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Editorial 200 Degrees
Puh … Geschafft! Das war vielleicht eine Mühe. Wer hätte gedacht, dass es aufwendig werden würde, sich durch einhundertneunundneunzig Ausgaben eines Magazins zu kämpfen? Nach getaner Arbeit und so im allgemeinen Rückblick ist allerdings schon frappierend, wie sehr sich The Gap im Laufe der Jahrzehnte geändert hat. Am Anfang quasi ein Zine: schwarz-weiß, Papier- und Druckqualität Marke Fotokopie. Dann Sprung auf Farbe, Explosion der Auflage. Immer mehr Inhalte. Monatlich eine Flut an Artikeln, Rezensionen und Meinungen aus allen Bereichen der Popkultur. Nicht alles immer ein Treffer, aber einfach: so viel! So viele Themen, so viele Menschen, so viel Arbeit! Ja: Wenn es schon so viel Arbeit gekostet hat, nur zu erfassen, was im Laufe der Zeit passiert ist, wie viel mehr Arbeit muss es gewesen sein, das alles zu schreiben, zu redigieren, zu layoutieren, zu drucken, zu verteilen, zu finanzieren? Ich ackere bei The Gap quasi am einen Ende eines langen Strangs, webe hier gemeinsam mit den Kolleg*innen Fäden vor mich hin, deren Ursprünge teilweise lang vor einer Zeit liegen, in der ich irgendwas mit The Gap zu tun hatte. Auch wenn bei mir mittlerweile das »Chef« vor dem »Redakteur« steht – oder vielleicht auch: gerade weil es davor steht – ist es doch sehr humbling nicht nur zu wissen, sondern zu sehen und zu verstehen, welche Geschichte hinter dem Magazin steckt, wie viele Leute vor mir diese Fäden bereits in der Hand hielten, mit denen ich jetzt arbeiten darf.
Und um ehrlich zu sein: Es macht mich auch etwas neidisch. The Gap hat den Höhepunkt des Printjournalismus-Exzesses in den 70erund 80er-Jahren nie mitterlebt. Aber wenn ich mir anschaue, wie vollgepackt diverse Ausgaben aus den Nullerjahren sind, wie sie zum Teil fast aus allen Nähten zu platzen scheinen mit ihren Dutzenden Minirezensionen, ihren Texten über Gott und die Welt (öfters auch mal wortwörtlich), dann ist es schwer, den Kontrast zu heute nicht zu sehen. Das aktuelle The Gap ist ein fokussiertes Magazin. Nicht nur in Bezug auf Österreich. Artikel, Rezensionen, Kolumnen – alles wirkt bewusster, gesetzter, überlegter. Aber auch weniger überschwänglich, weniger spielerisch. In diesem Spiel wurde früher sicher auch die eine oder andere Grenze überschritten, das eine oder andere Thema, das mehr Ernst verdient hätte, als Nebensache abgespeist. Trotzdem würde es uns vielleicht guttun, diese Rückschau auch als Erinnerung zu nehmen, nicht auf die Leichtigkeit zu vergessen, nicht zu vergessen, dass ein Magazin auch Spaß machen soll – für Lesende wie Schreibende. Also: »Don’t stop me now / Cause I’m having a good time!«
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Bernhard Frena
Chefredakteur • frena@thegap.at
Herausgeber
Manuel Fronhofer, Thomas Heher
Chefredaktion
Bernhard Frena
Leitender Redakteur
Manfred Gram
Gestaltung
Markus Raffetseder
Autor*innen dieser Ausgabe
Victor Cos Ortega, Barbara Fohringer, Oliver Maus, Dominik Oswald, Helena Peter, Mira Schneidereit, Jana Wachtmann, Sarah Wetzlmayr
Kolumnist*innen
Josef Jöchl, Christoph Prenner
Lektorat
Jana Wachtmann
Anzeigenverkauf
Herwig Bauer, Manuel Fronhofer, Sarah Gerstmayer (Leitung), Thomas Heher, Martin Mühl
Distribution
Wolfgang Grob
Druck
Grafički Zavod Hrvatske d. o. o. Mičevečka ulica 7, 10000 Zagreb, Kroatien Geschäftsführung
Thomas Heher
Produktion & Medieninhaberin
Comrades GmbH, Hermanngasse 18/3, 1070 Wien
Kontakt
The Gap c/o Comrades GmbH
Hermanngasse 18/3, 1070 Wien office@thegap.at — www.thegap.at
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Abonnement
6 Ausgaben; € 19,97 abo.thegap.at
Heftpreis
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Erscheinungsweise
6 Ausgaben pro Jahr; Erscheinungsort Wien; Verlagspostamt 8000 Graz
Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz www.thegap.at/impressum
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber*innen wieder. Für den Inhalt von Inseraten haften ausschließlich die Inserierenden. Für unaufgefordert zugesandtes Bildund Textmaterial wird keine Haftung übernommen. Jegliche Reproduktion nur mit schriftlicher Genehmigung der Geschäftsführung.
Die Redaktion von The Gap ist dem Ehrenkodex des Österreichischen Presserates verpflichtet.
Magazin
The Gap feiert Jubiläum
200 Highlights aus 200 Ausgaben
20 Kategorien, jeweils 10 Highlights: Was macht The Gap, seine Szene und die Popkultur allgemein seit 1997 aus?
Mira Schneidereit
Von passivem Papas-Pink-FloydPlatten-Publikum über enthusiastisches Christl-Stürmer-Fangirl bis hin zu versierter New-Wave-Hip-Hop-Expertin – eine beachtliche musikalische Reise in 24 Jahren! Die gewonnene Expertise nutzt Mira nun, um den österreichischen Musikjournalismus in Sachen Hip-Hop etwas aufzufrischen – zum Glück auch bei The Gap. Denn in ihren Rezensionen findet sie nicht nur den roten Faden jedes Albums, sondern sie macht auch ihre Begeisterung für das Genre – und dessen Transzendenz – greifbar.
Sarah Wetzlmayr
Überraschende Untiefen tun sich auf: Unsere Autorin Sarah hatte mal eine Schlagerphase! So richtig mit Dirndl und Dorffest und so. Wir sind uns allerdings sicher, dass sie ihre Hirnareale mittlerweile mit genug Indie durchgespült hat, um negative Nachwirkungen auszuschließen. Denn wie sonst könnte sie Album für Album so treffend beschreiben, wie uns die Musik bewegt und welche musikalischen Orte sie uns erschließt. Vielleicht ja auch mal wieder ihr altes Stammlokal B72. Also: »Gemma B!?!«
Fotos Die besten Bilder unserer Fotograf*innen findet ihr übers ganze Heft verteilt.
Rubriken
Comics aus Österreich Michael Hacker
Auf unserer Seite 6 zeigen österreichische Comickünstler*innen, was sie können. Diesmal darf uns Michael Hacker ausmalen, wo im Altern der Humor steckt. ———— Irgendwie grausig, aber irgendwie auch süß: So ließe sich Michael Hackers Ästhetik auf den Punkt bringen. Körperflüssigkeiten spielen da nicht selten eine Rolle – »blood, guts and gore«, wie es so schön heißt. Gleichzeitig wirken seine Charaktere fast niedlich mit ihren kindhaften, überzeichneten Proportionen, den oft knalligen Farben und den cartoonigen Silhouetten. Hacker weiß, auf einem schmalen Grat zu balancieren: nicht ernst, aber über Ernstes. Als Illustrator gestaltet er jedoch nicht nur Comics, sondern auch siebgedruckte Konzertplakate für Bands wie Pixies, Green Day, Kvelertak, Mastodon, Melvins u. v. a. Die Gig-Poster reisen mit ihm zu Ausstellungen rund um die Welt.
Zur Zeit arbeitet Michael Hacker an Band Nummer vier von »El Herpez«, einer selbstverlegten Comicreihe, die die Abenteuer von John Oziri, einem Lebensmittelkontrolleur mit Super-HerpesKräften, erzählt.
Die Rubrik »Comics aus Österreich« entsteht in Kooperation mit der Österreichischen Gesellschaft für Comics: www.oegec.com
Charts Stefan Weinöhrl
TOP 10
Zarte Berührungen in Bibione 1983 (Italo Disco von 83)
01 Flexx »Love Theme from Flexxy-Ball«
02 Pineapples »Come on Closer« (Welthit!)
03 Plustwo »Melody«
04 Hélicon »You … See«
05 Alexander Robotnick »Problèmes d’amour«
06 The Creatures »Inspiration«
07 Diego »Walk in the Night«
08 My Mine »Hypnotic Tango«
09 Brian Dalmini »Can You Tell Me«
10 Silvie Stone »Charming Prince«
TOP 03
Acts to look out for
01 Meagre Martin (DE)
02 Güner Künier (DE)
03 Chalk (IE)
Auch nicht schlecht:
»Alien 3« ist ein fantastischer Film.
Stefan Weinöhrl ist Head of Booking beim Festival Waves Vienna. Auch beim Booking für unsere Jubiläumsfeier ist er uns beratend zur Seite gestanden.
Charts Sebastian Streibel
TOP 10
Was einen Konzertbesuch für mich fein macht
01 Die Begleitung
02 Der / die Auftretende
03 Einfacher Ticketkauf
04 Feines Essen
05 Kühles Bier
06 Mango-Lassi
07 Entspanntes Publikum
08 Leichte, öffentliche Anreise
09 Überraschend gute Vorbands
10 Guter Ton«
TOP 03
Konzerterlebnisse
01 Björk, Verona, Arena, 2003
02 IAMX, Krems, Avalon Exil, 2004
03 Robbie Williams, London, Hyde Park, 2019
Auch nicht schlecht
Am falschen Tag zum Konzert gehen, die Band nicht kennen und super finden.
Sebastian Streibel ist seit über 20 Jahren leidenschaftlicher Veranstalter und hat 2022 die Unternehmung ticketladen.at gestartet. Tickets für die »The Gap wird 200«-Party könnt ihr ebendort erwerben.
WARNER MUSIC AUSTRIA WÜNSCHTExtra-Highlight: Die Party
The Gap wird 200
Wie ihr vermutlich gemerkt habt, haltet ihr gerade die 200. Ausgabe eures Lieblingsmagazins für Popkultur, politischen Anspruch und Pandabären in Händen. Das muss gefeiert werden! Und zwar mit Konzerten von Pauls Jets (mit ihrem einzigen Wienkonzert im heurigen Jahr in Bandbesetzung), Dramas und Liz Metta sowie DJs aus der Redaktion. »In der City ist’s heiß / In der City ist’s fad«, deswegen ab an die Donau ins Usus am Wasser – zu Pauls Jets, Dramas und Liz Metta!
Pauls Jets
»Alle Songs bisher« als Debütalbum, »Highlights zum Einschlafen« als Nummer zwei und jüngst dann ziemlich enigmatisch »Jazzfest« – mangelnden Humor bei der Albumbenennung kann man Pauls Jets nicht vorwerfen. Überhaupt ist da viel trockener Schmäh drin, wenn sie singend lieben, leben oder raunzen. Ihre Heimatstadt können die Wiener*innen jedenfalls nicht verleugnen. Musikalisch ordnet sich das irgendwo zwischen Muttersprachenpop, Folk, Rock ’n’ Roll, Krautrock und elaboriertem Schlager ein. Unaufgeregt, hintergründiger, als man erwarten würde, immer wieder überraschend und definitiv unverwechselbar.
Usus am Wasser
Dramas
»Drama, baby, drama!« – Diese Aufforderung hat sich das Duo Dramas scheinbar zu Herzen genommen und zeigt, wie dramatisch man reduzierte Musik inszenieren kann. Viktoria Winters Stimme steht vorn und prominent im Zentrum. Nah, fast intim, aber doch mit unangreifbarer Distanz. Im Zusammenspiel mit Mario Wienerroither ergibt sich eine musikalische Präsenz mit überraschendem Druck trotz minimalistischer Besetzung. Dichte trotz Sparsamkeit, Einigkeit trotz Gegensätzen, Tanzbarkeit trotz Kompromisslosigkeit. Elektro-Synth-Pop, der weiß, wo es Sinn macht zu experimentieren und wo sich zurückzunehmen.
Liz Metta
»Musik zum Träumen« ist eine abgedroschene Phrase im Musikjournalismus – und eigentlich eine überschätzte Kategorie. Denn die Grenze zwischen Träumen und Einschlafen ist gering, dabei sind Träume oft nur die passive –schnell vergessene – Konsequenz davon, eingeschlafen zu sein. Nicht so bei Liz Metta. Hier trifft die Bezeichnung Dreampop zwar zu, doch fast unkenntlich gedreht. Denn die Träume, zu denen sie anregt, sind alles andere als passiv. Sie wirken wie Forderungen, hoffnungsfroh, aber vehement, mit Nachdruck. »Fragile & Strong« nannte sie ihre erste EP, das bringt es auf den Punkt.
Details
Unter freiem Himmel, direkt an der Donau: Das Usus am Wasser verspricht Flucht aus der hitzegeplagten Stadt, ohne die Stadt zu verlassen. Keine zehn Minuten von der U6-Station Neue Donau entfernt gibt’s hier Bühne neben Liegewiese neben Bar. Hau dich in die Fluten, gönn dir einen Drink und Tanz mit uns unter den Sternen.
The Gap wird 200
Fr., 11. August 2023, ab 18 Uhr Wien, Usus am Wasser
LIVE:
Pauls Jets, Dramas, Liz Metta DJs aus der Redaktion
www.thegap.at / wird 200
The Sound of Music
Mit Marianne Mendts »Wie a Glock’n …« als Intro bimmelt der Austropop mittlerweile seit 53 Jahren vor sich hin. Und exakt die Hälfte dieser Zeit hat The Gap nun schon ein Ohr für Musik aus Österreich. Was in diesen 26,5 Jahren alles passiert ist? Der Versuch einer Aufarbeitung anhand zehn neuralgischer Punkte.
Music was our first love
Musik – oder besser: die Liebe zur Musik, einer ganz bestimmten natürlich – war Ausgangspunkt für die Gründung von The Gap. Weshalb auch Blur und Oasis, Die Sterne und Tocotronic von frühen Titelseiten des Magazins blickten. Wobei: »des Fanzines« trifft es wohl besser. Mit neuen Leuten in der Redaktion und der persönlichen Weiterentwicklung wurde nicht nur das musikalische Spektrum breiter, sondern auch das thematische. Und selbst wenn manche The Gap noch immer als »Musikmagazin« abgespeichert haben (andere wiederum für alle Ewigkeit als »Jugendmagazin«) – inhaltlich haben wir uns längst viel breiter aufgestellt, decken wir längst unzählige Aspekte von Populär- und Alltagskultur ab. Schon auch Musik, aber eben nicht nur. Dennoch steht unzweifelhaft fest: Musik war unsere erste große Liebe … and it will be our last.
Die Nullerjahre-Labelwelle
In kaum einem Zeitfenster gab es hierzulande so viele nachhaltige Labelgründungen wie in den Nullerjahren. Ob Ink Music (2001), Fabrique (2001), Numavi (2002), Wohnzimmer (2002), Noise Appeal (2003), Rock Is Hell (2004), Siluh (2005), Seayou (2006), Konkord (2005), Las Vegas (2006), Problembär (2007) oder Affine Records (2008) – in guter alter DIY-Tradition haben hier Menschen aus einer Leidenschaft heraus kleine Musikunternehmen auf die Beine gestellt, die die heimische Musiklandschaft wesentlich prägen sollten und bis heute prägen. Nicht nur im Kleinen, schließlich sind auch Acts wie Bilderbuch und Wanda aus diesen essenziellen Keimzellen gewachsen.
Muttersprachenpop
Gerne wird Der Nino aus Wien als Ausgangspunkt dieser Entwicklung genannt, falls es bei Musiker*innen und Publikum aber noch Zweifel gegeben haben sollte, ob es nun wirklich wieder okay sei, in der eigenen Muttersprache zu singen, so haben Bilderbuch (in ihrer schnoddrigen Coolness) und Wanda (von einer gewissen Bierseligkeit geerdet) diese in der ersten Hälfte der Nullerjahre ein für alle Mal pulverisiert. Der neue Austropop – ja, über diesen Begriff lässt sich trefflich streiten – war und ist auch im Ausland ein Riesenerfolg. Na gut: im deutschsprachigen Raum. Was einem Bonmot zufolge ja auch notwendig ist, um daheim etwas zu gelten. Also doch nicht nur »weltberühmt in Österreich«.
Eine singuläre Erscheinung
Bereits für ihr erstes musikalisches Lebenszeichen, ein Stück auf einer Compilation des deutschen Elektronik-Labels Shitkatapult im Jahr 2006, gab es euphorische Rezensionen. Anja Franziska Plaschg aka Soap & Skin löste das damals abgegebene Versprechen mit ihrem Debütalbum »Lovetune for Vacuum« auf eindrucksvolle Weise ein – und zierte 2009 gleich das Cover von The Gap #94. Mit PIAS Recordings als Partner war die Karriere der Musikerin mit ihren teils überwältigenden Gänsehautliedern immer eindeutig international ausgerichtet und losgelöst vom Hype rund den oben erwähnten »neuen Austropop«. Mit Erfolg. Ihre Rolle als Glaube in »Jedermann« bei den diesjährigen Salzburger Festspielen zeigt überdies, dass Plaschg eine vielseitige Künstlerin und auch in der Hochkultur anerkannt ist.
Endlich Strukturen
Im direkten Vergleich mit der Jetztzeit wirkte die Musikszene des TheGap-Gründungsjahres 1997 geradezu karg. Natürlich gab es auch hierzulande Bands, Clubs und Menschen, die auf Konzerte oder in Plattenläden gingen. Aber zum einen war das Interesse damals noch stärker auf Internationales gerichtet und zum anderen die Infrastruktur weit weg von dem, was Musiker*innen heute zur Verfügung steht. Dazu zählen Plattformen wie FM4, das mit den Jahren (etwa mit dem »FM4 Soundpark«) seinen öffentlich-rechtlichen Auftrag in dieser Hinsicht immer besser erfüllte, oder das Popfest, das der Stadt Wien als selbstbewusstes Statement für eine starke Musikszene Jahr für Jahr immerhin einen sechsstelligen Betrag wert ist. Aber auch MICA – Music Austria, Musikfonds, Austrian Music Export und Amadeus Austrian Music Awards haben ihren Teil dazu beigetragen, dass die aufblühende Szene Schritte in die richtige Richtung – etwa ins Ausland oder in Richtung Professionalisierung – machen konnte. Und dann wäre da natürlich noch die Demokratisierung der Produktionsmittel.
Die Technik macht die Stars
Text: Manuel FronhoferDie technologische Entwicklung machte es in den letzten Jahren nicht nur einfacher, Musik zu machen und aufzunehmen (Stichwort: Demokratisierung der Produktionsmittel; jeder Laptop ist ein Tonstudio und so). Sie stellte gleich den gesamten Musikmarkt auf den Kopf – mit Napster und Spotify als Leuchttürmen des Wandels. Ersteres erwischte die Musikindustrie noch auf dem falschen Fuß, bei Zweiterem sitzt sie schon mit im lukrativen Boot. Seit einiger Zeit macht nun außerdem die Videoplattform Tiktok die Stars. Um deren Internet Fame zu monetarisieren, braucht es aktuell aber offenbar noch die Strukturen der großen Plattenfirmen. Nächster Brennpunkt in Sachen Technik: KI-generierte Musik.
Jeder Rhyme ein Treffer
Nennt mir einen österreichischen Act, der in den letzten zehn Jahren öfter an der Spitze der österreichischen Singles-Charts zu finden war als Raf Camora! Eben. Es gelang dem Rapper aus Rudolfsheim-Fünfhaus immerhin mit zwölf Songs und er ist damit das beste Beispiel für eine Entwicklung im Pop, die in Österreich und Deutschland mit Deutschrap auch eine regionale Ausprägung hat: Hip-Hop ist das größte Genre von allen, Hip-Hop hat das Ding übernommen, Hip-Hop ist Mainstream. In seinen unzähligen Ausprägungen und vielen Subgenres ist Hip-Hop dabei naturgemäß mal eher offen, mal eher konservativ, mal conscious, mal banal – und manchmal leider auch von problematischen Weltbildern durchsetzt.
Domestic Repertoire
Auch die österreichischen Major-Labels Universal, Sony und Warner – oft despektierlich als Filialen der internationalen Konzernzentralen ohne viel Handlungsspielraum abgetan – haben die Zeichen der Zeit erkannt und bemühen sich vermehrt um heimische Artists. Pop, eh klar. Und Hip-Hop, auch klar – siehe oben. Dass die großen Tanker dabei aber teils auch in die Nischen gehen, und zwar nicht unerfolgreich, beweist Durchstarter Salò mit seiner Mischung aus NDW, Pop und Punk. Und das auf einem Major!
Elektronik für die österreichische Seele
Der Wiener Sound der 1990er-Jahre – oder das, was davon außerhalb des Landes wahrgenommen wurde – drang nicht nur aus den Clubs, sondern auch aus den Cocktailbars und Kaffeehäusern. Das Genre Downbeat passte wohl zu gut zur österreichischen Seele, als dass das kein internationaler Erfolg werden würde. Kruder & Dorfmeister als
Speerspitze dieser langsamen Bewegung wurden jedenfalls zu Weltstars. Punkt. Danach kamen die Sofa Surfers und überführten Dub und Trip-Hop ins Bandformat. Das war uns glatt eine frühe Coverstory wert (The Gap #9). Parov Stelar wiederum hat mit Electro-Swing gleich sein eigenes Genre etabliert. Seitdem ist spannende elektronische Musik aus Österreich – wie etwa jene von Dorian Concept, Wandl oder Cid Rim – gerne experimentell-freigeistig unterwegs. Nicht zu vergessen: der Langzeit-Säulenheilige Fennesz. Oder sie dockt ungeniert an Pop an. Was dann so unterschiedlich und super klingen kann wie Farce und Tony Renaissance. Und weil alles wiederkommt, geht’s mit Slow House seit einiger Zeit auch wieder langsamer zur Sache.
