die »Marke Österreich«: Was macht ein Land attraktiv? The XX / Waves Vienna / Amour / SIERRA ZULU 129 Magazin für Glamour und Diskurs.
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»«Sind sie nicht goldig, diese ›Bergbarbaren‹?« — Sigrid Löffler im Falter über unser Coverthema Ausgabe 128
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MONATLICH. VERLAGSPOSTAMT 1040 WIEN, P.B.B. GZ 05Z036212 M, Nº 129, September 2012
The Killers. Sofa Surfers. Editions Mego. Cabin In The Woods. /Slash Filmfestival. In-Game-Fotografie. Özlem Sulak. Flying Lotus. Swans. JJ Doom. Darksiders 2. Im Wortwechsel: Was müsste geschehen, damit du zurück nach Österreich kommst?
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Leitartikel von Thomas Weber.
Österreich-Bild Ein Land putzt sich heraus und holt zum Nation Branding aus. Neoliberal? – Na und? Für die Quote und den Wirtschaftsstandort wäre ohnehin eine direkte Monarchie das Beste.
ch stelle mir Nation Branding ja immer ein bisschen so vor wie den Aktionismus in »Braunschlag«. In den Hauptrollen der Fernsehserie (ORF eins zeigt sie hauptabends ab 18. September) denken sich der Volksschauspieler Robert Palfrader als windiger Bürgermeister und Nicholas Ofczarek als Dorfdiscokönig eine Marienerscheinung aus, um gutgläubige Christenmenschen dazu zu bringen, in die Waldviertler Provinz zu pilgern und mit ihren Devisen die leeren Marktgemeindekassen zu füllen. Nun ist die Welt in Österreich zwar small, das Land gottlob aber noch nicht ganz so heruntergewirtschaftet wie weite Teile der von Abwanderung und Niedergang gezeichneten Gegend im Norden Niederösterreichs. Man lässt sich die »Nation Brand Austria« auch ganz schön was kosten. Die 740.000 Euro, die der Wirtschaftsminister für eine erste Einschätzung des Österreichbilds draußen im Rest der Welt frei gemacht hat, sind nach neuer Wahlkampfwährung immerhin 10 Millionen Stronachschilling. Während sich in »Braunschlag« die Konsequenzen der rustikalen Standortpolitik allerdings unmittelbar messen lassen, bleiben aufs große Ganze, also aufs bewusste Herausputzen einer Nation umgelegt, doch ein paar Fragen. Etwa jene nach dem Erkenntnisgewinn. Denn dass Österreich gemeinhin mit »Zauberflöte«, Salzburger Nockerl, Gipfelkreuzen, der imperialen Kaiserstadt und Après-Ski assoziiert wird, könnte einem jeder im
Global Knigge Wie also auftreten und einen guten, halbwegs attraktiven Eindruck hinterlassen? Die Selbstdisziplinierung, zu der manch Nation-Brand-Leitfaden die ortsansässige Bevölkerung – vor allem in Asien – ermuntert, kann es auch nicht sein. Schön sprechen? Nicht auf die Straße spucken? Immer adrett, freundlich und ergeben? Da wird man verwechselbar. Außerdem ist diese Forderung hinterfotzig imperialistisch. Die archaische Unsitte, nächtens einfach in den Gassen zu urinieren, die man in Barcelona in die Gegenwart herübergerettet hat, hält schließlich auch niemanden davon ab, die Stadt der Partys und Gaudís zu besuchen. Das schäbige Berlin ist nicht ob seiner guten Manieren sexy. Und London schuldet den Gutteil seines Pop-Appeals immer noch der – freilich längst weggelackten
– Verruchtheit und Räude des Punk. Dem britischen Nation-Branding-Guru Simon Anhalt zufolge sind gerade Monarchien übrigens besonders geeignet, konsequente „Nation Brands“ herauszubilden. Weil ein Monarch es sich leisten kann, an seine Thronfolger und nicht bloß von Wahl zu Wahl zu denken. Bleibt die Frage, was all das für Österreich bedeuten kann? Die »Marke Österreich« wird sich wohl auch künftig primär vom kulturellen Erbe ableiten. Warum also nicht mal direkte Monarchie statt der dauernden Forderung nach mehr direkter Demokratie? Auch die Vielfalt des dadurch beworbenen Wirtschafts- und Tourismusstandorts ließe sich da medial mitverpacken: Wien als neu herausgeputzte Kaiserstadt, rundherum ein paar Wochenendresidenzen, Festspiele, das Umland bis hinein in den Bregenzerwald als Latifundien der Wellness-Sommerfrische, das weithin entvölkerte Waldviertel als halbwildes herrschaftliches Jagdrevier. Auch um seinen Status als Schwulen-Hotspot müsste Wien nicht bangen. Für bunten Hedonismus und ein wenig glamouröse Dekadenz sind weitverzweigte Aristo-Clans immer zu haben. Was spricht dagegen, eine schrecklich nette Royal Patchwork Family zur besten Sendezeit zusammenzucasten? Man müsste vielleicht wieder einmal den Palfrader fragen. Der kennt sich da aus. Bild michael winkelmann
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Ausland stationierte Botschaftsbedienstete bestätigen. Auf die Idee, das Land auf einen einzigen »Markenkern« zu reduzieren, wird hoffentlich auch niemand kommen – allein schon, weil es vielfältige, oft widersprüchliche, manchmal konkurrierende Interessen gibt. Eine japanische Touristenfamilie lockt etwas anderes in die Getreidegasse als das, was den CEO eines italienischen Industrieunternehmens, der seine Europazentrale von Rom nach Wien zu verlegen gedenkt, gen Vösendorf bewegt. Wobei die Vermarktung von Verwaltungseinheiten im postnationalen Europa sowieso etwas Absurdes, Anachronistisches, ja: Rückwärtsgewandtes hat. Nicht zuletzt verdankt Österreich fast alles, wofür es heute steht, geschätzt, besucht und wahrgenommen wird, einem versunkenen Vielvölkerstaat. Oder der Plattentektonik und dem milden Klima. Trotzdem ist natürlich jedem klar: Irgendwie braucht’s so ein Marketing. Allein schon, weil man bekanntermaßen nicht nicht kommunizieren kann.
Thomas Weber Herausgeber weber@thegap.at @th_weber
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Nation Branding Südkorea macht es, Finnland macht es, Australien macht es – da muss doch Austria auch. Nation Branding ist der heiße Scheiß in Wirtschaftsministerien und Kanzlerbüros. Weil, wenn man schon keine Panzer und U-Boote hat, dann sollte man wenigstens Kultur und einen guten Ruf und ein lebenswertes Leben haben. Ja ja, das ist die Rache der Cultural Studies. Identität wird zum Machtfaktor. Wir widmen dem Thema einen der umfangreichsten Schwerpunkte, den dieses Heft je hatte.
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Magazin Nation Branding 018 —— Was sind wir wert? Und wie guter ist unser Ruf? Warum muss das neuerdings vermarktet werden? Und was könnte das trotzdem an erfreulichen Nebenwirkungen mit sich bringen? Golden Frame: Jon McNaughton 022 —— Ein Künstler macht die US-Konservativen ganz glücklich. In seiner Vision der Nation hat Jesus die Hosen im Staat an. Und das soll Kunst sein? Nation Branding: Japan 024 —— Japan war Aggressor. Bis zwei Atombomben auf das Land fielen und das Land fortan dazu verdammt war, mit Tamagotchi, Totoro und Hello Kitty der Welt zu zeigen, dass man eigentlich eh süß ist. Nation Branding: GroSSbritannien 026 —— London hatte viel zu feiern, aber wenig zu bieten. Beim Thronjubiläum und den Olympischen Spielen blickte man vor allem zurück. 17 Jahre zuvor war das noch ganz anders. Nation Branding: Neuseeland 027 —— Neuseeland – Hobbits. Das Tourismusbüro des Inselstaats war nicht lang kreativ und schreibt sich »Mittelerde« groß auf die Brust. One does not simply do that …
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Nation Branding: Österreich 028 —— Wenn die Weltgeschichte in 100 Objekte passt, warum nicht auch Österreich? Ein Buch wurschtelt sich durch, mit dem Waffenrad vom Doppler bis zum Raucherbereich. Waves Vienna: Ländervergleich 030 —— Die zwei Gastländer beim Waves Vienna, Frankreich und Polen, haben zwar einiges gemein, funktionieren musikalisch aber ganz unterschiedlich. Unsere Infografiken beweisen das. Mego 032 —— Der Krachmacher Peter Rehberg führt im Neunten Bezirk ungefähr das einzige Wiener Label von Weltrang. Dabei fängt er gerade erst an. The XX 034 —— Das Trio fällt tief. Oder festigt seinen Status. Wie man’s nimmt. Wie man es auch nehmen könnte, erzählt Jamie XX zudem im Interview. /Slash: Excision 036 —— Wir haben den Text zwar nur überflogen, aber es kommt dauernd »Donnie Darko« darin vor. Das reichte vollkommen, um ihn abzudrucken. Amour 037 —— Michael Haneke hat sich seinen zweiten Goldenen Löwen in Cannes abgeholt. Der Film selbst erzählt von den goldenen letzten Jahren und wie es ist, wenn das Leben langsam abblättert. Sierra Zulu 038 —— Crowd Funding klingt prinzipiell super, funktioniert aber schlechter, als man glaubt. Für das Filmprojekt von Arash T. Riahi erzeugte es zumindest medialen Rückenwind.
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The XX Was wurde nicht gewartet auf das zweite Album von The XX. Stunden, Tage, Jahre, ein paar Menschenleben. Jetzt ist es da und klingt genauso wie das davor. Scheiße. Dumm gelaufen. Oder ist es vielleicht doch erfreulich, wenn sich nichts verändert? Und was sagt eigentlich das Hirn der Band – Jamie XX – dazu? Yannick Gotthart, Stefan Niederwieser und Nicole Schöndorfer haben kein X auf dem anderen gelassen.
034 Rubriken Leitartikel Editorial Porträts / Impressum Fondue Fabula Rasa Unbezahlter Anzeiger Splitter Wortwechsel: Was müsste geschehen, damit du zurück nach Österreich kommst? Workstation: Nikolaus Ostermann Prosa: Markus Koschuh Lookk: Lookk Closer Reviews Introducing: Noboru Iguchi Termine
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Bild der Ausgabe Sie heißen Nikolaus Berlakovich, Annemarie Vetter, Peter Roth, Kevin Reiterer und Thomas Weber. Drei von ihnen haben je ein Brompton Faltrad gewonnen, eine hat ihren Sohn geschickt, einer ist auf Urlaub, einer ist Minister im Lebensministerium und einer gibt The Gap heraus. Die Auflösung findest du auf Seite 5.
Kolumnen
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(V.l.n.r.: Nikolaus Berlakovich, Sebastian Vetter, Kevin Reiterer, Thomas Weber)
Zahlen, bitte Know-Nothing-Gesellschaft
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Propaganda — Zuerst die Schnepfe mit der Kuh am Cover und jetzt das? Kommerzieller Nationalismus mit kulturellem Feigenblatt? Durchatmen, Ruhe bewahren. »Das Weiße Band« wollte uns alle auch nicht zu mehr Sadismus erziehen. Oder Elfriede Jelinek mit »Lust« zur Nötigung der Gattin zum Analsex. Oder Goya mit seinem Bild »Saturn verschlingt eines seiner Kinder« zum Verzehr von Menschenfleisch. Man muss also nicht alles toll finden, nur weil man darüber schreibt. The Gap geht es mehr darum, die Lauscher und Augerln aufzusperren und zu verstehen, warum ein Phänomen so um sich greift, dass nun auch der Staat Österreich tief dafür in die Tasche greift. Dass der Coverschwerpunkt dabei so groß ausfällt wie in den letzten drei Jahren nichts Vergleichbares, ist so passiert, aber schon ok. Was geschieht, wenn sich Ideen im Kopf einnisten und langsam von der Fiktion in den Alltag übergehen? Wie politisch ist die Kunst – und also Musik, Film, Design? Und wie leicht lassen sich Ideen vereinnahmen? Diese Fragen geistern durch Leitartikel (s. 003), Coverstory (s. 018), Propaganda-Schinken (s. 022), japanischen Pop (s. 024), Olympische Spiele (s. 026), Neuseeland (s. 027), Österreich (s. 028), eine Tür (s. 042) oder Logos (s. 044). Eigentlich geht es dabei um die Schnittstelle von Pop und Politik. Und auch wenn immer wieder so getan wird, als wäre es nicht so: Musik ist brandgefährlich. Manchmal sogar so sehr, dass ein Staat sie ohnmächtig wegsperrt; Pussy Riot hat es der Welt eben erst bewiesen. Stefan Niederwieser niederwieser@thegap.at @the_gap
kontribut
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Alena Schmuck
Rainer Sigl
Welt-Bekannt — »… dann sollte ich mit der Braut für Fotos posieren. Ein paar Tage später habe ich einen Artikel gelesen, über das Geschäft mit Europäern als optischer Aufputz auf Hochzeiten.« Mit dieser Episode wären wir schon mitten im Nationalwirrwarr, das Alena seit zwei Jahren wissenschaftlich erforscht, u.a. mit internationalen Vorträgen, einer Masterarbeit und einem Praktikum im südkoreanischen Präsidialbüro für Nation Branding – sowie persönlich erfahren durch Tee-Ernten in Japan, koreanisches Karaoke und ebensolche Telenovelas. Man errät es, Alena Schmuck hat unsere aktuelle Coverstory geschrieben. Und eine passendere Person hätten wir uns nicht einmal ausdenken und bestellen können. Wenn wir richtig verstanden haben, spricht Alena sogar acht Sprachen – aber wie sollten wir das auch verstehen, wo wir im Unterschied zu ihr doch kein Schwedisch, Französisch oder Japanisch sprechen. Wer dann noch FTW Truffaut, R’n’B und norwegischen Humor auf der Liste hat, könnte eigentlich gleich ein ganzes Heft füllen. Aber irgendwie dürfte die Ostasien- und Kommunikationswissenschaftlerin noch andere Pläne haben, die über unsere beschauliche Scholle hier hinausreichen.
Vagabund in unwirklichen Welten — Rainer Sigl, geboren und aufgewachsen im oberösterreichischen Freistadt, hat Germanistik und Kunstgeschichte in der Bundeshauptstadt Wien studiert und den Kleinkunstvogel Publikumspreis in der steirischen Landeshauptstadt Graz gewonnen. So weit so alltäglich. Nach acht Monaten Südasien hat ihn die Welt von Pop, Kultur und Journalismus wieder. Rainer Sigl schreibt unter anderem für Telepolis, FM4, Standard, Zeit Online und The Gap. Am liebsten allerdings für den brandneuen, von ihm gegründeten Videospielblog videogametourism.at – den »Game Feuilleton«, wie er ihn selber nennt. Gemeinsam mit Gästen wie Robert Glasshüttner macht er es sich dort zum Ziel, anspruchsvoller über die Videospielwelt zu berichten als nur Story, Engine, Grafik und Add-Ons herunterzubeten. Ein Beispiel dafür ist die In-Game-Fotografie. Die künstlerischen Screenshots rücken Videospiele in ein Licht, das nicht nur Kunstgeschichte-Studenten schön, sondern Rainer und wir in dieser Ausgabe berichtenswert finden. TEXT benjamin agostini BILD privat
TEXT stefan niederwieser BILD privat
Impressum
HERAUSgeber Thomas Weber chefredaktION Martin Mühl, Stefan Niederwieser Redaktion Ranya Abd El Shafy, Niko Acherer, Gregor Almassy, Michael Aniser, Matthias Balgavy, Claire Benedikt, Josef Berner, Sandra Bernhofer, Liliane Blaha, David Bogner, Manuel Bovio, Ivo Brodnik, Stephan Bruckner, Klaus Buchholz, Johannes Busching, Ann Cotten, Lisa Dittlbacher, Andreea Dosa, Margit Emesz, Juliane Fischer, Holger Fleischmann, Philipp Forthuber, Manuel Fronhofer, Daniel Garcia, Lisa Gotthard, Manfred Gram, Dominique Gromes, Benedikt Guschlbauer, Jan Hestmann, Christoph Hofer, Sebastian Hofer, Lukas Hoffmann, Peter Hoffmann, Michael Huber, Konstantin Jakabb, Reiner Kapeller, Iris Kern, Markus Keuschnigg, Hubert Kickinger, Michael Kirchdorfer, Stefan Kluger, Michaela Knapp, Katrin Kneissl, Markus Köhle, Christian Köllerer, Rainer Krispel, Michael Bela Kurz, Philipp L’Heritier, Gunnar Landsgesell, Enrico R. Lackner, Artemis Linhart, Ali Mahlodji, David Mochida Krispel, Christiane Murer, Nuri Nurbachsch, Michael Ortner, Ritchie Pettauer, Stefan Pichler, Johannes Piller, Stefanie Platzgummer, Karolina Podolecka, Christian Prenger, Teresa Reiter, Werner Reiter, Tobias Riedl, Georg Russegger, Joachim Schätz, Barbara Schellner, Bernhard Schmidt, Werner Schröttner, Richard Schwarz, Katharina Seidler, Wolfgang Smejkal, Cornelia Stastny, Gerald C. Stocker, Johanna Stögmüller, Peter Stuiber, Asha Taruvinga, Martin Tschiderer, Hanna Thiele, Horst Thiele, Raphaela Valentini, Jonas Vogt, Ursula Winterauer, Imre Withalm, Maximilian Zeller, Martin Zellhofer, Barbara Zeman PRAKTIKUM Benjamin Agostini, Martin Riedl, Katharina Wiesler termine Stefan Niederwieser AUTOREN Georg Cracked, Michaela Knapp, Michael Lanner, Moriz Piffl-Percevic, Stefan Tasch, Jürgen Wallner, Martin G. Wanko fotografie Florian Auer, Lukas Beck, Stephan Doleschal, Andreas Jakwerth, Georg Molterer, Ingo Pertramer, Karin Wasner, Michael Winkelmann Illbilly-illustration Jakob Kirchmayr COVER Österreichische Nationalbibliothek WORKSTATION-FOTOstrecke Niko Ostermann ART DIRECTION Sig Ganhoer DESIGN Monopol Lektorat Wolfgang Smejkal, Adalbert Gratzer web Super-Fi, m-otion anzeigen Herwig Bauer, Thomas Heher, Wolfgang Hoffer, Micky Klemsch, David Kreytenberg, Martin Mühl, Thomas Weber (Leitung) Distribution Martin Mühl druck Ferdinand Berger & Söhne GmbH, Pulverturmgasse 3, 1090 Wien geschäftsFÜHRung Bernhard Schmidt PRODuktion & MedieninhabERin Monopol GmbH, Favoritenstraße 4–6/III, 1040 Wien kontakt The Gap c/o Monopol GmbH, Favoritenstraße 4–6/III, 1040 Wien; Tel. +43 1 9076766-41; wien@thegap.at, www.thegap.at, www.monopol.at, office@thegap.at bankverbindung Monopol GmbH, easybank, Kontonummer 20010710457, BLZ 14200 abonnement 10 Ausgaben; Inland EUR 15, Europa EUR 35, Rest der Welt EUR 42; HEFTPREIS EUR 2,— erscheinungsweise 10 Ausgaben pro Jahr; Erscheinungsort Wien; Verlagspostamt 1040 Wien Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder. Für den Inhalt von Inseraten haftet ausschließlich der Inserent. Für unaufgefordert zugesandtes Bild- und Textmaterial wird keine Haftung übernommen. Jegliche Reproduktion nur mit schriftlicher Genehmigung der Geschäftsführung.
