The Gap 118

Page 1

st son m u

Die Vamummtn!!–! Austropop bis zum Speiben Game Of Thrones / SM Band Charts / Stirn Prumzer 118 Magazin für Glamour und Diskurs. MONATLICH. VERLAGSPOSTAMT 1040 WIEN, P.B.B. GZ 05Z036212 M, Nº 118, AUGUST 2011

The Horrors. Duke Nukem Forever. SBTRKT. Das Hausmädchen. Cults. Philipp Hautmann. Afghanistan Kriegsfilme. Michael. Shadows Of The Damned. Uwe Boll. Shabazz Palaces. Im Wortwechsel: Wie hat 9/11 die Popkultur verändert?

€ 0,-


7NPX 1N[VRY¼` .YY _VTUa` _R`R_cRQ 7.08 1.;629¼@ N[Q <91 ;< $ N_R _RTV`aR_RQ a_NQRZN_X`

MR. JACK DANIEL WAS NO SAINT. BUT HE DID START SOMETHING OF A RELIGION.

>II: <:C>:ß: $68@ 6C>:AcH K:G6CILDGIJC<H7:LJHHI LLL K:G6CILDGIJC<HKDAA 6I


003 NULL NULL DREI

►L E ITA RT IK E L ►Von Thomas Weber

ö3ver aus dem underground Ist die Trittbrettfahrt auf Kosten anderer plötzlich weniger asozial, weil wir uns jetzt vernetzt und vorgewarnt »Schwarzfahrer 2.0« nennen dürfen? Über das systematische Aushöhlen des Prinzips Allgemeinheit durch eine selbsternannte Smartphone-Elite. meiner Facebook-Freunde »gefällt« schwarzkappler.info. Insgesamt sind es zu Redaktionsschluss mehr als 5.000 Personen, die das Service »von Fahrgästen für Fahrgäste« (Selbstbeschreibung) in Anspruch nehmen – und einander über Twitter und Facebook darüber auf dem Laufenden halten, auf welchen der Wiener Linien sie heute ihren Fahrschein auf keinen Fall vergessen sollten. Sie informieren einander darüber, wie sie in Wiens U- und Straßenbahnen Kontrolleuren, so genannten »Schwarzkapplern«, bestmöglich aus dem Weg gehen und als Schwarzfahrer straffrei bleiben. Kollektive Risikominimierung in Echtzeit und mobiles Web 2.0 wie aus den Lehrbüchern. Vor ein paar Monden hätte manch einer vielleicht sogar begeistert von einer Grassroots-Bewegung gesprochen.

BILD MICHAEL WINKELMANN

FALSCH VERSTANDENE GRATISKULTUR

Nun ist das selbstgestrickte Service zwar effizient und es schon sinnvoll, wenn sich Gleichgesinnte vernetzen. Doch ist die Schwarzfahrer-Community eben keine der Vielfalt und Demokratie zuträgliche Interessensgemeinschaft, sondern bloß ein Zusammenschluss von Egoisten auf Basis einer falsch verstandenen Gratiskultur. Natürlich kann man sich irgendwie einreden, dass es schon okay ist, schwarzzufahren. Ich habe das selbst früher nicht anders praktiziert. Womöglich ließe sich sogar ein politischer Anspruch behaupten. Die Wiener Linien selbst sind in Sachen Überwachung schließlich selbst auch nicht zimperlich. 2005 haben sie sogar den »Big Brother Award« für die annähernd lückenlose Kamerabeobachtung ihrer Fahrgäste eingeheimst. Doch das Selbstverständnis hinter schwarzkappler.info ist letztlich das einer selbsternannten Smartphone-Elite, die sich selbstgefällig über den dummen Rest derer erhebt, die - vielleicht gerne, jedenfalls bereitwillig – zahlen oder sich kein teures Telefon leisten können. Zwar sind 5.000 Nutzer vorerst eine vernachlässigbare Größe, doch da das Service offensichtlich Anklang findet und funktioniert, reicht diese aus für das systematische Aushöhlen des Prinzips Allgemeinheit – auf dem letztlich die in Wien frei zugänglichen U-Bahnstationen basieren. Was ist die Alternative? Fahren zu viele Passagiere

schwarz, werden die Wiener Linien - wie das subjektiv gefühlt bereits passiert ist – ihre Kontrollen verstärken oder irgendwann den freien Zugang zum öffentlichen Verkehr überdenken. Vielleicht gleichen Wiens U-Bahnstationen irgendwann denen in London, die wie Außenstellen von Fort Knox aussehen: Bastionen der effizienten Unfreiheit.

DIE U-BAHN ALS OBDACHLOSEN-LOBBY

Was anderes wäre es, rein theoretisch, würden Obdachlose durch eine konzertierte Schwarzkappler-Info – etwa unter der Schirmherrschaft der U-Bahnzeitung Augustin – ihren Unmut darüber äußern, dass sie als benachteiligte Bevölkerungsgruppe nicht komplett von kommunalen Transportgebühren befreit sind. Zwar zitiert DerStandard.at den Gründer des Schwarzfahrer-Service damit, das langfristige Ziel der Aktion wären »Gratis-Öffis beziehungsweise viel billigere Preise«. Das klingt aber mehr nach einem fadenscheinigen Vorwand für asoziales, letztlich verwerfliches Verhalten auf Kosten der Allgemeinheit. Zumal die Schwarzkappler-Info als konstruktiver Protest durch »bewussten Konsum« seltsam inkonsequent und halbherzig ist. Vertretbarer Protest wäre etwa eine komplette Konsumverweigerung. Es dürften also auch Leistungen des kritisierten Systems nicht in Anspruch genommen werden, man müsste zu Fuß gehen, komplett aufs Rad umsteigen oder, wohl nicht im Sinn der Sache, das Auto nehmen. Den Verdacht, dass es sich bei schwarzkappler.info um eine besonders gefinkelte subversive Affirmation handelt – ultimative Egoisten werden für eine gemeinnützige Kampagne für Gratis-Öffis mit deren eigenen Mitteln geschlagen – entkräften leider meine 30 mutmaßlich schwarzfahrenden FacebookFreunde. Keiner davon ist ein asoziales Arschloch. ¶

Thomas Weber, Herausgeber, Smartphone- & Jahreskartenbesitzer. weber@thegap.at

AU SGA B E 1 1 8 / 0 0 3 ◄


018

038

DIE VA MU M MTN

U RBAN KNIT T ING

Eh, die Musik ist im Wandel. Aber wenige Bands in Österreich verdeutlichen das so sehr wie die Vamummtn. Sie haben offiziell noch kein Album, laufen nicht im Radio und verkaufen trotzdem bereits jetzt große Hallen in München und Wien aus. Klaus Buchholz hat die Band in einer Villa knapp außerhalb von Wien getroffen, kurz nach einem ausgedehnten Saufgelage.

Früher, als der Fernseher und Radio noch nicht in die Nacht hinein strahlten und der Webstuhl gerade erst erfunden war, wurde daheim musiziert oder gestrickt. Was lange ein biederer Hausfrauensport war, entwickelt in den letzten Jahren im Grenzbereich zwischen Design und Kunst ein eigentümliches Eigenleben. Manchmal wird Stricken sogar zu einer urbanen Form der Guerilla. Peter Stuiber über Urban Knitting.

Magazin 018 DIE VAMUMMTN Sie sind derb, laut, unverfroren, respekt-

los, schlecht erzogen und stinken wahrscheinlich sogar ein bisschen. Die Vamummtn knüpfen irgendwo dort an, wo sich Skero, EAV und der liebe Augustin gute Nacht sagen. 024 SOCIAL MEDIA BAND CHARTS Sieht man in den sozialen Netzwerken nach wird schnell klar, dass Parov Stelar absoluter Quotenkaiser ist. Aber auch sonst halten die digitalen Zahlenwelten einige Überraschungen parat. 026 GOLDEN FRAME: STIRN PRUMZER Was haben Gadaffi, Ben Ali und Mubarak gemeinsam? Richtig, sie sind Teil einer Wandteppichserie, die auch beim Donaufestival zu sehen war. 028 COVER BANDS Sie spielen im Sommer auf hunderten Zeltfesten und Partys, unterhalten zigtausende Besucher und werden medial genau gar nicht wahrgenommen: Coverbands. 030 FREAKWARE FASHION: MOVE Das Voralberger Freakwave Festival kooperierte mit der Angewandten in Wien. Mode-Studenten entwarfen eine »Move«-Kollektion und präsentieren ihre Labels.

Aktuelle Raiffeisen &OXE (YHQWWLSSV ST AD TH AL LE W IE N

BRUNO

MARS

1 2 .1 0 .2 0 1 1

STA DTH ALL E WIE N

TH IR TY

SECONDS

TO MARS

26 .11 .20 11

032 MICHAEL FUITH Der österreichische Schauspieler Michael 034 036 038

040 043

Fuith über seine Rolle im Film »Michael«, in dem er ein Kind in seinem Keller gefangen hält. AFGHANISTAN-FILME In den letzten Woche sind einige Spielfilme und Dokumentationen erschienen, die den Krieg in Afghanistan in die mitteleuropäischen Wohnzimmer bringen. YORICK Philipp Hautmann exhumiert in seinem Debüt-Roman »Yorick« einen alten Bekannten. Christian Köllerer über die abenteuerliche Geschichte. URBAN KNITTING An der Schnittstelle von Kunst und Design entsteht abseits der Nostalgiefalle eine Reihe von Arbeiten, die das Handwerk und den Faktor Zeit wieder in den Fokus rücken. GAME OF THRONES Das HBO-Fantasy-Spektakel als kraftvolle TV-Serie ohne jede ideologische Message. PAYING FOR IT Der Comic-Künstler Chester Brown zeichnet und schreibt über seine Beziehung(en) zu Sex, Liebe und Prostituierten.

STA DTH ALL E WIE N

VO LB EA T 03 .11 .20 11

GASOMETER

P ARUENNLER KALKB

08.12.2011


Editorial

B ILD D ER D E R AU S GA B E Kurz nach 21.00 Uhr ging es los zur ersten Himmelsfahrt. Die Tür zur Prater Unser Technogondel öffnete sich und eine Basswelle schwappte über die Gäste hinweg. Der Ausblick auf den bunt leuchtenden Würstelprater zu elektronischer Tanzmusik zauberte den Tanzenden ein Lächeln ins Gesicht. Kurz nach 24.00 Uhr war die letzte Runde des Wheel of Steel zu Ende und die Gäste wurden »In Nomine Party« in die Nacht entlassen.

Rubriken 003 LEITARTIK EL 005 EDITORIA L 006 PORTRÄTS / I MP R ESSU M 009 FONDUE 010 FA B U L A RA SA 011 UNBEZAHLTER A NZ EI G ER 012 CHARTS / SP L I TTER 044 WORTWEC H S E L :

Wir scheißen jetzt auf diesen ganzen Indie-Dreck. Oida, Pumpn muaß! Das wusste ja schon Lukas Plöchl von den Trackshittaz. Der wiederum wurde von den Vamummtn in einem Track ganz böse angepisst, weil er ja doch immerhin eh ein ordentliches Häusl wäre. Und weiter: Der Mundart-Wappler darf sich schnellstens schleichen. Von so lockeren Sprüchen und derbem Pipihumor wurden wir selbst ganz spitz und mussten den Beidl-Rappern dann wohl die Coverstory widmen (s.18). Dabei können sich die Vamus und die Shittaz aber eigentlich schon einmal für Parov Stelar hübsch machen. Denn der ist der Sonnenkönig unter allen österreichischen Musikern in den sozialen Netzwerken. Da reicht das virtuelle Spatzi der Vamummtn bei Weitem nicht heran. Mehr zum Schwanzvergleich mit Facebook und Co gibt es in den Social Media Music Charts (s.30). Außerhalb jeglicher Band-Charts existieren hingegen die Coverbands. Ihre Devise ist aber ebenfalls: geil abgehen. Sie tingeln mit Schlager und Retro-Rock’n’Roll zu Hochzeiten und Bällen. Man kennt sie nicht. Aber sie verdienen Kohle, viel mehr als jede Indie-Band. Da scheißen wir doch erst recht drauf. Ach, der Reviewteil, aha, hmm, ja, da ist wohl ein Fehler passiert. Oder, na gut, wir scheißen doch nicht drauf. Was uns zu diesem Internet bringt. Auch tut sich bei The Gap schon wieder eine Menge. Die Klicks explodieren durch Storys wie über Casper, ein atheistisches Nudelsieb oder die Interviews zur Clubkultur Wiens. Noch dazu wird dort gerade alles übersichtlicher, mit mehr Möglichkeiten zum Schmökern und Querlesen. Pumpt, Oida. ¶

ngen (Abfallend+Satzspiegel) WIE HAT 9 / 1 1 D I E P O P KU LT U R V E R Ä N D E RT ?

046 PROSA: TER ESA P R Ä AU ER 048 BILDSTRECK E WOR KSTATI ON: A R N OLD P Ö S C HL 054 GRÜNDER S E R I E GA R M Z : R E L AU N C H 057 REVIEWS 074 TERMINE

4c, 2c, 1c Negativ:

4c, 2c, 1c Neg mit Outline:

Kolumnen 016 ZAHLEN B I TTE 082 K NOW NOTH I NG

Stefan Niederwieser, Chefredaktion niederwieser@thegap.at

ARENA

19.11.2011

-­l a-­ist-­was

TOUR 2011

.d w w

MANNHEIMS

CASINO BRD

t * Ticket s

innen auf w

20.12.2011

SÖHNE

.a os

ew

FANTA 4

STA DTH ALL E WIE N

c tzt au h zu g

13.11.2011

STADTHALLE WIEN

je

SUNRISE AV E N U E


ARNOLD PÖSCHL

Klagenfurt - Graz - Wien

Dass Arnold Pöschl unsere diesmalige Workstation-Fotostrecke in seiner Geburtstadt Klagenfurt fotografiert hat, ist nicht so naheliegend, wie es klingen mag. Denn mittlerweile ist der 1981 Geborene einigermaßen herumgekommen. Nach einem Geschichtestudium in Graz und Bologna assistierte er zufällig dem Vater seiner Freundin, dem Fotografen Ferdinand Neumueller, und war danach der Fotografie verfallen. Also besuchte er das Fotokolleg auf der Graphischen in Wien und arbeitete dann als Assistent bei Lukas Beck oder Inge und Paul Prader. Ein Praktikum führte ihn zu Daniela Stallinger nach New York. Nun lebt er hauptsächlich in Wien und ist für Verlage, Kulturbetriebe und Werbeagenturen tätig. Der Schwerpunkt seiner freien Arbeiten liegt auf Porträts, die er in Wien, Graz und Klagenfurt aufnimmt. www.arnoldpoeschl.com ¶

TEXT MARTIN MÜHL

► 0 0 6 / AU S GAB E 1 1 8

VOLKER MÜLLER

Hüte tragender Wortspielfetischist

Mit 14 musste Volker eine aussichtreiche Tenniskarriere verletzungsbedingt aufgeben. Seither sind Filme sein neues Lebenselixier. Vor allem Gangsterfilme und Italo-Western haben es ihm angetan. Überschattet wird seine große Leidenschaft von einer immensen Aversion gegen Bollywood und alle anderen Produktionen, in denen gesungen oder getanzt wird. Seit geraumer Zeit verfolgt Volker außerdem den Traum vom eigenen Drehbuch. Wohlwissend, dass man sich dafür auch weiterbilden muss, verbringt er manchmal ganze Tage vor dem Fernseher. Seinen exzessiven Film- und Serienkonsum rechtfertigt er dann gerne mit dem Besuch entsprechender Uni-Seminare über Sopranos und Co. Im Moment erweitert Volker mit seinem Praktikum bei The Gap seinen Horizont um Website-Verwaltung, Filmrezensionen, KulturNews-Zyklen und Gästelisten-Schnorrereien. ¶

TEXT THOMAS RESCH

HERAUSGEBER Thomas Weber CHEFREDAKTION Martin Mühl, Stefan Niederwieser REDAKTION Katharina Abpurg, Gregor Almassy, Michael Aniser, Matthias Balgavy, Claire Benedikt, Josef Berner, Sandra Bernhofer, David Bogner, Klaus Buchholz, Johannes Busching, Ivo Brodnik, Stephan Bruckner, Ann Cotten, Lisa Dittlbacher, Margit Emesz, Juliane Fischer, Holger Fleischmann, Daniel Garcia, Lisa Gotthard, Manfred Gram, Dominique Gromes, Benedikt Guschlbauer, Jan Hestmann, Christoph Hofer, Sebastian Hofer, Peter Hoffmann, Reiner Kapeller, Iris Kern, Markus Keuschnigg, Hubert Kickinger, Michael Kirchdorfer, Stefan Kluger, Michaela Knapp, Katrin Kneissl, Markus Köhle, Christian Köllerer, Michael Bela Kurz, Philipp L’Heritier, Gunnar Landsgesell, Artemis Linhart, Johannes Luxner, Julia Melcher, Christiane Murer, Nuri Nurbachsch, Florian Obkicher, Michael Ortner, Ritchie Pettauer, Stefan Pichler, Johannes Piller, Stefanie Platzgummer, Karoline Podolecka, Christian Prenger, Teresa Reiter, Werner Reiter, Georg Russegger, Joachim Schätz, Barbara Schellner, Lukas Schmid, Bernhard Schmidt, Johann Scholz, Werner Schröttner, Richard Schwarz, Katharina Seidler, Wolfgang Smejkal, Cornelia Stastny, Gerald C. Stocker, Johanna Stögmüller, Peter Stuiber, Asha Taruvinga, Martin Tschiderer, Hanna Thiele, Horst Thiele, Raphaela Valentini, Jonas Vogt, Ursula Winterauer, Imre Withalm, Maximilian Zeller, Martin Zellhofer, Barbara Zeman PRAKTIKUM Klaus Burger, Anna Moldenhauer, Volker Müller TERMINE Stefan Niederwieser AUTOREN Georg Cracked, Michaela Knapp, Michael Lanner, Moriz Piffl-Percevic, Stefan Tasch, Jürgen Wallner, Martin G. Wanko FOTOGRAFIE Florian Auer, Lukas Beck, Stephan Doleschal, Andreas Jakwerth, Georg Molterer, Ingo Pertramer, Karin Wasner, Michael Winkelmann ILLBILLY-ILLUSTRATION Jakob Kirchmayr COVERBILD Lukas Gansterer WORKSTATION-FOTOSTRECKE Arnold Pöschl DESIGN Monopol, Super-Fi LEKTORAT Wolfgang Smejkal, Adalbert Gratzer WEB Super-Fi, Codeon, m-otion ANZEIGEN Herwig Bauer, Thomas Heher, Micky Klemsch, David Kreytenberg, Martin Mühl, Christoph Ullmann, Thomas Weber (Leitung) DISTRIBUTION Martin Mühl DRUCK Manz Crossmedia GmbH & Co KG, Stolberggasse 26, A-1051 Wien GESCHÄFTSFÜHRUNG Bernhard Schmidt PRODUKTION & MEDIENINHABERIN Monopol GmbH, Favoritenstraße 4–6/III, 1040 Wien KONTAKT The Gap c/o Monopol GmbH, Favoritenstraße 4–6/III, 1040 Wien; Tel. +43 1 9076766-41; wien@thegap.at, www.thegap.at, www.monopol.at, office@thegap.at BANKVERBINDUNG Monopol GmbH, easybank, Kontonummer 20010710457, BLZ 14200 ABONNEMENT 10 Ausgaben; Inland EUR 15, Europa EUR 35, Rest der Welt EUR 42; HEFTPREIS EUR 2.00 ERSCHEINUNGSWEISE 10 Ausgaben pro Jahr; Erscheinungsort Wien; Verlagspostamt 1040 Wien Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder. Für den Inhalt von Inseraten haftet ausschließlich der Inserent. Für unaufgefordert zugesandtes Bild- und Textmaterial wird keine Haftung übernommen. Jegliche Reproduktion nur mit schriftlicher Genehmigung der Geschäftsführung.

_

IMPRESSUM

Kontributoren


Der groĂ&#x;e

Opel Corsa Design Contest

TOR I N O UND M O EIZ IPAD 2N BAR – I EN , 0 0 N ₏ 1.0

N I W GE

Im Zuge des Festivals Waves Vienna, das von 28.09. – 02.10.2011 in Wien VWDWWÚ QGHW UXIHQ ZLU GHQ JUR‰HQ &RUVD 'HVLJQ &RQWHVW DXV 'DEHL VXFKHQ ZLU JDQ] LP 6WLO XQVHUHU 0XVLN 6RQGHUPRGHOOH HLQ 'HVLJQ I U GDV 2IÚ FLDO :DYHV 9LHQQD &DU GHQ 2SHO &RUVD :DYHV 6FKLFN XQV ELV ]XP 15.08.2011 GHLQ 'HVLJQ I U GHQ 2SHO &RUVD :DYHV $OOH ,QIRV XQG 9RUODJHQ JLEWV KLHU www.facebook.com / OpelTeamOesterreich


GANG OF FOUR (GB)ŜēŜIS TROPICAL (GB) BRITISH SEA POWER (GB)Ŝ ēŜ EMA (US) WHO MADE WHO (DK)Ŝ ēŜ ACTRESS (GB) PHOTEK (GB)Ŝ ēŜ Ŝ Ŝ (AT)Ŝ ēŜ Ŝ Ŝ Ŝ (GB)

Ŝ Ŝ(PL) ē DJ PHONO (DE) ē INSTRUMENTI (LV) HAIGHT-ASHBURY (GB) ē RETRO STEFSON (IS) ē SIN FANG (IS) WHEN SAINTS GO MACHINE (DK) ‌ AND MANY MORE

Tickets & Info:

WWW.WAVESVIENNA.COM

Tickets:

Ăźber www.wavesvienna.com und in jeder , ErmäĂ&#x;igung fĂźr Ticketing-Kunden und MegaCard Member. Festival Pass: â‚Ź 59,— / Tagestickets: â‚Ź 28,— Locations: Flex, Fluc, Badeschiff, Pratersauna, Jack Rocks The Boat, Stadtsaal, Dogenhof, Opel Corsa Stage, ‌ Like us: www.facebook.com/wavesvienna


Fondue.

ZUSENDUNGEN AN FONDUE

@

THEGAP.AT

..

Hast auch du einen Blick für das Bemerkenswerte da draußen? Dann halte deine Handycam stets im Anschlag, fang die Stilblüten und optischen Querschläger ein, und schick sie uns per MMS oder E-Mail an fondue@thegap.at BILD STOF HOFER, NIKI PETERSON, MICHAEL SCHÖNER, THOMAS WEBER

Wer zehnmal hintereinander »Fisch Franke fischt ranke Reinanke« aufsagen kann, darf sich in der Laube im Gastgarten vom anaphylaktischen Schock erholen.

Na bitte: Laiengraffiti geht auch poetisch. Es muss nicht immer das obligatorische »FUT« sein.

Entdeckt in einem alten Jugendheim in Helsinki: Hitlers tollpatschiger Zwillingsbruder, Waldemar »gfüder Wäudl« Schicklgruber.

Scherben bringen Glück. Und anschließend Pech, der’s dann wieder repariert.

… wären sie als foliertes Geschnetzeltes nur um die die Spur agiler, um im Kühlregal bis zur Milch rüberzulangen.

Meinetwegen. Vielleicht können mir die Kieberer wenigstens beim Kotzen die Haare halten, bevor sie ihre Tests starten.

Have a look: Weitere Höhe- und Tiefstpunkte sowie Upload-Möglichkeiten für neue Fotofundstücke, gefischt aus dem Eintopf des Alltags — www.thegap.at

MUSIK UND KULTUR VON NISCHEN BIS POP

POOLBARFESTIVAL NOCH BIS

15 08

KOSHEEN KAIZERS ORCHESTRA ALOE BLACC ERISTOFF TRACKS: SIMIAN MOBILE DISCO

zeughaus.com

SCOTT MATTHEW, COMA, FM BELFAST, THE SONIC CUBESTHE THERMALS, MATT BOROFF, U.V.A. / TICKETS & INFO: POOLBAR.AT


FABULA RASA

_

KOLUMNE GEORG CR ACKED

Neue Standards in Sachen vertretbarem Kulturpessimismus. »Niemand ist zufrieden mit seinem Vermögen, und jedermann ist zufrieden mit seinem Verstande.« (Leo Tolstoi) »Step into my office, baby« (Belle & Sebastian)

>') (&'' C>:9:GD:HI:GG:>8= EG:>H

<{H F;H<EHC7D9;

;G:>I6< %. %. '%&& &.#%%=

:EB9; 7<=>7D;H

L: 86B: =:G: 6AA 7GD@:C =:6GI:9! L6CI:9 ID H=>I! 7JI DCAN 6GI:9

Yetis, es gibt sie wirklich. Nicht die behaarte Variante aus Film und TV-Dokus. Die urbane Form. Die Yetis, die ich meine, sind menschlich, verhalten sich aber so irregulär, dass man denkt, sowas kann es nicht geben. Tut’s doch. Menschen, die tatsächlich jene Fäustling-Paare für Verliebte tragen, bei denen es zwei normale Fäustlinge und einen fürs Händchen-Halten gibt. Mädels, die T-Shirts mit der Aufschrift »popp that pussy« tragen, und bei Jungs mit »Schluck, Du Sau«-Auto-Klebern einsteigen. Frauen, die sich schmucke Selbst-Verwöhn-Wellness-Abende einrichten, mit Duftkerzen, Aromatherapie, Badezusätzen, Glockenklang-CDs und Marille/Mandel-Gesichtsmaske. Indie-Style-Cheftheoretiker mit dicker Brille, die Elliott Smith für den wichtigsten Songwriter der 90er Jahre halten. 23-jährige Chefverkäufer, die 3.500 Euro im Monat verdienen, denen ihr Job und die verdiente Kohle über alles geht und die mit Ausnahme der drei oder vier einverleibten Leistungs-Prinzipien keinerlei Gegenargumente anerkennen. Vielleicht ist Yeti das falsche Wort, aber wahrscheinlich ist es exakt richtig. Wie sollte man Menschen nennen, deren Existenz man für unmöglich gehalten hat, die man aber trotzdem plötzlich trifft? Im richtigen, echten Leben und von Angesicht zu Angesicht. Und der Chefverkäufer redet nur von seinem Audi A3, der bald ein Audi A4 Turbodiesel wird. Und der Indie-Theoretiker redet über den postmodern-revolutionären Impetus der Modemarke Ferragamo. Und die Selbstverwöhn-Frau arbeitet in der Finanzabteilung und freut sich auf zusätzliche Projekte, da dies ihrer Karriere sicher förderlich sein wird. Und die Scooter-Mädels und -Jungs halten zusammen, wenn es in der Disco hart auf hart kommt, und die Verliebten-FäustlingsPärchen trennen sich, weil es keine richtige Kommunikation mehr zwischen ihnen gibt. Er findet Jennifer Aniston plötzlich zum Kotzen und sie, sorry du, aber ich mag dich nicht mit den Kumpels durch die Kneipen ziehen lassen, das ist mir zu sehr nicht echt, sondern. Also kaufen sie die passenden Yeti-Produkte. Eine Schattenspiel-Krippenspiel, eine Raritäten-Box von Elliott Smith, eine Rolex und einen Artikel über richtig guten Sex in der Maxima. Und das Traurigste daran: Niemand erkennt die Großartigkeit der Unplugged-Aufnahmen von Tori Amos, weil alle viel zu sehr damit beschäftigt sind, ihrem eigenen Traum nachzujagen; der dann doch nur ein vorfabriziertes Schmuckstück ist. Weil schon Marx erkannt hat, dass alles Produkt ist, sogar man selbst. Da liegen die Buddhisten mit ihrem Dogma vom aus Leiden bestehenden Leben falsch, denn die Lösung ist eben nicht, sich klarzumachen, dass man den Plan nicht ändern und jederzeit sterben kann, sondern dass man nicht alles kaufen kann und man daher die Dinge, die man kaufen kann, nochmal höher wertschätzen sollte. Aber das ist auch keine Lösung (und in Gedanken an asiatische Rennboliden glaube ich fast, die wissen das auch). ¶ cracked69@hotmail.com

@JCHIG6JB CD: =:GG:C<6HH: &( 6"&%&) L>:C I:A )( & .% )' &&& LLL#@JCHIG6JB#C:I

► 0 1 0 / AU SGA B E 1 1 8


_

Unbezahlter Anzeiger

ALLE WAREN UND DIENSTLEISTUNGEN DIESER WELT SIND GLEICH GUT. DIE SCHEINBAREN UNTERSCHIEDE WERDEN NUR IM KOPF DER KONSUMENTINNEN ERZEUGT, U.A. BZW. V.A. MIT WERBUNG, D.H. Z.B. MIT BEZAHLTEN ANZEIGEN. AUCH IN DIESEM HEFT GIBT ES DAVON WELCHE, UND NUR DIE BEWUSSTE VERKNAPPUNG VERMAG DEM IMPACT NOCH EIN ZUSÄTZLICHES MOMENTUM ZU VERLEIHEN. UM EINER DROHENDEN BRANCHENMONOPOLISIERUNG EINE ANGEMESSENE BLOCKADE ENTGEGENZUSTELLEN, FINDEN SICH AN DIESER STELLE EINIGE UNBEZAHLTE ANZEIGEN – SEGNUNGEN DES KONSUMIVERSUNS.

Unterschichtspikanz in Verkehrsrot, Lebens elixier, kalorischer Turbo Boost für jede Portion Frittiertes. Ketchup, gleichermaßen geliebt wie gehasst, ist nicht nur Opium fürs kleine Volk, sondern hat z.B. durch seinen Gehalt an Lycopin durchaus gesundheitsfördernde Eigenschaften. Mit dem Balsamico Ketchup in limitierter Auflage versucht Heinz, dessen derben Pampencharme etwas aufzubessern und beinahe schon als sowas wie ein Gourmetprodukt zu etablieren. Das Resultat lässt sich aber durchaus schmecken, ist das Ketchup im Vergleich zur klassischen Variante herber, rassiger und facettenreicher. ▪▪

PASTAFARI SHIRTS

Wer sein Bekenntnis zur Church of the Flying Spaghetti Monster polizeilich verträglicher als per Nudelsieb-Hut oder Piratentuch nach außen tragen möchte, für den ist die »Pastafari« T-Shirt Edition wie an den Leib geschneidert. Die Devotionale ist je nach Geschmack in »linguini light« bzw. »dogmatic dark« erhältlich – bequem bestellbar im familiären Monomarkt. Die Zustellung dauert versprochen weniger als drei Jahre, und für die Registrierung im Shop ist seit Neuestem auch keine psychologische Untersuchung mehr notwendig. Ramen, ich sauge euch. Gehet hin und tunkt Soße. ▪▪ www.monomarkt.at

JOGG JEANS

Auch die Umteufelhose kann Stil haben. Wer gewohnt ist, sich beim samstäglichen Hamsterkauf in die Kassenschlange beim »Tiefpunkt« per Jogger einzublenden, wird sich mit den Jogg Jeans von Diesel womöglich wie im Rolls Royce beim Trabi-Treffen fühlen. Hoher Tragekomfort durch gewebtes und gestricktes Material, sportives Jeans-Aussehen, und dabei im Verbrauch sparsam weil Diesel. Prolo goes Hipster also, sofern jemals wer diesem assertorischen Unterschied auf dem Leim gegangen sein sollte. ▪▪

NERVES.CH

BALSAMICO KETCHUP

EXHIBIT. BUY. SELL.

SA 10.09.11 OTTAKRINGER BRAUEREI 1160 WIEN

OPEN 12.00–19.00 TICKETS EUR 5.– / NO PRESALE WWW.SNEAKERNESS.COM


Anna Moldenhauer (Praktikantin)

TOP 10 KÜNSTLER

Jack Vettriano Edward Hopper Charles Bell Robert Doisneau Christo und Jeanne-Claude Banksy Roy Fox Lichtenstein Michael Sailstorfer Friedensreich Hundertwasser Gerhard Richter

BILD NIKO ALM

01 02 03 04 05 06 07 08 09 10

TOP 05

DEUTSCHE KRIMISERIEN 01 02 03 04 05

Tatort Münster Bella Block Soko Köln Kommissarin Lucas Unter Verdacht

AUCH NICHT SCHLECHT:

EIN NUDELSIEB IM KAMPF GEGEN KIRCHEN-PRIVILEGIEN

_

Mit Ironie gegen die rechtliche Bevorzugung der Kirche? Was will Niko Alm und wozu der ganze Trubel um ihn?

Ken Hayakawa (DJ, Produzent, Musiker)

TOP 10 TRACKS

01 Ina D – Wallbanger (Unreleased) 02 Alex Q – Karma (MGF) 03 Oberst & Buchner – Today I Feel feat. Martin Steer (Schönbrunner Perlen) 04 Glider – At First Touch (Ghostly International) 05 James Teej – Anything Right (My Favourite Robot) 06 Wandler – Captivate (Juan Zolbaran Remix) (Kumquat Records) 07 Dapka – Darkness (Pong Musiq) 08 Carlo Lio – Stuck In A Dream (Mindshake Records) 09 Marco Dassi – Opunque (Expanded Music) 10 Alex Danilov – Plan B (Denkbar)

TOP 05

RESTAURANT FAVOURITES VIENNA CITY 01 02 03 04 05

Zum Kaiserlichen Thron Pinong Kojiro Nam Nam Skopik & Lohn

AUCH NICHT SCHLECHT: Landluft

► 0 1 2 / AU S GAB E 1 1 8

Das Nudelsieb-Foto dürfte inzwischen jedem bekannt sein. Warum sich Niko Alm aber mit seinem »Strahlenschutz« ablichten ließ, wird eher in den Hintergrund gekehrt. Kein Wunder – müsste man doch sonst eingestehen, dass es zu viele Kirchenprivilegien gibt, dass Staat und Kirche in Österreich längst nicht getrennt sind. Beispiele? Religionsunterricht auf Steuerkosten, konfessionelle Privatschulen werden vom Staat gezahlt, andere nicht, das Kirchenrecht … die Liste ist noch um einiges länger. Niko Alms Ziel ist es, auf diese ungleiche Rechteverteilung hinzuweisen: Nur weil manche behaupten, es gäbe einen Gott, bekommen sie in Österreich Vorteile, die Menschen ohne Konfession nicht bekommen. Inzwischen behauptet die Polizei in einem öffentlichen Statement, dass es beim Führerscheinfoto gar keine religiösen Sonderregelungen gäbe. Nun, das macht natürlich leicht stutzig. Warum dann die ganze Debatte? Wenn dem so wäre, müsste es doch kein Problem geben, wenn sich jemand mit einer Kopfbedeckung, welche große Teile des Gesichts freilässt, ablichten lassen will. Außerdem hätte man dann schon in der Vergangenheit falsche Informationen verbreitet, da es sehr wohl Informationsblätter gibt welche besagen, man dürfe auf dem Bild – ausgenommen aus religiösen Gründen – nichts am Kopf tragen. Dass da etwas nicht ganz stimmen kann, bedarf nicht allzu langen Grübelns. Um den Fall noch einmal in Kürze zusammenzufassen: Niko Alm möchte sich auf seinem Führerschein mit seinem Nudelsieb auf dem Kopf ablichten lassen. Er tut dies, um – wie auch die »Church of the Flying Spaghetti Monster« – die Kirche mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Er muss sich einem psychologischen Test unterziehen. Es dauert mehr als ein Jahr, bis der Führerschein ausgestellt wird. Davon wird der Pastafari allerdings nicht verständigt. Zu guter Letzt gibt die Polizei widersprüchliche Informationen über glaubenskonforme Kopfbedeckungen heraus. Währenddessen wird die Meldung von BBC Europe (ursprüngliche Headline: »Österreich begrüßt die Pasta-Kopfbedeckungen«) über 160.000 Mal gesharet (und weit öfter geklickt!). Einige lachen über Niko Alm, noch viele mehr allerdings über die unbegründeten Privilegien der Amtskirchen in Österreich. Im Endeffekt hat Pastafari Niko Alm damit erreicht, was er wollte: Aufmerksamkeit für das aktuelle Kirchenvolksbegehen, das sich für eine klare Trennung von Kirche und Staat einsetzt. ¶ Volksbegehren: www.kirchen-privilegien.at Niko Alm: blog.alm.at Church of the Flying Spaghetti Monster: www.venganza.info

BILD ANDREAS JAKWERTH

Schwäbischer Sauerbraten mit Rotkraut und Semmelknödeln


TWENTY.TWENTY: IT ALS KULTURTECHNIK _

BILD FLORIAN AUER

Ende Juni fand im Wiener HUB der fĂźnfte Abend im Rahmen von twenty.twenty statt. Unter anderem mit Manfred FaĂ&#x;ler (GoetheUni Frankfurt) diskutierten wir zum Thema ÂťSocial Information ManagementÂŤ. Es hat schon ein wenig Tradition, dass die twenty. twenty-Abende, veranstaltet von A1 und The Gap, schnell eine Eigendynamik entwickeln und mitunter von den erwartbaren, tradierten Diskussionspfaden abzweigen. Dankbar sind wir dafĂźr nicht zuletzt den Keynote-Speakern. So auch am 22. Juni 2011 im Wiener HUB. Medientheoretiker Manfred FaĂ&#x;ler von der Goethe-Uni in Frankfurt sprach Ăźber seine Gedanken zum Thema ÂťDer infogene Mensch Im Jahr 2020ÂŤ. Er hielt sich dabei nicht mit der Frage auf, ob der Mensch eine vielleicht gar nicht so schlimme Informationsflut verarbeiten kĂśnne oder nicht, sondern kam recht schnell zu einer seiner Kernthesen, dass digitale Medien und die mit und in ihnen lebende globale, digitale Mittelschicht mit tradierten Begrifflichkeiten von Gesellschaft, Staaten, Institutionen oder territorialen Grenzen nur mehr schwer zusammenzudenken ist. Heutige Regierungen und Systeme befinden sich bereits jetzt in Legitimationsschwierigkeiten – und das ganz ohne Parteipolitik, Ideologien und VerschwĂśrungstheorien. Bettina Kann, Leiterin der Hauptabteilung Digitale Bibliothek der Ă–sterreichischen Nationalbibliothek, Helmut Hackl, Betreiber der Plattform www.pocket.at und Andreas Blumauer von der Semantic Web Company machten das Podium komplett und diskutierten mit Publikum und Twitterwall verschiedene Ansätze zum Thema. Bettina Kann erzählte unter anderem von ihrer Beschäftigung mit dem Mythos Vollständigkeit, von dem wir uns in digitalen Zeiten wohl endgĂźltig verabschieden dĂźrfen. Helmut Hackl ermutigte zum zeitweiligen Offline-Gehen und berichtete von seinen Erfahrungen damit, nichts zu versäumen. Andreas Blumauer machte die Fortschritte in der technologischen Verarbeitung von Daten greifbarer. Nach dem Sommer wird sich twenty.twenty mit einer nächsten Veranstaltung melden. In der Zwischenzeit laden wir zu Diskussion und Austausch auf unsere Online-Plattformen. Âś www.twentytwenty.at

SA 10.SEPT 2011 GALOPPRENNBAHN FREUDENAU

1020 WIEN

MAINSTAGE

SRZHUHG E\

. TIEFSCHWARZ . ANDRÉ GALLUZZI . . KAISERDISCO . SPEKTRE . . FILTHY RICH . EMERSON .

LOCAL HEROES LQ DOSKDEHWLFDO RUGHU

. BEKTOBEK . DANIEL ADAM . DLV & DAVID APPLES . STARKSTROM . . SUTTER CANE . WRED . & Friends

DRUM’N’BASS STAGE

. APHRODITE . JOHN B . SIGMA . . SLUM DOGZ . CONCORD DAWN . . LOGISTICS . DREAD MC .