Viel Lärm, hoffentlich um nichts
Es sei eine Zeitenwende, schrieb Branchenauskenner Hannes Tschürtz von Ink Music, als im Juli bekannt wurde, dass die Oak View Group (OVG) den Zuschlag für Errichtung und Betrieb der ausgeschriebenen neuen Indoor-Multifunktionsarena in Neu Marx (Kapazität: 20.000+) erhalten habe. Der Grund: OVG arbeitet eng mit Live Nation zusammen, dem USBranchenriesen, zu dem auch Ticketmaster gehört und der in den USA quasi über eine Monopolstellung verfügt. Es sei dafür Sorge getragen, versuchte die Stadt zu beruhigen, dass die Venue allen Veranstalter*innen gleichermaßen offenstehe. Fertiggestellt werden soll das Ding jedenfalls bis Ende 2029, Baubeginn ist 2025. Die anderen Venues in Wien haben derweil wieder verstärkt Zoff mit den Nachbar*innen – unter anderem weil durch den Rückgang des nächtlichen Verkehrslärms an neuralgischen Punkten die Schallemissionen von Veranstaltungslocations plötzlich als störender empfunden werden als zuvor. Oder weil Neubauprojekte neue Anrainer*innen neben etablierten Open-Air-Bühnen ansiedeln – wie etwa im Falle der Arena. Vermittlungs- und Lösungsversuche laufen.
200 Highlights: Foto (1/10)
Jugo Ürdens – The Gap #172
Erli Grünzweil hat den mittlerweile unter dem Namen Yugo aktiven Rapper für unsere Coverstory abgelichtet. In Bild wie auch Text geht es um ein Spiel mit Klischees – und darum, wie Migration viel kulturell Wertvolles hervorbringt.
Citation needed
Artikel ohne Zitate sind wie Pasta ohne Salz. Geht eh, schmeckt aber nicht wirklich. Weder als Autor*in noch als Leser*in. Kein Wunder also, dass sich im Laufe unseres Bestehens eine unüberschaubare Vielzahl von schönen O-Tönen angesammelt haben. Nicht völlig unüberschaubar, denn wir haben versucht, sie zu sichten und einige der schönsten hier zu versammeln.
»Das Problem ist, dass Dinge durch Medien gezeigt werden müssen. Und Medien sind nicht da, um zu informieren. Sie nähren die Menschen nicht, sie ernähren sich von ihnen. Deshalb zeigen sie nicht die Wahrheit, weil die Wahrheit sich nicht mit Marketing verträgt.«
Oliviero Toscani, Fotograf, in The Gap #42
»Ist es so barbarisch, eine Hand abzuschneiden? Meiner Ansicht nach ist es sehr barbarisch, einen Menschen 20 Jahre in eine Zelle zu sperren. Furchtbar barbarisch. Raffiniert barbarisch.«
Tiziano Terzani, Journalist, in The Gap #44
»In einer verstörenden, vielfältigen Welt braucht das jeher von Minderwertigkeitskomplexen und Weltangst geplagte Österreicherlein klare Formen, klare Inhalte, klar erreichbare Ziele und das Gefühl, nicht allein zu sein. Immunisierung durch Schlager!«
Didi Bruckmayr, Musiker, in The Gap #71
»Female Pressure ist schon sehr spezifisch. Es ist ein Werkzeug, das man einsetzen oder in der Ecke liegen lassen kann. Ich gebe den Leuten quasi einen Hammer in die Hand. Die einen schlagen sich damit die Finger blau, die anderen schlagen einen Nagel in die Wand und wieder andere lassen ihn fallen, weil sie nicht wissen, was sie damit anfangen sollen.«
Susanne Kirchmayr, Musikproduzentin, in The Gap #84
»Ich bin überzeugt, wenn wir Menschen harmloser wären, wären wir Schweine und nicht Affen.«
Nora Gomringer, Lyrikerin, in The Gap #122
»Eine gewisse Subjektivität find ich schon gut, aber man muss auch reflektieren, dass man selbst nicht alle Menschen ist.«
Stefanie Sargnagel, Autorin, in The Gap #153
»Jene, denen die Welt als zu komplex erscheint, lieben eine Reduktion auf möglichst simplifizierte Aussagen. Der Grundtrick rechter Populisten besteht ja in der extremen Vereinfachung vielschichtiger Problemstellungen. Populisten kommen diesem Bedürfnis nach Klarheit entgegen. Sie verwenden klare Signalfarben, schnörkellose Groteskschriften, simple Logos. Das Design baut auf bekannte und populäre Gestaltungsmuster wie Baumarkt oder Bild-Zeitung auf.«
Markus Hanzer, Informationsdesigner, in The Gap #158
»Queerness ist eine Lebensrealität, und queere Menschen existieren überall und seit es Menschen gibt. Vor allem in Kunst und Kultur und auch in politischen Debatten und Veränderungen der Gesellschaft waren queere Leute schon immer Vorreiter*innen, Pionier*innen und Visionär*innen.«
Tony Renaissance, Musiker*in, in The Gap #177
»Ich wünsche mir, dass Feminismus auf den Ruinen des Kapitalismus erblühen kann«
Katharina Mückstein, Regisseurin, in The Gap #197a
»Wir müssen mehr Vertrauen haben in das, was lokal passiert. Schau dich um. Schau, was deine Freund*innen links und rechts machen, nicht die Big Acts auf der Hyperpop-Playlist. Um dich herum passiert eigentlich der freshe Shit. Da ist das noch kein Produkt, da geht es noch nicht um Kommerzialität. In Wien passiert so viel spannende Musik, wir müssen uns da echt nicht verstecken. Wir müssen keine Copycats sein. Oder ›die österreichische Version von …‹. Immer wenn ich das höre, dann stirbt ein kleiner Teil in mir.«
Kenji Araki, Musiker, in The Gap #198
200 Highlights: Foto (2/10)
Katharina Mückstein – The Gap #197a
Für die diesjährige Diagonale-Sonderausgabe haben wir Katharina Mückstein nicht nur interviewt, sondern dank einem grandiosen Shooting von Carolina Frank – im einmaligen Ambiente der Werkbundsiedlung – auch auf dem Cover platziert.
Gute Projektion
Österreichischer Film ist mittlerweile kein Nischenthema mehr. Bis hin zu international erfolgreichen Hochglanzproduktionen mit Oscar-Ambitionen reicht die Bandbreite. Doch auch im Nachwuchs tut sich ständig was, kommt Spannendes nach. Dass trotzdem noch lange nicht alles glatt läuft, hat sich nicht zuletzt dieses Jahr wieder in der Frage sexueller Übergriffe in der Filmbranche gezeigt.
Film × The Gap – First Contact
Obwohl sich das Magazin anfangs klar auf Musik fokussierte, gab es bereits in der allerersten Ausgabe zwei Artikel über Filme: Auf einer Doppelseite wurden »Crash« und »Trainspotting« journalistisch unter die Lupe genommen. Zu »Crash« hielt The-Gap-Co-Gründer Manuel Fronhofer etwa fest: »Schockierend, eklig, extrem, aber auch ein Appell an die Toleranz des Abartigen, wie das gesamte Werk von David Cronenberg« und verteilte drei von fünf Sternen. Der andere TheGap-Co-Gründer Thomas Heher wiederum lobte »Trainspotting« im Homevideo-Release (4 1/2 Sterne).
Österreichischer Film international
Zuletzt war ein internationaler Hype um Marie Kreutzers »Corsage« – trotz bekanntem Skandal – spürbar, selbst wenn der Film es letztendlich nicht zu den Oscars schaffte. Goldene Statuen in der Kategorie »Bester fremdsprachiger Film« gab es hingegen in jüngerer Vergangenheit 2008 für »Die Fälscher« (Regie: Stefan Ruzowitzky) und 2013 für »Amour« (Regie: Michael Haneke). Auch bemerkenswert: Christoph Waltz wurde gleich zweimal in kurzer Folge (2010 und 2013) als bester Nebendarsteller ausgezeichnet. Für die Szene bedeutete das nicht nur Anerkennung im Ausland, sondern auch einen Push für die heimische Filmproduktion.
Österreichische Filmfestivals
Der erste Gedanke mit Blick auf österreichische Filmfestivals geht natürlich Richtung Viennale. Seit unserem Gründungsjahr war das Festival zwei Jahrzehnte lang quasi Synonym mit seinem künstlerischen Leiter Hans Hurch. 2017 verstarb er plötzlich und Eva Sangiorgi übernahm das Ruder. Neben der Viennale haben sich aber auch zahlreiche kleinere Festivals etabliert: Das Slash Filmfestival zollt dem fantastischen Film Tribut. Bei den Vienna Shorts sind Kurzfilme zu sehen. Und das Porn Film Festival Vienna möchte die Grenze zwischen Sex und Kunst verwischen. Viele andere Festivals sind jedoch wieder verschwunden: Das Let’s CEE Film Festival zeigte bis 2018 die besten Filme aus Osteuropa. Das Transition International Queer & Minorities Film Festival war bis 2022 fixer Bestandteil der heimischen Szene. Und das queere Filmfestival Identities strich 2017 überraschend die Segel.
The Gap × Diagonale
Apropos Filmfestivals: Eine besondere Verbindung besteht zwischen The Gap und der Diagonale. Nicht nur aufgrund des jährlichen Sonderhefts, sondern auch weil Peter Schernhuber – zusammen mit Sebastian Höglinger bis zum heurigen Jahr Leiter des Festivals – einst Teil unserer Redaktion war. Das »Festival des österreichischen Films« existiert seit 1993, fand zunächst in Salzburg statt, und übersiedelte 1998 nach Graz. Es lockt dabei jährlich nicht nur filmaffines Publikum, sondern auch die österreichische Filmbranche in die steirische Landeshauptstadt. Seit Juni 2023 lenken nun Claudia Slanar – auch sie hat eine (kurze) The-Gap-Vergangenheit – und Dominik Kamalzadeh die Geschicke der Diagonale.
David Schalko
Wenige haben solche Spuren in der österreichischen Popkulturmedienlandschaft hinterlassen wie Regisseur, Serienproduzent und (Drehbuch-)Autor David Schalko. Ihn einen »Medientausendsassa« zu nennen, wie wir es einmal taten, ist fast eine Untertreibung. Ob legendäre Fernsehformate wie »Sendung ohne Namen« (Idee, Buch und Regie) »Dorfers Donnerstalk« (Regie) und »Willkommen Österreich« (Idee und Produktion), Serien wie »Braunschlag« (Buch und Regie) oder Filme wie »Wie man leben soll« (Regie, Buch und Darsteller) – es ist schon erstaunlich, wo Schalko überall seine Finger im Spiel hatte. Dazu kommen noch zahlreiche Bücher, Theaterproduktionen und ein Lyrikband.
Frauen im Fokus
2021 zeigte der zweite österreichische »Film Gender Report« des Österreichischen Filminstituts ein ambivalentes Bild hinsichtlich der Lage von Frauen* im österreichischen Film: Während der Nachwuchs zunehmend weiblich ist, bleibt die gläserne Decke schwer zu durchbrechen. Nur ein Viertel aller Kino- und TV-Fördermittel ging an Frauen* – gerade die großen Förderbeträge gingen an männlich verantwortete Projekte. Seit 2010 setzt sich deshalb der Verein FC Gloria für Geschlechtergerechtigkeit im österreichischen Film ein. Auch #metoo-Fälle führten zu Debatten in der Branche sowie zum Start von Projekten wie #we_do!, einer Anlauf- und Beratungsstelle gegen Ungleichbehandlung, Machtmissbrauch und Diskriminierung.
Katharina Mückstein
Eine, die den Kampf gegen Sexismus und weitere Ismen mit gutem Filmschaffen verbindet, ist die Regisseurin und Drehbuchautorin Katharina Mückstein. In der Punkszene sozialisiert, begann sie sich – auch im Rahmen ihres Studiums – mit Genderthemen und sozialer Ungerechtigkeit auseinanderzusetzen. Nach ihrem Regiestudium gründete sie – gemeinsam mit Flavio Marchetti, Michael Schindegger und Natalie Schwager –die Produktionsfirma La Banda Film. Mit »Talea« und »L’Animale« feierte sie bereits Erfolge als Regisseurin. Dieses Jahr brachte sie mit ihrem Dokumentarfilm »Feminism WTF« feministische Diskurse und Aktivist*innen auf die Leinwand – und sich selbst aufs Cover unserer diesjährigen Diagonale-Ausgabe. Auf Instagram tritt sie immer wieder wichtige Debatten zu Themen wie Sexismus (in der österreichischen Filmbranche) los.
Green Filming
Das Thema Nachhaltigkeit ist auch in der österreichischen Filmbranche ein mittlerweile wichtiges, schließlich sind Filmproduktion oft hochaufwendige Unterfangen mit einen gehörigen CO2-Fußabdruck. Deshalb werden Filmförderungen mittlerweile auch hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit untersucht. Das Österreichische Filminstitut hat eine eigene Green-Filming-Abteilung, vergibt eine Bonusförderung für nachhaltige Produktionen und hat einen »Kriterienkatalog der ökologischen Mindeststandards« herausgebracht. All diese Bestrebungen stehen allerdings im Widerspruch zum Stolz auf die großen internationalen Produktionen, die in Wien »on location« drehen – siehe etwa die Dreharbeiten zu »Mission Impossible 5« 2014 in Wien.
Jessica Hausner
Stellvertretend für den Erfolg des österreichischen Films im In- und Ausland steht auch das Schaffen der Regisseurin und Drehbuchautorin Jessica Hausner (am Cover der Diagonale-Ausgabe 2020). Im Interview sprach sie über ihren international – etwa in Cannes – erfolgreichen Film »Little Joe«. Jede Szene gleiche einem Gemälde, schrieben wir damals. Jessica Hausners Filme zeichnen sich durch eine eigene, mitunter kühle Ästhetik aus, ihr Blick richtet sich gerne auf (junge) Frauen, die wenig Anerkennung in der sozialen Ordnung finden – oft mit subversivem Humor. Über das Thema ihres bald erscheinenden Films »Club Zero« verriet sie uns bereits 2020: »Essstörungen sind ein Versuch, sich anzupassen, einzupassen und zu kontrollieren.«
Nachwuchs
Österreichischer Film, das ist nicht nur Haneke und Seidl. Mittlerweile verändern immer mehr junge (vor allem auch weibliche, queere und/oder migrantische) Filmemacher*innen die Filmwelt mit ihrem Blick: Arman T. Riahi sorgte mit seinem Debüt »Die Migrantigen« für Furore, Kurdwin Ayub eröffnete mit »Sonne« die Diagonale 2022. Adrian Goigingers »Die beste aller Welten« war 2017 der zweiterfolgreichste Film des österreichischen Kinojahres. Clara Stern bewies zuletzt mit »Breaking the Ice« ihr Talent, Severin Fiala lieferte gemeinsam mit Veronika Franz mit »Ich seh, ich seh« einen Horrorfilm ab, der nicht nur Genrefans überzeugte (und sogar eine Neuverfilmung mit Naomi Watts nach sich zog). Jasmin Baumgartner dreht Musikvideos für Wanda, Franziska Pflaum will mit Filmen wie »Mermaids Don’t Cry« den Struggles ihrer Alltagshelden eine Bühne bieten und David Wagner wurde etwa in Venedig für »Eismayer« ausgezeichnet. Und diese Liste ließe sich fast beliebig lange fortsetzen.
200 Highlights: Foto (3/10)
Voodoo Jürgens und Stefanie Sargnagel –
The Gap #186a
»Es war ein lustiger Termin im Prater für ein The-Gap-Cover 2021. Voodoo Jürgens kam eine Stunde zu spät, er war noch beim Tätowierer. Die Fotos mit Stefanie Sargnagel und ihm wurden trotzdem schön.« – Fotograf Nikolaus Ostermann.
Als wir lustig waren
Bierernst kann ja jeder. Lustig nicht. Ob wir es können, müsst schon ihr entscheiden. Versucht haben wir es jedenfalls so einige Male im Laufe unserer Geschichte.
Namensverwirrungen
Von Anfang an hießen wir The Gap – fast ununterbrochen. Denn für einige wenige Ausgaben haben wir uns – zumindest am Cover –umbenannt: bei #73 auf »Ten Gap« (anlässlich des zehnjährigen Jubiläums) bei #61 und #70 auf »Der Gap«, bei #62 und #69 auf »Die Gap« und bei #72 schließlich auf »Das Gap«.
Heimliche Satanist*innen?
Satanic Panic! Bei Ausgabe #66 hat sich am Cover der Teufel eingeschlichen und Nummer 666 draus gemacht. Ab zum Exorzismus!
Betrug im Kleinen
Anlässlich des Musicals »Udo Proksch Superstar« von Monochrom gab es in The Gap #55 das »Faltboot Lucona« zum Ausschneiden und Falten. Hier der letzte Bastelschritt: »Bug und Heck der Lucona aufrichten, sich versichern (dass man im Freien ist) und mit handelsüblichen Knallkörpern versenken.«
Für ganz scharfe Augen
Als wir in Ausgabe #46 über David Cronenbergs Film »Spider« berichteten, lautete der Fotocredit für das Bild mit den explodierenden Augen ganz einfach »Privat«. Also lieber nicht in den Homevideo-Archiven unserer Redakteur*innen stöbern!
Pandabären
Dass der Pandabär das Spirit Animal von The Gap ist, dürfte unsere Leser*innen kaum überraschen. Dass das ursprüngliche Pandasujet den Titel »Hannes träumt von Paris (Pandaporno)« trägt vielleicht schon eher Worauf dann auch unsere völlig akkurate Selbstbeschreibung aufbaut: »Yet another fucking wildlife magazine«.
200 Highlights: Foto (4/10)
Casper Clausen – thegap.at
»Das Waves Vienna ist allgemein mein Lieblingsfestival. Ganz besonders in Erinnerung geblieben ist mir das Waves 2021, das erste nach der Pandemie, mit Hauptact Casper Clausen.« – Fotografin Hannah Tögel
Versteckte Botschaften
»Mit LSD-Lack, nicht lecken!«, »The Gap –so weich, dass man es blind erkennt.«, »Die Textbeiträge kann man evtl. auch weglassen … das sind zum Großteil lauter Verrückte.« –Von Ausgabe #54 bis #150 haben uns am Rücken des Magazins (fast) durchgehend solche Bundsprüche begleitet.
Vaterschaftsnachweis nicht nötig
Als Hans Dichand 2008 etwas überraschend verlautbaren ließ, dass Werner Faymann nicht sein Sohn sei, sahen wir unsere Chance! Um Dichand zukünftig Arbeit abzunehmen und uns etwas Taschengeld zu bescheren, brachten wir T-Shirts mit dem Hinweis »Hans Dichand ist nicht mein Vater« auf den Markt. Heute Sammler*innenstücke!
Trauriges Schmunzeln
Für unsere große Reportage über das FM4-Universum in Ausgabe #57 hatten wir auch Spaß mit einer Fotostrecke rund um das natürliche Habitat von Radiosendern: das Auto. Inklusive
»Ich bremse auch für Blumenau«-Heckaufkleber. Da Martin Blumenau 2021 und somit viel zu früh verstarb, stimmt uns dieser Scherz in der Nachbetrachtung eher traurig. Damals zauberte er dem legendären FM4-Mann hoffentlich zumindest ein Schmunzeln ins Gesicht.
»Indisches Geschnetzeltes«
Eher in der Kategorie »Unfreiwillig komisch« reiht sich dieses panasiatische Fusionsgericht mit urösterreichischem Namen aus Ausgabe #1 (Rubrik: »Rezept des Monats«) ein. Auch in puncto kulturelle Sensibilität haben wir uns hoffentlich verbessert.
Win oder Fail?
Könnte auch bei den Fails stehen, aber wir finden, das haben wir charmant gelöst: Als uns für Ausgabe #61 arg kurzfristig das Lektorat abgesprungen ist, schafften wir es nicht, rechtzeitig Ersatz zu finden. Deshalb zur Warnung aller auf (Rechtschreib-)Fehler allergisch Reagierenden der stolze Hinweis am Cover: »Jetzt neu ohne Lektorat«.
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Von der Loge bis zum Container
Auf den österreichischen Bühnen passiert so einiges: Musik – eh klar für The Gap –, aber eben auch Theater, Tanz oder Performance. Und diese Bühnen müssen nicht immer ein Guckkasten mit angeschlossenem Publikumsraum sein.
The Gap und die Bühne Abseits der Musikkonzerte wurden Bühnen von The Gap vorerst stiefelterlich behandelt. Auch das regelmäßige Bühnenspecial gibt es erst seit Ausgabe August/September 2018 (#170), da gab es The Gap schon mehr als 20 Jahre. Trotzdem reicht das stets wachsende »The Gap meets Bühne«-Œuvre von Theaterrezensionen über Interviews mit Beteiligten bis hin zur Annäherung an die Sprache rund um die Bühne. Für Letzteres stehen stellvertretend »Ein A–Z der Theaterwelt« in Heft #104 und das wunderbare »Kleine Lexikon des Wiener Theaters« in Heft #176. Dazu gibt es aber auch Texte zu oft vergessenen Bühnen, beispielsweise zum »Neuen Zirkus« (The Gap #157) und die später diskutierte Frage: »Wie queer ist Zirkus?« (The Gap #189) im Zusammenhang mit Performances der Gruppe »Sodom Vienna«.
