich ohnehin bei jenen Strukturen und Erscheinungen an, die der Markt nicht von selbst hervorbringt, die einen Anschub brauchen oder die eben als ge-

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Wieso braucht Fair Pay am Musikmarkt adäquate Förderungen?

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Lukas Weidinger, Klaus Ranger

Alle reden vom hohen wirtschaftlichen Risiko, aber außer den Künstler*innen selbst und jenen Nerds und Aficionadas, die Clubs, Festivals und Labels abseits des Mainstreams betreiben, geht kaum mehr jemand eines ein. Das internationale Musikbusiness hat sich jedenfalls Geschäftsmodelle rund um Backkataloge und jene etablierten Artists gebaut, die sichere Renditen garantieren. Dass es außerdem ein Gefälle vom angloamerikanischen Bereich (nicht nur) hin zu Kontinentaleuropa gibt, darf auch nicht unerwähnt bleiben.

Permanenter Prozess Diese Entwicklungen erzeugen im Rest der Musikwelt große Hürden. Unter solchen Umständen ist Vermarktung für kleine Player extrem schwierig. Umso wichtiger ist es, diese Marktgegebenheiten zu entzerren und Chancen zu eröffnen. Durch finanzielle Unterstützung Risiken abzufedern, internationale Netzwerke zu bilden und Zugang zu Informationen über die Funktionsweise der Musikindustrie zur Verfügung zu stellen, steht ganz oben bei den Empfehlungen der European Music Business Task Force. Sie hat untersucht, wie junge music entrepreneurs gefördert werden können. Dieselben Schwerpunkte sind auch für die Künstler*innen und Bands essenziell, denn sich auf eine Musikkarriere einzulassen, ist risikoreich und braucht entsprechende Freiräume. Städte hingegen – aber durchaus auch Bundesländer – können sich mit Unterstützungsmaßnahmen beispielsweise am Londoner Rettungsplan für Grassroot-Musikvenues orientieren. Der Bericht streicht die Bedeutung von Clubs als Entwicklungsorte für neue Talente hervor. An vorderster Stelle steht dort die Einbeziehung der Clubs in die Stadtplanung und das Prinzip, bei neuen Wohnbauten durch den Einbau von Schallschutz auf bestehende Clubs und ihre Musikemissionen Rücksicht zu nehmen. Auf welche Weise aber hehre Ziele wie Fair Pay in der Förderung im Bereich der Popularmusik – mit ihren ausfransenden Rändern in andere Genres – interpretiert werden sollen, wird noch intensiv zu diskutieren sein. Fair Pay wäre ein Eingriff in den Markt, ist als Kritik häufig zu hören. Ein Argument das natürlich vor allem deswegen keinen Sinn macht, weil der Eingriff in den Markt ja die grundsätzliche Intention jeder Förderung ist. Der Fokus sollte also darauf liegen, in einem intensiven Stakeholder-Diskurs klare Ziele für diese Markteingriffe zu formulieren. Sabine Reiter

Sabine Reiter leitet das österreichische Musikinformationszentrum Mica – Music Austria. Sie ist Vorstandsmitglied der IG Freie Theater und Mitglied im Stiftungsbeirat des Arnold Schönberg Center.

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PROSA — ALEXANDER LIPPMANN

UND, WIE LÄUFT’S IM JOB? Autor und Übersetzer Alexander Lippmann hat sich Gedanken zur Arbeit gemacht, Fragen gestellt und auch gleich die passenden Antworten gefunden. Praktischerweise stammen die aus seinem neuen Roman »Innere Gewalt« (Bahoe Books). Ein Montage-Interview der etwas anderen Art.

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HIGH POTENTIAL Bitte fülle diesen Fragebogen ehrlich aus. Deine Antworten helfen uns dabei, dein Potential besser einschätzen zu können. Wenn du Fragen hast, wissen wir, wo wir dich finden. Unter allen Einreichungen verlosen wir die Auszahlung der Überstunden.* Hast du außerhalb der Firma Freund*innen? Warum? Erst letzte Woche hat ihre Freundin Olivia gefragt, was sie eigentlich arbeitet. Petra hatte dabei keine Hintergedanken, eher im Gegenteil. Büro in einem tollen sanierten Altbau, ein gutes Einkommen – das ist zumindest Petras Vermutung – flexible Arbeitszeiten, und der Chef scheint auch in Ordnung zu sein. Petra erzählt viel von ihrem Blog, aber Olivia ist sich dabei ziemlich sicher, dass die Plattform, die sie verwendet, schon seit gut einem Jahr eigentlich niemanden mehr so richtig interessiert. Die Fortbildungen, die Petra macht, helfen da auch nicht viel. Immerhin ist das ein gutes Geschäft für die Leute, die es auch nicht geschafft haben, aber dafür jetzt unterrichten, denkt Olivia. Sie hat Petra bei einem Netzwerktreffen kennengelernt. Sie hatten einen kurzen Moment, in dem sie gemeinsam die Augen verdreht haben. Dann haben sie sich mit Cocktails zugeprostet und danach kurz Belanglosigkeiten ausgetauscht. Sie haben versucht, sich über die Anwesenden lustig zu machen, als wären sie nicht selbst auch freiwillig dort. Olivia ist nicht mehr hingegangen. Die Lounge-Musik ist dort immer nur geringfügig aufdringlicher als die Verzweiflung im Blick der Anwesenden. Die Treffen mit Petra sind ganz ähnlich, nach einer Stunde werden die Gesprächspausen länger, Olivia nimmt dann ihr Smartphone, um auf die Uhr zu schauen, während Petras Gesicht weiter lächelt, weiter wartet, die blauen Augen weit aufgerissen. Außerdem macht es Olivia keinen Spaß, am frühen Abend so zu tun, als wäre sie betrunken. Und letztlich eben auch immer diese Frage, nur vielleicht etwas anders formuliert: Was ist gerade dein Projekt? Am liebsten würde sie sagen: Ich. Ich bin mein Projekt. Und dann würde sie zu laut lachen. Die andere Person würde mitlachen und sich dann hilfesuchend im Raum umschauen, bevor er oder sie (wahrscheinlich

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er) sie fragt, ob sie noch etwas trinken will. Sie würde nur auf ihr halbvolles Glas zeigen und er würde sich nach weiteren 10 Sekunden umdrehen und zur Bar gehen, ohne wiederzukommen. Hast du das Gefühl, dass du versagst, wenn du keinen Spaß an deinem Job hast? Glaubst du, dass deine Eltern das gleiche Gefühl hatten, als sie so alt waren wie du? Du willst doch nicht sein wie deine Eltern? Würde ihr Großvater noch leben, würde sie einfach sagen: Ich arbeite im Büro. Dann würden seine Augen leuchten, zumindest ein bisschen, weil seine Enkelin dort arbeitete, wo er nicht hindurfte, noch nicht einmal zum Hände waschen. Ein einziges Mal hatte sie ihn an seinem Arbeitsplatz besucht, ihre Mutter musste ihm das Mittagessen bringen. Seine Frau war für drei Wochen auf Kur. Das war zwar eine Erholung für sie, aber für Olivias Mutter bedeutete das die doppelte Arbeit. Wenn man ihren Erzählungen Glauben schenken darf, dann war ihr Leben in diesen drei Wochen ohnehin schlichtweg vorbei. Olivia ging an der Hand ihrer Mutter, obwohl sie dafür eigentlich schon etwas zu alt war. Die Fabrik war wahnsinnig laut. Überall lagen lange Rohre zwischen meterhohen Regalen, die Stapler zogen ihre Kreise und Olivia fühlte sich an »Pac-Man« erinnert. Der gehetzte Blick ihres Großvaters wirkte auch ein bisschen, als würden ihn Geister durch ein Labyrinth jagen. Er stand vor gestapelten Paletten, neben ihm ein Hubwagen. Als er Olivia und ihre Mutter kommen sah, nahm er seine Zigarette aus dem Mund, drückte die Glut mit den Fingern aus dem Filter und steckte den Rest in die Tasche seiner Latzhose. Er lächelte Olivia an, aber sobald er mit seiner Tochter redete, war das Lächeln auch wieder aus seinem Gesicht verschwunden. Dann war sein Blick kalt und nervös. Olivia verrenkte sich den Nacken, so hoch war die Halle. Es roch nach Öl und einer Sorte Dreck, die man nicht einfach wegputzen konnte. Als sie die Halle wieder verließen, fuhr hinter ihnen ein Stapler vorbei, der ein kleines Kassettenradio in der Fahrerkabine montiert hatte, aus dem blecherne Schlager schepperten. Jedes Mal, wenn ihr Großvater später auch

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Roman

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Entweder man macht es kurz, dann steht hier ausschließlich das: Alexander Lippmann, geboren 1978 in St. Pölten, ist Autor, Übersetzer und Sänger der Band Orgreave. Er lebt und arbeitet in Wien. Oder man macht es ein bisschen länger, dann kann man hinzufügen, dass sich Alexander Lippmanns Biografie auch mit der 25-jährigen Blattgeschichte von The Gap berührt. Als Mitglied der Redaktion lieferte er vor allem in den Nullerjahren regelmäßig Storys, etwa ein Cover über den englischen Weird-Fiction-Autor China Miéville. Geschichten erfindet Alex mittlerweile als Autor auch selbst. In seinem aktuellen Roman »Innere Gewalt«, es ist übrigens sein zweiter, begleitet er die Agenturkarriere der jungen Projektmanagerin Olivia, die ehrgeizig nach oben will und dabei an den flachen, hippen Hierarchien zerschellt. Eine mit nüchternem Blick und trockenem Humor verfasste Story, die das Absurde und Erbarmungslose der schönen, neuen Arbeitswelt offenlegt. Und zwar ohne dabei in Burnout-Kitsch und HamsterradGejammer zu versumpfen.

Alexander Lippmann

Wo siehst du dich in fünf Jahren? Es könnte sogar sein, dass sie einfach geht, einfach so, aufsteht und geht. Aber dann fällt ihr wieder ein, wie die letzte Kündigung gelaufen ist. Warmer Sekt und peinliche Stille, ein paar Kekse, die vom letzten Kundentermin übrig waren. Menschen, die zusammenkommen, um für 10 bis 15 Minuten Anteilnahme oder Freude zu simulieren. Man kann die Entfremdung dann beinahe mit den Händen greifen und eine Figur daraus formen, die für alle Ewigkeit durch die Gänge des Hauses wandert, ohne zu wissen wohin. Ein undeutlicher Golem, der immer dort erscheint, wo Kolleginnen in der Mittagspause schweigen, bis sie jemand erlöst und eine Frage zur Arbeit stellt, über die sie eigentlich keinesfalls reden wollten.

Zur Person

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Was würde fehlen, wenn es deinen Job nicht geben würde? Was würde dir dann fehlen? Was würde anderen fehlen? Ein Coach hatte ihr einmal geraten, ihren Job auf die elementarsten Tätigkeiten zu reduzieren, einfach damit sie ihm vermitteln konnte, wofür sie bezahlt wurde. Aber erstens hätte das ihren Großvater ohnehin nicht interessiert und zweitens war es einfach wahnsinnig deprimierend, diesem Gedankengang zu folgen. Olivia telefoniert und schreibt E-Mails. Ab und zu hat sie eine Besprechung, bei der sie über Nachrichten oder Telefonate redet und die damit endet, dass sie Menschen anrufen muss, weil die nicht reagiert haben. Immerhin studiert, denkt Olivia und wendet sich einer neuen Aufgabe zu.