LOCAL HEROES LQ DOSKDEHWLFDO RUGHU

. CONSTRUCT . ILL SKILLZ . MAT . MOJO . NEBULA . PLAK . . SPLINTA . MC SHNEK . SRZHUHG E\

ELECTRO STAGE

KRVWHG E\

. HUORATRON . FOAMO . DUMME JUNGS . . THE GOOONIEZ . THE ODDWORD .

LOCAL HEROES LQ DOSKDEHWLFDO RUGHU

. AUDIOVISION . DANNY KATZ . DIRTY DANCING . IPUNK . JIZZMAG . . ON D’RUGS . PAUL YOUNG . PHILIPP CUE . PHILIPP L’HERITIER . . POLA RIOT . THE SHIT IS COMING HOME . WHIZZKID & C-ZAR .

INDOOR BLACKLIGHT STAGE

KRVWHG E\

. CLYNE . DAVID APPLES . DENNES DEEN . DLV . LUKE MESCH . PIPAH .

WWW.DAN-FESTIVAL.AT WWW.FACEBOOK.COM/DANFESTIVAL

FESTIVAL SHUTTLEBUS SRZHUHG E\

$P DE 8KU ELV 8KU ]ZLVFKHQ 8

6WDGLRQ XQG /XVWKDXV 6KXWWOHEXV NRVWHQORV PLW 9RUYHUNDXIVWLFNHW

9RUYHUNDXIVWLFNHWV XQG 9,3 7LFNHWV I U GDV '$1 VLQG LQ DOOHQ 5DLIIHLVHQEDQNHQ gVWHUUHLFKZHLW E]Z XQWHU ZZZ WLFNHWER[ DW (UPl‰LJXQJ I U 5DLIIHLVHQFOXE 0LWJOLHGHU EHL g 7LFNHW XQWHU RGHU ZZZ RHWLFNHW FRP 7LFNHW 2QOLQH XQWHU E]Z ZZZ WLFNHWRQOLQH DW EHL :LHQ;WUD -XJHQGLQIR %DEHQEHUJHUVWUD‰H (FNH %XUJULQJ LP :HEVKRS 0HQ SXQNW 7LFNHWV DXI ZZZ GDQ IHVWLYDO VRZLH ZZZ IDFEHRRN FRP GDQ IHVWLYDO XQG LQ DOOHQ )LOLDOHQ GHU 6XQ &RPSDQ\ LQ :LHQ DXVJHQRPPHQ 9,3 7LFNHWV HUKlOWOLFK 7LVFKUHVHUYLHUXQJHQ YLD 9,36(59,&( DW


01 06

Laura Landergott

(Studentin und Bookig Agent bei Seayou Records)

TOP 10

SOUNDTRACK ZUM CRUISEN

01 02 03 04 05 06 07 08 09 10

Ocean Colour Scene – Hundred Mile High City Beastie Boys – Make Some Noise Black Rebel Motorcycle Club – Conscience Killer PJ Harvey – A Place Called Home Santogold – The Creator Elektrocute – Bikini Bottom The Black Keys – Girl Is On My Mind Bearfoot Beware – Catbus Dr. John – Danse Kalimda Ba Doom The Specials – Ghost Town

02

03

05

04

TOP 05

BRITISH FILMS 01 02 03 04 05

Sweet Sixteen (Ken Loach, 2002) Control (Anton Corbijn, 2007) This Is England (Shane Meadows, 2006) Boy A (John Crowley, 2007) A Very British Gangster (Donal MacIntyre, 2009)

AUCH NICHT SCHLECHT:

Reptile & Retard @Spot Festival 2011

www.thegap.at0/0gewinnen

_!_

FREITAG FRINGE RUCKSACK 01

Wahrscheinlich die beste Rückendeckung für den Herbst. Der neue Rucksack »Fringe« ist wie immer bei Freitag extrem widerstandsfähig, gut aussehend und neuartig bunt. Er hat sogar farbige Reißverschlüsse. Wir verlosen ein Exemplar in Blau. Betreff: 118 Freitage im Jahr mit Rucksack

RANGO 02

(The Gap)

TOP 10

PROKRASTINATIONS-TECHNIKEN

01 02 03 04 05 06 07 08 09 10

Unglaublich müde werden Tolle Ideen für neue Projekte haben Plattensammlung umstrukturieren Wohnung putzen Facebook–Status ändern »Civilization 2« spielen Kettenrauchen Mit dem Rauchen aufhören Chili kochen Nur ein Bier trinken gehen

TOP 05

KONSERVATIVE MEHLSPEISEN 01 02 03 04 05

Apfelstrudel Mohnnudeln Marillenknödel Kaiserschmarren Nougatknödel

AUCH NICHT SCHLECHT:

Twin-Peaks Themenabende in der Waldhütte

► 0 1 4 / AU S GAB E 1 1 8

TAG UND NACHT 03

Lea und Hanna sind Studentinnen in Wien, die einen Job neben dem Studium brauchen. Warum also nicht für ein Escortservice arbeiten? Die zwei jungen Frauen verstehen Prostitution als ein Abenteuer und werden von der Realität überholt. Wir verlosen 5 DVDs. Betreff: 118 Nächte In Wien

ZIMTSTERN UNISEX NEW ERA BASEBALL CAP »LONGFELLOW« 04

Ihr sucht nach einer adäquaten Kopfbedeckung für jede Gelegenheit? Wir haben die Lösung und verlosen 2 extravagante »Longfellow«-Baseball-Kappen von Zimtstern mit dezenter 3D-Stickerei für Mann und Frau von Welt. Betreff: 118 Home-Runs in einer Saison.

MAD MEN STYLE- UND FANBUCH 05

Die New Yorkerin Dyna Moe hat das Buch zu Serie »Mad Men« gezeichnet und huldigt darin der Ästhetik der frühen 60er Jahre. Sie präsentiert die wichtigsten Regeln für Sekretärinnen, die schönsten Kleider, die wildesten Tänze und die besten Cocktails. Wir verlosen 5 Exemplare. Betreff: 118 Sex, Drugs and Advertising

WASTED YOUTH T-SHIRTS 06

Das junge Modelabel kommt nach Wien und fokussiert auf Hardcorepunk und elektronische Musik. Mit der Lizenz von Wasted German Youth in der Tasche wird Wien zu einem weiteren Stützpunkt von Paul Snowdens Fashion Imperium. Party und so! Wir verlosen 2 T-Shirts. Betreff: 118 mal sowas von wasted

BILD TESSI GÖTZ

Michael Kirchdorfer

»Rango«, der Johnny Depp unter den Chamäleons, erscheint dieser Tage auf DVD und Blu-ray. Das passende Spiel von EA bleibt weiterhin aktuell. Wir nehmen das zum Anlass und verlosen gemeinsam mit EA und Paramount Hängematte, Mundharmonika, Pen und Blu-ray. Betreff: 118 mal »Drecks«-Sheriff


EINE KOMMUNE IN BAYERN - SEID IHR BESCHEUERT?

NACH „WER FRÜHER STIRBT IST LÄNGER TOT“ DIE NEUE KOMÖDIE VON

MARCUS H. ROSENMÜLLER www.orange-derfilm.at

AB 2.SEPTEMBER IM KINO


► KOLUM N E / ZA HLE N , B I T T E ! ►Von Thomas Edlinger

40 493 759

016

40 493 759 Klicks bis zum 4. Juli sind auch für eine Autowerbung mit Kinderbonus nicht schlecht. Vor allem für eine, die auf das Prädikat »pädagogisch wertlos« schielt.

FOLGEN DER ENTDISZIPLINIERUNG

Diese beiden Modelle der Erziehung erscheinen heute so fern, dass man sich kaum mehr vorstellen kann, dass sie je einen Wirklichkeitsbezug hatten. Der kulturelle Aufbruch der 1960er Jahre, der Generalverdacht gegen die Institutionen der Macht und die antiautoritäre Erziehung haben aber nicht nur das Selbstverständnis der Eltern, sondern auch die Schule in ihren Grundfesten erschüttert. Zwanghaftes Büffeln ist out, spielerisches Lernen ist en vogue. Es geht nicht um Gehorsam, sondern um Ausdruck. Die Autonomie ist das Ziel, und dazu müssen alle Steine aus dem Weg. Zwar gab und gibt es in der Populärkultur immer wieder dystopische bis spekulative Erzählungen, die mit Angstlust die konservativen Ängste vor den ► 0 1 6 / AU S GAB E 1 1 8

Folgen der Entdisziplinierung ausschlachten – von »Clockwork Orange« über »Die Klasse von 1984« bis zu »Kids«. Das wohlige Schaudern über Sex and Crime der entfesselten Jugend und das Verschwinden der Kindheit ist aber nur die Kehrseite der Medaille. Letztlich blieb der pädagogische Reformismus auf Kurs. Heute wird mit Argusaugen auf Wohl und Entwicklung des Kindes geschaut. Die Förderung kann nicht früh genug beginnen. Ein Englischkurs für Dreijährige ist notwendig, damit die lieben Kleinen später da draußen keine Startnachteile haben und die grün wählenden und politisch korrekten Eltern ihre ökonomischen Abstiegsängste eindämmen. Für das Wohl der Kleinen wirft man sich schon mal vor ihnen auf die Knie, wenn sie mal wieder nicht die Schuhe zubinden wollen. Gleichzeitig verlangt man aber auch von den Schulen mehr Respekt vor den kleinen Darth Vaders. Oder sind es eher die Wünsche ihrer unsichtbaren Lenker, die auch die Schule fernsteuern wollen wie ihr Auto?

SCHWER ERZIEHBARE ELTERN

Zurzeit kursiert im Internet ein Video mit einem Anrufbeantwortertext einer australischen Schule. Die Verwaltung hat dort nicht nur mit den üblichen Schulschwänzern zu kämpfen, sondern vor allem mit der Renitenz der Eltern, die partout nicht einsehen wollen, dass man auch als Schüler verantwortlich für seine Taten ist. Was macht man mit schwer erziehbaren Eltern, denen man ja nicht gut einen blauen Brief schreiben kann? Die Schule hat einen Telefondienst mit Ziffernnavigation installiert. Wer Entschuldigungen dafür vorbringen will, warum sein Kind schon wieder in der Schule gefehlt hat, wählt die 1. Wer will, dass man statt der Eltern die Kinder erzieht, wählt die 6. Wer zum dritten Mal in dem Jahr einen neuen Lehrer fordert, wählt die 8. Das Anrufbeantwortersystem ist zwar ein Fake. Aber es zeigt, wohin die Reise geht. Das Kind ist vom unfertigen Menschen, den es zu formen und zu brechen gilt, zur Projektionsfläche des Ich-Ideals geworden. Das Kind ist von sich aus immer gut, seine Bedürfnisse sind immer berechtigt und es könnte alles. Man muss es nur lassen bzw. fördern. 1979 hat Alice Miller in ihrem Bestseller »Das Drama des begabten Kindes« vom natürlichen narzisstischen Bedürfnis geschrieben, das es dazu bringt, ständig im Mittelpunkt stehen zu wollen und als Darth Vader den Gebieter über die unendlichen Weiten der Konsumwelt spielen zu wollen. Wenn supersensible 40-Jährige auf der Suche nach einer so nie gehabten und auch nicht lebbaren Kindheit in rosafarbenen Hello-KittyT-Shirts herumlaufen und sich so freiwillig zu Symbolen der Niedlichkeit umfunktionieren, dann wäre es vielleicht an der Zeit, »Das Drama der begabten Eltern« zu erzählen ¶

Die Qual der Zahl – 9 wie »Revolution Nr. 9« oder 99 wie in »99 Luftballons«? Schreibt uns eure Vorschläge, um welche Zahl zwischen 0 und unendlich es nächstes Mal gehen soll. zahlenbitte@thegap.at

BILD INGO PERTRAMER

arth Vader war ja schon immer was für das Kind im Manne. Jetzt kehrt er als Symbol für den Mann im Kinde zurück. In einem Werbespot für Volkswagen versucht sich ein kleiner Junge in der schwarzen Burka für außerirdische Kampfmaschinen als allmächtiger Magier. Er will Gott spielen und herrscht seine Lebenswelt im Haushalt an. Aber so sehr sich der Kleine auch bemüht, die Energie strömt nicht. Der Hund rührt aufgrund der animistischen Gesten des kleinen Diktators kein Ohrwaschl, die Waschmaschine beginnt sich nicht zu drehen und die Puppe am Bett kriegt kein Leben eingehaucht. Mitleidig schiebt die Mutter den Toast der dunklen Macht vor die Nase, aber die beginnt schon ein wenig zu grübeln. Kann ich doch nicht alles, was ich will? Am Schluss schließlich kommt Papa mit dem schwarzen tollen Auto nach Hause. Darth Vader stürmt hinaus und wehrt die Begrüßung seines Vaters ab, er hat Wichtigeres zu tun. Er will den Wagen mit der Macht seiner kindlichen Allmachtsfantasie starten, allein es tut sich wieder nichts. Bis er doch startet – der Vater hat per Fernsteuerung nachgeholfen. Der kleine Jedi-Ritter ist endlich glücklich, und die Eltern sind es deshalb wohl auch. Zumindest kurzfristig. Ihr Schulterzucken wendet sich an alle Eltern und Erwachsenen: Was tut man nicht alles für die lieben Kleinen! Bzw. mit dem Seufzer der liberalen Eltern im Gepäck formuliert: Was muss man nicht alles tun, damit der Kleine Ruhe gibt? Früher hätte der Kleine den Herrn Vater gar nicht lange nerven dürfen und höchstens insgeheim im Sinne seiner ödipalen Verstrickung von dessen Ermordung träumen dürfen. In Michael Hanekes didaktischer Einbahnstraße »Das weiße Band« führt das Wirken des protestantischen Zuchtmeisters mit dem Rohrstaberl in der Hand gleich schnurstracks in den Faschismus. Im verführerischen Spiritualismus in »The Tree of Life« von Terrence Malick zeigt sich die US-amerikanische Mittelschichtfamilie der 1950er Jahre als Himmel und Hölle zugleich. Die Mutter ist ein Engel, der Vater ist der strafende Gott und die Kinder sind diejenigen, die es zu befreien gälte, auf dass sie nicht Jahrzehnte später als emotionale Krüppel durch eine entseelte, gläserne Wolkenkratzerwelt taumeln.


Jet Lag All Stars Radio Show Mit den Jet Lag All Stars durch die Nacht: Musik, Gespr채che, Reportagen und Essays in den Parkl체cken der Aufmerksamkeit. Ein Potpourri nocturne.

> Freitag, 26. August 2011, 23.03 Uhr

oe1.orf.at



► D IE VA M UM M T N ► HipHop für den kleinen Mann

19 TEXT KLAUS BUCHHOLZ BILD LUKAS GANSTERER

Die Vamummtn sind momentan der erfolgreichste HipHop-Act Österreichs. Sie feiern, saufen, bumsen, verarschen und beherrschen ihr Internet. Dialekt-Rap erreicht erstmals den kleinen Mann, aber nicht nur den. Am Establishment vorbei frischen sie Austropop von unten her auf.

alzburg hat kein Ghetto. Oder zumindest keines, erzählen sie davon, wie sie ihre Konkurrenz am Mikrofon zerfetdas groß genug wäre, um auch nur annähernd zen. Dazwischen drängen feuchtfröhliche Party-Hymnen, übermit Orten wie Compton (Los Angeles) oder zogene Sex-Rap-Nummern oder Motorsportballaden. Sie feiern, dem Märkischen Viertel (Berlin) verglichen saufen, bumsen, fahren in großen Autos herum und machen zu werden. Diese Orte waren etwa die Brut- sich über Hurenkinder lustig. So angriffslustig, laut und lüstern stätten für den Gangsta-Rap von N.W.A. oder kannte man das bisher nur aus den USA oder aus Berlin. dem Straßenrap von Sido. Aus Salzburg kamen 2006 nur eine Handvoll junger Männer in XXL-Kleidung, die sich SBG Hot SCHWANZ IN DER HAND, Boys nannten und in HipHop-Kostümen das Ghetto für sich FUSS IN DER TÜR behaupteten. Sie eiferten US-Vorbildern nach – was absurd aus»Rap bleibt ein Hahnenkampf«, erklären K.I.Z. im gleichen sah und lächerlich klang. Wenig später kam dafür eine deftige Jahr. Es stimmt, nicht nur in dieser Hinsicht scheinen sich die Videowatschn aus Wien und tausende User waren begeistert von Vamummtn von Beginn an etwas an den Berliner Punk-Rappern einem vermummten Trio, das die SBG Hot Boys mit Dialekt-Rap zu orientieren – auch wenn sich die feine Ironie-Klinge aus Berdurchs digitale Dorf trieb. Die Vamummtn waren geboren. Sie lin bei den Wienern in einen groben Hobel verwandelt. So gehört gründeten sich in Abgrenzung zu den zahlreichen deutschspra- seit jeher derber Dialekt genauso zu den »Vamus« wie gesteichigen Youtube-Gangstern, die sich seit Aggro Berlin im Internet gerter Sexismus und ein Spiel mit der Political Correctness – breit machten. Die drei wollten sich nicht dafür genieren müssen, oder was davon eben nicht überbleibt. Sie sagen, was andere nur dass Halbstarke ihren HipHop kaputtmachten. Also feuerten sie denken. Genau hier verbrüdern sie sich mit dem kleinen Mann mit Diss-Tracks zurück und rappten dagegen. Ihre Antworten und schleppen so immer mehr Fans ab. Hinzu kommt, dass – waren in derbem Dialekt, aber mit den bisher kantigsten Pun- ähnlich wie bei K.I.Z. – auf hymnische Hooklines und Covers chlines Österreichs. Die Rap-Szene hatte endlich ihren ersten, gesetzt wird. Auf dickem Bass und vollen Beats poltern sie zu wirklichen Beef und alle konnten zuschauen. Während sich die den Melodien gängiger Pop-Hits und fetten sie entsprechend Vamummtn als talentierte Großmäuler mit Witz erwiesen, blie- auf. Der 80er-Schlager »Ohne dich (schlaf ich heut Nacht nicht ben die SBG Hot Boys in der Bedeutungslosigkeit zurück. ein)« von der Münchner Freiheit wird im Refrain dann schon mal mit Textzeilen wie »Ohne Bitch konn i heit Nocht ned sei / ohne DIE AUFFETTER Bitch führ i eam heit ned ei« umgemodelt. Der Bauweise nach ist ein Sprachrohr ein Trichter. Ein solcher Genau dieser deftige Pop-Zugang unterscheidet die lässt sich sehr einfach umdrehen: am unteren Ende einen Gum- Vamummtn auch von anderen Dialekt-Rappern in Österreich. mischlauch befestigen, das Ende des Schlauches in den Mund Sie machen Party-Rap, der nichts mit DJ Ötzi zu tun haben stecken und oben in den Trichter massig Alkohol schütten. Das will, der aber genauso wenig so geschmeidig klingt wie »KabiErgebnis ist ein modifiziertes Sprachrohr, eine selbstgebaute nenparty« von Skero. Eher sind sie die bisher räudigsten Erben Saufmaschine und ein ordentlicher Rausch. Ähnlich funktioniert der Proto-Rapper Falco und EAV. Ihre Tabu-Brüche gehen weies bei den Vamummtn, ihrem Verhältnis zu Rap und ihrem Ver- ter als andere. Anfangs sind die Reaktionen der wohlerzogenen ständnis von HipHop als lokal verankertes Entertainment nach Rap-Szene dementsprechend noch verhalten. Doch im Rausch US-Vorbild. Sie behaupten, dass sie in ihren Raps das ausspre- verbrüdert man sich gern, noch mehr, wenn man auf Anhieb chen, was jeder denkt, aber niemand sagt. Oder dass sie einen mitsingen kann. Schamlos und chauvinistisch über Sex zu rapGroßteil ihrer Songs bisher im Suff aufgenommen haben und pen wird von da an mehrheitsfähig, gerade weil es derartigen verpacken das ganze als technoides Volksfest. Wenn Rap in Wien HipHop in Österreich zuvor immer nur als Importware gab. Die nicht von der Straße kommen kann, weil es nicht genug Ghet- Leidtragenden bleiben natürlich die Bitches und alle, die HipHop to gibt, dann muss er sich seine Authentizität eben woanders als Peace, Love & Unity verstehen. Wenn der kleine Mann feiert, abholen. Und betrunken ist man der Wahrheit bekanntlich am müssen Augen zugedrückt werden. Der im Untergrund seit Jahnächsten. »Wir san de fetten Rapper, die immer in da Fettn rap- ren wuchernde Dialekt-Rap wird nun populär, weil er pubertär pen« heißt es dann auch schon richtungweisend auf ihrem ers- bis provokant klingt, trotzdem Skills vorweisen kann und schon ten Mixtape »Geht’s Brunzn« von 2007. Mit ironischem Schmäh bald zu einer Art Austropop 2.0 mutiert. AU SGA B E 1 1 8 / 0 1 9 ◄


IM KOLLEKTIV FEIERN

Die Vamummtn sind in Österreich auch die ersten, die ihre Musik mit Mixtapes und Free Tracks im Netz konsequent und mit durchschlagendem Erfolg verbreiten. Auf billig produzierten CDs werden zu bekannten Beats veränderte Textversionen gerappt und mit eigenen Tracks gemischt. So landen die Vamummtn letzten Endes auch bei Supercity, der LabelPlattform aus dem Dunstkreis der Wiener Waxolutionists und Manuva (Total Chaos!/!FM4!/!Runvie), nachdem sie um einen Gastbeitrag von Manuva anfragen. Dort veröffentlichen sie ihre beiden weiteren Mixtapes »Free HipHop« (2008) und »Runde 3« (2009). Zeitgleich legen sich die Vamummtn außerdem mit der kurzlebigen Wiener Jugendkultur der Krocha an. Sie verkleiden sich für ihr Homevideo in Neonfarben, hampeln zu billigem Techno herum und rappen über verbrannte Gesichter, Ed Hardy und Vokuhilas. Sie lästern derart gelungen über diesen Trend, dass sogar die Krocha selbst darüber lachen und die »Krocha Hymne« in Großraumdiskotheken zum Hit wird. Das MajorLabel Universal wird aufmerksam und veröffentlicht die »Krocha Hymne« als Single. 2009 werden sie deshalb prompt für den Amadeus Award nominiert, stehen bei der Verleihung ganz vorn, mitten auf dem Treppchen, in typischer Vermummung als die Grätzn im Business, noch bevor sie überhaupt ihren ersten LiveGig spielen. Nebenbei werden die Vamummtn zunehmend zum erfolgreichsten Youtube-Phänomen Österreichs. Seit der Zusammenarbeit mit Supercity klingen die Vamummtn professioneller, die Gruppe ist auch um ein Mitglied angewachsen. Zu den MCs Ansa, Zwara und Dreia kommt mit dem Viera ein DJ und Produzent dazu, der das Geschäft gut kennt. Die Vamummtn spielen jetzt regelmäßig Shows und immer regelmäßiger sind sie randvoll. Im Frühjahr 2010 füllen sie bereits den Gasometer Wien oder verkaufen ein halbes Jahr später das Backstage in München aus. Und das alles noch ganz

Als Erben von Falco und EAV machen die Vamummtn tiefer gelegten Austropop.

ohne Album, das es normalerweise braucht, damit Medien auf den Zug aufspringen können. Auf Gigs drängen sich feiernde Teenager mit vermummten Gesichtern, danach feiert die Band gemeinsam mit ihnen. Die Vamus signieren Brüste, posieren für Fotos. Feiern funktioniert im Kollektiv, man versteht sich, grenzt sich von Pop-Importen ab und wirkt trotzdem universell. Über Alters-, Klassen- und Geschlechtergrenzen hinweg können sich viele auf die Vamummtn einigen. Gerade im Netz ist die Band ganz nah bei ihren Fans, die Vamus setzen Social Media dabei wie aus dem Lehrbuch ein. Das geht so weit, dass die Band, als sie sich eigene Turnschuhe bei Nike verzieren lässt, die Community nach den richtigen Farben befragt. Obendrauf gibt es als Merchandise-T-Shirts mit Sätzen wie »Hure I bin zua Oida« oder Vodka-Flaschen mit Vamummtn-Etiketten, dazupassende Logo-Kappen und Halstücher in bunten Farben. So schicken sie die Maturareise konsequent noch einen Stock tiefer.

»WIR SAN RADIOTAUGLICH, DU HURENSOHN!«

2011 haben Die Vamummtn bereits über 80.000 Fans auf Facebook und Klick-Zahlen auf Youtube, die weit in die Hunderttausende gehen. Vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk fühlen sie sich aber seit jeher vernachlässigt. Erst kürzlich kritisierte MC Ansa auf FM4, dass sie kaum im Radio gespielt werden: »Ich will eine Zeile von K.I.Z. zitieren: Wir san radiotauglich, du Hurensohn!«. Aber auch schon 2009 fuhren sie im Video zu »Vamummtn Slangmania« Angriffe gegen den »Oaschloch-Rundfunk« und seine Casting-Shows. Auch Lukas Plöchl von den Trackshittaz widmeten sie einen Song. Plöchl landete über die ORF-Show »Helden von morgen« mit selbstgeschriebenem Dialekt-Rap mehrere Ö3-Nummer-Eins-Hits. Von den Vamummtn wird er in »Hawara schleich di« zum Beat von Duck Sauce’s »Barbra Streisand« als hilfloses Opfer der ORF-Maschinerie hingestellt. Und während die Trackshittaz einen ihrer Songs »Guugarutz« nennen, aber damit Penisse meinen, rappen die Vamummtn über dasselbe und nennen das dann ganz unverhohlen »Mei Schwonz«. Diese Direktheit ist ein Teil des VamusRezepts: Tabus nicht umschiffen, sondern mit voller Fahrt durch. Im September veröffentlichen die Vamummtn ihr neues Album, für November sind sie bereits für eine Tour durch Bayern gebucht. Das Feedback aus Deutschland und der Schweiz ist bisher sehr gut. Dort ist das Publikum eine gröbere Gangart bei HipHop und technoidem Party-Rap schon länger gewohnt. Die Atzen, Deichkind oder K.I.Z. stürmen dort ja bereits seit einigen Jahren die Charts. Österreich wird dagegen gerade erst entjungfert. Die Vamummtn sprechen die Sprache von Proleten, überzeugen aber nicht nur diese, sondern schaffen es, ihren Mundart-Rap auf breiter Basis salonfähig zu machen. Ihre Hymnen sind eine angriffige Mischung aus stilechtem HipHop und abgedroschenem Pop. Das funktioniert auf HipHop-Jams genauso gut wie in Großraumdiskotheken. Auf Konzerten und im Netz pflegen sie ganz bewusst den Kontakt zu ihren Fans, dafür werden sie als angreifbare Schmäh-Führer gefeiert. Während ihr Entertainment simpel und inhaltlich streitbar bleibt, bleiben sie unbestreitbar das erfolgreichste Youtube-Phänomen Österreichs. Als Pioniere haben sie letztlich auch das Potenzial, anspruchsvolleren Dialekt-Rap aus dem Schatten des Untergrunds treten zu lassen. Bis es soweit ist, sind die Vamummtn originell und massentauglich genug, um auch jenseits der engen Landesgrenzen mit tiefer gelegtem Austropop oder aufgefettetem HipHop Stimmung zu machen. The show must go on. Gerade wegen des Dialekts. In Österreich und darüber hinaus. Auch, wenn es derzeit um gar nicht viel mehr geht als den gemeinsamen Spaß in der Fettn. ¶ »Rap Is (K)a Ponyhof« von den Vamummtn erscheint am 30. September über das hauseigene Vamummtn-Label Schwabs weg.


»MIA KUMMAN IN CLUB« (2007: »GEHTS BRUNZN«) Mia kumman in Club, mia kumman in Club – im schworzen M3 Mia kumman in Club, mia kumman in Club – fost gonz Wien is dabei Mia kumman in Club, mia kumman in Club – SBG wird stranguliert Weil die Vamummtn san do und zadrucken eich wia a Blattl Papier

»VAMUMMTN FOAHN CADILLAC« (2008: »FREE HIPHOP«) Vamummtn foahn Cadillac und sicha kaan Diesel-Dreck Da V8 klingt wia wenn d’Wöd untageht Mia lossn uns imma weg / im Eldo und Escalade /Mia grobn de bradn Radln in Zement Vamummtn foahn Cadillac und sicha kaan Diesel-Dreck / Mia grobn Radl für Radl in den Zement Wir lossn uns imma Weg / Im Eldo und Escalade / In den Rodkästn raucht’s wia wenn d’Wöd untageht

MEI SCHWONZ (2009: »RUNDE 3«) Mei Schwonz, mei Schwonz, mei Schwonz / Mei Schwonz, mei Schwonz, mei Schwonz / Mei Schwonz, mei Schwonz, mei Schwonz / Mei Schwonz

»ANA GEHT NO (VOIFETT)« (2010) Und wenn de Oide maant du saufst zu vü, donn sog des geht scho – ana geht no / Und wenn de Bitch ned mit dia hamfoahn wü, donn sog des geht scho – des übalebst scho

AU SGA B E 1 1 8 / 0 2 1 ◄


V: Youtube is nie abgerissen, es gibt ja nicht wirklich offizielle CDs. Die breite Masse hört’s noch immer über Youtube. Deswegen is es immer noch konstant steigend. Habt ihr ein Party-Rap-Vakuum gefüllt? Z: Wir spielen nur live die Party-Nummern und hauen meist a paar arge HipHop-Nummern dazwischen, da müssen ja de Leit abgehen. A: Wir haben a genug deepe Nummern, die wir a zum Teil live bringen. Aber im Endeffekt möcht ich Musik hören, die mich fröhlich macht und mir ned die Probleme anhören. D: Ich mach lieber Stimmung, anstatt mir a Stund lang anzuhören, wie ana sudert. Des is a cool, aber nur zwoa Nummern lang. Seht ihr euch auch als HipHop-Botschafter? Z: Ja, scho irgendwie. Weil die Jugend die Zukunft is, das sind die, die HipHop in Zukunft hören werden. A: Österreichischer HipHop is ja noch immer überhaupt ned präsent. V: Wir kriegen kan Support und viele andere a ned. Z: Beim nächsten Album schlagen wir jetzt a neue Schiene ein. Next generation, next level – da wird jetzt auch a Dubstep-Nummer drauf sein. Um die Leit daran zu gewöhnen. Wir glauben scho, dass Dubstep die Zukunft is. Z: Man darf die Leit halt ned überfordern. Des is wie mitm Hummer. Wenn man eam ins Wasser langsam rein gibt, gewöhnt er sich ans Haaße. (alle lachen). Wollt ihr bewusst ein breites Publikum anzusprechen? A: Nein. Also ich schreib definitiv ka Nummer, wo ich mir denk, das könnt jetzt funktionieren, sondern ich schreib a Nummer, Als ich mich mit den Vamummtn zum Interview in jener Villa in die mir taugt. Und wenn wir drei gemeinsam a Nummer scheinem pittoresken Vorort von Wien treffe, in der mindestens ein reiben, dann schreiben wir a Nummer, die uns drei taugt. Z: Mitglied der Band dauerhaft wohnt und in deren Untergeschoss Wir sind drei verschiedene Geschmäcker, Charaktere und die sich auch das Studio befindet, steht den vier »des Festl gestan« Chance is halt dann groß, dass es eine breite Masse anspricht. noch arg ins Gesicht geschrieben. Oder, besser gesagt: das von A: Mittlerweile sagen scho viele Leut, die Vamummtn machen vorgestern. Es ist Sonntag, und Die Vamummtn haben Frei- nur mehr Kommerz-Party. Was halt definitiv nicht der Fall ist. tagabend ein Konzert gegeben und seither Party gemacht. Am Wir waren jetzt seit über einem Jahr viel live unterwegs und da Pool räkeln sich gerade noch drei junge Frauen im Bikini, zwi- bleibt weniger Zeit, um z.B. Free Tracks auf Youtube zu laden. schen zerstörten Gartenmöbeln, leeren Flaschen, asiatischem Warum habt ihr euch von Lukas Plöchl (Trackshittaz) provoFast-Food und einem aufblasbaren Schneemann. Das Anwesen ziert gefühlt, dass ihr »Hawara schleich di« schreiben musstet? ist groß, die Verwüstung auch. Aufgewärmt von Dosenbier und D: Provoziert haben wir uns gar ned gefühlt, des is das eine. dem Fotoshooting am großzügigen Fuhrpark sprechen die Jungs Uns hat der Beat a getaugt. (lacht) A: Die haben einfach das Stunden später schließlich mit mir über ihre Karriere, warum Pech gehabt, dass sie über ORF und diese Casting-Show groß sie sich nicht auf Party-Hymnen reduzieren lassen wollen und geworden sind. Das war das einzige, was mir nicht getaugt hat. sich als Botschafter der HipHop-Kultur und vielleicht auch als z: Es braucht sich nur jeder die Nummer mal genau anhören Rapper des kleinen Mannes sehen. und dann wird man erkennen, dass es kein Diss is. Sondern wir sagen eam einfach, dass er an riesengroßen Fehler gemacht hat. A: Auf Vamummtn-Art halt. Z: Er wird des mit Sicherheit Was muss ein guter Vamummtn-Track haben? bereuen, so wie alle andern Casting-Show-Teilnehmer es bereuZWARA: Beats auf jeden Fall, Skills. DREIA: An guadn Beat und en. A: Es geht gar ned um den Plöchl. Es geht eigentlich wirklich dass die Leit die Hook mitsingen. Wann’s soweit is, wann nur um die Medien. Die feiern und stellen den jetzt als den die Leit die Hook mitsingen, dann weißt du, es is guad. VIERA: Mundart-Rapper dar, der es jetzt aufgezogen hat, der erste und Im Endeffekt entscheiden eh die Leit draußen, ob’s a guada der große und des is halt Schwachsinn. V: Speziell ORF und Ö3 Vamus-Song is oder ned. sind genau die, die das niemals supportet haben. Und plötzlich Ist es eure Absicht, Hymnen zu schreiben? haben sie irgendeinen, den sie da auf die Bühne stellen können D: Ned nur. Z: Wichtig is, dass der Text a Message hat und und irgendwie glauben, das zu vermarkten und dann auf einmal wenn er ka Message hat, hat er a andere. (lacht) ANSA: A guade wird von Mundart geredet. Nummer hat für mich meistens a guade Hook. Seht ihr im Dialekt-Rap das Potenzial, zu einer neuen Form von Was macht euren Erfolg aus? Austropop zu werden? Z: Unsere Fans, würd i sogn. Des is der einzige Grund warum’s D: Des is definitiv der Austropop 2011. A: Die verkaufen den uns gibt und des is des einzige, was den Erfolg bei uns ausLukas Plöchl ja genau als des. V: Eam hats ja a taugt, was wir macht. Ohne die würden wir nirgends spielen. A: Internet vor gemacht haben, sonst wär er ja ned auf den Zug gesprungen. allem. Z: Des Geheimnisvolle der Maskierung. Aber Dialekt-Rap hat es vor euch auch schon zahlreich gegeben. Warum habt gerade ihr da einen Nerv getroffen? Z: Es is jetzt salonfähig geworden. A: Es is Party-Mucke und V: Weil wir sagen, was sich alle denken. A: Wir sagen, was sich wir sagen, was wir uns denken und was wir uns denken, denken alle oder viele denken. D: Zu 80 Prozent is des ja echt, wie wir sich die meisten Leute. V: Vielleicht sind viele Schimpfwörter des bringen. Es is immer etwas übertrieben da und dort, aber drin und vielleicht is es oft in da Fettn aufgenommen worden, des macht jeder. Z: Außerdem haben wir scho a gewisses Alter aber am Ende vom Tag ist die Aussage wichtig und viele Leute und wir haben ja scho a bissal was zum erzählen. denken sich das, was wir sagen. Seit wann seid ihr kein Youtube-Hype mehr? Das klingt jetzt ein bisschen nach, die Musik des kleinen ManZ: Sind wir doch no immer, oder? A: Ich glaub, dass wir mit der nes. anen oder anderen Nummer immer no a Youtube-Hype sind. (Stille) Z: Johannes meinst? (alle lachen) ¶

22

auf ein reparaturseidl mit den vamummtn

► 0 22 / AU S GA BE 118


Die praktische und vielseitige Alternative! Aktionspreis ab € 3.699,—

– großer Stauraum für zwei Vollvisierhelme – stabiler, verwindungssteifer Rahmen – flexible Sitzposition

X-Max 125

www.yamaha-motor.at


► S O CIA L M ED IA M U S I C C H A RTS AU ST R I A ► Parov Stelar, die Vamummtn und die Eroberung des Internet

12.000.000 MAL GEHÖRT

TRACK 01: KISSKISS

10.000.000 MAL GEHÖRT

TRACK 02: CHAMBERMAID SWING

PAROV STELAR 11,7 MILLIONEN MAL AUF LAST.FM GEHÖRT.

TRACK 03: LIBELLA SWING

8.000.000 MAL GEHÖRT

6.000.000 MAL GEHÖRT

LAST.FM PLAYS

4.000.000 MAL GEHÖRT

PAROV STELAR, KRUDER UND DORFMEISTER, L`ÂME IMMORTELLE: LAST.FM-SPITZENREITER IN ÖSTERREICH.

264.000

229.000

226.000

223.000

BAUCHKLANG

UKO

ATTWENGER

IRIEPATHIE

174000

293.000 REINHARD FENDRICH

179.000

301.000 NAKED LUNCH

BINDER KRIEGLSTEIN

304.000 WOFGANG AMBROS

185.000

314.000

RUSSKAJA

331.000

TEXTA

LUTTENBERGER KLUG

385.000

485.000 RODNEY HUNTER

GUSTAV

502.000 KONSTRUST

CLARA LUZIA

522.000 DORIAN CONCEPT

440.000

565.000 JA, PANIK

454.000

585.000 3 FEET SMALLER

DJ ÖTZI

791.000

DARIUS & FINLAY

985.000 ELEND (A/F)

CAMO & KROOKED

MONO & NIKITAMAN 1.500.000

CHAKUZA 1.500.000

THE SORROW 1.600.000

DORNENREICH 2.000.000

FENNESZ 2.600.000

CHRISTINA STÜRMER 2.000.000

FALCO 3.200.000

SOFA SURFERS 2.900.000

BELPHEGOR 3.500.000

SOAP & SKIN 3.500.000

SUMMONING 5.300.000

L‘ÂME IMMORTELLE 5.600.000

KRUDER DORFMEISTER 5.700.000

PAROV STELAR 11.700.000

2.000.000 MAL GEHÖRT

FÜR EINE HANDVOLL KLICKS Parov Stelar ist Österreichs bedeutendster Musiker. Zumindest, wenn es nach den Bewohnern des sozialen Webs geht.

METHODENKRITIK

Bleiben wir vorerst bei den Schwächen von Social Media-Charts. Jede einzelne dieser Zahlen ist mit genügend Energie natürlich manipulierbar. Facebook-Fans kann man sich züchten, sich gezielt anfreunden, Aktionen planen, Ads schalten, ja, man sie

sogar kaufen (1.000 Fans um rund 100 Euro, deutschsprachige Fans kosten mehr). Freunde oder vielleicht auch Bots können zumindest ein Grundrauschen erzeugen, damit ein Track oder ein Video über die Wahrnehmungsschwelle gedrückt werden kann. Sei das nun auf Youtube, Last.fm, Myspace, Vevo, Vimeo oder Soundcloud. Aber im Endeffekt kann es ja nur so herum funktionieren: Bands machen zu allererst gute Musik. Das entscheidet immer. Produktion und Präsentation müssen stimmen, Fans und ihre Plays kommen nachher. Bei Parov Stelar haben sie das offenbar getan. Der thront mit deutlichem Abstand auf dem Internet-Thron. Auf allen Plattformen. Dahinter folgt viel Metal, Drum’n’Bass, aber auch vermeintlich schwierige Artists wie Fennesz, Ja, Panik, Soap & Skin und Dorian Concept. Pop kommt erst später. Ganz wertfrei.