Der Provokateur
The Gap steckte noch in den Kinderschuhen, als Christoph Schlingensief 1998 am Eisernen Tor für den Steirischen Herbst »Chance 2000 für Graz« vorstellte, die Stadt zur »Sandlerhochburg« erklärte und rund um die Mariensäule ein »Wettsitzen« von Wohnungslosen veranstaltete – mit 70.000 Schilling Preisgeld. Zwei Jahre später baute er für die Wiener Festwochen als Reaktion auf die seinerzeitige schwarz-blaue Regierung den »Ausländer raus!«-Container vor der Staatsoper auf, wo – angelehnt an die Reality-TV-Sendung »Big Brother« – das Publikum Migrant*innen aus dem Container und damit aus dem Land wählen sollte. Zum Erscheinen der zugehörigen Dokumentation wurde in The Gap #42 bereits sehr treffend beschrieben, wie der Kunstaktion eine skurrile Realität zugesprochen wurde; eine »Schlingensief-Falle«, in die damals auch Linke tappten.
Ein feministisches Theater für Wien
Mit dem Kosmos Theater eröffnete 2000 in Wien in Anwesenheit von Elfriede Jelinek eine Spielstätte (damals unter dem Namen Kosmos.Frauenraum), die sich dezidiert weiblichen Künstlerinnen verschrieben hat –in Themenstellungen auf der Bühne wie auch hinsichtlich der Produktionsprozesse hinter den Kulissen. Das geschah ursprünglich aus zivilem Ungehorsam und aus einer Besetzung der Räumlichkeiten des damals leerstehenden ehemaligen Pornokinos Rondell, dem heutigen Porgy & Bess – bis das Kosmos Theater als Kellertheater am Siebensternplatz den Betrieb aufnahm. Seither ist es eigentlich immer einen Besuch wert.
Udo Proksch Superstar
Mit »Udo 77« wurde im Rabenhof Theater 2004 ein weirdes Musical uraufgeführt, das die faszinierende wie verstörende Geschichte um Udo Proksch, einen politisch bestens vernetzten österreichischen Geschäfts- und Lebemann, aber eben auch Verbrecher erzählte. Dessen Versicherungsbetrug und internationalen Waffengeschäfte aufarbeitend, entführte das Musical das Publikum in die 70er-Jahre und lieferte eine eindringliche Darstellung von Prokschs Leben. Für die Bühnenumsetzung zeichnete das Kunst-Technologie-Philosophie-Kollektiv Monochrom verantwortlich, das heuer sein 30-jähriges Jubiläum feiert. The Gap brachte die Inszenierung in Ausgabe #55 aufs Cover und legte im nachfolgenden Heft in der Abo-Ausgabe gar eine CD mit Musikstücken aus dem Musical bei.
Wo geht es hier nach Krems?
Das niederösterreichische Donaufestival gibt es bereits seit 1988 und doch entwickelte es sich vor allem unter der künstlerischen Leitung von Tomas Zierhofer-Kin ab 2005 zu einer der wichtigsten Plattformen für avantgardistische Performancekunst, Musik und Theaterformen. Das Editorial in The Gap #59 lobte bereits dessen Einstand als Festivalleiter (und nennt ihn charmant falsch: »Thomas Zirnhofer«). 2017 hat mit Thomas Edlinger übrigens ein ehemaliger The-Gap-Kolumnist die Intendanz in Krems übernommen.
»Wir müssen das Publikum betasten und manchmal auch schlagen«
Dieses klingende Zitat von Signa Köstler (der einen Hälfte des Künstler*innenehepaars Signa) stammt aus einem Interview in Ausgabe #156 (im selben Heft: ein ZierhoferKin-Porträt!) anlässlich der Uraufführung von »Wir Hunde / Us Dogs«. In dieser sehr einnehmenden Performance, die später den Nestroy-Spezialpreis gewann, gründete sich eine für das Publikum frei begehbare »Wohngemeinschaft von Transhunden«. Sowieso waren interaktive Theaterformate ab den späten Nullerjahren der letzte Schrei, wie spätestens der Erfolg von »Fight Club – Realtekken« des Wiener Theaterkollektivs God’s Entertainment aus dem Jahr 2006 bewies, bei dem Zuschauer*innen mittels Joystick Performer*innen in einem realen Zweikampf steuerten; eine »künstlerische Versuchsanordnung über die Gewaltbereitschaft des Publikums« (The Gap #85).
Text: Oliver MausFreie Kunst im ersten Bezirk
Kaum ein Haus hat die freie Wiener Theater- und Performanceszene in den letzten 25 Jahren so stark geprägt wie das »Brut Wien«. Seit seiner Gründung 2007 (unter den Intendanten Thomas Frank und Haiko Pfost) residierte das Brut bis 2016 im Künstlerhaus am Musikvereinsplatz, wo auch regelmäßig ziemlich ausufernde Partys (etwa von The Gap) gefeiert wurden. Gleich die zweite Spielzeit 2008/2009 wurde mit einem Spezialpreis des Nestroy-Theaterpreises ausgezeichnet. Unter dem Vorwand explodierender Renovierungskosten wurde das Brut aus dem Künstlerhaus vertrieben. Es begab sich zuerst an wechselnden Spielorten auf Standortsuche. Derzeit wird vor allem das Brut Nordwest bespielt, eine ehemalige Fabrikshalle in der Brigittenau, bevor ab 2024 ein neuer Raum in St. Marx bezogen werden soll.
Zwei X für Wien
Apropos Nestroy-Spezialpreis (diesmal: 2011/2012) und wechselnde Standorte: Zwei Jahre nach dem Brut öffnete die damalige Garage X ihre Tore am Petersplatz. Zu sehen gab es zeitgenössische Formen von Sprechtheater und den Versuch, in aktuelle gesellschaftliche Diskurse mit den Mitteln des Theaters zu intervenieren. Ab 2014 wurde das Theater mit dem ehemaligen Stadtlabor Kabelwerk in Meidling zusammengelegt und operierte vorerst als »Theater am Arsch der Welt«, während die Räumlichkeiten am Petersplatz weiter unter dem Namen Eldorado bespielt wurden. Werk X und Werk X-Petersplatz – wie sie nun heißen – gibt es nach wie vor, ab kommender Spielzeit unter zusammengelegter künstlerischer Leitung von Esther Holland-Merten.
Elfriede Jelineks
»Die Schutzbefohlenen«
Die Behauptung, Elfriede Jelinek gäbe mit ihrem intensiv besprochenen Stück Asylwerber*innen eine Stimme, legt in erster Linie offen, wie wenig Kulturjournalist*innen tatsächlich Stücktexte lesen. The Gap interviewte Tina Leisch und Bernhard Dechant, das Künstler*innenkollektiv Die Schweigende Mehrheit sagt Ja anlässlich ihrer Inszenierung mit Geflüchteten aus Traiskirchen. Als dann eine Aufführung im Audimax der Uni Wien 2016 von Rechtsextremen der Identitären Bewegung angegriffen wurde, war unter anderem auch unser Fotograf Armin Rudelstorfer vor Ort und veröffentlichte am Folgetag Fotos von der rechten Störaktion auf thegap.at.
Die Ausnahmekünstlerinnen
Laut eigener Aussage findet sich Florentina Holzinger eigentlich gar nicht sonderlich provokant (The Gap #144). Die Künstlerin ist für ihre relativ radikalen Inszenierungen bekannt, in denen es mitunter recht akrobatisch bis stunt-intensiv zugeht, wenn sie die Grenzen des Körpers und die Konstruktion von Weiblichkeit erforscht. Warum im Tanzbereich eigentlich immer alle nackt sind, das hat The Gap nebenbei bei Doris Uhlich in Heft #176 nachgefragt: »Über das Gewandablegen wirst du auch gesellschaftliche Codes los.« Beide Künstlerinnen eint, dass ihre Tanz- und Performancestücke nicht nur die heimische Kunstszene maßgeblich beeinflusst haben, die Arbeiten touren mittlerweile durch ganz Europa.
200 Highlights: Foto (5/10)
Marie-Luise Stockinger – The Gap #167
Diese knallbunte Porträtreihe von Jungschauspieler*innen hat unser Fotograf Alexander Gotter geschossen. Zusätzlich zu den Standbildern gibt’s auch noch kurze bewegte Schnipsel. Aber nur online, soweit reicht die Drucktechnik leider noch nicht.
Leitfaden für Verreißwölf*innen
Ein Verriss darf alles, nur nicht fad sein. Heißt es. Ein bisschen Orientierung schadet dabei dennoch nicht. Man will ja, dass der Schlag mit der Keule auch richtig sitzt. Deswegen an dieser Stelle zehn Einsichten in Sachen Verrisse, die uns bei der Durchsicht der bisherigen Ausgaben ereilt haben.
01
Zeig, dass du dich nicht zu wichtig nimmst. Das stärkt deine Position.
Joni Mitchell »Shine« – Ich habe Joni Mitchel noch nie verstanden. Frau Mitchell, zum Glück sind Sie nicht auf mich oder mein Urteil angewiesen. 3/10 Stefan Niederwieser
02
Referenzen demonstrieren Auskennerei. Spar also nicht damit.
Mondscheiner »La belle captive« – Mondscheiner präsentieren sich als ganz blasse, ganz hübsche und bestimmt ganz nette Na chbarsjungen, die gerade Kafka entdecken und denen selbst beim Anblick einer schielenden Stubenfliege das Herz übergeht. Nicht unähnlich den deutschen Vor-demSpiegel-Denkern Blumfeld therapieren auch Mondscheiner ihre Neurosen gerne mit bedeutsamer Schwülstigkeit oder – die Herren von Garish und Flashbax lassen grüßen! –mit mittelmäßigem, lyrischem Eskapismus. 4/10 Martin Zolles
03
Sei fies und gib dann viele Punkte. Das ist besonders fies.
Au Revoir Simone »Still Night, Still Light« – (…) Leider fehlt es ihrer Musik an dringlicher Tragweite und so wird sie vermutlich bald im Sumpf der musikalischen Belanglosigkeiten untergehen.
6/10 Ursula Winterauer
04
Stell rhetorische Fragen und beantworte sie.
Lou Reed & Metallica »Lulu« – Lou Reed, was machst du bloß für Sachen? Mit Metallica rummachen. Ich verstehe die Menschen generell grad überhaupt nicht mehr.
1/10 Michael Kirchdorfer
David Lipp & die Liebe »Es ist so unendlich still hier« — Geht das? Schlimmer als Wir sind Helden und Juli inklusive Fremdschämen? Ja! 1/10 Stefan Niederwieser
Gisbert zu Knyphausen »Hurra! Hurra! So nicht.« – Hurra! Hurra! So nicht. Der Albumtitel spricht für sich. Ein intellektuell klarsichtiger, einfühlsamer und origineller Songwriter? Fast. 3/10 Barbara Schellner
James Last »They Call Me Hansi« – (…) Worauf soll man sich noch verlassen können? Na auf die Wertung natürlich. Die geht mir diesmal, ausnahmsweise, sehr leicht von der Hand, weil, wer hätte jemals gehört, dass eine Verpackung ohne Inhalt in The Gap auch nur einen einzigen Punkt abbekommt? Eben.
0/10 Sebastian Hofer
05
Gib Künstler*innen und der Musikindustrie ruhig Verbesserungsvorschläge. Pfeif dabei auf Diplomatie und die Sandwich-Methode.
2Raumwohnung »Melancholisch schön« – Es ist noch nie gut gegangen, wenn die Deutschen in Brasilien herumwerkelten. Inga und Tommi haben sogar die Singles, die vorher ganz passabel gewesen waren, mit ihrem Bossa-novaBelag verhumpt. (…) Au weh. Steig auf die Humpe, Tommi, und geh nie wieder runter!
0/10 Ann Cotten
Lost Prophets »Liberations Transmission« –Liebe Sony BMG, bitte behaltet euch eure CDs, wenn ihr uns den ordnungsgemäßen Gebrauch nicht zutraut. Und wenn ihr mir so einen belanglosen Dreck wie die neue Lost Prophets schickt, erst recht!
1/10 Niko Alm 06
Ziehe Vergleiche.
Xavier Naidoo »Danke fürs Zuhören« – Die definitive Sammlung uncooler Musik. Nicht einmal Ironie-Champions kommen Xaviers Gefühlsleib bei. Er ist der Autoimmun-Ghandi deutschsprachiger Musik.
2/10 Stefan Niederwieser
The Breakers »Here for a Laugh« – Die Platte weckt durchwegs eher Assoziationen an Bryan Adams als an ernstzunehmende Rockmusik.
2/10 Michael Luger
07
Mach’s kurz und schmerzlos.
Nina Proll »12 Songs, nicht die schlechtesten« –Cocktailmusik für Fertigmixtrinker.
2/10 Michael Bela Kurz
Munch Munch »Double Vision« – Lärmiger Glamrock mit nervtötenden Orgeln.
4/10 Werner Reiter
Wampire »Curiosity« – Bei Wampire ist immer alles ein bisschen lustig gemeint. So etwas ist dann doch ermüdend. 5/10 Philipp L’heritier
The Who The What The Yeah »Nervöse Welt« –Deutschsprachiger Langweiler-Indierock mit einer Prise aufgesetztem Revolutionsgeist lehrt uns das Fürchten vor der Zukunft.
2/10 Teresa Reiter
08
Zeige, dass du den Gegenstand der Kritik schon länger im Visier hast.
Heinz »Pasadena« – Das Ausmaß der Unannehmlichkeiten, deren Ursprung in der Abneigung einer Sache gegenüber liegt, ist direkt proportional zum Umfang der Artikulation dieser Abneigung. Deshalb in aller Kürze:
3/10 Manuel Fronhofer
Heinz »It’s a Crazy World« – Mittlerweile ist die Band als Trio unterwegs und musiziert immer noch für eine Zielgruppe, die sich erst kürzlich über die erster Periode oder den Stimmbruch freute.
4/10 Manfred Gram
Heinz »Die bunten Fahnen gehn über die Welt« – Musikalisch wurde so manche Limitierung zurückgelassen und Songwriting und Instrumentierung wurden detailreicher, mitunter sogar raffinierter. Nichts geändert hat sich an den Texten, die weiterhin ziemlich wertfrei als jenseits bezeichnet werden können.
5/10 Martin Mühl
09
Bring Freund*innen und Familie ins Spiel, das macht dich menschlich.
Robbie Williams »Reality Killed the Video Star« – Ein singender George Clooney, für Mütter und Töchter gleichermaßen. (…) Danke, aber auch meiner Mutter wird das nicht gefallen.
3/10 Barbara Schellner
Effi »Astronaut« – Musik, die meine Freundin zu Kaffee- und Kuchennachmittagen mit ihren älteren Schwestern spielen würde. Kantenfreier Pop mit Hang zur Belanglosigkeit.
4/10 Michael Kirchdorfer
Patrice »One« – Ö3 wird sich freuen. Oma auch. Und Alt-Vizekanzler Herbert Haupt sowieso. Patrice macht Reggae für alle und deswegen auch für niemand. 2/10 Matthias Hombauer
10
Lehn dich ruhig auch mal aus dem Fenster …
Lady Gaga »The Fame« – (…) Überproduziert, uninspiriert. Leider ohne Witz und Ironie. Da bleibt von »The Fame« am Ende nicht viel über. Schade eigentlich. 4/10 Barbara Schellner
The Gap im Jahresabo
6 Ausgaben um nur € 19,97
Ihr mögt uns und das, was wir schreiben? Und ihr habt knapp € 20 übrig für unabhängigen Popkulturjournalismus, der seit 1997 Kulturschaffen aus und in Österreich begleitet?
Dann haben wir für euch das The-Gap-Jahresabo im Angebot: Damit bekommt ihr uns ein ganzes Jahr, also sechs Ausgaben lang um nur € 19,97 nach Hause geliefert.
Nähere
Auch andere feiern
Nicht nur für The Gap ist 2023 ein Jubiläumsjahr. Auch diverse andere Institutionen der österreichischen Kulturszene dürfen sich heuer über eine Zahl mit einem Nuller am Ende freuen. Wir gratulieren unseren Mitjubiliar*innen!
Donauinselfest 40 Jahre
Das Donauinselfest ist vor allem eins: riesig. Die jährlichen Besucher*innenzahlen übersteigen (laut Veranstalter*innen) regelmäßig die Einwohner*innenzahlen von Wien. Ein Festival, das klotzt, statt zu kleckern.
Impulstanz 40 Jahre
Tanz- und Performance zum Anschauen, aber auch zum Mitmachen, das hat sich Impulstanz auf die Fahnen geschrieben. Neben einer Reihe von beeindruckenden Darbietungen gibt es auch eine ausgedehnte Workshop-Schiene.
Poolbar Festival 30 Jahre
»Kulturelles von Nischen bis Pop«, so lautet das Motto des Festivals in Feldkirch, das von unserem langjährigen Anzeigenverkäufer Herwig Bauer veranstaltet wird. Am westlichen Rand von Österreich findet dementsprechend alles vom Jazzbrunch über den Skatecontest bis hin zum Großkonzert ins Programm.
Rockhouse Salzburg 30 Jahre
Für die Salzburger Musikszene unabdingbar: Seit 1993 bietet das Rockhouse eine Bühne nicht nur für Local Heroes, sondern auch für andere Bands, die sonst kaum Raum im Salzburger Kulturprogramm finden.
Kunsthaus Graz 20 Jahre
Ein Überbleibsel der Kulturhauptstadt Graz 2003 und eines der besten Beispiele, wie Kulturförderprogramme auch nachhaltig ein Stadtbild –und das kulturelle Treiben – verändern können. Mal schauen, was das Salzkammergut da nächstes Jahr schafft.
Luftschacht Verlag 20 Jahre
Verlage wie Luftschacht sind in Österreich selten: Belletristik, Comic, Kinderbuch und Bildband. Immer mit Anspruch, nie langweilig. Und das nicht nur in Kleinstauflagen, sondern durchaus mit Breitenanspruch.
PPC Graz 20 Jahre
Project Pop Culture – es ist wahrlich ein Projekt, dem breiten Feld der Popkultur einen Raum zu bieten. Von 90er-Party bis Hardcore-Konzert reicht die Bandbreite, die der Grazer Club dabei bereits in seiner 20. Saison abdeckt.
Vienna Shorts 20 Jahre
Kurzfilme sind sie häufig die ersten Gehversuche für neue Filmschaffende und bieten viele Möglichkeiten für Experimente. Vienna Shorts widmet dem oft stiefmütterlich behandelten Format ein ganzes Festival.
VTMÖ 20 Jahre
Verband unabhängiger Tonträgerunternehmen, Musikverlage und MusikproduzentInnen Österreich. Ein ganz schön langer Titel! Seit 2003 setzt sich der VTMÖ für die Anliegen der unabhängigen österreichischen Musikunternehmen ein.
Calle Libre 10 Jahre
»10 Jahre, 10 Tage, 10 Wände« – der jüngste Mitjubiliar in dieser Liste feiert sich selbst mit zehn Murals, die während des Festivals in Ottakring entstehen. Daneben bietet das »Festival für Street Art und Musik« Workshops, Guided-Street-Art-Tours und Konzerte.
Wahnsinn(s) Technik
Welche Popkultur entstehen kann, hängt nicht zuletzt davon ab, welche Technologien verfügbar sind. Das war schon bei Gutenberg so und hat sich im Zeitalter von Smartphone, Internet und generativer KI nicht geändert. Hier sind zehn Technologien, die während der 200 bisher erschienenen Ausgaben von The Gap die Popkulturlandschaft maßgeblich verändert haben.
Rundfunk
Radio und Fernsehen haben als Leitmedien die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts dominiert. Doch The Gap hat davon als Medium nur den auslaufenden Teil mitbekommen. Die Geschichte des Rundfunks in The Gap ist eine Geschichte von kontinuierlichem Rückzug aus der einstigen kulturellen Poleposition.
Vinyl
In der Mainstream-Presse immer wieder totgesagt – nur um dann wieder überraschte Artikel zu schreiben, wenn die nächste VinylTrendwelle bricht. In The Gap war Vinyl nie so richtig weg und zieht sich durch die 200 Ausgaben als roter Musiknerd-Faden – inklusive Porträt des legendären Ikea-Vinylregals Expedit in Ausgabe #46.
Selfpublishing
Gatekeeping ist nur möglich, solange es Mauern gibt, durch die Gates führen müssen. Ob Musik, Comics oder Videos – selbstpublizierte Medien lassen die professionellen Gatekeeper*innen zunehmend alt aussehen.
MP3
Als Napster 1999 Musik-Sharing auf Basis von MP3 populär machte und zum Grauen der Musikkonzerne wurde, war The Gap gerade mal zwei Jahre alt. Als MP3 erfunden wurde, war The Gap noch nicht einmal ein Funkeln im Auge seiner Gründer. Das war nämlich schon 1991.
Breitband
Der Grund jeden Übels im modernen Internet. Ohne Breitband keine Social Media, kein Streaming, kein endloses Downloaden von MP3s, Filmen und Serien. Kein revolutionäres neues Konzept, sondern Konsequenz einer stetigen infrastrukturellen Verbesserung mit weitreichenden Konsequenzen.
Social Media
Wie sozial die sozialen Medien tatsächlich sind, ist eine offene Frage. Sicher ist, dass sie unseren sozialen Interaktionen eine neue Dimension verliehen haben. Müssen wir auf Facebook sein? Wie schlimm ist Twitter? Gibt es eine »Cancel Culture«? Alles Fragen, die wir uns in der Vergangenheit gestellt haben und immer noch stellen.