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Gemeindeamt – too big to fail.
Ein Schelm ist, wer sich gerade vorstellt wie die Klofrau hier den Griff poliert.
Der Name »Abortion« ist Programm. Zwanzig K.O.-Tropfen im Drink sorgen dafür, dass daraus durchaus auch Realität wird.
»Angenehme Lautstärke« bedeutet in dem Fall 0,5 dB, weil ab 1 dB rinnt einem zu »Total Eclipse Of The Heart« schon Blut und Hirnmasse bei den Ohren raus.
Verfasser der Stellenausschreibung: Herbert S. aus 1100 Wien. Und wer lacht jetzt noch immer?
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Fabula Rasa Die Kolumne von Georg Cracked. Neue Standards in Sachen vertretbarem Kulturpessimismus.
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Wir sind alle Mutanten. Täusch’ dich nicht, es bringt ja auch nichts, du bist auch einer. Vor allem, glaub’ ja nicht, dass die Mutationen in der Menschheit schon vorbei sind. Sie gehen jeden Tag vor sich. Mit jedem Säugling probiert die Natur ein neues Set DNA aus und sieht mal zu, was draus wird. So ist sie, die Natur, einfach mal rumprobieren. Sagt uns jeden Tag auf subtile aber deutliche Weise, dass wir nicht die Krone der Schöpfung sind. Sondern immer nur ein Schritt in irgendeine Richtung. So ist das mit den Erbanlagen und den Variationen. Vielleicht sind sie gut, vielleicht sind sie schlecht, vielleicht machen sie dich zu einem Schach-Genie, vielleicht zu einem Tunnelarbeiter, vielleicht zu einer Schönheitskönigin und vielleicht zur Sachbearbeiterin in einer Versicherung. Und aussuchen kannst du es dir nicht. Nimm die Karten auf und spiel dein Spiel. Die olympischen Spiele sind ein gutes Beispiel, weil bei den Gewicht-Reiß-Athletinnen findet nicht mal Illbilly eine Gedanken-Verbindung zum Durchschnittsbild des Menschen. (Wobei, eigentlich trau’ ich ihm auch das zu.) Da jagen sich WadenmuskelMutanten um die Goldmedaille im 10.000-Meter-Lauf. Im Fechten gewinnen Menschen, denen die Natur die Verbindung HornhautAugennerv-Reaktionszentrum kurz-optimiert hat. Und die österreichischen Kanutinnen wurden von Geburt an durch besonders strapazierfähige und abgehärtete Gehörgänge und Bedeutungs-Entzifferungs-Mechanismen ausgezeichnet – anders wäre ihre Geduld bei ORF-Interviews nicht zu erklären.
Für eine vollständige Freigabe von Doping Ich bin schon vor Jahren für die Freigabe von Doping in Sportveranstaltungen eingetreten. Wenn es erlaubt ist, Tausende Euro in die Entwicklung von besserem Sportmaterial zu stecken (widerstandsfreie Badehosen, aerodynamischere Wurfkugeln, Karbonfaserrahmen für Rennräder) dann sollte es doch auch erlaubt sein, das Gleiche bei den Körpern der Athleten zu tun. Der Unterschied zu dem, was sie sich selber antun, ist marginal (siehe wieder die Gewichtheberinnen …) Also warum nicht im nächsten Schritt auch die DNA anpassen, wenn das endlich geht. Ich kann die gesundheitlichen Schäden für die Athleten nicht abschätzen, genauso wenig wie sie selbst das können. Ich kann mir aber den positiven Schub für die Gesundheitsforschung vorstellen, der sich aus dem Wissen ergibt, das mit dem Ziel Goldmedaillen und Werbeverträge zu gewinnen, erzeugt wurde. Und es sollten Doping und Gen-Optimierungen nicht nur beim Sport erlaubt sein, sondern bei allem: beim Arbeiten, beim Sex, beim Einkaufen, beim Romanelesen, beim Alkoholtrinken, beim Autofahren. Einfach bei allem.
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Der beste Freund des Menschen ist das iPad. Und er lernt auch bald einen neuen Trick: »Segway fahren.« Und zwar via Web ferngesteuert. Dadurch kann ein User entfernte Räume befahren, betrachten und dabei Videokonferieren. Die entkörperlichte Sci-FiFantasie ist nur ca. ein halbes Jahr von uns entfernt, schon dann soll »Double« auf den Markt kommen. Kostenpunkt: 2.500 amerikanische Spaßnoten. Fragt sich noch: Wie schnell folgt der Dreiradler für Samsung Tablets? www.doublerobotics.com
Dirndl, Tracht, Lederhosn – das nächste Oktoberfest lauert bereits hinter dem Horizont des Spätsommers. Traditionelles Outfit ist ein must, will man bei der Maßkrugschlägerei mit besoffenen Italienern und randalierenden Engländern eine gute Figur machen. Die Spatzl-Serie von Falke verleiht dem feschen Wiesn-Madl auch unterhalb des Dirndls die erforderliche strümpfene Stilsicherheit, und angesichts eines rustikal-reizenden Stay-ups wird no dazua a jeda Gockl narrisch.
Bueronardin
Skateboard Mirror Spieglein, Spieglein an der Wand, wer macht den schönsten Kickflip im ganzen Land? Nur lieber mal nicht auf diesem schmucken Wandspiegel selbst, sonst sieht der Hintern schnell aus wie die Pubertätsakne von »Sk8rgirl13«. Andererseits sehen ihre Mitesser wiederum wie grip tape aus. Gesehen auf: www.thefancy.com
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Bazuco
(Lehrling bei lumpenpack.net)
TOP 10
LIEDER, DIE DU JETZT ANHÖREN SOLLTEST
01 Ryan Hemsworth – Charly Wingate 02 Koreless – 4D 03 123Mrk – Weird 04 Rampage – Talk Of The Town 05 Prefuse 73 – Perverted Undertone 06 Metronomy – The Bay 07 Mount Kimbie – Carbonated 08 Flosstradamus – Lanas Theme 09 A$ap Rocky – Wassup 10 NIN – The Fragile (Acoustic Version)
TOP 5
Europa, ein Blick zurück
ZAHLEN (1–5)
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3 1 5 2 4
Wie werden die Kinder unserer Kinder Europa sehen? Aylin Basaran wagt einen musealen Blick zurück auf die »Festung Europa«. Die Zeitgeschichtlerin im Interview.
auch nicht schlecht: Helmut Werner.
Bernhard Fleischmann (Musiker, Morr)
TOP 10
LIEBLINGSBÜCHER AUS UNTERSCHIEDLICHEN GRÜNDEN AUS UNTERSCHIEDLICHEN LEBENSPHASEN OHNE REIHENFOLGE
01 Tomi Ungerer – Die 3 Räuber 02 Karel Capek – Der Krieg mit den Molchen 03 Raymond Carver – Kathedrale 04 Philippe Djian – Betty Blue 05 Atelier Laborgemeinschaft – Kinder Künstler Kritzelbuch 06 Michail Bulgakow – Der Meister und Margarita 07 Herman Melville – Bartleby 08 Richard Yates – Zeiten des Aufruhrs 09 Janne Teller – Nichts: was im Leben wichtig ist 10 Joseph Roth – Hiob & die Legende vom heiligen Trinker
TOP 5
01 Alt Wiener Erdäpfelsuppe 02 Eierschwammerlsuppe 03 Linsensuppe 04 Griesnockerlsuppe 05 Tom Yum Goong
auch nicht schlecht: In Musik hören: so habe ich das noch nie gesehen = schön überrascht werden.
INTERVIEW THOMAS WEBER
LIEBLINGSSUPPEN
Die Festung Europa ist Realität. Wie wird sie in die Geschichtsbücher eingehen? aylin basaran: Ich möchte hier ein wenig utopisch denken. Vieles, was uns heute als absurdes Unrecht aus der Vergangenheit erscheint – das System der Sklaverei, die Leibeigenschaft, der Ausschluss von Frauen vom Wahlrecht – galt zu seiner Zeit als unumstößliche Selbstverständlichkeit. Ebenso glaube ich, dass vieles, was heute selbstverständlich oder eben undenkbar erscheint, in einigen Jahren in einem ganz anderen Licht erscheinen wird. Vielleicht erscheint die Praxis, Menschen institutionell daran zu hindern, sich von einem Ort des Erdballs an den anderen zu bewegen, irgendwann so befremdlich wie für uns heute die Vorstellung, dass ein Mensch einen anderen »besitzen« konnte … Du arbeitest als Assistentin am Institut für Zeitgeschichte der Uni Wien. Verfolgt »Museum Festung Europa« einen wissenschaftlichen Ansatz? Ich möchte keine absolute Trennlinie zwischen Wissenschaft und Kunst ziehen, da beides letztlich eine Abstraktionsleistung des Menschen beschreibt, sich ein Bild von seiner Umwelt zu machen. Gewiss steht bei der Wissenschaft der analytische Blick im Vordergrund und bei der Kunst die Darstellung oder Repräsentation dessen, was da erdacht, durch Denkleistung hervorgebracht wurde. Für mich ergänzt sich beides. Von wem stammt denn das Bild vom Kontinent als »Festung« ursprünglich? Soweit ich weiß wurde der Ausdruck erstmals als Schlagwort von den Nazis verwendet, um die Abschottung des faschistisch besetzten Europa gegen die Alliierten, insbesondere England zu propagieren. Seitdem hat der Begriff eine Neukontextualisierung erfahren. Seit den 90er Jahren ist »Fortress Europe / Festung Europa« ein feststehender Begriff in antirassistischen Bewegungen. Damit soll auch zum Ausdruck gebracht werden, dass seitens der herrschenden Politik, die der unkontrollierten Migration regelrecht den Krieg erklärt hat, das vermeintliche Gefahrenpotenzial nicht mehr in ›feindlichen Armeen‹ gesehen wird sondern in menschlichen Subjekten, die sich innerhalb ihrer Heimat – dem Erdball – frei bewegen wollen. Ungekürztes Interview auf www.thegap.at / festungeuropa Das »Museum Festung Europa« von Aylin Basaran ist im Rahmen der »Wienwoche« (21. September bis 7. Oktober) im Project Space der Kunsthalle am Wiener Karlsplatz zu Gast. www.wienwoche.org
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Mehr als nur Touch Touchpads, Bewegungssteuerung, Maus – die Bedienung von technischen Geräten wird immer einfacher, geht aber oft noch an den Bedürfnissen der Menschen vorbei. twenty.twenty diskutiert das Thema. Bei wirklich guten Produkten stimmt alles zusammen – Der Mensch solle im Mittelpunkt aller Überlegungen stehen. Die Realität sieht meist anders aus. Vor allem wenn es sich um neue Technologien handelt. Die Interaktion zwischen Mensch und Technologie war seit jeher eine komplizierte Angelegenheit und oft auch eine Geschichte voller Missverständnisse. Vor einigen Jahren galt das Programmieren von Videorekordern als das Sinnbild für das schwierige Verhältnis zwischen dem, was ein Gerät kann und dem, was jemand davon versteht, der das Gerät bedienen soll. Sicher, in dem Bereich hat sich vieles getan. Mit Touchscreens ist man dem Ideal einer intuitiven Bedienung ein ganzes Stück näher gekommen. Nach jahrzehntelanger Forschung ist Sprachsteuerung nun tatsächlich anwendbar und Konzepte wie Kinect zeigen, wie selbst komplexe Abläufe mit Gesten koordiniert werden können. Doch das ist noch längst nicht das Optimum. Die meisten Bedienkonzepte sind Insellösungen. Und eine brauchbare Vernetzung der Heimelektronik bietet noch immer Stoff für Diplomarbeiten. Darüber soll bei twenty.twenty diskutiert werden. Die Keynote mit dem Titel »Tangible Music« wird Martin Kaltenbrunner halten. Der Professor an der Abteilung für Interface Cultures an der Kunstuni Linz wird unter anderem ein von ihm entwickeltes elektronisches Musikinstrument vorstellen, das einen ganz neu en Weg bei der Bedienung von Geräten aufzeigt.
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»twenty.twenty – User Interface 2020. Beyond Touchscreen» findet am 20. September 2012 ab 18.30 im HUB Vienna statt.
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(The Gap, Bebop Rodeo, Schönbrunner Perlen)
TOP 10
MUSEEN-NAMEN IN WIEN
01 Endoskopie-Museum 02 Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch 03 Globenmuseum 04 Papyrusmuseum 05 Esperantomuseum 06 Internationales Phantastenmuseum Wien 07 Original Wiener Schneekugelmuseum 08 Rauchfangkehrer-Museum 09 Pfadfindermuseum am Institut für Pfadfindergeschichte 10 Österreichisches Pharma- und Drogistenmuseum
TOP 5
WIENER ELECTRONIC-NEWCOMER
01 Cid Rim (Affine Records) 02 Andreas Buchner (Schönbrunner Perlen) 03 Phil Madeiski (Leap Records) 04 Jakobin & Domino (Luvshack Records) 05 Fabe (Rooftop Records)
auch nicht schlecht: Debüt-Album von Fauna »D(R)ONE« auf Moun10.
www.thegap.at/gewinnen Sneakerness × Onitsuka Tiga Am 16. September 2012 findet in der Media Opera Rinderhalle in Neu Marx die heurige Sneakerness statt. Für uns ist der Schuh-Treffpunkt ein Pflichttermin und Onitsuka Tiga nimmt ihn zum Anlass, um 3 Paar aktuelle Sneaker zu verlosen, die sich die Gewinner bei den Freunden in der Wiener Zapateria abholen dürfen.
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Darksiders 2 Auch im zweiten Teil gelingt »Darksiders« die Balance aus bekannten Spielelementen: Geboten werden Action, Adventure und ein paar Rollenspielelemente. Als Apokalyptischer Reiter Tod gilt es die Unschuld des Bruders Krieg zu beweisen und die Menschheit zu retten. Wir verlosen 3 Pakete aus T-Shirt und Tasse und als Hauptpreis eine Tod-Maske!
Thomas Heher (Waves Vienna)
TOP 10
SHOWCASE-FESTIVALS AUSSERHALB ÖSTERREICHS (KEINE SPEZIFISCHE REIHUNG)
01 Eurosonic Noorderslag (Groningen, Niederlande) 02 Slovenian Music Week (Ljubljana, Slowenien) 03 SXSW (Austin, USA) 04 Canadian Music Week (Toronto, Kanada) 05 Great Escape (Brighton, UK) 06 Mercat de Música Viva (Vic, Spanien) 07 Reeperbahn (Hamburg, Deutschland) 08 MaMa (Paris, Frankreich) 09 European Music Fair (Warschau, Polen) 10 Glimps (Gent, Belgien)
TOP 5
SERIENCHARAKTERE
01 Gloria Delgado-Pritchett (Modern Family) 02 Larry David (Curb Your Enthusiasm) 03 Tyrion Lannister (Game Of Thrones) 04 Chalky White (Boardwalk Empire) 05 Howie Munson (The Fall Guy)
auch nicht schlecht: Wegfahren und nicht auf ein Festival gehen.
Pet Shop Boys »Elysium« Limited Edition Gleichzeitig doch irgendwie alt und mittlerweile alterslos haben die Pet Shop Boys ein neues Album gemacht – »Elysium«. Selbstsicher und selbstreferenziell. Die Limited Edition enthält außerdem Instrumental-Versionen der Stücke. Wir verlosen 3 Exemplare eben dieser Limited Edition.
Chronicle – Wozu bist du fähig? »Chronicle« ist ein angenehm ungewöhnlicher und letztlich harter Film über normale, junge Erwachsene, die telekinetische Superkräfte erhalten und deren Leben naheliegend aus den Fugen gerät. Jetzt auf DVD und Blu-ray erschienen – sollte man sich ansehen. Wie verlosen 1 Paket bestehend aus Blu-ray Extended Edition, T-Shirt und Soundtrack.
Marley Selten haben sich so viele auf eine Musik-Doku einigen können wie auf Kevin Macdonalds Versuch, sich dem Musiker und Phänomen Bob Marley zu nähern. Zu Wort kommen hier vor allem jene, mit denen er seine Zeit verbracht hat. Und jetzt, wo sogar Snoop Lion … wir verlosen 2 Pakete mit der am 20. September erscheinenden DVD und einem T-Shirt.
Barbapapa Sentimentalität ist generell nicht unser Ding. Aber in dem Fall machen wir eine Ausnahme. Erstmals gibt es ab 14. September die komplette Box mit allen »Barbapapa«Folgen auf DVD. Das sind 150 (!) Folgen – RaRuRick-Barbatrick. Wir verlosen 2 Komplett-Boxen. Und freuen uns mit den Kindern.