SOZIALE ABTASTGERÄTE

Um mehr über die Beliebtheiten im Netz zu erfahren haben sich mittlerweile Services etabliert, die Daten von mehreren Plattformen zusammenführen. Next Big Sound erstellt etwa für das US-Magazin Billboard auch eine Rangliste der 50 beliebtesten Acts in sozialen Netzwerken, die nach Fans, Plays, Kommentaren oder Sichtungen sortiert werden können. Nicht immer werden da dieselben Netzwerke miteinander verglichen, aber meistens. Die internationalen Top Ten dort sind tatsächlich wenig überraschend. Aber auch einige österreichische Acts werden gelistet; und sie bestätigen den Eindruck: Parov Stelar. Schon wieder. Pepsi hat ebenfalls eine Black Box ins Netz gestellt, die

TEXT STEFAN NIEDERWIESER

isclaimer: Ja sicher, Musik ist keine Mathematik, über Geschmack kann man manchmal sogar streiten und Social Media ist überhaupt eine geschlossene Anstalt für Zwangsneurotiker und soll bitte gefälligst nicht überschätzt werden. Du sollst diese Charts jetzt nicht runterbeten und darfst Parov Stelar, Ginga, Belphegor, Chakuza, Wolfram, Gustav und das ganze eitle Gesocks weiterhin hassen, wenn du willst. Gaga und Rihanna haben schließlich auch mehr mit großartigem Pop als mit großartiger Musik zu tun, auch wenn sie die meisten Facebook-Fans haben. Ja, das weißt du natürlich eh selbst. Disclaimer Ende. Trotzdem: für ein paar Kleinigkeiten sind diese Zahlen aus den sozialen Netzwerken gut. Sie rücken ein paar Missverständnisse gerade. Etwa, dass Parov Stelar schon wieder passé sein könnte, dass Soap & Skin doch nur ein Medienhype ist, dass das Wiener Songwriting-Wunder über die Grenzen Österreichs hinaus gekommen ist, dass die globale Nische nicht zu ganz enormer Resonanz führen kann oder dass die Popularität von Artists etwas damit zu tun hat wie stark sie in den klassischen Medien vorkommen. Äh, wie?


200.000 FACEBOOK-FANS

150.000 FACEBOOK-FANS

100.000 FACEBOOK-FANS

15.400

14.700

12.400

11.300

10.800

RUSSKAJA

SUMMONING

THE SORROW

MONO & NIKITAMAN

14.000

10.000

3.200

884

OGRIS DEBRIS

TRACKSHITTAZ

VIOLETTA PARISINI

SUA KAAN

22.000

15.000 NINO AUS WIEN

DJ ÖTZI

ALKBOTTLE

18.000 ELEKTRO GUZZI

24.000 19.000

26.000

CHRISTINA STÜRMER ANNA F.

43.000

CHAKUZA 22.000 GINGA

TRACKSHITTAZ 30.000 A.G. TRIO

53.000 31.000

MONEYBOY NADINE BEILER

64.000 CAMO & KROOKED 44.000 SKERO

74.000 50.000 MARILIES JAGSCH

77.000

NAZAR

52.000 KILLED BY 9V BATTERIES

81.000 DIE VAMUMMTN

KRUDER DORFMEISTER

52.000 WOLFRAM

91.000 54.000 PITA

91.000 BELPHEGOR 60.000 HERBSTROCK

BAUCHKLANG

63.000 KREISKY

PAROV STELAR 203.000 74.000

FACEBOOK FANS

CLARA MOTO

50.000 FACEBOOK-FANS

82.000

76.000

STEREOTYP

92.000

MAKOSSA MEGABLAST

95.000

105.000 BILDERBUCH

BUNNY LAKE

107.000 FRANCIS INTERNATIONAL AIRPORT

103.000

111.000 THE STAGGERS

VELOJET

123.000 RED LIGHTS FLASH

ALKBOTTLE

126.000

140.000 RADIAN

132.000

143.000 GARISH

CHRISTOPH & LOLLO

150.000 DIE VAMUMMTN

138.000

155.000

NAZAR

155.000

WAXOLUTIONISTS

PETSCH MOSER

163.000 HEINZ AUS WIEN

TROUBLE OVER TOKYO

OUR CEASING VOICE

► www.nextbigsound.com ► hypem.com ► www.sling-slang.com ► socialmediaradar.at ► www.socialmediaranking.at

172.000

DIESE LISTE ERHEBT KEINEN ANSPRUCH AUF VOLLSTÄNDIGKEIT. KLASSISCHE KOMPONISTEN WURDEN ETWA WEGGELASSEN. EIN BESONDERER FOKUS LIEGT AUF BANDS UND MUSIKERN, DIE BEREITS IN THE GAP GROSS BESPROCHEN WURDEN.

sich Pepsi Music Index nennt und einfach mal behauptet, genau 100 tolle, aufstrebende Artists zu kennen. Hypem listet die zehn meistgebloggten Musiker. Heimische Bands sind nicht darunter. Auch österreichische Social Media Agenturen versuchen mit einem Service für Social Indexing neue Kunden anzulocken. Sling Slang greift etwa ausschließlich die Zahlen von Club-Elektronikern auf Soundcloud ab. Parov Stelar. Parov Stelar. Andere Seiten wie jene von Digital Affairs und Super-Fi können wiederum noch nicht nach Musik gefiltert werden. Digital Affairs bietet rohe Zahlen, dafür fehlen einige wichtige Einträge. Der Algorithmus des Social Media Rankings von Super-Fi versucht dagegen auch Interaktionen mit abzubilden. Auf den hinteren Rängen liefert der allerdings nur mehr Indizen für die allwöchentliche Relevanz.

HIPHOP, METAL, AVANTGARDE, INDIE

Zurück zu den Zahlenspielchen: Nehmen wir die Vamummtn. Sie haben ihr soziales Netz gelernt und nur mit Mixtapes und Youtube-Bits Fans gefischt. Können sie sich davon etwas kaufen? Ja, schon. Für verkaufte Tickets und Merchandise zum Beispiel, die sie über Facebook verlinken. Ihren Gig beim Donauinselfest kündigten sie erst wenige Tage vorher an und ein paar tausend kamen vorbei. Wer wie sie 80.000 Fans hat, hat FM4, Falter und The Gap nicht mehr nötig. Auf Facebook scheint HipHop überhaupt sehr beliebt zu sein, wird aber über Last.fm kaum gehört. Skeros »Kabinenparty« kann zwar jeder mitsingen, geht dort aber unter. Dasselbe bei Nazar. Auf Youtube sieht die Sache ganz

anders aus. Moneyboy ist hier der Klickkaiser. Für seinen Clip brauchte er weder ein Label noch einen Release. Und auch die Trackshittaz haben so begonnen. Für HipHop ist Youtube offenbar das Medium der Wahl. Bauchklang ist ein Spezialfall. Die hört niemand. Was sie durch ihre Live-Show wettmachen. Die Zahlen aus dem Netz sind natürlich verzerrt. Schlagerfans sind nicht unbedingt dafür bekannt, jeden Hype im Wasserglas über ihre sozialen Zirkel zu verschicken. Oder dafür, sich freiwillig den Audioscobbler von Last.fm zu installieren. Pop wird ebenfalls wenig abgescrobbelt. Wenn man hingegen eine fanatische Gefolgschaft haben will, ist Metal die angenehmste Musik. Denn diese Fans bekommen immer noch am liebsten in edlem Hi-Fi ihr Ohrenbluten und kaufen auch brav CDs. Wertkonservativ eben. Eine echte Überraschung ist die abstrakte Avantgarde von Radian, Fennesz und Pita. Musik, die normalerweise zwischen »unhörbar« und »unspielbar« eingeordnet wird, geht im Netz in die Millionen. Von wegen Nische. Diese Musiker verdienen sich auch hierzulande endlich die längst überfällige Aufmerksamkeit. Sie haben die Grundlagen für eine Form von Musik gelegt, die fordert und ihre eigenen Strukturen ausreizt. Und noch eines: Das Wiener Songwriting-Wunder ist im Ausland doch noch nicht als Wunder anerkannt worden. Stars und Hoffnungsträger sind dort zwar vertreten, doch die international herzeigbaren Aushängeschilder sind dann doch rar. Immerhin: Soap#&#Skin, Gustav, Ja, Panik und Clara Luzia kommen aus einer viel beachteten Generation von Songschreibern. Songschreiberinnen könnte man fast schon sagen. Im Netz ticken die Uhren anders. Nicht unbedingt richtiger. Es gibt dort erstmals konkrete Zahlen für etwas, das man früher nur grob abschätzen konnte. Was daraus folgt sind quantitative Aussagen; ungefähre Beliebtheit quasi. Warum es manche Songs trotzdem nicht verdient haben gehört zu werden, warum der eine Act cooler als ein anderer ist, oder warum eine bestimmte Konsensband trotzdem nur Schrott ist, gehört anders argumentiert und ausgestritten. Denn, hey, es ist nur Social Media. Der absolute Herrscher heißt Parov Stelar. ¶ AU SGA B E 1 1 8 / 0 2 5 ◄


»Mubarak« Christopher Sturmer (www.stirnprumzer.com)

»Gaddafi« Michael Tripolt (www.atzgerei.com)


► GOLDEN FR AME ► Revolution on Carpets TE X T BILD

ANNA MOLDENHAUER KURT PRINZ

DIE TEPPICHE DER GESTÜRZTEN HERRSCHER Wer sein Alter Ego Stirn Prumzer kennt, der weiß, dass das Künstlerduo dahinter vor allem eines will: Der desolaten Realität die grinsende Maske vom Gesicht reißen. Mit dem zweiten Teil der Flying Carpet Show schickten sie gemeinsam mit anderen Künstlern die ehemaligen arabischen Machthaber auf den Teppich. Die Flying Carpet Show startete bereits 2008 unter dem Titel »Meat on Carpets« für einen Auftritt der Linzer Band Fuckhead. Aus aktuellem Anlass ging die exklusive Teppichveranstaltung unter dem Titel »Revolution on Carpets« in die zweite Runde. Dazu bemalten Stirn Prumzer mit dem Wiener Künstler Stephan Schwarz, der Atzgerei sowie weiteren Gastkünstlern Perserteppiche. Im Mittelpunkt standen der arabische Frühling und die umstrittenen Gesichter der Revolution.

ARABISCHE ALPTRÄUME

»Ben Ali« Stefan Kreuzer (www.stefankreuzer.at)

Das Konterfei des ägyptischen Ex-Präsidenten Hosni Mubarak prangt im zweiten Teil der Show auf dem recycelten Wandteppich von Stirn Prumzer. Die Augen der Karikatur wirken emotionslos, wie bei einer Totenmaske. Das verspielte Muster des Orientteppichs scheint durch die weiße Haut und Garderobe der Figuren hindurch, rahmt sie ein. Mit der Wahl des außergewöhnlichen Maluntergrunds stellen die Künstler Verbindungen zum Ursprung der nomadischen Kultur bis hin zu Themenbereichen wie Textilarbeit durch Frauen, dem ökonomischen Gefälle zwischen Orient und Okzident und den mythischen Geschichten der fliegenden Teppiche her. Die Kluft zwischen Arm und Reich – der »Perserteppich« als Statussymbol des Bürgertums einerseits und seine Herstellung unter unwürdigen Bedingungen – scheint dabei durch. Komplettiert wird die Verbindung der Kulturkreise durch den Auftrag von künstlichem Material auf natürliche Fasern. Mit Acryl und Dispersion zeichnet das Kollektiv den Personenkult um die einst gefeierten Diktatoren nach, welche ihre Völker ebenso vereinten wie verzweifeln ließen. Kleine Details karikieren die dunkle Seite der arabischen Herrscher. Die Raffgier des Diktators Zine el-Abidine Ben Ali blitzt z.B. vampirgleich im spitzen Eckzahn hervor. Künstler Stefan Kreuzer hinterlässt dazu den anklagenden Schuhabdruck – mit Schuhen treten oder werfen ist eine der schlimmsten Beleidigungen in arabischen Ländern – auf der Stirn des gestürzten, tunesischen Präsidenten. Das Durchschimmern der ursprünglichen Teppichmuster durch die Übermalung steht parallel zum Verlust der vertrauten Lebensmuster, die nach der Revolution nun von den Völkern neu gewebt werden müssen. ¶ AU SGA B E 1 1 8 / 0 2 7 ◄


► C OV ER BA N D S ► Wochenende für Wochenende, die Liveband als Dienstleister

The Melody Men: »Wir wollten einfach den klassischen Rock’n’Roll-Bill-Haley-Stil fahren«

erfolg im zweiten aufguss Überall in Österreich begeistern Showbands jedes Wochenende tausende von Menschen mit Coverversionen bekannter Songs. Trotzdem werden sie gerne ignoriert, belächelt und nicht für voll genommen. Warum eigentlich? in Gespenst geht um in Österreich. Nicht erst AUF DEN BÜHNEN DER PROVINZ seit gestern tanzen, nahezu unbemerkt von der Es gibt sie also, die professionellen Musikdienstleister, die Öffentlichkeit, Wochenende für Wochenende zwar Open Airs und mittelgroße Hallen, aber niemals die Seitausende Gäste vor hunderten von Bühnen und ten einer Musikzeitschrift oder des Kulturteils füllen. Ihr Mekka verlangen eine Zugabe nach der anderen. Die und Epizentrum liegt Insidern zufolge im südlichen Burgenland Combos füllen Hallen allein durch Mundpropa- und der Steiermark, wo Bands wie Egon 7 so groß und zahlreich ganda, und kluge Veranstalter verdienen sich eine goldene Nase an Überlandstraßen plakatiert sind wie andernorts Phil Collins dabei. Rein rechnerisch stellen die Auftritte dieser Bands wahr- oder Lady Gaga. Es gibt sie. Und wer wissen will, was das für scheinlich den Löwenanteil an musikalischen Veranstaltungen Leute sind, muss mit ihnen reden. in Österreich. Allerdings: Wer Wien, Graz oder Innsbruck nicht Florian Pennauer sieht etwas übernächtigt aus. Der 27-Jähriverlässt, merkt eigentlich wenig von diesem Phänomen. Die ge trägt ein T-Shirt einer der unzähligen Metalbands mit dem Rede ist von Coverbands. Erinnert sich jemand an Tiffanys? Namen »Juggernaut« und entschuldigt sich, während er vor Ende 2004 erschien das Buch »Fleisch ist mein Gemüse« des einer großen Eierspeise sitzt. Viel Schlaf habe er nicht bekomHamburger Entertainers Heinz Strunk. In diesem autobiogra- men. Am Vortag hat seine Band Carnuntum Vibration auf der fisch angehauchten Werk machte eine Showband unter diesem Hochzeit eines ehemaligen Zuhälters mit Kehlkopfkrebs gespielt. Namen die Bühnen Harburgs und Umgebung unsicher und das »Total nette Leute, aber eine ziemliche Freakshow.« Begonnen Thema »Landjugend mit Musik« (so der Untertitel) auch in hat das Ganze Ende der 90er in einer Musikschule in der tiefsurbanen, alternativen Kreisen wieder bekannt. Gurki, der Tif- ten Provinz. »Wir haben uns damals kennengelernt und angefanys-Frontmann, fasst in dem Buch das Motto all jener Bands, fangen, Austropop-Nummern nachzuspielen. Damit haben wir die eigentlich nur live und am Samstagabend existieren, in dann recht schnell unsere ersten Auftritte bekommen«, erinnert einem schönen Satz zusammen: Am Ende würden sich alle nur sich Florian. Die sechs Musiker kommen hauptsächlich aus fragen, ob man »geil abgeliefert« habe. dem Punk und Hardcore-Bereich. Ihr Repertoire nicht. »Das


ist heute eine Mischung aus Austropop, Reggae, Schlager, viel Soellner. Was halt ankommt.« Die Mischung macht’s. Anders als Tribute-Bands, die sich auf einen Interpreten beschränken und ihren Vorbildern oft auch optisch nacheifern, spielen die meisten Livebands etwas, das sich am besten mit dem furchtbaren Begriff »Stimmungsmusik« umschreiben lässt. Ein bunter Mix aus Schlager, Rock, Pop und was das Publikum sonst noch wünscht. Das Repertoire reicht meist vom Klassiker bis zum Verbrechen am guten Geschmack. Es sind vor allem die sicheren Livenummern wie Robbie Williams’ »Let Me Entertain You«, die überall wieder auftauchen. »Schlager laufen immer gut, wenn die Leute mal angetrunken und in Stimmung sind. Da ist es dann eigentlich fast egal welchen Song man spielt«, erzählt Florian. Zwei Songs, die bei Carnuntum Vibration-Gigs immer funktionieren? »›Aber dich gibt’s nur einmal für mich‹ von den Nilsen Brothers. Und ›Cowboy und Indianer‹ von Olaf Henning - leider.« Ortswechsel. Ende Juni gehen fünf junge Herren in adretten roten Sakkos samt Fliege vor ihrem Proberaum in einem Wiener Hinterhof für ein Foto in Position. Die Melody Men sind eine Coverband, wie man sie aus Büchern und Filmen kennt. »Wir wollten einfach den klassischen Rock‘n‘Roll-Bill-Haley-Stil fahren«, erklärt Thomas Pronai, der auch die Idee zu dem Einheitsdress hatte. »Auch ein bisschen im Kontrast zu unserer Musik, die nicht ganz so klassisch ist«. Die Band lotet äußerst stilsicher die Geschmacksgrenzen aus. Das gilt für ihr Outfit, aber auch für ihr Repertoire, in dem sich neben Oasis und Chuck Berry auch die Flippers und Billy Ray Cyrus befinden. Wie die meisten Coverbands haben die Melody Men keine feste Setlist, sondern ein Programm von Songs, die regelmäßig geprobt und bei Bedarf abgerufen werden. Zurzeit sind das 80 bis 90 Songs. Patrick Stürböth erklärt das einfache Konzept hinter der Auswahl: »Wir suchen uns die Songs ausschließlich nach persönlichem Geschmack aus. Von schnulzig über alternativ bis zum Classic Rock ist da alles dabei. Wir wollen diese großartigen Songs einfach ein bisschen cooler rüberbringen.« Um dieses Ziel zu erreichen, interpretieren die Männer in den roten Smokingjacken eine Menge der Lieder, anstatt sie 1:1 nachzuspielen. Eigentlich kommen die Melody Men aus komplett anderen Richtungen, als ihre Musik vermuten lassen würde. Zwei der Bandmitglieder toben sich in ihrem Elektropunk-Projekt Die Mutter von Allem aus, Pronai verdient seinen Lebensunterhalt als Produzent von Bands wie Garish oder Ja, Panik.

TEXT JONAS VOGT BILD JONAS VOGT, WELTBILD

Oben: Exit 207 richten sich völlig nach ihrem Publikum. Das kommt auf Plätzen in Dörfern und Kleinstädten meist besser an als in den Redaktionen. Unten: Das Repertoire von The Melody Men (Stand Juli 2011) lotet stilsicher Geschmacksgrenzen aus.

GUTES GELD

Apropos Geld. Wenn es um das Finanzielle geht, halten sich Songs. Trotzdem bestätigt niemand das Vorurteil, man hätte die meisten Beteiligten eher bedeckt. Eines ist aber klar: Es ist, je dort die Freude und in der Showband die lästige Pflicht. »Nein, nach Grad der Professionalisierung, ertragreich bis sehr ertrag- das ist Quatsch. Wir verstehen uns super, und es macht uns reich. 1.500 bis 2.000 Euro für einen Abend sind auch für mit- allen großen Spaß«, weist das Manfred Wechselauer von Exit telgroße Hobbybands Standard. Die Schwergewichte der Bran- 207 exemplarisch für die meisten seiner Kollegen zurück. Überche, die mit eigenem Tourbus und Technikern anreisen, können haupt ist die Unterteilung in Coverbands und »echte« Bands durchaus auch mal 7.000 Euro und mehr bekommen. Multipli- eher zweifelhaft. Was ist an Coverbands »unecht«? Die profesziert man das mit der Zahl an Hochzeiten, Bällen und Feuer- sionelle Einstellung? Die Orientierung am Publikum? Dahinter wehrfesten, die jedes Wochenende in Österreich gefeiert werden, steckt wohl das Konzept des Genies: Einem richtigen Künstler kommt eine beachtliche Summe heraus. Das Ganze läuft über haben seine Fans scheißegal zu sein. Mundpropaganda, unter weitgehender Missachtung der klassiHand auf‘s Herz: Welche Band sitzt denn vor Auftritten nicht schen Medien und Blogs. Wem sagt Exit 207 etwas? Die Band da und überlegt, welche Songs ankommen? Warum gibt es Stuabsolviert mehr als 50 Auftritte im Jahr, lockt an einem guten dio- und Live-Versionen von einem Song? Showbands denken Wochenende mehr als jeder Hype von der Insel und spielt auch das Ganze nur konsequent zu Ende. »Wir haben auf unserer mal Open Airs vor 10.000 Menschen. Homepage eine virtuelle Jukebox, bei der Fans im Vorfeld eines Die kleineren Bands funktionieren eher auf der Local-Heroes- Auftritts für Songs voten können. Daran orientieren wir uns«, Ebene. Carnuntum Vibration spielen alles, »von der Firmenfei- sagt Manfred. »Wichtig ist nur, dass es ankommt.« Hauptsache, er eines Katzenfutterherstellers bis zum GTI-Treffen«, erzählt geil abgeliefert. ¶ Florian. »Im Moment haben wir eigentlich jedes Wochenende einen Auftritt.« Viel Zeit für seine anderen Bands bleibt da nicht. Alle Bands aus dem Artikel kann man natürlich buchen. Infos gibt Überhaupt: Kaum jemand hat neben der Coverband nicht auch es auf www.exit207.com, der Facebook-Page der Melody Men oder noch ein oder mehrere Bandprojekte mit selbst geschriebenen unter lfo@gmx.at (Carnuntum Vibration). AU SGA B E 1 1 8 / 0 2 9 ◄


Drei Kreationen aus der »Move«-Kollektion von Donata Sophia Kuess (rotes Kleid), Barbara Meissl (grau, Kapuze) und Elisabeth Losch (weiß).

BEWEGTE MODE Studenten der Wiener Universität für angewandte Kunst haben für das Vorarlberger Freakwave Festival eine Kollektion entworfen: Move!


► F R E A K WAV E : M OV E ► Angewandte Festivalmode von Wiener Kunststudenten

31

LABELSHOW

Drei Labels von Studentinnen der Akademie der Bildenden Künste tanzen aus der Reihe und präsentieren eigenständig am Freakwave, was sie in jüngster Zeit entworfen haben. KÖRPERSCHMÜCKEND Nina Geschl, Absolventin der Akademie, präsentiert gesondert am Freakwave Festival ihre aktuelle Kollektion. Die Künstlerin sieht ihre Kreationen als Schmuck für den Körper. Der Anspruch ist dazu auf Individualität und Originalität getrimmt. Die Kleidung solle sich an Kultur und zeitabhängige modische Bedürfnisse einer selbstbewussten Frau an. Konkret finden sich fließend, weiche, leicht fallende Stoffe wieder, die Eleganz widerspiegeln. Das Lederimitat stellt dazu einen Widerspruch dar.

drenalin und Endorphine (von den Pheromonen sprechen wir noch gar nicht) im Übermaß, wenn sich zwei aus der Top 10 der schönsten Dinge im Leben zusammen tun: Musik und Sport. Die Steigerung dieser Traumkombination: Musik und Sport und - Mode! Als würden für das Freakwave Festival nicht ohnehin schon Armeen von Stylern ins Ländle pilgern, holt sich das Festival der Skate- und Wakeboarder das Thema Mode jetzt zusätzlich an Bord. Eigentlich ist das auch gar nicht so weit hergeholt. Sport und Mode führen schließlich schon immer eine wechselseitige Beziehung miteinander, und das gilt besonders für die Freestyle-Ecke.

DAS MATERIALEXPERIMENT Monochrom_ nennt Maiken Dominica Kloser ihre diesjährige Kollektion. Schnell erkennt man auch warum. Der Fokus liegt klar nicht auf den Farben, sondern am Spiel mit den Materialien. Die Palette an Stoffstukturen ermöglicht die Vielfalt aus matten, glänzenden und transparenten Flächen. Für dieses Materialspecial wurden alle Stoffe eigenhändig bedruckt oder gefärbt und durch unterschiedliche Techniken der Oberflächenbehandlung bearbeitet.

MOVE!

Inspiriert von dieser Themenkombination wurden auch Studierende der Akademie der Bildenden Künste. Auf zwei Lehrveranstaltungen ausgeweitet, bot sich den Studenten dort die Möglichkeit, die entstandene Skizzen und Entwürfe umzusetzen. Resultat war das Semesterprojekt »Move«. Wie der Name schon sagt, ist der gemeinsame Nenner der Kollektion aller 14 Teilnehmer die Bewegung. Für die gemeinsame Performance vor Ort entstanden Modelle, die nicht nur Bewegungsfreiheit gewähren, sondern auch dazu motivieren. Das geschieht durch lockere, gerade Schnittformen und viele natürliche Faltenwürfe, die sich daraus ergeben. Mit Nähten wird möglichst gespart, wickeln heißt die technische Alternative. Dafür verwendet man elastische Stoffe in einfärbiger Schlichtheit und überdimensionale Kapuzen als Ausgleich und Aufputz. Ein weiteres Schmuckelement findet in der Kollektion Verwendung: Die Stickerei. Eher untypisch im Sportbereich, dafür aber mit Vorarlbergbezug, wo die Stickkunst auf eine lange Tradition zurückblicken kann. Dort, am Bodensee, erwartet uns Ende August eine bewegende und bewegte Performance, die alle Themenbereiche des Bella Vita abdeckt.

FREAKWAVE

Hotspot für Funsport, Musik, Film, Streetart, Visuals und erstmals auch Mode am Bregenzer Seeufer. Freakwave ist ein Freestyle-Festival, das Indoor und Outdoor auf drei Bühnen stattfindet. Neben diversen freakigen Sportarten – aktuell etwa Stand Up Paddeling – kommt auch die Musik nicht zu kurz: Christian Davidek, Joyce Muniz, die Lieblings-Isländer 2011 Retro Stefson oder auch Effi und Iriepathie haben sich angekündigt. ¶

Strandbad Bregenz!/!Werkstattbühne!/!Seebühne 31. August – 4. September www.freakwave.at

GEMISCHTES DOPPEL Hinter dem Namen Ilanoi steckt das Duo Eva Greisberger und Johanna Meßner. Vor einem Jahr haben sie sich zusammengetan, um mit vereinten Kräften die Modewelt zu verschönern. Das läuft ganz gut so, zumal in ihren Köpfen vieles ähnlich funktioniert und den beiden der Sinn nach derselben Ästhetik steht. Die Inspiration kommt von überall her und wird in Gedankenblitzen gebündelt zu Papier gebracht. Die Kollektionen hingegen sind weniger assoziativ als eher konzeptionell aufgebaut. Da wird nichts mehr dem Zufall überlassen. Das Konzept für das Kollektionsdebüt, als erstes großes Ganzes, kreist um Luft, Wolken und sonstige Himmelsgestalten. Gedruckt und gefärbt wird händisch, die Schnitte sind experimentell und sollen Freiheit (ausstrahlen) lassen. »Es ist was es ist. Wir lieben, was wir tun und das tun wir gut«, so das Statement der Designerinnen. Klare Linie, könnte man sagen. — ilanoi.wordpress.com AU SGA B E 1 1 8 / 0 3 1 ◄


► »MICHA E L « ► Michael Fuith über seine Rolle als pädophiler Entführer

INTERVIEW ARTEMIS LINHART & JOACHIM SCHÄTZ — BILD NIKO MAYR, BARBARA KERN

persönlichkeiten spalten Michael Fuith gehört eines der spannendsten Gesichter im österreichischen Film. Nach seiner intensiven Titelpartie im Missbrauchs-Drama »Michael« wird man es vermutlich öfter sehen dürfen. ür mich ist er der neue Peter Lorre«, sagt Regisseur Marvin Kren vor einem Jahr im The Gap-Interview über Michael Fuith. Zu diesem Zeitpunkt hat Fuith gerade seine erste Hauptrolle in einem Langfilm absolviert: als hypersozialer Protagonist in Krens Zombiethriller »Rammbock«. Aufgefallen ist der Burgenländer vorher schon in Studentenarbeiten, etwa als Nervensäge Alois Meier in »Das große Glück sozusagen« (2007, Alexander Stecher), oder in markanten Nebenrollen, wie als allseits ignorierter Dalli in der Provinzposse »Kotsch« (2006). Mit solchen schrulligen Verliererfiguren hat Fuiths jüngste Rolle – zumindest auf den ersten Blick – wenig zu tun: Die Titelfigur in »Michael« ist ein unauffälliger Versicherungsangestellter Mitte 30, der bei sich im Keller einen Zehnjährigen gefangen hält. Nüchtern protokolliert Regiedebütant Markus Schleinzer den Alltag des pädophilen Entführers und seines Opfers, lässt glaubhaft Suspense und groteske Pointen aus der geteilten »Normalität« wachsen. In Cannes, wo der Film vergangenen Mai im Wettbewerb lief, wurden Fuith vielfach Chancen auf den Darstellerpreis ausgerechnet, das US-BranchenblattVariety fand ihn »superb«. Verständlich: Die Wucht des Films verdankt sich maßgeblich Fuiths Spiel, das präzise zwischen gebieterischer Strenge und Unbeholfenheit, zugeknöpfter Biederkeit und infantilen Schüben changiert. Wie er diese Schwankungen hingekriegt hat, hat Michael Fuith im Interview erzählt.


33 Charaktergesicht und Hauptdarsteller: »Michael« Fuith

In einigen deiner größeren Rollen – »Kotsch«, »Das große Glück sozusagen«, »Rammbock« – hast du einen bestimmten Typus gespielt: unbeholfen, liebesbedürftig, beharrlich. Kannst du mit dieser Figur speziell etwas anfangen? Nein, das hat sich einfach ergeben. Alexander Stecher hat mich in »Das große Glück sozusagen« für die Rolle dieses sozial ungeschickten Menschen gecastet, der in seinem Umfeld nicht Fuß fassen kann. Und der Film hat dann auch die Macher von »Rammbock« zu ihrer Hauptfigur inspiriert. Markus Schleinzer hat »Das große Glück sozusagen« übrigens auch gesehen, bevor er mich für »Michael« kontaktiert hat. Ihn hat die Balance in dieser Rolle interessiert: Einerseits ist Alois Meier nervig, er muss aber sympathisch genug bleiben, dass die Zuschauer ihn weiter verfolgen. Etwas Ähnliches hat Schleinzer für »Michael« gebraucht: Hier spiele ich den Täter, jemand, den du bis aufs Blut hasst, aber du sollst ihm trotzdem durch den Film folgen. »Michael« ist aus der Täterperspektive erzählt, aber die Figur bleibt rätselhaft. Wie spielt man das? Michael war sicher die ärgste Rolle, die ich je gespielt habe. Normal pick ich mir aus dem Drehbuch Hinweise raus, wie eine Person wann reagiert, und konstruiere mir aus diesen Details dann eine Figur. Ich schnür mir ein Paket. Bei »Michael« war das aber überhaupt nicht möglich. Ich habe keinen Weg gefunden – keine Emotionen, keine Weltanschauung –, um alles, was er tut, unter einen Hut zu kriegen. Michael ist im Berufsleben ein ganz anderer Mensch als wenn er mit seiner Familie redet oder wenn er mit dem Buben zusammen ist. Also hab ich fünf, sechs verschiedene Figuren gespielt und hab gewusst, dass die erst am Ende im Film zusammenkommen zu einer einzigen. Michael wechselt auch seinem Opfer Wolfgang gegenüber abrupt sein Verhalten. Einmal agiert er streng, dann kindisch. Inwiefern hat das für dich Sinn ergeben? Verstehen kann man das höchstens in dem Ausmaß, dass man weiß, der projiziert in diesen Bub alles rein, was er sonst im Leben nicht zustande kriegt: Lebenspartner, Familie, Kind, Freund, und gleichaltrigen Spielgefährten, wenn er im Kopf auch gut geheißen, weil das immer wieder vorkommt in diesen plötzlich wieder Kind sein will. Erklären kann man das nicht, Fällen. Diese überraschende Erbärmlichkeit des Täters hat auch auch nicht, was das für ein Kind heißen muss, von jemandem Natascha Kampusch in ihrem Buch beschrieben. Schon als junabhängig zu sein, der zwischen so verschiedenen Gemütszu- ges Mädchen hatte sie manchmal das Gefühl, da sitzt jetzt ein kleiner Bub vor ihr, im Körper eines großen Mannes. Der ist eiständen hin und her springt. Wieviel hast du für die Rolle recherchiert, und wie nützlich war gentlich urlächerlich. Sie kann aber nichts machen, denn er hat für dich das Wissen über konkrete Fälle, in denen Kinder ent- die Macht. Wie war die Zusammenarbeit mit David Rauchenberger, der führt und festgehalten wurden? Das war sehr wichtig, weil es im Skript selbst nicht beson- Michaels Opfer Wolfgang spielt? Wie hast du mit ihm über eure ders viel Text für die Figur gab. Gemeinsam mit Frau Dr. Kastner Figuren gesprochen? David war ein toller Partner und hat mir irrsinnig geholfen. (Anm.: die Kriminalpsychologin Dr. Heidi Kastner war wissenschaftliche Beraterin des Films) haben wir anhand des Skripts Seine Eltern waren von Anfang an involviert in das Projekt. Sie Stück für Stück eine Figur gebaut – aus vielen verschiedenen haben genau gewusst, worum es geht und waren auch dafür, dass Fällen, die weltweit dokumentiert sind. Ich habe ein halbes Jahr dieser Film gemacht wird. Einzelne Szenen haben wir mit ihm vor Drehbeginn mit den Recherchen angefangen und alles gele- immer wieder geprobt, darüber gesprochen. Wir haben ihm imsen, über dokumentierte Fälle, aber auch über Foltermethoden, mer mehr über die Geschichte des Films erzählt, und ich hab ihm über die Psychologie, die im Krieg angewendet wird, um Leute zu aus dem Kampusch-Buch vorgelesen und von anderen Fällen unterdrücken. Dann hab ich mich mit Militärausbildnern getrof- erzählt. David will unbedingt Schauspieler werden und fand es fen, um die Tricks zu lernen die man anwendet, um Dominanz am Set vor allem cool. Er war auch überhaupt nicht zimperlich. und Autorität auszustrahlen. Frau Dr. Kastner hat mir am Ende Wenn ich ihm z.B. mit dem Briefumschlag auf den Kopf schlug, den schönsten Segen gegeben: Als sie den fertigen Film gesehen habe ich bei den Proben immer wieder nachgefragt, »Hab ich dir hat, hat sie gesagt, »Ja, die sind wirklich so«. Auf der einen Sei- eh nicht weh getan?«, und er hat gesagt, »Nein nein, schlag rute war das erschreckend, aber ich hab mich gefreut, dass ich es hig fester, wir müssen die Szene in den Kasten kriegen!« Das hilft natürlich, wenn du merkst, der kriegt keine Angst, sondern hingekriegt hab. Es gibt Stellen im Film, wo die Figur Michael vor allem lächerlich reißt in der Pause Schmähs mit dir. ¶ wirkt. War es euch wichtig, das zu betonen? Das war schon im Drehbuch vorgegeben. Dr. Kastner hat das »Michael« läuft ab 2. September im Kino. AU SGA B E 1 1 8 / 0 3 3 ◄


► AFG HA N ISTA N -FI L M E ► Dokus und Spielfilme als Annäherung an den Krieg

TEXT MARTIN MÜHL BILD KINOWELT, ASCOT ELITE, THINKFILM

OVER THERE In den vergangenen Wochen sind mehrere DVDs erschienen, die sich auf unterschiedliche Weise mit dem Krieg in Afghanistan auseinandersetzen. Allesamt Annäherungen an das Unverständliche. or nicht viel mehr als zehn Jahren tobte in Südeuropa noch ein blutiger Krieg. Für den Rest der Europäer hingegen haben kriegerische Auseinandersetzungen seit einem halben Jahrhundert jegliche praktische Bedeutung verloren – Krieg in Mitteleuropa ist inzwischen unvorstellbar geworden. In anderen Gegenden der Welt ist das nicht so – zum Beispiel in Afghanistan. Vom dort seit Jahrzehnten andauernden Krieg erzählen Filmemacher aus verschiedenen Perspektiven in ihren zum Großteil jüngst auf DVD veröffentlichten Werken. Bereits 2007 erschien »Taxi To The Dark Side«. Eine US-Dokumentation, die anlässlich des Todes des afghanischen Taxifahrers Dilawar Fragen nach der Systematik von Folter und der Aushöhlung von Menschenrechten stellt und gleichermaßen schnell wie nachvollziehbar bei den Granden der damaligen US-Regierung landet. Der Film lässt Gefangene (z.B. Guantanamo-Insassen) zu Wort kommen und die ebenfalls befragten Soldaten nicht aus der Verantwortung. Trotzdem wird schnell klar, dass die treibenden Kräfte für die Missstände in den heimatlichen US-Head Offices zu suchen sind. Den hier aufgezeigten Verwicklungen und Hintergründen bleibt wenig hinzuzufügen – sie bleiben verabscheuungswürdig und bestehen zum Teil bis heute.