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nur vermutete, dass sie schlechte Noten heimbringen könnte, war seine Warnung immer die gleiche: Wenn du nichts lernst, wirst du Hilfsarbeiterin und da schaut nichts dabei heraus. Für Olivia war das Konzept Hilfsarbeiterin allerdings so ungreifbar wie das Konzept Projektmanagement für ihren Großvater.

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Alexander Lippmann »Innere Gewalt« (Bahoe Books)

Anselm Tröster

Wo gehst du hin? Olivia? Was soll das heißen: »Ich möchte lieber nicht«? Danke für deine Ehrlichkeit. Wir melden uns, sobald eine Stelle frei wird, die zu deinen Angaben passt. Bitte öffne jetzt die Meditationsapp deines Smartphones und wiederhole den Slogan der Agentur: »Economics are the method: the object is to change the soul.« Du kannst dabei an Margaret Thatcher denken, wenn du weißt, wer das ist.

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* Es sei denn, du hast einen All-in-Vertrag. Du hast doch einen All-in-Vertrag, oder? Falls du nicht weißt, ob du einen All-in-Vertrag hast, wende dich bitte keinesfalls an den unheimlichen Mann, der durch den Wald hinter der Firma irrt und behauptet, dass er ein »Betriebsrat« ist. So etwas wie einen »Betriebsrat« gibt es nicht. Du hast nur schlecht geträumt.

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Filmpremiere Der Onkel

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Als der verschollen geglaubte Lebemann Mike erfährt, dass sein Bruder Sandro im Koma liegt, versucht er, dessen Platz einzunehmen. Das schwarze Schaf der Familie stellt die Dinge dabei rascher auf den Kopf, als man »Strizzi« sagen kann. Temporeiche Komödie von Michael Ostrowski und Helmut Köpping. Außerdem mit dabei: Anke Engelke, Hilde Dalik und Simon Schwarz.

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1 Wolfgang Ambros »Für immer jung« / »Ambros singt Waits« Das Beste aus 50 Jahren« verspricht die Zusammenstellung »Für immer jung«, die zum 70. Geburtstag der Austropop-Legende erschienen ist. Und auch die Neuauflage von Wolfgang Ambros’ musikalischer Annäherung an Tom Waits ist seit Kurzem im Handel erhältlich. Wir verlosen je ein Exemplar auf Vinyl sowie drei CDs des Best-ofs.

2 Wolfgang Ambros »A Mensch möcht i bleib’n«

Di., 3. Mai, 20 Uhr Gartenbaukino Parkring 12, 1010 Wien Wir verlosen 40 � 2 Tickets für die Wien-Premiere des Films »Der Onkel« in Anwesenheit von Michael Ostrowski, Anke Engelke, Hilde Dalik, u. v. m. Die Gewinnspielteilnahme ist bis 28. April unter www.thegap.at / gewinnen möglich.

In Kooperation mit

Alles Gute, Wolfgang Ambros, zum Zweiten! »Mein Leben zwischen Schuld und Schicksal« lautet der Titel dieser Autobiografie, die offen aus dem von Höhen und Tiefen geprägten Leben des Musikers berichtet. Eine Zwischenbilanz nach 50 Jahren auf der Bühne: Gibt es so etwas wie Schicksal? Gibt es Schuld und Sühne? Gerechtigkeit? Wir verlosen drei Exemplare des Buchs.

3 Klaus Pichler »The Petunia Carnage« Fotograf Klaus Pichler nähert sich mit seinem neuesten Projekt der wahren Geschichte rund um orangefarbene Petunien an, die durch Genmanipulation erschaffen worden waren und illegal in den Verkauf gelangten – bis eine zufällige Entdeckung schließlich zur ihrer weltweiten Vernichtung führte. Wir verlosen ein Exemplar des auf 350 Stück limitierten Buchs.

4 »Sargnagel – Der Film« Biopic oder Mockumentary? »Sargnagel« ist eine ungewöhnliche, nichtsdestoweniger charmante Literaturverfilmung, die clever zusammenkleistert, was im Sargnagel-Kosmos irgendwie eh zusammengehört: Realität und Fiktion. Mit Hilde Dalik, Michael Ostrowski, Voodoo Jürgens und natürlich Stefanie Sargnagel. Wir verlosen drei DVDs.

Teilnahmebedingungen: Die Gewinnspielteilnahme kann ausschließlich unter der an­gegebenen Adresse erfolgen. Die Gewinner*innen werden bis 29. April 2022 per E-Mail verständigt. Eine Ablöse des Gewinns in bar ist nicht möglich. Der Rechtsweg ist aus­ geschlossen. MitarbeiterInnen des Verlags sind nicht teilnahmeberechtigt.

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Lotus Film

5 »Lamb« Maria (Noomi Rapace) und Ingvar betreiben in den endlosen Weiten der isländischen Landschaft eine Schafzucht. Das einfache, naturverbundene Leben der beiden wird auf den Kopf gestellt, als eines ihrer Schafe ein mysteriöses Wesen gebiert. Mutter Natur steckt voller Überraschungen … Äußerst ungewöhnliches Folkdrama. Wir verlosen drei Blu-Rays.

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Vague 08

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»Out Soon« ist dieser Tage zu einem Versprechen geworden, das mit einer dicken Reisetasche voller Unsicherheiten daherkommt. Wer weiß denn schließlich schon, wann bald ist? Und welche Rolle spielt die Bestimmung dieses Zeitpunkts überhaupt, wenn sich zwischen QuarantäneSurvival-Paketen, Taschentüchern und gestapeltem Geschirr Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu einer zähen Masse vermischen? Außerdem drängt sich die Frage auf, ob es einem – frei nach Sibylle Berg – »überhaupt noch was sagt, das sogenannte Draußen«? Wären da nicht die glänzenden Schokostückchen auf dem Einheitsporridge, könnte man glatt daran zweifeln. Diesen Momenten des Zweifels setzt die fünfköpfige Band Vague auf ihrem neuen Album »Out Soon« kraftvolle, aufgeräumte, aber niemals eindimensionale Melodien entgegen. Selbst der Song »Hole«, der auf den ersten Blick von ebenjener zeitlosen Verlorenheit handeln könnte, schafft es, das sogenannte Draußen hoffnungsvoll schimmern zu lassen. Insgesamt unternimmt die Band auf ihrem dritten Album eine musikalische Reise durch die Jahrzehnte – vermengt gewissermaßen also auch Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft miteinander. Aber auf die gute Weise – nämlich ohne dass dabei ein Einheitsbrei entsteht. Ganz im Gegenteil, denn »Out Soon«, das wirklich bald herauskommt (versprochen!), überzeugt mit Klarheit, eingängigen Melodien und Reduktion an den richtigen Stellen. Klingen bei den beiden deutschsprachigen Songs »Elektrische Tage« und »Im Strom« unter anderem Kraftwerk durch, sind es bei vielen anderen Liedern des mit 15 Titeln reich bestückten Albums Einflüsse von New Wave und 70er-Jahre-Rockmusik, die man herauszuhören meint. »Waters«, jener Song, den die Band, als ersten Albumvorboten in die Welt geschickt hat, erinnert mit seinem fein gesponnenen Klangteppich an die Stone Roses. Fazit: Mit »Out Soon« legen Vague ein Album vor, das definitiv dabei hilft, an das sogenannte Draußen zu glauben. (VÖ: 5. Mai) Sarah Wetzlmayr

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Out Soon — Siluh

Roland Kluger

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Rezensionen Musik

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25Jahre 25Jahre Kreiml & Samurai

Und täglich grüßt das Untier — Honigdachs

Alex Dietrich

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»Und täglich grüßt das Untier«, unter diesem Titel wird die musikalische Bestie nach zwei Jahren wieder in Langfassung von der Kette gelassen. Kreiml & Samurai opfern dem Schweinehund ein 17 Track starkes Mixtape. Und obwohl die beiden Honigdachs-Rapper in den letzten Jahren mit einem konstanten Output nicht gerade untätig waren, ist in losen Nebenbei-Sessions genug musikalisches Material zusammengekommen, um gleich noch einen Release zu füllen. Während das letzte Album »Auf olle 4re« in einer Kollaboration mit der Beat-Koryphäe Brenk Sinatra entstanden ist, hat man diesmal auf das alte Producer-Netzwerk rund um Honigdachs zurückgegriffen. Insgesamt wurde mit zehn heimischen Producern zusammengearbeitet. Die Featureliste an Rap-Partnern ist mit neun Einträgen aber ebenfalls lang. Neben Bum Bum Kunst, DRK & Heinrich Himalaya, David Scheid und Lazy Swan finden sich gemeinsame Produktionen mit Drexor, Vaerz, Kschisch und Nikita Brale. Zu neuen Tracks gesellen sich alte Perlen wie zum Beispiel »Fitness« feat. Drexor oder »Ois Ok« feat. Bum Bum Kunst. Der Charakter des Tapes wird durch die Vielfalt und abwechslungsreiche Beat-Auswahl sowie die Features noch mal um eine Facette verfeinert. Das musikalische Ergebnis dieser Melange ist tighter Rap, straight aufs Maul. Ein Mixtape, wie man es sich nach klassischen Gesichtspunkten vorstellt. Eine Zusammenstellung an Tracks, bei denen der rote Faden durch die Dopeness gebildet wird. Und wie es sich für ein Mixtape gehört, ist »Und täglich grüßt das Untier« raw gehalten. Der Feinschliff sitzt, lässt aber jedem Track Raum zur Entfaltung. Hier wurde in gewohnter Manier und mit gekonntem Handwerk ein solides, vielseitiges Tape kreiert. Neben dem altbekannten Kosmos werden ergänzende Themen kredenzt. Dass der Umstand, dass Kreiml & Samurai mittlerweile stolze Väter sind, dabei eventuell eine Rolle spielt, lässt sich als Außenstehender nur erahnen. Dass sie ihren Schmäh, Wortwitz und Scharfsinn nicht verloren haben, stellen sie hier aber noch mal eindeutig unter Beweis. (VÖ: 13. Mai) Ghassan Seif-Wiesner Live: 7. Mai, Wien, Radiokulturhaus