Streaming
Streaming löst die Inhalte von ihren physischen Medien. Alles ist im Prinzip immer verfügbar und zugänglich – solange Abos bezahlt und Ads geschaut werden. Gleichzeitig werden diese Inhalte aber nur noch gemietet. Der Tonträger gehört dir nicht mehr, du darfst ihn nur abspielen.
Netzjournalismus
Als Printmagazin ist es unmöglich, mit der Zugänglichkeit und Agilität von Netzmedien zu konkurrieren. Das zieht Publikum und damit Werbekund*innen vermehrt ins Netz, was es schließlich Print schwer macht, jene lang und gut recherchierten Artikel zu produzieren, die eigentlich die Stärke des Mediums wären.
Plattformökonomie
Gigs waren gestern, Ich-AGs vorgestern, unbefristete Anstellungen vorvorgestern. Heute produzieren wir gratis Content für Plattformen, zahlen ihnen womöglich noch Geld für das Privileg, Teil von ihnen zu sein, und hoffen, dass sie so gnädig sind, uns einen Teil ihrer enormen Gewinne großzügig zu überlassen.
Generative KI
Generative KI ist der aktuelle Hype im Technologiesektor. Noch ist schwer absehbar, wohin diese Technologie wirklich führen wird und wo ihre Grenzen sind. Wichtig ist jedoch – wie bei jeder neuen Technologie –, nicht den Kopf in den Sand zu stecken und Wege zu finden, mit ihr realistisch umzugehen. Denn sobald die Zahnpasta mal aus der Tube ist, lässt sie sich schwer wieder hineindrücken.
200 Highlights: Die anderen
Andere über The Gap
Völlig frei von Allüren lassen wir an dieser Stelle andere über uns urteilen. Subjektive Einschätzungen aus mehr als einem Vierteljahrhundert The Gap, nahezu objektiv ausgewählt.
Recherche: Manuel Fronhofer
Falters Best of Vienna 1998
»Das beste Low-Budget-Musikmagazin.«
Monochrom (in T-Shirt-Form) 2001
»Wir sind euch was neidig.«
Falter / Gerhard Stöger 2003
»The Gap hat sich in sechs Jahren vom handkopierten Uniheftl zu Österreich ansprechendster Popzeitschrift entwickelt.«
FM4 / Martin Blumenau 2005
»Das Gap, ›für alle Themen offenes Popkultur-Magazin‹ (Selbstbeschreibung) ist in der Zwischenzeit ein eindrücklicher Player geworden. (…) Oja, ich mag das.«
Armin Wolf 2012
»(The Gap ist) die Bravo des literaten FM4-Hörers.«
Nazar 2014
»Yo das The Gap Magazin ist mein absoluter Favorit. Solltet ihr unbedingt liken. Sie möchten keinen Fame aber wir zwingen sie dazu! #AntiFameBitches #AllesFürStefan«
Bilderbuch (in einem nicht ganz ernst gemeinten Volume-Interview) 2015
»Wann seht ihr endlich ein, dass The Gap das einzig wahre Magazin in Österreich ist, wenn’s um Musik geht?«
Profil 2017
»Vor 20 Jahren erschien erstmals (im Eigenverlag und Copy-ShopDruckverfahren) eine Musikzeitschrift namens The Gap. Man muss das nicht als Urknall der österreichischen Popkulturpublizistik betrachten, kann aber.«
Monika Eigensperger, ehem. FM4-Senderchefin 2017
»The Gap vereint meiner Meinung nach wunderbar die Liebe zur Popkultur mit einem kritischen Zugang, der heutzutage gar nicht selbstverständlich ist.«
Ö1 / Daniela Derntl 2022
»Ein heimisches Popkulturmagazin stemmt sich diesem Trend aber wie ein kleines gallisches Dorf entgegen. (…) The Gap ist eine Erfolgsgeschichte, die sich seit 25 Jahren im sterbenden Printsektor behauptet und auch für einige Spin-offs verantwortlich war wie das Nachhaltigkeitsmagazin Biorama und den Medienmischkonzern Super-Fi, der nun Virtue heißt.«
feiert ohne Blackout.
Alles ist politisch!
Auch wenn die Wurzeln von The Gap in der Musik liegen, für Politisches anfangs nur popkulturelle Referenzen übrig hatte und um einige Jahre älter als die Autorin dieses Textes ist, hat sie es geschafft zehn Highlights zusammenzutragen, die zeigen, wie eng The Gap und eine gewisse politische Haltung zusammengehören.
Kein F dank PÖ
Als Jörg Haider an der Spitze der FPÖ im Jahr 2000 dieses kleine Furzland Österreich noch ein bisschen brauner gemacht hat, war ich weniger als ein Gedanke und The Gap gerade einmal drei Jahre alt. Umso beachtenswerter also, dass The Gap sich schon in seinen – magazinhistorisch gedacht – Kindertagen so klar politisch positionierte: Ganz der Dreijährige wurden in der Frühjahrsausgabe desselben Jahres (#34) alle großen F durch Recht-Ecke ersetzt. Ätsch!
Die Uni ist gelöscht
Waren die #unibrennt-Proteste eigentlich erfolgreich? Sie haben jedenfalls einige Unis 2009/2010 erfolgreich eine Zeit lang lahmgelegt, neue Menschen in die (Uni-)Politik geschwemmt und recht deutlich Unmut kundgetan. Den Umbau der Unis zu Ausbildungseinrichtungen mit vermehrten Zugangseinschränkungen und zunehmend verschulten Strukturen konnten sie jedoch höchstens ein wenig verzögern. Wenn dem Editorial aus der Ausgabe #102 (Jänner 2010) Glauben zu schenken ist, dürften die Proteste in der Redaktion übrigens durchaus kontrovers diskutiert worden sein. Wobei sich leider nicht mehr eruieren hat lassen, woran diese Kontroverse entbrannt ist. Die Coverstory beschäftigt sich jedenfalls eher mit der (damals) neuen Form des Hashtag-Aktivismus. Welcher auch für weitere Punkte in dieser Liste nicht unerheblich gewesen ist.
Unsere Kolumnistin Heide Schmidt
Man glaubt es kaum! Es gab eine Zeit, in der Heide Schmidt, Gründerin des Liberalen Forums und –wie meine Mama immer betont – Jugendfreundin von Jörg Haider, mit der Kolumne »Hingeschaut und zugehört« Teil der The-Gap-Redaktion war. Ob Alltagsanekdoten mit moralischem Schlussapell oder sachlich argumentierte Empörung aufgrund menschenverachtender Aussagen von diversen Politiker*innen: Schmidts Kolumnen wirkten stets unangreifbar und authentisch. Bemerkenswerterweise auch konsequent gegendert. Zwar mit Binnen-I, aber für 2004 trotzdem ein Meilenstein. Wirklich schade, dass sich Heide Schmidt nach nur drei Kolumnen (Ausgaben #55 bis #57) wieder verabschiedete.
Österreichs erste Twitter-Celebrity
Armin Wolf war auch 2012 schon bekanntester Nachrichtensprecher des Landes und erste heimische Twitter-Celebrity. Im The-Gap-Interview (#125) prognostiziert er, wie Social Media die Medienbranche verändern werde. Das liest sich mit der Erkenntnis der zur Gegenwart gewordenen Zukunft blauäugig bis erstaunlich hellsichtig. Dass Twitter ein Bobo-Phänomen sei und die Hochgebildeten, politisch Interessierten versammle, hat heute zumindest noch einen wahren Kern. Nur Wolfs Überzeugung, dass alles, was auf Twitter viral geht, so »großartig« sei, dass es auch für die klassischen Medien Relevanz habe, ist spätestens seit El Hotzo widerlegt.
»Rochade von rechts«
Wenige Monate, nachdem Werner Reisinger in The Gap #127 (Juni/ Juli 2012) über das visuelle Erscheinungsbild der autonomen Rechten geschrieben hatte, formierte sich die Identitäre Bewegung Österreich. Dass sich Neonazis und andere rechte Gruppierungen in ihrer neuen Visual Identity von der Symbolik, Agitationsfreude und dem Politaktivismus der Linken inspirieren ließen, wurde von Reisinger fast kassandraartig wahrgenommen. Weil Lederhosen- und Springerstiefelmief nicht mehr in die globalisierte, international vernetzte Welt passten, gab es kurzerhand einen neuen Anstrich für alte Ideologien.
Rise Like a Conchita
Conchita Wursts ESC-Sieg 2015 hat für einen fundamentalen Shift in der Selbstwahrnehmung Österreichs gesorgt. Vor allem in Wien schien es plötzlich notwendig, sich weltoffener zu geben. Dieser Post-Conchita-Euphorie haben wir unter anderem die homosexuellen Ampelpärchen zu verdanken. Das ist aber mehr queere Symbolpolitik und Marketingschmäh statt echter queer-politischer Fortschritt. Queere Menschen sind für konservative Unternehmen wie die Bank Austria, die 2015 mit Conchita Wurst warb, höchstens eine neue Zielgruppe. Ob sich Banken auch heute noch trauen würden, mit Dragqueens zu werben, sei mal so dahingestellt.
The Gap feministisch?
In Heft 166 bekundet The Gap zum ersten Mal das Bemühen »durchgehend auf geschlechtergerechte Sprache zu achten«. Auf derselben Seite ist nur von »Autoren« die Rede. Es müssen noch etwa zehn weitere Ausgaben vergehen, bis aus den komischen Is schließlich der Genderstern wird – der ist dafür beständig bis heute. Dass die Kolumne »Gender-Gap« bereits in Ausgabe #157 erschien, mag daher erstaunen. Astrid Exner ging dort als Erste den »großen und kleinen Fragen zu Feminismus« nach – damals spezifisch: »Lach doch mal!« Richtig geraten: The Gaps erster feministischer Rant über »dieses Sich-berechtigt-Fühlen, Frauen darauf hinzuweisen, dass sie gerade nicht so schön anzuschauen sind«. Cheers!
Klimakleber*innen vor Klimakleber*innen
Auch wenn wir im April 2019 noch einige Waldbrände, regenlose Sommermonate und die Klimakleber*innen-Proteste von heute entfernt waren, zeigte sich im Interview mit dem Fridays-for-FutureGründungsteam schon damals, wie leicht es der Gesellschaft fällt, die eigentliche Thematik solcher Proteste misszuverstehen. Ein paar Monate nach der Formierung der österreichischen Fridays-for-FutureBewegung drehten sich die medialen Debatten vorwiegend um die verantwortungslose Jugend, die es wagt Schule zu schwänzen, um für das Klima lärmend durch die Straßen zu ziehen. History repeats itself – in manchmal sehr kurzen Zyklen.
»We Will Not Be Silent«
Wie wird aus einem schockierenden Moment ein langanhaltender Protest? Nach George Floyds Ermorderung im Mai 2020 brachte eine Spontankundgebung am 4. Juni auch in Österreich unerwartet 50.000 Menschen auf die Straße. Im Anschluss formierte sich das Kollektiv Black Movement Austria, das sich seither für die Verbesserung der Lebensrealität von BIPoC-Menschen in Österreich einsetzt. Denn, wie Mugtaba Hamoudah gegenüber The Gap erklärt: »Wir alle sind Rassist*innen, in dem Sinne, dass wir in einer rassistischen Gesellschaft aufwachsen. Damit erhalten wir ein System der Ausbeutung.« Leider heute noch genauso aktuell wie vor drei Jahren.
»Corona Aftermath in der Kulturbranche«
In einer Rückschau im Februar 2021 (The Gap #185) stand »Krise« noch im Singular. Nach dem ersten Pandemiejahr begann die Vorstellung, dass bald wieder Normalität einkehren würde, nur langsam zu bröckeln. Im Kunst- und Kultursektor war jedoch schnell klar, dass es nicht zukunftsfähig ist, einfach da weiterzumachen, wo man aufgehört hat, und dass die präpandemischen Verhältnisse in der Branche einer gründlichen Generalsanierung bedürfen. To be discussed: Solidarität innerhalb der Szene, die Vorteile der Not-Digitalisierung und verstärktes Bewusstsein für lokale Kunstschaffende.
200 Highlights: Foto (6/10)
DJ Andaka – The Gap #182
»Ein Foto mit einem sehr starken emotionalen und persönlichen Bezug. Titel der ›Workstation‹ war ›DJs in leeren Clubs‹. Die Fotos entstanden vier Monate nach Ausbruch der Pandemie und waren eine meiner ersten Auftragsarbeiten nach monatelangem Stillstand.« – Fotograf Patrick Münnich
Selbst wir sind nicht perfekt
Okay, jetzt mal ehrlich: Wann habt ihr zuletzt eine Mail geschrieben, die länger als ein Satz war, mit nicht zumindest einem Beistrichfehler? Eben. Und jetzt rechnet das hoch auf 200 Ausgaben eines Magazins! Weil wir aber nicht zu eitel sind, unsere Fehler zuzugeben, hier unsere zehn gröbsten Schnitzer.
Pubers gerechtfertigte Rache
Als der Sprayer Puber 2013 unser altes Büro in der Favoritenstraße »verschönerte«, war das nicht völlig grundlos. Kurz zuvor hatten wir ihm in einer Story unterstellt, er gehöre zu einer rechten Gang. Das war allerdings ein gehöriger Recherchefehler.
Bild(un)recht
Mittlerweile nehmen wir es mit Bildrechten ganz genau. Das liegt nicht zuletzt daran, dass wir da auch schon laxer waren und wiederholt für altes Bildmaterial auf thegap.at abgemahnt wurden (allein 2019 dreimal). Ob zu Recht oder zu Unrecht, darüber lässt sich streiten. Um weiteren Problemen vorzubeugen, haben wir große Teile des älteren Bildmaterials von unserer Website entfernt.
Die Ausgabe, die es nicht gibt
Wer tief in den Archiven von The Gap gräbt, wird auf eine sonderbare Lücke stoßen. Ausgabe #58 scheint verschollen. Scheint nicht nur, ist auch so. Die Ausgabe existiert schlichtweg nicht. Was da wohl passiert ist?
Verdrehte Welt
Peinlich, peinlich! Fehler am Cover tun schon besonders weh. Im Fall von Ausgabe #86 ist gar das ganze Bild um 90 Grad gedreht. Künstler Julien Opie, von dem das Bild stammte, war wenig amüsiert.
Eifrige Überproduktion
Zu wenige Hefte zu haben, ist nicht gut. Zu viele, aber auch nicht. Viel zu viele, erst recht nicht. Als wir mit Ausgabe #38 beschlossen haben, die ganz Sache ab nun größer aufzuziehen, haben wir mal flott 40.000 Hefte drucken lassen – ohne zu diesem Zeitpunkt die notwendige Vertriebsstruktur zu haben, diese Hefte auch an den Menschen zu bringen. Ein großer Teil davon ist schlussendlich sehr lange in privaten Räumlichkeiten »zwischengelagert« worden.
Fail big and go home
Ein Festival im Waldviertel mit österreichischen Bands – klingt doch gut! Das dachte sich auch das The-Gap-Team und veranstaltete das Pop Scene. Die Warnung, als das Festival im ersten Jahr milde scheiterte, wurde nicht beachtet. Im nächsten Jahr scheiterte es dann monumental. Etwas später hat der Erfolg des Palaverama Festivals gezeigt, dass unser Misserfolg wohl nicht am Waldviertel gelegen ist.
Robotni(c)k
An einem C kann eine Menge hängen. Unter anderem, ob der richtige oder der falsche Act gebucht wird. Für die Release-Party des Elektronik-trifft-Klassik-Projekts »Re:Haydn« buchten wir Robotnik (ohne C). Auf der CD selbst ist allerdings Alexander Robotnick (mit C) zu hören.
Kein Einlass für Bilderbuch
Details sind Mangelware, aber unsere Partystandards waren anscheinend mal ziemlich hoch. Nicht mal Bilderbuch wurden reingelassen – weil unsere Mitarbeiter*innen am Einlass sie schlichtweg nicht erkannt haben. Eine Anekdote, die sich hartnäckig – aber frustrierend vage – hält.
Enhance!
Auf Ausgabe #50 prangt groß der Kopf des Schriftsteller Zoran Ferić. Fast schon etwas furchteinflößend so herangezoomt. Der Verlag versprach uns ein Foto würdig eines Hochglanzmagazins. Herausgekommen ist dieses besch…eidene Cover.
Männer unter sich
Wenn wir heutzutage gegen die unterirdische Frauenquote diverser Festivals wettern, dann dürfen wir dabei nicht vergessen, dass es bei uns auch mal ähnlich war. Peinlicherweise gerade in Ausgabe #38 – der ersten in großer Auflage, quasi als ernstzunehmendes Magazin – mussten Frauen mit der Lupe gesucht werden. Ein struktureller Fail, aus dem wir hoffentlich nachdrücklich gelernt haben..
Der ÖAMTC gratuliert The Gap zur 200. Ausgabe
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Der Zeit ihre Kunst
Musik ist Kunst, aber Kunst ist nicht nur Musik. Da ist The Gap auch bald draufgekommen und hat immer wieder ein Auge auf Kunstbereiche geworfen, die auch etwas abseits der popkulturellen Pfade liegen.
Golden Frames
Kunst in The Gap, eng gefasst, heißt vor allem: Golden Frame. Bis Ausgabe #85 gab es das Format noch nicht, in Ausgabe #86 war er plötzlich da – mit etwas Unsicherheit im Titel; im Editorial hieß die Rubrik noch »Rahmen«. Top: Judith Fegerl, sie war in zwei Golden Frames vertreten (#102, #198). Flop: Ausgaben #1 bis #85.
Igitt
Jeder Rückblick auf Kunst in Österreich wird notwendigerweise auf Körperflüssigkeiten zu sprechen kommen. Doch hat sich die Funktion derlei Kunstmittel mit der Zeit gewandelt. Wurde früher der explizit abstoßende Charakter genutzt, um Gesellschaften aufzurütteln und soziale Grenzen sichtbar zu machen, kommt man in den letzten Jahren nicht mehr so einfach damit durch. Urin zum Beispiel gilt heute – nicht nur in Kunstkreisen, und hier zeigt sich die letztendlich doch gesellschaftsdurchdringende Kraft von Kunst – nicht mehr als eklig, sondern wird unter anderem als nachhaltiges Düngemittel oder historisches Färbe- und Desinfektionsmittel auch für den Hausgebrauch geschätzt. Wie jeder Schrecken hat Pipi an Schockmoment verloren, als es seines symbolischen Gehalts beraubt wurde. Jetzt steht es nackt entblößt da und ist nur mehr eine Summe aus pH-Wert, chemischen Elementen und Pilzsporen. Auf der anderen Seite kommt die Symbolik da wieder hinein, wo das Pinkeln zur Achtsamkeitsübung, zur Reinigung nicht nur des Körpers, sondern gleich der Seele wird und also als spirituelle Teilhabe am Weltganzen gelten kann.
Skandale
Achtung, Achtung! Österreich ist nicht nur das Land der Politskandale, sondern kann auch mit einigen Skandalen aus der Kunst aufwarten. An das Niveau solch geschichtsträchtiger Aktionen wie der performativen Besetzung des Hörsaals im NIG anno dazumal reicht zwar kein mir bekanntes Ereignis im The-Gap-Zeitalter; aber dafür kann die hiesige Kulturszene eine gewisse Regelmäßigkeit in der Produktion von Aufregern für sich beanspruchen. Zuletzt tat der Heller André den Gefallen, mal wieder für Schlagzeilen zu sorgen. So richtig brachte die Posse um den gefälschten Rahmen allerdings niemanden in Wallung. Ein regelrechter Krimi, wenn auch in der Kategorie Schund, war dagegen der Aufstieg und Fall von Christian Rosa, der 2021 von US-Behörden wegen Fälschungsund Betrugsdelikten auf die Fahndungsliste geschrieben und schließlich aufgrund eines geposteten Urlaubsfotos in Portugal gefasst wurde. Mir wäre das ja eigentlich egal, aber dass unserem Autor Gabriel Roland die ganze Sache rund um Rosa schon 2014 (Ausgabe #144) nicht ganz koscher vorkam, das finde ich ganz toll. Chapeau.
Die Zukunst
Eine der letzten The-Gap-Ausgaben war dem Thema künstliche Intelligenz gewidmet. Interessanterweise gibt es einige Schnittstellen zwischen fortgeschrittener Technologie und dann doch relativ archaischen Konzepten der Natur. Das eine wird immer wieder zur Beschreibung des anderen herangezogen. Ein wichtiger Punkt in beiden Diskursen ist das Überkommen der körperlichen und psychologischen Grenzen des Menschen. Das kann zum Beispiel durch eine Technologie wie das Internet, in dem jede*r in multiplen Personae existiert, oder auch durch physische Erweiterungen des Körpers passieren. Es kann aber auch über ein neues Bewusstsein für die ohnehin bestehende Durchdrungenheit des Menschen geschehen: von Bakterien und Kleinstlebewesen, aber auch von Geschichte und Wissen. Sodass sich eine Genealogie von Mensch zu Mensch spinnt, die sich dann zum Beispiel in einer Handbewegung beim Kochen manifestiert. Aber Vorsicht: Ich las letztens, die Warnungen vor KI seien im Grunde nichts mehr als Strategie der Tech-Bosse und nicht ernst zu nehmen. Mit aktuellem Stand reiche es immer noch, den Stecker zu ziehen. Erst wenn die Technologie zur Biotechnologie würde, drohe Gefahr. Vielleicht sollten wir doch wieder mehr malen …
Kunstklappe
Man kann die Zeit bekanntlich nicht zurückdrehen, und ein Diebstahl ist schnell geschehen. Was also tun, wenn die Kleptomanie mit einem durchgegangen ist und man sich im Trubel einer Ausstellungseröffnung dreist bedient hat, nicht am Wein, sondern am Werk? Nun, man kann es – anonym – zurückgeben, ohne rechtliche Folgen fürchten zu müssen. Den Fame gibt es dafür dann halt auch nicht. Die von Erwin Uhrmann und Moussa Kone dafür eingerichtete »Kunstklappe« ist genau dafür da. In Ausgabe #92 war sie in einem Artikel über ein aus dem Hofmobiliendepot gestohlenes, dann über ebenjene Klappe retourniertes Teil von Kronprinz Rudolfs Wiege Thema. Heute ist die Kunstklappe offiziell geschlossen, über die Website www.werftgalerie.at kann man sich bei Bedarf aber weiterhin melden. Hier findet sich auch eine Sammlung reuevoll zurückgegebener Stücke. Auf Uhrmann und Kone geht übrigens noch ein weiteres Glanzstück zurück: Sie gründeten zusammen den Art Critics Award, der von Künstler*innen an Kunstkritiker*innen vergeben wird.