KRITISCHE DISTANZ VS. US-PATRIOTISMUS

Neuere Produktionen versuchen vielleicht auch deswegen, andere Blickwinkel zu finden und wagen sich näher ans Gesche► 0 3 4 / AU S GA BE 118

hen. So auch der polnische Filmemacher Jerzy Skolimowksi mit seinem Spielfilm »Essential Killing«. Darin lässt er jegliches System unbeachtet und reduziert alles auf die eine Frage: Du oder Ich – es wird nur einer überleben. Vincent Gallo gibt den Taliban-Kämpfer Mohammed, der sich in die Ecke (eine Höhle) gedrängt fühlt und drei US-Soldaten mit einer Panzerfaust tötet. Er wird aufgegriffen, nach Ost-Europa transportiert, kann aber fliehen und befindet sich daraufhin – barfuß im Schnee – auf der Flucht. Treffen mit anderen Menschen (Soldaten und Zivilisten) enden hier meist tödlich. Skolimowski überzeugt mit Reduktion, erreicht aber nicht die mystische Größe wie etwa Nicolas Windig Refns ähnlich angelegtes »Valhalla Rising«. »Restrepo«, der US-Dokumentarfilm von Sebastian Junger und Tim Hetherington, konnte bereits einige Preise gewinnen und ist für noch weitere – unter anderem den Oscar – nominiert. Junger und Hetherington begleiteten ein Platoon der US-Armee ins heftig umkämpfte Korengal-Tal nahe Pakistans. Dort bemühen sich die Soldaten um Kontakt zu Zivilisten, versuchen diese als Mitarbeiter beim Bau einer Straße zu motivieren und wollen sie dazu bringen, ihre aufständischen Verwandten und Bekannten zu verraten. Das Platoon wird beinahe täglich in Kämpfe verwickelt. Restrepo ist dabei der Name eines Soldaten, der früh im Einsatz stirbt und nach dem ein vom Platoon errichteter Außenposten benannt wird. Als embedded journalists sind Junger und Hetherington direkt am Geschehen und gewähren einen nahen Einblick – allerdings aus stark US-patriotischem Blickwinkel. Die Soldaten sind vom Erlebten gezeichnet, ihre Handlungen


werden aber zu keiner Zeit in Frage gestellt. Trotzdem sorgte der Film in den USA für Aufsehen und hat die nationale Diskussion über den Afghanistan-Einsatz wieder aufleben lassen. Tim Hetherington kam im April 2011 in Lybien ums Leben, wo er sich als Fotograf und Kriegsberichterstatter aufhielt. Einer Gruppe dänischer Soldaten folgte der Regisseur Janus Metz für seinen Dokumentarfilm »Camp Armadillo« nach Afghanistan. Die jungen Rekruten kommen als Friedenstrupp mit Lust auf Action an den umkämpften Außenposten. Sie verbringen die Tage mit Patrouille und Warten, kommen dabei aber nicht ohne Schusswechsel aus. Immer wieder müssen sie mit den Einheimischen in Kontakt treten, um etwa über die Abdeckung von Kollateralschäden zu verhandeln. Im späten Zentrum des Films steht ein Kampf, bei dem fünf bewaffnete Afghanen getötet werden – mit Maschinengewehren und Handgranaten. Härte und Ironie der dänischen Soldaten schlagen in Zynismus um. Die Getöteten bleiben gesichtslos – aber die Gesichter, Geschichten und Erzählweisen der dänischen Soldaten haben sich verändert. Viel näher als in diesem Film kommen Kameras wohl kaum je an reale Kampfhandlungen und den zermürbenden Soldaten-Alltag. Bei beiden gibt es keine Überraschungen – und doch bleiben traurige und harte Eindrücke lange erhalten. Hier gibt es keine Helden wie in »Restrepo«, hier ist eine kritische Distanz des Regisseurs zu den Soldaten bzw. ihren Handlungen spürbar. Laut Berichten hat der Film in Dänemark eine offizielle Stellungnahme zum Afghanistan-Krieg veranlasst und Fehltritte einzelner Soldaten wurden daraufhin untersucht. Wo »Taxi To The Dark Side« die gesamte politische Systematik des Kriegs ins Visier nimmt, bleibt »Camp Armadillo« nahe an den Einzelpersonen und begleitet diese, ohne zu verurteilen oder irgendetwas zu beschönigen. Alle beschriebenen Filme liefern am Beispiel Afghanistans nicht überraschende, aber doch verstörende Einblicke in das System Krieg. Vieles bleibt für mitteleuropäische Zivilisten wenig nachvollziehbar – und keiner der Filme motiviert, daran freiwillig etwas zu ändern. ¶

LIVE

Johann Sebastian Bass (AT) Barock’n’Roll – Best Of Morisson DJS

De Lla Penha (PT/No) Misonica (Hertzbeat/warm.art)

26.08.11 morisson club EACH AND EVERY LAST FRIDAY RECHTE WIENZEILE 2A, WIEN, AUSTRIA, 1050 WWW.FACEBOOK.COM / MORISSONCLUB — NEXT DATES: )&$&/$ (.$'&$

18.08.2011 PRATERSAUNA

»Taxi To The Dark Side« (ThinkFilm), »Restrepo« (Kinowelt), »Essential Killing« und »Camp Armadillo« (beide Ascot Elite) sind bereits auf DVD und teilweise Blu-Ray erschienen.

ZURÜCK IN DIE HÖLLE

Die Wiener SabotageFilms haben den Dokumentarfilm »Hell And Back Again« koproduziert. Gernot Schaffler, einer der Executive Producer, über den Film: »Es gibt in »Hell And Back Again« zwei große Teile. Im ersten werden die US-Soldaten in Afghanistan begleitet – sowohl bei den Kampfhandlungen, aber auch, wie sie den Staat USA gegenüber den Dorfältesten bei Verhandlungen vertreten müssen. Im zweiten Teil geht es um einen verwundeten Captain, der in den USA auf Rehab ist, zurück bei seiner Freundin, dessen größter Wunsch es aber ist, gesund zu werden und in den Krieg zurückzukehren. Hier wird offensichtlich, dass viele Soldaten gerne zwei, drei Kriegseinsätze übernehmen, in denen sie von Alltagssorgen wie Familie, Miete oder Autoraten weit entfernt sind.« »Hell And Back Again« von Regisseur Danfung Dennis wurde beim Moscow International Film Festival in der Kategorie Dokumentarfilm mit dem Silver George ausgezeichnet. Der Film startet im Herbst in den amerikanischen Kinos und ist bei einigen europäischen Festivals zu sehen. — www.hellandbackagain.com

TOUCHÉ RECORDS|BELGIUM


► »YOR ICK « VO N P H I L I P P H AU T M AN N ► Ein enzyklopädischer Anti-Roman

TEXT & INTERVIEW CHRISTIAN KÖLLERER BILD FLORIAN AUER

YORICK, DER DRITTE Philipp Hautmann exhumiert in seinem ersten Roman einen alten Bekannten. Eine abenteuerliche Geschichte. enn ein Autor sein erstes Buch vorlegt, ist es meist sorgfältig dem aktuellen Literaturbetrieb angepasst. Unschwer ist ja herauszufinden, welche Themen Verlage, Kritiker und Leser derzeit bevorzugen. Deshalb gibt es bei der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur nur selten wirkliche Überraschungen. Philip Hautmann ließ sich beim Verfassen seines Erstlings nicht von solchen schnöden Überlegungen leiten. Sein »Yorick. Ein Mensch in Schwierigkeiten« ist ein sehr ambitioniertes Buch, das sich erfolgreich dagegen sperrt, in eine der gängigen Schubladen gesteckt zu werden. Beim ersten Aufschlagen erfährt man, dass es sich um ein Hybridbuch handelt. Viele Seiten sind unten mit grafischen Markern ausgestattet, die man mit der auf der Verlagsseite herunterladbaren Software (Mac only!) scannen kann.

KENNENLERNEN IN DREI TEILEN

Weniger weltumarmend als -umfassend: Philipp Hautmann hat sich an einen enzyklopädischen Gegenwartsroman gewagt.

Wer mit der Weltliteratur vertraut ist, der denkt bei Yorick nannte Psychoanalytikerin. Der provokative Anti-Gutmensch. nicht nur an den berühmten Totenschädel in Shakespeares Kurz, Hautmann lässt eine Reihe mehr oder weniger durchge»Hamlet«, sondern auch an den gleichnamigen Pfarrer in Lau- knallter Bobos mit hohem Wiedererkennungseffekt auf seine rence Sternes furiosem Klassiker »Tristram Shandy«. Haut- Leser los. manns Yorick teilt mit dem berühmten Vorbild nicht nur die Im zweiten Teil bricht Yorick ins reale Leben auf und sucht Spottsucht. Beide bringt ihre Scharfzüngigkeit in diverse ge- »einen sogenannten Beruf«. Die Berufswelt wird daraufhin aus sellschaftliche Schwierigkeiten. Im ersten der drei Teile lernen verschiedenen Blickwinkeln bloßgestellt. Einer der komischen wir den neuen Yorick ausführlich kennen und begleiten ihn auf Höhepunkte des Romans ist Yoricks Intermezzo in einer Unterseine Konversationsabenteuer. Seine gesellschaftlichen „Auflo- nehmensberatung. Sein erster Auftrag lautet, er möge ein Konckerungsversuche“ sind jedoch nur selten von Erfolg gekrönt, ob- zept entwickeln, wie die skandalgebeutelte katholische Kirche wohl der geistige Gehalt vieler Äußerungen durchaus Substanz wieder mehr Mitglieder gewinnen könnte. Yorick schreibt darhat. Insofern erfüllt Yorick ein klassisches Intellektuellenkli- aufhin eine im Buch ausführlich abgedruckte Abhandlung über schee: Unbeholfen im Leben, aber ein passabler Denker. Yoricks das Wesen von Religion. Dieser Exkurs ist eine ebenso präzise Bekanntenkreis besteht aus jeder Menge seltsamer Gestalten, Zusammenfassung der Sachlage wie die späteren Ausführungen die einem trotz (oder wegen?) der satirischen Überzeichnung Yoricks über den Neoliberalismus. Letztere bringt ihm eine Einsehr bekannt vorkommen. Der bei seiner Vernissage seine Zu- ladung in den Club der Milliardäre und die Bekanntschaft des seher zu Tode langweilende Gegenwartskünstler. Die selbst er- reichen Jim John Mearsheimer, dessen zahlreiche ausufernde


Monologe (Achtung: Thomas-Bernhard-Alarm!) den zweiten Teil beschließen und ein trotz aller Satire aufschlussreiches Psychogramm ergeben. Die Kindheit und Jugend der Psychotherapeutin Sabine steht im Mittelpunkt des dritten Teils. Selbstverständlich eingerahmt und unterbrochen von zahlreichen anderen Abschweifungen und abgerundet durch die seltsame Beziehung Sabines mit dem Großunternehmer Pierce Inverarity (Achtung: Thomas-Pynchon-Alarm!). Eines der unzähligen Projekte Yoricks besteht darin, einen großen Roman zu schreiben. Er schickt das umfangreiche Manuskript an die »größten und renommiertesten Verlage« und erläutert: »Schnell werden Sie bemerken, dass die Angelegenheit herkömmlichen Erzählstrategien sich verweigert sowie herkömmlicher Muster und Versuchen literarischer Deutung und Hermeneutik sich entzieht.« Es ist natürlich kein Zufall, dass dies auch auf Hautmanns »Yorick« zutrifft, wobei diese Deutungsverweigerung als ästhetische Strategie sehr wohl zu identifizieren ist. Man könnte natürlich schnell den ebenso beliebten wie ausgebleichten Aufkleber »postmoderner Roman« auf das Buch kleben. Dafür sind aber einige der Themen wie Neoliberalismus oder nationalsozialistische Erschießungskommandos nicht beliebig genug. Hautmann selbst bevorzugt die Bezeichnung »Anti-Roman« (siehe Interview).

ESOTERIK, FEMINISMUS, SCHWARZE LÖCHER

»Yorick« ist insofern der Versuch eines enzyklopädischen Gegenwartsromans, als er mit einer riesigen Menge an Themen angefüllt ist. Zu den bereits erwähnten kommen noch Esoterik, Verschwörungstheorien, Feminismus, Kosmologie, schwarze Löcher, Quantenphysik, Ameisenstaaten und anderes mehr hinzu. Die meisten dieser Passagen sind voller Witz und mit treffsicherer Ironie geschrieben. Durch die episodische Struktur wird die Fülle der Themen im Text auch gut gebändigt. Zusätzlich gibt es für literarische Rätselfreunde jede Menge Anspielungen zu erkunden. Hautmann interessiert sich ausschließlich für die Erlebnisse seiner Figuren und für intellektuelle Fragestellungen. Eine Konsequenz davon ist, dass er auf jegliche detaillierte Beschreibung der Handlungsorte verzichtet. Im Vergleich zu einem realistischen Roman sind Zeit und Raum also stark unterdeterminiert, was beim Lesen einen etwas diffusen Eindruck hinterlässt. Ähnliches gilt auch für die Makroebene des Buches. Zwar sind die drei Teile durch eine Reihe von Bezügen untereinander verknüpft, es bleibt aber beim Leser ein gewisser Eindruck der Disparatheit zurück. Anders formuliert: Je weiter man in den Roman hineinzoomt, desto besser funktioniert die ästhetische Strategie. Das Schreiben guter Literatur setzt immer eine hohe Risikobereitschaft voraus. Mehr Autoren wie Philip Hautmann, welche das Wagnis eingehen, die ausgetretenen literarischen Trampelpfade zu verlassen, wären der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur dringend zu wünschen. ¶ Philipp Hautmanns »Yorick« ist im Trauma Wien Verlag erschienen. www.traumawien.at

»Man sollte um die Welt schon besorgt sein, wenn man ihr was mitteilen will« Autor Philipp Hartmann im Interview über seinen kosmopolitischen Anti-Roman.

»Yorick« unterscheidet sich inhaltlich und ästhetisch sehr von dem, was im deutschsprachigen Raum sonst literarisch publiziert wird. Grundsätzlich und in erster Linie interessiere ich mich für den Geist und für das was Geist hat. Insofern interessiere ich mich für Literatur primär dann, wenn sie Geist hat. Intensiv mit Literatur habe ich mich erst beschäftigt, als es mit meiner wissenschaftlichen und sonstigen Karriere nicht funktioniert hat. Zu diesem Zeitpunkt ist diese Romanidee entstanden. Der Schreibprozess war mit vielen Unsicherheiten verbunden, eben aufgrund der Ungewohntheit der Form. Erst nachdem die Hälfte des Buches fertig war, hat sich das gefestigt. Ihr Buch enthält umfangreiche Exkurse über Religion und Neoliberalismus: Wollen Sie »Yorick« als dezidiert politischen Roman verstanden wissen? Ich verstehe mich durchaus auch als politischer Autor, allerdings ist das nur ein Aspekt unter vielen. Ich komme ja ursprünglich von der linken Studentenbewegung her, auch wenn ich mich inzwischen davon emanzipiert habe. Vor allen Dingen kann ich es aber nicht fassen, wie sehr die Erzeugnisse der jüngeren deutschsprachigen Schriftstellergeneration thematisch hauptsächlich um Ego- und Beziehungs-, fast schon nur mehr um Lifestyle-Geschichten herum kreisen. Klar, wir haben keinen Krieg oder dessen Nachwirkungen miterlebt, die gesellschaftlichen Verhältnisse sind stabil und die Inhalte unserer Lebenserfahrungen, aus denen wir schöpfen können, gewissermaßen gleichförmig und langweilig, aber ein bisschen mehr um die Welt, in der man lebt, sollte man doch schon besorgt sein, wenn man eben der Welt was mitteilen will. Vieles deutet darauf hin, dass »Yorick« in Wien spielt, auch wenn Sie mit expliziten Ortsangaben sehr zurückhaltend sind. Manches lässt auch an Linz denken. Ist »Yorick« ein Wien-Roman? Nein, der Roman ist eigentlich ort- und zeitunabhängig gehalten, trotz einiger Anspielungen auf Linz und Wien. Oder eben Entenhausen. Das war durchaus Absicht, unter anderem, weil mich in der Gegenwartsliteratur die vielen Beschreibungen nerven, die eigentlich irrelevant sind. »Yorick« ist auch ein kosmopolitisches Buch, etwa die Passagen rund um den Milliardärsklub als transnationale Superklasse. Was man vielleicht als »österreichisch« an dem Roman bezeichnen könnte, ist die Verschrobenheit der Figuren. Das ungekürzte Interview findet sich auf www.thegap.at AU SGA B E 1 1 8 / 0 3 7 ◄


► U RBA N K N IT T ING ► Stricken als Design und Kunst

stricken, na und?

Wie es dazu kam, dass das nach biederem Hausfrauen-Sport riechende Handwerk in jüngster Zeit Kunst, Design und den öffentlichen Raum eroberte. Türklingen oder Bäume zu bestricken. Die Wiener Strickerinnen unterstrichen mit ihrer »KnitherStory« genannten Aktion aber nicht nur ihren Anspruch auf den öffentlichen Raum, sondern auch auf Gleichstellung im Erwerbsleben. Denn was seinerzeit Stricken zu Hause war, sind heute schlechtbezahlte Jobs in den typischen Frauenberufen – eine grobe Benachteiligung. In anderen feministischen Aktionen liegt der Fokus eher in der Demontage männlicher Herrschaftssymbolik, wenn etwa historische Denkmäler mit gestrickten Accessoires in ihrer pathetischen Lächerlichkeit entlarvt werden.

ZWEITE HAUT

Zu den vielen Künstlern, die sich in den vergangenen Jahren traditionelle Handwerkstechniken zu eigen gemacht haben, zählt auch Olek, die allerdings nicht auf Stricken, sondern auf Häkeln setzt. Vor der polnisch-stämmigen Wahl-New-Yorkerin ist nichts sicher. Ihr bekanntestes Projekt war die Ummantelung der berühmten Bullenskulptur vor der New Yorker Börse, Olek hat Parkbänke, Autos, ganze Galerieräume und sich selbst in Maschenwerk gehüllt, auf dass Leute stehen bleiben, staunen, fotografieren und dann mit Bildern im Kopf weitergehen, die sie nicht vergessen. Oder sie kaufte Obst und Gemüse ein,

TEXT PETER STUIBER BILD OLEK / AGATAOLEK.COM

usgerechnet Stricken – dass dies einmal Thema für The Gap sein würde, hätten wohl auch die ärgsten Pessimisten nicht erwartet. Für viele ist das Handwerk bis heute gleichbedeutend mit Heimchen und Herd in Biedermannsdorf. Gerade solche Assoziationen forderten es aber geradezu heraus, den Spieß umzudrehen und Stricken zum Beispiel als Waffe der Emanzipation einzusetzen. So geschehen bei der Demonstration anlässlich des 100. Frauentags am 19. März dieses Jahres, als in Wien zur GuerillaKnitting-Aktion auf der Ringstraße aufgerufen wurde und zahlreiche Aktivistinnen Gegenstände und öffentliche Möblierung einstrickten. Die Motivation dahinter leuchtet ein. Traditionell fand (und findet) die Handarbeit im privaten Rahmen statt, der öffentliche Raum war seit jeher ein männlich dominierter. Heute wird dieser noch dazu immer stärker von kommerziellen Interessen dominiert, umso mehr kann man mit anarchisch-bunten Strickmustern auf Bäumen, Parkbänken oder Laternen Aufmerksamkeit erregen. Neben Guerilla Knitting sind dafür auch die Begriffe Yarn Bombing oder Urban Knitting gebräuchlich. Aufgetaucht ist das Phänomen vor mehr als fünf Jahren in den USA, wo sich Strickerinnen in Gruppen zusammenfanden, um


verpasste ihnen zu Hause eine wollene zweite Haut und brachte sie anschließend zurück in den Supermarkt, wo sie die nächsten Käufer überraschte. Wie sie zum Häkeln kam, ist leicht erklärt: Eines Abends legte Olek eine DVD ein und begann, beim Filmschauen nebenbei zu häkeln. Daraus hat sich eine Leidenschaft entwickelt, die man durchaus wortwörtlich verstehen kann. Denn Olek leidet unter ihrer Kunstproduktion: »Die Leute denken, dass es Spaß macht. Allerdings ist es sehr langweilig, ich häkle oft sechs, manchmal auch sieben Tage die Woche, jeden Tag 12 bis 18 Stunden. Es ist stumpfsinnig und überhaupt nicht sexy.« Immerhin hat sie das Glück, dass die Filme, die sie anschaut, sie zu immer neuen Kreationen anregen. An der Street Art schätze sie, dass sie mehr Leute erreicht; mit der Vergänglichkeit ihrer Werke muss sie sich ebenso abfinden wie die meisten Strick-Künstlerinnen (auch in Wien wurden die Werke schnell wieder entfernt). Dass Olek Häkeln und Stricken nicht für einen kurzfristigen Gag, sondern für eine echte Kunstform hält, versteht sich von selbst. »Es braucht Zeit, bis die Leute das akzeptieren. Rap und Graffiti war vor langer Zeit auch eine Ausdrucksform des Undergrounds, ab den 90er Jahren dominierte Rap weltweit, und Graffiti findet man heute im Museum.«

KUNST-MASCHE

Auch viele Designer haben traditionelle Handwerkstechniken wiederbelebt, wenn auch nicht aus politisch-aktionistischen Gründen, sondern weil sie von der Technik fasziniert waren. Vorreiterin auf diesem Gebiet ist die Niederländerin Hella Jongerius, die seit den 90er Jahren Verbindungen zwischen Industrie und Handwerk geknüpft hat. Heute findet man auf Designmessen »Knit Stools« (Claire-Anne O’Brien), »Jumper Chairs« (Bertjan Pot) oder Teppiche mit überdimensionierten Maschen (Sebastian

Schönheit). Die Niederländerin Christien Meindertsma entwarf einen »One Sheep Sweater«, der – wie sein Name sagt – aus der Wolle eines Schafes gefertigt wird: Ein Hinweis auf den nachhaltigen Umgang mit Ressourcen. Zu der jungen Generation der Strick-Begeisterten zählt auch der in London lebende deutsche Designer Jan Rose. Er sei zwar anfangs gegenüber dem Stricken enorm skeptisch gewesen, habe sich aber dann doch gefragt, wie man die Technik auf den nichttextilen Bereich anwenden könne – auch in ganz neuen Dimensionen. Also kreierte er im Rahmen seines Projekts »The Knitting Craftsman« Sitzgelegenheiten oder Lampen mit überdimensionierten Maschen, die unter anderem aus Leder »gestrickt« werden. Die Rückbesinnung und Neuinterpretation alter Techniken erklärt er so: »Designer und Konsumenten haben das Verlangen nach individuell gefertigten Produkten. Wir sind müde von den nichtssagenden, endlosen fabrizierten Produkten. Das Handwerk, im Gegensatz zum Rapid Prototyping, kreiert eine unterschwellige Verbindung, wir erkennen Muster und Traditionen, diese wecken Erinnerungen. Außerdem haben wir das Gefühl, den Prozess zu verstehen und verbinden die Produkte direkt mit dem Macher.« Stricken also doch als Rückbesinnung und Abkehr von der kalten Produktwelt unserer Tage? Man müsse schon darauf achten, nicht in die Nostalgiefalle zu tappen, so Rose. Also habe er sich an ein Diktum von Hella Jongerius gehalten: »We don’t repeat, we interpret and reinterpret.« Womit sich der Kreis zum Guerilla Knitting wieder schließt. Und hoffentlich auch die letzten Leser beruhigt sind, die schon das Comeback der Urstrumpftante befürchtet haben. ¶ www.flickr.com/groups/guerilla-knitting/pool www.agataolek.com — www.jan-rose.com AU SGA B E 1 1 8 / 0 3 9 ◄


► »GA M E O F T HR ON ES « ► Erwachsenen-Fantasy ohne Bildungsauftrag

tanen tiefe Einblicke in die menschliche Seele oder Reflexionen des Publikums auf das eigene Handeln zu, wie das beim großen Familienepos des frühen 21. Jahrhunderts, »Six Feet Under«, der Fall war. Zu weit ist die Saga rund um den eisernen Thron vom Heute entfernt. Westeros ist anderswo: In seinem Romanzyklus »Das Lied von Eis und Feuer«, dessen erster Band 1996 erschien, hat George R. R. Martin eine ausgeklügelte Parallelwelt der politischen Ränkespiele und blutigen Konfrontationen geschaffen. Das Intrigenkarussell aus Martins voluminösen Büchern haben David Benioff (»25 Stunden«, »Troja«) und D.B. Weiss jetzt ins Format einstündiger Fernseh-Episoden übertragen. Passend zum fernen Erzähluniversum haben auch die Produktionsbedingungen von »Game Of Thrones« (benannt nach dem ersten Band der Reihe) mit dem herkömmlichen Fernsehmarkt wenig zu tun. Alleine der aufwendig produzierte Pilot, der den von »Lost« an Bildgewalt bei Weitem übertrifft und von manchen Kritikern wie Fans zu den besten 50 Minuten Fernsehen aller Zeiten erklärt wurde, soll zwischen fünf und zehn Millionen US-Dollar gekostet haben. Das Gesamtbudget der zehn Folgen umfassenden ersten Staffel liegt bei kolportierten 60 Millionen Dollar. Diese Unsummen sieht man der Serie in jedem Moment an. Ausnahmslos alle Charaktere sind hervorragend besetzt, wobei die Stars, wie der aus »Herr der Ringe« bekannte Sean Bean, von den Kinderdarstellern noch übertroffen werden. Atemberaubende Landschaftsaufnahmen (gedreht wurde hauptsächlich auf Malta und in Nordirland) und die computeranimierten Schlösser und Burgen, deren CGI-Ursprung nicht ins Auge springt, tun den Rest.

ES DARF GESCHISSEN WERDEN

Das wahre Highlight der Serie ist jedoch – ganz HBO – die fesselnde, aber komplizierte Geschichte mit ihren vielen Handlungssträngen, die im Laufe der Zeit geschickt miteinander verwoben werden. Besonderen Wert wurde auf die vielschichtigen Charaktere gelegt, deren wahre Intentionen immer schwieriger zu durschauen sind, je näher sie dem Thron kommen. »Game Of Thrones« richtet sich dabei dezidiert an Erwachsene und entzaubert – auch das eine Spezialität des neuen Fernsehens, und da vor allem wieder von HBO – die verbreitete, romantisierte Vorstellung einer Epoche (auch wenn es sich in dem Fall um eine fiktive, aber deutlich ans Mittelalter angelehnte Fantasywelt handelt). Fernab von Feen, Hobbits und Zauberern wird in der Welt von George R. R. Martin gefickt, geflucht, geschissen und gemordet. Den Kampf Gut versus Böse, der im finalen Showdown entschieden wird, gibt es nicht. Stattdessen verfolgt jede Figur ihre eigenen, meist egoistischen Ziele, selbst noch in scheinbar altruistischen Handlungen. Und ganz wichtig: es ist permanent dreckig. Dieses vermeintliche In-die-Realität-Rücken einer fremden Lebenswelt hat schon oft Serien zu Hits gemacht und entspricht einem Zeitgeist, der von beiden Extremen mehr verlangt: Auf der einen Seite idealisierte Fantasy-Themenwelten als Fluchtpunkt, was sich in Kinoblockbustern von »Harry Potter« bis zu »Fluch der Karibik« Bei »Game Of Thrones« lernt man nichts. und auch einem Großteil der Comic-Verfilmungen widerspiegelt. Im Gegensatz zu im Feuilleton gelobten TV- Auf der anderen Seite mehr »Authentizität« in Science-Fiction (»Battlestar Galactica«), im Wilden Westen (»Deadwood«), im Serien wie »Six Feet Under« oder »The Wire« alten Rom (»Rome«) und jetzt auch im Fantasy-Reich. Den Freunden gediegener Serien-Aufklärung wird »Game Of hat die neue HBO-Produktion wenig Gesell- Thrones« wohl maximal zum Guilty Pleasure reichen. Oder es schaftskritisches zu bieten. Erzählt wird, wie wird krampfhaft etwas hineininterpretiert werden, wo nichts ist. Wie zu Beginn der Nullerjahre, als die »Herr der Ringe«-Verfilgewohnt, auf hohem Komplexitätsniveau, aber mung ins Kino kam. Da wurde die Trilogie als Allegorie auf alles vom Kalten Krieg bis hin zu Religionskonflikten, herdiesmal ohne Metaebene. Mögliche, angezogen. Dabei hatte Tolkien im Vorwort der revidierten Ausgabe von 1966 dezidiert geschrieben: »Was die tiefe Bedeutung Die Geschehnisse rund um die sieben Königreiche auf dem fik- oder ›Botschaft‹ des Buches angeht, so hat es nach Absicht des tiven Kontinent Westeros stellen weder eine Allegorie aufs das Autors keine.« ¶ alte Europa noch auf die USA der Bush-Ära dar. (Dafür muss man auf die gelungene Neuverfilmung des Weltraumepos »Batt- »Game Of Thrones« ist 2011 für 13 Emmys nominiert. TNT Serie lestar Galactica« zurückgreifen.) Noch lassen die Mitglieder der bringt im Winter die deutsche Erstausstrahlung der Serie. Königshäuser Baratheon, Lannister und Stark oder deren Unter- www.hbo.com/#/game-of-thrones — www.tnt-serie.de ► 0 4 0 / AU S GAB E 1 1 8

TEXT DAVID BOGNER BILD HOME BOX OFFICE INC. ALL RIGHTS RESERVED

PERMANENT DRECKIG


! % # % " ! " ! %

$ "

ErmäĂ&#x;igte Tickets in deiner Volksbank!

Tourinfo unter www.festivaltour.at

kets zu 2 Gratis-Tic Volksbank n e u e n m e d je to! Studentenkon AU SGA B E 1 1 7 / 0 41 â—„


ROCK ’N’ BIRTHDAY

GANG OF FOUR

EMA THE DUKE SPIRIT THE BETH EDGES DIKTA M185 RUBIK HAIGHT-ASHBURY

28.-30.09.2011

@WAVES VIENNA TICKETS IN JEDER BANK AUSTRIA, ERMÄSSIGUNG FÜR TICKETING-KUNDEN UND MEGACARD MEMBER UND UNTER WWW.WAVESVIENNA.COM FESTIVALPASS € 54 TAGESTICKETS AB AUGUST

www.facebook.com/JackRocksAustria

BITTE GENIESSEN SIE JACK DANIEL‘S VERANTWORTUNGSBEWUSST! JACK DANIEL’S is a registered trademark of Jack Daniel’s. ©2011 Jack Daniel’s


► » PAY IN G FO R I T « ► Comic-Künstler Chester Brown über seine Beziehung zu Prostituierten

SITTEN UND WIDRIGKEITEN Chester Brown grübelt über Liebe und Beziehung. Er findet Antworten bei Prostituierten. »Paying For It« ist ungeschminkte Autobiografie, aber auch persönliche Betrachtung gesellschaftlicher Widersprüche. er kanadische Künstler Chester Brown ist bekannt für seine unverblümte Offenheit und Ehrlichkeit, wenn es um sein eigenes Leben geht. Sein Ruf und Ruhm basiert auf dieser erbarmungslosen Selbstautopsie. So auch in »Paying For It«. Aber er ergeht sich nicht in freifließenden Gedankenmäandern. Beinahe steril seziert er sein Denken und Tun, wird zum Beobachter des eigenen Lebens. Distanz via Selbstobservation in einem grafischen Umfeld, wo jede Seite dem Auszug aus einer empirischen Versuchsreihe gleicht. Immer acht Panels, immer zwei Spalten und vier Reihen. Leser und Autor verschmelzen. Ist es Chester Brown, der sich selbst via Comic untersucht, so sind es zugleich auch wir, die bei der Lektüre eine identische Position einnehmen. Unter dieser Prämisse erzählt Brown davon, dass seine Partnerin ihm offenbart, dass sie sexuelles Interesse an einem anderen Mann hat. Sie möchte aber weder das Verhältnis zu Brown beenden, noch die gemeinsame Wohnung aufgeben. Brown willigt in das Experiment einer offenen Beziehung ein. Glaubt man seiner Schilderung, dann ohne Eifersucht oder verletztem Stolz. Und seine Historie legt es nahe, ihn beim Wort zu nehmen. Die Beziehung driftet aber auseinander, sexuelle Befriedigung für Brown bleibt aus. Sein nächster Schritt ist der zweiteilige Kern von »Paying For It«: Er nimmt die Dienste einer Prostituierten in Anspruch.

TEXT NURI NURBACHSCH BILD DRAWN & QUARTERLY

MEMOIREN EINES FREIERS

igkeit strebt Brown danach, seinen Standpunkt mit Argumenten zu unterfüttern, stabil zu dokumentieren. Er erkennt eine Gesellschaft, in der Menschen für ihre Entscheidung, Geld für sexuelle Dienstleistung zu verlangen, ins Aus gestellt werden. Brown möchte, dass Sexarbeit als persönlicher Ausdruck gewertet wird und entsprechend keine Legalisierung braucht, sondern den Menschenrechten inneliegen soll. Bemüht um Vollständigkeit, spricht er Vorurteile gegenüber Prostitution in den Appendizes an und kontert nachvollziehbar. Geschlechtskrankheiten, Menschenhandel, Gewalt- und Sexualverbrechen, Charakterschwäche, Machtmissbrauch, Selbstbestimmung, Versachlichung und die Kommerzialisierung des »Heiligen« - tatsächlich wird ersichtlich, dass Sexworker nicht unbelastet in unseren Moralvorstellungen existieren. Hier erzwingt Brown eine Auseinandersetzung im gemeinschaftlichen Kontext. Ebenso wie in Kanada ist in Österreich die Prostitution an sich strafrechtlich nicht verboten, ihre Ausübung jedoch durch zahlreiche Reglementierungen eingeschränkt. Zivilrechtlich gilt sie jedenfalls als sittenwidrig, basierend auf einer OGH-Entscheidung aus dem Jahre 1989, und es mangelt generell an einer klaren rechtlichen Definition. In dieser Grauzone müssen Sexworker zwar Steuern zahlen, sich regelmäßigen Gesundheitsuntersuchungen unterziehen und eine Sozialversicherung eingehen – aber ihre Dienstverträge sind vor dem Gesetz nichtig, ihr Lebensunterhalt vor Gericht kaum zu schützen und die Selbstverantwortung von Kunde und Dienstleister gilt nicht – ganz zu schweigen vom gesellschaftlichen Tabu. Angesichts der immensen Summen, die weltweit durch das Sexgewerbe umgesetzt werden, ist absehbar, dass sich daran – wie auch an der Ambivalenz der Meinung über die Prostitution – ohne ein Sichtbarmachen in der Öffentlichkeit nichts ändern wird. »Paying For It« liefert einen Beitrag dazu. ¶

Zwei Stränge verweben sich hier zu intimsten Stoff über die Frage nach Gültigkeit und Bedeutung von Liebe. Vordergründig zweifelt Brown gesellschaftliche Beziehungstraditionen an, darin erkundet er aber seine eigenen Bedürfnisse nach Liebe, Sex und Zweisamkeit. So sucht er die Dienste von Prostituierten, zuerst vorsichtig, mehr um sexuelles Verlangen zu stillen. Sukzessive entstehen und vergehen daraus Bindungen. Gegenüber Freunden vertritt er seinen Standpunkt rationell. Immerfort im »Paying For It« ist bei Drawn & Quarterly erschienen. Ressourcen steten Takt von zwei mal vier Panels pro Seite, akribisch eigene zum Thema Prostitution in Österreich und Europa findet man auf Erfahrungen rezensierend. Am Ende hat man Einblick in Browns den Websites des Bundesministeriums für Frauen und Öffentlichen idiosynkratische Welt des Zwischenmenschlichen gewonnen. Dienst (www.frauen.bka.gv.at) und der Zeitung der Sexworker im Und genau da beginnen seine Notizen. Mit zwanghafter Genau- deutschsprachigen Raum (zeitung.sexworker.at).

AU SGA B E 1 1 8 / 0 43 ◄


D

er deutsche Rapper Curse sang fünf Tage später: »Nichts wird mehr so sein wie es war« und wie recht sollte er behalten. Historische Ereignisse wie 9/11 hinterlassen ihr Profil tief in der Gesellschaft und damit in der Kultur – ganz besonders, wenn ein gefährlich kurzsichtiger Präsident wie George W. Bush mit einem Beraterstab aus Hardlinern die adäquate Antwort geben soll. Der bürgerrechtsfeindliche Patriot Act wurde abgesegnet, mit Begriffen wie »Achse des Bösen« und »Kampf der Kulturen« wurde das gesellschaftliche Klima wie in der McCarthy-Ära auf Eiszeit gleichgeschaltet. Die Militarisierung des Alltags ging eine Allianz mit dem Credo neoliberaler Wirtschaftspolitik ein. Die Jahre nach 9/11 sind geprägt von Heldenmythen und beschwören mit Hilfe moderner Computerpower den Geist glorreicher, aber umkämpfter Imperien (»Königreich der Himmel«, »King Arthur«, »Troja«, »300«, »Spartacus«, »Alexander«, die Serie »Rome«, etc.). Aber auch eine Reihe chinesischer Martial ArtsFilme (»House Of The Flying Daggers«, »Hero«, »Curse Of The Golden Flower«, etc.) spielen in ähnlich verfassten Großreichen mit Fragen der Ehre und sind plötzlich in westlichen Blockbuster-Kinos zu sehen. Nicht zuletzt die »Herr der Ringe«-Trilogie, aber auch »Star Wars I–III« loten die moralischen Engpässe aus, die entstehen, wenn man mit einem namenlosen Bösen konfrontiert ist. Folter ist Thema in »The Hostel«. Immer sind es westliche Welt-Touristen, die sich als Beherrscher ihrer Umgebung fühlen und ihre Grenzen von einem archaischen Etwas blutig aufgezeigt bekommen. Horrorfilme zeigen die Kehrseite der ach so hehren »Operation Freedom«. Die lässt sich wiederum in einer Reihe von Computerspielen fast ohne jede Brechung durchspielen, während andererseits investigative Dokumentationen gleichzeitig eine ungeahnte Blüte erleben (»Fahrenheit 9/11«, »Darwin’s Nightmare«, »Eine unbequeme Wahrheit«, »The Power Of Nightmares«, etc.). Auch die Musik ist gekennzeichnet von einem restaurativen Schock. Plötzlich ist Rock wie aus den 60er Jahren der Sound der Zeit. Soul feiert ein Comeback. Währenddessen rollen brachiale Beats wie aus dem Zentrum der Kampfzone durch den HipHop. Aber auch die Kommerzialisierung wird dort auf die Spitze getrieben. Nach der Reaktion folgt jedoch Aktion. Nur selten gab es in der Popmusik eine Politisierungswelle wie Mitte der Nuller Jahre. Green Day und Eminem nehmen angriffslustigen Protest auf, aber auch von Ska- und Reggae-Artists, die Wiederentdeckung von Post-Punk und sogar Emo können als mehr oder weniger offene Ablehnung der Politik in den Jahren des »Kriegs gegen den Terror« verstanden werden. Natürlich gab es daneben weiterhin alltägliche Ablenkungen und zeitlose Kunst. Doch 9/11 hinterließ einen tiefen Fußabdruck – im kollektiven Gedächtnis und in der Kultur. ¶

wie hat 9/11 die popkultur verändert? Als die zwei Boeings am 11. September 2011 in das World Trade Center einschlugen, war damit die erste historische Zäsur seit dem Ende des Kalten Kriegs markiert.