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Rezensionen Musik

Richie Bravo

The New Mourning

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Steile Thesen sind wie Halbstarke, am stärksten in der Gruppe. Also: Wer noch nie etwas von Richie Bravo gehört hat, hat die 80er nicht erlebt. Wer seinen 1989er-Hit »Amore mio« nicht auswendig nach durchtanzten Nächten in den Sternenhimmel von Rimini geträllert hat, nicht geliebt. Wer nicht vor einem alten Röhrengerät auf jeden Auftritt von Richie Bravo bei Dieter Thomas Heck oder Uwe Hübner hingefiebert hat, gebannt wartend auf die nächste große Nummer, hat nie verstanden, was wunderbare Schlagermusik in einem auslösen kann. Und: Wessen Herz nicht gebrochen war, als es auf einmal aus war mit den Hits, mit dem Erfolg, mit einer Welt, in der Richie Bravo das sein kann, was er am besten kann, nämlich ein Schlagerstar, der sucht seine Emotionen immer noch vergeblich am Abgrund seiner Seele. Denn: Wer zu viel vom süßen Nektar des Schlagers kostet, hat irgendwann einmal eine Durststrecke. Jetzt aber: Neue Chance, weil Best-of-Album, produziert von Hit-Fabrikant Fuzzman und »FM4 Im Sumpf«Perlentaucher Fritz Ostermayer, ein Zuckerl für die alten Fans, die Einstiegsdroge für alle neuen, die der Neunkirchner Charmeur im Handumdrehen um den Finger wickeln dürfte. Die Hitdichte gibt es zumindest definitiv her: Sei es das sehr schnulzige »Amore mio«, damals ja Top Ten in Italien und in der Verlosung für die »AustroTOP«-Liste von The Gap, das picksüße »Insieme con te«, das großartig-zuckerwattige »SOS«, das atmosphärische »Schnaps«, das an Roger Whittaker erinnert, oder das sehnsuchtsvolle »Träume«. Alle zehn Stücke dieses Lebens können zu Stücken deines Lebens werden. Weil auf jede steile These – bitte an den Anfang dieses Textes zurückblicken, dann spannt sich der Bogen quasi automatisch … Also: Weil auf jede steile These zwangsläufig ein tiefer Absturz folgen muss, kommt hier die Enttäuschung: Natürlich ist das alles Quatsch! Die CD ist echt, aber Richie Bravo ist Fiktion, ihn hat es nie gegeben, ausgedacht von Ulrich Seidl und Schauspieler Michael Thomas für »Rimini«, den Film, den du als Nächstes schauen und vermutlich ziemlich gut finden wirst. Aber: Ist nicht gerade die Fiktion das Schöne? Ist die heile Welt nicht gerade die einzig geile Welt? Schreib’s in die Kommentare. (VÖ: 8. April) Dominik Oswald

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When the Light Fades — Noise Appeal Thomas Pronai kennt man von seinen beiden Projekten The Beautiful Kantine Band und Bo Candy & His Broken Hearts. In Österreich und Deutschland genießen beide vor allem im Livekontext einen hervorragenden Ruf. Den Rastlosen interessiert Routine jedoch nicht. Die Auseinandersetzung mit sich selbst und der Welt endet beim Bekannten und beginnt über das Neue, die Neugierde, das Verschieben von Grenzen. Mit seinen musikalischen Mitstreitern – Georg Allacher (Gitarre), Gerald Allacher (Schlagzeug) und Michi Rieder (Gitarre) – beschreitet Pronai nun als Kopf von The New Mourning mit dem Debüt »When the Light Fades« neue Pfade. Produziert wurde in Pronais eigenem Studio in der Cselley Mühle in Oslip. Die Basic-Tracks spielte die Band in einer zweitägigen Tourpause kurz und bündig live aufs Band. Danach arbeitete Pronai gemeinsam mit Andreas Spechtl (Ja, Panik) an den Overdubs. Grund zur Panik gibt es keine. Spechtls synthetischer Beitrag zum puristischen Tauchgang ins Düstere erweitert die Platte um ästhetische Aspekte, die der selbstauferlegten musikalischen Askese nicht im Weg stehen. Die knarzenden Indie-Rock-Gitarren und das tribalistische Trommeln lassen im Gegenteil Raum für weitere Klangebenen. »When the Light Fades« bleibt trotzdem organisch, ufert ins Mantra aus, ist manchmal etwas unheimlich und trotz der wenigen Worte voll poetischer Wucht. Gelangweilter Defätismus aus den wohlstandverwahrlosten 90er-Jahren taucht hie und da in Pronais kargem Gesang auf. Die Songs auf dem Debüt der Rockband aus Österreich enden entweder in ihrer sonischen Eskalation oder lösen sich am Schluss in sich selbst auf. »I Lost My Faith in You«, »My Darkest Friend« oder »When the Light Fades« sind nachdenkliche Reisen in schwarze Episoden. Auf dem Album ist aber auch Platz für Brit-Pop, hysterischen Rock ’n’ Roll, The Beatles und Ennio Morricone. Die staubtrockenen Verweise auf Letzteren sind natürlich Qualitätsmerkmale. Die Wüste sollte man nie alleine betreten. Ist es das, was das Menetekel »Fall from Grace« ganz am Schluss auf »When the Light Fades« sagen will? (VÖ: 29. April) Tobias Natter

San Tropez Records, Viktoria Euler, Anna Breit

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Lieder meines Lebens — San Tropez

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San Tropez Records, Viktoria Euler, Anna Breit

LIAM GALLAGHER C‘MON YOU KNOW Rosa Anschütz

Goldener Strom — BPitch Control

DAS ALBUM 27.05.22

WARNER MUSIC AUSTRIA WÜNSCHT

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Als Rosa Anschütz im November 2020 ihr Debütalbum »Votive« vorlegte, traf sie damit in das riesige schwarze Loch, das die damals noch als überwunden vermutete Pandemie in der Seele der Gesellschaft öffnete – um es in den folgenden Monaten noch weiter auszudehnen. Seither war es noch schwieriger abzuschätzen, wohin sich die diversen Künstler*innen von Wiens Underground-leaning Szene musikalisch bewegen. Es gab die, die aufhörten, die, deren Musik überraschenderweise einiges an Fröhlichkeit und Unbeschwertheit gewann, und quasi alles, was dazwischen liegt. Im Fall von Rosa Anschütz und ihrem neuen Album »Goldener Strom« verhält es sich zwar so, dass die Grundstimmung eine ist, die auch auf »Votive« verstanden wurde, aber die zweite Platte ist nun doch von einem zuversichtlichen Aufbruch geprägt, dessen Blick nur eine Richtung kennt: nach vorne. Die neun Songs hat die Wahlwienerin Rosa Anschütz – wie schon auf dem vorherigen Album – gemeinsam mit dem Berliner Produzenten Jan Wagner aufgenommen. Beiden war laut Begleittext wichtig, dass alles, was sie aufnehmen, möglichst schnell einen Abschluss findet: »Wenn es irgendwo hakte, wurde der Track liegen gelassen und verworfen.« So kommt es, dass »Goldener Strom« ab dem ersten Schlag losmarschiert. Der Opener »Their Blood« ist wie »Sold Out« schon als Single draußen, die anderen Tracks schlagen in dieselbe Kerbe – deutlich mehr Beat, Rhythmik stärker im Fokus als beim Erstlingswerk. Trotzdem bleibt noch genügend Platz für Synth-Pads galore und den Anschütz-typischen NotizbuchVibe. Bloß, dass das Album eben mit einer harten Kickdrum beginnt und aufhört. Als einziges Stück, das die deutsche Sprache utilisiert, sitzt übrigens der Titeltrack in der Mitte des Albums. Mit digitalem Knistern, noisy Synths und wieder: treibendem Beat. Wer »Votive« in seinen Jahres-Top-Listen 2020 hatte, wie der Autor, braucht mit »Goldener Strom« eine gewisse Zeit zum Warmwerden. Wem aus Rosa Anschütz’ Katalog allerdings noch immer der Kobosil-­ Remix von »Rigid« im Hinterkopf pulsiert, kann dieses Album vorsorglich schon mal irgendwo notieren. (VÖ: 27. Mai) Sandro Nicolussi

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ALLES GUTE ZUM 25. GEBURSTAG

DAS ALBUM 13.05.2022 07.04.22 18:03


poolbar Festival Altes Hallenbad + Reichenfeld

Feldkirch, Vorarlberg

Lineup

2022

Sportfreunde Stiller Girls against Boys, Kytes, 5/8erl in Ehr’n, Lola Local Natives Clowns, Marsh, JC Stewart, Alicia Edelweiss, Black Sea Dahu, As I Lay Dying Erol Alkan, Los Bitchos, Friedberg, Takeshi’s Cashew Agnes Obel 07. Jul Metronomy —14. Aug Jeremy Loops HVOB Ski Aggu, Alfred Dorfer, Glauque, Ätna, Witch, Some Efterklang Sprouts, OSKA, Wolf Haas, SWIFT CIRCLE, Salute, Psychedelic Porn Crumpets, Kaltenkirchen Yves Tumor Nischen bis Pop

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Wienerzucker 059

»Alles was weg muss«

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Daniel Lauks

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P ROMOTION

Nach einigen digitalen Singles gibt es ab 13. Mai das Tonträgerdebüt von Wienerzucker. Der Liedermacher lebt in Wien und orientiert sich auf »Alles was weg muss« an den Anfängen seines musikalischen Schaffens. Die EP enthält deshalb sechs reduziert produzierte Akustiknummern. »Aus dem Leben gegriffen, euch zu Füßen gelegt.« Schon die ersten Worte des Albums verraten, um was es geht. Wienerzucker ist Geschichtenerzähler. Seine Geschichten erzählen vom Leben in Wien, von Begegnungen oder von Reisen zu Bukowski und in andere Realitäten. Melancholisch zeichnet »Alles was weg muss« eine Nahaufnahme in Zeitlupe vom Dasein selbst. Untermalt von sanften Violinen, kräftigen Trompeten und einem verspielten Klavier, geht es aber vornehmlich um Gitarre und Gesang. Wienerzucker gewährt mittelbare Einblicke in sein Innerstes. Die Songs sind sanfte Annäherungen an die Verwundbarkeit des Menschen. Intimität – textlich als auch klanglich – ist Konzept auf dieser EP: Aufgenommen im eigenen Schlafzimmer, ist Optimierung nicht der Anspruch. In der Ruhe liegt die Kraft. Nachdenklich, manchmal lyrisch, nähert sich Wienerzucker dem Leben aus verschiedenen Perspektiven. Auf »An pickn« geht es um die gesellschaftspolitische Auseinandersetzung im öffentlichen Raum. Die Gefahr, in musikalische Lagefeuerromantik abzudriften, ist manchmal etwas höher als notwendig. Bei aller tonalen Zurückhaltung – die Texte sind dann doch manchmal rustikaler als erwartet. Weil im Dialekt lässt sich treffend das formulieren, was auch mit milden Tönen vorgetragen, Wien und sein Leben beschreibt. Doch bewegt sich Wienerzucker lyrisch in sicherer Entfernung zum Kitsch. Auf »Liebeskind« spricht das gebrochene Herz. Für die Singleauskopplung greift er etwas tiefer in die Trickkiste und bemüht die Kratzstimme mehr als sonst. Gabalier erscheint aber nur ganz kurz als blasse Ermahnung. Macht nichts, kein Stimm-, äh, Beinbruch. »Oarschloch« und »is ma wurscht« sind zwar keine Songs auf dem Album, aber in Österreichs Hauptstadt, wenn richtig eingesetzt, durchaus Begriffe mit lyrischem Potenzial. Siehe: »Alles was weg muss«. (VÖ: 13. Mai) Tobias Natter Live: 13. Mai, Wien, Werk

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Termine Musik

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ÖSTERREICHS CLUBSZENE IM RADIOKULTURHAUS

DOWNERS & MILK

17.05.2022

© Manolo Ponte

DETAILS UND TICKETS: radiokulturhaus.ORF.at

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Ja, sogar das Kleingedruckte! Und damit bist du nicht allein. Werbung in The Gap erreicht ein interessiertes und sehr musikaffines Publikum. Und das Beste daran: Für Bands und Musiker*innen bieten wir besondere Konditionen. Absolut leistbar, auf all unseren Kanälen und nah dran an einer jungen, aktiven Zielgruppe. Melde dich, wir beraten dich gerne! sales@thegap.at