Vermeintlich wertlos
Ein kurzer Moment der Nostalgie, nachdem ich beim Blättern nicht nur zwei Jahrzehnte Videospielwerbung (»Fifa 08«, »GTA: Vice City«, »Burnout Paradise«, PSP) überflogen habe, sondern mir auch ein Stichwort in den Schoß gefallen ist: Tumblr. Vor Insta wurden hier Grundsteine einer Bildkultur gelegt, die auf eine merkwürdig unironische Art die Liebe zum Kitsch zum Ausdruck bringt. Plus: Unter jedem Post gab’s Dialog, verwobene Geschichten. I miss you! <3
P. S.: Was ist eigentlich mit den Games heutzutage los? Sie machen einfach keinen Spaß mehr und das liegt nicht an mir.
Echt wertlos
WTF? Puber (bekannt als Tagger, der auch schon das The-Gap-Büro verziert hat) stellt bei Martin Ho (Gastronom mit Verbindungen zur Polit-Schickeria) aus. Laut Kurier soll es sogar Kaffeehäferl mit PuberSchriftzug gegeben haben. Ich reihe mich jetzt mal in die Reihen derjenigen ein, die das für Mist halten.
Happy birthday!
Kein Mist: The Gap hat zum 20. Geburtstag vor ein paar Jahren eine Fotoarbeit von Erwin Wurm für seine Jubiläumsausgabe geschenkt bekommen. Zum Abdruck, ganz ohne NFT.
Aphorismen
»Kunst ist keine Lösung«: Ein billiger Spruch als Werbung für ein teures Getränk. So leicht kann’s gehen.
Partizipation
Das Kunst-Werk ist eine besondere Spezies. Theoretisch längst überholt, hält es sich praktisch aber weiter am Leben. Beim partizipativen »Werk« können zum Beispiel gruppendynamische Prozesse Gegenstand des Interesses sein, ein Objekt erst durch einen Gebrauch aktiviert werden oder überhaupt erst durch die Partizipation entstehen – wie ein Schatten, den ein*e Besucher*in wirft.
200 Highlights: Foto (7/10)
Babyelefant – The Gap #185
Gilt das schon als Makrofotografie? Für unsere (eventuell verfrühte) Corona-Retrospektive Anfang 2021 hat unsere Fotografin Marlene Mautner dem zum geflügelten Wort gewordenen Babyelefanten ein Gesicht verliehen. Virensicher unter der Glashaube!
Clickbait machen immer die anderen
The Gap gibt es nicht nur im Print, sondern auch online. Für die Ausgabe 200 haben wir uns angeschaut, welche Storys da gerne geklickt werden. Um uns dann über die Ergebnisse selbst ein wenig zu wundern.
»AustroTOP – Die 100 wichtigsten österreichischen Popsongs«
Platz eins der meistgeklickten Storys ist wenig überraschend. Unser »AustroTOP«-Beitrag ist ziemlich eingeschlagen und zieht bis heute, vermutlich nicht zuletzt aufgrund der äußerst internetaffinen Listenform.
»Unheimlichster Trailer aller Zeiten«
Platz zwei schafft – etwas random – ein Beitrag zu Trailer und USA-Hype des österreichischen Horrorfilms »Ich seh, ich seh« von Veronika Franz und Sebastian Fiala. Guter Film, aber bei aller Liebe: Der Trailer lässt sich vermutlich auch einfacher finden.
»Das Internet vergisst nicht«
Das Internet mag nicht vergessen, die Menschheit aber schon: Wer von Gen Z abwärts kennt denn heute noch StudiVZ? Zum zehnjährigen Jubiläum der Social-Media Plattform haben wir 2015 alte Profile von Musiker*innen gestalkt, etwa jene von Tom Neuwirth (Conchita), Maurice Ernst (Bilderbuch) und Yasmo.
»Fotos aus dem Bauch der Albertina«
Es ist etwas ironisch, dass Platz vier eine Bildstrecke ist, die eigentlich keine Bilder mehr hat. Die Fotos zur Ausstellung, um die es damals ging, sind mittlerweile nicht mehr online, stattdessen nur noch Platzhalter mit The-Gap-Logo.
200 Highlights: Foto (8/10)
Oskar Haag – The Gap #197
»Dieses Foto fügt die mir liebsten Aspekte meiner Arbeit zusammen: Es ist analog fotografiert und während eines interessanten, entspannten Interview-Walks entstanden, bei dem ich neue Menschen und ausgefallene Locations kennenlernen durfte.« – Fotografin Teresa Wagenhofer
»Jugo Monumente nicht von dieser Welt«
Quasi wieder eine Liste – oder zumindest eine Auflistung. 30 »abgefahrene« Denkmäler im ehemaligen Jugoslawien. Auch hier fehlen leider die Bilder, die Google-Karte funktioniert allerdings noch, kann also noch abgeklappert werden!
»Verachter werden verachten«
Ist ein Meme, das nicht mehr sichtbar ist, noch ein Meme? Die Frage hat ein bisschen was von unbemerkt umfallenden Bäumen. »Sie erblicken mich rollend, sie hegen Groll« macht jedoch Lust, die Mittelalter-Wandteppich-meets-übersetzte-Rap-Lyrics-Memes dieses Artikels doch mal wieder auszugraben.
Games-Blog #20 –Warum ich »Mag« mag Ein Beitrag, der uns innerredaktionell immer wieder verblüfft. Was macht das Spiel »Mag« und / oder ausgerechnet den 20. Eintrag des Game-Blogs von Gregor Almassy so erfolgreich. Oder ist es nur das geniale Wortspiel im Titel?
»Musik als Bedürfnisbefriedigung –Meat Market wird neun Jahre alt«
Der erste »reguläre« Artikel in der Liste, ein Porträt des Clubformats Meat Market von unserer damaligen Chefredakteurin Yasmin Vihaus.
»Mental Health im Pop –Wie krank ist die Musikbranche?«
Psychische Gesundheit ist ein Thema, das eh viel zu selten behandelt wird – gerade im Kultur- und Musikbereich. Auch dieser Text stammt von einem damaligen Chefredakteur: Sandro Nicolussi.
»›Der Nische ihren Platz‹ –FM4-Chefin Doroteja Gradištanac im Antrittsinterview«
Die Debatte rund um die neue FM4-Senderchefin war leider stiller, als es der Sender und die Position verdient hätten. Deshalb haben wir die neue Senderchefin damals gleich interviewt. Bemerkenswert: Sie hat offensichtlich vorab unseren (nicht ganz unkritischen) Artikel zum Thema gelesen. Hut ab!
Länger &dudeln f i n! Länger &dudeln f i rn!
poolbar Festival #30
August
Reichenfeld & Altes Hallenbad Feldkirch (AT) Vorarlberg
viennadesign week.at
Acid King
Philine Sonny
Kruder & Dorfmeister
The Black Angels
Yukno
Ankathie Koi
The Gardener & The Tree
Helge Schneider
SALÒ
Heaven Shall Burn
Russian Circles
Junipa Gold
Charlie Cunningham
le:la
Sudan Archives & viele mehr!
→ poolbar.at/timetable
7.–9.9.2023
22 Sept— 1 Okt, 2023
Fokusbezirk Leopoldstadt
Über 200 Veranstaltungen in unserer Festivalzentrale im Prater, Laufbergergasse 12, 1020 Wien und an vielen Orten in der ganzen Stadt.
Freier Eintritt!
Tickets
Festival Pass € 52
Conference Pass € 49
Pro Pass € 89
Ada Oda (BE) Airu (ES) Al-Qasar (FR) Anda Morts (AT) Anna Mabo (AT)
Annie Taylor (CH) Bad Weed (AT) Barbicop (CH) Becky Sikasa (DE)
Berq (DE) Bex (AT) Bon Jour (AT) Brothertiger (US) Carson Coma (HU)
Chalk (IE) Charlotte Fever (FR) Cousines like Shit (AT) Damona (DE)
Deijuvhs (UK) Dolphin Love (DE) Elav (AT) Endless Wellness (AT)
Ferge X Fisherman + Nujakasha (DE) Ferielle (FR) fiio (AT) Filly (AT) Flawless
Issues (DE) Gents (DK) Güner Künier (DE) Ikan Hyu (CH) Lahra (AT) Marí
(DK) Meagre Martin (DE) Moon Mates (DE) MRFY (SI) Neunundneunzig (AT)
Nina Kohout (SK) Oopus (EE) Oscar Lang (UK) Pau Vegas (ES) Peter The
Human Boy (AT) Pina Palau (CH) Rauchen (DE) Reveal Party (DK) Rian (AT)
Salamirecorder & the Hi-Fi Phonos (AT) Salomea (DE) Sam Quealy (AU) Sander
Sanchez (DK) Shelf Lives (UK) Shybits (DE) Soft Loft (CH) The Crab Apples (ES) Thala (DE) TINA (AT) Turfu (FR) UBLU (DK) Willow Parlo (DE) ...
… and many more to come
www.wavesvienna.com
Sonst noch in The Gap
Popkultur ist ein breites Feld und so haben auch bei The Gap im Laufe der 200 Ausgaben immer wieder diverse Themen abseits der großen Fokusbereiche wie Musik, Film oder Bühne Einzug gehalten. Einige der wichtigsten stellen wir hier vor, auch um uns daran zu erinnern, sie zukünftig nicht aus den Augen zu verlieren.
Videospiele
Wie sich die Zeiten doch ändern: Wer eine frühe Ausgabe von The Gap hernimmt, wird sich wundern, wie viel Platz Videospiele damals eingenommen haben. Nicht nur als Rezensionen, auch als Langtexte und sogar als Werbung. Irgendwie ist es schon eigentümlich ein Inserat für »Gothic 2« außerhalb seines natürlichen Habitats Gaming-Magazin zu sehen. Zwischenzeitlich haben sich die Videospiel-Werbeetats fast vollständig Richtung Internet verschoben und auch unsere Videospiel-Berichterstattung findet großteils dort statt.
Werbung
Streng genommen kein »Themenfeld« und streng genommen auch nichts, was uns als Redaktion groß beschäftigen sollte. Aber ein Durchblättern der gesamten 200 Ausgaben zeigt schon deutlich, wie sehr sich die Werbelandschaft geändert hat. Sexismus in der Werbung – auch heute natürlich noch ein Thema – war schon frappierend schlimmer in den 90ern. Großkonzerne haben doppelseitige Handywerbungen gebucht – in Zeiten vor Smartphones. FM4-Werbung war in praktisch jedem Heft. Und von Advertorials war damals noch kaum eine Rede.
FM4
Konkurrenz, Vorbild, manchmal sogar Feindbild. FM4 war nicht nur in der Werbung allgegenwärtig. Auch inhaltlich hat der ORF-»Jugendsender« immer wieder Platz gefunden: von der Frage, was denn »FM4Musik« eigentlich ist, über ein ganzes FM4 Special (The Gap #57: »Das FM4-Universum«) bis hin zur Debatte um die neue FM4Senderchefin vor etwas über einem Jahr. In mancher Hinsicht ist FM4 der große Bruder von The Gap. Wir klappern ähnliche Themen ab, bedienen ähnliche Nischen und vertreten ähnliche Popkultur-Sensibilitäten. Wo FM4 halt sein Gewicht als Marke und öffentlichrechtlicher Monolith herumwerfen kann, müssen / können / dürfen wir mehr auf Augenhöhe agieren. Und halt im Print.
Festivals
Keine Frage: Österreich ist ein Festivalland. Von enormen Riesenveranstaltungen wie dem Donauinselfest bis hin zu kleinen Ein-TagesEvents mit (leider!) Nischenanspruch wie dem Sisters Festival und allem dazwischen reicht die Palette. Wo sich bei anspruchsvolleren Festivals viel getan hat in Bezug auf Einladungspolitik, Geschlechterquote, Nachhaltigkeit, Verantwortungsbewusstsein gegenüber lokalen Szenen, scheint sich bei den Mainstream-Festivals nur sehr langsam etwas zu bewegen. Selbst bei den Line-ups scheinen Déjà-vus oft unvermeidlich. Vielleicht wird es Zeit, dem Publikum mal etwas mehr zuzumuten und ein Festival weniger als Freiluftparty und mehr als Musikevent zu verstehen.
Comics
Die Comic-Renaissance unter dem Marketing-Begriff »Graphic Novel« ist jünger als The Gap – gerade in Österreich. Comics galten in Österreich lange bestenfalls als Zeitvertreib für Kinder, schlimmstenfalls als Schundliteratur. Wie so vieles eine Altlast des Nationalsozialismus. Internationale Comics wie »Maus«, die abgeschlossene Geschichten in Form eines hochwertig produzierten Buches erzählen, begannen auch hierzulande diesen Mief durchzulüften. Heute finden sich solche Comics in jeder österreichischen Buchhandlung, allerdings leider allzu selten von Comickünstler*innen aus Österreich. Doch die Szene lebt und gedeiht, es bleibt zu hoffen, dass die verdiente Anerkennung auch bald folgt.
Architektur
Oh du schönes Österreich! Berge, Seen und Gemeindebau. Gemeindebau? Allerdings! Nicht nur das New York Times Magazine ist dieses Jahr draufgekommen, dass schöne Architektur nicht zuletzt solche ist, die den Menschen, die sie nutzen, ein schönes Leben ermöglicht. Die Debatte darüber, wem (Wohn-)Raum gehört, wird nicht erst seit gestern geführt. Im schlimmsten Fall endet sie in einem Freiluftmuseum wie der Salzburger Innenstadt. Im besten Fall entstehen daraus langfristige Projekte wie WUK oder Arena. Derzeit scheinen wir uns aber gewissermaßen an der Kippe zu befinden. Vormals besetzte Räume werden endgültig in »legitime« Vertragsbeziehungen überführt, Stadt um Stadt, Viertel um Viertel gentrifiziert und konsumfrei nutzbare Räume in Stadt und Land geschlossen. Wenn wir nicht vorsichtig sind, bleibt bald nichts mehr vom »schönen« Österreich.
Text: Bernhard FrenaEssen
Kaum zu glauben, aber wahr: The Gap hatte auch mal eine Restauranttest-Kolumne. Martin Mühl schmauste sich damals für uns durch Wien. Auch die Wiener Gastroszene hat sich in den letzten Jahrzehnten stark geändert. Mehr international, mehr Fusion, mehr vegan. Noch nie war es so einfach, in Wien nach persönlichem Geschmack und Bedürfnissen zu speisen. Persönliches Highlight: der aktuelle Boom an (französischer) Patisserie: Cremeschnitten-Millefeuille-Hybrid bei Viola, das beste Croissant der Stadt bei Amour du Pain, karamellige Canelés im Parémi, fluffige Haselnuss-Dacquoise im Creme de la Creme, …
Mode
Von Band-T-Shirt-Strecken bis hin zu Gabriel Rolands Modekolumne: Mode ist Popkultur, auch in The Gap. Emo, Hipster, Cottagecore. Vintage, Wegwerfmode, Nachhaltigkeit. Seventies-, Eighties-, Nineties-Revivals. Laufsteg, Prêt-à-porter, High Fashion. Mode ist reich an Szenen, Diskursen und Kontroversen. Ethik in Mode ist nicht erst in den letzten Jahren ein Thema, wenn auch mit immer neuen Skandalen, die so schnell von der Bildfläche verschwinden, wie sie auftauchen. Ressourcenschonende Zugänge zu Mode sind aktuell viel im Gespräch. Dazu gehört auch ein Fokus auf lokal produzierte Mode abseits von Dirndl und Waldviertlern.
200 Highlights: Foto (9/10)
The Robocop Kraus –The Gap #46
Es ist eine Schande, dass dieses Foto von Ingo Pertramer hier zum ersten Mal in voller Pracht erstrahlt. Auf dem damaligen Cover war der Flakturm nämlich von einem massivem Titelblock verdeckt.
Sport
Beim Thema Sport halte ich es ja mit Thomas Bernhard: »Er unterhält und benebelt und verdummt die Massen, und vor allem die Diktatoren wissen, warum sie immer und in jedem Fall für den Sport sind.« Gebe aber zu, dass das ein ziemlich elitärer Blick auf ein Massenphänomen ist, das wohl schwer nicht als Popkultur einzuordnen ist. Für The Gap spielte Sport immer wieder punktuell eine Rolle – insbesondere Fußball. Wusstet ihr etwa, dass The Gap mal eine Kampfmannschaft hatte. Inklusive abgedrucktem Teamfoto im Heft mit teilweise sehr jungen Gesichtern (for future reference: The Gap #56, Seite 11).
Literatur
Prosa und Lyrik, Romane und Kurzgeschichten, Slam-Poetry und Textflächen: Dass österreichische Literatur in allen Bereichen blüht, ist wahrlich kein Novum und, nach dem Kehlmann-bis-Jelinek-Spektrum zu urteilen, auch keine Monokultur. Wer derzeit nach Literatur in The Gap sucht, wird hauptsächlich in Form der von Manfred Gram betreuten Rubrik »Prosa« (die aber streng genommen nicht immer Prosa beinhaltet) fündig. Früher waren eher Buchrezensionen das reguläre Aushängeschild für Schriftsteller*innen. Irgendwie schon spannender, direkt zu lesen, was es Neues gibt, statt nur drüber zu lesen. »Show, don’t tell« und so.
Im Wandel der Zeit
Die organisatorischen Umstände und die Homebase von The Gap haben sich über die Jahre mehrfach verändert. Zehn wichtige Punkte auf der The-Gap-Timeline.
Februar 1999
Das erste eigene Büro! In der Albertgasse im achten Bezirk werden aber nicht nur Magazine gemacht, sondern auch Plattenpressungen vermittelt – unter dem Namen Pressworks Orange – sowie Musik veröffentlicht – unter dem Label P.A.M. Records, das Thomas Heher nach seinem vorübergehenden Ausstieg bei The Gap im Jahr 2000 weiterbetreibt.
16. Jänner 1997
The Gap #1 erscheint. Erdacht und umgesetzt von Manuel Fronhofer und Thomas Heher, wird das Magazin in einem Copyshop im Keller der damaligen WU in einer Auflage von 1.000 Stück gedruckt. Medieninhaber ist der Kulturverein Wahee! mit Sitz im Waldviertel – in Gmünd, um genau zu sein.
The Gap wechselt von Monopol (und seinem Tochterunternehmen Biorama) zur Comrades GmbH in die Margaretenstraße im fünften Bezirk, die unter anderem das Festival Waves Vienna veranstaltet. Die beiden The-Gap-Gründer Manuel Fronhofer und Thomas Heher übernehmen nach 18 Jahren wieder die gemeinsame Herausgeberschaft des Magazins. Markus Raffetseder kümmert sich ab sofort um das Design des Hefts.
April 2015
Rund um seine 150. Ausgabe lassen The Gap und sein Verlag Monopol den MMK schrittweise hinter sich und ziehen in die Wohllebengasse.
Recherche: Manuel Fronhofer
Festival für Gegen warts kultur
a magazine by its cover
Diese Liste hätte locker doppelt so lang sein können und wäre dennoch unvollständig. Also bitte nicht beleidigt sein, wenn wir euer Lieblingscover nicht ausgewählt haben! Hat sicher nur nicht mehr reingepasst.
200 Highlights: Chefredakteur*innen
Ahnentafel der Nörgler*innen-in-chief
Auch wenn sich Chefredakteur*innen selbst immer viel zu wichtig nehmen: Es ist schon klar, dass sie eigentlich keine »Highlights« im engeren Sinn sind. Trotzdem fanden wir es schön, da mal die ganze Truppe zu versammeln – auch weil es bislang zufällig genau zehn in diese exponierte Position verschlagen hat.
Thomas Heher (1997 bis 1999)
Manuel Fronhofer (1997 bis 2001)
Thomas Weber (2001 bis 2007)
Martin Mühl (2007 bis 2015)
Stefan Niederwieser (2011 bis 2016)
Wiener Rathausplatz
Seit mittlerweile mehr als 30 Jahren lädt die Stadt Wien jeden Sommer zum kostenlosen Kultur-Genuss auf den Wiener Rathausplatz. 65 Tage lang bietet das Film Festival auch in diesem Jahr eine einzigartige Kombination aus musikalischen Highlights und erstklassiger Gastronomie.
1. Juli bis 3. September
Gastronomie täglich von 11 bis 24 Uhr Film beginnt bei Einbruch der Dunkelheit
Entdecke das vielfältige Programm und genieße auch du Kultur unter freiem Himmel!
Amira Ben Saoud (2016 bis 2017)
Yasmin Vihaus (2017 bis 2018)
Theresa Ziegler (2019 bis 2021)
Sandro Nicolussi (2021 bis 2022)
Bernhard Frena (seit 2023)
Worauf wir besonders stolz sind
Natürlich, wir haben alle unsere Kinder gleich lieb. Favorit*innen gibt’s bei uns nicht! Obwohl, wenn wir uns entscheiden müssten, vielleicht sind da doch so ein oder zwei Sachen, die uns über die Jahre besonders ans Herz gewachsen sind. Aber nicht den anderen sagen!