»WAS MAN DENKEN SOLL«

Ulli Mayer

Der Zusammenhang von Pop und Krieg lässt sich geschichtslogisch im Kapitalismus begründen. Beide bedienen sich ähnlicher Strategien der wechselseitigen Ästhetisierung, emotionalisierten Mobilisierung und Illusion aus denen sie ihre massenmediale Wirkungsmacht ziehen. Musik beginnt da eine bedeutsame Rolle zu spielen, wo es um identitäts- und nationalitätsstiftende Prozesse geht, in denen sie als Ersatzsinn fungieren kann. Zu den sichtbaren Auswirkungen, dererlei Prozesse nach 9/11 lenken zu wollen, zählt dabei die knapp 160 lyrically questionable Songs umfassende Negativliste des Radioanbieters Clear Channel Communications, die »Empfehlungen« darüber abgibt, was un!/!angemessen sei zu hören, zu denken. Vor diesem Hintergrund eines moralisch konservativ erstarkten Regierungsklimas sind auch eine Reihe von erweiterten Gesetzeserlassungen zur Kontrolle von Tanzund Musikveranstaltungen (»Rave Act«, »Protect Act«, »Clean Up Act«) und ihre Wirkung auf die Musik- und Partykultur in den USA zu sehen, die einmal mehr das Moment von 9/11 als kulturpolitische Zäsur verdeutlichen. ¶ Ulli Mayer, 29, arbeitet und lebt gerne von einem Festival (Donaufestival, Elevate, … ) zum anderen, philosophiert über Musik, Popkultur & Feminismus und ist Initiatorin des Girls Rock Camp NÖ www.girlsrock.at

KOMMENTAR STEFAN NIEDERWIESER

► WO RT WECHSEL ► Die Auswirkungen des 11. September 2001 auf Kunst und Kommerz


»RENAISSANCE DER POLITISCHEN PROPAGANDA«

Alois Pumhösel

»GAMES MIT HISTORISCHER VERANTWORTUNG«

Martin Lorber

»ÄNDERUNG NICHT MÖGLICH»

BILD PRIVAT, FM4, E&A, PRIVAT

Martin Blumenau

Provokante Antwort: Gar nicht. Eine Kultur, die den Dialog mit der Umgebung verlernt hat, kann nicht auf Entwicklungen reagieren, wie auch. Das hat nichts mit mangelnder künstlerischer Sensibilität zu tun als vielmehr mit der Ausrichtung der Popkultur in der Postmoderne. Und da ist ihre Rolle eine deutlich von kapitalistischem System determinierte: man hat für die Aufregung, den Thrill, den Spaß zu sorgen, auf breitestmöglicher Ebene. Deshalb gibt es innerhalb dieses Masterplans nichts, was einen wirklichen Einschnitt bewirken kann. Die bedachte Antwort: einiges, aber nur lokal. Klar haben alle, die in New York leben und die Einschläge körperlich gespürt haben, reagiert, direkt oder indirekt. Die Künstler, die Musiker, die Filmer, die TVSerienproducer. Bruce Springsteen hat ein beschützendes Konzeptalbum gestaltet. Aber das sind Schritte der Verarbeitung von Trauer und Trauma, und somit auch Normalität. Und nichts was eine ganze Kultur verändert. Die Frage, die hinter dieser Frage steht lautet: Ist der Begriff »Popkultur« überhaupt noch fassbar? Aktuell steckt da nämlich, bis auf ein paar Reservate von tribalen oder klassischen Resten, eh schon alles drin. Auch der Sänger Schrott und auch der Dalai Lama. Ein so gigantischer Komplex wie »unser aller Alltagskultur« ist nicht manövrierfähig wie es eine künstlerische Avantgarde ist, sondern ein stur vorwärts fahrender Tanker. Und wenn die Avantgarde sich dem Kunstmarkt unterwirft, und somit ihrer Fähigkeit der verblüffenden Wendung beraubt, dann gibt es nichts mehr, was das Konzept »Änderung« überhaupt auf seiner Agenda hat. ¶ Martin Blumenau, 50, ist Chief Coordinator beim österreichischen Radiosender FM4, Moderator, Autor und Blogger zu den Themen Jugendkultur, Demokratiepolitik, Medienpolitik, Musik und Fußball. fm4.orf.at/blumenau

Wie alle anderen Medien greifen auch Computerspiele das auf, was in der Welt um uns herum passiert. Computerspielen aber kommt durch die Interaktivität eine besondere Rolle zu, denn Spieler sind in diesem Medium nicht nur Zuschauer des Geschehenen, sondern stets auch Akteure. Auch eine Vielzahl historischer Großereignisse der Moderne wurde in Computerspielen aufgearbeitet, ganz gleich, ob es sich um den Zweiten Weltkrieg oder den aktuellen Afghanistaneinsatz handelt. Filmisch wurde der furchtbare Anschlag auf die Türme des World Trade Centers schon mehrfach thematisiert. Hingegen war 9/11 zwar bisher in keinem Spiel aktiver Gameplay-Bestandteil, die darauf folgenden Auslandseinsätze der USA hingegen schon. Auch wenn sich also 9/11 nicht ganz direkt im Spiel niedergeschlagen hat, so hat das Aufgreifen der damit verbundenen Thematik in Spielen dennoch – aufgrund der Wucht der Ereignisse und der globalen Folgen daraus – Computerspiele teilweise in den Mittelpunkt einer engagierten politischen, ethischen und ästhetischen Diskussion katapultiert. An dieser Debatte haben sich nicht nur Mitglieder verschiedener nationaler Regierungen persönlich beteiligt, sondern auch die Feuilletons führender Zeitungen der ganzen Welt. Was wir in vielen Spielen sehen, hat seit 9/11 mit uns Menschen auf noch mehr Ebenen zu tun als vorher. Auch aus diesem Grund kommt der thematischen Aufarbeitung solcher Ereignisse in Computerspielen aus meiner Sicht gesellschaftlich eine große Bedeutung zu. Dies gilt zunächst für die zeitnahe Verarbeitung des Geschehenen, später aber auch im Rahmen der Aufklärung für künftige Generationen. Dabei trägt der Produzent eines Werkes eine große Verantwortung. An ihm ist es, die Ereignisse angemessen und nicht geschönt darzustellen – oder aber bewusst Stilmittel wie eine Überzeichnung einzusetzen. Wie auch immer die mediale Verarbeitung aussieht, dieser Verantwortung müssen sich auch Publisher von Computerspielen stellen, denn die Darstellung historischer Ereignisse darf nicht manipulativ sein und Tatsachen dürfen nicht verdreht werden. ¶ Martin Lorber, 44, PR-Direktor bei Electronic Arts und Autor des Blogs www.spielkultur.ea.de

Die Serie »24« rund um Antiterroragent Jack Bauer lief im November 2001 im US-Fernsehen an und traf einen Nerv der Post-9/11-Gesellschaft. Die Regierung Bush würde nach den traumatischen Ereignissen zur Tat schreiten, sie würde Kriege führen, sich über Grenzen hinwegsetzen, und Jack Bauer machte es vor: Angesichts ständiger Terror-Bedrohung war ihm jedes Mittel recht. Man konnte die Serie als klares Plädoyer für Folter verstehen. »24« war nur der Anfang einer Flut von Antiterror- und Kriegspropagandaformaten in einem Serienmarkt, der sich als schnell reagierender Spiegel politischer Verhältnisse etabliert hatte. Der USSerienmarkt expandierte in den letzten zehn Jahren im großen Stil. Er baute seine Rolle als Kulminationspunkt popkultureller Gemeinplätze aus und traf nicht zuletzt auf biedermeierliche Rückzugsbedürfnisse angesichts allerorts kolportierter Bedrohungsszenarien. Gerade der Irakkrieg musste propagandistisch gestützt werden. Die Trinität gesellschaftlichen Zusammenhalts, die US-Produktionen grundiert – Familie als Kernzelle der Gesellschaft, Stilisierung des Präsidentenamts, Ästhetik des vollen Einsatzes für den Arbeitsplatz –, erfuhr in einschlägigen Serien wie »Over There« oder »The Unit« ihre höchste Ausprägung. Der Begriff der Ehre musste die divergierenden Interessen von Krieg und Familie wieder einmal kitten. Ein kleiner Lichtblick war »Generation Kill«: Beim Sender HBO, der ungekannte Qualität im Serienformat realisiert, hatten auch verstümmelte Zivilistenleichen, tragische Fehlbombardements und kontraproduktiver militärischer Ehrgeiz Platz. Aber auch in Produktionen, die angesichts der bedrückenden Realität von Eskapismus getragen waren, hinterließ 9/11 Spuren. Die positive Zukunftssicht der »Star Trek«-Generationen war endgültig Geschichte. In den 2000ern etablierte sich stattdessen die Stilform der Apokalypse. Aliens wurden beinahe kategorisch zu feindlichen Invasoren. Und das Zombiezeitalter brach geradezu über die Seher herein. Wie weit hier der Einfluss von 9/11 tatsächlich reicht, ist kaum zu ergründen. Und mit der Wirtschaftskrise kam schon das nächste Trauma, das es in Serienform zu verarbeiten galt. ¶ Alois Pumhösel, 35, beschäftigt sich mit Medienkritik, vornehmlich als Journalist bei der Tageszeitung Der Standard. Er twittert unter @AloisPumhoesel. AU SGA B E 1 1 8 / 0 45 ◄


► P RO SA ► Teresa Präauer

überflieger Skizzen in Wort und Bild. In Überschallgeschwindigkeit erzählt die Autorin und Zeichnerin Teresa Präauer die Lebensgeschichte von zwei Pilotinnen. Zwischen Notlandung und Abflug wird dennoch nicht mit Details gespart.

ehn Monate hat die junge Fliegerin mit den Vorbereitungen zur Teilnahme am großen amerikanischen Frauenflugwettbewerb verbracht, als sich der Termin zum Abflug aus Deutschland wetterbedingt um Tage verzögert, bis sie schließlich gerade noch rechtzeitig am Startfeld anlangt, um das ihr zugewiesene Flugzeug in Betrieb nehmen zu können, welches sich aber als ein anderes Modell als das versprochene herausstellt. Diesen ersten Rückschlag tragen sie und ihre Co-Pilotin, eine Amerikanerin und im letzten Jahr eine der Gewinnerinnen des Flugwettbewerbs, noch mit Fassung, während ihnen bereits am zweiten Tag des Wettbewerbs das Wetter übel mitspielt, und sie zu einer Notlandung ansetzen. Sicher auf einem weiten Acker gelandet, müssen sie nun feststellen, dass sie während des Landemanövers offenbar doch leichten Bruch erlitten haben und ein Teil der Tragflächen beschädigt ist. Schon eilen mehrere Bewohner der nahegelegenen Ortschaft herbei, um den Schaden zu begutachten und den beiden Fliegerinnen ihre Hilfe anzubieten. Es stellt sich heraus, dass einer der Männer ein erfahrener Kunstflieger ist, der über entsprechendes Ersatzmaterial für die Reparatur verfügt, und sein Freund wiederum ein geschickter Mechaniker, an aller Art von Technik interessiert, und diese den beiden Frauen, die aus Zeitungsberichten wohl bekannt sind für ihre Tatkraft und ihre Fachkenntnis das Aviatische betreffend, doch unter die Arme greifen können. Hinzugefügt werden muss an dieser Stelle, dass der Frauenflugwettbewerb von seinen kühnen Teilnehmerinnen auch stets verlangt, gut gekleidet und mit einem freundlichen Lächeln die Fährnisse des Fliegens zu meistern. Als nun unsere beiden tapferen Heldinnen so in ihrem besten Pelz im braunen Matsch des Ackers zwischen Motor und Rollgestell des Flugzeuges umherstapfen, hier schrauben und dort das Benzin wechseln, wird den beiden Herren so warm ums Herz, dass sie einander mit einem kurzen Kopfnicken und ohne Worte bedeuten, die Reparatur des Flugzeugs der Fliegerinnen von nun an und für lange Zeit zu torpedieren. ¶


AD PERSONAM Doppelbegabungen müssen gepflegt werden. Wie man das macht, zeigte die Autorin und Zeichnerin Teresa Präauer (Jg. 1979) – die nach Studium der Germanistik und Malerei in Salzburg und Berlin – vor gut zwei Jahren mit ihrem Künstlerbuch »Taubenbriefe von Stummen an anderer Vögel Küken« (Edition Krill) ein spannendes Buchprojekt verwirklichte. Knappe Prosa wird in diesem Künstlerbuch mit Sprachspielen gekonnt austariert und mit subtilem Witz (wortwörtlich) ins Bild gerückt. Das funktioniert übrigens auch zu fremden Texten. Für Krimiautor Wolf Haas etwa illustrierte sie 2010 dessen erstes Kinderbuch »Die Gans im Gegenteil« (Hoffmann & Campe). Ansonsten zerschneidet die Salzburgerin, die mittlerweile in Wien lebt, gerne alte Bücher und hat an einem neuen geschrieben, in dem es um »Menschen, Vögel, Beziehungen, Piloten und eine Japanerin« geht. Klingt spannend und soll voraussichtlich 2012 erscheinen. ▪ TEXT MANFRED GRAM

chließlich verheiratet und mit den monetären Segnungen eines florierenden Betriebes gesegnet, ihr Mann war in der Zwischenzeit vom Kunstflieger zum Veranstalter für die wichtigsten Kunstflugschauen und Reklameflüge des Landes avanciert, woran auch ihr Engagement in den ersten Jahren seinen Anteil gehabt hat, ist der zweiten, nun nicht mehr ganz so jungen, aber immer noch attraktiven Fliegerin sprichwörtlich und tatsächlich das Dach auf den Kopf gefallen, als nämlich die backfischhafte Tochter der ersten Fliegerin, siehe zur Erinnerung noch einmal Abbildung links, und ihr eigener Sohn, hier kurz genannt der Co-Pilotinnen-Sohn, ebenso noch keine vierzehn Lenze alt, die Schräglage eben jenes Daches in der Horizontale zu erkunden im Schilde geführt hatten, und schon auf halbem Wege dorthin die bauliche Konstruktion des Vaters des ehemaligen Kunstfliegers sich als nicht betretungstauglich erwiesen hat. Nachdem der Co-Pilotinnen-Sohn daraufhin ins Schweizer Internat und die Fliegerinnentochter in ein französisches Mädchenpensionat verfrachtet worden sind, und sich die ehemalige Co-Pilotin nach einer Genesungsphase in der nahen und sehr teuren Privatklinik wieder imstande sieht, ihre dunklen Haare angemessen zu einem Knoten zu binden, ihren Lidstrich nachzuziehen und ihre Sommergarderobe in einen Koffer zu werfen, startet der Technikermann der ersten Fliegerin, der seit vielen Jahren keinen Handgriff mehr richtig gemacht, sein Erbe verschleudert und sein Glück verspielt hat, den Motor eines etwas in die Jahre gekommenen kleinen Leichtflugzeugs, macht mit galanter Geste am Beifahrersitz Platz für die CoPilotin, die doch die beste Freundin seiner Gattin all die Jahre hindurch gewesen war und ja außerdem die Angetraute seines erfolgreichen Flugschauveranstalterfreundes, und fliegt mit ihr weit fort in ein exotisches Land. Von diesem Zeitpunkt an ist vieles gelungen und auch die Daheimgebliebenen haben ihren Abschiedsschmerz bald zu lindern gewusst. Und still bei sich denkt die erste Fliegerin manchmal daran, dass sie womöglich von Anfang an jeweils auf das falsche Pferd gesetzt haben mochten. ¶ AU SGA B E 1 1 8 / 0 47 ◄


► WO R KSTAT I O N ► Menschen am Arbeitsplatz


DOKU RICHARD SCHWARZ BILD ARNOLD PÖSCHL

LUKAS SCHWARZKOGLER, 30, UND PATRICK BRANDSTÄTTER, 36, GESCHAEFTSFUEHRENDE GESELLSCHAFTER

Vor knapp vier Jahren gründeten Lukas Schwarzkogler (ganz links) und Patrick Brandstätter (nicht ganz so links) Airborne Motion Pictures und hoben gleich ab – mit einem 25kg Turbinenhelikopter zu 2.000 Euro das Kilo. Das Spezielle daran war, dass das eigentlich gewöhnliche Flugobjekt ein eigens entwickeltes Kameraträgersystem mit sich führte, mit der Absicht vibrationsfreie Bilder aus einer neuen Perspektive zu liefern. Das Material sollte ihre Werke, bei denen sie nahezu fotorealistisch digitale 2D- und 3D-Objekte in reale Aufnahmen einfügten, noch spezieller und vor allem für Kunden interessanter machen, die im staubigen Genre Industriefilm nach was Neuem suchten. Vorerst wurden sie dafür von Branchenkollegen und Geldgebern belächelt; heute freut sich unter anderem Moby über die dabei entstehenden Kamerafahrten – besser: Kameraflüge. Kompromisslos zogen sie – mitunter zum Leidwesen des Buchhalters – ihre Firmenidee durch: Bilder produzieren, die sonst keiner produzieren kann. Das brachte einige Abstürze mit sich, nicht geschäftlich, sondern was die Prototypen betrifft, doch heute fliegen unter der Marke »HD-Copter« Multirotor-Kamerahelikopter (ganz rechts) europaweit, um Bilder einzufangen. Gesteuert werden die Einsätze von den Räumlichkeiten einer ehemaligen Setzerei in Klagenfurt aus, welche das Team eigenhändig vom verbrauchten Zustand in ein für Videoproduktion brauchbares Ambiente verwandelte. Eigentlich wollten die damaligen Praktikanten (teilweise im Bild) lernen, wie man aufsehenerregende Bilder sammelt und gestaltet, doch kam anfangs auch das Wissen von der Farbbehandlung eines Heizkörpers dazu; für den Umgang untereinander war das äußerst bereichernd und spart gruppendynamische Seminare. — www.a-mp.at AU SGA B E 1 1 8 / 0 49 ◄



NORA LEITGEB, 34, KOORDINATION KUNSTRAUM LAKESIDE

Die letzte Ausstellung vor der Sommerpause hat ihre Spuren am Arbeitsplatz von Nora Leitgeb hinterlassen. Die Künstlerin Inge Vavra dekonstruierte den Boden des Kunstraums Lakeside, um Hintergründiges zu konstruieren; metaphorisch wurde Unbewusstes hervorgeholt. Die Konfrontation mit derartigen künstlerischen Interpretationen der Welt ist angenehm und als Frau vor Ort nimmt Nora Leitgeb an allen Abschnitten des Schaffensprozesses teil. Diese Beobachtungen sind im Weiteren hilfreich, wenn Besucher die Werke mit Verwunderung studieren, da vor allem konzeptuelle Arbeiten oft nicht für ein spontanes Verständnis kreiert wurden. In solchen Fällen ist sie als Vermittlerin zwischen Kunst und Betrachter gefragt. Zu kommunizieren nimmt generell die meiste Zeit ihrer Tätigkeit in Anspruch: Kooperationen werden gepflegt, Informationen nach außen getragen und Ausstellungen vorbereitet. Praktisch ist dabei, dass der Kunstraum Teil des Klagenfurter Lakeside Science & Technologieparks ist und dieser mit den darin beheimateten Unternehmen und auch dem Nachbar Universität ein interessiertes Publikum für moderne Kunst bietet. Außerhalb der überschaubaren Kunstszene ist Kärnten eher ein schwieriges Terrain für Experimentelles und versucht man eine breitere Öffentlichkeit anzusprechen, folgt oft Unverständnis als Antwort. Mit diesem Gefälle konfrontiert, stellte sich für die studierte Kunsthistorikerin und Kulturmanagerin die Frage nach »Kunst als Möglichkeit sozialer und politischer Intervention« und eine Dissertation dazu mit dem Fokus auf österreichische Beispiele ist begonnen; doch für die zweifache Mutter steht im Moment die Bildung anderer im Vordergrund. — www.lakeside-kunstraum.at AU SGA B E 1 1 8 / 0 51 ◄


Advertorial — powered by impulse

_ Eine (1) Jacke für alle Wetter »Die Idee für die Jacke kam mir bei meinen Streifzügen in den Bergen hier in Tirol. Das Wetter schlägt permanent um und das macht es beinahe unmöglich, richtig angezogen zu sein«, erzählt Michele Stinco über die Anfänge seines Hybrid Jackets. Die Erfindung dahinter ist das erste wendefähige Drei-LagenLaminat der Welt. Die Jacke ist leicht und robust und damit optimal für alle Outdoor-Aktivitäten geeignet. Sie ist nicht nur winddicht, wasserdicht und atmungsaktiv, sondern lässt sich als Alleinstellungsmerkmal auch für verschiedenste Wetterbedingungen adaptieren. Durch beidseitig laminierte Membranen werden zwei Temperaturzonen geschaffen, die durch simples Wenden der Jacke aktiviert werden. Ist es kalt, trägt man die Jacke mit der dunklen Seite nach außen. Sonnen- oder UV-Strahlen werden aufgefangen und dem Körper wird Wärme zugeführt. Ist es heiß, wendet man die Jacke einfach und trägt sie mit der sonnenabweisenden, silberweißen Seite nach außen. Stinco ist als Produktdesigner für Outdoor-Marken wie Mammut, Salewa, Adidas, Vaude oder Falke tätig. Er ist sich sicher, dass das PolychromePrinzip – also: Reflektion, Absorption, Adaption – auch Industrieunternehmen ansprechen und in deren künftigen Kollektionen vertreten sein wird. Auf den Markt kommen soll das »Polychrome Hybrid Jacket« voraussichtlich im Sommer 2012. www.michelestinco.com

»Optimal angezogen zu sein ist ein Zustand, den es nicht gibt. Das Wetter nimmt keine Rücksicht und darum versuche ich, aus der Not eine Tugend zu machen.« (Michele Stinco)

Fotos: Michele Stinco

Michele Stinco schuf mit dem »Polychrome Hybrid Jacket« eine Outdoor-Jacke für unterschiedliche Anlässe. Nach der impulse-Förderung ist er nun für den Staatspreis 2011 nominiert.


Michele Stinco testet seine Jacke selbst.

MICHELE STINCO ÜBER IMPULSE Ohne Impulse wäre diese Idee aus dem Jahr 2008 noch in der Schublade, da es für uns Designer nicht möglich ist, mit Industrieunternehmen auf Augenhöhe zu arbeiten. Ideenklau steht hier leider auf der Tagesordnung. Ich bin impulse für die unabhängige Unterstützung sehr dankbar.

Was sind die Besonderheiten der Polychrome Hybrid-Jacke? Wie funktioniert sie? Das Polychrome Hybrid Jacket ist das erste Drei-Lagen-Laminat der Welt, welches nicht nur winddicht, wasserdicht und atmungsaktiv, sondern je nach Wunsch absorbiert es Wärme und wärmt oder reflektiert Hitze und kühlt – und das alles ohne technische Hilfsmittel. Das Patent ist übrigens schon angemeldet. Die Jacke ist in der Lage, Körperkernwärme so zu regulieren, dass der Träger weniger friert und weniger schwitzt. Damit spart man eine gesamte Bekleidungsschicht und hat außerdem nie eine nasse Jacke an.

ab Sommer 2012 kaufen. Die Oberstoffe der Jacke werden getrennt über polychromelab.com vertrieben. Auf Fachmessen sollen auch Industrieunternehmen meine Erfindung kennenlernen: Ich bin mir sicher, dass diese den neuen Oberstoff in ihre Entwicklungsüberlegungen einbauen werden.

Für welche Zielgruppe ist die Jacke bestimmt und was soll sie kosten? Die Jacke ist für Bergsportler, Skisportler, Skibergsteiger, Biker und alle anderen bestimmt, die Lust auf dieses Konzept haben. Wichtig ist es mir dabei, zu betonen, dass die eigentliche Innovation das Material ist – und dieses wird als Jacke erstmals auf den Markt gebracht, um die Funktionsweise bekannt zu machen. Die Polychrome Hybrid-Jacke ist zwar ein PremiumProdukt, passt sich aber an die Preislage am Markt an und wird je nach Ausstattung rund 500 Euro kosten.

Das Förderprogramm impulse unterstützt die Polychrome Hybrid-Jacke im Rahmen von impulse XS. www.impulse-awsg.at

Wie lange dauert es noch bis zur Markteinführung und wie soll der Vertrieb funktionieren? Die Jacke wurde Mitte Juli auf der Outdoor-Fachmesse in Friedrichhafen präsentiert. Endverbraucher können sie dann

Sind in nächster Zeit noch weitere Produkte geplant? Ja! In der Pipeline sind einige neue Research- und Development-Projekte, die sehr spannend sind.

kreativwirtschaft in österreich by


54

► G RÜN D E R SER IE VO L . 2 ► Garmz #14: Relaunch

TEXT BILD

ANDREAS KLINGER GARMZ.COM

How about we do the same, but change everything?

garmz relaunched in der modewelt. Andreas Klinger, Co-Founder von Garmz.com, über Modemenschen, Erfahrungen und Veränderungen – dem Erwachsenwerden einer Company. get it – you are ambitious and maybe on the correct track. But you are not fashion. You even sound like you do Hiphop Streetwear?« Wir haben in den letzten Monaten einiges an Feedback bekommen. Gutes, hartes, ehrliches, unehrliches und – viel zu oft – sehr schmerzhaftes. Feedback, welches uns hilft, große Ambitionen und große Naivität von einander zu entscheiden. Feedback, welches wir nun endlich in einem Relaunch umsetzen können.

WAS ÄNDERT SICH? ALLES – UND GLEICHZEITIG NICHT VIEL

Das Problem: Einkäufer können von jungen Designern nicht kaufen. Unabhängig von Talent oder wie toll die Designs auch sind benötigt der Fashion Buyer nachgewiesene Marktnachfrage für den Designer und seinen Brand. Und – noch wichtiger: Er muss sich sicher sein, dass der Designer auch wirklich qualitativ und pünktlich liefern kann. Serienproduktion und Produktqualität – angefangen von der Vorfinanzierung bis zum Management und der Qualitätskontrolle ist das, was jungen Labels häufig das Genick bricht. Die Buyer warten lieber ein oder zwei Jahre und schauen, wer übrig bleibt, bevor sie aufs falsche Pferd setzen. So funktioniert klassischer Retail. Nichts in diesem Prozess ändert aber den Fakt, dass die Produkte auch jetzt schon gut sind, dass Kundennachfrage da wäre und durch digitale Medien und Blogs alles noch schneller und transparenter läuft. Jede Woche poppen neue Talente vor den Augen der Kunden auf und die Nachfrage ist größer als je zuvor. Aber niemand macht diese Mode wirklich zugänglich. Weil auch die euphorischsten Kunden nicht mehrmals bei einem Designer kaufen, wenn die Preise zu hoch, die Verarbeitung zu schlecht und der Schnitt typisch Anfänger ist.

► 0 54 / AU S GAB E 1 1 8

RETAIL UMGEDREHT – AB HIER ÜBERNEHMEN WIR

Wir nehmen die Mechanismen von Garmz, die sich bewährt haben und gut funktionieren, und sprechen damit mehr fortgeschrittene Designer an. Weniger Fokus auf Skizzen von Hobbydesignern, ab nun laden junge Modedesigner gesamte Kollektionen hoch. User voten direkt ihre Lieblingsprodukte für den Webshop, wir lizensieren entsprechend der Nachfrage und sorgen für die Produktionsqualität und den Vertrieb. Sollte der Designer selbst besser produzieren können, übernehmen wir die Kollektion einfach auf Kommission direkt von ihm. Selbst wenn ein Designer nicht zum Kundenliebling wird, bekommt er trotzdem Feedback und hat Promotion durch sein Portfolio.

MODE AUF DEN KOPF GESTELLT – UND ZWAR RICHTIG

Auf dem Papier liest es sich vielleicht nicht viel anders als das, was wir schon bisher gemacht haben, die Positionierung ist aber eine völlig neue. Authentischer und stärker eingebettet in den Modemarkt, näher an echten nachkommenden Modetalenten. Funktioniert alles wie geplant, schließt das Modell eine Lücke zwischen den Designern und ihrem Markt und macht nachströmende neue Mode früher erreichbar. Das Konzept geht einen großen Schritt weiter als jeder aktuelle Marketplace oder Webshop und einige große Namen der Industrie vertrauen uns und stärken unseren Rücken. Feedback hilft immer, auch wenn es schmerzhaft ist und man oft solange nicht zuhören will, bis man es selbst auch so sieht. Wenn wir also den ganzen Relaunch in Ruhe betrachten, wird uns klar, dass immer noch etwas fehlt: Trotz aller Entwicklung ist »Garmz« noch immer nicht Fashion. Und so stehen wir vor einem der radikalsten Schritte unserer bisherigen Unternehmensgeschichte: Wir werden unseren Namen ändern …


JETZT UMSTEIGEN AUF VDSL2 MIT SILVER:BUSINESS-CLASS NSAKTIO OTE B E ANG NEUFÜR EN! KUND


18.-20. AUGUST ST. PÖLTEN

E Y E Y D A E B · T S IN A G A E IS R · N IA KASAB NATIONAL · THE TING TINGS THE KOOKS · INTERPOL · THE

URPHYS · KAISER CHIEFS M CK KI OP DR · LD OR W T EA Y M HURTS · JIM E DISCO · THE KILLS TH AT C! NI PA · E TT LO AR CH OD ELBOW · GO ES EREO MC‘S · FEEDER · FRIENDLY FIR

· ST CLUESO & BAND · APOCALYPTICA KELE · CRYSTAL FIGHTERS · A EK NN · CE OI CH K‘S · UB CL TWO DOOR CINEMA KITAMAN CLUB · SIMPLE PLAN · MONO & NI

THE VACCINES · BOMBAY BICYCLE RA · THE VIEW · SAMY DELUXE · YUCK · FRISKA VILJOR RÉVOLTÉS EN · CARL BARAT · KAIZERS ORCHEST

HADOUK

MATTHEW · IRIE D IN THE HANDS · MONA · SCOTT RE ND HU E TH · S ND HA D HE TC THE BEWI YAL BANGS · SMITH WESTERNS RO · I MIM · ON WO MIE JA · EM AL US ARROWS THE RIFLES · ANNA CALVI · MY JER CHEN DISTELMEYER · SOUND OF JO · E LIC DE YO · S ION NS MA I URS · FERTIG, LOS! JACK BEAUREGARD · MIN UD CONTROL · JAPANESE VOYE KING CHARLES · CLO

OTS O TR E E B Y D O LO B E TH · K A R -T A · E BOYS NOIZ OONBOOTICA

N DIGWEED · M SUBFOCUS LIVE · JOHAS ME E & STATUS LIVE · CHRIS LAKE · FEED

THE IAMX NOISE CABINET · CH

S Y · THE SONIC CUBES · DUMME JUNG DA TO Y HE · T IGH KN RK MA · S ER YL BUSY P · NERO · FREEST D · TIM ANDERSON · JOYCE MUNIZ SONIC · CAMO & KROOKE DJ FRICTION · ILL.SKILLZ · CRAZY BEATS4EDUCATION ZT · POLA RIOT · 2HANDSUP & WRED · BODY & SOUL · DISAS

ORANGE PORT · DECKCHAIROT AIR L NA TIO NA ER INT CIS AN FR F SH GUN · NEODISCO B · SWEET SWEET MOON · SAWOF

THE SADO-MASO GUITAR CLU

Tickets sind bei Musicticket (www.musicticket.at; Tel: 01/4051010), bei oeticket (www.oeticket.com; Tel: 01/96096) und in jeder Bank Austria (Ermäßigung für Ticketingkunden und MegaCard-Members) bzw. unter 01/24924 erhältlich.

plingg .com


IN WORTEN: SIEBENUNDFÜNFZIG

Am anderen Ende von Dubstep

_

Post-Garage/Minimal/Dubstep, R&B und Soul: Ein aufgegangenes Klangexperiment, das mehr ist als die Summe seiner Teile. SBTRKT SBTRKT (YO U NG T U RKS )

In London steht ein musikalischer Thronwechsel an: UK Bass Culture und Modern Dance Music heißen die groben Stichwörter, die die schwitzenden Körper in britischen Clubs derzeit zum Tanzen bringen. Gemeint ist damit die Fusion aus drückendem Dubstep, kopflastigem Ambient und souliger R’n’B-Musik in ein treibendes Klang-Amalgam. Der Südlondoner Soundtüftler Aaron Jerome gilt als vielversprechendes Aushängeschild dieser neuen Szene: Der DJ und Produzent mit dem sperrigen Künstlernamen SBTRKT, der sich bisher vor allem durch Instrumental-EPs und Remixes für Goldie, Modeselektor und Radiohead einen Namen machte, demonstriert auf seinem selbstbetitelten Longplayer-Debüt, wie frisch und unverbraucht das Erbe von Dubstep auch noch im Jahr 2011 klingen kann. Befreit von engmaschigen Konventionen, ist das Post-Garage-/Minimal-/Dubstep-Grundgerüst nur ein Teil des Klangpanoramas, dem sich SBTRKT im Zuge seiner Feldforschung bedient. Das wohl überraschendste Novum der Platte sind die im Grundtenor des Sounds eingeflochtenen Vokalparts. In liebevoll-künstlerischer Feinarbeit arrangiert, verwendet SBTRKT die Stimmorgane seiner Gäste nicht als synthetisch reproduzierte Vocal-Samples, sondern als natürlich klingende, mit Bass und Beat interagierende Instrumente. Auch was das Tempo anbelangt, fährt SBTRKT ordentlich zurück. Zwar vermögen die Garage-Beats immer noch ungereimt zu stottern, doch der Takt des Albums wird eindeutig vom Bass angegeben. Der erste Track »Heatwave« beginnt als elegisches, Brian Eno-esques Ambient-Stück. Eine analoge Synthesizer-Landschaft baut sich auf, Trip-Hop-Beats und dubbiger Tiefenbass wummern im Körper, sanfte Stimmchöre setzen zum Hochtöner-Höhenflug an. Der kaum dreiminütige Track beinhaltet ungefähr all das, was kontemporärer elektronischer Musik so oft fehlt: Waghalsigkeit, Stilbruch, Popaffinität und Seele. »SBTRKT« ist mehr als die Summe seiner Teile: Die stilistische Vielfalt des Albums wirkt nämlich niemals aufgezwungen, sondern entfaltet sich als ein organisches Ganzes mit Fokus auf Mehrklang in hochproduzierter Ästhetik. Das Verwunderliche an dieser Musik ist, das die referentiellen Themenläden, derer Aaron Jerome sich bedient, ganz wunderbar miteinander verschmelzen. Es ist Electro-Soul auf hohem Niveau, dessen einziges Manko es ist, da und dort etwas gar zu sonnig zu sein. ¶ 8/10 MICHAEL KIRCHDORFER

AU SGA B E 1 1 8 / 0 57 ◄


Abt. Musik

_

a. 118/ R EZENS I ONE N

Shabazz Palaces Black Up

The Late Great Fitzcarraldos The Late Great Fitzcarraldos

( S UB POP / T RO ST )

(FAK E D IAM OND R EC OR D S)

In die Ferne schweifen No Bullshit Hop

_

Kein Marketing ist auch eine Strategie und Qualität setzt sich bekanntlich ohnehin durch. Schräge Schachtelbeats aus Seattle.

_

Skandinavien liegt an der Äquatorialgrenze. Zumindest in den Gedanken dreier Dänen, die als The Late Great Fitzcarraldos süße Südseeträume träumen, die berühmt-berüchtigten Kitschinseln dabei aber sehr souverän umschiffen.

Das man mit der richtigen DIY-Marketingstrategie ordentlich Staub aufwirbeln kann, haben uns jüngst Earl Sweatshirt und Konsorten (wie dieser Tyler The Creator) gezeigt. Dass das allein noch nicht unbedingt mit Qualität gleichzusetzen ist, beweist Ishamel »Butterfly« Butler mit seinem geheimnisvollen Projekt Shabazz Palaces. Auch auf Myspace wird verzichtet, auf der Website von Shabazz Palaces stehen nur ein paar Tourdaten und man kann ein paar Vorgängeralben kaufen. Er ist kein Mann großer Töne, zumindest nicht der Presse gegenüber. Im Pitchfork-Interview sagt er, dass er grundsätzlich lieber keine Interviews gibt und eher die Musik für sich sprechen lässt. Klassischer 90er JahreTechnoansatz, don’t believe the hype und so. Butler weiß, wovon er spricht, hat er doch eben diese 90er mit der verjazzten HipHop-Kombo Digable Planets verbracht. MTV-Rotation inklusive. Da ist es irgendwie klar, dass er mal genug hatte von all dem Rummel und sich nun ganz auf die Musik konzentrieren will. Der Sound ist irgendwo zwischen Gaslamp Killer und Butlers vermeintlichem Cousin Gounjasufi anzusiedeln. AvantHipHop bester Qualität, R’n’B-Sprenksel treffen auf verkopft gebrochene Beats und die Hookline wird ordentlich durchdekonstruiert. Ganz groß der Track »Yeah You«, in dem eine effektgedängelte Stimme über einen kalt-bräsigen Beat rappt und immer wieder das inzwischen klassische Durchladen einer Pistole zu hören ist. Hier wird nicht mit HipHop abgerechnet, hier werden keine doof-theatralischen Spielchen gespielt. Das Saxofon in »Endeavors For Never« ist keinesfalls ein ironisches und dass der Synth in »An Echo From The Hosts That Profess Infinitum« wie eine verbrauchte, müde Version des Dead Prez-Klassikers »Bigger Than HipHop« klingt, ist wohl auch kein Zufall. Und der Name seines Projekts lädt ohnehin zum lustigen Querverweise-Suchen ein: Shabazz, Malcolm X, Shabazz the Disciple, Lakim Shabazz sind nur ein paar popkulturelle Links, die sich ziehen lassen. Durchaus lehrreich, diese kleine Irrfahrt durch die Geschichte des afro-islamischen Widerstands. Durch diesen Subtext ist Butler wohl gelungen, was er vorhatte: über ordentlich dicke Beats ein wenig Aufklärungsarbeit zu leisten. Sehr erfrischend in Zeiten allseits durchdeklinierter Ironie. ¶

Die Flugzeit von Kopenhagen nach Guatemala, Fahrt vom Flughafen zum Strand mit eingerechnet, beträgt neun Sekunden. Solange dauert es, bis sich bei »Steeldrum«, dem ersten Song auf dem selbstbetitelten Debütalbum der dänischen Band The Late Great Fitzcarraldos, ein Teppich aus synthetisch-geknüpften Südseeträumen zu entfalten beginnt. »If you’re feeling lost, then I can set you free«, tönt es, und Tobias Buch-Andersen (an Vocals und Keyboards), Jacob Funch (an Vocals und Gitarre, auch Mitglied der sehr empfehlenswerten Band I Got You On Tape) und Jakob Millung (an Vocals und Bass, Teil des ebenfalls empfehlenswerten Choir Of Young Believers) versprechen nicht zuviel. Dabei ist das Album der Band mit dem seltsamen Namen überall entstanden, nur nicht in den Tropen. In einem Apartment in Los Angeles, in einem besetzten Haus in Berlin, und natürlich zu Hause, in Skandinavien. Die Idee, entspannte, verträumte, exotische Musik zu machen, erwuchs in den Straßenschluchten New Yorks, wohin sich die drei Mittdreißiger nach Abschluss ihres Studiums am Musikkonservatorium in Kopenhagen auf Inspirationstrip begeben hatten. Das erscheint alles widersprüchlich. Ist es auch, und diese Gegensätze spiegelt auch der Bandname wieder. Dieser leitet sich aus zwei Klassikern ab, dem gesellschaftskritikgetränkten Roman »The Great Gatsby« von F. Scott Fitzgerald und Werner Herzogs Film »Fitzcarraldo«, mit Klaus Kinski in der Hauptrolle. In dem Film träumt der besessene Opernliebhaber Fitzgerald davon, ein Opernhaus mitten im peruanischen Dschungel zu errichten. Da der Flussweg versperrt ist, lässt Kinski das Schiff über einen Bergrücken zu ziehen, um zum Ziel zu gelangen. Es gelingt. Und es ist diese Idee, scheinbar komplett widersprüchliche Dinge miteinander doch irgendwie zu vereinbaren und diese Vereinbarung mit an Manie grenzendem Eifer zu verfolgen, die Buch-Andersen, Millung und Funch so fasziniert. Und die Rechnung geht auf. Otis Redding, Paul Simon und Bob Marleys Wailers winken von der Hängematte gegenüber, wenn die Dänen bei »So You Wanna Go Down« Gitarren, Omnichord und Hawaiiröckchen auspacken. Das liest sich furchtbar kitschig, klingt aber nicht so. »The Late Great Fitzcarraldos«, das Album, ist eine mehr als runde Sache, die es tatsächlich schafft, den Hörer für die Laufzeit von einer knappen Dreiviertelstunde in schöne Welt aus schwülem Soul und plätscherndem Pop zu transferieren. Wer länger im Süden bleiben will, braucht nur Repeat zu drücken. Das ist durchaus empfohlen und verursacht auch garantiert keinen Sonnenbrand. ¶

8/10 MICHAEL ANISER

7/10 NIKO OSTERMANN

► 0 58 / AU S GA BE 118


Trackspotting

_

12-Inch, Singles und Kleinformatiges für große Aufmerksamkeitsspanner TEXT FLORIAN OBKIRCHER

fo unter Stipendien-In 0 2418 89 42 +43 (0) 27

Event Engineering Die neue Studienrichtung an der NDU

Alles begann vor einem Jahr, als Blaise Bellville im Keller seines Bürogebäudes in East London einen alten Heizraum entdeckte. »Ich hab meine Freunde Thristian bPm und Mr. Wonderful eingeladen, da unten ein Mixtape Inszeniere dich selbst! Events designen, planen und mit modernster Technologie umaufzunehmen«, sagt der 26-Jährige. »Und weil ich damals auf DJ Onemans setzen. Eine innovative Ausbildung für die Eventbranche. Yard Sessions gut fand –Sets, die der Londoner in seinem Schlafzimmer via Mariazeller Straße 97 · 3100 St. Pölten · +43 (0) 2742 890 2418 · office@ndu.ac.at · www.ndu.ac.at Webcam ins Internet streamte –, filmten wir auch einfach mit.« Zur ersten Boiler-Room-Session kamen damals acht Freunde, die sich mit Dosenbier um ein provisorisches DJ-Pult scharrten. Juni 2011: 800 Leute drängen sich in den Corsica Studios, dem besten Kleinclub der Stadt. Aber viel wesentlicher, 160.000 Fans weltweit verfolgen den ersten Boiler-Room-Geburtstag –so wie jede Woche – vor ihren Computern mit. Acts wie Jamie XX, Diplo, Theo Parrish oder Hudson Mohawke teilen sich hier dienstags die Plattenspieler mit Londoner Newcomern. Der Eintritt ist immer frei, DJs spielen ohne Gage, die Drinks sind billig – und pünktlich um 23.30 Uhr wird die letzte Platte abgedreht. Weil Bellville sein Baby nach wie vor als Live-Radio-Sendung, nicht als Clubnacht versteht. »Die DJs solDie NDU ist eine Studieninitiative des len sich nicht gezwungen fühlen, die Leute zum Tanzen zu bringen, sie sollen WIFI und der Wirtschafskammer NÖ. experimentieren.« Die Idee ist so ehrlich wie simpel und so viral erfolgreich, dass Marketing-Experten vor Neid erblassen. Außerdem ist boilerroom.tv ein schönes Beispiel dafür, dass es noch gute Konzepte in der Musikindustrie gibt, von denen alle Beteiligten profitieren – außer Abcashern und unnötigen gap_105x140.indd 3 28.02.2010 16:13:2 Mittelsmännern. Deshalb: Tune in!