Ein Vierteljahrhundert The Gap 25 Jahre sind eine ganz schön lange Zeit. Insbesondere im sich ständig wandelnden Medienbereich. Umso mehr freuen wir uns, dieses Jubiläum feiern zu dürfen – mit euch und einem Line-up, das man sich schöner kaum vorstellen kann: Culk, Farce (Foto), Zinn und Zack Zack Zack übernehmen die Bühne, im Anschluss daran Therese Terror, Selena Pommes, Welia und Kobermann die Abspielgeräte. Nenn es eine richtig lange Party oder nenn es zwei Partys in einer – Hauptsache du kommst und machst mit uns die Nacht zum Tag! 22. April Wien, Fluc

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The Smile *Zustellzeiten finden Sie unter:

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Es ist wenig überraschend, dass ein neues Projekt von Thom Yorke und Jonny Greenwood für Aufregung sorgt. Gemeinsam mit Tom Skinner von den zornigen Jazzern Sons of Kemet haben die beiden Radiohead-Legenden voriges Jahr The Smile an den Start gebracht – mit einem Gig beim gestreamten Glastonbury-Ersatzevent Live at Worthy Farm. Und, was soll man sagen? Die Aufregung ist angebracht, die Musik (produziert von good old Nigel Godrich) für die Beteiligten nicht völlig neu, aber doch wieder sehr gut. 17. Mai Wien, Gasometer

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Termine Musik 20 Jahre Fluc

highlights

Donaufestival Die sechs Tage des Donaufestivals stehen heuer unter dem Titel »Stealing the Stolen« und thematisieren Aneignungsprozesse, die Kritik daran und ihre Potenziale. Im Musikprogramm schlägt sich dies in Neuinterpretationen, Umdeutungen und Brückenschlägen nieder. Zu sehen sind u. a. Arca, Fehler Kuti, Les Filles de Illighadad (Foto), Shabazz Palaces sowie Soap & Skin. 29. April bis 8. Mai Krems, diverse Locations

Manuel Fronhofer

Apollonia Theresa Bitzan, Alex Lake, X-Ray Production, Mirat Ghislain, Kidizinsane, Lena Kuzmich, Sophie Löw

Yasmo & die Klangkantine Die Veranstaltungsreihe Loftival präsentiert jeden ersten Donnerstag (und dank Corona an einigen zusätzlichen Nachholterminen) heimische Künstler*innen bei freiem Eintritt im Wiener Club The Loft. Yasmin Hafedh, besser bekannt als Yasmo, übernimmt den Mai und lässt sich für ihre Raps mit Haltung von der spielfreudigen Klangkantine, einer neunköpfigen Jazzformation anfeuern. 5. Mai Wien, The Loft

Kerosin95 »Was gibt’s heute zum Mittagessen? Ich glaube Beef.« Kerosin95 hat für die aktuelle Single »Trans Agenda Dynastie« die Boxhandschuhe mitgebracht und schickt ein paar verbale Mittelfinger in Richtung trans*feindlicher Hohlköpfe. Neue EP, erweiterte LiveBesetzung – Tour! 6. Mai Innsbruck, Die Bäckerei — 7. Mai Dornbirn, Conrad Sohm — 20. Mai Salzburg, ARGE Kultur — 21. Mai Graz, Dom im Berg — 22. Mai Wien, WUK

Doppelfinger Berührend schöne Musik, die sich die Zeit nimmt, die sie braucht – so lässt sich das Debütalbum »By Design« von Clemens Bäre alias Doppelfinger zusammenfassen. Die Gitarre wird darauf mit sanftem Nachdruck gezupft, die Mundharmonika mit einem Hauchen zum Leben erweckt. 19. Mai Innsbruck, Die Bäckerei — 20. Mai Graz, Orpheum — 21. Mai Steyr, Röda — 26. Mai Wien, B72 — 9. Juni Baden, Cinema Paradiso

Gewalt

Salamirecorder

Black Midi

Wucht, Intensität und Emotion werden hier in so etwas wie Musik übertragen, genauer: in gnadenlosen Noise-Rock. Macht keinen Spaß, ist aber großartig. 27. April Graz, Orpheum Extra — 29. April Wien, Fluc — 30. April Dornbirn, Spielboden — 1. Mai Villach, Kulturhof — 3. Mai Innsbruck, PMK — 6. Mai Salzburg, ARGE Kultur

Ein Dreierpack im Zeichen der räudigen Gitarren teilt sich an diesem Abend die Bühne: Von Salamirecorder and the Hi Fi Phonos gibt’s garagigen Punk-Sound, bei I’m a Sloth wird der Grunge der 90er-Jahre zelebriert und T.R.S. bewegen sich zwischen Alternative Rock, Noise und Crossover. 29. April Wien, 1019 Club

Mit »Schlagenheim« legten Black Midi 2019 ein vertrackt-lärmendes Debütalbum vor, das seinen Art-/Noise- / Math-Rock mit ordentlich Irrwitz verschnitt. Nachgelegt wurde dann 2021 in Form von »Cavalcade« – und zwar ähnlich unruhestiftend. Wahrlich nichts für schwache Nerven! 14. Mai Wien, Flex

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Bild: Javier Encinas

Am 1. Mai feiert das Fluc am Praterstern seinen 20. Geburtstag. Man kann also längst von einer Institution der Wiener Clubszene sprechen. Schon in seinen Anfangstagen vereinte das Lokal Livemusik, Kunst und Party. Zum Runden gibt’s nun ein fünftägiges Jubiläumsprogramm inklusive Ukraine-Benefiz – mit dabei: Skofi & Skyfarmer, Afu-Ra (Foto), Gewalt und viele mehr. 27. April bis 1. Mai Wien, Fluc

Hosea & Klaus Ratschiller 23.04. Calexico 26.04. Martin Puntigam 27.04. Alfred Dorfer 30.04. HVOB 30.04. SDP 04.05. Django Asül 05.05. Avec / Oskar Haag 06.05. Suchtpotenzial 07.05. Yllana (ESP) 09.05. Rudi Anschober 09.05. Frank Turner & The Sleeping Souls 14.05. Schwarz spielt Dracula 16.05. Peter Filzmaier 17.05. Leo Lukas & Gäste 18.05. Jeremias 19.05. Leo Bassi (ITA) 20.05. Schubert Theater 21.05. BumBumKunst & Skero 21.05. Sophie Hunger 26.05. Clara Frühstück & Oliver Welter 27.05. Wolf Haas 28.05. Ringlstetter & Band 02.06. Friska Viljor / Messina 03.06. Crash Test Dummies 10.06. Kettcar 14.06. Chilly Gonzales 16.06. Meute 17.06. Stermann & Grissemann 23.06. Hazel Brugger 25.06. Benedikt Mitmannsgruber 23.04.

www.posthof.at POSTHOF – Zeitkultur am Hafen, Posthofstraße 43, A – 4020 Linz Info + Tickets: 0732 / 78 18 00 kassa@posthof.at | www.posthof.at Weiterer VVK: LIVA Servicecenter im Brucknerhaus, Thalia Linz, oeticket und alle oberösterreichischen Raiffeisenbanken.

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Termine Festivals

3 Fragen an Sabine Gebetsroither & Katharina Riedler

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Crossing Europe Filmfestival

Ihr habt im Oktober gemeinsam die Leitung des Crossing Europe übernommen – von Christine Dollhofer, die nach 18 Jahren beim Festival zum Filmfonds Wien gewechselt ist. Schon zuvor habt ihr das Festival in anderen Positionen mitgeprägt. Darf man von einer gewissen Kontinuität ausgehen? Ja, das darf man. Für uns beide ist die dezidiert europäische Ausrichtung des Festivals, die Christine Dollhofer über viele Jahre praktiziert hat, quasi die DNA von Crossing Europe. Wir kennen Linz und das Kinopublikum in der Stadt sehr gut, und darum wissen wir um das Standing des Festivals – es ist enorm wichtig, dass Ausrichtung, Größe und »Verpackung« einer Kulturveranstaltung zur Stadt passen. Darum passt das Legere, Niederschwellige von Crossing Europe unserer Meinung nach sehr gut zu Linz. Wir führen viele Dinge weiter, weil sie funktionieren, gerade auch im Bereich der Festivalorganisation. Kleinigkeiten haben wir adaptiert, neu gedacht, auch im Programm. So haben wir heuer etwa erstmals ein europäisches Kurzfilmprogramm. Welche Ziele habt ihr euch fürs erste Jahr gesetzt? Man muss gerade nach zwei Jahren Pandemie sehr pragmatisch sein. Die vergangenen beiden Festivalausgaben waren nicht einfach, 2020 musste das Festival abgesagt werden – und es wurde dann in mehreren Teilen über das restliche Jahr »nachgeholt«. Und 2021 mussten wir verschieben und eine »Corona-Ausgabe« stemmen. Darum ist es uns wichtig, dass wir uns dieses Jahr konsolidieren. Auf welche inhaltlichen Schwerpunkte und Highlights darf sich das Publikum besonders freuen? Diversität im Programm ist uns wichtig, und dass es im Rahmen des Festivals unterschiedlichste Dinge zu entdecken gibt, durchaus auch für unterschiedliche Geschmäcker. Zudem ist es uns auch ein Anliegen, zu zeigen: Europa ist vielfältig und vielsprachig. Da sehen wir uns auch in der Tradition von Christine Dollhofer. Und es geht uns neben Inhalten und Themensetzungen im Besonderen um Filmkunst. Was kann Film leisten, als »siebte Kunst«, in Zeiten, wie wir sie derzeit erleben? Crossing Europe Filmfestival 27. April bis 2. Mai Linz, diverse Locations

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Craft Bier Fest 1516, das Jahr, in dem das sogenannte Reinheitsgebot veröffentlicht wurde, steht für eine Biertradition, die Hopfen, Malz, Hefe und Wasser als einzig erlaubte Brauzutaten einstuft. Insofern ist es auch für das Craft Bier Fest ein signifikantes Datum – eines, an dem sich die Geister scheiden. Die historische Vorschrift war schließlich als Qualitätsmaßstab gedacht, sie hat sich in Anbetracht der neuen kreativen Biervielfalt aber auch ziemlich überholt. Die ist nämlich, nicht nur was die Zutaten betrifft, viel offener ausgerichtet. Als Freund*in von IPA, Sour, Stout & Co kann man davon ohnehin ein Lied singen. Und alle anderen sollten sich im Mai davon überzeugen, nämlich im Prater, wo eine Open-Air-Ausgabe des Craft Bier Fests stattfinden wird. Hoch die Verkostungsgläser! 13. und 14. Mai Wien, Praterbühne

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Termine Festivals

Mit je zwei Ausgaben in Wien, Graz und Vorarlberg lädt der Feschmarkt heuer insgesamt sechsmal zum Date mit Kleinproduzent*innen und Start-ups aus den Bereichen Kunst, Mode, Möbel, Kosmetik, Vintage, Sport, Kids, Schmuck, Papeterie, Delikatesse sowie Food & Drinks. Als Erstes wären diese beiden feschen Termine dran: 6. bis 8. Mai Graz, Seifenfabrik — 3. bis 5. Juni Wien, Ottakringer Brauerei