Du bist, was du anziehst
Band-T-Shirts: Haute Couture für Musiknerds. Doch die bunten Leiberl sind nicht nur schick, sie zeigen anderen Leuten auch, zu welcher Szene du gehörst, und damit – zumindest ein bisschen –, wer du bist. So war das jedenfalls früher. Das war vermutlich auch einer der Gründe dafür, dass es ab Ausgabe #46 unsere Band-T-Shirt-Bildstrecke gab. Schon erstaunlich, wer es da aller vor und hinter die Kamera geschafft hat. Z. B. Heinz Fischer, damals noch zweiter Nationalratspräsident, mit einem T-Shirt vom Jazzlabel Blue Note.
Top of the Austropops
Was sind die 100 wichtigsten österreichischen Popsongs? Wie bestimmen wir das überhaupt? Und wer darf das entscheiden? Es war ein ausufernder Prozess, der hinter der Liste stand, die wir schließlich im Frühjahr 2020 unter dem Titel »AustroTOP – Die 100 wichtigsten österreichischen Popsongs« finalisiert haben. Ganz am Anfang der Pandemie auf einer »Social-Distancing-Klausur«, wie es im Text so schön heißt. Platz 100 belegt Money Boy mit »Dreh den Swag auf«. Platz 1 Falco mit »Der Kommissar«. Eigentlich eine erstaunlich kleine Differenz.
Was ist FM4-Musik?
Die Coverstory in Ausgabe #57 (Jänner 2005) anlässlich des zehnten Geburtstags von FM4 hatte es in sich. Nicht nur haben unsere beiden Autoren Thomas Weber und Rainer Krispel unzählige Stunden in Recherche, Interviews und Textproduktion gesteckt. Zwischenzeitlich hatte sich bei FM4 angeblich gar das Gerücht verbreitet, wir würden den Sender »zerlegen wollen«. Herausgekommen ist aber eine Story die – so glauben wir – sowohl den Kritiker*innen von FM4 als auch seinen Fans und Mitarbeiter*innen gerecht wurde. Übrigens: Die damalige The-Gap-Kollegin Nina Hochrainer mimte in der dazugehörigen Fotostrecke eine typische FM4-Hörerin. Mittlerweile ist sie selbst Moderatorin beim Sender.
Altes Eisen rostet nicht
Wer kennt sie nicht, die »30 unter 30«-Listen. Schon ein eigentümlicher Cut-off. Als wäre Erfolg zeitlich limitiert. Was immer »Erfolg« auch heißt. Wir fanden das eigenartig und entschieden uns deshalb in unserer Ausgabe #176 (August / September 2019) eine Gegenliste zu produzieren: »30 über 30«. Die hochkarätig besetzte Liste führte zu einem hochkarätig besetzten Cover: 14 der Porträtierten fanden sich für ein Gruppenfoto ein und strahlen uns nun entgegen.
Extrablatt!
Manchmal gibt es so viel zu einem Event zu sagen, dass alles davon in einer regulären Ausgabe keinen Platz hätte. Deshalb bringen wir mittlerweile jährlich für das Filmfestival Diagonale in Graz und das Musikfestival Waves Vienna je ein Sonderheft heraus. Die erste Diagonale-Sonderausgabe kam übrigens 2020 raus – obwohl die Diagonale selbst in dem Jahr pandemiebedingt abgesagt werden musste. Ein Treppenwitz der Geschichte.
Mehr als Situationships
Eine der schönsten Sachen daran, so ein Magazin über Jahrzehnte hinweg zu betreiben, ist es Dutzende von Künstler*innen auf ihrem Weg begleiten zu dürfen. Ihnen und ihrem Werk eine Plattform, Kontext und – wo nötig – Kritik zu geben. Stellvertretend dafür steht unsere Berichterstattung über Mavi Phoenix. Zweimal hat er es aufs Cover geschafft. Einmal vor der Transition, bei Ausgabe #162 (April/Mai 2017), einmal nach dieser, bei Ausgabe #191 (Februar/März 2022). Dazwischen, davor und danach Rezensionen, Interviews und kleinere Artikel. Oder auch mal etwas Luft, wenn gerade nicht der richtige Zeitpunkt war, um mit Dingen an die Öffentlichkeit zu gehen.
200 Highlights: Foto (10/10)
Beatrice Frasl – The Gap #179
»Das ›Workstation‹-Foto war mein erster Auftrag für The Gap. Beatrice Frasl sollte sowieso jeder kennen, denn sie ist nicht nur imponierende Feministin, sondern leistet auch unfassbar wertvolle Aufklärungsarbeit rund um psychische Gesundheit.« – Fotografin Kerstin Musl
Grantig, aber lebenswert
Als Ernst Molden seine Wien-Serie in The Gap begann, stand er noch recht am Beginn seiner Karriere als Liedermacher und Schriftsteller. Neun Ausgaben lang von #45 bis #53 brachte er Essays über den Seelenzustand einer Stadt, die einfach anders ist. Gesammelt sind diese im Band »Wien: Umgang mit einer alten Seele« nachzulesen. Leider out-of-print, benötigt also etwas Suche. Nachdruck wäre wünschenswert.
»Leitweber«
Leitartikel sind ein praktisches Format. Einfach mal am Beginn eines Periodikums unverschämt eine Meinung in den Raum stellen. Kontrovers, markant, vielleicht noch nicht völlig abgeschliffen, aber gerade dadurch provokant. Kaum einer beherrscht dieses Format so gut wie unser langjähriger – und schon langjährig ehemaliger – Chefredakteur bzw. Herausgeber Thomas Weber. Seine Editorials und Leitartikel sorgten für Gesprächsstoff. Selten indiskutabel, aber fast immer diskussionswürdig.
Alle Macht dem Konsum!
Werbung ist notwendig, damit Print überleben kann. Das ist eine der unabänderlichen Wahrheiten unseres Geschäfts. Was umgekehrt heißt, dass Produkte, die uns etwas zahlen, Raum bekommen, den andere Produkte die oft ebenso cool (konsumtechnisch gesprochen) sind, nicht kriegen. In diese Kerbe schlug unsere Rubrik »Unbezahlter Anzeiger«. Produktempfehlungen wie Werbung, aber ohne Bezahlung. Nur aus Freude am Konsumieren.
Die nächste Party kommt bestimmt
The Gap ist mehr als nur ein Magazin. Das meinen wir jetzt nicht esoterisch-spirituell. Denn eines unserer größten Highlights über die Jahre waren immer unsere The-Gap-Partys. Ob zu den diversen Jubiläen, ob in Kooperation mit Venues, Festivals oder Acts: das The-GapLogo war zeitweise fast allgegenwärtig im Wiener Stadtleben. Und es waren schon legendäre Feste, die da gefeiert wurden – vor allem jene in der Brut-Bar im Künstlerhaus. Das ist jetzt natürlich auch ein bisschen Schleichwerbung für unsere 200er-Party am 11. August im Usus am Wasser. Sorry not sorry!
Forderungen an die Zukunft
Die Gegenwart hat Arbeitsbedarf. Damit sich was ändert, braucht es Ambitionen, braucht es Ziele, die angepeilt werden, nach denen wir – manches Mal vielleicht vergeblich – streben können. Um in diesem Heft nicht nur zurückzublicken: Hier ein Thesenanschlag von zehn ambitionierten Zukunftsvisionen. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Popkultur anständig fördern!
Fair Pay für Kulturarbeit!
Kultur für die Masse, Masse in die Kultur!
Nicht nur weiße Männerbands buchen!
Bildung statt Ausbildung!
Autos raus aus den Städten!
Immobilienspekulation verbieten!
Normalität abschaffen!
Nieder mit dem Patriarchat!
Kein Fußbreit dem Faschismus!
Fall for Pop
Filmpremiere Vienna Calling
Gewinnen thegap.at/gewinnen
40�2 TICKETS ZU GEWINNEN
Die Diagonale beschreibt Philipp Jedickes neuen Dokumentarfilm als »cineastische Eloge auf die Wiener Popszene« und Letztere als einen »kuriosen und heterogenen Batzen mit äußerst idiosynkratischer Strahlkraft«. Deren Protagonist*innen – von EsRap bis Voodoo Jürgens – entern die Filmbühne mit viel Schmäh, gleichzeitig bleibt genug Raum für ihre Musik.
Di., 22. August, 20 Uhr Gartenbaukino
Parkring 12, 1010 Wien
Wir verlosen 40 � 2 Tickets für die Premiere von »Vienna Calling«, die in Anwesenheit von Regis seur Philipp Jedicke und zahlreichen Prota gonist*innen aus dem Film stattfindet.
Die Gewinnspielteilnahme ist bis 17. August unter www.thegap.at / gewinnen möglich.
In Kooperation mit
Teilnahmebedingungen: Die Gewinnspielteilnahme kann ausschließlich unter der angegebenen Adresse erfolgen. Die Gewinner*innen werden bis 18. August 2023 per E-Mail verständigt. Eine Ablöse des Gewinns in bar ist nicht möglich. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Mitarbeiter*innen des Verlags sind nicht teilnahmeberechtigt.
1 Blur »The Ballad of Darren«
Unsere allererste Coverband hat ein neues Album rausgebracht – und wir verlosen es! 1997 haben es Blur kurz vor Release ihres selbstbetitelten fünften Albums aufs Cover von The Gap #1 geschafft. Zeitgerecht zu unserer 200. Ausgabe haben sie nun ihr neuntes Studioalbum »The Ballad of Darren« veröffentlicht. Das macht genau 50 The-GapAusgaben pro Album. Auf weitere vier Alben! Wir verlosen drei Vinyls.
2 »The Last of Us«
Vom Videospielhit zum Serienblockbuster. »The Last of Us« erzählt von menschlichen Beziehungen in Extremsituationen, von einer Gesellschaft nach dem apokalyptischen Kollaps und davon, den Lebenswillen nicht zu verlieren. Und, ja, es gibt auch Zombies. »The Last of Us« ist eine der besten Videospieladaptionen aller Zeiten. Keine Übertreibung. Wir verlosen zwei DVDs und zwei Blu-Rays.
3 »All the Beauty and the Bloodshed«
Dass die Sacklers sich recht unbescholten aus der Affäre rund um die Opioid-Krise ziehen konnten, ist eine der großen Ungerechtigkeiten unserer Zeit. Eine, die unbeirrt daran arbeitet, das zu ändern, ist die Fotografin und Aktivistin Nan Goldin, der die Filmemacherin Laura Poitras in diesem atemberaubenden Porträt folgt. Ab 24. August im Handel erhältlich. Wir verlosen drei DVDs.
4 Andrea Stift-Laube »Ehrgeiz«
Ehrgeiz ist eine ambivalente Sache. Einerseits spornt er an, beflügelt dazu, neue Höhen zu erreichen. Andererseits setzt er uns auch in ein permanentes Konkurrenzverhältnis. Ehrgeiz verlangt, immer »besser« zu sein. Andrea Stift-Laube beleuchtet in ihrem Buch die konstruktive wie auch destruktive Kraft von Ehrgeiz. Ab 24. August im Handel erhältlich. Wir verlosen drei Bücher.
5 »Unnützes Wien-Wissen«
Wer war der letzte Henker der Monarchie? Was machten die Wiener Sesselfrauen? Warum heißt der Mexikoplatz so? Was hatte Mark Twain mit einer Schlägerei im Parlament zu tun? Diese und viele andere grenzwertig wissenswerte Fragen beantwortet der Band »Unnützes Wien-Wissen« nun schon seit zehn Jahren. Perfekt als Bonmots für die nächste Dinnerparty! Wir verlosen drei Bücher.
Rezensionen Musik
Anna
Danke, gut — Bader Molden 08
Ein ernstgemeinter Tipp: Lass dich anschauen, wenn du die Anna Mabo derzeit nicht überall siehst, denn dann brauchst du Brillengläser in Aschenbecherstärke. Such’s dir aus, in welche Richtung du deine Fühler ausstreckst: Anna Mabo ist überall. Ob auf den Konzertbühnen in freier Wildbahn, vorzugsweise mit Publikum auf Heuballen, oder in ganz normalen Locations. Ob in den Radiowellen mit ganz vielen Features zuletzt. Ob in der Theaterzeitschrift – weil natürlich ist sie auch gelernte Theaterregisseurin. Oder beim Popfest, weil das kuratiert sie ja heuer – auch kein Bemmerl. Ein Terminplan so dicht wie der grindigste Hawara am letzten Juliwochenende im Resselpark.
Aber Anna Mabo ist nicht B-Promi, sondern schlicht vielbeschäftigt. Nicht unironisch also, dass das bereits dritte Album der Singer-Songwriterin den Standardsatz sämtlicher Adabeis im Titel trägt: »Danke, gut«. Als nette Umschreibung für: »Einen Scheißdreck erzähl ich dir!« Ob das jetzt unverblümte Trotzreaktion ist oder gewisse Grundschüchternheit, ist tendenziell kontextabhängig. Von denen, Kontexten nämlich, gibt’s auf dem Album einige. Genauso wie Instrumentierungen. Immerhin ist »Danke, gut« im Trio entstanden, da ist alleine händetechnisch mehr möglich. Also etwa, wenn’s beim sehr einladenden »Hallo« ordentlich rockt. Da sind die klassischen Zupfgeigenballaden fast schon Erholung. Aber nichts mit Langeweile oder gar Belanglosigkeit, da werden ohne Wenn und Aber die Möglichkeiten dieses Band-Dings ausgelotet. Krachende Feedbacks, fetziger Streetpunk (sic!), aber vor allem wirklich toller Folkrock (top: »Wandschrank«). Schunkeln ist zwar verpönt, wäre aber tatsächlich folgerichtig. Textlich: lyrisch. Wortwitz: sowieso keine Frage. Hand drauf! (VÖ: 25. August)
Live: 8. August, Zwischenwasser, Hägi Wendls — 9. August, Damüls, Kulisse Pfarrhof — 10. August, Intervillgarten, Hochkulturfestival — 19. August, Litschau, Hin und Weg Theaterfestival — 25. August, Petzen, Fuzzstock — 26. August, Retz, Hauptplatz — 30. August, Wien, Theater am Spittelberg — 5. Dezember, Wien, Konzerthaus
Dominik Oswald
My Ugly Clementine
The Good Life — BMG
Auch wer mit beiden Füßen fest am Boden steht, sehnt sich hin und wieder danach, mal kurz die Beine hochzulegen und die Welt an sich vorbeiziehen zu lassen. Das wissen auch My Ugly Clementine, die mit »Feet Up« eine kleine Ode ans Nichtstun geschrieben haben. Zusammen mit zwölf weiteren Liedern gehört der eben erwähnte Song zum langersehnten zweiten Album der Band, die sich – nach dem Ausscheiden von Kem Kolleritsch (Kerosin95) – aus den Musikerinnen Sophie Lindinger, Mira Lu Kovacs und Nastasja Ronck zusammensetzt. »The Good Life« lautet der Name des zwischen Indierock, Britpop und Grunge angesiedelten Zweitlings, der dazu einlädt, sich seine eigene Variante eines guten Lebens zusammenzuzimmern. Wenn dabei am Ende nur ein Luftschloss herauskommt, macht es auch nichts – Hauptsache man lässt sich nicht von anderen Menschen eintakten und folgt dem eigenen Rhythmus. »Dreamed I could fly a highway / But landed on my sweet face« heißt es beispielsweise im Song »Are You In«.
Musikalisch scheint die Band mit »The Good Life«, das auch vor dem einen oder anderen hymnischen Refrain nicht zurückschreckt, ziemlich angekommen zu sein. Allerdings ohne dieses furchtbare Gefühl der fast schon denkmalhaften Stagnation, das dabei meist mitschwingt. Vielleicht ist es eher ein Ankommen im fortwährenden Prozess des Ankommens. Zu den eigenen Entscheidungen stehen, es jederzeit wieder tun – wie es im Song »Would Do It Again« heißt –, dabei aber stets beweglich bleiben. Außer man hat gerade die Füße hochlegt, um genüsslich »The Joy of Missing Out« zu zelebrieren. Schließlich ist auch das sogenannte gute Leben kein Zustand, der in Stein gemeißelt ist, sondern einer, der immer wieder danach verlangt, sich selbst die folgende Frage zu stellen: »Are you in the good life?«. Geht es darum, sich gemeinsam mit My Ugly Clementine in ein gutes Leben hineinzuträumen, hat »Are You In« allerdings zurecht kein Fragezeichen. Die Antwort lautet nämlich eindeutig: Yes, we are!
(VÖ: 11. August) Sarah Wetzlmayr
Live: 10. August, Melk, Sommerspiele — 29. September, Graz, PPC — 10. November, Wien, Arena
Resi Reiner
Weißt du was ich mein?! — Krokant
Es schadet nie, ein ganzes Arsenal an Finelinern im Federpenal zu haben. Dauernd diese ganz dünnen Linien, die es zu ziehen gilt, diese ganz schmalen Grate. Ist das Kunst oder Kitsch, Kaviar oder Kacke? Wo du es ja auch gar nicht gescheit erklären kannst, warum jetzt das eine so, das andere so ist. Wo du es einfach haben musst, dieses kleine bisschen Eben-nicht-Kitsch. Wo du deine Kunst einfach auch zur Kunst erklären musst. Vor allem bei Popmusik, die so zuckersüß und zumindest scheinbar naiv verspielt daherkommt. Da musst du als Künstler*in aufpassen wie ein Luchs, dass da gar niemand in Versuchung kommt, deine Kunst irgendwie in die Kitschecke zu schieben. Und dafür gebührt Resi »Ich will nach Italien« Reiner schon einmal das erste Kompliment. Die gerät auf ihrem Debütalbum gar nicht erst ins Wanken: Ist das jetzt so oder so? Nein: Das ist Kunst und das ist gut. Das ist feinfühlig, pointiert. Also natürlich, vom Musikalischen her ist das auch Schlager, aber das ist nur für jene ein Schimpfwort, die davon nichts verstehen, die eben nicht wie Resi Reiner vor allem die wunderbare Unterhaltungsmusik der frühen Sechziger und Siebziger zu schätzen wissen.
Kaum verwunderlich also, dass »Weißt du was ich mein?!« auf Albrecht Schraders Label Krokant erscheint und nicht bei einer der diesbezüglich angestaubten heimischen Plattenfirmen. Da ist der Weg zu den Berliner Trendsetter*innen aus deinem Insta-Feed nicht superweit. Schande über die, denn – einmal unter uns Pastorentöchtern: Resi Reiner ist auf der guten Seite der Macht zu Hause; das kannst du ganz ohne Ironie hören. Dazu sind auch einfach die Texte zu gut und im Endeffekt geht’s genau darum: zu relatable, zu spezifisch, zu deep. Etwa wenn es um die Schönheit einer Bialetti geht oder um weirde Träume dank Antidepressiva zum Abendessen (»Trittico«) oder um toxische Männlichkeiten im Allgemeinen (»Alles wunderbar«, mit den grandiosen Zeilen »Schimmelt da die Ecke / Oder ist das Shabby Chic?«). Also: raus mit dem grünen Fineliner und Haken drunter.
(VÖ: 25. August) Dominik Oswald
Live: 10. Oktober, Wien, Konzerthaus — 10. November, Salzburg, Roter Salon — 11. November, Graz, PPC
27.11.2023 | WIENER STADTHALLE, Halle F 08.01.2024 | SALZBURGARENA
performed by
Amazing Spider man 2 | The Dark Knight | Lone Ranger | Interstellar | Dune Gladiator | Sherlock Holmes | Man of Steel | Wonder Woman | Spirit Pearl Harbor | Pirates of the Caribbean | Inception | Madagascar | The Lion King
www.artconcert.at
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Über den Tellerrand
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Suluka
313 — Jumber Lack
Must have!
Sachen, die den Alltag schöner machen
Sanfte und einfache Intimpflege
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Keine Strandparty ohne Strandtuch!
07
Mit »313« liefert Suluka ein Debütalbum, das sich sehen lassen kann. Musikalisch erprobt und einigermaßen bekannt ist der Grazer bereits von der Band Saint Chameleon. Das Album markiert nicht nur einen Neuanfang, sondern auch eine Neuerfindung – es ist sein erstes als Solokünstler. Wie der erste Track »For Love« passend beschreibt, widmet sich »313« thematisch der Liebe und transportiert das nicht nur textlich, sondern auch soundästhetisch. Musikalisch finden wir uns inmitten funkig-souliger Melodien, bestehend aus einem Gemenge an Genreüberschneidungen – von Hip-Hop, über R&B bis hin zu Pop. Auch wenn es nicht einfach ist, Suluka in eine Box zu stecken, wird dennoch schnell klar, dass die Wurzeln seiner Inspiration größtenteils in Schwarzen Musiktraditionen liegen.
Die melodische Stimmung des Albums mag eher leicht und unbeschwert sein, die Message zielt jedoch teilweise tiefer. Auf »For All the Boys« setzt sich der Künstler mit Zeilen wie »They gotta differentiate between tough and strong / Upholding patriarchy only enables harm« mit toxischer Männlichkeit und patriarchalen Strukturen auseinander. Über eingängigen, lieblichen Beats wird mit der Welt abgerechnet. Am meisten bemerkbar macht sich das beim Track »Mama«, in dem Suluka über einen verträumt-verspielten Gitarrenbeat mit souliger Stimme gegen Kapitalismus, Klimakrise und White Supremacy singt. Obwohl das thematisch eher düster klingt, wird es auf dem Album mit einer ganz gegenteiligen Atmosphäre versehen – am Ende bleibt eben die Liebe. Sulukas erstes Soloalbum »313« gestaltet sich beim Hören zu einem psychedelischen Soundtrip, der einen in soulige Höhen mitnimmt. Die Genremischung erinnert entfernt an Frank Ocean, besitzt aber trotzdem einen eigenen Twist. Es ist ein facettenreiches Album, das sowohl als entspannte Hintergrundplatte als auch aufmerksam, Track für Track gehört werden kann.