Unknown – Sicko Cell / Knock Knock (SWAM 81)

Denn auch zum Trackspotten ist Boiler Room unschlagbar. Diesen unglaubliche Tune spielt Oneman dort schon seit dem Winter. Laut Label ohne Interpret, laut Blog-Sphäre eine Kreation von Jay Os Festplatte , ist »Sicko Cell« Rave-Garage zum Hyperventilieren. »Co-cain powder, I’m the information«, proklamiert die tiefgelegte Stimme, geshuffelter 808-Beat und anschwellende Cut-Up-Vocal-Schleife schaukeln sich gegenseitig hoch, bevor sich alles in einer grindig geilen Electro-House-Bassline entlädt. Swamp-81-Boss Loefah bleibt seiner neuen Liebe treu – und liefert nach Boddikas grandiosem »2727« nun das nächste Oldschool-Electro-Brett mit Zukunftsperspektive.

FunkinEven – Rolands Jam (EGLO)

Auch der andere Überhit des Sommers beruht auf angewandter Ahnenforschung. »Roland Jam« ist eine mächtige Chicago-House-Breitseite mit ziemlich nervöser Acid-Bass-Line, pfeifenden TB-303s, maschinellen Atemproblemen und dem besten Cover überhaupt: ein Typ zwischen Werwolf und Wookie mit Sonnenbrille. Und dieser stolpert konsequent auch mit einem Roland-Synthesizer unterm Arm durch das Musikvideo. Was als Gesamtpaket dann verdächtig an Daft Punks »Da Funk« erinnert. Im Sinn eines Updates wohlgemerkt, nicht Abklatschs. Gut so, denn spätestens Ende des Jahres, wenn FunkinEvens dann sein Debütalbum fertig hat, dürfen wir uns auf ein »Homework« der Zehnerjahre freuen – Schmäh ohne.

Virgo Four – It’s A Crime (RUSH HOUR) Radiohead – King Of Limbs Remixes 2 (TICKER TAP E INC. )

Der Titel »Traumpaarung des Monats« ist hart umkämpft. Einmal nimmt sich Konsens-Darling Caribou dem Werk von Chicagos wiedergefundenen Söhnen Virgo Four an, zum anderen lädt Radiohead den britischen Sound-Visionär Mark Pritchard an die Remix-Regler. Um es vorauszuschicken: Sieger gibt’s keinen, gewinnen tun aber alle, vor allem der Hörer. Caribou knöpft sich »It’s A Crime« vor. Und analog zu seinem Hit »Sun« inszeniert der Brite den schnalzigen Chicago-House-Track als tiefgründig wie poppiges Rave-Epos. Aufs Gerippe reduziert legt sein Remix los, um sich ab der Hälfte plötzlich in ein melancholisches Acid-Feuerwerk zu verwandeln. Magische acht Minuten Musik. Nicht minder beeindruckend kommen Mark Pritchards Remixes von »Bloom«. In seinen Händen (Harmonic-313-Mix) klingt der Opener des letzten Radiohead-Albums wie eine elektronische Unterwasser-Symphonie, so als hätten Drexciya J.Dilla durch ihr feuchtes Königreich geführt. Das ist gruselig, elegisch und unglaublich gut.

ir? stinkt d ühne? beraum ereit für die B ro P r e D b ! t e is c n d ! ha Ban endwo Deine dBy ist EURE C icht irg rte zwar n fft haben d n U Suppo . Bühne hon gescha auf die sc n euch ands, die es e rreichs ll te s B edBy ns Öste Wir n o o ti v a rt c upport o o p L p n u S te s .com/S k te o g » als o a b s e ange ww.fac » in den t und w edby.a rt o p p f su ht’s au Los ge


Abt. Musik

_

a. 118/ R EZENS I ONE N

Memory Tapes Player Piano

Various Artists The Morning Line Vol. #1

( S OM E THI NG I N CO NST RU CTION)

(T- B A21 )

Viel Lärm um ein paar Aluteile Erinnern und Vergessen

_

Ein Pianoalbum ohne Klavier. Ein Memory-Tape zum Vergessen. Oder: Wie der Pop den Chillwave zerstört und ein angedachter Girl-Group-Ansatz dann doch die Innovation killt.

_

The Morning Line ist weit mehr als nur ein feines, rotes Vinyl mit Krchz-Musik. Kein Projekt hat sich von so vielen Seiten her um avancierte Sound-Kompositionen bemüht.

Auch wenn der Titel des Albums zarte Klavierklänge vermuten lässt, analoges Klavier ist auf »Player Piano« nicht zu finden. Ganz im Gegenteil: Die Songs basieren allesamt auf digitalen Keyboard-Sounds, die mal als flüchtige Untermalung, mal als dominierende Kraft eingesetzt werden. Sie stellen eine Art Abstraktion von Pop dar, die dezente Vertracktheit und einen Elektro-Folkanspruch in sich bergen. Oft sind es nur die Melodien, die eingängig sind, die sehr hohen und verhallten Stimmausflüge von Dyve Hawk, die einen an oft Gehörtes erinnern, den Popmodus in unserem Gehirn aufrufen. Das Hinzuziehen von stark repetitiven Elementen und einer konstanten Durchbrechung mithilfe instrumentaler Stücke oder einer gekonnt eingesetzten Schnittmenge von Noise-Elementen und fidelen Xylophon-Eskapaden, die mehr oder weniger ausufernde Geräuschkulissen aufbauen, lenken in eine eher experimentellere Richtung. Einzelne Songs, wie etwa »Wait In The Dark« oder »Yes I Know«, erinnern mitunter zwar an vergangene Zeiten, erreichen aber leider nicht deren verloren gegangene Besonderheit. Die Tage des Chillwave wie auf dem wunderbaren Debüt »Seek Magic« sind gezählt, dessen Stärke davon ausging, dass jeder einzelne Song ein Stück Eigenleben in sich trug. Die Stücke auf »Piano Player« verhalten sich unauffälliger, wenn sie auch transparenter gezeichnet sind als jene auf »Seek Magic«. Sie orientieren sich an Strukturen, die auf Wiedererkennung ausgerichtet sind, die in eine außerordentliche Poprichtung drängen. Und genau das soll – laut Pressetext – auch als Motiv hinter Dyve Hawks Songwriting gestanden haben: Assoziationen mit psychedelisch angehauchten Girl-GroupSongs sollten ausgelöst werden. Eine interessante, etwas befremdliche Vorgabe für ein Album, das zwar an vieles erinnert, aber nicht an eine Girl-Group-Soundästhetik und vielleicht gerade deshalb auch schnell wieder in Vergessenheit geraten wird. ¶

Der Totem steht am Wiener Schwarzenbergplatz: eine raumgreifende Skulptur, 20 Tonnen Aluminium von Matthew Ritchie, die zuvor schon in Sevilla und Istanbul zu sehen war. Sie ist das tektonische Zentrum von The Morning Line, das von dort aus Wellen rund um den Globus schickt. Begehbare Sound-Installationen wie diese oder Super-17-Kanal-Surround sind dabei nicht grundsätzlich neu, aber in dieser Konsequenz einzigartig. Mit 47 einzelnen Kanälen kann die schwarze, verschnörkelte Klang-Antenne im öffentlichen Raum bespielt werden. In Wien taten das dann auch neun Musiker mit exklusiven Arbeiten – allesamt gefeierte Vertreter der elektronischen Avantgarde, darunter Fennesz, Carsten Nicolai, Terre Taemlitz, Alexei Borisov oder Pomassl. Gebündelt wurde das in einem Festival mit Symposium, Uraufführungen, Konzerten, einer Festivalzeitung, einem 140-seitigen Textband und eben einem formschönen, roten Vinyl. Bumm. Oder besser: KRKZ. Die Eröffnung des Festivals im Juni 2011 ist allein einen Nebensatz wert, weil sich wohl zu keiner Zeit in Wien eine derart heterogene Gruppe an Menschen versammelt hatte. Lodenträger, Lumpen-Bohemiens, Neocon-Yuppies, ORF-Direktoren, Habsburger, Journaille, Lohas und Stadträte durchmaßen die singenden Fraktalbögen der Aluminiumskulptur. Musik und Sound sollen anders erfahren werden, weg von der Guckkastenbühne, der Raum wird zum wesentlichen Parameter der Musik und löst den Tonträger ab. Pomassl spricht etwa von Brechungen, Fehlern, Instabilitäten und stehenden Wellen, die beim Begehen entstehen. Natürlich wird dazu diskursiv mit ganz furchteinflößend-elitären Begriffen hantiert: »nicht-lineare Komposition palindromischer Form«, »präkompositorische Prozesse außerhalb von Zeit«, »multilaterales Sinus-Wellen-Sonorium«. Auch schon wieder süß. Aber man reagiert damit künstlerisch auf die zunehmende Allgegenwart von Tönen und Sounds – Stichwort »Sonic Turn«. Dieses Vinyl nun rechnet die 47 Kanäle auf Stereo herunter, die räumliche Erfahrung fällt weg, es ist aber ein eigenständiges Artefakt des Projekt-Kolosses The Morning Line, das zwar nicht mehr die Polydimensionalität der Sound-Metall-Skulptur besitzt, aber als nicht ganz so revolutionäre Elektronik fein ziselierte Tracks von – siehe oben – einer Auswahl der internationalen Elektronik-Elite bietet. ¶

5/10 URSULA WINTERAUER

7/10 STEFAN NIEDERWIESER


Abt. Musik

_

a. 118/ R EZENSIONE N

Cults Cults

The Horrors Skying

(I T NO /S O NY)

(XL R EC OR D ING S)

Zuckersüße Sommerdepression

_

Ein Debüt, das uns so unmissverständlich wie nur möglich klar macht, wie es um den Indie-Pop Sommer 2011 steht, nämlich genauso wie im letzten Jahr: Sonnig! Auch wenn den Hörern nicht gleich die Sonne aus dem Arsch scheinen mag, kredenzt die Platte ein fruchtiges Gemisch aus Popmusikversatzstücken, die in den letzten vier Jahren in ausrangierten Jugendzimmern und Hipster-WGs als der heißeste Scheiß gehandelt wurden. Neben den beinahe schon obligatorischen 60ies-Girl-Group-Verweisen und PhilSpector-Huldigungen gibt’s Bedroom-Recording-Charme und nostalgische Fantasien adoloszenter Dummheiten und Romanzen. Alles Sand von gestern, oder doch ganz anders? Als sich zu Beginn des letzten Jahres in den Nischen unzähliger Blogs die Stimmen vor lauter Begeisterung überschlugen, war noch kaum etwas über das Boy/Girl-Duo aus NYC in Erfahrung zu bringen. Mit ihrer auf Forest Family – dem Imprint des US-Indieblogs Gorrilla vs Bear – veröffentlichten Debüt-Single stellten Brian Oblivian und Moline Folline klar, dass sie sich in Sachen Geheimniskrämerei ebenso außerhalb der talentfreien Zone bewegen wie in der Kunst des Songwritings: »Go Outside«, ein gleichzeitig verträumt wie auch mitreißendes Stück Popmusik, führte uns zunächst mit einem Zitat des Todessektengurus Jim Jones (»To me, death is not a fearful thing; it‘s the living that‘s treacherous«) auf falsche Fährten und flitzte in weiterer Folge erfolgreich durch das verwachsene Feld des 60er-Jahre-Pop. Also, der Hype ist berechtigt und folglich groß die Erwartungshaltung! Umso erfreulicher nun, dass das vorliegende Debüt in keiner Weise enttäuschen mag. Eine Huldigung an Tommy James & The Shondells, Petula Clark und Jackson 5. Track für Track eine Ode an die Utopie des immerwährenden Sommers, aber auch an die kleinen alltäglichen Katastrophen, die sich vor allem in den eher verträumten Stücken manifestieren und der Platte einen subtil düsteren Touch verleihen: Auf »Never Heal Myself For You« berichtet Folline flankiert vom dezenten Glockenspiel von jugendlichen Selbstzweifeln. Das unschuldig dargebotene »Bumper« grüßt recht frech die Shangri-Las und lässt den Jungen in Form eines Dialogs auf das Mädchen los,um ihr nach durchlittener Beziehungskrise seine Liebe zu gestehen. Für immer 17! Auch Cults surfen auf der momentan schwer angesagten Retro-Pop-Welle in Richtung Sandstrand, haben jedoch eine klare Ansage an die Best Coasts dieser Welt in ihren Hipster-Taschen: »Dieser Sommer gehört uns!« ¶

_

Versöhnlich gestimmt Auf »Skying« vertreiben The Horrors mit verträumten Dream-Popmelodien die statische Monotonie des Psychedelischen.

Nach einer zweijährigen kreativen Schaffenspause, in der The Horrors nicht nur zu sich selbst fanden, sondern ein eigenes Aufnahmestudio in London bauten, melden sich die Pioniere des modernen Psychedelia nun mit ihrem bereits dritten, im Alleingang produzierten Album »Skying« zurück, das ohne Erwartungsdruck, sondern mit einer natürlichen Selbstverständlichkeit das Erbe des hochgepriesenen Vorgängers »Primary Colours« antritt. So scheint es, dass die Zeiten des jugendlichen Übermuts nun endgültig Geschichte sind. Der New-Wave-Chic mit auftoupierten Haaren und kreidebleichen Gesichtern wich einer geradlinigen, sterilen Ästhetik, die direkt aus Warhols Factory entspringen könnte. Auch musikalisch gesehen distanzieren sich The Horrors bewusst von ihren Ursprüngen. Wie durch das Drehen einer Blende verschwimmen die einzelnen Popmelodien wie Wasserfarben ineinander und blühen in einer opulent arrangierten Musiklandschaft auf. Das bezaubernde »You Said« oder die erste Single »Still Life« stehen beispielhaft für den Reifeprozess, den The Horrors seit »Primary Colours« vollzogen haben. Suchten sie sich zunächst noch selbst im pedantisch kultivierten, psychedelischen Irrgarten, streifen sie nun über offene, farbenfrohe Blumenwiesen. Die statische Monotonie des Post-Punks hinter sich gelassen, ist Faris Badwans sanfter Gesang jetzt in florale, feminine Dreampop-Melodien gebettet, in denen Trompeten für den unerwarteten Feinschliff sorgen. »Skying« kann als Versuch betrachtet werden, jene beiden Seelen in ihrer Brust zu vereinen. In »Monica Gems« lässt ein fast schon salopper Gitarrenriff den alten Punkrockcharme der früheren Tage wiedererkennen und auch »Moving Further Away« spiegelt ihre neu gewonnene Offenheit wieder, in der – ganz nach alter Shoegazing-Manier – metallische »Störgeräusche« als Melodieträger eingesetzt werden. Somit ist »Skying« eine stimmige Weiterentwicklung, die einen versöhnlichen Blick in die Vergangenheit wirft. ¶ 8/10 RAPHAELA VALENTINI

7/10 PHILIPP LAMPERT

AU SGA B E 1 1 8 / 0 6 1 ◄


Abt. Twitter-Reviews

_

a. 118/ R EZENS I ONE N

Die Welt auf Scheibe – erklärt in 140 Ausführlicheres auf www.thegap.at

Zeichen zum Angeben in der Disco.

3 Feet Smaller 3 Feet Smaller COSMIX Die österreichischen Erfolgslärmer starten eine weitere Spaßpunkoffensive und katapultieren uns alle zurück in die Jugend. 6/10 TERESA REITER ▪ Alias Fever Dream ANTICON Alias hat das Mikro beiseite gelegt und ein transatlantisches Etwas zwischen UK Bass, Chillwave und klassischem Hip Hop in seiner Badewanne versenkt. 6/10 STEFAN NIEDERWIESER ▪ Beastie boys Hot Sauce Committee Part Two CAPITOL Grandpa been rapping since 83: Frische Tracks von den Beastie Boys, frei von Alterserscheinungen.7/10 MICHAEL KIRCHDORFER ▪ Bill Callahan Apocalypse DRAG CITY Bill Callahan kehrt zurück in karge Sound-Landschaften und entdeckt die »Apocalypse« nicht zuletzt am Planeten US of A. 7/10 MARTIN MÜHL ▪

Ryan Driver Who’s Breathing FIRE / TROST Moderner Mix, der klassische, durchaus dunkle Country-Motive mit einer sonnigen Unbedachtheit, wie man sie von Jim O’Rourke kennt, kurzschließt. Geht auf! 8/10 MARTIN MÜHL ▪ Driver Drive Faster Open House AKOUSTIC ANARKHY Nicht alles, was aus Manchester kommt, muss sein Vorbild in der musikbesessenen Heimatstadt suchen, so geschehen bei diesem Fast-USIndie-Debüt. 6/10 GERALD C. STOCKER ▪ Elbow Build a Rocket Boys! FICITON/UNIVERSAL Sie wurden lange Zeit unterschätzt. Jetzt zählen die englischen Latebloomer aber zu den festen Größen ihres Handwerks, und zwar immer wieder. 6/10 GERALD C. STOCKER ▪ Elvis Trickzdabeat Jenseits von Wut und Möse KEINE GNADE Verwirrter Bastelkisten-Rap aus Rudolfsheim-Fünfhaus. Könnte aber auch eine außerirdische Botschaft sein. 2/10 TERESA REITER ▪

Miles Kane Colour of the Trap SONY Schon als Sänger der Rascals und als künstlerische Hälfte der Last Shadow Puppets wusste Kane mit seinem Sixties-Singsang zu gefallen. 8/10 GERALD C. STOCKER ▪ Low C‘mon SUB POP / TROST Low kehren zu einem reduzierteren Sound zurück und überzeugen mit ungewohnten Stimmungen wie Mut, Zuversicht und abermals Einfachheit. Schöner geht sowieso schwer. 8/10 MARTIN MÜHL ▪ Stephen Malkmus & The Jicks Mirror Traffic DOMINO Malkmus hat seine Indie-Rock-Vergangenheit weit hinter sich gelassen und weiß uns nun mit gereiftem beinahe Folkpop zu verwöhnen. 7/10 GERALD C. STOCKER ▪ Scott Matthew Gallantry‘s Favorite Son GLITTERHOUSE Schwermütiger Singer/Songwriter auf Selbstfindungstrip schwängert die Luft mit traurigen Tönen. Ein ellenlanges Klagelied. 6/10 TERESA REITER ▪

Broken Heart Collector Broken Heart Collector ROCK IS HELL RECORDS Wo die Wälder dunkel hallen: Das Debüt der slowenisch-österreischischen Experimental-Rocker BHC bringt den Winterfrost zurück in den Hochsommer. 7/10 MICHAEL KIRCHDORFER ▪ Butcher The Bar For Each A Future Tethered MORR MUSIC Harmonieseliger Singer/Songwriter-Pop auf den Spuren von Brian Wilson und Elliott Smith: Gelungene, melancholische Sommermusik für Sonnenauf- und Untergänge. 7/10 MICHAEL KIRCHDORFER ▪ Buzzcocks A Different Compilation COOKING VINYL Mitte der 70er Jahre trafen zwei kongeniale Typen zusammen, die es perfekt verstanden, Punkattitüde mit kritischen Ansprüchen zu verknüpfen. 7/10 GERALD C. STOCKER ▪ Camea Clinkology CLINK Camea mixt für ihr eigenes Label Loops und Edits zu einer psychedelischen Techhouse-Gondel, aus der man kaum noch aussteigen will. 6/10 JOHANNES PILLER ▪

Foster The People Torches SMI COL/SONY Ein Sommerhit macht noch keinen Frühling. Auch keinen Sommer. Sondern eher einen Sommerhit mit einem soliden Album drum herum.

Mini Mansions Mini Mansions REKORDS REKORDS/ IPECAC RECORDINGS Mit »Mini Mansions« öffnet der einst berühmt berüchtigte Club für einsame Herzen erneut seine Pforten: eine ironische Hommage an das Treiben der Fab Four. 7/10 RAPHAELA VALENTINI ▪ Thurston Moore Demolished Thoughts MATADOR/BEGGARS GROUP Schluss mit cool? Thurston Moore (Sonic Youth) gibt sich neuerdings akustisch, ruhig und versöhnlich. 6/10 WERNER REITER ▪ Part Time What Would You Say? KEMADO/ COOPERATIVE Neu? Keinesfalls. Aber wer so Ariel Pink, Metronomy und Twin Shadow neu kombiniert, darf ein Jahr zu spät kommen. 7/10 STEFAN NIEDERWIESER ▪ Josh T. Pearson Last Of The Country Gentlemen MUTE/GOODTOGO Viel Ruhe und Zeit braucht man für dieses Werk. Belohnt wird man mit großartigem Songwriting und viel Intimität. 7/10 KIRIN KOHLHAUSER ▪

Steve Cradock Peace City West KUNDALINI Ihn kenn man als Mastermind von Ocean Colour Scene oder auch als Langzeitgitarrist von Paul Weller, aber leider noch zu wenig als Solokünstler. 6/10 GERALD C. STOCKER ▪ Danger Mouse Rome: Original Motion Picture Soundtrack CAPITOL Atmosphärisches Tribut an Ennio Morricone und den Italo-Western-Soundtrack generell. 7/10 TERESA REITER ▪ The Dears Degeneration Street DANGERBIRD Die kanadische Combo versucht erneut mit einer romantischen Mischung aus 80er Jahre Pop und 90er Synthie-Britpop zu gefallen. 6/10 GERALD C. STOCKER ▪ Der Elegante Rest Ungeduld PROBLEMBÄR RECORDS / HOANZL Berliner Liedhandwerkskunst trifft auf Wiener Melancholie: Das Endprodukt ist eine grundsympathische Zurückhaltung, der es leider an neuen Ideen mangelt. 6/10 MICHAEL KIRCHDORFER ▪

Incubus If Not Now, When? SONY MUSIC Incubus stellt sich als mittlerweile komplett energiebefreite Band öffentlich der Sinnfrage. Es wäre kein Fehler gewesen, diese intern zu klären. 1/10 NIKOLAUS OSTERMANN ▪ Joan Of Arc Life Like TROST / POLYVINYL Emo-Gitarren, Weltqualen und dramatischer Gesang kreieren Art-School Gesäusel zwischen Bright Eyes und My Morning Jacket. 4/10 MICHAEL KIRCHDORFER ▪ Kaiser Chiefs The Future is Medieval FICTION Nach zwischenzeitlichen Erfolgen (»Ruby«), ist es ruhig um die Band geworden. Und leider strotzen die neuen Songs auch nicht gerade vor Innovativität. 5/10 GERALD C. STOCKER ▪ Paul Kalkbrenner Icke Wieder ROUGH TRADE Minimal revisited: Der Club wird ins Wohnzimmer verlegt, das Tanzbein mit dem Kopfkino vertauscht. Ein überraschend guter Rückzug. 7/10 MICHAEL KIRCHDORFER ▪

► 0 6 2 / AU S GA BE 118

▪ Handsome Furs Sound Kapital SUB POP Dauerverzerrter Ostblockwave der 80er entwächst im dritten Album dem knackigen Garagengrunge. Zurück bleibt ein grüngelbstichiger Abdruck. 7/10 JULIANE FISCHER ▪ Gardens&Villa Gardens&Villa SECRETLY CANADIAN Unentschlossenheit, Bearbeitung und gekonnter Abklatsch. Schöne Melodien und schöne Songs ohne markanten Eigensound. 6/10 URSULA WINTERAUER ▪ Honeyheads Trivia About MARSH-MARIGOLD RECORDS Alberner Indie-Pop mit Hang zu treibenden Gitarren, Blasinstrumenten und Earcatchern. 4/10 KIRIN KOHLHAUSER ▪ 6/10 STEFAN NIEDERWIESER

Pop:sch Top of the POP:sch LAS VEGAS Die QueerSzene-Band aus Wien wirft sich ordentlich ins Zeug und wartet mit pikantem Electropoptrash auf. 6/10 GERALD C. STOCKER ▪ Prosumer Panorama Bar 03 OSTGUT TON / KOMPAKT Dieser Mix kommt einer perfekten Kanditatur-Rede gleich. Wenn Prosumer zum HousePräsidenten gewählt wird, kann man das absolut nachvollziehen. 8/10 MAXIMILIAN ZELLER ▪ Puressence Solid State Recital CASERTA RED Obwohl das Mancunian Quartett längst keine Neuheit mehr darstellt, gilt es, ihren charmanten Kammerpop immer wieder aufs Neue zu entdecken! 7/10 GERALD C. STOCKER ▪ Wolfgang Schloegl Caught In The Act KONKORD Sofa Surfer Wolfgang Schloegl überbrückt den Graben zwischen E- und U-Musik. 7/10 TERESA REITER ▪


Abt. Twitter-Reviews

_

Niko Schwind Good Morning Midnight STIL VOR TALENT Klicker-Klacker-Minimal mit Deep House und souligen Vocals anreichern, heißt auf ein sicheres Pferd setzen. Ein bisschen uninspiriert, der linke Zeh wippt trotzdem im Takt. 4/10 MAXIMILIAN ZELLER ▪ Serengeti Family & Friends ANTICON Der Eindruck, dass hier jemand den klassischen Anticon-Indie-Rap-Ansatz an die Frischluft bringt, verflüchtigt sich bald. Doch wieder muffiges Kämmerchen. 5/10 STEFAN NIEDERWIESER ▪ Solander Passing Mt. Satu TVR Kalifornien ist dieses Jahr über Schweden zu erreichen: Der sonnengoldene Schimmer der Melancholie entpuppt sich dabei aber allzu oft als Flirt mit der Attitüde. 6/10 MICHAEL KIRCHDORFER ▪ The Soundtrack of Our Lives Golden Greats No.1 LITTLE W Schwedischer Post-Space-Rock feiert sich auf dieser Compilation in erster Linie selbst und dann auch noch ein wenig seine untergehende Musiktradition. 3/10 GERALD C. STOCKER ▪

Vetiver The Errant Charm SUB POP / BELLA UNION Lass den Hippie raus: Die leise musizierenden Countryköpfe aus San Fran tun, was sie am besten können. Nostalgisch zurückgelehnter AmericanaFolk zum Plätschern. 6/10 MICHAEL KIRCHDORFER ▪ Popol Vuh Revisited & Remixed SPV Originale vs. Remixe - Ein Doppel-Album, das den Einfluss der Kosmischen Musik von Popol Vuh auf zeitgenössische Elektronik sichtbar macht. Okay bis richtig gut. 6/10 MAXIMILIAN ZELLER ▪ Walls An Horse GRAND HOTEL VAN CLEEF Sind SleaterKinney zurück? Nein, es ist eine musikalische Zeitmaschine, die uns die guten alten Zeiten unserer Jugend zurückbringen möchte. 4/10 URSULA WINTERAUER ▪ We Are Enfant Terrible Explicit Pictures LAST GANG Was haben 80er-Jahre-Spielkonsolen und We Are Enfant Terrible gemeinsam? Viel. Was haben We Are Enfant Terrible und Innovation gemeinsam? Wenig. 6/10 RAINER VOGGENBERGER ▪

John Tejada Parabolas KOMPAKT John Tejada lässt den Dancefloor in den Hintergrund treten und dreht seinen Sound Richtung Pop. Musikalität, Gespür und Erfahrung schützen ihn vor Kalkbrennerei. 7/10 MAXIMILIAN ZELLER ▪ This Will Destroy You Tunnel Blanket TROST Dissonanz und Auflösung, Kettensägen und Vogelgezwitscher: Organisch-symphonischer Post-Rock mit Hang zur paranoiden Klaustrophobie. 5/10 MICHAEL KIRCHDORFER ▪ Thousands The Sound Of Everything BELLA UNION Angenehmes Akustik-Gitarren Songwriting, das im Sound schon mal an Papa M erinnert, aber Pajos Wahnsinn vermissen lässt. 6/10 MARTIN MÜHL ▪ Trackshittaz Prolettn feian längaah SONY Proll-Disco für den Saturday Nightlife-Fan oder Dialektpop mit Gruselfaktor. Und David Schalko. 0/10 BARBARA SCHELLNER ▪

Grass Widow Past Time MAKE A MESS/CAPTURED TRACKS/KILL ROCK STARS Tanzbare Riffs und SixtiesMelodien reichen nicht. Mehr Abwechslung würde dem Album gut tun. 4/10 KIRIN KOHLHAUSER ▪ Wolf Gang Suego Faults WARNER Pop Pop Pop! Wolf Gang spielen sich in die Herzen der mitsingenden Hitliebhaber. Eine Empfehlung. 8/10 BARBARA SCHELLNER ▪ Zwanie Jonson I’m A Sunshine STAATSAKT Hip Hop Schlagzeuger im Alleingang, aber ohne Tiefgang. Entgegen rhythmischer Erwartungen wurde es ein musikalischer Faserschmeichler. 4/10 JULIANE FISCHER ▪

Ulrich Troyer Songs For William DEEP MEDI Ulrich Troyer ist Österreichs Anwort auf Moritz von Oswald mit weniger Techno, dafür aber mehr Roots. 5/10 JOHANNES PILLER ▪ Various Artists DJ-Kicks – Motor City Drum Ensemble !K7 Mit sechs Jahren Schlagzeug, fünf Jahre später Computer, mit 16 der erste Release und mit gerade einmal knapp über 20 Jahren eine eigene DJ-Kicks. 8/10 JOHANNES PILLER ▪ Various Artists Total 12 KOMPAKT Die Total-Serie ist wie die Stamm-Kneipe– immer das Gleiche aber trotzdem ein Stück Heimat. Traditionalisten kommen sowieso auf ihre Rechnung. 6/10 MAXIMILIAN ZELLER ▪ Various Artists Rave On Buddy Holly CONCORD/ UNIVERSAL Buddy Holly ins Jetzt holen? Erwartbar, dass das trotz einer langen Liste großer Namen nur cirka zweimal gelingt. 5/10 STEFAN NIEDERWIESER ▪


Abt. Film

_

a. 118/ R EZENS I ONE N

Midnight In Paris

(von Woody Allen; mit Owen Wilson, Rachel McAdams, Kathy Bates) Wer einem weismachen will, mit seinem neuen Film hätte Woody Allen zur alten Form zurückgefunden, lügt erstens, und bringt zweitens ziemlich genau auf den Punkt, worum es in »Midnight In Paris« geht: Owen Wilson sehnt sich nach der Vergangenheit (das Paris der 20er), weil die Gegenwart (die Beziehung zu seiner Verlobten, mit der er gerade in Paris weilt) ein einziger Alptraum ist. Das hört sich in der Theorie zwar wie eine spritzige Komödie an, plätschert aber leider nur so dahin. Früher war einfach doch alles besser. 4/10 DAVID BOGNER

Naokos Lächeln

(von Tran Anh Hung; mit Kenichi Matsuyama, Rinko Kikuchi, Kiko Mizuhara) Der 17-jährige Kizuki begeht Selbstmord, Jahre später nimmt eine vertrackte Romanze zwischen seiner Freundin Naoko und seinem besten Freund Watanabe ihren Lauf. »Nur eine Liebesgeschichte« lautet der Untertitel zur deutschen Fassung von Haruki Murakamis berühmtem Generationenroman von 1987. Auch in Tran Anh Hungs Verfilmung ist das Was weniger aussagekräftig als das atmosphärische Wie: In kühlen Bildern (Kamera: Mark Lee Ping Bin) und verführerischen Tönen (Score: Jonny Greenwood) erzählt Tran von einem Aufwachsen ohne Netz oder doppelten Boden. Die gleißenden Oberflächen des Films sind nah am Kunstgewerblichen gebaut, dienen aber entschieden den Figuren. 7/10 JOACHIM SCHÄTZ

Tournée

(von und mit Mathieu Amalric; mit Miranda Colclasure, Suzanne Ramsey, Linda Marraccini) Sie heißen Dirty Martini, Kitten on the Keys oder Mimi le Meaux, und sie sind auf der Bühne daheim: Fünf BurlesqueKünstlerinnen aus Amerika spielen in dieser Komödie Versionen ihrer selbst auf Frankreich-Tour. Den nervösen Organisator der Erotikshow spielt der Regisseur und Autor des Films, Kinostar Mathieu Amalric, selbst, und seine Sympathie für die selbstbewusste Showtruppe steckt an. Unterwegs seilt sich Amalrics Hauptfigur in ein vergleichsweise konventionelles Familiendrama ab, im Herzen bleibt der Film aber eine Nummernrevue: Was zählt, ist nicht der dramatische Bogen, sondern der eine oder andere überlebensgroße Moment. Als Bühne reicht da manchmal auch eine Supermarktkassa oder ein Parkplatz. 7/10 JOACHIM SCHÄTZ

► 0 6 4 / AU S GA BE 118

Das Hausmädchen

(von Im Sang-soo; mit Jeon Do-yeon, Lee Jung-jae, Seo Woo)

Der diskrete Horror der Bourgeoisie

_

in südkoreanischer Klassiker von 1960 erweist sich in der Neuauflage von Im Sang-Soos als radikale Inversion des Originals. Das stilisierte Melodram stellt das Gefälle zwischen Arm und Reich an den Pranger. Am Anfang steht Chaos. Die abrupte Eröffnung mit wackeliger Handkamera funktioniert als parabelhafter Prolog zu jener glatt polierten Welt, in die der Film kurz darauf umschlägt. Eine Frau steht am Rande des Abgrunds, während die Welt um sie herum seelenruhig ihren Lauf nimmt. Das Ende ist vorauszusehen. In Kim Ki-youngs Original von 1960 wurde eine Familie aus armen Verhältnissen von einer Femme fatale heimgesucht. 50 Jahre später ist es nun das Dienstmädchen, das der Korruption eines wohlhabenden Haushalts zum Opfer fällt. Die kindlich-naive Eun-yi (Jeon Doyeon) fühlt sich in ihrer neuen Position als Hausmädchen sehr wohl. Ein guter Draht zur Tochter des Hauses ist schnell hergestellt und lässt Gefühle sprießen, die der Frau letztlich zum Verhängnis werden sollen. Der reiche Hausherr (Lee Jung-jae) ist daran gewöhnt, sich zu nehmen was er will, wann er will. Als seine bildschöne, mit Zwillingen hochschwangere Frau (Seo Woo) seinen sexuellen Ansprüchen eines Nachts nicht genügt, beginnt er ein Verhältnis mit der willigen Eun-yi. Hier gipfelt die Ästhetik der Dekadenz, die Lee Hyung Deoks Kameraführung in eindrucksvolle Bilder packt, in Hochglanzerotik: Schöne Menschen haben Sex in schönen Einstellungen. Die potemkinsche Fassade der Familienidylle beginnt zu bröckeln, als sich eine aus der Affäre resultierende Schwangerschaft abzeichnet. Von nun an wird der Klassenkampf als bitterer Bitchfight ausgetragen. Die degenerierte Moral der reichen Hausherrin und ihrer konspirativen Mutter lässt sie vor nichts zurückschrecken, um den Schein des schönen Lebens zu wahren. Eun-yi muss indes um das Leben ihres Babys wie um ihre eigene Unversehrtheit kämpfen. Der Sozialthriller kommt letztlich vom Weg ab und kulminiert in einem bizarren Finale. Im Sang-soo setzt schließlich mit einem surrealen Epilog der eigentlichen Geschichte noch eins drauf. Schält man den Film aus seinem eleganten Bildgewand, bleibt ein behäbiges Drama mit oberflächlicher Figurenzeichnung und allerhand sozialem Unmut. ¶ 6/10 ARTEMIS LINHART


Abt. Film

065

14

AUSGABE 14 — SOMME

R 2011. WWW.B

R ABONNI KOSTENLOS — ABE

IORAMA CEBOOK.COM/B WIEN IORAMA.EU — WWW.FA 861 M — 1040 P.B.B. — 11Z038

ERBAR

NACHHALTIGKEIT IM BRIEFKASTEN? BIORAMA IM ABO: WWW.BIORAMA.AT

MPA: der Städte LAND/ DIE PA DAS HINTER und Sommerfrische abseits tag im Landgasthof Nostalgie, All über Exzesse

Super 8

r eher Attwenge im Off-Space smusik-Verdr rverbunden und Bio kauft »Flux«: Die Volk djugend - natu Stadt, Land, ernative« Lan welchen Gründen So feiert die »alt enträger: Wer heute aus Club of Goa: enk Lifestyler, Bed Moralisten,

(von J.J. Abrams; mit Joel Courtney, Elle Fanning, Riley Griffiths, Ryan Lee)

Nostalgie mit Rummms

_

Unheimliche Begegnungen in Lillian, Ohio: J.J. Abrams’ »Super 8« ist eine gewitzte Achterbahnfahrt durchs Filmuniversum Steven Spielberg. Und der hinreißendste Krachfilm des Sommers. J.J. Abrams ist ein fähiger Geschichtenerzähler und ein schlauer Vermarkter. Vor allem aber ist der Miterfinder der Serien »Lost« und »Alias« ein brillanter Arrangeur filmischer Erinnerungsfetzen. Sein »Star Trek«-Relaunch von 2009 war weniger eine Erzählung im klassischen Sinn als eine regelrechte dramaturgische Püriermaschine: Szene für Szene, Wendung für Wendung wurden vertraute Motive aus Weltraumabenteuerfilmen verarbeitet und rekombiniert, ohne dass das Ganze am Ende nach matschiger Beliebigkeit geschmeckt hätte. Mit »Super 8« potenziert Abrams dieses Verfahren noch: Nicht bloß hat er seinen Gruselabenteuerfilm mehr oder weniger aus diversen Bruchstücken von Produzent Spielbergs früher Filmografie zusammengebastelt (zwischen »Unheimliche Begegnungen der dritten Art« und »Die Goonies«). Das Ineinander-Schichten von Filmen ist hier explizit Konzept: Bewaffnet mit Super 8-Kamera und Kunstblut wollen der zwölfjährige Joe und seine Freunde im Sommer 1979 einen Zombiefilm herstellen. Beim Nachtdreh werden sie Zeugen eines geheimnisvollen Zugsunglücks, und von da an beginnt die beschauliche Kleinstadtwelt um sie herum großes Kino zu machen, inklusive unheimlicher nächtlicher Überfälle und geheimniskrämerischer Militärs. Am Schönsten ist »Super 8«, wenn er diese zwei Filme – den Dreh der (durchwegs famos gespielten) fünf Freunde und das Rätsel, dem sie schließlich auf den Grund gehen – gleichberechtigt nebeneinander her laufen lässt, in Szenen, die sich in ihrem visuellen wie sprachlichen Witz selbst genügen. (Besonders raffiniert ist – von der ersten Einstellung an – das formale Spiel mit Tafeln, die abwechselnd etwas sichtbar machen oder verdecken.) So gekonnt baut Abrams, unterstützt von der John Williams-haft wummernden Musik von Michael Giacchino, sein Mysterium auf, dass die Auflösung im letzten Drittel dagegen ein wenig abfällt. Sympathisch bleibt dieser schön schlank proportionierte Krachfilm aber durchgehend. Und wenn gegen Ende eine Sammlung von Bruchstücken plötzlich in den Himmel abhebt, liegt der Verdacht nahe, Abrams meint damit – zu Recht – seinen eigenen Film. ¶ 8/10 JOACHIM SCHÄTZ

.14 DAS HINTERLAND / DIE PAMPA

Club of Goa: So feiert die »alternative« Landjugend – naturverbunden und im Off-Space Designstudie E-Bike-Tankstelle: Wie die E-Tanke das Stadtbild prägen wird Modestrecke: Das Bademodenlabel »Hinterland« Das Museum in der Pampa: Kulturlandschaft abseits der grossen Städte Street-Talk: Tut dir Gemüse leid?