Manuel Fronhofer, Jana Wachtmann

Violetta Wakolbinger, Supersud, Laura Huertas Millán, Fifteen Seconds

Ausgabe Nummer 19 des internationalen Kurzfilmfestivals versucht unter dem Motto »We’ve Come a Long Long Way Together« durch den Blick in die (Film-)Geschichte etwas für die Zukunft zu lernen – und zwar auf Basis eines Archiv-Schwerpunkts. Außerdem ist Laura Huertas Millán eine Personale gewidmet. Die gebürtige Kolumbianerin setzt in ihrem Werk Exotismus, Ethnografie und Anthropologie in eine spannende Wechselbeziehung. Die vollständige Vienna-Shorts-Filmliste wird Anfang Mai veröffentlicht. Übrigens: Auch online wird das Festival wieder Programm anbieten, das sogar bis inklusive 30. Juni. 25. bis 30. Mai Wien, diverse Kinos

Vienna Gin Festival Gin erfreut sich konstant hoher Beliebtheit. Davon zeugt nicht nur der große Facettenreichtum des Wacholderschnapses, den insbesondere die vielen kleinen, höchst kreativen Destillerien zelebrieren, sondern auch das Vienna Gin Festival. Rund 50 Aussteller*innen präsentieren dabei mehr als 150 Erzeugnisse. Außerdem gibt’s Masterclasses, Showeinlagen, Food-Pairings und Signature-Drinks namhafter Bartender. 6. und 7. Mai Wien, Semperdepot

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Vienna Shorts

Parallel Editions Mit dem Veranstaltungsformat Editions setzt die Kunstmesse Parallel Vienna einen Schwerpunkt auf Editionen, Grafiken, Multiples, Kleinplastiken, Objekte, Skulpturen und Kunstbücher. 40 Galerien, Projekträume und Kunstinitiativen werden im Semperdepot, dem Atelierhaus der Akademie der bildenden Künste, mit Kunsteditionen vertreten sein. Die Idee dahinter: Interessierten einen niederschwelligen Zugang zum Kunstmarkt zu ermöglichen. 12. bis 15. Mai Wien, Semperdepot

Creative Days Vienna

Fifteen Seconds Als Festival for Innovation and Creativity setzt das Fifteen Seconds auf Inspiration, Wissenstransfer und Networking. An die 10.000 »neugierige Geister« erwarten die Verantwortlichen, »um gemeinsam den Funken menschlicher Kreativität zu entzünden und Lösungsansätze auszutauschen«. Zehn Themen, die die Welt zukünftig prägen werden, stehen dabei im Fokus: Sie reichen von Plant-Based über Female Leadership und Green Tech bis hin zu Ungendered Lifestyle. Rund 150 internationale Speaker*innen werden für das Festival nach Graz anreisen. 9. bis 10. Juni Graz, diverse Locations

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Die Wirtschaftsagentur Wien lädt im Juni wieder die führenden Köpfe der internationalen Kreativbranche zum professionellen Austausch nach Wien ein. Auf dem Programm stehen Keynotes, Panels und Networking. Thematisch wird sich die Veranstaltung diesmal um den Themenbereich »Culture & Technology« drehen, also darum, wie digitale Technologien die Zukunft kultureller Erlebnisse prägen und welche Möglichkeiten daraus entstehen. 1. und 2. Juni Wien, Volkskundemuseum

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Auf dieses Schmankerl darf man gespannt sein: Die Akademie der bildenden Künste Wien versammelt Alte Meister und Werke der Gegenwartskunst an einem Ort und verspricht eine fruchtbare Gegenüberstellung mit zahlreichen Zugängen. Es ist die erste Ausstellung unter der Leitung von Sabine Folie, der neuen Direktorin der Kunstsammlungen der Akademie. Das Line-up – von Hieronymus Bosch über Albrecht Dürer bis Anna Dorothea Therbusch auf der einen Seite und von Marcel Broodthaers über Valie Export bis Anna-Sophie Berger / Teak Ramos auf der anderen – liest sich jedenfalls spektakulär und steht ganz im Zeichen der Idee des »transhistorischen Museums«. Klingt kopflastig, soll die Sache aber leichter machen. bis 30. Oktober Wien, Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste

Das entwendete Meisterwerk. Bilder als Zeitmaschinen

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Termine Kunst

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Termine Kunst Herbert W. Franke. Visionär Herbert W. Franke ist promovierter Physiker, preisgekrönter Sachbuch- und Science-Fiction-Romanautor und gilt noch dazu als Visionär der digitalen Kunst, die er schon früh vorangetrieben hat. Das macht ihn zum Sinnbild der interdisziplinären Wissenschaft und zeitgenössischen Kunst gleichermaßen. Seine Arbeit kreist um Fragen der Metaphysik und zeigt dabei die Klarheit einer wissenschaftlichen Analyse und die Kreativität eines Erfinders. Anlässlich seines 95. Geburtstags wird sein Lebenswerk in einer Ausstellung des Francisco Carolinum in Linz gewürdigt. bis 12. Juni Linz, Francisco Carolinum

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Rauschenberg. Japanese Clayworks In Salzburg werden einige Arbeiten Robert Rauschenbergs aus den 1980er-Jahren teilweise zum ersten Mal außerhalb Japans präsentiert. Zwei Werkreihen sind auf mehreren Reisen in das Land entstanden, zwei Serien, die sich mit der traditionellen japanischen Keramikkunst auseinandersetzen, aber auch mit dem Blick des Außenstehenden auf diese. Umgekehrt wird auch die Rezeption westlicher Kunst in Japan reflektiert und in typischer Rauschenberg-Manier die Binarität von Malerei und Skulptur aufgebrochen sowie Autor*innenschaft verhandelt. bis 9. Juli Salzburg, Villa Kast

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Victor Cos Ortega Anna-Sophie Berger / Teak Ramos, Herbert W. Franke, David Hockney / Tate, Ron Amstutz / The Robert Rauschenberg Foundation / ARS, Gregor Titze

David Hockney. Insights Neben Ai Weiwei in der Albertina Modern und Salvador Dalí im Unteren Belvedere ein weiterer Blockbuster, den die Wiener Museumslandschaft gerade zu bieten hat – und noch dazu ein würdiger! Neben einigen ikonischen Bildern seiner Badenden und den mittlerweile auch schon kultigen iPad Paintings werden weniger bekannte Seiten des einst teuersten lebenden Künstlers präsentiert, um die ganze Bandbreite seiner Kunst zu zeigen. Hockney als reflektierter Maler und homosexueller Mann, als poetischer Beobachter und tragikomischer Erzähler. Love it or love it. bis 19. Juni Wien, Bank Austria Kunstforum

Black Pages 01–100 Das Wiener Artist Fanzine Black Pages ist seit etwas mehr als zehn Jahren Teil der Wiener Kunstszene. Jede Ausgabe wird von je eine*r Künstler*in gestaltet und gibt aufstrebenden Künstler*innen die Möglichkeit, sich auf einer demokratisierten Plattform – die 16 Schwarz-Weiß-Seiten in DIN A5-Format gelten immer – in eine illustre Reihe einzutragen. Zum Anlass der Veröffentlichung der 100. Ausgabe wird Black Pages jetzt selbst zum Ausstellungsobjekt, der Ausstellungsraum sozusagen zur Matrjoschka. Kommt mit einem Begleitprogramm an Performances und Konzerten. bis 17. Juli Wien, Franz Josefs Kai 3

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Termine Filme & Serien

3 Fragen an Michael Ostrowski

Luzifer Regie: Peter Brunner ———— Johannes (Franz Rogowski) ist zwar erwachsen, hat aber den Verstand eines Kindes. Er lebt mit seiner strenggläubigen Mutter Maria (Susanne Jensen) und seinem Adler auf einer abgeschiedenen Almhütte. Gebete und Rituale bestimmen den Alltag. Nach und nach beginnt der Tourismus Einzug in die zuvor abgeschottete Welt zu halten und eine Kette von unheilvollen Ereignissen nimmt ihren Lauf. »Luzifer« basiert auf einer wahren Geschichte, die Dreharbeiten fanden in Tirol und Südtirol statt. Im Regie-Statement erklärt Peter Brunner: »In meinen Filmen wird Sozialrealismus mit poetischen Stilmitteln aufgebrochen, echte Menschen kollidieren mit fiktiven Figuren. Mein Ziel ist die Übersetzung eines inneren Zustands in pures Kino.« Auszeichnungen gab es u. a. bereits beim Locarno Film Festival, beim Fantastic Fest und beim Pendance Film Festival. Start: 22. April

Im Autoren-Regie-Statement wird der Film als »erste melodramatische schwarze Komödie mit Tierparabel« bezeichnet. Wie würdest du die Figuren Mike und Sandro beschreiben? Mike und Sandro sind zwei absolut unterschiedliche Brüder. Der eine ein erfolgreicher Immobilienanwalt mit Trophy Wife, zwei Kindern und einer Traumvilla in der Vorstadt. Der andere ein Streuner, Trickbetrüger und Tagedieb, der in seinem Ford Escort lebt. Und doch sind sie einander sehr ähnlich, sie sind wie zwei Seiten einer Medaille, untrennbar miteinander verbunden. Indem ich beide Brüder spiele, kriegt das Ganze noch einen leicht surrealen Touch, finde ich. Der Film vereint Komödie und Tragödie. Wie gelang dieser Balanceakt? Man kann den tristesten Phasen im Leben nicht absprechen, dass es darin lustige, abstruse Momente gibt. Und das fanden wir spannend. Was passiert, wenn so ein weirder Onkel in einem hochdramatischen Moment auf eine Familie trifft, wo der Vater gerade ins Koma gefallen ist? Das hat – humoristische – Sprengkraft. Aber der Film ist auch ein Film über die Liebe und das Leben, das man gerne führen würde, aber sich nicht traut. Der Onkel trifft auf die Familie und wirkt wie ein Katalysator für ihre Wünsche und verdrängten Sehnsüchte. »Der Onkel / The Hawk« Start: 6. Mai

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Dear Future Children Regie: Franz Böhm ———— Aktivismus hat die letzten Jahre geprägt: Seien es die freitäglichen Demos von Fridays for Future oder die Black-Lives-Matter-Proteste, Aktivist*innen kämpfen für eine bessere Welt – auf den Straßen und auf Social Media. Eines haben viele dieser – vor allem online stattfindenden – Aktionen gemeinsam: Junge Menschen geben den Ton an. Franz Böhm rückt in seiner neuen Dokumentation, die ihre Premiere beim Filmfestival Max Ophüls Preis 2021 feierte, drei Aktivistinnen in den Fokus. Sie kommen zwar von unterschiedlichen Flecken der Welt (Hongkong, Uganda und Chile), aber sie alle wollen eines: Diese Welt für sich und ihre Nachfahren bewahren. Franz Böhm hatte die Idee zum Film 2019, die Arbeit an dem Projekt, das durch Crowdfunding ermöglicht wurde, dauerte dann bis Anfang 2021; es waren u. a. Filmschaffende, Journalist*innen sowie weitere Aktivist*innen beteiligt. Start: 3. Juni

Manuel Schaffernak, Stadtkino Filmverleih, Camino Filmverleih, Netflix, Sky / SRF

Du bist in »Der Onkel / The Hawk« nicht nur vor der Kamera zu sehen, sondern hast auch – gemeinsam mit Helmut Köpping – das Drehbuch verfasst und Regie geführt. Was war dir bei diesem Projekt besonders wichtig? Helmut und ich haben an der Story rund um den Onkel schon seit vielen Jahren gearbeitet, bis wir die für uns richtige Mischung aus Komödie und Drama gefunden hatten. Die Grundsituation wussten wir schon lange, aber das Drumherum zu entwickeln, das dauerte. Es war uns wichtig, auch eine kleine typisch österreichische Korruptionsgeschichte mitzuerzählen. Sie sollte die Handlung antreiben, aber nicht im Zentrum stehen. Es geht um diese Familie und ihre Nachbarn, über diesen Kosmos an gegenseitigen Begierden. Es ist leicht und schwer gleichzeitig, melancholisch und voller Slapstick.