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SA, 6. OKT 2012 IN GANZ ÖSTERREICH AB 18.00 UHR Alle Infos: langenacht.ORF.at
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GRAPHIC DETOUR
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Crossing Borders in European Design
29.09. bis 25.11.2012 // Eintritt frei freiraum quartier21 INTERNATIONAL MuseumsQuartier Wien www.quartier21.at // www.motimuseum.nl
Refresh Bug © Koen Taselaar
Für die Ausstellung „Graphic Detour - Crossing Borders in European Design“ des MOTI, Museum of the Image in Breda, Niederlande, hat Kurator Erik Kessels acht internationale Grafikdesigner und Künstler mit acht Betrieben der Provinz Brabant zusammengeführt, um gemeinsam disziplinäre Grenzen zu erforschen und aufzubrechen. Nun ist die Schau erstmals auch in Wien zu sehen.
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Kolumne: Zahlen, bitte! von Thomas Edlinger
… Jahre gibt es nun die Hamburger Schule, wenn man den Urkunden trauen darf. Eine Rückschau auf die gebeutelten Ichs von 1992.
eine schlechte Idee, ausgerechnet ein Lied über Sex »Lass uns nicht von Sex reden« zu nennen und dann doch eine verquälte bis humoristische Frage nach der anderen im Gendernahkampf zu stellen: »Wie möchtest du dein Ei? Auf oder unterm Tisch?« Das Album, auf dem die bewusste Uncoolness zum Gitarrengeschrammel, das die Kurve zu Sonicyouthifizierung noch nicht wirklich gekratzt hatte, ausgestellt wurde, heißt »Ich-Maschine«. Der Fragesteller ist Jochen Distelmeyer im Studio im Oktober 1991. 1992, also vor 20 Jahren, bot das Debütalbum von Blumfeld, in Verbindung mit dem damals ebenfalls erscheinenden zweiten Album »Reformhölle« von Cpt. Kirk & angeblich dem damaligen Taz-Journalisten Thomas Gross den Anlass, erstmals von einer »Hamburger Schule« zu sprechen. In den 90er Jahren produzierte die Schule Klassensprecher am Fließband, von den Sternen über Stella bis Tocotronic. Heute schwänzen die allzu leicht erziehbaren Kinder vom Schlage der Tomtes und Kettcars den Unterricht, weil sie lieber gleich Popstars werden wollen.
Der Text ist meine Party Was aber war an der Miniklasse von 1992, die sich wiederum auf Vorreiter wie die Kolossale Jugend bezog, überhaupt schulbildend? An deutsche Texte mit Biss wurden ja schon im Gefolge von Punk ganze Jugenden verschwendet, später war aber nach der NDW-Verwässerung von New Wave eher Ebbe an der Elbe. Ende der 80er Jahre aber begann es wieder zu brodeln. Auf der strahlend schroffen Kolossale Jugend-Platte »Heile heile boches« wollte der (übrigens von Distelmeyer schwer verehrte) Sänger Kristof Schreuf »den Wunsch verdreschen«, riet »brenne laut«, und gab den Schlachtruf »Der Text ist meine Party« aus. Es war Musik von großer Dringlichkeit, aufwühlend, nervig, für manche auch zudringlich. Kristof Schreuf wiederum war einer der großen Brüder von Jochen Distelmeyer, dessen einstige Band Blumfeld in ihrer frühen Phase als bis heute polarisierendes Beispiel für deutschen Diskurspop genannt wird. Tatsächlich stellte sich das einflussreiche »Ich-Maschine«Nachfolgealbum »L’Etat et Moi« von 1994
Staat und Ich-Maschine Das unablässig umkreiste und trotzdem durchgestrichene Ich von 1994 glaubte nicht mehr an ein unbeschädigtes, autonomes Sprechen. Es wird, um es akademisch zu sagen, gesprochen von einem Text als Hang-Over der Party, in dem das Ich als illusionäre Verkennung eines Selbstbilds verschwindet. »Die neuen Lieder, die du spielst, die haben kaum noch was zu tun mit mir«, heißt es in »Superstarfighter«. Das Du hier, das könnet auch das Ich sein, das erkennt, dass es nicht das Ich ist. So wogt der Text gegen die Verhältnisse und bohrt die Wirklichkeit an. Der Staat, heißt es, bewegt sich durch einen durch und bringt sich damit zum Verschwinden – die Foucaultianer sagen dazu Gouvernementaliät und meinen die zeitgenössische Selsbstregierungstechniken, die keinen bösen Papa und keinen Diktator mehr brauchen. Das auf »L’Etat et Moi« sich dahinhantelnde, längst Magisterarbeiten antreibende Geringe um Worte voller oft komisch-kalauernder, verwirbelter Diskursfragmente, Slogans und Zitate schafft aber nicht nur Bezüge, sondern verunklart auch, wem eine Äußerung angehört. Das Eigenartige in dieser überschießenden Vielstimmigkeit ist: Trotz der Selbstüberflutung mit den geborgten, verdrehten, angeeigneten Worten der anderen sprach die Platte zu einer ganzen Generation. Sie hatte etwas zu sagen – und sei es nur, dass es nicht mehr so einfach ist, etwas Einfaches zu sagen.
Krise des Narzissmus In der zentralen Hamburger SchuleGründungsplatte »Ich-Maschine« vor 20 Jahren ging es da noch vergleichsweise romantisch zu. Das Ich war da zwar auch schon einigermaßen ramponiert, aber es hatte seine rabiate Abspeckungskur noch vor sich. Das Leid an der Liebe und am Rest der Welt fügte sich noch in die Konventionen, bespiegelte sich im Wir einer »sozialen Randgruppe auf dem Weg zu sich selbst« oder, Achtung Gag, als »unsichtbares Sexsymbol«. Wenn man will, sieht man hier die bis heute anschwellende Krise des Narzissmus am Werk, die bei verwandten Köpfen heute zu einem Ich-Abspeckungsprogramm geführt hat. Die Ich-Maschine war ein Selbst, das zwischen Depression und Anmaßung, zwischen Leere und Allmacht schwankte. Die Psychoanalyse hat uns gelehrt, dass man dem Unglück, das aus dem Begehren nach einem perfekten Selbstbilds resultiert, nur in und mit der symbolischen Ordnung begegnen kann. Diese schafft erst Platz für den im politisch gefährlichen und sozial unverträglichen Narzissmus geleugneten Anderen. Dieser Andere kann viele Namen tragen, zum Beispiel auch den von Frauen, wie im kürzlich erschienenen Oral History-Reader »Lass uns von der Hamburger Schule reden« nachzulesen ist. Weil die sprachübersättigte, vorrangig von Männern gemachte Musik dieser Zeit das ahnt oder weiß und etwas Besseres will als die Versöhnung mit dem eigenen Größenwahn, dürfen wir das Ganze immer noch ein linkes Unterfangen nennen.
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als überquellendes, assoziatives Ideenreservoir dar. Das beginnt schon beim Titel: Die französische Übersetzung von »Der Staat und Ich« erinnert natürlich an das berühmte Credo des Absolutismus, »L’Etat c’est moi«. Dann eröffnet die Platte auch noch mit dem Knattern von Hubschrauberrotoren, dem akustischen Starsignifikanten von Paranoia, Überwachung, und Kontrolle im modernen Staat. Zugleich stellt aber die Veschiebung von »bin« auf »und« die Frage nach der Beziehung zwischen Gesellschaft und Individuum, nach den Anrufungen durch die ideologischen Staatsapparate und den Möglichkeiten ihrer Verwerfung durch eine »Ich-Maschine« (also durch ein Ich, das nicht Schicksal ist, sondern produziert wird und somit auch veränderbar bleibt).
Die Qual der Zahl – 9 wie »Revolution Nr. 9« oder 99 wie in »99 Luftballons«? Schreibt uns eure Vorschläge, um welche Zahl zwischen 0 und unendlich es nächstes Mal gehen soll. zahlenbitte@thegap.at
Thomas Edlinger Journalist und Kurator
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Der Ö1 Musiksalon
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Die Ö1 Konzertreihe 2012
Steiermark | Stift Rein | Dienstag, 9. Oktober 2012
Cornelia Löscher, Iris Krall, Chin-Wen Yang, Rita Cuda, Ute Groh und Berhard Ziegler
Wien | ORF RadioKulturhaus | Montag, 15. Oktober 2012 Minetti Quartett
Oberösterreich | Brucknerhaus Linz | Donnerstag, 25. Oktober 2012 Lidia Baich und Matthias Fletzberger
Tirol | Congress Innsbruck | Montag, 5. November 2012
Michaela Girardi, Matthias Bartolomey und Janna Polyzoides
eintritt € 15,– | € 10,– für Ö1 Club-Mitglieder karten Die Karten erhalten Sie direkt an den jeweiligen Aufführungsorten. inf OrMatiOn oe1.orf.at/musiksalon2012
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Anno 1955 sah sich das Tourismusland Österreich gerne so. Auch wenn man das Bild auf den Kopf stellt, viel hat sich seither nicht verändert. Deshalb denken jetzt Experten für ein kleines Salär über Österreich nach. 01�
m A r k e s t A A t : n A t i o n B r A n d i n G Zwischen wettbewerbsfähiger Identität und kommerziellem Nationalismus
The Sound of Music, Mozart, Hitler, Fritzl, Kängurus: Den auslandserprobten Österreicher dürften diese Assoziationen nicht sonderlich überraschen. Österreich ist Alpenparadies, Eldorado für Klassikliebhaber, Brutstätte rechtsextremen Gedankenguts, Land der Keller und – zumindest vom englischen Namen her – nicht so leicht von Australien zu unterscheiden. Den negativen Aspekten zu Trotz kommen die Touristen. Heimische Handwerksqualität wie die Schusswaffen von Glock findet weltweit reißenden Absatz (The Gap berichtete). Wien ist die Stadt mit der höchsten Lebensqualität der Welt, so die Beratungsagentur Mercer. Und am Nation Brands Index, der den symbolischen Markenwert von Ländern vergleichen soll, nimmt das Land den guten 13. Platz ein. Glaubt man der Bundesregierung, herrscht dennoch Handlungsbedarf. Einseitig und angestaubt sei das österreichische Image, das es sich irgendwo zwischen Almwiesen und Heurigen, Sissi und den Lipizzanern gemütlich gemacht hat. Das wirke sich negativ auf die Wirtschaft aus. Investoren und Führungskräfte aus dem Ausland nehmen Österreich – wenn überhaupt – mehr als Urlaubsidyll denn als Business-Standort wahr. Selbst mit dem Tourismus ist man nicht ganz zufrieden: jüngere Leute werden zu wenig erreicht. Überhaupt präsentiere Österreich sich nach außen ohne stimmiges Gesamtbild. Es fehle eine klare Richtung. Enter: Nation Branding. Ein erstes Konzept zur »Marke Österreich« wurde im Oktober 2011 von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner präsentiert. Dieses schreckt nicht vor großen Worten zurück: Eine unverwechselbare moderne ›Nation Brand Austria‹ gilt es durch die systematische Auseinandersetzung mit der Identität Österreichs zu erreichen. So soll Österreichs Image im Ausland verbessert, seine internationale Wettbewerbsfähigkeit gesteigert und – man ahnt es schon – der Wirtschaftsstandort Österreich gefördert werden. Im Frühjahr wurde mit dem britischen Politikberater Simon Anholt der wohl prominenteste Vertreter aus dem Feld beauftragt, beim Basteln an Österreichs »Markenimage« zu helfen. Anholt hat den Begriff »Nation Brand« 1998 geprägt, um der
Tatsache Rechnung zu tragen, dass sich die internationale Wahrnehmung eines Landes, ähnlich wie das Image einer Marke, auf dessen wirtschaftliche und politische Entfaltung auswirkt. Die Thesen folgen Joseph Nyes bekanntem Konzept von Soft Power (siehe Kasten). So gesehen ist Nation Branding Symptom einer Entwicklung: symbolische Macht ist heute so wichtig wie materielle Macht – vielleicht sogar wichtiger. Anholt selbst distanziert sich mittlerweile vom Begriff »Branding« für Nationalstaaten, wie er im Interview mit The Gap erläutert. Es deute auf ein falsches Versprechen hin, dass ein Land sein negatives oder schwaches Profil mit kostspieligem Marketing und PR-Kampagnen aufbessern könne. Das sei bisher noch keinem Land gelungen. Nation Branding werde von Regierungen oft als kurzfristiges Projekt begriffen. Das ist der Grund, wieso es meistens viel Geld kostet und trotzdem nicht den erwünschten Erfolg bringt, so Anholt, selbst einer der Bestverdienenden auf dem Feld. Stattdessen erfordere es einen neuen Zugang zu Governance, zur Staatsführung im Allgemeinen. Wenn Staaten an ihrem internationalen Ruf arbeiten wollen, müssen sie – ganz nach dem alten PR-Grundsatz »Tue Gutes und rede darüber« – erst etwas an ihrem Verhalten ändern und das dann verbreiten. Eigentlich keine große Weisheit. Da Länderimages eng mit Stereotypen zusammenhängen, die sich oft über Generationen hinweg halten, brauche man nicht vor zehn, zwanzig Jahren mit Veränderungen zu rechnen. Das kommt nicht zuletzt den Beratern selbst zugute.
Soft Power Der amerikanische Politologe Joseph Nye prägte 1990 das Konzept von Soft Power, das sich in den internationalen Beziehungen etabliert hat. Soft Power steht im Gegensatz zu Hard Power, der militärischen und wirtschaftlichen Macht einer Nation. Nye geht davon aus, dass nationale Interessen besser über die Attraktivität einer Kultur und ihrer Werte erreicht werden können, als über militärische Gewalt oder wirtschaftliche Sanktionen. Gerade für wirtschaftlich und politisch nicht besonders einflussreiche Staaten wie Österreich sei das von Relevanz. 01�
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Seit der Jahrtausendwende boomt das Geschäft mit dem Staat als Marke – Nation Branding. Immer mehr Staaten versuchen sich neu zu erfinden, auch Österreich ist nun mit von der Partie.
DAS GLOBALISIERUNGSPARADOXON Das Geschäft mit der Marke Staat boomt. Immer mehr Agenturen – darunter Saatchi & Saatchi, Saffron und Interbrand – spezialisieren sich auf Regierungen und bieten ihnen Nation Branding, Country Branding, Place Branding oder Competitive Identity Management an. Anholt, der schon über 50 Nationen bei ihrer Selbstfindung beraten hat, bekommt mindestens einmal pro Woche eine neue Anfrage. Dieser Umstand mag paradox scheinen – wo sich doch nationale Grenzen im Zuge der Globalisierung immer mehr auflösen. Die Welt wächst zusammen. Das heizt nicht nur den globalen Wettbewerb an, sondern treibt Nationalstaaten dazu, sich stärker mit ihren »Alleinstellungsmerkmalen« auseinanderzusetzen. Oder genau das Experten für sie machen zu lassen. Für einige Agenturen stellt Nation Branding bereits den lukrativsten Geschäftszweig dar. Australien hat in drei Jahren 205 Millionen Euro in Nation Branding investiert. Südkorea, das medial von Nordkorea überschattet wird, lässt es sich seit 2009 jährlich 60 Millionen Euro kosten. Die Regierung des Kosovo hat 2009 fast 6 Millionen Euro in eine Kampagne gesteckt. Immerhin 740.000 Euro hat das österreichische Wirtschaftsministerium für die Vorbereitungsphase frei gemacht. Die Versprechen der Berater klingen verlockend: Unternehmen, Touristen und Talente sollen angezogen, Exporte gefördert und diplomatische Beziehungen verbessert werden. Außerdem soll das Selbstbewusstsein der Landesbevölkerung gestärkt aus dem Branding-Prozess gehen. Bei der Umsetzung wird es allerdings schwierig. Die Probleme beginnen schon beim Begriff selbst. Definitionen reichen von »kosmetischen Operationen«, wie der Entwicklung von Logos und Slogans, bis hin zur Verankerung in der nationalen Politik in eigens dafür eingerichteten Institutionen. Im Prinzip geht es bei Nation Branding darum, aus der Gesamtheit aller gesellschaftlichen, kulturellen, geografischen und wirtschaftlichen Aspekte, die einen Nationalstaat ausmachen, die Essenz herauszufiltern, um diese zu seinem Vorteil einzusetzen. Kein einfaches Unterfangen, wenn man bedenkt, dass dabei auch teils widersprüchliche Interessen, wie jene von Tourismus und Industrie, vereint werden sollen. Dazu kommt, dass Parteipolitiker nach totalitären Herrschern die denkbar schlechtesten Initiatoren von glaubwürdigem Nation Branding sind. Das betont auch Anholt. Monarchen hätten dafür die besten Voraussetzungen, da sie nicht in kurzfristigen Wahlzyklen denken müssen. Diese ernüchternde Einschätzung hält Politiker nicht davon ab, Anholt und Kollegen, wie den Werbeguru Wally Olins, zu Rate zu ziehen. Dabei wird man den Verdacht nicht los, dass Nation Branding als Buzzword moderner Staatsführung vielfach der Imageaufbesserung der politischen Elite dient.
SPUCK NICHT, DEMONSTRIER NICHT! Staaten, die Nation Branding betreiben, setzen dafür in der Regel Expertengremien ein, die sich mit den Schwächen und Stärken des Landes auseinandersetzen. Sie suchen meist nach der Unterstützung der Zivilbevölkerung, denn ohne diese kann es wie Propaganda wirken. Der Branding-Prozess äußert sich dann in teils cleveren und teils unfreiwillig komischen Kampagnen; im Buhlen von Staaten um internationale Großveranstaltungen wie Olympische Spiele, Fußballweltmeisterschaften und Weltkongresse, die ihnen – so wie den allergrößten Konzernen – globale Aufmerksamkeit garantieren; in staatlicher Förderung von Popkultur (siehe Japan, s.24); in skurrilen Benimmanweisungen für die Bevölkerung, die das Ansehen im Ausland steigern sollen; aber auch in Initiativen, die auf das Selbstwertgefühl der eigenen Bevölkerung zielen, um sie in Krisenzeiten zu mobilisieren (»Deutschland – Land der Ideen«) (siehe Kasten). Somit erlebt das Nationalbewusstsein gerade in Zeiten einer globalisierten und vernetzten Welt eine Aufwertung. Das ist nicht unproblematisch. Weil durch Nation Branding Fragen der nationalen und kulturellen Identität mit wirtschaftlichen Interessen vermischt werden, führt das bisweilen zu Formen von kommerziellem Nationalismus. Damit aus 0�0
Am Feld arbeiten, in der Kirche singen – So werden in »Das Weiße Band« von Michael Haneke die Schlächter des späteren Naziregimes erzogen. Der Film zeichnet aus dem Alltag eines Dorfes das Bild einer Nation, das nur wenige Jahre später grauenhaft scheitern wird. Die Filmländer Österreich und Deutschland versuchten den Erfolg des Meisterwerks jeweils für sich zu nutzen.