WWW.BIORAMA.AT FACEBOOK.COM/BIORAMA TWITTER.COM/BIORAMA_MAG

— — —


VoiceOver

_ Abt. DVD

Am Anfang war das Licht (T HIM F IL M )

von P.A. Straubinger auf DVD TEXT JOACHIM SCHÄTZ

_

a. 118/ R EZENS I ONE N

Neben dem Inhalt ist es vor allem die Inszenierung, die an P.A. Straubingers »Am Anfang War Das Licht« nervt. Denn Straubinger ist offensichtlich ein Überzeugungstäter, der etwas zu erzählen hat. Dies zeigt er aber nicht offen in die Kamera, sondern inszeniert sich stattdessen als leicht skeptischen Mitmenschen auf der Suche nach Antworten. Antworten bietet der Film dann aber recht wenige und die Beispiele und Handelnden sind … ähm … zumindest nicht durch die Bank überzeugend. Letzten Endes will uns Straubinger einfach weismachen, bestimmte Menschen könnten ein Bewusstseins-Stadium erreichen, in dem sie auf feste Nahrung verzichten und nur von Lichtenergie leben. Dafür reist er um den Globus, bringt mehr oder weniger glaubwürdige Beispiele, bemüht allerlei »Wissenschaftler« und letztlich die Quantenphysik. Man muss von herkömmlicher Wissenschaft schon sehr wenig halten, um hier dauerhaft mitzuwollen.

Uwe Boll vs. The World

–/10 MARTIN MÜHL

Deutschlands eifrigster US-Filmexport Uwe Boll meldet sich zurück zum Krisen-Rapport: Mit »BloodRayne: The Third Reich« beweist er sich erneut als begrenzter Filmemacher, aber begnadeter Audiokommentarsprecher.

Eigentlich wollte Darren Aronofsky ja einen Film drehen, der die Liebesgeschichte eines Wrestler und einer Balletttänzerin erzählt. Der Regisseur erkannte jedoch, dass das Material locker für zwei eigenständige Filme reichen würde und schuf mit »The Wrestler« und »Black Swan« eindringliche Porträts zweier physisch und psychisch an ihre Grenzen gehende Künstler. In Letzterem verkörpert Natalie Portman eine Balletttänzerin, die sich ihren Lebenstraum erfüllen und in Schwanensee sowohl die Rolle des weißen als auch des schwarzen Schwans übernehmen will. Dafür malträtiert sie Körper und Geist so lange, bis sie endgültig den Verstand verliert. Portmans schauspielerische Fähigkeiten gepaart mit der schonungslosen Inszenierung Aronofskys, machen »Black Swan« zu einem stets ungemütlichen und ästhetischen Psychothriller. Für Portman gab’s verdientermaßen einen Oscar. Tanzdoubles hin oder her.

Der Regiekommentar gehört mit ziemlicher Sicherheit zu den unnötigsten Erfindungen, seit es Filme auf Scheiben gibt: Wer hört sie eigentlich je ab, diese öden Abfolgen aus Set-Anekdoten, Lobhudeleien und zu Tode erklärten Szenen, die Filmemacher pflichtschuldig auf DVDs und Blu-rays sprechen? Die Ausnahme, die die Regel bestätigt, heißt Uwe Boll: Dessen Kommentare sind an den DVDs seiner Filme meist das unterhaltsamste. Boll, der sich mit Videospieladaptionen wie »House Of The Dead« (2003) oder »Alone In The Dark« (2005) einen Ruf als schlechtester Regisseur der Welt erarbeitet hat, spricht seine Tonspuren ein wie ein bibelfester Republikanerprediger seine Talk Radio-Sendungen: In irrlichternden Monologen – wahlweise in Deutsch oder gebrochenem Englisch – zieht der Vielfilmer aus Wermelskirchen her über Cast & Crew, die niederträchtigen Kritiker und den Rest der Welt, der sich gegen ihn verschworen hat. Auf den DVDs der neuen Bollwerke »Blood Rayne: The Third Reich« und »Blubberella« – ein Nazivampir-Actionfilm und dessen Szene-für-Szene-Parodie, parallel heruntergekurbelt in Kroatien – kommt vor allem der unabhängige Self-Made-Unternehmer Boll zu Wort. Er gibt nicht unspannenden Wirtschaftskrisen-Unterricht, erläutert die Vorzüge und Nachteile von Sex und Gewalt auf diversen Märkten, und warum Dolph Lundgren eine sicherere Bank ist als Sean Penn. Hoffnungen für die Zukunft setzt Boll in Video-On-Demand, als kurzfristige Maßnahme besetzt er lieber mal Investorenkontakte in Kleinrollen: »Er hier rechts war ein Praktikant aus Deutschland. (…) Er kommt von dieser Münzspielautomaten-Gruppe, seine Mama arbeitet da.« Mitten im Business ist man bei Boll sowieso immer: Kaum ein Audiokommentar ohne nebenbei abgewickeltes geschäftliches Telefonat. »Wenn ich mal kurz nichts sage, muss ich meine E-Mails kontrollieren.« Abstecher ins Bierzelt-Ressentiment gegen »Schwuletten« etc. kosten Sympathiepunkte. Aber Bolls geschäftiger Tonfall – halb Filmnerd, halb Gebrauchtwagenhändler – strahlt mehr Enthusiasmus aus als alle Actionszenen in der »Blood Rayne«-Serie zusammen. »Blood Rayne: The Third Reich« und »Blubberella«(beide Splendid Entertainment) sind auf DVD und Blu-ray erschienen.

Black Swan (C E NT FOX)

von Darren Aronofsky; mit Natalie Portman, Mila Kunis, Vincent Cassel auf DVD und Blu-Ray

8/10 VOLKER MÜLLER

Im Schatten (GAL E R IE 4 5 1 )

von Thomas Arslan; mit Misel Maticevic, Karoline Eichhorn, Uwe Bohm auf DVD

Frisch aus dem Gefängnis entlassen und fast vollkommen pleite, wird Profi-Gangster Trojan auf der Suche nach einer ordentlichen Geldquelle in allerlei Schwierigkeiten verstrickt. So verweigert ihm sein Ex-Partner nicht nur die Auszahlung seines Anteils vom letzten Coup, sondern setzt auch noch Leute auf ihn an. Was klingt wie ein 08/15 Gangsterstreifen, ist von der ersten Minute an ein unglaublich ruhig inszenierter Film noir, der genau darin seine Stärken findet. Regisseur Tomas Arslan wirft einen leicht distanzierten, manchmal fast ans dokumentarische, grenzenden Blick auf die Berliner Unterwelt und lässt seine Schauspieler in langen, stilvollen Kameraeinstellungen agieren. Hervorzuheben sind hier Hauptdarsteller Misel Maticevic, der seiner Figur des Trojan mit seiner souveränen Coolness ein hohes Maß an Intensität verleiht und der von Uwe Bohm verkörperte, korrupte Polizist Meyer. »Im Schatten« ist ein gepflegter Gangster-Film noir – gerade auch für Genre-Fans. 8/10 VOLKER MÜLLER

Tucker and Dale vs Evil (U NIV E R SU M )

von Eli Craig; mit Tyler Labine, Alan Tudyk, Katrina Bowden auf DVD und Blu-Ray

In den 70ern wurde mit Tobe Hoopers »The Texas Chainsaw Massacre« das Slasher-Subgenre des Backwood-Horror geboren. Darin geht es meist um durchgeknallte Hillbillies, die harmlosen Touris oder einer Gruppe College-Kids nach dem Leben trachten. »Tucker and Dale vs. Evil« stellt diese Prämisse auf den Kopf und nimmt das Genre gekonnt aufs Korn. So sind die beiden Hauptfiguren eigentlich vollkommen harmlose Farmer auf dem Weg zum eigenen Ferienhaus. Als sie jedoch einer Gruppe von Studenten über den Weg laufen, werden sie von diesen ob ihres ungeschickten Verhaltens prompt für psychotische Killer gehalten. Regisseur Eli Craig ist durch seinen komödiantischen Umgang mit den gängigen Genre-Klischees und den zahlreichen skurrilen Todes-(Ein)fällen ein aberwitziger Splatter gelungen, der nicht nur auf diversen Fantasy-Filmfesten zum Publikumsliebling avancierte. 9/10 VOLKER MÜLLER


Kenton Nelson, Riveted, 2008; Albertina, Wien – Sammlung Batliner © Kenton Nelson

22. 6.–13. 11. 2011 Täglich 10 bis 18 Uhr, Mittwoch 10 bis 21 Uhr | Albertinaplatz 1, 1010 Wien, www.albertina.at

Partner


Abt. Buch John Burnside Lügen über meinen Vater

_

a. 118/ R EZENS I ONE N

01

( K N AU S) 1955 in Schottland geboren und nunmehr

auch als Professor für Kreatives Schreiben tätig, zählt Burnside zu den bedeutendsten zeitgenössischen Autoren Großbritanniens. Dass er soweit kommen konnte, verblüfft angesichts der nun – nach seinen Romanen »Die Spur des Teufels« und »Glister« – auf Deutsch erschienenen literarischen Autobiografie. Denn sein Vater Tommy, Schwerstalkoholiker und Gelegenheitsarbeiter, terrorisierte die vierköpfige Familie zeitlebens: mal über körperliche und seelische Gewalt, mal über Schweigen und Versaufen finanzieller Grundlagen. Klein-John muss dann die Suffkumpanen in der Küche unterhalten, für Nachschub sorgen oder deren Kotze wegwischen, während seine Mutter in Depressionen versinkt und später an Krebs stirbt. John selbst schmeißt die Schule, übernimmt früh des Vaters Sucht und erweitert sie auf alle Drogen, die nur verfügbar sind, zieht von zuhause aus und schlägt sich mit dubiosen Jobs herum, um sich die Trips und das Verdrängen leisten zu können. Den Exzessen folgen Erfahrungen mit der Psychiatrie, die Erkenntnis, sich im Vater zu spiegeln – und mithilfe der Literatur eine Perspektive zu entwickeln. Um zu überleben und schließlich zu leben, auch wenn er sich vom Schatten des Vaters nie gänzlich befreien wird. Burnsides Memoiren strotzen vor düsteren Abgründen genauso wie vor erzählerischer Wucht, doch die Präzision seiner Analysen und das sprachliche Feingefühl blühen hell wie Phönix. 9/10 ROLAND STEINER

Helen Fitzgerald Letzte Beichte

02

( GA L I A NI ) Krissie, bereits in Fitzgeralds Vorgänger-

Krimi »Furchtbar lieb« gern laut und melancholisch über Wein und Pilze (diesmal über Wein, Joints und Speed), ist dank Bildhauerfreund Chas und trotz vierjährigem Sohn Robbie wieder als Sozialarbeiterin tätig. Diesmal im Strafvollzug, wo sie sich unter Pädophilen und anderen Geisteskranken gar nicht so unwohl fühlt. Problem: Sie lässt deren Leben zu schnell zu nah an ihr eigenes heran. Mann und Kind haben dabei das Nachsehen. Denn eingebuchtet und hilfsbedürftig ist der fesche Jeremy, der seine kleine Schwester als Kind in der Waschmaschine zu Tode trocknete, weil die Windel voll war. Die sympathische Nageldesigner-Freundin Amanda, Jeremys große Liebe, ist ebenfalls Teil von Krissies kriminalistischen Ermittlungs-Plänen, die ihr den Job kosten könnten. Während sich Amanda auf die Suche nach ihrer leiblichen Mutter macht, zieht Chas jedoch aus der gemeinsamen Chas-Krissie-Wohnung aus. Und das, obwohl sie sich das mit dem Heiraten noch einmal genauer überlegen wollte. Helen Fitzgerald schafft mit »Letzte Beichte«, dass es das bewährte Whodunit-Prinzip nicht braucht, um auf falsche Fährten gelockt zu werden. Und dass man in diesem Fall auf Schmonzetten-Kram mindestens genauso stehen muss wie auf die coole Antiheldin. Die Freude über den nächsten Band (der erste wird übrigens gerade verfilmt) wird groß sein.

Gary Shteyngart Super Sad True Love Story (R OWOHLT )

Sonntagslesung Mit grimmigem Witz skizziert Gary Shteyngart die Welt von morgen. Abwegig ist das alles nur auf den ersten Blick.

Gary Shteyngarts »Super Sad True Love Story« klingt wie ein Tarantino-Film und trägt einen sehr poppigen Einband. Jugendliteratur, Trash, knalliges Roadmovie? Weit gefehlt. Hier kämpft der 40-jährige Lenny schon auch um die flippige, viel zu junge Eunice, aber in was für einem Land? Sehr harmlos fängt die Geschichte in Rom an, wo Lenny auf der Suche nach reichen Europäern ist, die, durch das Finanzieren sonderbarer Präparate ihr Leben ins Unendliche steigern könnten. Er findet sie aber nicht. Europäer sterben grundsätzlich gerne. Doch was eingangs noch lustig klingt, hat bald einen bitteren Nachgeschmack. Langsam sickert man in eine gar nicht so irreale Welt, die an George Orwells »1984« heranreicht und, verbunden mit den Möglichkeiten der neuen Technologien, gar nicht so weit weg ist. Interessanterweise funktioniert das gute alte Europa noch so halbwegs, doch Amerika hat sich hoch an China verschuldet und quasi verkauft, sodass eine »Überparteiliche Partei« die Macht ergriffen hat. Panzer kontrollieren den JFK-Airport und rollen den Broadway entlang, Demonstranten formieren sich in Washington und die letzten funktionierenden Wirtschaftsgiganten lechzen nach Fusionierungen mit Unternehmen außerhalb der USA. Und so nebenbei passiert eben Alltagsleben. Zwanghaft gläubige Koreaner versuchen sich in schlechtem Englisch im »neuen Amerika« zurechtzufinden, ein irgendwo zwischen Steve Jobs und Mark Zuckerberg anzusiedelnder neuer Guru durchleuchtet die Menschheit und lässt durch esoterischen Quatsch Geld in die eigenen Kassen spülen. Und trotzdem hinterlässt einen dieser Roman nicht angewidert, sondern schlau. Spannend, wie es in der neuen Welt zugeht. Neben äußerst gelungenen Sau-Wörtern und Sau-Texten werden auch wirtschaftliche Bereiche lesbar und nachvollziehbar vermittelt und nicht als verkorkste BWL-Kacke verkauft. Zudem ist Gary Shteyngart ein einfühlsamer Autor, der Gedanken und Sprache der Jugend bis zur Generation 40+ im kleinen Finger hat. Lachen kann man übrigens auch, gelegentlich bleibt es einem aber im Hals stecken. Zum Beispiel, wenn man die Briefe von der koreanischen Mutter an die Tochter Eunice liest. Da sind alle Massenmails von »Russian Girls« oder »Prinz Charles aus Kongo« – eine leichte Kost und eben nicht im absurden Stil literarisch. Unterm Strich ein Roman für die ganze Familie, he, he, möge man die verschiedenen Kapitel am sonntäglichen Mittagstisch zur Lesung weiterreichen. 8/10 MARTIN G. WANKO

9/10 EVA MOROCUTTI

Yorck Kronenberg Ex voto

03

( D R O S CHL) Stockholm-Syndrom im mittleren Os-

ten: Yorck Kronenbergs zweiter Roman »Ex voto« entführt in einen orientalischen Fiebertraum mit zweifelhaften Erzählbrüchen. Der deutschstämmige NGO-Arzt Robert Sieburg wird auf dem Weg zu einem humanitären Hilfseinsatz von einem bewaffneten Nomaden-Trupp gefangen genommen und in ein abgeschiedenes Bergdorf verschleppt. Die Gruppe fertigt Video- und Tonbandaufnahmen von Robert an und drängt ihn dazu, alles im Dorf erlebte in einem schriftlichen Bericht festzuhalten. Das

_

MEHR REVIEWS WWW.THEGAP.AT GROSSES ARCHIV


Abt. Buch

_

a. 118/ R EZENSIONE N

einzige, was den Protagonisten noch zur Außenwelt verbindet, sind kurze, abgehakte Telefongespräche mit seiner Frau in Deutschland, die von den Entführern stets nach wenigen Wortfetzen unterbrochen werden. Obwohl sich Robert bewusst ist, Gefangener eines Clans zu sein, der ihn jederzeit umbringen könnte, beginnt er Sympathien für die Nomaden und deren nicht weiter spezifizierte Anliegen zu entwickeln. Nachdem er durch eine Schusswunde lebensgefährlich verletzt wird, gleitet die Erzählung in eine fieberhafte Phantasmagorie über. Die Trennlinien zwischen Zeit und Raum verflüchtigen sich und verschmelzen mit Kindheitserinnerungen, in denen der Erzähler den Tod seiner Eltern aufarbeitet. Isoliert von seinem früheren Leben, ist die einzige Kommunikationsbrücke zwischen Robert und der fremden, feindseligen Stammesgesellschaft ein Araber namens Harry, der ruhig und akzentuiert Deutsch spricht. Akribisch archiviert er Roberts Notizen, während dieser sich in Harrys Tochter Samira verliebt. Das umliegende Gebirgsmassiv, so erklärt ihm der Übersetzer, sei von einer Gottheit beseelt. Roberts Aufzeichnungen würden den Berg durch ihn sprechen zu lassen und dem Clan dadurch die Wahrheit über ihn zeigen. Welche Wahrheit der militärisch organisierte Nomadenstamm, der sich irgendwo zwischen global operierendem Terrornetzwerk und mystischer Religionsgemeinschaft bewegt, letztendlich sucht, lässt der Autor Kronenberg leider im Dunkeln. Der Erzählung hätte allgemein mehr Detail für die tatsächlichen Handlungen rund um die Entführung gut getan: Zum einen konnte die Zuneigung, die der Erzähler im Laufe des Textes für seine Geiselnehmer entwickelt, von Kronenberg nicht nachvollziehbar vermittelt werden. Zum anderen lässt eine dramaturgische Wendung gegen Ende des Romans »Ex Voto« zu jäh und zu unbefriedigend ausklingen, um den Text uneingeschränkt empfehlen zu können.

Kraft und Poesie, Verletztheit und Selbstbestimmtheit. Ein anrührendes wie engagiertes Buch über eine Bevölkerungsgruppe, die gerade in Italien und Ungarn immer wieder attackiert wird.

kratischen Reglementarien wie etwa Asylbehörden hat Schischkin hiermit einen erzähldramaturgisch grandiosen, stilistisch dicht arrangierten Brillanten in die Literaturgeschichte gesetzt.

9/10 ROLAND STEINER

10/10 ROLAND STEINER

5/10 MICHAEL KIRCHDORFER

7/10 JULIANE FISCHER

Milena Magnani Der gerettete Zirkus

04

(NAU T I LU S ) Die Journalistin und Sozialaktivistin

hat sich in ihrem dritten Roman des Phänomens in Italien gestrandeter Roma und verschwindender Zirkusse angenommen. Ausgangspunkt waren Recherchen in italienischen Camps, in denen Jugoslawienkriegsflüchtlinge auf Roma anderer Länder trafen. Der in Ungarn geborene Gerüstbauer Branko Hrabal wird gleich zu Beginn des Romans im Camp zwischen Fabrikruinen und Autobahnring unschuldig in einer Fehde dahingemetzelt. Dennoch ist es seine Erzählstimme, die weiter durch diesen Elendstrabanten führt und Brankos Bemühen um die dort lebenden Kinder zeigt. Ihnen, die ohne Schule und übliche Standards aufwachsen, bringt er die Geschichte des Zirkus dar, den einst sein Großvater betrieben hatte, ehe die Nazis ihn und alle Artisten im KZ ermordeten. Einzig Brankos Vater überlebte, doch dieser verschwieg seinem Sohn die Familiengeschichte. Als Branko seine Herkunft dann doch erfährt, rettet er die Zirkusbestände von einem damaligen Kollaborateur und verzaubert mit diesen den tristen Alltag der Kinder. Das Fantastische in Gestalt der Zirkusschilderungen und animierten Kinderaugen konfrontiert die Autorin mit nüchternen Bestandaufnahmen des Barackenlagers, in der sanften Stimme ihres Protagonisten oszillieren 01

02

Bernhard Moshammer Ein kurzer Roman über die Schrecklichkeit der Liebe

05

(MILEN A) Das Klischee kennen wir schon von Tom-

my Jauds Vollidioten und der vergleichsweise faden Verfilmung mit Oliver Pocher. Der Fleisch-ist-meinGemüse-Typ Heinzer ist auch so ein Fall, und Nick Hornbys Rob Fleming zählt auch zu diesem Kreis. Sie haben sich der Tiefkühlkost verschrieben, in Musik und Büchern vergraben, suhlen sich jahrelang im Selbstmitleid und spülen es zwischendurch mit dem einen oder anderen Dosenbier hinunter. Langzeitpubertierende oder Midlife-Crisis-Kandidaten sind ja oft ein geeignetes Protagonistenobjekt für humorvolle Kurzromane, in denen sich jeder Leser teilweise wiederfindet. Klassischerweise spielt sich so eine Provinzpopkultur in einer unaufgeregten Durchschnittsstadt wie St.Pölten ab. Das gibt viel Grund zur Erheiterung und ist eine schnell gelesene Sommerlektüre. Über stellenweise Überambitioniertheit, die sich in einem Rausch abgehackter Sätze verliert, kann man hinweg sehen. Altkluge Liebesweisheiten werden aber manchmal schon zu fade und funktionieren paradoxerweise genauso wie die Assoziationen, die Hauptfigur Benjamin mit bestimmten Liedern hat. Er fühlt sich als alleinig Betroffener und denkt, jene Zeilen seien einzig für ihn verfasst worden. Das denken auch tausend andere und die haben auch schon diese Theorien zur Liebe gefunden, rotierend in einer Pseudopsychologie. Keine Monopolstellung also, aber ein unterhaltsamer Zugang zu alltäglichen Herzschmerzkämpfen für Jedermann (zwischen Pubertät und Midlife-Crisis).

Michail Schischkin Venushaar

06

Erstaufnahmelager Kreuzlingen in der Schweiz: Hier sitzen tagtäglich Asylwerber, die Eintritt ins Paradies begehren, dem Schicksalslenker Petrus alias Peter Fischer und dessen Dolmetscher gegenüber. Die Frage nach Asylgründen übersetzt er ins Russische, die Antworten entscheiden über Bleiben oder Abschiebung, auch wenn Dokumente oft fehlen. Ob diese Leidensgeschichten eine reale oder fingierte Basis haben, klärt nicht der Dolmetscher, der ihnen bald Erinnerungen an die Zeiten vor und nach seiner eigenen Emigration beimengt. Doch damit belässt es der 1995 aus Russland in die Schweiz emigrierte Booker-Preisträger, der ebenda für eine solche Einwanderungsbehörde übersetzte, nicht: Mythen und Parabeln, Erzählungen aus der Antike, das Tagebuch einer russischen Schauspielerin, Allegorien sowie geheimnisvolle Briefe an seinen getrennt bei der Mutter lebenden Sohn türmt Schischkin auf zu einer Kulturgeschichte des 20. Jahrhunderts. Dieser waghalsig komponierte wie ausladende, vielfach preisgekrönte Roman bietet nichts weniger dar als die gesamte Bandbreite menschlicher Gefühle – von Freud bis Leid, Liebe und Hass, Gier und Sanftmut, Not bis Freiheit – und Leistungen. Eingebettet in den Widerstreit des Individuums mit repressiven Regimes und pseudodemo(DVA)

03

04

05

Erwin Uhrmann Glauber Rocha

07

(L IM B U S) Portugal, einst dank Kolonien wie Brasili-

en reichste Nation Europas, wurde im Wirtschaftswachstum längst von Brasilien überholt und muss nun EU-Notkredite erbetteln. Noch vor Ausbruch der Schuldenkrise schickt der Wiener Schriftsteller und Kunstjournalist Erwin Uhrmann in seinem zweiten Buch einen Ich-Erzähler in das ärmste Land Westeuropas und in dessen Verstrickung mit der Ex-Kolonie. Als Assistent der lungenkranken Kunsteinkäuferin Olivia sucht er Künstler in Lissabon und Porto auf. Doch zunehmend genervt von Olivias arrogantem Gehabe und der seinem Hippie-Marxismus widerstrebenden hedonistischen Vitalität der Maler gilt seine eigentliche Suche den Spuren des brasilianischen Regisseurs und Filmtheoretikers Glauber Rocha (1938-1981). Dieser hatte eine Ästhetik des Hungers konzipiert und war der Militärdiktatur nach Portugal entflohen. Und tatsächlich dringt er in Rochas verwaistes Haus in Sintra ein, ohne recht zu wissen, was genau er ans Licht bringen will – während Olivias Zustand sich verdüstert. Uhrmanns melancholische doch leichtfüßige Erzählung lebt von der Wechselbeziehung zwischen scheinprogressiver Gegenwart und unverarbeiteter Kolonialgeschichte, zwischen Mentalitäten bestimmender Natur, Urbanität und Kultur. Über seinen zwischenmenschlich tapsigen, doch trotzig Idealen nachsinnenden Helden gelingen subtile Einblicke in die soziale Realität portugiesischer Kunst zwischen laxer Saturiertheit und kritischem Ethos. 8/10 ROLAND STEINER

Carlos Ruiz Zafon Marina

08

(S. F ISC HE R ) Wir haben alle eine Jugendsünde. Bei

Carlos Ruiz Zafon liegt diese zwischen drei Romanen, die bewusst für Halbwüchsige angelegt wurden und den niederreißend gut verkauften Erfolge der letzten paar Jahre. Auf der Übergangsstufe reiht sich »Marina« als Zwischenwerk, mit dem der Autor Abschied nimmt von den Hirngespinsten seiner Jugend. Einer Jugend, die ihm »mit der Geschwindigkeit eines Ozeandampfers zu entgleiten droht«, wie er im Vorwort erklärt. Noch mehr als jetzt war er damals, 1999, schon um eine sehr bildhafte Sprache bemüht, was weniger nach Schreibfluss als nach gesuchten Metaphern aussieht und sich mit leicht aufgesetzter Gänsehautromantik liest. In das Barcelona der 1980er setzt Ruiz Zafon anachronistische Schauergestalten und zombieähnliche Wesen, die sich durch Ruinen außerhalb jeder Zeitebene bewegen. Den Charme des Morbiden und die Magie seiner Heimatstadt erkannte der Romancier also schon damals. Oscar und seine Freundin Marina kommen einem ekelhaften Rätsel auf die Spur. Die überpoetische Sprache hält der Schriftsteller nicht versteckt. Die Geschichte der »Marina« verbirgt sich für den deutschen Sprachraum allerdings über zehn Jahre. Und dabei liegt die Betonung mehr auf Jugend denn auf Sünde. 6/10 JULIANE FISCHER 06

07

08

AU SGA B E 1 1 8 / 0 6 9 ◄


Abt. Comic Usamaru Furuya Lychee Light Club

_

a. 118/ R EZENS I ONE N

01

( V E RT I CA L) In den Schatten der Subkulturen liegen

die Gespenster vergangener, vergessener ikonoklastischer Momente. Manchmal bewegen sie sich in ihrem tiefen Schlaf und streifen die Lebenden. Für Usamaru Furuya brachte der Kontakt die Erinnerung an die 1984 von Norimizu Ameya gegründete Tokyo Grand Guignol Theatertruppe. 2006 erscheint »Lychee Light Club« bei Ohta, jetzt auch auf Englisch bei Vertical. Theater und Comic verlieben sich in diesen Seiten. Das magische Paradox der distanzierten aber einnehmenden Bühne bildet die Basis für die überspitzte Dramatik des Manga. Und das für eine Vorlage deren Inhalt bereits mit den düstersten Winkeln menschlicher Psyche und deren absurdester Zurschaustellung in Blut und Gedärm randvoll ist. Ein Geheimklub junger Burschen ergeht sich in den faschistoiden Fantasien einer Handvoll Mitglieder. Abstraktestes gilt ihnen als reelles Gesetz und so erschaffen sie einen Roboter, der ihnen die Verkörperung ultimativer Schönheit, im Fleisch eines Mädchens manifestiert, als Emblem ihres Klubs bringen soll. Lust, Neid, Eifersucht, Hass – in den simpelsten Gefühlen explodiert »Lychee Light Club«, in Szenen spirituellen und körperlichen Todes einerseits sich selbst persiflierend, andererseits nüchtern. Furuya öffnet den Vorhang mit Häme und Hochachtung. 8/10 NURI NURBACHSCH

Rian Hughes mit diversen Autoren Yesterday’s Tomorrows

02

( I M AG E CO M I CS / KNO CKABOUT COMICS) Der

britische Illustrator und Designer Rian Hughes ist sicherlich vielen Menschen ein Begriff. Sein Stil, der Art Deco und die Zukunftsvisionen der 50er und 60er vereint, ist auffällig. Allerdings ist nur wenigen bekannt, dass Hughes auch ein Comic-Künstler ist. Eine Auswahl seiner ikonischeren Arbeiten wurde für »Yesterday‘s Tomorrows« zusammengefasst, einiges davon Raritäten. Besonders erwähnenswert ist die Zusammenarbeit mit Grant Morrison, einmal beim postatomaren Action-Drogen-Roadmovie »Really & Truly«, allen voran aber auch bei der herrlich kalten Dekonstruktion des britischen Comic-Sci-Fi-Überhelden Dan Dare. Dann wäre da noch eine fantastische Raymond Chandler-Adaption (»Goldfish«) und etliche Illustrationen, Storys, Entwürfe und so weiter. 6/10 NURI NURBACHSCH

Howard Cruse Stuck Rubber Baby

03

(DC VERTIGO) Howard Cruse hat fünf Jahre damit

verbracht, »Stuck Rubber Baby« zu vollenden, bis es 1995 zum ersten Mal erschien. Vielleicht war es der aufwendige Schraffur-Stil, der Cruse Zeit kostete, vielleicht lag es auch am emotional zehrenden Inhalt. »Stuck Rubber Baby« ist die Erzählung vom Coming-Out des Protagonisten Toland Polk, der in den 60ern in einer kleinen Stadt in den Südstaaten der USA nicht nur mit sich selbst, sondern auch mit dem Rassismus seiner Umgebung im Konflikt ist. Cruse hat dafür die Erfahrungen aus seinem eigenen Leben als junger Homosexueller in Alabama als Vorlage benutzt. Die Ehrlichkeit der GraphicNovel beinhaltet so viel Menschlichkeit (im bestmöglichen Sinn des Wortes), dass in der Bild- und Textdichte des Comics trotzdem genügend Platz für den Leser ist, sich mitten im Leben von Toland Polk aufzuhalten. Man spürt seine Verwirrung, seine Angst. Und wenn Toland der Tod eines Freundes mit voller Härte trifft, werden die Tränen kommen, kein Zweifel. Jeder sollte »Stuck Rubber Baby« gelesen haben. Jeder. 10/10 NURI NURBACHSCH

► 0 70 / AU S GA BE 118

Charles Burns Black Hole (R E P R OD U K T )

Ich »loch« mich tot

_

»Black Hole« zeigt uns paradigmatische Szenen jugendlicher Selbstentfremdung, die transformiert und verdichtet werden und schließlich sich selbst transzendieren, indem sie auf etwas Abgründiges und Verdrängtes hinweisen. Ein schwarzes Loch, das inmitten unserer Existenz klafft. »Black Hole« beginnt mit einer Standardszene amerikanischen High-School-Lebens: dem Sezieren eines Frosches im Biologieunterricht. Keith kollabiert beim Aufschneiden des Tiers und fantasiert von ovalen Öffnungen, Schlangen und Knochen. Allesamt Symbole, in denen sich das schwarze Loch dem Unbekümmerten zum ersten Mal erschließt. Benommen aufblickend strahlen ihm die Fratzen seiner Mitschüler entgegen – in ihren realen und erträumten Erlebnissen erschließt sich auch dem Leser nach und nach Keiths Vorahnung. Die in ihren Ergebnissen nicht antizipierbare, pubertäre Körpertransformation und die damit einhergehende Selbstentfremdung verdichten sich zur Mutation, ausgelöst durch ein seltsames Virus, das nur Teenager zu befallen scheint, durch Sex übertragen wird und insbesondere das äußere Erscheinungsbild negativ beeinflusst: Warzen, Beulen, Wunden und Deformationen für die ohnehin Unpopulären, subtilere Mutationen wie regelmäßige Häutung oder ein zweiter Mund am Hals für die Populären. Das bringt den wichtigen Unterschied mit sich, dass die eine Form der Mutation sich verbergen lässt, während die andere zum sozialen Ausschluss prädestiniert. Das Bedrohlichste bleiben dabei die Menschen füreinander und die schwarzen Löcher in ihnen, die ihr Ausschluss aus der »Gemeinschaft« (oder die Angst davor) hinterlässt. In den Unpopulären, an deren Gesichter man sich nicht erinnert, wächst etwas und kommt – nachdem die Sehnsucht nach Liebe und Anerkennung endgültig und vollkommen enttäuscht worden ist – in seiner ganzen Brutalität zum Vorschein. »Black Hole« ist schlicht und einfach ein Meisterwerk. Burns Stil der perfekten Linien und Schwarz-Weiß Kontraste, die das Weiß direkt aus der pechschwarzen Dunkelheit strahlen lassen, erzeugt einen anfangs subtilen, dann immer intensiver werdenden Sog, wenn die Details der Bilder im Verlauf des Lesens immer stärker zu wirken beginnen. Jede Perspektive, die Burns einnimmt, scheint mit Bedeutung versehen zu sein, jede Distanz zwischen und zu den Figuren scheint uns irgendetwas mitzuteilen. Wir sehen ihre Regungen und Erregungen, sehen was sie sehen und fantasieren – alles in Schwarz-Weiß gegossen, nah und plastisch. Burns Erzählkunst steht seinem zeichnerischen Geschick um nichts nach: Erlebnisse, Erinnerungen, Träume und Visionen verschmelzen, sind durch Symbole verbunden (die ovale Öffnung als Wunde, als Vagina, als Dimensionsspalt) und dennoch wird alles in einem konsistenten Handlungsverlauf integriert. Und schließlich gelingt Burns auch noch ein Ende, das schon manchen jugendlichen Comic-Enthusiasten – so sagt man – zum Weinen gebracht hat. 10/10 ALEXANDER KESSELRING

01

02

03


Abt. Games

_

a. 118/ R EZENSIONE N

071 Ständer, Blow-Jobs und dämonisches Schamhaar

_

»Shadows Of The Damned« (exzentrischer, asiatischer Horror-Shooter) und »Duke Nukem Forever« (80er-Actionhelden-Shooter) verlassen sich beide auf pubertären Humor unter der Gürtellinie. Garcia Hotspurs Begleiter ist ein glühender Totenkopf, der auf den Namen Johnson hört. Der verwandelt sich schon mal in ein Motorrad oder eine Waffe. Dann nennt er sich Boner. Garcia ist einer der ersten Latino-Helden der Videospielgeschichte und wird in die Hölle geschickt, um dort seine Freundin zu suchen, die von Dämonen entführt wurde. Die Hölle selbst ist ein verwinkeltes Dorf mit allerlei Plätzen und Straßen. Dazwischen gibt es Türen, die von Baby-Köpfen geschlossen gehalten werden, die gefüttert werden müssen – oder von Dämonen-Schamhaar versiegelt sind. Willkommen in der Welt von »Shadows Of The Damned«, einer Schöpfung der beiden Videospiel-Autoren Suda 51 (»No More Heroes«, »Killer 7«) und Shinji Mikami (»Resident Evil«). Das Spiel selbst ist ein solider, aber wenig aufregender 3rd-Person-Shooter mit eher sanften Horror-Effekten. Ans Eingemachte geht es aber wie beschrieben beim humorigen Umgang mit Setting und Details. Auf genau diese Schiene verlässt sich auch der nun nicht mehr ewige VideospielGag »Duke Nukem Forever«. Nachdem Duke im Vorspann auf einem Sportplatz einen außerirdischen Riesen bekämpft hat, stellt sich dieser Prolog als Spiel im Spiel heraus. Duke hat nur ein Videospiel gespielt – und nachdem der Gegner besiegt ist, tauchen auch zwei junge Gespielinnen auf, die ihn offensichtlich währenddessen oral verwöhnt haben. Beide Spiele sind technisch nicht ganz auf der Höhe, bieten aber mehr als solide Action und eben einen zumindest für Spiele in dieser Explizitheit außergewöhnlichen, meist dämlichen Humor. »Shadows Of The Damned« ist letzten Endes noch ein bisschen abgedrehter und – zumindest für uns Europäer – ungewöhnlicher. Die Grenzen zwischen pubertärem Humor und plattem Sexismus verschwimmen aber auch hier immer wieder. Nichtsdestotrotz oder auch gerade deswegen: Man kann sich mit diesen Action-Titeln hervorragend vergnügen. »SHADOWS OF THE DAMNED« 7/10 »DUKE NUKEM FOREVER« 6/10 MARTIN MÜHL

Duke Nukem Forever (G R ASSHOP P E R /E A) ( G E A R B OX / 2 K ) ; X B OX 3 6 0 G E T EST E T, P S 3 , P C ; W W W. D U K E N U K E M . C O M

Shadows Of The Damned (GRASSHOPPER/EA) XBOX 360 GETESTET, PS 3 ; WWW.SHADOWSOFTHEDAM NE D. C OM

AU SGA B E 1 1 7 / 0 71 ◄


Abt. Games 01

08

02

09

a. 118/ R EZENS I ONE N

03

04

10

Alice: Madness Returns

11

01

( E A ) : PC G E T EST E T, P S 3 , X-BOX 360 ; W W W. A LI CE M A D NESS RE T U R N S.COM

Was man sich von Tim Burton erhofft hat, bringen die »Alice«-Spiele: Ein herrlich schräges Wunderland und eine geistreich erzählte Geschichte trösten über das allzu klassische Gameplay hinweg. 7/10 HARALD KOBERG

Child of Eden

02

( Q ? / U B ISOFT); XBOX 360 KINECT GETESTET, PS 3 ; W WW. CHI LD - O F- E D E N.COM

»Child Of Eden« hat mich schon einiges an Nerven gekostet und wird das noch weiter tun. Zuerst, weil ich nicht reingekommen bin. Tetsua Mizugushis »Rez« war ein Klassiker, vom Nachfolger wollte und durfte man sich viel erwarten. Es ist abermals ein farbenprächtiger Rail-Shooter mit esoterischer Story (eine Schönheit retten und irgendwie auch das Internet) und feinem Techno-Soundtrack, der sich durch den Spieler verändert. Und diesmal sogar mit KinectSteuerung. Genau mit dieser gelingt mir aber das Spiel im Rhythmus nicht und dann kommt man nicht in den Flow, weil sich die Musik nicht mit dem Spiel ändert. Mit dem Controller gelingt mir ebendies besser … nun kostet der Schwierigkeitsgrad weiter Nerven. »Child Of Eden« macht es wohl nicht nur mir in mehrfacher Hinsicht nicht leicht, ist aber im gleichen Ausmaß ein außergewöhnlicher und großartiger Titel. Mizugushi hätte uns viel Freude damit machen können, dass er das Spiel zugänglicher gestaltet ohne etwas von seiner Einzigartigkeit einzubüssen, das war ihm aber offensichtlich kein Anliegen. 8/10 MARTIN MÜHL

Dungeon Siege III

03

( O B S I D I AN / SQUARE ENIX); PS3 GETESTET, X B OX 3 60, P C; WWW. D U NG EONSIEGE.COM

Technisch wie spielerisch biederer Dungeon Crawler, der im Mehrspieler-Modus dennoch eine Zeit lang unterhält dank der genretypisch geschürten Gier nach Ausrüstung und Erfahrungspunkten. Es wird aber viel Potenzial verschenkt. 6/10 STEFAN KLUGER

F.E.A.R. 3 ( WA R N E R I NT E RACT I VE ); P C GETESTET, PS 3 , X BOX 3 60, WWW. FE A R3.DE

04

Atmosphärischer Grusel-Shooter, der auch im dritten Eintrag mit intelligent agierenden Gegnern und feinen Schockmomenten aufwartet. Technisch und spielerisch sind aber leider kaum Verbesserungen spürbar. Der Koop-Modus ist ob der unterschiedlich talentierten Protagonisten motivierend. 7/10 STEFAN KLUGER

► 0 72 / AU S GA BE 118

05

12

06

07

13

Hunted: The Demon’s Forge

14

05

(BETHESDA): PS 3 G E T EST E T, X- B OX 360 , PC; WWW.HUN TEDT HEGAM E . C OM

Mehr Hack and Slay als Rollenspiel. Ein fehlerhafter, aber dann doch recht kurzweiliger Fantasy-Zeitvertreib mit Koop-Option. 6/10 HARALD KOBERG

InFamous 2

06

(SUCKER PUNCH / SONY); PS3; WWW.INFAMOUSTHEGAME.COM

Schwerpunkt Action. »inFamous 2« legt den Fokus noch stärker auf Kämpfe und vernachlässigt dabei das Klettern ebenso wie Story, Charaktere und Atmosphäre. Dennoch kann das Spiel als Blockbuster dank der spaßigen Superhelden-Kräfte unterhalten. 6/10 STEFAN KLUGER

L.A. Noire Rockstar Pass

07

(TEAM BON DI / R OC KSTAR ); P S3, X BOX 360 GETEST E T ; WWW.ROCKSTAR GAM ES. C OM /L ANOIR E

Neue Fälle, ein MG und ein paar Anzüge für »L.A. Noire«: Die Fälle sind ganz gut, lassen aber mit bekanntem Ende der Überstory Spannung vermissen und die Schwächen besonders spüren. 7/10 MARTIN MÜHL

Mx vs. ATV Alive

MEHR REVIEWS WWW.THEGAP.AT GROSSES ARCHIV

08

aber auch ans Gameplay steigt der Anspruch stetig: Wie soll da ein 13 Jahre altes Spiel bestehen? So wie »The Legend of Zelda: Ocarina Of Time 3D«, die Neuauflage des N64-Klassikers aus 1998. Abgesehen vom gelungenen 3D-Effekt wurde grafisch behutsam verbessert; sowohl Texturen als auch Charaktermodelle sehen im Vergleich zum Original sehr hübsch aus. Besonders bei den Hauptfiguren gaben sich die Entwickler Mühe und machten das Abenteuer fit für die Gegenwart. Dagegen wurde spielerisch – bis auf ein paar 3D-Spielereien – rein gar nichts verändert. Wozu auch? »Ocarina Of Time« muss sich nach wie vor nicht vor der Konkurrenz verstecken. Lernkurve, Spiel-Welt und Atmosphäre sind stimmig, während der Spielfluss einen nahezu perfekten Rhythmus besitzt. Einzig die nach wie vor fehlende Sprachausgabe ist bedauerlich. So erweist sich »The Legend of Zelda: Ocarina Of Time 3D« als ein herausragend feines Spiel, als zeitloser Klassiker. 10/10 STEFAN KLUGER

PAM – Post Apocalyptic Mayhem (HE AD U P ); P C ; W W W. HE AD U P GAM ES. C OM

Ein grottenschlechter Fun-Racer mit bewaffneten Autos, der nicht einmal durch seinen günstigen Preis rechtfertigen kann, dass er entwickelt werden musste. 2/10 HARALD KOBERG

Red Faction: Armageddon

(THQ); PS3 GETEST E T, X B OX 3 6 0 ; WWW.MX VSAT V. C OM

(VOL IT ION / T HQ); XB OX 360 G E T EST E T, P S3, P C ; W W W. R E D FACT ION. C OM

6/10 NIKO ACHERER

7/10 MARTIN MÜHL

Der Discount-Offroad-Racer. Ein interessantes Experiment mit solidem Gameplay; leider geht das Konzept nicht wirklich auf und besonders der Anfang ist extrem eintönig.