Barbara Fohringer

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»Der Onkel / The Hawk«

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Manuel Schaffernak, Stadtkino Filmverleih, Camino Filmverleih, Netflix, Sky / SRF

Barbara Fohringer

Massive Talent Regie: Tom Gormican ———— Nicolas Cage spielt Nicolas Cage: Als abgehalfterte Schauspieler nimmt Cage das Angebot eines Milliardärs an, bei dessen Geburtstag aufzutreten. Doch er weiß nicht, dass dieser der Anführer eines Drogenkartells ist. Cage wird Informant der CIA – und bekommt die Rolle seines Lebens. Ganz schön meta und mit vielen weiteren Stars wie Demi Moore, Sharon Horgan, Neil Patrick Harris und Tiffany Haddish. Start: 22. April

Doctor Strange in the Multiverse of Madness

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Regie: Sam Raimi ———— Doctor Strange kehrt auf die Leinwand zurück. Dieses Mal übernahm Sam Raimi die Regie, in der Hauptrolle ist wieder Publikumsliebling Benedict Cumberbatch zu sehen. Er reist mit alten und neuen Weggefährten durch die alternativen Realitäten des Multiversums, denn das Ende aller Dimensionen muss verhindert werden. Start: 4. Mai

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MIT EXTRA VIEL

RINDFLEISCH

Regie: Ti West ———— 1979, RJ (Owen Campbell) und Lorraine (Jenna Ortega) fahren mit einem Filmteam nach Texas, dort wollen sie auf einer kleinen Farm einen Porno drehen – und zwar einen hochwertigen. Die Gastgeber wissen jedoch nichts von diesen Plänen … Ti West bleibt dem Horrorgenre treu und hat rund um »X« eine ganze Triologie geplant. Teil zwei soll den Namen »Pearl« tragen und ist bereits in Vorbereitung. Start: 5. Mai

AUS ÖSTERREICH

Taktik Regie: Marion Mitterhammer & Hans-Günther Bücking ———— Frei nach einer wahren Begebenheit erzählt »Taktik« von drei Geiselnehmern, ihren drei Opfern und dem Polizisten, der versucht, das Verbrechen zu stoppen. Simon Hatzl spielt genau diesen Polizisten, der sich ein telefonisches Duell mit dem Anführer der Geiselnehmer (Harald Krassnitzer) liefert. Start: 6. Mai

Alice Schwarzer Regie: Sabine Derflinger ———— Nach Johanna Dohnal widmet sich Sabine Derflinger nun einer weiteren bekannten, wenn auch umstrittenen Feministin: Alice Schwarzer. Anhand von Archivaufnahmen und Interviews mit Wegbegleiter*innen zeichnet sie deren Weg nach. Porträt und Zeitdokument in einem. Alice Schwarzer hat Sabine Derflinger gefragt, ob sie nicht einen Film über sie drehen könnte und diese habe – einem Artikel Der Presse zufolge – mit »Ich hab’ mir schon gedacht, dass du mich das fragen wirst« geantwortet. Start: 13. Mai

Anatomy of a Scandal Tschugger Idee: David E. Kelley & Melissa James Gibson ———— Basierend auf dem gleichnamigen Roman der britischen Journalistin und Autorin Sarah Vaughan werden in sechs Episoden diverse Skandale der britischen Elite erzählt, denn der Westminster-Politiker James (Rupert Friend) wird einer Vergewaltigung beschuldigt. Seine Frau Sophie (Sienna Miller) glaubt an seine Unschuld, die Staatsanwältin Kate (Michelle Dockery) ist sich da nicht so sicher. Start: 15. April Netflix

Idee: David Constantin & Mats Frey ———— Der Kantonspolizist Bax (David Constantin) ist Cannabis-Schmugglern auf der Spur, doch seine Mission gerät außer Kontrolle und die Bundespolizistin Annette (Anna Rossinelli) sowie der lokale Polizeichef Biffiger (Laurent Chev­ rier) lesen ihm die Leviten. David Constantin präsentierte seine Idee dem SRF bereits 2017 und seine Beharrlichkeit zahlte sich aus: 2021 war »Tschugger« ein Überraschungserfolg in der Schweiz. Start: 12. Mai Sky

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Christoph Prenner

bewegen bewegte Bilder – in diesem Kompendium zum gleichnamigen Podcast schreibt er drüber

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wissen, wie man erwachsen wird« (O-Ton Trier), letztlich so universell und über die konzis abgesteckte Identität seiner Protagonistin hinaus nachvollziehbar macht. Und zu einem der großen Konsenswerke der aktuellen Filmsaison werden ließ – vom Instant-Hype bei den Filmfestspielen in Cannes, wo Renate Reinsve für ihr Quasi-Spielfilmdebüt als beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet wurde, bis hin zu den OscarNominierungen in den Kategorien »Bester internationaler Film« und »Bestes Originaldrehbuch«. Neben Reinsves strahlendem Spiel ist ebendieses Drehbuch mit seiner bestechenden, empathischen Beobachtungskraft auf dieser Mission Triers größtes Trumpf-Ass. Dabei ist seine unvorhersehbare, mit glitzerndem Dialog-Lametta behängte Ode an das Zögern und Zweifeln so ehrlich, gar nicht übermäßig daran interessiert zu sein, zwischen euphorischer Romanze und bittersüßem Beziehungsdrama letztgültige Antworten auf die Frage zu finden, wie das gute und glückliche, möglichst rechtschaffene Leben im Hier und Heute ausgestaltet sein sollte. Lieber zeigt der Norweger in visuell durchgehend erfrischender Manier auf, wie unvereinbar jeweilige individuelle Wege auch sein können. Der eigene mag dir da in der entsprechenden Lebensphase zwar sinnvoll scheinen, mitunter aber eben nur dir selbst. »The Worst Person …« kommt hier zum gern bemühten, aber ewig gültigen Schluss, dass das Leben eben oft weniger das erreichte Endziel ist, sondern all das Schöne und Spannende wie auch Schmerzhafte, das einem widerfährt, während man noch aus der ganzen Sache schlau zu werden versucht. Mit allen Fehlern und falschen Einschätzungen, die in einem bisweilen den Eindruck aufkommen ließen, dass man grad mal wieder der schlimmste Mensch der Welt ist. prenner@thegap.at • @prennero Christoph Prenner plaudert mit Lillian Moschen im Podcast »Screen Lights« zweimal monatlich über das aktuelle Film- und Seriengeschehen.

Luca Senoner, Filmladen Filmverleih

Man kommt halt schlichtweg nicht umhin um das Beschwören und Aufrechterhalten der eigenen Main-Character-Energy, um das nimmermüde Bestreben, ein selbstverfasstes Skript für das eigene Sein immer wieder aufs Neue zu verfassen und diesem dann auch noch gerecht zu werden. Ein Unterfangen, das so unerlässlich wie aufreibend wie aufregend ist. Für uns alle, jeden Tag, so divers die Vorzeichen auch sein mögen. Und dieser fortwährende existentielle Eiertanz ist es auch, der Triers Film »für Erwachsene, die immer noch den Eindruck haben, dass sie nicht

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Aufreibend aufregend

ZU R G E G E N

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Auch oder ganz besonders auf ihre womöglich irreversiblen Folgen hin – für dich und alle, die da mit dir drinhängen (werden). Und so grüßt täglich das Murmeltier: Ist mein aktuelles Leben das, das ich führen möchte – oder wäre das doch ein ganz anderes? Willkommen im Mäandertal, in dem ein Design for Life nur genau so lang das stimmigste ist, bis sich ein potenziell erstrebenswerteres am Horizont auftut. Und warum auch nicht? Warum nicht wie Julie versuchen, doch noch verspätet als Fotografin eine neue Bestimmung zu finden, weil die eigenen Shots auf dem iPhone doch ganz geil sind und weder das Medizin- noch das Psychologiestudium davor das Gelbe vom Ei waren? Warum nicht darüber hinaus – und ganz besonders – auch noch mal dem wilden Schlag des Herzens folgen, wenn eine neue Gelegenheit potenzielle Liebe macht und die bisherige Beziehung über den stabil eingegroovten Alltag eh schon ewig nicht mehr hinausreichte? Eben. Weichen sind schließlich dazu da, regelmäßig gestellt zu werden. Wenn da nicht dieses dauernagende Gefühl wäre, etwas potenziell Grundverkehrtes zu machen – und zwar unabhängig davon, wofür man sich tatsächlich entscheidet. Selig, wer nicht sofort in Schockstarre verfällt in diesem Szenario. Das bestimmt auch dann nicht erträglicher wird, wenn wie bei Julie die große Drei vorn in der Altersangabe im akuten Anmarsch ist. Au the very contraire.

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Titel, die sitzen. Die klingeln und knallen. Die kann er, der Joachim Trier. »Louder Than Bombs« heißt etwa eine der bekanntesten Arbeiten des Filmemachers. Sie war erfreulicherweise auch inhaltlich richtig laut. Das jüngste Werk des Norwegers ist nun als »The Worst Person in the World« in den internationalen Kinoprogrammen zu finden – und sein momentaner Siegeszug bis hin zum Oscar-Fame (dazu gleich mehr) ist neben der offenkundigen Güte dabei auch fix auf diesen erneut ungemein zwingenden Trier-Titel zurückzuführen. Ist der doch außerordentlich gut geeignet, unverzüglich und unweigerlich die hauseigene Gedankenmühle anzuwerfen. Den schlimmsten Menschen der Welt, den kennt man schließlich. Meist ist es jemand anderes. Das Arschloch, das einen versetzt, gekränkt, enttäuscht hat. Oder halt dieser eine Komplexler, der gegenwärtig den halben Planeten in Kummer stürzt. Mitunter ist man der schlimmste Mensch der Welt aber auch selbst. Zumindest vermutet man zuweilen etwas in dieser Art. Im Zweifel für den Zweifel. An sich selbst. Julie kennt das Gefühl. Natürlich ist die junge Osloerin unter keinen objektiv haltbaren Umständen »Der schlimmste Mensch der Welt« (wie der Film, dessen Protagonistin sie ist, ohne Not eingedeutscht heißt), sie hat dennoch oft genug den Eindruck, genau diese Person zu sein. Aber wie sollte es ihr auch anders gehen in einer Gesellschaft, die ihr auf die wenig Subtile ständig eintrichtert, dass sie das mit dem Verfolgen der eigenen Träume und Lebenspläne unter gar keinen Umständen auf die leichte Schulter nehmen soll – und schon gar nicht daran scheitern. Scheitern ist schließlich schlimm, Zaudern allerdings auch. Die ganzen großen Gedankengänge zu Bestimmung, zu Beruf und Berufung, zu Beziehung und, ja, Baby – die gehören jedenfalls alle zur rechten Zeit gemacht. Natürlich nur für dich selbst! Was die Angelegenheit freilich nicht angenehmer macht. Denn besonders, wenn dir die ganze Welt offensteht und an jeder Straßenecke Chancen bereitstellt, will jede Entscheidung umso besser abgewogen werden.