Staatsbürgern Markenbotschafter des eigenen Landes werden, soll ihr Selbstbewusstsein gesteigert werden – die Grenze zu Nationalismus ist dabei oft fließend. Auch die Bewertung von nationaler Identität und Kultur nach ökonomischen Gesichtspunkten ist fragwürdig. Sie kann dazu führen, dass alles, was nicht dem Wettbewerbsvorteil nutzt, vernachlässigbar wird. Dass sich Kulturförderung zum Beispiel nur auf Aspekte beschränken muss, die auch international »herzeigbar« sind und sich verkaufen lassen. In diesem Zusammenhang kann Nation Branding als neoliberal-ideologisches Projekt verstanden werden. Wenn Politiker und ihre Think Tanks entscheiden, wofür ein Land stehen soll, birgt das außerdem die Gefahr von Manipulation – bis hin zu Social Engineering. Das beginnt bei Kampagnen für mehr Freundlichkeit, wie im Vorfeld der Fußball-WM 2006 in Deutschland. In Südkorea wurden in TV-Spots die Demonstrationsfreudigkeit der Bevölkerung – eigentlich Zeichen einer aktiven Zivilgesellschaft – und »schlechte« Manieren angeprangert; sie seien Ursache für das negative Ansehen des Landes im Ausland. Schon die Tatsache, dass sich Regierungen unter dem Deckmantel solcher Kampagnen in Manipulation üben können, ist demokratiepolitisch bedenklich.
ÖSTERREICHS IMAGE: SCHWACH, NICHT ZEITGEMÄSS, IRRELEVANT In Österreich ist man momentan noch in der Analysephase. Bereits jetzt fällt die starke Betonung wirtschaftlicher Aspekte der »Marke Österreich« auf. Fast scheint man übersehen zu haben, dass die Wahrnehmung eines Landes in erster Linie von kulturellen Faktoren abhängt, wie auch das Soft Power-Konzept besagt. Österreich ist in dieser Hinsicht zwar positiv besetzt, die Assoziationen mit Geschichte und Kulturschätzen, die es international hervorruft, sind aber zu schwach, nicht zeitgemäß und für die meisten Menschen schlichtweg irrelevant. Ob es in Österreich überhaupt gute Gründe dafür gibt, das Image aufzupolieren, ist also fraglich. Die mittlerweile vier Arbeitsgruppen der Regierung haben sich jedenfalls bis April nächsten Jahres zum Nachdenken Zeit genommen. Man darf skeptisch sein. Man darf aber auch hoffen, dass durch »Nation Branding Austria« ein Diskurs darüber eingeleitet wird, was sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten Positives getan hat, in Österreich – auch abseits von wirtschaftlichen Interessen. Dass darüber geredet wird, in welche Richtung verbessert werden soll. Und, dass zu den Expertenrunden, die über Österreichs zukünftiges Image diskutieren sollen, nicht nur ein Christoph Dichand (Krone) und ein Gerhard Roiss (OMV), sondern auch eine Elfriede Jelinek und ein Michael Haneke eingeladen wird – auch wenn diese sich vermutlich nicht ins Schaufenster österreichischer Kultur stellen wollen. Was für sich wieder ziemlich österreichisch ist.
Simon Anholt, politikberater und Erfinder Anholt, von Nation Branding, steht the gap rede und antwort über das Branding, steht the gap rede und antwort über das österreichische competitive identity-projekt, in das er involviert ist und erzählt, warum dies am besten in monarchien funktioniert.
Sie wurden auserkoren, die Österreichische Bundesregierung, genauer das Wirtschaftsministerium, bei deren aktuellem Nation Branding (oder Competitive Identity Project) zu beraten. Was sind Ihre persönlichen Assoziationen zum gegenwärtigen österreichischen Nation Brand? simOn anhOLt: Zu allererst möchte ich sagen, dass mir der Begriff »Nation Branding« sehr unangenehm ist, auch wenn ich derjenige war, der ihn 1998 geprägt hat. Eigentlich habe ich den Begriff »Nation Brand« und nicht »Nation Branding« verwendet, aber beide Ausdrücke werden gerne missverstanden. »Branding« scheint das Versprechen zu beinhalten, dass wenn ein Land oder eine Stadt meint, sein oder ihr Ansehen wäre zu schwach oder zu negativ, müsse es einfach einen Haufen Geld für Marketing ausgeben und alles würde sich auf wundersame Weise von selbst regeln. Selbstverständlich ist das nicht der Fall: ich forsche und arbeite seit fast zwanzig Jahren in diesem Feld und habe noch keine einzige Fallstudie von einem Land oder einer Stadt gesehen, der oder dem es tatsächlich gelungen wäre, seinen oder ihren internationalen Ruf durch Marketingkommunikation zu verbessern. Ich bevorzuge daher den Begriff »Competitive Identity« (wettbewerbsfähige Identität) – es geht darum, was Städte und Länder tun und nicht darum, was sie sagen. Städte und Länder werden danach beurteilt, was sie für die Menschheit, für den Planeten, für ihre Nachbarn, für gewöhnliche Leute in anderen Ländern machen können. Nur auf diese Weise kann sich ein Ort ein besseres Ansehen verdienen, es gibt keine Abkürzungen. Meine persönlichen Assoziationen mit dem österreichischen Image sind, denke ich, relativ durchschnittlich, ziemlich positiv, aber nicht besonders modern und nicht wahnsinnig relevant für mein tägliches Leben und meine alltäglichen Anliegen. Wie effektiv kann Nation Branding im österreichischen Kontext sein (immerhin 13. Rang von 50 am Nation Brands Index 2011), wenn man es in Relation mit seiner Größe setzt? Österreichs internationales Profil ist positiv, aber nicht besonders stark. Es ist ein Land, dem die Menschen allgemein wohlgesonnen sind, an das sie die meiste Zeit aber gar nicht denken. Das ist proble-
matisch für Österreichs momentane und zukünftige Wettbewerbsfähigkeit in punkto Handel, Tourismus, kulturelle und politische Beziehungen. Österreichs Profil muss markanter, moderner, vollständiger und vor allem relevanter für die Bedürfnisse, Anliegen und Interessen von mehr Menschen auf der Welt werden. Einfach ausgedrückt, wir müssen einen guten Grund dafür finden, warum Menschen mehr über Österreich herausfinden sollten, als die alten Klischees, die sie derzeit haben. Wie lange muss ein Land wie Österreich in Nation Branding oder Competitive Identity Management investieren, um Ergebnisse zu erzielen? Kontrolle über das internationale Ansehen eines Landes zu übernehmen, ist kein Projekt oder keine Kampagne von spezifischer Dauer. Es ist ein neuer Zugang zu Governance – zur Staatsführung – der, wenn er einmal begonnen wurde, ein ständiger Bestandteil davon werden sollte, wie ein Land international auftritt. Demnach wäre die einfache Antwort: »für immer«. Aber, dass Sie von »Investieren« sprechen, suggeriert, dass es um Geld geht. Viel von dem, was ich empfehle, hat nichts mit Geld zu tun. Es geht hier nicht darum, Kampagnen abzuwickeln, daher gibt es keine riesigen Medienbudgets. Es geht hauptsächlich darum, neue Wege für die Organisation des österreichischen internationalen Auftritts und eine neue Herangehensweise an internationale Beziehungen, Diplomatie, Handel und Tourismusförderung zu finden. In welchem politischen Kontext, würden Sie sagen, ist Nation Branding am meisten bzw. am wenigsten sinnvoll? Totalitäre Staaten sind im Allgemeinen nicht sehr erfolgreich darin. Koalitionsregierungen und Föderationen machen es etwas schwieriger, Konsens zu erreichen. Monarchen sind immer nützlich, weil sie dazu neigen, langfristiger zu denken als gewählte Politiker und sie verleihen diesen Ländern auch eine Menge Glamour. Politische Stabilität ist unerlässlich, genau so wie reife und effektive öffentlichprivate Partnerschaften. Obsessive Parteipolitik und Ideologien sind lästig und stehen Langzeitprojekten wie diesen im Wege. 0�1
So stellen sich konservative US-Amerikaner die Geburt der Nation vor. Dafür bemühen sie Mythen und altmodische Darstellungsweisen. Nebenbei wird mit Kultur und Jesus die Marke USA geprägt. Nun ja, zumindest wird das versucht.
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Golden frAme — Jon McNaughton — One Nation Under God
schinken oder käse?
Macht es Sinn, ein Bild wie »One Nation Under God« zu besprechen? Einerseits, weil man sich schwer tut, so etwas ernsthaft in den Kontext des zeitgenössischen Kunstgeschehens zu bringen, andererseits, weil man dem Urheber eigentlich ungern eine Plattform geben mag. »This may truly be the most important new painting of the twentyfirst century«, gibt sich der in Utah geborene Jon Mc Naughton bescheiden. Der 44-jährige Kunstschulabgänger fühlte im Jahr 2008 ein starkes Bedürfnis, seinen in arge Besorgnis geratenen Gefühlen zur Präsidentschaftswahl freien Lauf zu lassen. Er wandte sich vom Anfertigen langatmiger Landschaftsbilder ab und beschloss, fortan dem Stile des »Konservativen Realismus« zu frönen. Der Mormone und achtfache Familienvater hat er im patriotischen Amerika einiges an Popularität erzielt. An Geldmacherei sei er selbstverständlich nicht interessiert: Alle Bilder kann man auch als Reproduktionen in passender Größe um 50 bis 100 US-Dollar je Stück bestellen, die Rahmung entsprechend dem Kaminsimsrepertoire wird gleich dazu angeboten. Wem es zuhause nicht reicht, der kann sein Kunstwerk auch auf FanT-Shirts ausführen lassen. »One Nation Under God« zeigt Jesus als den Heiland der Verfassung – die nebenbei bemerkt die Trennung von Kirche und Staat konstituiert. Um die makellose weiße Männergestalt im goldenen Ornat scharen sich rund 60 Protagonisten aus der amerikanischen Verfassungsgeschichte, sowie Rollenklischees der Bevölkerung – ein kleiner Junge, eine Mutter, ein Lehrer, ein Priester, ein Soldat. Auch das Übel wohnt der Apotheose bei: »Mr. Hollywood«, rechts im Bild, ein Sinnbild der Unterhaltungsindustrie, blickt verhöhnend auf die armen Bürger, nicht weit von ihm ein finsterer Geselle in verräterischer Kutte – Satan darf natürlich nicht fehlen. McNaughton, der »die Menschen zum Nachdenken bringen will«, lässt auf seiner Homepage keine Fragen zur Interpretation seiner künstlerischen Ergüsse offen: mittels Cursorbewegung wird jede Figur erklärt und obendrein noch ein paar Worte in die rechte Richtung eingeblendet. Die klare Symbolik und die eindeutigen Botschaften kommen im etablierten Kunstdiskurs natürlich weniger gut an, ebenso die Verweigerung ethnischer Vielfalt oder eines zeitgemäßen Frauenbilds, dafür in populär-patriotischen Kreisen umso mehr. Als durchschaubar regressive Darstellung taugt »One Nation Under God« vielleicht gerade noch als Heiliger Trash oder Camp-Kunst. Die übertriebene Theatralik der Verkündigung und der affektierte Pathos wären vorhanden, um campy zu sein, das Gedankengut bewegt sich dann aber zu sehr jenseits der hard-line. 0�3
teXt margit emesZ Bild Jon mcnaughton
Passend zur bevorstehenden Wahl fühlt sich ein traditionsbewusster amerikanischer Freizeitkünstler zum Malen politisch-prophetischer Werke berufen. Jon McNaughton bannt Gut und Böse auf riesige Ölschinken, die sich bereitwillig politisch instrumentalisieren lassen.
teXt alena schmucK Bild sanrio, carlsen Verlag, nintenDo europe, faBio roDrigues poZZeBom
nAtion BrAnd JAPAn — Soft Power durch Popkultur
macht durch Pop Japan hat seine Popkultur entdeckt. Sie wird nicht nur als Retter der japanischen Wirtschaft gesehen, sie wird auch als Mittel zum Wiedererlangen militärischer Macht genutzt.
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Seit dem Platzen der Immobilien-Blase Anfang der 1990er hält das Stereotyp der Japan AG nur mehr bedingt. Das westliche Image Japans als Nation loyaler, lebenslang an ihr Unternehmen gebundener, teilweise auch durch Überarbeitung aus eben diesem Leben gerissener Angestellter wurde abgelöst. Angesichts der mit kleinen Unterbrechungen nun mehr als 20 Jahre andauernden Rezession wurde es allmählich durch neue Bilder ersetzt: Anstelle einheitlicher Weißkrägen sind auf den ersten Blick ebenso uniforme Schuldmädchen getreten. Bei näherer Betrachtung eröffnen sie Zugang zu einer Popkultur, die keine Grenzen zu kennen scheint und in der sich doch für jede Spielart Regeln finden. Eine Popkultur, die in den letzen zehn Jahren ein Teil der Marke Japans geworden ist, immer mehr auch durch systematische Bemühungen des staatlichen Nation Brandings. Harajuku, ein Stadtteil Tokios, bildet das Epizentrum der JPopkulturwelle, die seit den Nullerjahren auch im westlichen Mainstream ihre Spuren hinterlassen hat. Am Wochenende begegnet man hier einer Seite Japans, die sich mittlerweile selbst zum Stereotyp geworden ist. Als Manga- und Gamefiguren verkleidete Cosplayer, Gothic Lolitas und Visual Kei-Jünger frönen den materiellen und immateriellen Genüssen – Einkaufen und Gesehenwerden. In den Manga Kissa genannten Comic-Cafés trifft man auch auf die etwas unscheinbareren Träger dieser japanischen Popkultur: die Otaku, Manga- und Anime-Nerds.
POPKULTURMACHT: POKÉMON, AKIRA, HELLO KITTY Es ist nicht so, als müsste man in Japan nach diesen Ausprägungen von Popkultur suchen. Seit mehreren Jahren bietet auch die nationale Tourismusorganisation, JNTO, Manga- und Anime-Touren an. Die Zielgruppe japanophiler Comicnerds und anderer JPop-Aficionados wurde erkannt und nutzbar gemacht. Kaum verwunderlich also, dass der ehemalige konservative japanische Premierminister Taro Aso – selbst bekennender Manga-Leser – kurz vor seiner Abwahl 2009 Pläne für den Bau eines JPopkulturzentrums in Tokyo vorangetrieben hatte (Das Millionenprojekt scheiterte, als die Demokraten an die Macht kamen und das Zentrum als geldverschwenderisches staatliches Manga-Café abtaten). Hatte Joseph Nye, Erfinder des Soft-Power-Konzepts, dem damals wirtschaftlich noch blühenden Inselstaat Ende der 1980er global gesehen kulturelle Bedeutungslosigkeit konstatiert, musste er seine Behauptung rund ein Jahrzehnt später als widerlegt hinnehmen. Wie der amerikanische Journalist Douglas McGray in
seinem einflussreichen Artikel »Japan’s Gross National Cool« (»Japans Bruttoinlands-Coolness«, 2002 im Foreign Policy Magazin) feststellte, war Japan über Popkulturexporte wie Pokémon, Hello Kitty und Akira fast unbemerkt zur Kulturmacht geworden. Auch wenn es die Schulmädchen und Otaku nicht ahnen, sind sie die Gewinner des sogenannten verlorenen Jahrzehnts (»ushinawareta juunen«) wie die krisengeschüttelten 90er Jahre in Japan genannt werden. Während traditionelle Sektoren wie die Schwerindustrie von der Krise angeschlagen ums Überleben kämpften, konnten die japanischen kreativen Industrien, allen voran Zeichentrick, Comics und Computerspiele, ein bisher unerreichtes Wachstum erzielen. Durch das Versagen der alten wirtschaftlich-politischen Strukturen wurde ein Aufbruch ermöglicht, der die ehemaligen Verlierer der japanischen Gesellschaft – Teenager, Kreative und andere Außenseiter – plötzlich ins Zentrum Aufmerksamkeit beförderte. Auf diese Weise ereignete sich der Paradigmenwechsel Japans vom Produzenten neutraler Hardware zum Schöpfer kulturell angereicherter Software.
ORIGAMI STATT SAMURAI Erst durch westliche Publikationen wie McGrays Artikel nahm auch die japanische Politik diese Entwicklung als Chance wahr. Japan hatte bereits Erfahrung in Bezug auf Kulturpolitik und -diplomatie. So hatte es nach dem Zweiten Weltkrieg über nationale Symbole wie Geisha, Origami und Ikebana versucht, vom Image des aggressiven Kriegerstaats mit Samurai-Mentalität zu dem Bild eines friedlichen Ästhetenvolks zu gelangen. Mit der für Japan ungewöhnlich langen Amtszeit von Premierminister Junichiro Koizumi (2001–2006) nahm Kulturpolitik und -förderung noch nie dagewesene Dimensionen an. Zunächst erkannte man vor allem das wirtschaftliche Potenzial der kreativen Industrien und gründete 2004 eine eigene Institution zur Förderung und zum Schutz intellektuellen Eigentums. Japan engagierte sich im Kampf gegen Produktpiraterie und nahm eine aktive Rolle bei ACTA (Anti-Counterfeiting Trade Agreement) ein. Ähnlich wie zu Zeiten des japanischen Wirtschaftswunders, als damals zukunftsträchtige Industriezweige wie Autos und Elektronik vom Staat gezielt gefördert wurden, sah man nun die kreativen Industrien als strategischen Sektor und stellte ihnen Hilfen bereit. Neben dem wirtschaftlichen Hintergrund hatte diese Kulturförderung aber auch einen politischen. Japans Popkultur, die sich neben Manga, Anime und Games in anderen Teilen Asiens schon seit den 1980ern in Form von Fernsehserien, Popmusik und Mode großer Beliebtheit erfreut hatte, wurde als Ressource für globale Soft Pow-
Der Manga »Akira« ist einer der erfolgreichsten japanischen Kulturexportartikel.