No More Heroes: Heroes’ Paradise

09

Herrlich abgedrehte, asiatische Metzelorgie, die technische Schwächen mit derbem Humor, spannenden Katana-Fights und charmanten Charakteren wieder gut macht. Tarantino und Suda 51 haben hier die gleichen Vorbilder. 7/10 STEFAN KLUGER

(N INTEN DO); 3D S; W W W. NINT E ND O. AT

12

Nach dem Sandbox-Knaller »RF: Guerrilla« nun wieder ein geradliniger Shooter. Die destruktive Action unterhält. Story und Spieldesign könnten besser sein.

Tiny Token Empires

13

( H E A D U P GA M ES ) : P C ; W W W. T INYTOK E NE M P IR ES. C OM

(GRASSHOPPER / KONAM I); P S3; WWW.KON AMI-EU R OP E . C OM

The Legend of Zelda – Ocarina Of Time 3D

11

Ein rundenbasiertes Strategiespiel mit PuzzleAnteil, das auch im kleinen Fenster gespielt werden kann. Schnell erlernt und richtig knifflig. 7/10 HARALD KOBERG

Transformers 3

14

(ACTIVISION); XBOX 360 (GETESTET), PS3, W II, 3D S, D S; W W W. T R ANSFOR M E R SGAM E . CO M

10

Es gibt Titel, die gelten als Klassiker der Videospielkultur. Doch eine damals vielleicht zurecht verliehene Auszeichnung kann bereits wenige Jahre später in Frage gestellt werden. Denn an die Grafik

Die Roboter von »Transformers 3« werden auch so manchen Fan der Serie vergraulen. Denn der ThirdPerson-Shooter ist technisch bieder und spielerisch abwechslungsarm. Die eine oder andere chaotische Mehrspielerrunde lang unterhält das Spielprinzip, bald aber macht sich Langeweile breit. 5/10 STEFAN KLUGER


OPIUM FÜR DAS WEB

T-SHIRTS. TASCHEN. UNTERWÄSCHE. »TRIEB UND FRIEDEN« POOLBAR.AT/SHOP

— WWW.CODEON.EU

handgemachtes und geschenke

burggasse 21, 1070 wien www.diesellerie.com facebook.com/diesellerie

www.vinyltom.at

www.wholelottasound.eu


Termine Musik

_

Sie tragen gern Schwarz-Weiß, kommen von weit her und singen gern »Yea, yea, yea!«

THE NAKED & FAMOUS

_

Lawrence verrührt House, Minimal und experimentellere Sounds. Er ist nur einer der geschmackssicheren Gäste von Bepop Rodeo.

BEBOP RODEO PRESENTS LAID LABEL NIGHT _ Bebop Rodeo lädt zur großen Feierei in die Wiener Pratersauna und präsentiert gleich drei MainActs der Hamburger Labels Dial und Laid. Lawrence, der für seine zeitlos-schöne House- und Ambient-Musik weltbekannt ist, der kunstaffine Deep House-Shootingstar John Roberts (Live) und Smallville-Plattenladen- und Labelbetreiber Julius Steinhoff geben sich die Ehre. Neben Pantha du Prince und Rick Wade, sind sie die großen Aushängeschilder dieser Labels. Zusätzlich wird es noch eine Wupwup-Poolparty und einen Broken Beats-Floor mit Abby Lee Tee aus Linz und einem Überraschungsgast des Stuttgarter Labels Philpot geben. Die Resident-DJs des AVRadios legen natürlich auch auf. Schwingt die Hufe! 26. AUGUST Wien, Pratersauna

www.permanent-unit.com

BILD CHRISTIAN BAZANT-HEGEMARK

Einfache Melodien eignen sich augenscheinlich nicht nur hervorragend für die Werbung oder für Serien wie »Gossip Girl«, »Skins« oder »Vampire Diaries«. Die Musik von The Naked & Famous kann viel mehr. Kaum jemand versteht es so gut wie das neuseeländische Quintett, einfache, eingängige Synthie-Melodien mit einem dermaßen tief hängenden Elektropopnebel verschwimmen zu lassen. Die eingängigen Vocals sorgen nicht nur für Kontrast, sondern verhindern gleichzeitig, dass man darin verloren geht. 12. SEPTEMBER Wien, Arena


_ MOOZAK FESTIVAL

SUUNS

Knarzende Synthesizer, schrille Gitarren, übersteuerte Beats und als Draufgabe geisterhafter, körperloser Gesang. Die Musik der Suuns ist wie ein wilder Ritt durch die Dunkelheit. Und gerade schwer gehypt. 07. AUGUST Wien, Rhiz

WE ARE THE SHIT FESTIVAL

FESTIVAL _ RUNVIE Sieben Tage voller HipHop-Beats, Glitch

In Kooperation mit dem Beatpatrol Festival präsentiert Wearethes.it ein neues Festival mitten in der Stadt. Das Festival bietet ein breit gefächertes Repertoire an elektronischer Musik, das von Elektro über Fidget bis hin zu Dubstep reicht. Mit dabei u.a.: Wolfgang Gartner (US), Kissy Sell Out (UK) oder Don Rimini (FR) 14. AUGUST Wien, Arena

_

Ein Festival für experimentelle Ton-, Bild- und Objektkunst. Beim Moozak Festival werden unterschiedliche Musikstile durch visuelle Arbeiten sowie Installationen erweitert und als Gesamtkunstwerk inszeniert. 9.–10. SEPTEMBER Wien, Rinderhalle St. Marx

_ Tunes und

Electronics der futuristischen Art. Mit dabei u.a.: Aloe Blacc, Derrick May, Ghostpoet oder Bobbito Garcia 03.–10. SEPTEMBER Wien

A Life, A Song, A Cigarette

FM5 GEHT BADEN

_ GOGOL BORDELLO

Ein Tag Badespaß mit musikalischer Untermalung durch sieben heimische Künstler. Synergie aus Musik und Abkühlung, aber auch aus Kultur und Entspannung. Mit dabei u.a.: Francis International Airport, Bensh und Love and Fist. 26. AUGUST Thermalbad Bad Fischau

FM4 RADIOSESSION MIT CHILLY GONZALES _ Der kanadische Entertainer, Musiker, Produzent und Schauspieler Chilly Gonzales präsentiert im Rahmen einer FM4 Radiosession sein neues Album darüber hinaus seine ganz eigene Interpretation von Rap und Crooning. 05. AUGUST Wien, Radiokulturhaus sowie per Videostream auf fm4.orf.at

_

Klassische Punkband-Besetzung plus Akkordeon und Geige. Den Gypsy-Punk dieser 1999 gegründeten Band aus New York rund um Eugene Hütz muss – und darf man mögen. 15. AUGUST Wien, Arena

M. WARD

_

Begnadeter Gitarrist und ebenso gewitzter Arrangeur. Nur mit Stimme und Gitarre baut M. Ward Welten, in denen jeder zu Hause sein möchte, und sei es nur für einen kurzen Moment. 05. SEPTEMBER Wien, WUK


_

Termine Festivals

3 Fragen an

MARKUS KEUSCHNIGG /slash Filmfestival

Das /slash Filmfestival 2010 war ja beim ersten Mal schon ein voller Erfolg. Als Programmverantwortlicher verwehre ich mich der »Größer! Schneller! Lauter«-Diktion und setze auch in diesem Jahr auf eine unorthodoxe, herausfordernde Mischung, irgendwo zwischen Mainstream und Avantgarde, zwischen geschmeidigem und herausforderndem Genrekino.

Mit »Attack The Block« fiel die Wahl heuer auf einen etwas weniger bekannten Eröffnungsfilm. Gab es Reaktionen? Dem Eröffnungsfilm kommt eine symbolische Bedeutung zu, da er alles umklammern soll. »Attack The Block« von Joe Cornish ist für uns eines der bemerkenswertesten Genrefilm-Debüts der letzten Jahre, vergleichbar vielleicht mit Neill Blomkamps »District 9«. Eine perfekte Melange aus Monsterkino und Jugendfilm, formuliert als Spielberg’sche Achterbahnfahrt mit sozialkritischem Unterboden. Wenn man aber immer Allen alles Recht machen will, verwandelt man sich von einer populären in eine populistische Veranstaltung. Und das wollen wir nicht sein. 22.–29. SEPTEMBER Filmcasino WienBrauerei ► www.slashfilmfestival.com

EMA ist eine der meist gehypten Musikerinnen 2011 und wird beim Waves Vienna Teenage Angst verbreiten.

WAVES VIENNA

_

Das erste Wiener Showcase- und Clubfestival lichtet seine Anker am Donaukanal und erstreckt sich an fünf Tagen über den gesamten zweiten Wiener Gemeindebezirk. Das, was Städte wie London, Barcelona oder Berlin können, können wir schon lange, denken sich die Veranstalter des Waves Vienna – und noch mehr. Denn sie schaffen zusätzlich einen Brückenkopf zwischen Ost und West, z.B. durch Kooperationen mit dem Wilsonic Festival in Bratislava oder dem Exit Festival in Novi Sad. Zehn Locations bilden die unterschiedlichen Bühnen dafür, wo über 80 Acts ihr Bestes geben werden. Neben den Vorzeigeclubs Flex, Fluc und Pratersauna werden charmante Off-Locations und der öffentliche Raum an sich – zur temporären Bühne umgestaltet – miteinbezogen. Das Festival wird außerdem von einer Konferenz begleitet, die sich mit ihren Lectures, Panels und Workshops in der Urania einquartiert. Am Eröffnungsabend spielt Soap & Skin samt Band, die Postpunk-Ikonen Gang Of Four sind Hauptact und von Singer/Songwritern über Rock›n›Roll bis hin zu Techno und Dubstep bis zum (noch unbekannten) künftigen Star ist alles vertreten. Darunter: EMA, Ada, British Sea Power, Who Made Who, Is Tropical, DJ Phono, Instrumenti, Actress, Jacek Sienkiewicz und Killed By 9 Volt Batteries. Wien im Herbst – es wird heiß! 28. SEPTEMBER–02. OKTOBER Wien, diverse Locations

► www.wavesvienna.com

BILD SOUTERRAIN TRANSMISSIONS

»The Road« als Eröffnungsfilm hat letztes Jahr verhandlungstechnisch doch einige Probleme bereitet. Solche Verhandlungen sind Teil des Geschäfts und zeigen deutlich, dass Film in den allermeisten Fällen in industriellen Zusammenhängen entsteht und viele Parteien ein Mitspracherecht haben. Man muss mit der Zeit lernen, damit umzugehen, dass einzelne Filme, die zwar fertig und in anderen Ländern sogar schon im Kino gelaufen sind, für uns nicht erreichbar sind. Selbstverständlich wird es beim /slash Filmfestival 2011 wieder große Produktionen, zum Teil auch mit Starbesetzung, geben. Aber das Universum des fantastischen Kinos ist so reichhaltig und vielgestaltig, dass ich mir eigentlich keine Sorgen mache, einmal ohne gute Filme dazustehen.


NUMBER

Soviel Meter liegen zwischen Flex und Pratersauna, den beiden äußersten Enden des WavesFestival-Universums. Dazwischen liegen das Badeschiff, Clubschiff, Fluc, Dogenhof oder die Opel Corsa-Stage. Ende September hat man also reichlich Gelegenheit, feiernd den zweiten Wiener Bezirk kennenzulernen. Und wer lahmt oder hinkt, kann den Weg mit der U2 verkürzen.

Das Freakwave ist ein Freestyle-Festival, das Indoor und Outdoor auf drei Bühnen stattfindet, mit Musik, Film, Streetart, Visuals und erstmals auch Mode.

FREAKWAVE

_

Welle, die Zweite. Was sich nach einer Tsunami-artigen Masse an Wasser anhört, ist der Überspaß am Bodensee. Mitten im Ländle, ohne Ozean und Pazifik. Dafür aber BodenseeStrand und das dazugehörige Feeling. Von Slackline und Wakeboard, Stand Up Paddling bis Skateboard und Betonpipe ist alles vertreten. Dass sich das Konzept bereits seit fünf Jahren bewährt, hat auch mit dem musikalischen Rahmenprogramm zu tun. Die Gute-Laune Mukke reicht von Christian Davidek bis zu Times New Roman. Als sommerlich quirliger Headliner heizt Kabinenparty-Darling Joyce Muniz ein. Die Lieblings-Isländer 2011 Retro Stefson präsentieren ihr Album, Effi und Iriepathie verbreiten unterschiedliche Variationen von Chill-Feeling. SK Invitational holen sich extra Verstärkung von Blumentopf und Texta, Trouble Over Tokyo inszeniert Indie-Elektro. 31. AUGUST–04. SEPTEMBER Strandbad Bregenz/Werkstattbühne/Seebühne

Krake

01

Das in Berlin beheimatete Festival Krake offenbart zum zweiten Mal herausragende elektronische Musik, gepaart mit infektiösen Visuals. Darunter werden Acts wie Redshape, Oval, The Field, Emika, Legowelt und Mika Vainio für ausreichend Pfeffer in der Elektrosmog-Suppe sorgen. 15.–21. AUGUST 2011 Berlin, diverse Locations

Coded Cultures

An den Schnittstellen von Kunst, Medien, Technologien und Design operiert das Coded Culture Festival entlang des Donaukanals. Die Stadt als Interface ist das diesjährige Thema und bietet von Diskussion, Installationen und Kooperation alles, was ein kunstinteressiertes Publikum braucht.

BILD CHRISTOPH SCHÖCH, CERN

Zum Verbildlichen: Der Teilchenbeschleuniger von oben.

ARS ELECTRONICA

_

»Origin – Wie alles begann« ist der Titel des diesjährigen Festivals für Kunst, Technologie und Gesellschaft. Gemeinsam mit dem CERN, der europäischen Organisation für Kernforschung und Betreiber eines ziemlich coolen Teilchenbeschleunigers, wird tief in die Materie der Spitzen- und Grundlagenforschung eingetaucht. Neben Fragen nach dem freien Forschen in freien Räumen mit Forschern aus zig Nationen wird auch auf die Arbeit mit dem Large Hadron Collider näher eingegangen. Als Festival im Festival wird erstmalig eine Plattform für Kinder und Jugendliche geboten. Mit »Create Your World« werden die jungen Besucher dazu aufgefordert, sich langfristig mit Prozessen und Gestaltung von Lebensräumen, Technologien, Gesellschaft und Kunst auseinanderzusetzen. »Social Media and Open Society« ist ein weiterer Schwerpunkt 2011. Hier wird nach den Quellen und somit nach dem Ursprung von gesellschaftlicher und politischer Erneuerung gefragt. Spannend in Theorie und Praxis. 31. AUGUST–06. SEPTEMBER Linz, diverse Locations

02

21.SEPTEMBER–02.OKTOBER 2011 Wien, diverse Locations

Impulstanz Burgtheater-Partys

03

Wer gut tanzt, kann noch härter feiern – und tanzen. Am 7. August verlegen Trishes und Wisdom HipHop Deluxe, am 9. geben The Loud Minority ihre Mischung aus Soul, Funk und Artverwandtem zum Besten und die Dancewebparty am 12. mit Gazelle aus Südafrika ist der krönende Abschluss der Party-Spektakel während des Impulstanz Festival 2011. 07.,09.,12. AUGUST 2011 Wien, Vestibül – Burgtheater


MUSIK — Neue Töne der Musikwirtschaft —

800.000 Euro für innovative Projekte aus Wien ——

Einreichen bis 3. Oktober 2011 unter departure.at departure fördert und vernetzt Wiener Unternehmen der Kreativwirtschaft in den Bereichen Architektur, Audiovision, Design, Kunstmarkt, Medien/Verlagswesen, Mode, Multimedia und Musik.

Rosebud, Inc.

focus


_

Termine Kultur

SOMMERKINO NIEDERÖSTERREICH

_

In der Stadt der Türme, dem beschaulichen Waidhofen an der Ybbs, bietet das Sommerkino ein Open-Air Erlebnis der besonderen Art: Im barocken Ambiente des Rothschildschlosses werden im August an jedem Dienstag aktuelle Filme jenseits des Mainstreams gezeigt. Die Bandbreite des Angebots reicht von der österreichischen Komödie »Die unabsichtliche Entführung der Frau Elfriede Ott« bis zum irischen Independentfilm »Once«. Bei Regen finden die Vorführungen im Kristallsaal des Schlosses statt. 02.,09.,16.,23. AUGUST, JEWEILS UM 21.00 UHR Waidhofen a. d. Ybbs; www.sommerkinoe.at

REHEAT FESTIVAL

_

Das Reheat Festival steht 2011 unter dem Motto »Siegelbruch führt zu Garantieverlust«. In Performances, Lectures und Installationen werden Geräte und Ideen kreativ zweckentfremdet. Dass die Verwendung entgegen der Gebrauchsanweisung produktiv sein kann, beweisen u.a. basslastig Electro Guzzi. Dazu kommt z.B. die Performance »Phoebus«, in der Christine Schörkhuber und Veronika Mayer mit Glühbirnen neue Klangwelten formen. Am 16. August gibt’s die Warm-up-Party im Rhiz, am Wochenende findet ein „Instrumente-ausElektromüll“-Bastel-Workshop für Kids statt. WARM-UP PARTY: 16. AUGUST, Rhiz FESTIVAL: 20. AUGUST, AB 15.00 UHR KIDS-WORKSHOP: 19.–20. AUGUST, 11.00 BIS 18.00 UHR Nickelsdorf; www.reheat.klingt.org

ARCHDIPLOMA

_

Auch in diesem Herbst werden an der TU Wien die Architekten von morgen geehrt. Die 40 besten Abschlussarbeiten aus der Fakultät für Architektur und Raumplanung können vom 6. bis zum 27. Oktober im Project Space der Kunsthalle Wien am Karlsplatz besichtigt werden. Die Preisverleihung der Archdiploma 2011 findet zur Eröffnung am 4. Oktober um 18.00 Uhr statt. Die Archdiploma wird im Biennale-Rhythmus zur Unterstützung des Nachwuchses im Bereich Architektur und Raumplanung organisiert. ERÖFFNUNG: 04. OKTOBER, 18.00 UHR AUSSTELLUNG: 06–27. OKTOBER Wien, Project Space Karlsplatz; ar.tuwien.ac.at

GALERIE STEINEK: CLEMENS WOLF

_

Clemens Wolf liegt das Umgestalten des urbanen Raumes im Blut. Bevor seine Werke von Kulturinstitutionen ausgestellt wurden, war der Wiener Künstler viele Jahre in der SprayerSzene aktiv. Der Street Art-Einfluss ist sowohl in seinen Malereien wie bei den raumbezogenen Arbeiten deutlich spürbar. Mit einer Vielfalt an Materialien erforscht und verändert er Gegenstände des Konsums und trostlose Abgrenzungen aus Metall, schafft neue Welten. ERÖFFNUNG: 13. SEPTEMBER, 19.00 UHR AUSSTELLUNG: 14.SEPTEMBER–29.OKTOBER Wien, Eschenbachgasse 4; www.galerie.steinek.at

AVPD IM WEISSEN HAUS

_

Teil eines räumlichen Experiments können Besucher von Das Weisse Haus vom 13. September bis zum 29. Oktober werden. Das dänische Künstlerduo AVPD schafft für die Ausstellung »Weiss« einen Parcour, der sich über mehrere Räume erstreckt und medienübergreifende Installationen bietet. Aslak Vibæk und Peter Døssing bieten ein neues Erleben des Raumes und stellen somit die Wahrnehmung des Betrachters in Frage. Ihre Arbeit wurde stark von den dreidimensionalen Umgebungen in Computer-Spielen beeinflusst. ERÖFFNUNG: 27. SEPTEMBER, 19:00 UHR AUSSTELLUNG: 28. SEPTEMBER – 3. DEZEMBER Wien, Das Weisse Haus; www.dasweissehaus.at

GALERIE 422: PORTRAIT

_

Das Porträt fasziniert seit dem 17. Jahrhundert die Künstler – gibt es doch einen aufschlussreichen Blick auf die Individualität des Modells. Im Alltag sind wir allein, in der Werbung umgeben von Porträts, die unsere Aufmerksamkeit einfordern, Bedürfnisse spiegeln, Neugierde wecken. Die Galerie 422 zeigt in Gmunden ab 6. August Positionen von Elke Krystufek, Roman Pfeffer oder Erika Schmied in der spielerischen Auseinandersetzung mit dem menschlichen Abbild. ERÖFFNUNG: 06. AUGUST, 19.00 UHR AUSSTELLUNG: 07. AUGUST – 25. SEPTEMBER Gmunden; www.galerie422.at


Die groĂ&#x;e Jubiläumsausgabe

t z t e J del

n a H im

Gratis Probeexemplar bestellen

www.name-it.at


_

Termine Galerien REDAKTION STEFAN TASCH

»Das Salz der Erde«, 2011, Öl, Emulsion, Acryl, Schellack, Kalk, Kohle, Salz, Blei und Eisen; Objekt auf Leinwand, courtesy Galerie Thaddaeus Ropac Salzburg, Photo: Charles Duprat

Rita Vitorelli, »Idylle mit Signatur (4)«, 2009, Graphit und Acryl auf Leinwand; 100 × 120 cm

Die Glückseligkeit

Der 1945 geborene Maler Anselm Kiefer unterlegt seine neueste Werkserie, die aus großformatigen Leinwänden, Skulpturen und übermalten Fotografien besteht, mit einer Reihe von poetischen, alttestamentarischen und mythologischen Referenzen. Der Titel der Ausstellung »Alkahest« bezieht sich auf ein hypothetisches Universallösungsmittel der Alchemisten, das jede Substanz einschließlich Gold aufzulösen vermag. Der Vorgang der Auflösung ist auch eine der Arbeitsmethoden Kiefers, der seine Leinwände immer wieder mit Wasser übergießt, um einzelne Farbschichten zu verwässern. In Zentrum der Ausstellung stehen die Motive monumentaler Bergketten, die durch Wasser und Erosion einer ähnlichen Transformationsenergie ausgesetzt sind wie die Prozessabläufe der Verwandlung minderwertigerer Metalle zu Gold.

Eine Ausstellung mit dem Titel »Die Glückseligkeit« erzeugt automatisch eine bestimmte Erwartungshaltung. Entweder die totale Umkehrung oder man bekommt tatsächlich etwas gezeigt, das diesen Empfindungsmoment ausdrückt oder besser noch in einem selbst auslöst. Die Gruppenausstellung im COCO greift beides auf und kommt damit dem angestrebten Idealzustand sehr nahe. Gezeigt werden ein Haufen aus altem Holz und Abfall (Laurie Parsons), Reminiszenzen aus Tagen der Kindheit in Form von s/w Fotografien (Carina Brandes), ein Geschenk an den Kurator Christian Kobald (Jason Dodge), ein lyrischer Film (Marjorie Keller) und drei Idyllen von Rita Vitorelli. Es gibt in der Philosophie viele Theorien über das Erreichen und Verdienen von Glückseligkeit, die im Alltag über den Weg der Vernunft, geistige und körperliche Ertüchtigung sowie gutes Handeln verwirklicht werden kann. Die Stärke der Ausstellung liegt aber darin, zu zeigen, dass dieser Gefühlszustand letztlich nicht klar zu definieren ist und deshalb immer wieder gesucht werden muss.

GALERIE THADDAEUS ROPAC Mirabellplatz 2, 5020 Salzburg BIS 24. SEPTEMBER

COCO Bauernmarkt 9, 1010 Wien 22. AUGUST BIS 18. SEPTEMBER

WIEN GALERIE JOHANNES FABER DOROTHEERGASSE 12, 1010 WIEN BIS 03. SEPTEMBER PABLO PICASSO. DIURNES, PHOTOGRAMS 1958-1962

NIEDERÖSTERREICH GALERIE JÜNGER PFARRGASSE 1, 2500 BADEN BIS 11. SEPTEMBER JAKOB GASTEIGER, FRANZ GRAF, KARL-HEINZ STRÖHLE, U.A. UOMINI ILLUSTRI/DONNE SUPERBE

GALERIE GRITA INSAM AN DER HÜLBEN 3, 1010 WIEN BIS 26. AUGUST ACCROCHAGE. GRUPPENAUSSTELLUNG

OBERÖSTERREICH GALERIE 422 MARGUND LÖSSL AN DER TRAUNBRÜCKE 9-11, 4810 GMUNDEN BIS 25. SEPTEMBER MARKUS SCHINWALD, ANDY WARHOL, ROMAN PFEFFER U.A. PORTRAIT

Anselm Kiefer

GEORG KARGL FINE ARTS SCHLEIFMÜHLGASSE 5, 1040 WIEN BIS 13. AUGUST DAVID MALJKOVIC. TEMPORARY PROJECTIONS BOX BIS 13. AUGUST CARTER GALERIE KONZETT SPIEGELGASSE 21, 1010 WIEN BIS 27. AUGUST TERESE SCHULMEISTER. FLESH FLASH GALERIE KROBATH ESCHENBACHGASSE 9, 1010 WIEN AB 16. AUGUST FLORIAN PUMHÖSL GALERIE EMANUEL LAYR AN DER HÜLBEN 2, 1010 WIEN BIS 06. AUGUST LISA HOLZER. ICH BIN IN DER MITTE DEINES BILDES MOMENTUM SCHLEIFMÜHLGASSE 1, 1040 WIEN BIS 03. SEPTEMBER BIRGIT GRASCHOPF. ZWISCHEN GALERIE HUBERT WINTER BREITE GASSE 17, 1070 WIEN AB 22. AUGUST DANICA PHELPS

SALZBURG GALERIE NIKOLAUS RUZICSKA FAISTAUERGASSE 12, 5020 SALZBURG BIS 30. AUGUST GEROLD MILLER. A RETROSPECTIVE TIROL GALERIE JOHANN WIDAUER ERLERSTRASSE 13, 6020 INNSBRUCK BIS 31. AUGUST THOMAS BAYRLE

THE TEMPORARY WEDNESDAY CLUB FOR ART LOVERS FRIENDS Albertina Terrasse FREE ENTRY

1

# 03/8 L A M I N A T

(Bebop Rodeo / RTS.FM)

2

# 10 /8 S L I C K

(Resolut / Bebop Rodeo)

3

# 17/8 K I D S O Y L E N T (The Gap / KLM)

4

# 24 /8 J O H A N N E S LAMPERT (Stadtpark Musik)

5

# 31/8 R O M A N R A U C H (Philpot / Generell Deep)

6

# 07/9 M O O G L E

(comfortzone / RTS.FM)

VORARLBERG GALERIE LISI HÄMMERLE ANTON-SCHNEIDERSTR. 4A, 6900 BREGENZ BIS 10. SEPTEMBER PETER WEIBEL STEIERMARK GALERIE EUGEN LENDL BÜRGERGASSE 4/1, 8010 GRAZ BIS 20. AUGUST OLD FRIENDS – NEW FRIENDS KÄRNTEN GALERIE JUDITH WALKER SCHLOSS EBENAU, 9162 WEIZELSDORF/ROSENTAL BIS 04. SEPTEMBER LÜPERTZ, PENCK, IMMENDORFF

FACEBOOK.COM/ ALBERTINAMUSEUM


082

► KOLU M N E  /  K N OW- N OT H I N G - G ES E L L S C H AFT ► Von Illbilly The K.I.T.T.

er Alterungsprozess schreitet bei mir rapide voran. Da gibt es leider nichts mehr zu beschönigen. Geheimratsecken werden größer, Resthaar langsam grau und irgendwie kommt mir vor, dass auch der Hass weniger wird. Was konnte ich mich etwa früher schön echauffieren. Über Himbeerjoghurt zum Beispiel. Nussbrot. Basisdemokratie. Ja, Panik. Menschen, die für »How I Met Your Mother« schwärmen. Oder Artikel irgendwelcher frischer Journalistenschulabsolventen, die protzig als Ich-Reportage angelegt sind und unerträglich groß portionierte Scheißhaufen an Mittzwanzigerweisheiten inkludieren. Alles nur noch unter Anstrengungen möglich. Und auch das Trinken ist nicht mehr das, was es einmal war. Ich vertrage zwar mehr Alkohol, baue ihn aber derart langsam ab, dass ich gar nicht mehr richtig nüchtern werde. Denn mehrere Biere oder zumindest eine ordentliche Flasche Wein alle zwei Tage, lautet meine Devise. Wenn ich also wieder zu trinken beginne, bin ich meistens noch restfett. Falls jetzt jemand bei sich denkt, »Ach Gottchen, das ist ja schrecklich, wie soll denn das auf Dauer gut gehen und funktionieren?«, möchte ich mich für das entgegengebrachte Mitgefühl sehr herzlich bedanken, aber auch betont wissen, dass man es sich getrost sparen kann. Ich bin nämlich geübt darin, meine Gehirnkapazitäten nicht vollends auszuschöpfen und dennoch Topleistungen zu erbringen. Da bin ich echt ein Wunder und wurde schon von vielen Menschen genau beobachtet, die in Erfahrung bringen wollten, was mich denn zu so einem Supertyp macht. Ohne Befund. Ich sag dann immer, dass das Geheimnis wohl darin liegt, dass ich imstande bin, das hohe Niveau, welches ich so an den Tag lege, lediglich vom Ausmaß meiner Selbstverliebtheit und Geilheit übertreffen zu lassen. Vor allem die Geilheit ist es, die jetzt im Alter immer schlimmer wird. Ich dachte ja – so wie es in den Lehrbüchern geschrieben steht – sie ließe mit den Jahren nach, in meinem spezifischen Fall ist das aber eine glatte Lüge. Ich hab da deswegen auch schon überlegt, vielleicht dem Esoterikshop bei mir im Haus einen kleinen Besuch abzustatten. »Tarot, Rückführung, Clearing« prangt in fetten, roten Lettern am Schaufenster. Vielleicht kann dort mein Problem gelöst werden und ich komme meiner Libido, meinem Eros auf die Spur. Viel Hoffnung hab ich aber nicht, denn ich bin mir sicher, dass in diesem Laden andere Dinge vor sich gehen. Und ich denke

► 0 8 2 / AUSGABE 118

jetzt nicht an ausgedehnte Duschorgien mit Granderwasser, bei denen dann alle Teilnehmer in Tränen ausbrechen. Nein, nein, ich denke vielmehr in Richtung Geheimprostitution. Denn bis spät in die Nacht brennt dort drinnen immer Licht. In Kombination mit dem roten Samtvorhang, der niemals zur Seite gezogen wird, hat das etwas von einem Puff. Und die Besitzerin, wollen wir sie Wanda nennen, strahlt durchaus das Selbstbewusstsein aus, das man kriegt, wenn regelmäßig Menschen bereit sind, viel Geld in Spezialinteressen zu investieren, die sonst niemand zu stillen vermag. Nur zur Info: Die Dame ist mit dem Wörtchen »matronenhaft« wahrlich nur unzutreffend beschrieben. Auf 185 cm Körpergröße kommen gut 160 Kilogramm Gewicht, meist sehr blickanziehend in engen Leggins verpackt. Noch nie im Leben hab ich eine derartig riesig dimensionierten »Camel Toe« gesehen. Ihre Vulva scheint aus Stoff verschlingenden Monstern zu bestehen. Die hat sicher Skylla und Charybdis in der Unterhose und die geben wohl erst dann Ruhe, wenn man »Rückführung« wörtlich nimmt und versucht, ganze Köpfe an ihnen vorbei zu schieben. Hui, hab ich das jetzt eben wirklich geschrieben? Aber gelegentliche Ausfälligkeiten und kleine Vergriffe im Ton und in Gedanken gehören auch zum Alterungsprozess dazu. Das ist völlig normal, so wie das ständige erwähnen kleiner Wehwehchen und Krankheiten. Der versehrte Körper übernimmt jetzt nämlich das Kommando. Hypochondrie war gestern. Ich kann es kaum erwarten, endlich auch einmal von Prostatabeschwerden oder geilen Erlebnissen mit kleinen Fischen, die einem im Wasser die Psoriasis vom Leib knabbern, erzählen zu können und dann ein prosaisches Sachbuch darüber zu schreiben. Hab ich schon erzählt, dass ich sehr empfindlich auf Luftbewegungen geworden bin? Als ich unlängst im Zug unter einer Klimaanlage einschlief, bin ich mit Halsschmerzen aufgewacht und hatte in der mit Abstand heißesten Woche des Jahres einen ordentlichen HNO-Katarrh. Es ist übrigens durchaus von Vorteil, wenn man während einer Hitzewelle nicht jeden Geruch wahrnimmt. Und es ist nicht minder irritierend, wenn der Geruchssinn wieder langsam zurückkommt. »Igitt, was riecht den da so komisch«, dachte ich, um nach intensiver Kontrolle festzustellen: »Shit, das bin ja ich.« Und irgendwie war ich dann doch froh, dass es nicht der modrige Geruch des Alterns war, sondern nur ein kleines Knötchen Hundekot im Schuhprofil. ¶

ILLUSTRATION JAKOB KIRCHMAYR

hundekot im schuhprofil


Lena Winkler Bauchklang-Fan mit vollem Einsatz Thomas Steinert Epsilon-Fan der ersten Stunde

Michi Plesser Excuse Me Moses-Fan aus Überzeugung

www.st-poelten.gv.at

St. Pölten geht ins Ohr und setzt musikalische Akzente. So sind Locations wie das Café Publik im Kulturbezirk oder die Jugendkulturhalle Freiraum das ganze Jahr über Spielstätte musikalischer Lokalmatadore wie Excuse Me Moses, I am Cereals, Epsilon oder Bauchklang. Im Sommer verwandelt sich die Stadt mit Frequency und Beatpatrol in eine große Open-Air-Bühne für Tausende Fans und Musikbegeisterte. Damit diese lebendige Musikkultur auch weiterhin erhalten bleibt, fördert und unterstützt St. Pölten die Unterhaltungs- und Veranstaltungsszene nach Kräften.

Living Office* | St. Pölten

Tim Spörer I am Cereals-Fan und nichts anderes


Eine Stadt, in der man eine gute Figur macht. Wien ist voll dabei.

Bereits mehr als 20 % der Kinder in Wien leiden an Übergewicht. Ganz abgesehen von der psychischen Belastung sind spätere gesundheitliche Schäden vorprogrammiert. Mit dem Projekt „Gemeinsam gegen Übergewicht“ bietet die Stadt Wien in Kooperation mit Big Smile ein mehrtägiges Programm mit dem Ziel, übergewichtige Kinder durch mehr Freude an Bewegung und Ernährungstipps zu einem gesünderen Lebensstil zu motivieren. Mehr Infos unter www.sport.wien.at


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.