ZU R G E G E N

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Renate Reinsve in »The Worst Person in the World«

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Screen Lights Bin ich der schlimmste Mensch der Welt?

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Luca Senoner, Filmladen Filmverleih

radiokulturhaus.ORF.at

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Termine Bühne

Long Life

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Oracle and Sacrifice in the Woods Für ihr neues Stück »Oracle and Sacrifice in the Woods« nimmt die in Wien lebende Künstlerin Claudia Bosse Motive ihrer Arbeit »Oracle and Sacrifice 1 oder die Evakuierung der Gegenwart«, die 2020 im Tanzquartier Wien uraufgeführt wurde, und versetzt deren Motive in die Wälder des Wiener Prater. Eine Kombination aus Hörstück und raumgreifender Choreografie leitet Zuschauer*innen durch die Landschaft und sucht die Konfrontation mit nicht-menschlichen Wesen. Eine Spekulation über verschiedene Zeitlichkeiten; ein Lesen von Organen, Pflanzen und Pilzen; ein Forschen im und mit dem Wald als Frühlingsritual. Mit einem Bewegungschor aus Lai*innen und einer Orgelpfeifenkomposition von Peter Jakober. 8. bis 22. Mai Wien, Brut im Prater

Unter der künstlerischen Leitung der österreichischen Choreografin und Tanzpädagogin Editta Braun verwebt das Tanzstück »Long Life« die Lebenslinien zweier Frauen – eine 75 Jahre alt, die andere 35. Inspiriert vom Baum als sozialem Wesen, der im Netzwerk mit anderen Bäumen in Kontakt steht, werden die Spuren eines langen menschlichen Lebens mit all seinen Erfahrungen in Jahresringen gezählt und aufgearbeitet. Anschließend an die Wien-Premiere wird das neue Stück der Editta Braun Company mit dem Titel »Nayma« als tänzerische Zugabe performt. 20. und 21. April Wien, Kosmos Theater

Bright Red

»Wenn jeder Mensch ein Buch ist, in dem die Seiten des Lebens stetig fortgeschrieben werden, welchen Einfluss haben dann die anderen auf diesen Text?« In der choreografischen Arbeit »Bright Red« inszeniert Nikolaus Adler die Eigenheiten des Individuums, indem er die Metapher vom Menschen als Bibliothek – voll mit seinen Erlebnissen und Erfahrungen – als Ausgangspunkt nimmt und sechs Tänzer*innen aufeinandertreffen lässt, die sich miteinander vermischen, einander bereichern, gar überschreiben. Eine Ode an den Menschen als einzigartiges und gleichsam soziales Wesen. 30. April bis 7. Mai Wien, Wuk

Dita von Teese: Glamonatrix

Im Zentrum von »wannst net sterbst sehn ma uns im nächsten herbst« stehen zwei Frauen, die eine Live-Radiosendung mit Texten von und über Elfriede Gerstl, ehemals Teil der sogenannten Wiener Gruppe, aufnehmen wollen. Hörspiele, Gedichte, Prosa, Interviews und Sinnsprüche hat die Literatin geschrieben – über das Altern, Krankheit und Tod, wie auch über das Frau-Sein und Freundschaften. Der fiktiven Livesendung liegt die Idee eines prekären Experimentierstudios zugrunde, in dem die Sprecherinnen auch als Tonmeisterinnen fungieren. Was auf gewisse Weise auch den Arbeitsprozess für das Stück spiegelt: Es basiert auf einem Konzept der beiden Künstlerinnen Johanna Orsini und Martina Spitzer, die nicht nur als Schauspielerinnen auf der Bühne stehen, sondern auch für Regie, Bühnenbild und Kostüme verantwortlich zeichnen. 17., 18. und 19. März, 2. und 3. Mai 21. Mai bis 14. Juni Wien, Das TAG

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Trümmerherz

Die Familienverhältnisse von Rudi, einer jungen Frau Anfang 20, sind eine echte Herausforderung. Ihr Vater, ein kommunistischer Widerstandskämpfer, wurde von den Nazis umgebracht und nun zieht ihre Schwester Mitzi mit einem Besatzungssoldaten nach Amerika, wodurch Rudi mit ihrer Mutter in einer kleinen Wiener Wohnung zu zweit zurückbleibt. Basierend auf biografischen Episoden des Wiener Autors Bernhard Bilek erzählt »Trümmerherz« unter der Regie von Martina Gredler die Geschichte einer matriarchalischen Arbeiter*innenfamilie in der österreichischen Nachkriegszeit. 12. bis 21. Mai Wien, Werk X-Petersplatz

Oliver Maus

»wannst net sterbst …«

Markus Gradwohl, katsey.org

Anlässlich des Besuchs der weltberühmten BurlesquePerformerin wird das Wiener Burgtheater für einen Abend zum Varieté. Die abendfüllende Performance zwischen Striptease und Comedy entsteht zusammen mit weiteren Künstler*innen, darunter Dirty Martini und Zelia Rose. Dabei verspricht der Abend auch für Menschen, die sich auf Mode verstehen, spannend zu werden, finden sich in der Show doch Kostüme von Korsettmacher Mister Pearl, Designs von Jenny Packham, Couture von Alexis Mabille und Schuhe von Christian Loubotin. 5. Mai Wien, Burgtheater

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EN DEN H C U S 4 M F D N U P A THE G

L A V I T S E F T E G I SZ ! 2 2 0 2 R E N W O SUND

er­ von 10. bis 15. August Ab »Island of Freedom«, wenn rn zur feie der zu h wie dlic lich frie end 2 um st wird 202 ammenkommen, Die Donauinsel in Budape peration dern am Sziget Festival zus Koo Län in n , ene uns ied uen sch fre ver Gap zig The tausende Menschen aus ürlich die Musik. Wir von den zu dürfen. lfalt, den Sommer und nat arische Hauptstadt entsen ung die in d – das Miteinander, die Vie Ban e ein der wie h en? euc seh mit l tiva sam Fes ein get mit Radio FM4 und gem der Europe Stage am Szi rten Acts möchtet ihr auf Welchen der fünf nominie

FLORENCE ARMAN

Rockstar Photographers

Richtig guter Pop zwischen Melancholie und Eingängig­ keit – bei der in Wien lebenden Musikerin mit britischen Wurzeln stehen die Zeichen auf Success.

DOPPELFINGER

BAITS Wenn es diese Truppe so richtig krachen lässt, feiern Grunge und BeachBoys-Harmonien, PunkAttitüde und Pop-Appeal sinnhafte Vermählung.

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Die Musik, die Clemens Bäre als Doppelfinger schreibt, ist Zufluchtsort – für ihn und die Hörer*innen. Zeitlose Songwriting-­ Ästhetik, dunkle Themen.

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TAKESHI’S CASHEW

EARL MOBLEY Schon mit der Band Vague setzt Konstantin Heidler auf einen frei fließenden, offenen Indie-Sound. Bei Earl Mobley kommen nun Jazz und Soul in den Mix.

Das Sextett dreht twangy Surfgitarren, VintageSynths, Downtempo-Beats und internationale FolkSounds durch den PsychFunk-Fleischwolf. Far out!

t2022 für eure Favorit*in

nen abstimmen.

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Zum 25er gut aufgelegt Die DJs des Vierteljahrhunderts Wenn die letzte Band verstummt, beginnen die Nadeln erst so richtig zu glühen. Wenn The Gap am 22. April im Wiener Fluc sein 25-Jähriges begießt, soll auch die musikalische Selection zwischen Tortenanschnitt und Sonnenaufgang eine feinfühlig erlesene sein. Diese vier local-but-not-least DJs tanzen mit uns durch die Nacht.

Kobermann »Wenn Rauschen ein Pool wäre, dann wäre Kobermann ihr Bademeister«, lässt Johannes Piller fka Laminat ausrichten. Der umtriebige Plattenverleger versteht dabei nicht nur sein Handwerk, sondern auch einiges von den Wiener Gepflogenheiten. Denn der Produzent, DJ, Gewerkschafter und was sonst nicht alles ist nicht nur in der Szene der Hauptstadt, sondern auch in der Redaktion des gegenständlich gefeierten Mediums kein Unbekannter. 2009 erschien der erste Artikel von Johannes, der einen notorischen Drang zu Ein-Wort-Titeln gehabt zu haben scheint, auf www.thegap.at. Nachdem ihn die Zeit der ausgedehnten Fingerübungen irgendwann als Booker und Geschäftsführer in die Grelle Forelle und anschließend ins benachbarte Das Werk führte, steht der mittlerweile etwas aus dem aktiven Clubbetrieb zurückgetretene Kobermann gut 13 Jahre später wieder auf unserer Bühne. Der Polyvinylchlorid-Liebhaber hatte seine Finger unter anderem bei Ascending Waves und Bebop Rodeo im Spiel und stützt mittlerweile als Co-Gründer von V.lan-Radio dem lokalen Clubkultur-Underground den Rücken. Was bei dem fleißigen Discogs-Digger am Plattenteller landet, ist wohlfeil abgeschmeckt und entbehrt jeglicher Genregrenze – Hauptsache, es groovt, rauscht, brutzelt, zischt oder klingt auf sonstige Art schön. Mit seinen Releases beehrte Kobermann nicht nur das eigene, sondern auch international angesehene Labels – zuletzt durfte es mal wieder eine Platte auf dem Wiener Outlet Goldgeld Records sein.

Slot am 22. April im Fluc bei »Ein Vierteljahrhundert The Gap«: Café (oben) 0:00 Uhr bis 1:30 Uhr

Sandro Nicolussi lexander Galler, Emiliano Hinojosa, A Selena Pommes, Nikolaus Ostermann

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Selena Pommes

Dass Welia ihre erste Spice-Girls-Kassette vor ihrem Vater versteckt hören musste, ist eine Anekdote, die sich seither in ihren DJ-Sets begreifen lässt. Wer sich zur Booth aufmacht, während sie auflegt, kommt garantiert nicht für einen Songwunsch, sondern um zum wiederholten Male zu fragen, was das denn für ein Track ist. Zwischen EBM, Wave, Krautrock und Breakbeats gibt es kein noch so verlorenes Schmankerl, das sie nicht zu einem Dancefloor-Track machen kann. Die seit 2017 hinter den Tables stehende Genre-Bändigerin (er)lebt aber die heimische Clubszene nicht nur als die Crowd herausfordernde Verlegerin: Als Veranstalterin und Teil des Labels Sama Recordings gestaltet sie es auch aktiv und in buchender Rolle mit. Nicht ohne Grund spielte sie sich als Neo-DJ relativ schnell durch die Clubs der Stadt und auch regelmäßig für »La Boum de Luxe« auf Radio FM4. Ihre mittlerweile stattfindende zweimonatliche Radioshow auf dem schwedischen Sender Retreat Radio schallt mit regelmäßigen Guest-Mixes in die ganze Welt aus und das Zelebrationsjahr 2022 startete sie mit ihrem Debüttrack »Hack 1« auf dem Wiener Net-Label Vienna Underground Traxx. Derzeit ist Welia als Resident-DJ im Rhiz am Gürtel ansässig und improvisiert über Lärm, Drones und Ambient-Pads in der Besetzung der elektronischen Liveband Ausgesprochen:Neu.