Unter dem japanischen Premier Junichiro Koizumi nahm Kulturpolitik nie gekannte Dimensionen an. Sein Nachfolger Taro Aso, bekennender Manga-Fan, wollte sogar ein JPopkulturzentrum bauen lassen.
er erkannt. Ab 2005 stand die Förderung der sogenannten Content Industries unter dem Vorzeichen von Nation Branding. Japan wollte über seine Popkultur, die nun auch im Westen eine beachtliche Anhängerschaft gefunden hatte, sein Image von »Corporate Japan« in »Cool Japan« korrigieren und somit den Wandel vom kühlen Geschäftspartner zur persönlich relevanten und attraktiven Kulturnation vollziehen. Eine eigene Nation-Branding-Agentur, später in »Cool Japan Office« umbenannt, kümmerte sich um die dazugehörige Strategie. Die hatte Japan auch tatsächlich nötig.
POP FÜR DEN WELTFRIEDEN Koizumi war seit Beginn seiner Amtszeit negativ aufgefallen durch Besuche am Yasukuni-Schrein, an dem auch japanischen Kriegsverbrechern gehuldigt wird, und seine Unterstützung revisionistischer Geschichtsschulbücher. Das heizte die seit dem Zweiten Weltkrieg ohnehin antijapanische Stimmung im Asien-Pazifikraum an und gefährdete Japans diplomatische Beziehungen zu Staaten wie China und Südkorea. Die bis 2009 fast durchgehend regierenden Liberaldemokraten versuchten den erstarkten Nationalismus in Japan für das politische Ziel der Remilitarisierung des Landes zu nutzen (Japan darf seit 1945 per Verfassung keine eigenen Streitkräfte unterhalten und muss sich mit einem Heer zu Selbstverteidigungszwecken begnügen). Die Attraktivität der japanischen Popkultur sollte in dieser Hinsicht gleich zwei Fliegen auf einen Schlag treffen: landesintern weiter den Nationalstolz beflügeln und außerhalb in Form von Soft Power Asien und den Rest der Welt von den guten Absichten Japans überzeugen. Durch Nation Branding und die Präsentation Japans als kulturell attraktiven Partner versucht auch die seit 2009 von den Demokraten gestellte Regierung vor allem in der unmittelbaren asiatischen Nachbarschaft Akzeptanz für die Rückkehr Japans als Militärmacht zu erzeugen und eine Verfassungsänderung durchzusetzen. Noch haben die US-amerikanischen Militärstützpunkte durch die Anwesenheit sozialistischer Regimes, allen voran Nordkorea und China, eine gewisse Daseinsberechtigung in Asien. Japan denkt hier jedoch voraus und möchte »Brücke« zwischen Asien und der Welt werden und auch jetzt schon mehr militärische Verantwortung übernehmen. Um zu verstehen, dass diese symbolische Brücke gleichbedeutend mit einer Vorherrschaft ist, braucht man sich nicht allzu intensiv mit japanischer Geschichte und Nationalbewusstsein auseinandersetzen. Mit Popkultur als Nation Brand verspricht man sich, die dafür nötige kulturelle Überzeugungskraft zu erreichen. 0��
Die Signale für eine modernes Königreich waren heuer bei den britischen Großereignissen rar. Emili Sandé, Tinie Tempah und Taio Cruz repräsentierten die postkoloniale Gegenwart der Insel.
nAtion BrAnd BritAin — Popkultur als Spiegel britischer Gesellschaft
Brand ole Britannia
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Unter Tony Blair ging es voran. »Cool Britannia« war das Schlagwort, um Pop und Kunst hinter seiner Politik der Mitte zu vereinen. Zur diesjährigen Sommerolympiade tat sich England mit klaren Botschaften an die Untertanen deutlich schwerer.
teXt stefan nieDerWieser Bild uniVersal, emi
Vor fast 20 Jahren überboten sich Oasis und Blur im Streit um den Brit-Pop-Thron, zur Fußball-EM in England sangen Fans »Three Lions On A Shirt« und »Lager, Lager, Lager«, so wie es schon im Film »Trainspotting« zu hören war. Die Flagge des Königreichs war auf Gitarren, auf Minis, auf Kleidern von Girl Groups, überall. Und Tony Blair nutzte die euphorische Stimmung für einen überwältigenden Wahlsieg und damit den Führungsanspruch in der europäischen Sozialdemokratie. Pop war zum Machtfaktor geworden. Nicht nur als Treibstoff für Emotionen, sondern auch als ein Botschafter britischen Lebensstils. Parks, Tee, Feiern, Urlaub, Arbeit, Hunderennen und seltsame englische Dialekte klangen selten zuvor so unglaublich verlockend. Dieses Mal gab es keine blühende Kunst-, Musik- und Filmszene, die man zu einem Sittenbild britischen Alltags bündeln konnte. Regisseur Danny Boyle lieferte wieder die Bilder. Statt kotzenden Junkies vermischte er Geschichtsmythen mit Shakespeare, Harry Potter und Popmusik. Underworld steuerte wieder den Soundtrack bei. Statt ihrer rauschenden Rave-Hymne »Born Slippy« vertonten sie die Eröffnungszeremonie der Olympiade. Kultur und Sport sollten dem Bild Englands eine Form geben. Doch eine ähnliche Stimmung wie in den 90ern kam nicht so recht auf. Das Logo der Spiele war ein Desaster, die Abschlussfeier ein öder Murks aus Brit-Stars, die sich zusammenkaufen und vor die Kamera spannen ließen. Ein Land sucht sich selbst, versucht sich eine Richtung zu geben. Großereignisse sind dafür der ideale Anlass, man schickt eine Botschaft durchs Land und um die Welt. In Kanada hatte das zwei Jahre zuvor mit 14 Goldmedaillen und boomendem Kulturtourismus noch hervorragend geklappt. Die Welt konnte zudem vom toleranten Umgang mit Minderheiten lernen. In der Liste der Ländermarken der Agentur Futurebrand ist Kanada Nummer Eins. Das Vereinigte Königreich verfehlte erstmals 0��
die Oberen Zehn. Soziale Unruhen, Occupy aber auch der europäische Krach um die geplante Regulierung des Finanzplatzes London sorgten für wenig rosige Schlagzeilen. Und das im Jahr des 60-jährigen Thronjubiläums der Queen. Der Blick zurück ging bei diesen Feiern sogar soweit, dass man eine Bootsparade von 1747 nachstellte. Wirklich Bahnbrechendes kam in jüngster Zeit auch nicht von der Insel. Oder besser gesagt, nichts, über das annähernd so viel geschrieben wurde wie über »Cool Britannia« in den 90ern. Musik steckt in der Krise, wirtschaftlich, Banken sollen an die Leine, wirtschaftlich – also zwei der wichtigsten britischen Exportartikel. Kein Wunder also, dass man sich auf ein langweiliges und ungefährliches Best-of aus besseren Zeiten verlegte; selbst wenn viele der gespielten Songs kritische Kommentare ihrer Zeit sind. Ein bisschen Internet dazu, fertig war die ganze Vision für brand ole Britannia. Aber nur fast: Erstmals war auch die postkoloniale Geschichte vor Ort. Dizzee Rascal, Tinie Tempah, Emeli Sandé und Taio Cruz setzten Akzente der Gegenwart. Ein konservativer Abgeordneter bezeichnete die Feier prompt als »multikulturelle Kacke«. So dachten zwar nur sehr wenige, es drückte aber die Schwierigkeiten aus, die das traditionelle England immer wieder mit seinen Künstlern hat. Kultur ist Spiegel und Katalysator gesellschaftlicher Veränderungen. Diskussionen über Popmusik sind so immer auch Diskussionen über das richtige Leben. Wenn man im Jahr 2012 nach Großbritannien blickte, sah man ein Land, das zwischen Isolation und europäischer Integration gespalten war und die Liebe zu seiner Finanzindustrie und Popkultur neu zu bestimmen versucht.
»der HoBBit« — Nation Branding durch Film
eine erwartete reise
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Im Oktober 2010 kam es in Wellington zu einer ziemlich ungewöhnlichen Demonstration. Tausende Einwohner zogen mit »We Love Hobbits«- und »NZ Is Middle Earth«-Schildern durch die Hauptstadt Neuseelands, um einer Filmproduktion den Rücken zu stärken. Zuvor hatte Warner Bros. Studios nach Auseinandersetzungen mit der Gewerkschaft gedroht, Peter Jacksons neue »Hobbit«-Filme in Osteuropa anstatt im Inselstaat zu drehen. Die neuseeländische Regierung erließ unter dem Druck ein Gesetz, um Film-Produktionen finanziell stärker zu unterstützen. Da soll nochmal jemand sagen, bürgerschaftliches Engagement wäre sinnlos. Die skurrile Episode hat einen ernsten Hintergrund: Der neuseeländischen Volkswirtschaft wären bei Abwanderung der Produktion wohl anderthalb Milliarden NZ-Dollar direkt entgangen. Viel wichtiger ist aber der Imagegewinn, den sich der Staat vom »Hobbit« erhofft. Peter Jacksons neue Trilogie, deren erster Teil im Dezember 2012 in den Kinos anläuft, steht damit in einer Reihe von Filmen, die so mit dem Drehort verbunden sind, dass sie das Image eines Landes nachhaltig prägen. Früher geschah dies noch eher zufällig. Niemand hatte vorausgesehen, welche Rolle »Crocodile Dundee« für das AustralienBild der Amerikaner haben würde. Doch seitdem Nation Branding Mode geworden ist, versuchen Länder ihre Marke gezielt auch über Filme zu festigen.
100 % MIDDLE EARTH Das wohl schlüssigste Beispiel dafür ist die Beziehung zwischen Neuseeland und den Verfilmungen der Tolkien-Bücher. Die weiten Ebenen, die Berge und Gewässer Neuseelands werden in »Der Herr der Ringe« in langsamen, majestätischen Landschaftsaufnahmen als »Mittelerde« prominent in Szene gesetzt. Vereinzelt wirkt das wie einem Fremdenverkehrs-Imagefilm entnommen, was auch Sinn ergibt: Das staatliche Tourismusbüro Tourism New Zealand (TNZ) setzt voll
auf Abenteuer- und Naturtourismus. Und das erfolgreich: Fremdenverkehr ist neben der Schafzucht der wichtigste Wirtschaftszweig des Landes und erwirtschaftet knapp 10% des Bruttoinlandsprodukts. Anfang der Nullerjahre erfuhr Neuseeland schon einmal einen Boost durch das Kino. Die »Herr der Ringe«-Trilogie fiel mit einer groß angelegten Marketing-Kampagne des TNZ unter dem Claim »100 % Pure New Zealand« zusammen. Neuseelands Besucherzahlen stiegen daraufhin um sagenhafte 40 Prozent an. Im Fall von »Der Hobbit« wird das Ganze noch generalstabsmäßiger geplant. TNZ schloss im Juni einen umfangreichen Marketing-Deal mit den Filmemachern. Die Summe blieb geheim, es wird aber ein zweistelliger Millionenbetrag kolportiert. Dafür umfasst der Vertrag auch einige Maßnahmen, die den »Hobbit«-Film in der öffentlichen Wahrnehmung eng mit dem Inselstaat verzahnen dürften. Zum Beispiel wird auf der DVDVersion ein Neuseeland-Feature von Peter Jackson zu finden sein. Die Weltpremiere des Films findet in Wellington statt. Dazu werden 400 internationale Journalisten erwartet. Zum Vergleich: Normalerweise besuchen etwa 300 auswärtige Journalisten Neuseeland – über das Jahr verteilt. Die staatliche Fluglinie Air New Zealand plant mehrere Maschinen im Hobbit-Stil zu branden. Das alles hat natürlich einen handfesten ökonomischen Hintergedanken: Der Imagegewinn der Marke soll die Besucherzahlen weiter steigern. Diese Methode wird übrigens auch in Tirol recht erfolgreich eingesetzt. Die Alpenregion vermarktet sich in Indien seit einigen Jahren aktiv als Drehort für Bollywood-Produktionen und steigert so die Zahl an Touristen vom Subkontinent beträchtlich. Übrigens tun Länder gut daran, ihr Image über Filme zu steuern. Sonst tut es jemand anderes – im schlechtesten Fall Sasha Baron Cohen. Ob Kasachstan sein »Borat«-Image wohl jemals wieder los wird? »Der Hobbit – Eine unerwartete Reise« startet im Dezember in den österreichischen Kinos. 0��
teXt Jonas Vogt Bild ian BroDie, neW ZealanD
Peter Jacksons »Herr der Ringe«-Trilogie hat Neuseelands atemberaubende Natur in Szene gesetzt, seine Marke gestärkt und der dortigen Tourismusbranche damit einen kräftigen Schub gegeben. Die staatlichen Stellen tun derzeit einiges, um diesen mit »Der Hobbit« noch zu steigern.