(VÖ: 25. August) Mira Schneidereit
Streng limitiert und nur als Add-on zu einem Ticketkauf zu haben: 15 Stück dieses biohamamtuchs von le stoff im Format 95 µ 180 cm –inklusive the-gap-logostick anlässlich unserer 200-Ausgaben-Party im Usus am Wasser. In den Farbvarianten Gelb (im Bild), Fuchsia und Anthrazit erhältlich. www.thegap.at/wird 200
Spritzig durch den Sommer
Mit rosie, betty und hugo präsentiert die Wiener Traditions-Sektmarke hochriegl drei besondere »Persönlichkeiten« als heimische Antwort auf den internationalen »Readyto-Drink«-Trend. Prickelnde, fruchtige WineSpritz-Neuheiten – perfekt für den Sommer! Erhältlich bei Billa und Billa Plus.
www.hochriegl.at/hochriegl-wine-spritz
Termine Musik
ÖSTERREICHS CLUBSZENE IM RADIOKULTURHAUS
MAIIJA
aka MARILIES JAGSCH
15.09.2023
DETAILS UND TICKETS: radiokulturhaus.ORF.at
Merkst du es?
Du liest gerade, was hier steht. Ja, sogar das Kleingedruckte! Und damit bist du nicht allein. Werbung in The Gap erreicht ein interessiertes und sehr musikaffines Publikum. Und das Beste daran: Für Bands und Musiker*innen bieten wir besondere Konditionen. Absolut leistbar, auf all unseren Kanälen und nah dran an einer jungen, aktiven Zielgruppe. Melde dich, wir beraten dich gerne! sales@thegap.at
The Gap wird 200
Sommer, Sonne, Sonnenschein – ab an die Donau! Gap feiert 200 Ausgaben und wir laden zur großen Jubiläumsfeier. Panda-Aficionados erwartet das eine oder andere Ständchen. Pauls Jets decken nicht nur die Abteilung »Muttersprachenpop« ab, sondern auch »Bands, die eigentlich schon zu groß für Österreich sind«. Das Duo Dramas steht mit seinem eklektischen Mix aus Elektro-Indie-Synth-Pop auch bereits an dieser Schwelle. Und Liz Metta (Foto) entführt uns in (atmo-)sphärische Klangwelten. 11. August Wien, Usus am Wasser
Waves Vienna
Jüngst hat ein Berliner Kollege gemeint: »Mit dem Waves hat Wien schon ein geniales Festival. Die graben jedes Jahr Neues aus.« Recht hat er. Das Waves findet echt immer Acts, die kurz danach den Sprung ins breite Bewusstsein schaffen. Diesmal vielleicht: Ada Oda aus Belgien mit Post-Pop-Punk-Rock und italienischen Vocals. Oder Filly mit extrem ohrwurmigem (Hyper-)Pop und unnachahmlicher Stimme. Oder Bex (Foto) mit Hip-Hop, R&B und hypnotisierend-tanzbarem Flow. Oder … 7. bis 9. September Wien, diverse Locations
Termine Musik
Poolbar Festival
Alles Bestens im Westen: Schon seit Mitte Juli ist das Vorarlberger Poolbar Festival in vollem Schwung. Aber zum Glück ist das eine ausgedehnte Sache, denn noch bis 14. August gibt es hier Lesungen, Jazzbrunches und selbstverständlich Konzerte. Zum Beispiel Yukno am 9. August, Charlie Cunningham am 12. August oder Sudan Archives am 14. August. bis 14. August Feldkirch, diverse Locations
Feist
»Multitudes« heißt das im April erschienene neue Album von Feist, ihr erstes seit 2017. Und es enthält auch ebendiese »Multitudes«, schwankt zwischen Intimem und Gemeinschaftlichem, zwischen Profanem und Transzendentalem. Wer die kanadische Sängerin live erleben will, hat demnächst im Gasometer die Chance. Ein vielseitiger Abend, wenn das Album ein Indikator ist. 31. August Wien, Gasometer
Unsafe + Sounds Festival
»Hope« lachte uns nicht nur 2008 von Obama-Postern entgegen. Hoffnung ist essenziell, gerade im Angesicht scheinbar unüberwindbarer Herausforderungen. Wir dürfen gespannt sein, wie das Unsafe + Sound Festival sich an diesem selbtgewählten Motto abarbeitet. Was wir uns jedenfalls erhoffen dürfen, ist spannende zeitgenössische elektronische Musik – etwa von Kenji Araki (Foto). 7. bis 17. September Wien, diverse Locations
Loftival
Am 14. September gibt’s beim Loftival heimische Künstler*innen bei freiem Eintritt im Club The Loft – und damit keinen Grund, nicht dort zu sein! Es spielen: At Pavillon (Foto), eine Band, für die Diversität nicht nur ein Buzzword ist, sondern Impetus für ihren Indierock mit politischem Anspruch. Dazu passt die schonungslose Offenheit des zweiten Acts Zelda Weber ausgezeichnet. 14. September Wien, The Loft
Björk
Das Wort idiosynkratisch scheint geradezu für Björk erfunden worden zu sein. Seit Jahrzehnten lässt sich die Isländerin in keine Schublade zwängen, erfindet sich stetig neu und geht unbeirrt ihren (musikalischen) Weg. Haters gonna hate, der Rest sollte nicht verpassen, wenn sie mit ihrer »Cornucopia«-Tour auch einen Abstecher nach Österreich macht. 19. September Wien, Stadthalle
Still Corners
Wenn The Gap eine Band präsentiert, dann muss das ja sehens- und hörenswert sein. Also, we present: Still Corners! Zum zehnjährigen Jubiläum ihres zweiten Albums »Strange Pleasures« kommt die DreampopBand rund um Greg Hughes und Tessa Murray nach Wien. Support: Portland. 5. August Wien, Flucc Wanne
The Murder Capital
Präsentations-Double-Feature! Am nächsten Tag am gleichen Ort präsentieren wir nämlich noch einen zweiten Act. Die irische Postpunk-Band The Murder Capital darf im Flucc so richtig einheizen. Der Industriecharme der Waschbetonwanne dürfte hier genau das richtige Ambiente bieten.
6. August Wien, Flucc Wanne
Texta
Und noch ein Jubiläum – diesmal ein sehr österreichisches. Texta werden 30 und feiern mit großer Party. Unterstützung gibt es u. a. von Skero und Fiva MC. Angefangen hat übrigens alles 1993 mit einem Track für eine andere Linzer Institution: für die Kapu. 15. September Wien, Arena — 16. September Linz, Posthof
Bernhard Frena Christoph Liebentritt, Tim Cavadini, Ally Green, Sara MelvinTermine Festivals
3 Fragen an Gabriel Roland Direktor
Vienna Design Week
Design ist ein breites Feld. Was ist alles Design für dich? Welche Formen von Design sind auf der Vienna Design Week zu sehen?
Der Begriff »Design« muss so einiges aushalten und ist entsprechend dehnbar geworden. Eine der Aufgaben der Vienna Design Week ist zu zeigen, was unter diesem breiten Schirm, trotz aller wahrgenommenen und tatsächlichen Oberflächlichkeiten, an aufregenden und sinnvollen Sachen passiert. Das reicht von konkreten Gegenständen über innovative Konzepte bis hin zu gesellschaftlichen Zusammenhängen.
Was passiert auf der Vienna Design Week? Wer stellt bei euch aus? Wer ist euer Publikum?
Die Vienna Design Week feiert die Lust am Gestalten und die Wirkkraft von Design. Sie will nicht nur das zeigen, was es schon gibt, sondern Fragen in die Zukunft hinein stellen. Designer*innen, lokale genauso wie internationale Unternehmen aber auch Kulturinstitute, Universitäten und Museen – wer sich für ein Festival interessiert, das nicht ausschließlich die kommerziellen Aspekte von Design abbildet, kann bei uns zeigen, was er oder sie kann. Beim Publikum geht es uns in erster Linie um Niederschwelligkeit und Vermittlung. Wir begegnen ihm an den verschiedensten Orten der Stadt, im öffentlichen Raum und versuchen, Hemmungen und Missverständnisse in der Auseinandersetzung mit Design abzubauen. Der Anspruch ist, dass das Festival für alle – von der Schulklasse über die lokale Designszene bis hin zu internationalen Besucher*innen – passende Angebote hat.
Nachhaltigkeit ist eines eurer Schlüsselwörter. Was ist nachhaltiges Design? Gibt es da eine Spannung zu konsumorientiertem Produktdesign?
Ja, natürlich gibt es diese Spannung. Aber auch das nachhaltigste, vollständig kreislauffähige Design ist kein Ersatz für politische Rahmenbedingungen und verantwortungsvolles Wirtschaften. Was Design kann, ist Technologie, Material, Ästhetik, Produktions- und Nutzungskreisläufe zu greifbaren Erlebnissen zusammenzubringen. Design erzeugt Beziehungen zu Objekten und das ist eine gute Basis, um an zukunftsfähigem Verhalten zu arbeiten.
Vienna Design Week 22. September bis 1. Oktober Wien, diverse Locations
Slash Filmfestival
Genrekino und insbesondere fantastisches Genrekino werden von den Institutionen der Filmbranche nur allzu gern übersehen – gerade auch von Filmfestivals. Zum Glück bietet das Slash dafür regelmäßig eine Bühne. Auch dieses Jahr steht wieder ein abwechslungsreiches Programm an. Etwa »Moon Garden« (Bild), bei dem auf abgelaufenem Filmmaterial die fantastische Odyssee eines kleinen Mädchens abgelichtet wurde. Oder »Hello Darkness«: eine allegorisch-ironische Popkulturcollage des australischen Duos Soda Jerk. Oder das klassische Zeitschleifenmotiv mit »River« – nur diesmal mit Neustart nach nur jeweils zwei Minuten. Nicht nur für eingeschworene Slash-Fans ein bis mehrere Besuche wert! 21. September bis 1. Oktober Wien, diverse Locations
Termine Festivals
Parallel Vienna
Es ist leider keine Kunst, leerstehende Immobilien in Wien zu finden. Umso schöner, wenn diese dann mit tatsächlicher Kunst befüllt werden. Das Festival Parallel Vienna tut dies jährlich und diesmal am ehemaligen Areal des Otto-WagnerSpitals auf der Baumgartner Höhe. Als Mischung aus Kunstmesse, Ausstellungsplattform und Künstler*innenstudio versucht das Festival einerseits, junge und etablierte Künstler*innen mit Kurator*innen, Sammler*innen, aber auch öffentlichem Publikum zu vernetzen, und andererseits, dem Ort und seiner Geschichte gerecht zu werden. 5. bis 10. September Wien, Otto-Wagner-Areal
Steirischer Herbst
Als eines der ältesten europäischen Festivals für zeitgenössische Kunst nicht einzustauben, ist kein leichtes Unterfangen. Bislang ist es dem Steirischen Herbst jedoch bravourös gelungen. Das mag nicht zuletzt an der Breite liegen, die das Festival abdeckt: Theater, bildende Kunst, Film, Literatur, Tanz, Musik, Architektur, Performance, Neue Medien und Theorie. Das ist ganz schön viel Material, um nicht am Stand zu treten. Dieses Jahr dreht sich alles um das Thema »Humans and Demons« und, daran angelehnt, um das figurenzentrierte Erzählen. 21. September bis 15. Oktober Graz, diverse Locations
An zweimal drei Tagen (jeweils Freitag, Samstag und Sonntag) bespielt das Theaterfestival Hin & Weg diverse Locations in Litschau und rund um den Herrensee im Waldviertel. Neben Theaterunterhaltung von szenischen Lesungen bis hin zu vollständig produzierten Aufführungen wird auch ein bemerkenswertes Musikprogramm geboten – u. a. mit Pauls Jets (12. August) und Ana Mabo (19. August).
11. bis 20. August Litschau, diverse Locations
Wienwoche
Wie kann Aktivismus ein Festival bekommen? Die Wienwoche, das »Festival für Kunst und Aktivismus«, stellt sich diese Frage jährlich neu, diesmal unter dem Motto »It’s Getting Cold in Here«. Denn während der Klimawandel uns einheizt, vereist die Gesellschaft zunehmend. Also ab zu den Partys, Workshops, Screenings, Diskussionen! Es lohnt sich jedenfalls, denn für alle Veranstaltungen gilt: Eintritt frei. 15. bis 24. September Wien, diverse Locations
Ars Electronica Festival
1979. Wer würde vermuten, dass es eines der futuristischsten Festivals Österreichs schon länger gibt als den IBM-PC, MS-DOS oder den Macintosh? Ist aber wahr. Und um Wahrheiten dreht sich dieses Jahr alles beim Ars Electronica Festival – oder besser gesagt darum, wem sie gehören. Gerade in Zeiten, in denen KI vorgibt, alles zu wissen, und gleichzeitig Urheberrechte ignoriert, eine sicherlich aktuelle Frage. 6. bis 10. September Linz, Postcity
Sonic Territories
Als kleinen Vorgeschmack auf das Hauptfestival im Herbst, lädt Sonic Territories in seiner »Summer Edition« an einem Augustwochenende zu einem zweitägigen Erkundungsevent in Sachen Raum und Klang in die Lobau ein. In Workshops und klanglichen Performances soll es darum gehen, »Listening with Care« zu erfahren, zu lernen und zu erproben. Besonderes Highlight: Tomoko Sauvage am Samstagabend mit speziell handgefertigten Klangschalen. 18. und 19. August Wien, Kleine Stadt Farm
Curated by 2023
Termine Kunst
Curated by ist ein Text, der als Startimpuls dienen soll und auf den die von den Wiener Galerien eingeladenen Kurator*innen dann mehr oder weniger Bezug nehmen können. In diesem Jahr ist das Stichwort: »The Neutral«. Gestützt auf Roland Barthes hebt Maximilian Geymüller die Mehrdeutigkeit des Konzepts hervor, dass von einer nicht-binären, subversiven und damit sehr wohl von Aktivität geprägten Lesart bis zur (politischen) Apathie und Prokrastination reicht. Das Festival ist die Gelegenheit, einen Großteil der Wiener Galerienszene kennenzulernen.
Ein Thema, 25 Teilnehmer*innen. Drehund Angelpunkt des Festivals
Bild: Videostill aus »Women Jumping Rope« von Şener Özmen, kuratiert von Pınar Öğrenci und zu sehen in der Galerie Exile. 12. September bis 14. Oktober Wien, diverse Locations
Sophie Gogl
»Never judge a book by its cover«, sagt man. Aber wie ist das bei Malerei, der die Oberflächlichkeit gewissermaßen in die Seele geschrieben ist? Die Bilder von Sophie Gogl spielen mit bildlicher Oberflächlichkeit. So bedient sie sich etwa einer Ikonografie, die Unschuld und Beständigkeit vortäuscht. Figuren wie Bart Simpson oder Spongebob Schwammkopf feixen zwar, sind letztlich aber lieb und altern nicht. Hinter der Maske kindlichen Spiels tun sich bedeutende Tiefen auf. Oder nur Leere an Bedeutung? bis 9. September Lustenau, Dock 20
Unfreezing the Scene
Jedes Jahr eine neue Welle ausgebildeter Künstler*innen von Angewandter und Akademie. Nicht schlecht, wenn der erste Schritt mit einer institutionellen Ausstellung in der Kunsthalle Wien beginnt. Zehn Ausgewählten des letztjährigen Jahrgangs wird das Privileg zuteil, ihre Abschluss-, und teilweise neuen Arbeiten im Glaskasten am Karlsplatz zu zeigen. Von absurd-lustiger Institutionskritik über morbide Sprachphilosophie bis hin zu konzeptueller Installationskunst ist die Bandbreite groß. Eintritt frei. bis 10. September Wien, Kunsthalle
Rosemarie Castoro: Land of Lashes
Die Schönheit des Schrecklichen ist zu spüren, wenn man mit Arbeiten von Rosemarie Castoro konfrontiert ist. Ganz abseits ihrer kunstgeschichtlichen Bedeutung, die aus Castoros Verwurzelung in der amerikanischen Szene der 60er und 70er herrührt, haben ihre Skulpturen eine ganz und gar unmittelbare Kraft. Dabei sind die Stücke, so wie sie sind, um eine wichtige Komponente beschnitten: den Körper der Künstlerin, der sie in der Bewegung aktiviert. Verfänglich allerdings ist der Geist, der ihnen bleibt. bis 1. Oktober Wien, MAK Contemporary
David LaChapelle
Auch wenn man es vielleicht nicht weiß: Die meisten von uns werden schon das ein oder andere Foto von David LaChapelle gesehen haben. LaChapelle hat Popgrößen wie Miley Cyrus oder Uma Thurman fotografiert und eine Bildsprache für sich geprägt, die mit opulent, grell und fantastisch nur unzureichend beschrieben ist. Das sind Feuerwerke von Bildern, die eigentlich so gar nicht ins malerische Seefeld passen. Aber irgendwo trifft hier auch Kitsch auf Kitsch – und das verspricht schon etwas Außergewöhnliches zu werden. bis 1. Oktober Seefeld, KIS
Multiform Madness
Manie ist für die Kunst immer ein interessantes Handlungsfeld, weil sie die sogenannte Realität durchbricht und Un-Wirklichkeiten schaffen kann. Ausgestellt in einem Kontext wie dem Kunstverein kann sie entpathologisiert werden und eine fruchtbare sowie konstruktive Auseinandersetzung mit subjektiven Realitäten bieten. Der Schwerpunkt in dieser Ausstellung liegt auf dem Zusammenwirken von Manien im Gemeinschaftlichen und der Verarbeitung im Künstlerischen. Das ist lang für: Alles ist erlaubt im Kunstverein. bis 8. Oktober Eisenstadt, Kunstverein
Frenzi Rigling: Über das
Die Einzelausstellung der Schweizer Künstlerin Frenzi Rigling verdient das Prädikat »wholesome«. Das geht von der Materialität der Arbeiten – Textilien spielen eine große Rolle – über die Arbeitsweise – Rigling ordnet neu, verfolgt Fäden, legt Verbindungen an – bis zu den zugrundeliegenden Inspirationsquellen – urbane subversive Oasen von Grünflächen, Schafherden in Irland, Familienchronik, Metaphysik. Das Prädikat »Textilkünstlerin« verneint Rigling allerdings. bis 12. November Krems, Landesgalerie Niederösterreich
Termine Filme & Serien
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Fragen an Philipp Jedicke Regisseur »Vienna Calling«
Das Tier im Dschungel
Der Film lebt auch von den verschiedenen Locations. Wie hast du diese ausgewählt?
Mir ging es darum, Wien von einer Seite zu zeigen, die nichts mit dem Postkartenidyll zu tun hat. Ich wollte den Wiener Grind zeigen. Und dieser sollte möglichst groß erscheinen, das altbekannte Prächtige dagegen möglichst klein. Ich denke, Wien ist mit seiner sozialen Wohnungspolitik, den Resten des »Roten Wien«, immer noch eine Art Leuchtturm. Die Stadt muss nur sehr aufpassen, dass sie diese Besonderheit nicht verliert und genauso durchgentrifiziert wird wie alle anderen europäischen Hauptstädte.
Der Film zeigt die verschiedenen Musiker*innen und begleitet sie etwa bei Vorbereitungen, Interviewszenen gibt es nur wenige. Warum?
Das Motto von »Vienna Calling« ist: »Let the music do the talking.« Viel transportiert sich über die Lyrics der Songs. Meine visuelle Grundidee war es, ein Doku-Musical zu drehen. Rein dokumentarische Sequenzen sollten fast nahtlos in musikalische Performances übergehen. Ich finde, an einigen Stellen ist uns das ganz gut gelungen.