Slot am 22. April im Fluc bei »Ein Vierteljahrhundert The Gap«: Wanne (unten) 1:15 Uhr bis 2:45 Uhr

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Slot am 22. April im Fluc bei »Ein Vierteljahrhundert The Gap«: Wanne (unten) 2:45 Uhr bis 4:15 Uhr

Therese Terror Auch Therese Terror teilt eine gemeinsame Vergangenheit mit The Gap. In der Saison 2017/2018 zeichnete sie für die Kolumne »Gender Gap« verantwortlich, wo sie unter anderem über die Lebensrealität eines weiblichen Geschäftsmannes berichtete. Ihre Unternehmungen führten sie von der Agentur Kathe und dem Business Riot Festival schließlich zum eigenen Medium period.at, das mittlerweile zweimal im Jahr in einer Printversion erscheint. Die DJ-Booth und eine facettenreiche Beziehung zur elektronischen Clubmusik waren dabei ständige Begleiterinnen. So hostet sie auf dem Wiener Community-Radio Res.Radio die Show »Guilty Pleasures«, trat in Verbindung mit dem Kollektiv Bliss bzw. dem Hyperreality Festival auf und startete im April mit Dishes eine Veranstaltungsreihe für eklektische elektronische (Live-)Musik in der Roten Bar des Wiener Volkstheaters. »Ihre DJ-Sets umfassen eine breite Palette von Stilen. Von Techno, treibendem Acid, Trance und Leftfield-Electronica bis hin zu Pop-Hymnen; rasant und voller Referenzen an verschiedene Epochen der elektronischen Musik«, sagt der Pressetext. Im Dancefloor-Klartext heißt das: Therese Terror holt dann, wenn es am schönsten ist, nochmal genug Energie hervor, um weder abbrechen zu können, noch zu wollen. Wer sich kurz vorher noch über die Ketchupflecken auf dem Shirt beschwert hat, kann den Fetzen an dieser Stelle der Nacht gleich ganz loswerden.

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Welia

Diese Pommes kennen keine Schranken! Rund um Lena:K und Maschinenraum, ihre ehemalige Eventreihe der etwas deftigeren Gangart, wurde es in den letzten Jahren ein wenig stiller. Aber nur, um nun mit dem bekannten Sturm, neuem Alias und jeder Menge weiterer Ankündigungen wieder aufzutauchen. Das Update namens Selena Pommes scheut sich dabei nicht den Präfix Post vor den Club zu stellen, Brieferl fliegen hier aber höchstens unter der Hand durchs Publikum. Ihre Passion für Techno, die bisher sowohl ihre DJ-Sets als auch Live-Intermezzos prägten, will sie laut eigener Angabe nicht verloren haben, aber etwas freier von der Leber darf die Sache mittlerweile schon sein. »Mehr Genres, weniger Mixing, mehr Diversität, weniger Konsistenz«, lautet die Devise. Und die dürfte vor allem in den fortgeschritteneren Stunden der Nacht aufgehen, wenn auch der letzte grimmig schauende Bedroom-DJ in der Clubecke damit aufgehört hat, auf lupenreines Beat-Matching zu achten und sich endlich dem Strom der Nacht hingeben kann. In der veranstaltungsfreien Periode gründete Se-Lena die Agentur Der Goldene Shit für allerlei Leiwandes und entwarf im selben Atemzug eine neue, wieder im Venster 99 beheimatete, Veranstaltungsreihe namens Global Fire 2099, die am 15. April unter anderem mit Swan Meat ihren Kick-off feiert(e). Für Ketchupflecken wird keinerlei Haftung übernommen – sorry!

Slot am 22. April im Fluc bei »Ein Vierteljahrhundert The Gap«: Wanne (unten) 4:15 Uhr bis (mind.) 5:45 Uhr

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RT WA

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EN

ZU R G E G E N

artikuliert hier ziemlich viele Feels

• FR A G

• FR A G

ZU R G E G E N

RT WA

Josef Jöchl

EN

Es ist immer irgendwo fünf vor zwölf. Aus der Vielzahl an Bereichen in meinem Leben, die ein Upgrade vertragen konnten, suchte ich mir im letzten Herbst meinen Alkoholkonsum aus. Die WHO empfiehlt nicht mehr als 120 Gramm Alkohol pro Woche. Die verbrauchte ich meistens schon bis zum Mittwoch, nach dem Bergfest ging es dann munter weiter. WHO, who? Doch außergewöhnliche Zeiten verlangen nach außergewöhnlichen Maßnahmen. Ich hörte auf zu trinken. Während sich also die halbe Stadt auf einen weiteren Winter des Daheimsaufens einstimmte, übte ich frivole Dinge, wie um Mitternacht ein Soda-Zitron bestellen. Und es tat mir gut. Mein Schlaf verbesserte sich nicht nur, er verlängerte sich auch – vor allem, weil ich früher nach Hause ging. Die leeren Kalorien, die ich mir bisher durch Alkohol zugeführt hatte, bezog ich nunmehr über eine sorgsam kuratierte Palette an Novelty-Limonaden. Am liebsten sind mir jedoch die kleinen Dinge, wie zum Beispiel der Satz »Sorry, ich trinke keinen Alkohol«. Den lasse ich fallen, sobald sich die Gelegenheit dazu bietet, meistens aber schon früher. Nur zwischenmenschlich sitze ich hin und wieder auf dem Trockenen. Schließlich wird Alkohol nicht ohne Grund auch social lube, soziales Gleitmittel, genannt.

Sorry, ich trinke keinen Alkohol Social lube ist im Grunde wie normales lube. Es ist in jedem Supermarkt erhältlich und wenn man es bei der Dosierung übertreibt, ist hinterher alles klebrig. Fachgerecht angewendet hilft es jedoch, in die Gänge zu kommen. Das ist im Alltag manchmal nützlich. Zum Beispiel, wenn du dich in den Höllenschlund der sozialen Abendgestaltung begibst: die Geburtstagsparty in einem Lokal. Dafür setzen sich bis zu 30 Personen, die

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sich nichts zu sagen haben, hinter einen großen Tisch. Dort schmoren sie dann stundenlang in einem Smalltalk-Inferno. Wird zusätzlich die Eskalationsstufe »Reinfeiern« gezündet, endet das Ganze nie. Allerdings hatte mir meine Abstinenz eine Zauberwaffe beschert: meinen tollen, neuen Satz. Wann immer mich jemand fragte, wie es bei mir so liefe, entgegnete ich: »Sorry, ich trinke keinen Alkohol.« Das klappte hervorragend. Meine Sitznachbarin legte bald den Arm um mich und säuselte mit leichtem Zungenschlag in mein Ohr: »Ich find das echt super von dir.« Andere wiederum nickten mir anerkennend zu, bevor sie reihenweise Shots in ihren Rachen stürzten. »Good for you!«

One, two, three, drink Manchmal macht die neu gewonnene Klarheit das Leben aber auch komplizierter. Das Wochenende darauf wollte ich nämlich in den Club. Jahrelang war ich dem Irrglauben aufgesessen, dass man am besten kurz vor Filmriss ausgeht. Nüchtern stellte ich bald fest, dass in Clubs Musik gespielt wird, die mir auch unter zweieinhalb Promille gefällt. You live, you learn. Schließlich sah ich im Gewimmel eine ExKollegin, mit der ich seit einem Jahr auf keinen grünen Zweig mehr gekommen war. Was tun? Besoffene brechen ja gerne unnötige Streits vom Zaun. Bei mir war es meistens umgekehrt. Betrunken war ich besonders anfällig für unnötige Kompromisse. Wie oft war ich verkatert aufgewacht und hatte mich geärgert: »Hilfe, mit wem hast du dich gestern schon wieder gut verstanden!« Das sollte mir dieses Mal nicht wieder passieren. Beim Rauchen stand sie plötzlich da. Sofort spürte ich diese lästige Freundlichkeit in mir hochkommen. Würde ich mich wieder von ihr einlullen lassen? Als sich

unsere Blicke schlussendlich trafen, entglitt ihre Hand dem Türgriff, an dem sie sich festhielt. Sie hatte wohl zu viel social lube erwischt. Noch bevor ich sie ignorieren konnte, pfitschte sie wie ein unkontrollierbarer Scooter aus einem kaputten Autodrom hinaus in die Nacht. Glück gehabt.

Essen, Sex und Zigaretten Auch erste Dates waren für mich bislang klassische Komasauf-Momente. Einige Tage darauf war ich zum ersten Mal mit einem Architekten verabredet. Das verunsicherte mich. Wie sollte ich ein erstes Date nüchtern bewältigen? Am Abend zuvor fragte ich einen Freund, worüber man mit Architekten eigentlich spricht. Ich solle mir keine Sorgen machen, antwortete er, das wären auch nur Bauingenieur*innen mit Falter-Abo. Trotzdem legte ich mir vor dem Treffen ein paar Gedanken zum HeumarktGebäude zurecht. Meine Sorgen erwiesen sich als unbegründet. Der Architekt war ganz angenehm. Nachdem wir uns jeweils zwei Vorspeisen und ein üppiges Hauptgericht eingeschnitten hatten, schlug ich vor, zu mir zu gehen. Erst in meinem Bett bemerkten wir, dass wir viel zu viel gegessen hatten, um noch etwas miteinander anzufangen. Ich sagte: »Sorry, ich trinke keinen Alkohol«, er antwortete: »Das erzählst du schon zum vierten Mal.« Daraufhin schliefen wir zufrieden ein. So ist das eben. Nüchtern habe ich entweder Essen, Sex oder Zigaretten unter Kontrolle. Niemals alle drei. Aber was wäre das Leben ohne Dinge, die man noch verbessern kann. joechl@thegap.at • @knosef4lyfe Josef Jöchl ist Comedian. Aktuelle Termine findest du auf www.knosef.at.

Ari Y. Richter

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Sex and the Lugner City Ist Alkohol over?

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Waves Festival 8.–10.9.2022 a/lpaca (IT) Aili (BE) Anna Erhard (CH) Benjamin Amaru (CH) Berglind (AT) Christin Nichols (DE) Doppelfinger (AT) Farce (AT) Finley Quaye (UK) Girli (UK) Jessy Lanza (CA) Low Island (UK) M. Byrd (DE) Motherhood (CA) Naima Bock (UK) Nalan (DE) Nuha Ruby Ra (UK) Oskar Haag (AT) Palffi (AT) Plattenbau (DE) Pyra (TH) Sassy 009 (NO) Skaar (NO) The Hanged Man (SE) The Haunted Youth (BE) Ultraflex (IS) Zack Zack Zack (AT) More TBA The_Gap_192_Umschlag_mf.indd 3

3 Days 90 Acts 9 Stages Festival Pass €39 valid for all festival shows. wavesfestival.at

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April 29

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Sound

Tirzah / Soap&Skin / Vladislav Delay The Bug & Dis Fig / Arca / 700 Bliss Shabazz Palaces / Midori Takada Jehnny Beth / William Basinski Les Filles de Illighadad Slikback x Weirdcore / Measure Maniacs (aka Aimo Scampa & Ewa Justka) MC Yallah & Debmaster Performance

Ariel Efraim Ashbel & Friends Kids of the Diaspora Ula Sickle Art/Installation

Stefanie Seibold Julian Warner and many more...

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