ÖsterreicH in 100 oBJekten — Edelweiß und Unschuldsvermutung
the sound of scheuklappe 028
teXt Jonas Vogt Bild metroVerlag
Welche 100 Objekte stehen für Österreich? Der Journalist Gregor Auenhammer hat das Gedankenexperiment gewagt und einen Kanon in Buchform vorgelegt. Dieser kann Land und Leute auch nicht letztgültig quantifizieren, trifft aber oft genug ins Schwarze. Seit Jahrzehnten beschäftigt eine große, methodische Frage die Sozialwissenschaften: Lassen sich soziale Konstrukte wie Familie oder Identität objektiv messen? Welche Maßstäbe muss man dafür anlegen? Und kann man einen Begriff wie Freundschaft wirklich in zehn Parametern ausdrücken? Zu diesen schwer erfassbaren Phänomenen gehört auch die Nation. Was macht denn Österreich aus? Der Journalist Gregor Auenhammer hat sich an einer Antwort auf diese Frage versucht und den Weg der Kanonisierung gewählt. Sein im September erscheinendes Buch »Die Entdeckung Österreichs in 100 Objekten« ist eine Auflistung von Gegenständen, in denen sich die Alpenrepublik würdig wiederfindet. Anleihen genommen hat der Autor offenbar beim British Museum, das in einer Ausstellung einmal versuchte, die Geschichte der Welt in 100 Objekten zu erzählen. Neben einigen Überraschungen kommt auch Auerhammer nicht um die Klassiker eines jeden Reiseführers herum. Burgtheater, Schön- IGNORIEREN ODER UMARMEN? brunn und Wiener Konzerthaus fehlen ebenso wenig wie das unverEbenfalls eine Rolle spielen die großen Söhne und Töchter, die almeidliche Trio Schnitzel, Sachertorte und Melange. Der Autor ver- lerdings zu Lebzeiten oft nicht von ihrer Größe profitier(t)en. Davon sucht sich im Subtext aber auch immer wieder an einer Beschreibung können Nummer 25 und 26 (Mozart und Falco) ein Lied singen bzw. des »Nationalcharakters« – sofern es so etwas gibt. Einige Objekte komponieren. Nicht zu vergessen die zweite Möglichkeit, mit der die symbolisieren Eigenschaften, die dem Österreicher – zu Recht oder Alpenrepublik mit ihren ungeliebten Vordenkern umgeht: Was nicht zu Unrecht sei dahingestellt – zugeschrieben werden. Der Steigbügel verboten oder ignoriert werden kann, wird mittels vereinahmender steht hier sowohl für die Hofreitschule als auch für die austriakische Umarmung zu Tode geliebt. Beispiele dafür finden sich in AuerhamArt, Geschäft zu machen – Stichwort Hawara-Partie. Der Ärmelscho- mers Buch genug: Sei es Hermann Nitsch, Sigmund Freud oder der ner symbolisiert die heilige Dreifaltigkeit der österreichischen Beam- Life Ball, wobei zumindest Letzterer nie aus Wien fliehen musste. tenmentalität (»Des hamma scho immer so gemacht«, »Da könnt ja Auenhammers Buch zeigt aber auch, warum solche Auflistungen jeder kumman«, »Nur Dienstag und Donnerstag«). Und Scheuklappen letztlich nicht über den Unterhaltungsaspekt hinausreichen. Die Ausgibt es nicht nur an den Fiakerpferden, sondern sie wurden den Ös- wahl ist durch und durch subjektiv und kann es auch gar nicht anders terreichern auch im Hinblick auf gewisse Momente ihrer Vergangen- sein. Insgesamt bietet die Liste einen guten Überblick darüber, was heit nachgesagt. Siehe dazu auch Nummer 87: »Der Thomas Bernhard es zwischen Wien und Bregenz zu lieben und zu hassen lohnt. Oder kredenzte Misthaufen«. – ganz österreichisch – eben irgendetwas dazwischen. Dabei geht der Autor mit seinen Landsleuten nur mäßig ins Gericht und sudert genüsslich auf über 170 Seiten über Dinge, die er im Grunde wohl weitgehend mag. Eigentlich auch typisch Österreich. Sein Buch könnte getrost als Nummer 101 durchgehen. Gregor Auerhammer »Die Entdeckung Österreichs in 100 Objekten« ist am 1. September im Metroverlag erschienen. 0��
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musik Aus frAnkreicH, Polen, ÖsterreicH »Waves Vienna«-Gastländer unter der Lupe
Vom nachbarn 030 lernen
recHercHe MARTIN RIEDL teXt stefan nieDerWieser
Frankreich und Polen sind heuer die beiden Gastländer des Waves Vienna. Mit dem Gastgeberland selbst macht das drei verschiedene Nationen, drei Musikmärkte, drei Musikkulturen, die sehr ungleich sind. Die gute Nachricht: Österreich ist ein Musikland! Zumindest dann, wenn man danach geht, wieviel ein durchschnittlicher Bauer oder Bürger hier für Musik ausgibt. Nur Norwegen, Japan und Großbritannien sind fleißiger beim Einkaufen. Die schlechte Nachricht: Österreich ist kein Musikland! Zumindest dann, wenn man danach geht, was gekauft und gehört wird. Gerade mal jeder siebte Euro kommt lokalen Talenten zugute. Und die heißen dann Andreas Gabalier oder Nockalm Quintett. Sollte man daran etwas ändern wollen – kann ja sein, dass nicht –, kann man einiges von den europäischen Nachbarn lernen. Und die wiederum voneinander. Das Waves Vienna will genau dafür zur zentralen Wissensdrehscheibe werden. Der Fokus wird auf zwei Gastländern liegen, heuer sind das Frankreich und Polen. Auf der einen Seite also ein Land, das nicht nur eine Quote für nationales Kulturgut eingeführt hat, sondern auch noch Filesharern massiv an den Kragen geht. In Frankreich gelten eigene Gesetze, Protektionismus wird ganz und gar gelebt. 1994 hatte der Staat die Radiosender verpflichtet, mindestens 40 Prozent nationale Musik zu spielen, fast 20 Jahre später scheint es, als wäre der Plan aufgegangen. Nationale Acts wie Zaz, Guetta und ein paar singende Mönche stehen oben in den Charts, viermal so häufig wie in Österreich. Mit Technologien, sprich dem Internet kann dieser Quotenzwang heute eigentlich leicht umgangen werden. Mit Deezer geht das sogar mobil – das Streaming-Service ging 2007 von Frankreich aus ans Netz und ist derzeit eines der großen Heilsversprechen für Musikmacher, Breitband und Smartphones gäbe es ebenfalls genug. Die Grande Nation unterstützt ihre Künstler offenbar einigermaßen erfolgreich. Mit dem Hadopi-Verfahren nimmt sie außerdem eine Vorreiterrolle in Sachen Userbelästigung ein. Nach drei Verwarnungen wird Filesharern der Internetzugang gekappt. Die Maßnahme ist sehr umstritten, die abschreckende Wirkung auch. Aber alles soll der Musik dienen. Der aus Frankreich vor allem. Dafür war das Land lange Zeit bereit, seinen Kindern die Daumenschrauben so fest anzuziehen wie sonst niemand. Mit dem neuen Präsidenten scheint sich das gerade zu entspannen. Ganz anders Polen. Wenn ein Pole offiziell nur 2 Euro 50 pro Jahr für Musik ausgibt, stimmt etwas nicht ganz. Da könnte man gleich wieder Wurlitzer einführen. Immerhin gibt es seit letztem Jahr iTunes. Kein Wunder, dass bis dahin der Schwarzmarkt blühte. Wie schwer es da wie dort ist, erklären zwei Experten im Interview. 030
interView: micHAŁ HAJduk
»es ist ein harter Job, in Polen musik zu verkaufen« Das Instytut Adama Mickiewicza ist eine staatliche Einrichtung für Kulturexport. Michał Hajduk ist für die Promotion polnischer Musik im Ausland verantwortlich. Sein Aufgabengebiet: »Alternative Music and Jazz Projects«. Im the gap-Interview erzählte er uns von den Schwierigkeiten am polnischen Musikmarkt und von vielversprechenden Künstlern. Gibt es eine Lücke in der polnischen Musikgeschichte, bedingt vor allem durch den ehemaligen Eisernen Vorhang? michaŁ haJdUK: Rockmusik ist hier erst in den 80ern explosionsartig gewachsen, nicht schon in den 60ern. Die echte Rockmusik kam mit dem Zorn des Punk. Die Lücke hat maßgeblich mit der Isolation zu tun, und es wird noch Generationen dauern, bis das den schlechten Touch verloren hat. Polnische Musik hat diese gewisse Note, die nicht so angenommen wird von Menschen aus westlichen Ländern. Man erkennt leicht, wenn etwas Polnisch klingt, und das ist nicht als Kompliment gemeint. Wir legen den Fokus auf eine neue Generation von Bands, die mit diesem Vermächtnis umgehen kann. Welche polnischen Künstler sind vielversprechend? In diesem Jahr sind von anderen Festivals und Showcases sehr oft Bands wie Paula and Karol oder Kamp! gebucht worden. The Kdms (Max Skiba von The Kdms ist Pole), Julia Marcell, Napszyklat, Coldair, Kari Amirian und Twilite sind für uns ebenfalls wichtig. Wie sieht der polnische Musikmarkt aus? Der polnische Musikmarkt ist durch Piraterie zerstört worden. In den 90ern zeigte die Piraterie starke Wachstumsraten, die Verkaufszahlen sind dagegen weit unten. Der polnische Markt wächst mit der Qualität der Bands; während der Konzertmarkt größer und größer wird, haben wir noch nicht den kritischen Punkt erreicht. Es ist ein harter Job, in Polen Musik zu verkaufen. Warum? In den 70ern und 80ern war nichts erhältlich. Musik wurde einfach nicht vertrieben. Danach, in den 90ern, konnte man schließlich alles bekommen. Die ersten Jahre waren großartig, man konnte in Polen alles verkaufen. Das änderte sich in den 90ern jedoch drastisch, als einige Veranstalter anfingen, Gratis-Konzerte zu organisieren. Das hat die Leute verdorben. Die Menschen haben nie wirklich akzeptiert, dass sie für MCs, Vinyl und CDs bezahlen sollen. Und später haben sie einfach begonnen, Musik aus dem Internet zu stehlen. Ich habe das nie verstanden. Die meisten Leute verstehen nicht, dass du Künstler, die du gerne hast, unterstützen solltest.
Musikmarkt. Ländervergleich. 65 % DER VERKAUFTEN TONTRÄGER VON FRANZÖSISCHEN ARTISTS
FRANKREICH 65,4 Mio. 40 107
EINWOHNER DURCHSCHNITTSALTER BIP / EINWOHNER *
27 % DER VERKAUFTEN TONTRÄGER VON polnischen ARTISTS
POLEN
55 DER 100-meistVERKAUFTEN TONTRÄGER VON FRANZÖSISCHEN ARTISTS
EINWOHNER DURCHSCHNITTSALTER BIP / EINWOHNER *
38,2 Mio. 39 65
28 DER 100-meistVERKAUFTEN TONTRÄGER VON polnischen ARTISTS
interview: franz medwenitsch (ifpi austria)
Volksmusik? Jo eh. Aber.
ÖSTERREICH
Filesharing ist das vielbesungene Gräuel der Musikindustrie. Der Kampf der Labels wird aber auch auf einer anderen Baustelle ausgetragen, und dabei liegt der Teufel nicht im Detail: Der österreichische Musikmarkt ist überschaubar klein, dementsprechend schwierig ist es, nationale Artists aufzubauen. Franz Medwenitsch ist Geschäftsführer der ifpi Österreich, des nationalen Arms der Major-Industrie. Vor welchen Problemen österreichische Labels stehen und wie exportfähig heimische Künstler sind, erklärt er im the gap-Interview. 14 Prozent nationale Künstler im Tonträgerumsatz, davon viel Volksmusik und Schlager. Was ist mit österreichischer Pop- und Rockmusik? franz medwenitsch: Österreich ist eine anerkannte RepertoireSource für Schlager und Volksmusik, letztes Beispiel: Andreas Gabalier. Bei Pop- und Rockmusik schaffen wir es oft nicht einmal ins österreichische Radio und die internationale Verwertbarkeit ist noch viel schwieriger. Was sind die Schwierigkeiten beim Aufbau von lokalen Musikern bei österreichischen Major-Labels? Dass der Aufbau eines Domestic Artist in Österreich genau so viel kostet wie etwa in Deutschland, der Heimmarkt aber nur ein Zehntel von Deutschland ausmacht. Welche Eigenschaften muss Musik aus Österreich haben, damit sie im Export Erfolg hat? Dafür gibt es kein Handbuch und keinen Leitfaden. Im Moment sind wir in den Nischen, bei Crossover und beim volkstümlichen Schlager deutlich erfolgreicher als im Pop-Mainstream. Wächst der digitale Markt in Österreich zu langsam? Das Wachstum des österreichischen Digitalmarktes könnte natürlich dynamischer sein, aber das Plus von 14 Prozent in 2011 ist auch im internationalen Vergleich herzeigbar. Das Volumen des heimischen Digitalmarkts ist mit 20 Prozent des Gesamtmarkts noch eher gering, da ist noch viel Wachstumspotenzial drin. Was sind die Herausforderungen für den österreichischen Musikmarkt im Jahr 2012? 1. Digitalen Kauf von Musik zum Konsumenten-Mainstream machen. 2. Regalflächen im Handel für physische Tonträger erhalten. 3. Unseren Content besser schützen. 4. Besseres mediales Umfeld für österreichischen Mainstream-Pop schaffen.
DURCHSCHNITTSALTER
EINWOHNER BIP / EINWOHNER *
8,4 Mio. 43 129
14 % DER VERKAUFTEN TONTRÄGER SIND VON österreichischen ARTISTS 32 DER 100-meistVERKAUFTEN TONTRÄGER VON österreichischen ARTISTS
der DURCHSCHNITTsFRANZOSE kaufte 2010 musik um:
der DURCHSCHNITTsösterreicher kaufte 2010 musik um:
der DURCHSCHNITTspole kaufte 2010 musik um:
€ 12,30
€ 17,90
€ 2,50
36 % 30 %
FRANKREICH ÖSTERREICH SMARTPHONEs pro 100 einwohner
POLEN
06/2004 10/2004 09/2011 48,4 8,9
98,8
7,5
146,1 793,5 gesamtumsatz tonträger 2010 in mio. euro
cd-verkäufe 2010 in mio. stück
* In Kaufkraftstandards (Durchschnitt EU27: 100) Sofern nicht anders angegeben, sind alle Daten von 2011.
031
quellen eurostat, ifpi report, tomi ahonen consulting
MARKTEINTRITT ITUNES (MUSIK) 19 %
Peter Rehberg ist die treibende Kraft hinter Editions Mego. Er ist 1988 nach Wien gekommen, hat als Pita sowie in zahlreichen Kollabortationen Musik verรถffentlicht und 1999 den Prix Ars Electronica bekommen. 032
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Editions Mego — Wiener Avantgarde-Motor im Portrait
Angst vor Indierock 033 Gerade hat Peter Rehberg eine Testpressung bekommen, eine Fennesz Single. Peter Rehberg wird heuer noch unzählige Testpressungen bekommen. Ungefähr zwanzig Releases stehen an. Eigentlich ist das viel zu viel. Aber die Welt der avancierten Elektronik tickert, zurrt, dröhnt und pulsiert anders. Die Leute kommen wegen der Musik, nicht wegen all dem Drumherum. Und Mego ist ein etablierter Name. Wenn über Twitter etwas Neues angekündigt wird, kaufen viele blind. Vielleicht ist Peter Rehberg deshalb so zuversichtlich, auch wenn er noch nie so viele Alben auf einmal geplant hat. Dabei stemmt Peter Rehberg das Label ganz alleine. Vom Entdecken neuer Musik bis zum Postversand. Von Wien aus versorgt er die Welt mit intelligenten Geräuschen. Renommierte Medien wie The Wire, Pitchfork und Fact Mag besprechen neue Alben, wählen sie in ihre Jahreslisten und machen Interviews. De:Bug sieht dieser Tage für einen längeren Artikel vorbei. Das sind nur die bekanntesten Verehrer des Labels, zahlreiche Blogs und einige Feuilletons kommen dazu. Für so viel Scheinwerferlicht würden andere mindestens eine Niere spenden. Daheim rund um Wien sieht es deutlich finsterer aus. Donaufestival, Popfest und FM4 ignorieren das Label gerade einmal. Stattdessen: Salzburger Festspiele. All die positive Presse führt allerdings noch nicht automatisch zu goldigen Verkaufszahlen. Pro Album werden etwa 500 bis 1000 Stück Vinyl gepresst, selten auch ein paar hundert CDs. Für Pop-Eurodance-R’n’B-Dubstep wäre das nichts. Für die Musik auf Mego, die auch einmal aus einem einzigen Schrei bestehen kann, der vier Mal 15 Minuten lang zu einem kalten Surren gestreckt wurde, ist das recht erstaunlich. Und in Summe wieder spitze.
Back in Time Das war zwischendurch nicht immer so. Mego war nach der Gründung 1994 ziemlich schnell ziemlich erfolgreich. Das Label kam aus der Techno-Szene, ohne dogmatisch zu sein. Anfangs hatte dort die allererste Scheibe von dj dsl genauso Platz wie der rohe Elektro von Gerhard Potuznik und die brachialen Performances von Fuckhead. Trotzdem wurde Mego gleich in zwei Genres geschmissen, die sich zwar albern anhörten, aber bis heute nachhallen: Clicks & Cuts und Wiener Downtempo. Eines davon machte eigentlich nur insofern Sinn, weil man sich in etwa dieselben Lokale, dieselbe Stadt teilte und die Musik auch irgendwie kein Rock war. Das andere war nach Peter Rehbergs Einschätzung eine blöde Erfindung von PR-Leuten, Plattenläden und Medien. Es hat beides nicht geschadet. Und so bestand Mego Ende der Neunziger aus vier Leuten, mit eigenem Büro, einem der ersten MP3-Webshops und dem Mut von unabhängigen Klangverbesserern … solange, bis nach fast einem Jahrzehnt das Interesse schwand und damit die Verkäufe. Zwei der Gründer entschlossen sich umzusteigen, Peter Rehberg machte alleine weiter. Heute presst er oft weniger als früher, verkauft aber mehr. Er weiß was möglich ist. Das Büro ist ein Raum in Peter Rehbergs privater Wohnung, manche alten Arbeiten wurden einfach ausgelagert. Deswegen heißt Mego seit sieben Jahren auch Editions Mego, um diesen Einschnitt zu markieren. Von den paar gleichgesinnten Labels von damals ist heute eigentlich nur noch Warp ähnlich aktiv.
Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft So nebenbei hat sich über die vielen Jahre einiges angesammelt, manche Alben gelten als Klassiker, sind also das, was andere Labels ihre Pensionsversicherung nennen. »Endless Summer« von Fennesz gehört sicher dazu, allerspätestens seit Resident Advisor, Pitchfork und, tja, auch The Gap es zu einem der besten Alben der Nuller Jahre kürten. »Sheer Hellish Miasma« von Kevin Drumm war für viele wie eine Einstiegsdroge in die Welt von Noise, Drones und den vielen Kammern dazwischen. Auch für John Elliot von den Emeralds. Ihr
Album »Does It Look Like I’m Here« wäre ohnehin riesig geworden, auch wenn es anderswo rausgekommen wäre, ist sich Peter Rehberg sicher. Es steuerte schlafwandlerisch an Nostalgie und New Age vorbei und abstrahierte die Sounds von billigen Synths, so ähnlich, wie das andere vor ihnen mit Gitarren oder Laptops getan hatten. Und weil daran noch dazu eine ganze Szene hing, die aus Leuten bestand, die cirka 20 Jahre jünger als Rehberg selbst waren, bekam John Elliott von den Emeralds noch ein Sublabel dazu, damit viele dieser Kleinode auf die Welt gelassen werden konnten. Der Name Spectrum Spools war relativ schnell gefunden. Peter Rehbergs Rolle ist dabei eher die eines Geldgebers, Artwork und Musik kommen fixfertig bei ihm an. Das läuft so gut, dass eine Zeit lang immer neue Sublabels dazukamen. Auf Recollection GRM veröffentlicht er die Pioniere der elektronischen Musik neu auf Vinyl. Manche Stücke gehen zurück bis ins Jahr 1961. Die Musik ist schon da, es brauchte nur noch das KnowHow und den richtigen Namen. Editions Mego hat beides. Das neue Dance-Sublabel Sensate Focus liefert jeden Release mit Bleistift aus, die Katalognummern werden immer kleiner, ein Künstlername steht nicht drauf. Von diesem Punkt weg sind wieder neue Verbindungen möglich, die man einem älteren Ein-Mann-Label nicht zutrauen muss, hin zu House, zu Dubstep, UK Bass, auch zu Trance. Irgendetwas scheint vor cirka drei Jahren passiert zu sein. Seither wurde das Pensum von Mego immer größer, die Palette immer breiter. Fragt man Peter Rehberg, so war viel davon klassische Aufbauarbeit, ein Ding ermöglicht das nächste, Risiko lässt sich besser verteilen. Ein Konzept gibt es für das explosive Wachstum nicht. Und das scheint das Label auch auszumachen – neben sehr, sehr viel Arbeit und Hartnäckigkeit. Mego passt sich an, es verändert sich, transformiert sich, probiert aus und adaptiert Ideen. Früher waren digitale Klangwelten interessant, heute wird fast nur noch auf Vinyl gepresst. Komplexe Theoriegebäude können Teil einer Arbeit sein, müssen nicht. Eine strenge Linie für die Artworks gibt es auch nicht. Und immer wieder veröffentlicht es Alben, die scheinbar nicht zum Label passen. James Ferraro hätte so jemand sein können. Ihn hat Rehberg abgelehnt, weil er trotz Vorschuss nicht rechtzeitig lieferte. Und weil er überhaupt nichts anfangen kann mit dieser zynischen Art, Scheiße gut zu finden. »Pepsi- Werbungen waren aber in den Achtzigern Müll und sind es jetzt noch immer. Genauso Hall And Oates. Warum sollte das heute anders sein?« Das sei so ein Ding von Hipstern in Brooklyn. Rehbergs Meinung dazu ist – wie so oft – eindeutig. Und deshalb bereut er die Entscheidung auch nicht, auch wenn die Unterschiede fein sind. Ein paar der Mego-Acts beziehen sich ja auf ältere Musik, aber dann wenigstens auf gute. Und wenn sie Kapitalismusabfall zitieren, dann machen sie daraus wenigstens gute Songs. James Ferraro war keins davon. Und Oneohtrix Point Never, nun, das bessere Album ist ja ohnehin bei Mego erschienen. Andere gehen an die Anfänge und die Abgründe von Dance Musik zurück und holen sie in die Gegenwart. Ja, Mego ist anpassungsfähig. Es hat keinen größeren Plan, aber sehr viel Ahnung von dem, was es tut. Nur beim Thema Frauen sucht Rehberg selbst nach Antworten. Er kennt viele, fragt viele, viele sagen nein. Er fände es gut, aber was kann er ganz alleine machen. Ein Sublabel nur für Frauen wäre seltsam. Und natürlich kann man kein einzelnes Label dafür verantwortlich machen, dass zu wenige Frauen in die Zirkel elektronischer Musik wagen. Das kommende Jahr wird für Mego ähnlich dicht wie dieser Herbst. Nicht nur wegen der Alben von Fennesz und Emeralds. Das Label, sagt Peter Rehberg, könnte er von überall aus betreiben, wo es ein Postamt, einen Flughafen und Internet gibt. Die Gründe, es eben in Wien zu machen, haben mit der lokalen Musikszene reichlich wenig zu tun. Wenn allerdings ein paar Leute begreifen würden, was für ein Schwergewicht elektronischer Musik von hier aus feinste Geräuschmusik um den Globus wirft, könnte sich das recht bald ändern.