»Vienna Calling« Start: 25. August
Projekt Ballhausplatz
Regie: Kurt Langbein Der Filmemacher und Journalist Kurt Langbein widmet sich in seiner neuen Dokumentation dem ehemaligen österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz. Er zeichnet nach, wie es einer Gruppe rund um Kurz gelang, diesen an die Spitze des Staates zu hieven – und »an den Rand der Demokratie«, wie Langbein zitiert wird. Der Titel der Doku bezieht sich auf ein im Nationalratswahlkampf 2017 publik gewordenes Strategiepapier, in dem Kurz und seine Gefolgschaft die Machtübernahme geplant hatten. Sebastian Kurz gab am 9. Oktober 2021 seinen Rücktritt als Kanzler bekannt, am 8. Dezember 2021 schied er aus dem Nationalrat aus, gegen ihn laufen aktuell verschiedene Ermittlungen. In einer Aussendung kritisierte ÖVP-Mediensprecher Kurt Egger den Film als »linke Parteipropaganda« sowie eine »links-linke Verleumdung«. Start: 22. September
Fohringer
Barbara 060
Joy Ride – The Trip
Regie: Adele Lim ———— Komödienfans kommen bei »Joy Ride« sicherlich auf ihre Kosten: Die Anwältin Audrey (Ashley Park) spricht kein Mandarin und hat daher Probleme, einen großen Deal über die Bühne zu bringen. Sie holt sich Hilfe von ihren Freundinnen (Sabrina Wu, Stephanie Hsu), doch bald gerät alles außer Kontrolle. Adele Lim, Co-Drehbuchautorin, sagt, es gehe in »Joy Ride« um »women who are messy and thirsty, but have so much heart«. Start: 24. August
Passages
Regie: Ira Sachs ———— Einen Film über Intimität drehen, das wollte Regisseur Ira Sachs. Folglich kreist »Passages« auch zentral um ein Konvolut von intimen Beziehungen: Tomas (Franz Rogowski) und Martin (Ben Whishaw) sind verheiratet. Doch dann beginnt Tomas eine Affäre mit einer Frau – Agathe (Adèle Exarchopoulos) – und verlässt Martin. Dieser stürzt sich wiederum aus Rache in eine Beziehung mit Amad (Erwan Kepoa Falé). Start: 31. August
Sophia, der Tod und ich
Regie: Charly Hübner ———— Thees Uhlmann singt nicht nur, er kann auch schreiben. Sein 2015 erschienener Roman »Sophia, der Tod und ich« wurde nun verfilmt. In der Erzählung wird Reiner (Dimitrij Schaad) von Morten de Sarg (Marc Hosemann) besucht, dem personifizierten Tod, dessen Mission bei Reiner jedoch (vorerst?) scheitert. Gemeinsam mit dessen Ex-Freundin Sophia (Anna Maria Mühe) begeben sich die beiden auf eine Reise. Humorvoll erzählt der Film vom wahren Wert des Lebens. Start: 1. September
Fallende Blätter
Regie: Aki Kaurismäki ———— Ansa (Alma Pöysti) und Holappa (Jussi Vatanen) gelten als eher merkwürdige Zeitgenoss*innen. Sie sind Single und arbeiten im Supermarkt bzw. auf dem Bau. Ihr Alltag mag langweilig erscheinen. Dann treffen sie zufällig aufeinander – ein Treffen mit dem Potenzial, ihr Leben zu verändern. Der finnische Regisseur Aki Kaurismäki präsentiert mit »Fallende Blätter« den vierten Teil seiner Proletarier*innenreihe. Start: 15. September
A Boy’s Life
Regie: Christian Krönes, Florian Weigensamer ———— In der Dokumentation »A Boy’s Life« zeichnen die beiden Regisseure das Leben von Daniel Chanoch nach: Als Neunjähriger lebte er im jüdischen Ghetto in Litauen, später musste er sechs Konzentrationslager überleben, bis er schließlich in Palästina eine Heimat fand. Der Film erzählt von einem Leben ohne Recht auf Existenz und als Teil einer kollektiven Gewalterfahrung. Start: 29. September
Mit Ohne
Painkiller
Idee: Micah Fitzerman-Blue, Noah Harpster Die Ausmaße der Opioid-Krise in den USA stehen in »Painkiller« im Fokus. Die Serie nimmt Purdue Pharma und die dahinterstehende Familie Sackler ins Visier. Ihr Mittel Oxycontin gilt als Hauptauslöser der OpioidEpidemie in den USA. Laut der US-Behörde CDC sind von 1999 bis 2021 fast 841.000 Menschen an einer Drogenüberdosis gestorben –die meisten von ihnen waren von Schmerzmitteln abhängig. ab 10. August Netflix
Inside Greenpeace
Idee: Florian Nöthe, Jan Klophaus, Valentin Thurn, Florian Schneider Seit 1971 setzt sich Greenpeace für Umweltschutz ein. Die weltweit bekannten Aktionen gegen Walfang, Regenwaldzerstörung oder globale Erwärmung sind gewaltfrei, gut inszeniert und nicht immer legal. Nun erlaubt die Doku einen Blick hinter die Kulissen und rundet das Ganze mit Material aus den Archiven der NGO sowie wissenschaftlichen Auswertungen und juristischen Auseinandersetzungen ab. ab 17. September Sky
ohne Palmöl
100 % pflanzlich
aus Erbsen- und Weizenprotein
Schmeckt würzig und „fleischig“ wie Sugo mit Faschiertem
Screen Lights Haube Liebe Hoffnung
Sie sind überall und in der Überzahl. Haben mein ganzes Gesichtsfeld in Beschlag genommen. Starren mich stumm an, stumm, aber unerbittlich. Bunt, aber bedrohlich. Wollen etwas, wollen es bald, am liebsten sofort. In stattlicher Zahl haben sie sich an den Rändern meines Bildschirms niedergelassen, ach, was heißt: mit unmissverständlichen Botschaften an diesen angesaugt: »Redaktionsschluss« steht da auf dem einen, gelben, »Druckabgabe« auf einem anderen, roten – jeweils verknüpft mit Terminen, die entschieden näher rücken. Auf einem lichtblau leuchtenden Post-it im rechten oberen ScreenEck steht dann: »Abgabe Kolumne The Gap! 200. Ausgabe!!« Drei Rufzeichen gleich, hui. Das muss dann ja was richtig Besonderes werden. Bis, äh, morgen. No pressure, no pressure at all.
Hm, aber vielleicht erst mal noch eine Folge von »The Bear« anschauen, bevor ich dann wirklich, wirklich loslege? Warum denn nicht! Ich prokrastiniere hier aber keineswegs, ich recherchiere – und zwar an einer echten Qualitätsquelle: Immerhin liefert die Serie, die im Eiltempo vom Feuilletonliebling zum veritablen Popkulturphänomen avancierte und nun in Spielzeit zwei geht, erstklassigen Anschauungsunterricht im Umgang mit Hochdrucksituationen. Schließlich steht hier die nächste Deadline üblicherweise nicht erst in einigen Tagen, sondern schon in wenigen Minuten an.
Ab der ersten Sekunde der sich am kollektiven nervlichen Kollaps entlanghantelnden Pilotfolge stößt uns die Show hinein in einen Mikrokosmos, in dem Stress gleichermaßen das Grundrauschen ist: die Welt der Gastronomie, in der hinter den Herden habituell die Hölle los ist. In der jeder jeden stets »Chef« ruft, in der hektisch Handlungsanweisungen durch die Küche jagen, die weder Protest noch Zögern dulden, in der unablässig eine flirrende Spannung in der Luft liegt, die suggeriert, dass hier alles auf dem Spiel steht. Denn das tut es tatsächlich, vor allem für Sternekoch Carmy (Jeremy Allen White), der aus der großen, weiten, mit Renommee lockenden Welt der Haute Cuisine in den familieneigenen Sandwichladen in Chicago zurückgekehrt ist, um
di ese n nach einem tragischen Ereignis vor dem Untergang zu retten.
Doch auch wenn »The Bear« das strapaziöse, chaotische Wesen der Arbeitswelt Gastronomie mit fahriger Kamera und rastlosem Tempo einzufangen weiß wie kein fiktionales Format zuvor, ist dies nicht das einzige Atout der Serie von Christopher Storer. Denn die Ruhe nach dem initialen Sturm offenbart eine thematisch komplexe, von bestechend authentischen Charakteren (MVPs: Ebon Moss-Bachrach als cholerischer Cousin Richie und Ayo Edebiri als ehrgeizige Souschefin Sydney) bevölkerte und von geschliffenen Dialogen befeuerte Workplace-Dramedy, die mit einer unmissverständlich humanistischen Botschaft endet: Die vom Perfektionismus getriebenen Mitglieder dieser bunt zusammengewürfelten Ersatzfamilie erkennen zu guter Letzt, dass sie sich erst einmal gegenseitig schätzen lernen müssen, damit schließlich auch ihre zusammen zubereiteten Gaumenfreuden geschätzt werden können. Eine Einsicht, mit der auch die finale Wendung der Auftaktstaffel (die Spätentschlossenen zuliebe nicht gespoilert werden soll) einhergeht.
Zweiter Gang, erweitertes Rezept
Ab 16. August auf Disney+ kredenzen Storer und sein Schreibteam nun den zweiten Gang von »The Bear«. Ihr Erfolgsrezept haben sie an signifikanten Stellen adaptiert und es dabei um frische, ungeahnte Geschmacksnoten erweitert. Die mit Blut, Schweiß und Tränen ausgefochtene Schlacht in der Küche, die immer ein Kampf um den Erhalt dieser bestimmten Küche war, ist nun dem Ringen um eine wirklich neue Küche gewichen. Ein Gourmettempel auf MichelinStern-Niveau will aus der Taufe gehoben werden. Ein Statement-Restaurant, das Talenten und Träumen der Truppe gerecht wird.
Die Anspannung und die Angst vor dem Scheitern haben sich damit zweifellos bloß auf andere Spielfelder verlagert: Mit warnendem Nachdruck werden Kalender, Whiteboards und, ja, auch Post-its in den Fokus gerückt, die an all die Aufgaben und Notwendigkeiten (Brandschutzprüfung! Genehmigung! Rechnung!)
erinnern sollen, mit denen sich Carmy und Co angesichts des gnadenlos näher rückenden Eröffnungstermins noch herumschlagen müssen. An der Wand leuchtet indes das Credo »Every second counts«: Mahnung und Ansporn zugleich.
Kommunale Selbstverwirklichung
Mit den Ambitionen der Küchencrew sind auch jene der Serie gewachsen, bemerkenswerterweise einhergehend mit einer entspannteren Inszenierung. Die bisherige Intensität – mal beklemmend, mal berauschend – wurde zugunsten eines breiteren Horizonts und einer damit verbundenen stärkeren Hinwendung zu den einzelnen Ensemblemitgliedern etwas zurückgefahren. Mehrere Episoden widmen sich nun bestimmten Figuren, ihren geografischen wie emotionalen Reisen, ihrem Innenleben – was der Erzählung eine zusätzliche Dimension verleiht, sie reicher und raffinierter macht. Und diese Figuren lernen, dass nicht unbedingt Messer im Spiel sein müssen, damit für einen selbst alles auf Messers Schneide stehen kann. Der Ausbruch aus Alltag und Routine, das Hinausströmen in die Welt geht unweigerlich mit einer verstärkten Selbstreflexion einher, die den Status quo mit oft lange aufgeschobenen Fragen konfrontiert.
Mit Empathie für seine liebenswerten, unperfekten Charaktere findet »The Bear« für jeden von ihnen individuelle Antworten, die dennoch einen gemeinsamen Nenner haben, der die in der ersten Staffel gewonnene Erkenntnis noch deutlicher herausarbeitet: Der Weg zur Selbstfindung, zur Selbstverwirklichung kann letztlich nie eine Einbahnstraße sein. Alles Talent, alle Leidenschaft dieser Welt wäre wenig wert, wenn es nicht andere Menschen gäbe, die an einen glauben, die einen mitziehen, die einem helfen zu wachsen – auch über sich selbst hinaus. Man muss sie nur finden und zu würdigen wissen. Denn sie sind nicht überall und auch nicht in der Überzahl.
prenner@thegap.at • @prennero
bewegen bewegte Bilder – in diesem Kompendium zum gleichnamigen Podcast schreibt er drüberHaltungsübung Nr. 67
Meinungsvielfalt schätzen.
Das Schöne an Meinungen ist, dass jeder Mensch eine hat. Das Komplizierte ist: Viele haben eine andere als wir. Wir können jetzt einfach versuchen, lauter zu schreien. Oder Haltung zeigen und zuhören. Und vielleicht draufkommen, dass wir falsch liegen. Oder alle ein wenig richtig.
derStandard.at
Der Haltung gewidmet.
Termine Bühne
Malina
Die letztjährige Nestroy-Preis-Gewinnerin Claudia Bauer kehrt zur Saisoneröffnung ans Volkstheater zurück und inszeniert Ingeborg Bachmanns »Malina«. Die Handlung spielt in Wien und erzählt eine unmögliche Liebesgeschichte zwischen Ivan, einem kontrollierten Geschäftsmann, und der namenlosen Erzählerin. Ihr Mitbewohner, der schweigsame Historiker Malina, tritt nach und nach auf den Plan und verwischt die Grenzen zwischen Realität und Fiebertraum. Der Text erkundet den Kampf um Identität, Selbstbehauptung und Begehren in einer männlich geprägten Welt. 8., 16. und 27. September, 6. Oktober, 23. November und 18. Februar Wien, Volkstheater
Versuch, irgendetwas zu verstehen
In der Stückentwicklung von Euforia & Herbst stellen sich mutige Künstler*innen, unterstützt von führenden Expert*innen, einer großen Herausforderung: Sie versuchen, komplexe Zusammenhänge zu verstehen. Doch je tiefer sie in die Themen wie Politik, Ökologie, Diktaturen, moderne Kunst oder das Leben selbst eindringen, desto deutlicher wird die Ohnmacht der Einzelnen. Inspiriert von Samuel Becketts »Endspiel« und Theodor W. Adornos Text »Versuch, das Endspiel zu verstehen«, erforscht dieses Theaterexperiment die Möglichkeiten des Scheiterns auf der Suche nach einfachen Wahrheiten. Ein Abend, der sowohl grandios gelingen als auch spektakulär scheitern kann. 25. August bis 2. September Pürbach, Waldviertler Hoftheater
Gootopia –The Treatment
Nachdem Doris Uhlich 2021 im Tanzquartier Wien Performer*innen sich mit Schleim hat beschäftigen lassen, setzt sie diese Untersuchungen nun fort, indem sie das Publikum selbst mit den verschiedenen Schleimsubstanzen in Kontakt kommen lässt. Der Schleim wird zum Material und Performer zugleich und ermöglicht neue Verbindungen zwischen Menschen und nichtmenschlichen Akteur*innen. Eine Erkundung von Verbindungen zwischen Körpern und von Assoziationsräumen für utopische Lebensformen zwischen Horror und Faszination. 28. September bis 1. Oktober Wien, Brut Nordwest
Von einem Frauenzimmer
Heinrich Düval ist verheiratet mit Mariane. Im Geheimen unterhält er jedoch eine leidenschaftliche Liebesbeziehung zu Amalie. Als das Verhältnis öffentlich wird, geraten nicht nur er, sondern auch die beiden Frauen unter Druck. In Christiane Karoline Schlegels bürgerlichem Trauerspiel »Von einem Frauenzimmer« aus dem Jahr 1778 werden Liebe, Eifersucht und hochfahrende Emotionen thematisiert. Die Regisseurin Anne Lenk stellt die Frage nach dem Raum, der Frauen zugestanden wird. 22. September bis 27. Oktober Graz, Schauspielhaus
Dantons Tod
Einfach das Ende der Welt
Louis, ein vermeintlicher Klassenaufsteiger, ist mit einer schwierigen Frage konfrontiert: Wie der eigenen Familie mitteilen, dass man bald sterben wird? Verkompliziert wird das zusätzlich durch unausgesprochene Konflikte und Spannungen, die unter der Oberfläche brodeln. »Einfach das Ende der Welt«, ein Stück von Jean-Luc Lagarce – in der österreichischen Erstaufführung unter der Regie von Matthias Köhler –, thematisiert die Stigmatisierung und Ängste im Zusammenhang mit der Aids-Krise, indem es diese im Mikrokosmos Familie untersucht. Das Stück stellt die Sprache und die Schwierigkeit, die richtigen Worte zu finden, in den Vordergrund und erkundet die Bedeutung des Unaussprechlichen in der familiären Dynamik. 6. bis 23. September Wien, Kosmos Theater
In Georg Büchners Theaterklassiker stehen sich Maximilien de Robespierre und Georges Danton, zuvor Seite an Seite in der französischen Revolution, als Ankläger und Angeklagter gegenüber. Regisseurin Christine Eder untersucht anhand dieses Historiendramas, wie Menschen damit umgehen, wenn ihre Wege sich trennen, nachdem sie gemeinsam Unglaubliches erreicht haben. Das Stück hinterfragt die Wechselwirkung zwischen politischer Überzeugung und zwischenmenschlichen Abgründen. 21. September bis 19. Oktober Linz, Theater Phönix
radiokulturhaus.ORF.at
Sex and the Lugner City Summer Hatin’
Er bringt uns ins Schwitzen. Er sorgt dafür, dass auf Österreichs Hauptplätzen wieder fleißig geleckt wird. Lehrpersonen holen sich gerne einen auf ihn runter. Aber ist der Sommer wirklich die geilste Jahreszeit von allen? Ich bin mir da nicht so sicher. Ich glaube, die meisten Leute geben nur vor, ihn zu lieben, und tun auf carefree. Denn auf so einen Sommer muss man sich vorbereiten. Meistens fange ich schon im Frühjahr an, öfter Sport zu treiben. Spätestens im Mai überlege ich mir dann eine Antwort auf die Frage, was ich im Sommer so machen werde.
Heuer bin ich sogar extra Mitglied einer Volkspartei geworden – nur vordergründig, um mitzubestimmen, wer sie anführen soll, eigentlich aber, um mein Herz einen Sommer lang an irgendeinen hotten Sozi zu verpfänden. Doch all das ist vergebene Liebesmüh. Obwohl ich dreimal die Woche laufen gehe, sehe ich in den paar Momenten des Sommers, in denen ich gut aussehen möchte, verlässlich komplett scheiße aus. Wenn ich mich schlussendlich für einen sozial akzeptierten Plan wie Urlaub auf einer griechischen Insel entscheide, lande ich zielsicher auf Basicos oder Boringiki. Auch die große Liebe ist mir bei der SPÖ bisher nicht begegnet, und das ist irgendwie auch eins der vielen Probleme der Sozialdemokratie. Zu alledem dräut der Weltuntergang. Wie zur Hölle soll man einen Sommer genießen, wenn einen jede Wetterlage unweigerlich ans Ende der Menschheit denken lässt?
Summer Here Kids
Doch Menschen, die den Sommer mögen, kann ein bisschen Doom nichts anhaben. Sie gehen weiter schwimmen und Rad fahren, als wären sie für immer acht Jahre alt. Deshalb ist die ganze Sehnsucht nach dem Sommer, die sie vorschützen, immer auch vor allem eines: Nostalgie. Noch einmal Verstecken spielen, bis es dunkel wird, noch einmal ein Twinni entzweibrechen,
noch einmal vom Zehner springen, wenn alle zuschauen, vor allem der Papa.
Vielleicht lehne ich mich hier etwas weit aus dem Fenster, aber ich denke, dass Leute, die für ihr Leben gern schwimmen gehen, höchstwahrscheinlich Scheidungskinder sind. Noch schlimmer sind nur notorische Nacktschwimmer*innen. Minigolf, Slacklinen, Am-Gasgrill-Hantieren – es gibt keine Sommeraktivität, die diese Sorte Mensch nicht lieber völlig unbekleidet ausführt. Auf die Gefahr hin, dass man mich für prüde hält: Ich finde Badebekleidung ganz okay. Es hört sich nämlich geiler an, als es ist, mit einer Runde Männer um die vierzig nackt Uno zu spielen. Nie wieder. Meine Haltung dazu ändert sich auch nicht, wenn in der Runde mit dem abwaschbaren Uno-Set gespielt wird. Werdet endlich erwachsen. Uno.
Urlaubssperre, bitte!
Was mich komplett auf die Palme bringt, ist das permanente Gerede vom Urlaub. Es beginnt nach Weihnachten und zieht sich durch das ganze Jahr. Dabei unterliegen Leute auch ständig irgendwelchen Urlaubsmoden. Portugal 2017, Österreich 2020, Griechenland alles danach. Unpopular Opinion: Urlaub ist eines der deprimierendsten Gesprächsthemen überhaupt. Nichts sonst verweist so treffsicher auf den Umstand, dass du deinen Alltag für extrem niederschmetternd hältst und große Mühen auf dich nimmst, nur um ihm zwei Wochen zu entfliehen. Wenn ich trotzdem mit wem über Urlaube spreche, tu’ ich der Person entweder einen Gefallen, weil ich sie mag, oder ich will ihr keinen Zugang zu Dingen gewähren, die mich tatsächlich beschäftigen (hotte Sozialdemokraten).
Mein 19-jähriger Neffe fuhr Anfang Juli zum Summer Splash. Von ihm musste ich erfahren, dass Summer Splashes mittlerweile in Kalabrien stattfinden und daraus bestehen, in
instafreundlichen und klimatisierten Umgebungen neapolitanische Pizza zu schmausen und Naturwein zu schlürfen. Unsereins verbrachte seine Maturareise noch vorwiegend auf einer Hocktoilette, in die nach zu vielen Sambuca-Shots zu »Get Busy« von Sean Paul abwechselnd gespieben und geschissen wurde. Maturareisen sind also nur eines von vielen Dingen, die der Gen Z besser gelingen.
Summertime Sadness
Wie Klimaproteste zum Beispiel. Während sich Gen X und Millennials noch an ihre kindlichen Vorstellungen des Sommers klammern, scheint die Gen Z bereits begriffen zu haben, dass sich unsere Welt in kurzer Zeit für immer verändern wird. Die Nostalgie der Sommerliebhaber*innen wird einem anderen Gefühl weichen: der Angst vor dem Weltuntergang. Heute kannst du noch versuchen, das Freibadfeeling deiner Jugend zu reproduzieren oder deine eigene Mami spielen und dir ein Eis kaufen. Bald werden die Veränderungen jedoch so brutal sein, dass sich die Folgen der Erderwärmung unentrinnbar in dein Bewusstsein eingravieren. Auf der südlichen Erdhalbkugel ist es nämlich schon längst soweit.
Oh. Gerade fällt mir auf, dass ich ein bisschen negativ unterwegs bin für so eine humoristische Kolumne. Es gibt natürlich auch Wege, seinen Sommer ohne schlechtes Gewissen zu verbringen. Du kannst dir zum Beispiel wie Lana del Rey ein rotes Sommerkleid anziehen, deine High Heels abstreifen, deine Füße am aufgeheizten Asphalt wärmen und in der Nacht dem brutzelnden Surren der Stromleitungen zuhören. Dagegen gibt es nicht das Geringste einzuwenden. joechl@thegap.at • @knosef4lyfe
Josef Jöchl ist Comedian. Seine Programm heißt »Die kleine Schwester von Nett«. Aktuelle Termine findest du auf www.knosef.at.