Text Stefan Niederwieser Bild editions mego
Mego hält die Avantgarde in Schuss. Das Label setzt von Wien aus seit Jahren Maßstäbe wie sonst nur noch Warp.
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Zwei Reviews zu The XX — Coexist
Nullerjahre Revival
Popmusik klingt immer trauriger The XX machen nichts anders. Damit sind sie erstaunlicherweise immer noch ziemlich aktuell. Weil sie früher so weit vorneweg waren.
Vielleicht hätten The XX nach dem ersten Album einfach aufhören und ihre Botschaft als Lifestyle-Blogger in die Welt tragen sollen.
Dieses Mal ein klein wenig bunter, will das Cover wohl sagen. Stimmt nicht, The XX machen genau da weiter, wo sie aufgehört haben. Mit Einwort-Titeln, behutsamen Kontrasten, Gefühlen, Erschöpfung. Mit elf Songs mehr. Was sollten sie auch sonst machen. Niemand klingt sonst so, hat einen derart eindeutigen Sound. Das geht so weit, dass seit dem Debüt vor drei Jahren keine andere Band das irgendwie ähnlich sinnvoll hinbekommen hat. Eigentlich werden so neue Stile und Stars geboren, indem Soundkonzepte imitiert und verändert werden, siehe Muse, siehe Mando Diao, Robyn, Mogwai, Sbtrkt, Four Tet, James Blake, Nicolas Jaar. Hier ist das nicht passiert. Ja, schwer grummelnde Bässe, zartes Zittern in Echokammern, flirrende Luft, Beklemmung, Gänsehaut, das gab es seither reichlich. Aber nur The XX gelang der Spagat zwischen Laptop und Band so mühelos. Und die Reduktion bis auf die stummen Knochen. »Coexist« ist deshalb natürlich eines der ganz großen Alben dieses Jahres. Weil das sonst niemand so fertig bringt. Weil Schwarz das Neue Schwarz ist. »Hospice«, das grandiose dritte Album der Antlers, erschien genau einen Tag nach »XX«. Beide Alben handelten von Verlust. Lana Del Rey, Hurts und Adele können ebenfalls ein paar Lieder davon singen. Heute sind †, ∆, X und X die Zeichen der Zeit, Platzhalter und Leerstellen. Und laut einer bescheuerten Studie klingt Popmusik überhaupt immer trauriger. Da muss man selbst nicht besonders einfallsreich sein, um das auf die Gesellschaft zu schieben, in der wir leben. Es gibt auch reichlich Stoff, »Coexist« nicht zu mögen. Wer die Band früh entdeckt hat und weitergezogen ist, kann sich bestätigt sehen, ein One-Trick-Pony mit einem Nachfolger ohne Risiko und Entwicklung. Die Band ist immer noch ziemlich bleich im Gesicht. Die Einsamkeit zu zweit ist immer noch ziemlich unendlich. Die Texte drehen sich um sich selbst, lesen sich ohne Sounds wie Lyrik von Maturanten. Schön, wer sich solche Luxusprobleme leisten kann. Und wann kommt die Band endlich vom Ketamin weg? Viel besser kann man diese paar geduckten Gefühle, von denen The XX singen, allerdings kaum festhalten. Den meisten wird das reichen. Immerhin gab es heuer schon einige massiv gefeierte Alben, die künstlerisch still standen, aber dafür nur ein kleines bisschen bessere Songs darboten. Bei The XX heißt das allein schon ziemlich viel.
Im Song »Shelter« auf dem Debüt »XX«, fragte Sängerin Romy Madley: »Can I make it better, with the lights turned on?«. Und es war klar: Nö, kann sie natürlich nicht. Und weil sie das so offensichtlich selbst wusste, wurde sie berühmt. Seit XX ist nachvollziehbar, wie es ist, wenn sich 16-Jährige trocken von außen betrachten. Die Band ist seitdem die Referenz für zeitgenössischen Biedermeier. Der dreht sich um Kids, die sich weder mit Politik und Ökonomie, noch mit Drogen und Partys beschäftigen. Das Heilsversprechen des kontrollierten Exzesses hatte MTV bis zum Ende der Nullerjahre schon seit über 20 Jahren herausproletet. Zulange, um es noch als wilde Option auf erwachsenes Leben ernst zu nehmen. Die Songs auf »XX« waren folglich immer minimalistisch und still, gerade weil zu sprechen sich eigentlich nicht lohnt, wenn alle möglichen Antworten, die das Leben anbietet im Grunde schon vorgegeben sind. Das Debütalbum war eine epochale Zuspitzung. Als Figuren der Popkultur folgten auf The XX Menschen wie Tavi Gevinson, die kürzlich im Zeitmagazin präsentierte minderjährige Herausgeberin des Rookiemag, Menschen also, die Lifestyle-Zitate weder ironisch noch zynisch leben und mit 15 bereits alt sind. Führt man sich also die potenzielle Fallhöhe des zweiten Albums vor Augen, verwundert es nicht, dass es tief gefallen ist. Denn was sollte man nach der zum ikonischen Klang getriebenen Leere noch sagen? Im Pressetext steht: »The XX sind erwachsen geworden«. Das ist natürlich das Schlimmste, was ungefähr jedem Menschen passieren kann. Etwas Gutes lässt sich daraus höchstens für Jamie XX ableiten. Er hat »Coexist« großartig und im PR-Sinne des Wortes »reif« produziert. Stimmen, Bässe und die zahlreichen kleinen Synthie-Elemente sind wunderbar aufgeräumt abgemischt. Das erste Album hört sich im Vergleich zum Zweiten an wie Brei. Dafür muss man sich beim Neuen aber regelmäßig fremdschämen – und das überwiegt leider. Wenn Romy Madley fragt: »Do you feel it, can I feel it, can you feel it?« Muss die Antwort wiederum lauten: Nö. Eigentlich eher nicht so. Tut mir leid.
Text stefan niederwieser
Text yannick gotthardt
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Interview: Jamie XX
Der bescheidene Fädenzieher Jamie XX hat »Coexist« perfekt produziert, kein Klangdetail, keine Nuance geht verloren. Wir haben den Soundarchitekt von The XX interviewt. The XX waren eines der Highlights auf dem diesjährigen FM4 Frequency Festival. Hatte man schon im Vorhinein das Vergnügen mit Producer Jamie Smith aka Jamie XX, sagt sich dies noch leichter. Warum die Band Main-Slots auf Festivals ablehnt, Remixes der Entspannung dienen und das mit dem Hype so eine Sache ist, erklärte er ganz in Schwarz im klimatisierten Tourbus. Was war am Aufnahmeprozess diesmal anders als beim ersten Album? jamie xx: Wir waren dieses Mal vollkommen auf uns alleine gestellt. Obwohl wir auch beim ersten Album schon relativ unabhängig waren, hatten wir einen Tontechniker und nahmen in den Büros des Labels auf. Es waren also dauernd jede Menge Leute da, die unsere Musik gehört haben. Dieses Mal habe ich ein Apartment gefunden, ein paar Lautsprecher hineingestellt, Vorhänge aufgehängt und da sind wir schließlich sechs Monate geblieben. Das neue Album scheint sehr gut produziert, und obwohl es immer noch diese für The XX charakteristische unaufdringliche Sexiness hat, kommt es mir ein Stück selbstbewusster vor. Wir waren auf jeden Fall selbstbewusster, was die technische Seite und die Instrumente angeht. Auch war unser musikalisches Wissen viel breiter gefächert. Während beim ersten Album noch jeder in seiner eigenen musikalischen Welt lebte und wir lediglich ein paar Knotenpunkte hatten, war das bei »Coexist« viel gemeinschaftlicher. Auch generell als Personen sind wir erwachsen geworden, denke ich. Wir waren 18, als wir angefangen haben, das erste Album zu schreiben und nun sind wir 23 und halten unser Leben nicht mehr getrennt von der Musik – es ist nicht mehr, was wir machen, sondern alles, was wir sind. Denkst du, dass dieses introvertierte Image einen Teil des Hypes um The XX ausmacht? Ich denke, dass wir nicht unbedingt gegen dieses Image arbeiten. Wir tragen immer Schwarz, sehen auf Fotos mürrisch aus. Dieses Mal versuchen wir aber ein bisschen mehr von unserer Persönlichkeit zu zeigen, da wir das Gefühl haben, mehr Kontrolle über das, was passiert, zu haben und wir mittlerweile besser Bescheid wissen, was wir tun. Anstatt von Backsteinmauern wählen wir beispielsweise nun schönere Kulissen für Pressefotos und versuchen, uns auch sonst etwas von dieser düsteren Seite zu distanzieren. Immerhin gibt es auf diesem Album neben den dunklen auch helle Momente. The XX war wohl die erste Band, die diesen eigenwilligen Sound aus MPC, klassischen Instrumenten und puren Vocals geprägt hat. Was steckt dahinter? Naja, ich habe zu meinem 18. Geburtstag einen MPC bekommen
und wollte damit spielen. Ich wusste nicht wirklich, wie man ihn verwendet, da ich ihn nur im Zusammenhang mit HipHop-Produktionen kannte. Eigentlich weiß ich immer noch nicht, wie man ihn verwendet. Ich habe also irgendwann angefangen, etwas aufzunehmen und ihn zu Rehearsals mitgenommen, weil ich etwas damit machen wollte. Als wir schließlich angefangen haben, gemeinsam zu spielen, habe ich den beiden bloß Beats auf CD zusammengestellt, weil ich nicht auf der Bühne stehen wollte und ohnehin nicht wusste, wie das alles live funktionieren sollte. Bald aber ging auch das. Du produzierst als Soloartist unter anderem auch jede Menge Remixes. Was ist so interessant daran, einen Song zu remixen? Zum Teil mache ich das, weil mein eigenes und das The XX-Material soviel Zeit in Anspruch nimmt und Remixes eine nette Entspannung darstellen. Man ist nicht zu sehr involviert und es ist auch nicht so wichtig wie die eigenen Tracks. Es ist eine gute Möglichkeit, schnell Musik zu machen. Ich mochte Remixes auch schon, bevor ich selbst Musik gemacht habe. Ich denke, es ist die Idee, dass ein Track von jemandem anders interpretiert wird, die ich amüsant finde. Zum Schluss – welche Bedeutung misst du der Musik von The XX und generell der MPC-Instrumente-Vocals-Kombination in Zukunft bei? In unserer eigenen Umgebung wird sich alles ganz natürlich entwickeln. Wahrscheinlich wird unsere Musik sehr ähnlich bleiben. Das ist auch gut so, denn ich denke, wir haben einen Sound mit großem Wiedererkennungswert gefunden. Wir können immer wieder verschiedenste Dinge einarbeiten und es wird trotzdem noch nach uns klingen. Was die Umwelt betrifft – ich habe mir sagen lassen, dass es mittlerweile Bands gibt, die sich von uns beeinflussen lassen, aber wir haben das gar nicht mitbekommen. Wir stecken eben sehr tief in unserer eigenen kleinen Welt. Wir wollen gar nicht zu viel von anderen übernehmen.
interview nicole schöndorfer bild jamie-james medina
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/SLASH FILMFESTIVAL — »Excision« – Pubertät und Body-Horror
Abarten des Heranwachsens 036 Wenn das hässliche Entlein am Ende des Tages gar nicht Ballkönigin werden will, sondern sich dem Sezierbesteck hingibt – »Excision« verbindet Coming-Of-Age-Motive wie Pubertät und Erwachsenwerden mit subtilem Psychodrama und Körperhorror.
Text jan hestmann Bild BXR Productions
Grellblaue Fliesen. Deformierte Körper. Ein dunkelroter Schwall bricht aus dem Mund heraus. Paulines Fantasien und Träume wirken kalt und steril. Blut ist das immer wiederkehrende Element, das Zentrum der Begierde. Die Vorstadt, in der sich das eigentliche Leben der Protagonistin abspielt, sprüht hingegen überwältigende Melancholie aus. Etwa wie jene Kleinstadt in Virginia, wo der junge Donnie zum ersten Mal auf die dunkle Hasenfratze Frank trifft, die ihm das Ende der Welt prophezeit. Wie »Donnie Darko« (2001) ist auch Richard Bates Jr.’s Schocker »Excision« (2012) ein Regiedebüt. Und wieder ist es dieses spezielle Umfeld, das Phänomen der schlafenden Vorstadt, in der sich jene Ereignisse langsam wie Wellen aufbäumen können, bevor alles zusammenbricht. Nur die pedantisch gestutzten Hecken lassen auf Leben schließen, bieder und provinziell. Es sind Stille und Fremdartigkeit im eigenen Zuhause, die den Horror ausmachen. Bloß das unaufhörlich schnurspringende Mädchen in Paulines Straße. Ein toter Vogel auf dem Asphalt. Für Pauline ist die Stille Gelegenheit, um in sich hineinzuhören. Was sich vorerst nur in ihrem Kopf abspielt, geht schließlich auch ins Fleischliche über. Sie verfällt ihrer Obsession, der Chirurgie.
Blutreife »Excision« bedient sich bekannter Motive aus dem Coming-ofAge-Genre. Schon seit dem Bildungsroman, der seinen Ursprung im Deutschland des 18. Jahrhunderts hat, können wir dabei die Entwicklung eines jungen Protagonisten, etwa Goethes Wilhelm Meister, zum Erwachsenen hin miterleben. »Excision« bedient sich dabei einer düsteren Atmosphäre, ähnlich wie »Donnie Darko«. Coming-of-AgeMotive mit Horrorelementen zu verbinden ist dabei keineswegs neu: »A Clockwork Orange« (1971) oder »Carrie« (1979), jeweils auf Romanvorlagen basierend, haben schon bewiesen, dass diese Kreuzung auch für den Film bestens geeignet ist. Eine zeitgemäß aufpolierte Version von Carrie ist die gescheiterte Ballkönigin Lola aus »The Loved Ones« (2009), die ihrem Date mit Vergnügen ein Loch in die Schädeldecke
bohrt, um dann kochendes Wasser durch die Öffnung zu gießen. Der grassierende Torture Porn-Einfluss ist hier sichtbarer als die Comingof-Age-Ursprünge. Ganz anders »Excision«, das vom Grundgerüst Sozialdrama ist. Eine Auseinandersetzung mit dem weiblichen Geschlecht stellt persönliche Entfaltung in den Mittelpunkt, auch der Weg zur sexuellen Reife ist ein wichtiger Bestandteil. Im Gegensatz zu TeenieKomödien à la »American Pie« wird der Kampf mit den Hormonen fortan zugespitzt und ins Abnorme getrieben. Spätestens dann, wenn literweise Menstruationsblut oder Tiereingeweide Pauline in einen Blutrausch versetzen. Mit Identifikationsfiguren wird nach und nach bewusst gebrochen, bemerkenswerterweise bleibt eine etwas befremdliche Sympathie für die Protagonistin aber bis zuletzt bestehen.
Entfaltung statt Glamour Pauline würde sich als klassisches hässliches Entlein (Anna Lynne McCord brilliert) eignen, das nach bekannten Formeln am Abend des Abschlussballs plötzlich als wunderschöne Ballprinzessin die Treppe hinuntersteigt. Dann wäre die Eingliederung in die Teenie-Elite geschafft. Doch woran Carrie wie Lola zerbrechen, spielt für sie erst gar keine Rolle. Zwar ist auch Pauline konfrontiert mit Schönheitsidealen und Benimmregeln – letztere werden von ihrer kontrollwütigen wie bibelfesten Mutter (Tracy Lords) forciert. Doch Pauline steht dem emanzipiert gegenüber, leidige Rollenbilder werden konsequent aufgebrochen. In »Excision« gibt es keine oberflächliche Verwandlung. Der Film legt gänzlich andere Parameter. Starke Ideale und Individualität stehen im Vordergrund, was dem Regiedebüt von Bates Jr. eine enorme Sogkraft verleiht. Für Pauline gibt es nur ihr Sezierbesteck und den entscheidenden Schnitt. Das 3. /Slash Filmfestival findet von 20.–30. September im Wiener Filmcasino statt. »Excision« läuft am 24.9. um 20.30 Uhr.
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Michael Haneke (links) am Set mit seinen grandiosen Schauspielern Emanuelle Rive und Jean-Louis Trintignant. Autorenkino wie es kaum besser geht.
erlend — Michael Haneke schreckt sein Bürgertum mit Altenpflege auf
Inkontinente Bourgeoisie 037 Raus aus der Klasse, rein in die Masse – »Amour« macht den brutalen Michael Haneke zum lebensnahen Stichwortgeber. Sein Liebesdrama verhandelt die Vergänglichkeit der Gesellschaft bei ihrer Altenpflege.
Pflegefall Publikum »Amour« handelt von dem gealterten bürgerlich-intellektuellen Ehepaar Anne (außerordentlich: Emmanuelle Riva) und Georges (nicht minder beeindruckend: Jean-Louis Trintignant) und ihrer großzügigen Pariser Altbauwohnung. Ein Schlaganfall lässt die Routine ihrer Ehe implodieren, als Anne beginnt apathisch zu werden und ihr gut 80-jähriger Körper sie zunehmend lähmt. Ihren Gatten Georges macht das fortan zur notwendigen Pflegekraft. Seine zittrigen, etwa gleichalten Hände helfen ihr bei allem, was bis dahin ihr eigenverantwortlicher Alltag war – beim Gang zur Toilette, Waschen, Essen, Trinken, Ankleiden, Gehen, Lesen und schließlich auch beim Sterben. Für Haneke ist ein Film bekanntermaßen kein Refugium der Harmlosigkeiten. So auch dann nicht, wenn es darum geht, die Folgen eines Schlaganfalls schonungslos zu thematisieren. In akribischen Bildern zeigt sein neuestes Werk die ernüchternde Wirklichkeit der Pflegearbeit. Er zeigt die unerbittliche Fürsorge eines Ehemanns, der den Verfall seiner Frau bis zu ihrem Tod begleitet. Die Emotionen, Bedürfnisse, Notwendigkeiten, Entbehrungen und Überforderungen, die der Film dokumentiert, funktionieren ebenso als Folie für die alternde Allgemeinheit. In einer der ersten Szenen des Films sehen wir Anne und Georges inmitten eines Konzertpublikums sitzen. Erst nach einer Weile sind sie als die Protagonisten erkennbar. Haneke etabliert
seine Hauptfiguren mit fast schon übertrieben cineastischem Gestus. Gleichzeitig macht er damit die beiden Senioren als austauschbaren und selbstverständlichen Teil einer Masse lesbar. In der Mitte der Gesellschaft wartet die Vergänglichkeit, während das Publikum im Kino auf ein Publikum im Film blickt und wartet.
Verhinderte Liebe Später wird ein Rollstuhl in die Wohnung der beiden einziehen und eine neue Etappe des Ablebens markieren. Die Krankheit fordert und verhindert. Haneke konfrontiert uns mit der Radikalität, die einer aufrichtigen Liebe von Alterschwäche und Plegebedarf abverlangt werden. An den Tod führt er dennoch sensibel heran; ohne blankes Grauen, ohne große Abstraktion, aber mit nachvollziehbaren Ängsten dahinsiechender Menschen und ihren Angehörigen (Isabelle Huppert als bemühte Tochter). Abermals fordert der österreichische Auteur das Selbstwertgefühl seiner Figuren heraus. Doch hier verzichtet er auf den zwischenmenschlichen Horror, unter dem seine Figuren für gewöhnlich zusammenbrechen. »Amour« drängt auf die Frage nach der Haltbarkeit der Menschenwürde und trotzt der titelgebenden Liebe mit einer fesselnden Bestandsaufnahme. Ohne prätentiös zu werden, schreckt er sein Publikum vielmehr mit der Wucht eines gesamtgesellschaftlichen Problems auf. Aus der Enge eines bedrohlichen Kammerstücks heraus macht er das Thema Altenpflege und eine ernsthafte Debatte darum unvermeidlich für eine Öffentlichkeit, die über die Grenzen der Bourgeoisie weit hinausreicht. Anne und Georges werden zunehmend immobiler und isolierter. Die geräumige Behausung des Ehepaars sperrt sie schließlich eben dort ein. Es gibt kein Entrinnen aus dem pittoresken Altbau, nur Hingabe. Genauso wenig führt ein Weg an einem Diskurs um Alterspflege und Verbindlichkeiten zwischen den Generationen einer Gesellschaft vorbei. Das Ende ist unvermeidlich. »Amour« (»Liebe«) von Michael Haneke startet via Filmladen am 21. September in den österreichischen Kinos.
Text klaus buchholz Bild Filmladen / Denis Manin
In den eigenen Exkrementen aufwachen zu müssen, ist nicht gerade das, was sich die Gesellschaft von einem Leben in der Pension wünscht. Unabhängig vom eigenen Klassenbewusstsein ist Inkontinenz im hohen Alter nirgends standesgemäß und gleichzeitig überall Realität. Mit dem älter werden kommt der körperliche Verfall und der kann sich unter anderem in Windeln ablagern. 2012 bestimmen Schlagworte wie der demographische Wandel nicht mehr nur gesundheitspolitische Debatten, sondern nun auch ganz offiziell die Feuilletons und ihr zeitgenössisches Arthouse-Kino. Grund dafür ist der österreichische Regisseur Michael Haneke.
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sierra zulu — Crowd Funding im österreichischen Film
Die Crowd auf Knopfdruck 038 aktivieren
Text Gunnar Landsgesell Bild monochrom
Arash T. Riahi geht mit seiner Produktionsfirma Golden Girls neue Wege. Erstmals konnte in Österreich für ein Filmprojekt eine relevante Summe über Crowd Funding aufgebracht werden. Es gab in Österreich bislang keine nennenswerte Erfolge, Projekte über Crowd Funding anzustoßen. Was hat euch dazu bewogen, für eure Satire »Sierra Zulu« diesen Weg zu gehen? arash t. riahi: Wir erhielten vor zwei Jahren eine Projektentwicklungsförderung. Wir haben dann ein 330 Seiten starkes Buch eingereicht, mit Zusagen von Robert Picardo (»Star Trek Voyager«), Amber Benson (»Buffy«), Jello Biafra (Sänger der Dead Kennedys), Joi Ito (MIT Media Lab), Steve Wozniak (Mitbegründer von Apple Computers) bis hin zu Martin Gschlacht für die Kamera, Hanekes Ausstatter Christoph Kantor und Hans Wagner. Die Förderstellen haben aber schließlich die Herstellungsförderung abgelehnt. Für ein Regie-Debüt, es geht um Johannes Grenzfurthner, waren ihnen 2,8 Mio. Euro zu viel. Interessanterweise waren aber die Begründungen der Ablehnungen ganz unterschiedlich. Wir haben nun erneut eingereicht und die Entscheidung wird im Oktober fallen. Zeichen setzen heißt, selbst Fundraising zu betreiben? Was verspricht Kickstarter? Johannes tourte durch die USA, war bei mehreren Conventions und warb für unser Projekt. Wir begannen auf Kickstarter mit 50.000 Dollar und konnten das Ziel tatsächlich erreichen. Über 400 Leute haben das Projekt unterstützt. Die Plattform ist groß und bekannt, das erleichtert die Sache. Wenn es »alles oder nichts« heißt, kann das von Vorteil sein. Der Nachteil ist, dass beim Verfehlen des Zieles das gesamte Geld weg ist.
Warum nicht fünf mal 10.000 Dollar als Ziel setzen und Risiko minimieren? Das ginge, aber wer sich unsere Kampagne ansieht, wird erkennen, welch immenser Aufwand dahinter steht. Zudem: Eine Kampagne mit 10.000 Euro für ein Budget von 2,5 Mio. Euro wäre fast schon lächerlich. Wir bunkern jetzt erstmal das Geld und informieren die Förderung darüber, dass es offenbar Interesse gibt. Auch die Presse, die man über so ein Projekt erhält, ist ein Vorteil. Nicht nur Internet- und Geek-Magazine, sondern auch Salzburger Nachrichten, Der Standard oder die französische Liberation haben darüber berichtet. Wir bekommen auch schon diverse Anfragen von internationalen Schauspielern und Agenturen. Was erwarten sich die Leute im Gegenzug? Man kann z.B. namentlich im Nachspann aufscheinen oder ein Foto von sich in den Film reinschmuggeln. Zum Beispiel auf einem der sowjetischen Poster an der Wand eines Museums. Man kann auch ein Frame des Filmes kaufen oder auch eine Kleinrolle im Film bekommen. Den Fans vermittelt das ein Gefühl, dass der Film ein bisschen auch ihr Baby ist. Beim Crowd-Funding-Vorzeigefilm »Iron Sky« wurden rund 500.000 Dollar über Crowd Funding plus 400.000 über Crowd Investing, also rund zehn Prozent des Budgets, so organisiert. Die Leute wurden massiv in die Produktion einbezogen, sie erstellten etwa Design-Vorschläge für Nazi-Uniformen. Der so kreierte Hype hielt das Projekt über Jahre im Netz präsent. Wie geht es nun mit »Sierra Zulu« weiter? Falls die österreichische Förderzusage kommt, wird unser deutscher Koproduzent Flying Moon in Deutschland ebenfalls einreichen. Falls alles gut geht, drehen wir im kommenden Frühling / Sommer. Es geht hier um ein neues Modell, mit dem sich zu Beginn und grundsätzlich im Marketing – schon während der Produktion – etwas bewegen lässt. »Schwarzkopf«, die HipHop-Doku meines Bruders Arman, hatte 10.000 Facebook-Fans, jetzt sind es 22.000. Beim DVD-Release konnten wir die Leute sofort erreichen. »Schwarzkopf« war mehrere Wochen lang Nummer 1 in den deutschen Amazon-Doku-Charts. Aber auch im Kino zeigte sich mit 8.000 Besuchern in Österreich, dass auf diese Weise Publikum für einen Spartenfilm ins Kino geholt werden konnte, das sich normalerweise Filme nur mehr im Netz ansieht. Denn vor dem Kinostart hatten einige Leute geschrieben: Wie schaut es aus, wann kann ich den Film auf kino.to sehen?
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Foto: Haight-Ashbury
Haight-Ashbury Live
Weiters Franz Pomassl, Moddi, The Kominas, Haight-Ashbury, Die Türen, Lexxus Légal, Awesome Tapes From Africa, Mary Ocher, Stéphane Bérard, Fun-Da-Mental, Reverend Billy & The Stop Shopping Choir
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Text Rainer Sigl Bild Josh Taylor, Mirror’s Edge, © EA / DICE — James Pollock, Skyrim, © Bethesda — Duncan Harris, Crysis 2, © Crytek
In-Game-Fotografie — Ein künstlerischer Blick auf Spielewelten
Was, wenn man Fotos macht, aber die Kamera nicht auf die Welt da draußen hält, sondern virtuelle Welten aus Videospielen in Bildern einfängt? Dann entsteht eine neue Kunstform.
Klare Linien, abstrakte Formen, originelle Blickwinkel: Fotografie ist im Zeitalter von Flickr und Handykameras allgegenwärtig. Wie überall kommt mit der Masse aber auch das Mittelmaß: Dass Fotografie mitunter eine hohe Kunst ist, geht in der aktuellen Flut der Bilder, die wir täglich konsumieren, fast etwas unter. Doch Fotografen, die ein Auge für Motive und Bildkomposition haben und das Bild als kreativen Ausdruck mit Anspruch an Ästhetik und Aussage sehen, finden überall Material – auch in den virtuellen Welten aktueller Videospiele. Open-World-Titel wie die »GTA«-Reihe oder »Skyrim« bieten quadratkilometergroße Spielplätze für die Fotosafari, Sandbox-Welten wie »Second Life« oder »Garry’s Mod« lassen sich frei umgestalten und Rennspiele wie die »Forza«-Reihe bieten praktischerweise standardmäßig eine Reihe von Screenshot-Optionen, die den Funktionen einer echten Kamera sehr nahe kommen. Doch es geht auch ohne diesen Komfort: Josh Taylor (notrl.tumblr.com) etwa schwört auf unbearbeitete Screenshots, die per Zusatzprogramm wie »Fraps« oder durch die »Drucken«Taste am PC-Keyboard erstellt werden, während James Pollock (virtualgeographic.tumblr.com) seine Bilder auch mal per Digitalkamera vom Fernsehbildschirm schießt oder durch Filter nachbearbeitet. Die Ergebnisse sind im besten Fall virtuelle Architekturfotografie, bei der zwar künstliche, von Gamedesignern gestaltete Objekte abgebildet werden, für die aber zugleich der subjektive Blickwinkel des jeweiligen Fotografen entscheidend ist. Klar: Die Avantgarde der Medienkunst experimentiert schon seit über zehn Jahren mit Bildern aus Games, allerdings spielte da stets die Betonung der Medienhaftigkeit die Hauptrolle. Die aktuellen InGame-Fotografen hingegen nutzen die virtuellen Welten selbstverständlich als regulären Bewegungs- und Lebensraum, in dem dann auch wie im echten Leben fotografiert wird. Die Maßstäbe, die sie an die Bilder aus der Welt hinter dem Bildschirm anlegen, sind deshalb auch jene der Fotografie und nur implizit jene der Medienkunst.
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Geschmeichelte Industrie Die Games-Branche fühlt sich geschmeichelt und gesteht den In-Game-Fotografen sogar abseits des ansonsten so strengen Copyrights kreativen Mehrwert zu: »Die Publisher und Entwickler behalten die Rechte an ihren Werken. Die Schöpfer von In-GameFotografien können aber ebenfalls Rechte an den von ihn erstellten Bildern haben, soweit diese eine eigene Gestaltungskraft und eine bestimmte Schöpfungshöhe aufweisen«, betont Martin Lorber, deutscher Pressesprecher des Branchenriesen Electronic Arts, die künstlerische Eigenleistung der jungen Nischenkunst. Kommerziell verwertet aber ohnedies noch keiner der In-Game-Fotografen seine Schnappschüsse. Auf eigenen Blogs oder Flickr präsentieren sie ihre Bilder der Öffentlichkeit und sehen sie, wie Duncan Harris, britischer Games-Journalist und als Betreiber der Seite deadendthrills.com einer der Gründerväter der In-Game-Fotoszene, vor allem als Hommage an die aufwendig gestalteten Spielewelten. Für den Betrachter sind diese rechtlichen Hintergrundfragen aber egal: Gute Fotografie ist gute Fotografie -und die Grenze zwischen Realität und Virtuellem einmal mehr durchlässig. Rainer Sigl schreibt in seinem Blog videogametourism.at regelmäßig unter anderem über neue, gelungene Beispiele der In-Game-Fotografie. 041
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Özlem Sulak — Künstlerische Heimat- und Kinderbüchergeschichten
Home is where … where is it?
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Text Denise Sumi Bild Özlem Sulak
Die kommunistische Version von »Der Zauberer von Oz« und persönliche Blicke auf die deutsch-türkische Geschichte machen neugierig. Was ist wohl hinter der Tür verborgen? Was steht bloß in den verbotenen Büchern drin? Im Tresor des Bank Austria Kunstforums werden ab 19. September Arbeiten der türkischen Künstlerin Özlem Sulak gezeigt. Da steht nun eine Tür mitten im Ausstellungsraum. Diese könnte der Beginn einer poetisch, fiktiven Alltagserzählung sein. Sie ist sprichwörtlich aus den Angeln gehoben. Die Tür wird das Totem für eine Station die man durchschreitet, eine Passage im Leben. Sie steht symbolhaft im Ausstellungsraum, wie ein Ort, den man betritt und wieder verlässt. In ihren Videoarbeiten und Installationen spürt die Künstlerin Özlem Sulak (geb. 1979 in Kayseri / Türkei) Stationen und Wege einzelner Menschen nach. Das innen und das außen, das eine Tür trennt, verweist dabei auf den privaten und den öffentlichen Raum. Drinnen: ein Zuhause, das Innere einer Familie oder der private Rückzug. Im Gegensatz dazu: Die öffentlichen Plätze, das Draußen, ja sogar die gesamte politische und öffentliche Gemeinschaft. Auf diesen zwei Ebenen, dem Privaten und dem Öffentlichen, agieren Sulaks Arbeiten. Sulak könnte als Migrationskünstlerin gelten. Die Geschichte ihrer Familie ist geprägt durch den türkischen Militärputsch von 1980 und die darauffolgende Migrationswelle. Ungefähr 60.000 Türken flohen, viele von ihnen nach Deutschland. Historisches bildet oft den Ausgangspunkt der politischen und persönlichen Arbeiten der jungen Künstlerin. Sie lässt Zeitzeugen und Familienmitglieder über alltägliche, lebensnahe Dinge, Erinnerungen, Zweifel, Sehnsüchte vor der Kamera erzählen, lachen und gestikulieren. In ihrem Video »September 12« geben unterschiedliche Zeitzeugen ihre »widersprüchlichen Erinnerungsbilder« an das historische Datum des 12. Septembers 1980 wieder, dem Tag des Putsches durch die Militärjunta. Doch war es Reform, Revolution, oder Putsch? Die differenzierten Blicke
und Wahrnehmungen der Einzelnen im Video schaffen ein heterogenes Geschichtsbild. Dabei bleibt es aber nicht bei einem bloßen dokumentarischen Blick der Zeitzeugen und Migrierten. Heimat und Fremde, Sprache und »Fremd«-Sprache, Erinnerung und Geschichte sind im Werk Sulaks existenzielle Dinge. Sie prägen uns alle. Was die individuelle, nationale und kulturelle Identität formt, das interessiert die Künstlerin. Wie wirken Zensuren oder historische Ereignisse auf die Geschichten des Einzelnen? In den Kinderzimmern der DDR wurde den Kindern das russische Pendant zu »Der Zauberer von Oz« vorgelesen: Eine Frau sitzt an einem Tisch. Der Ausschnitt zeigt, wie sie das Buch »Der Zauberer der Smaragdstadt« in eine transparente Folie einfaltet. Auf dem zweiten Screen der 2-Kanal-Videoinstallation sieht man einen Mann. Auch er sitzt an einem Tisch und faltet das Kinderbuch »Timm Thaler – das verlorene Lachen« – diesmal in ein intransparentes Packpapier. Das Buch war verboten. Die Künstlerin schafft es mit einer ästhetisch einfachen und einprägsamen Bildsprache, komplexe Themen in ihrer Vielschichtigkeit dem Betrachter näher zu bringen. Das Band, das sie mit den aus dem Leben gegriffenen Geschichten webt, schafft dabei eine emotionale Nähe zum Betrachter. So direkt vermag das immer noch nur das Medium Video in der zeitgenössischen Kunst. Die Ausstellung in Wien wird den Fokus auf Sprache als identitätsstiftendes Mittel legen – auf das babylonische Sprachgewirr in seiner globalisierten Aktualität. Die Ausstellung »Özlem Sulak« wird am 18. September 2012 mit Beats und Party eröffnet. Sie ist bis 18. November 2012 im Tresor im Bank Austria Kunstforum bei freiem Eintritt zu besichtigen.
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k o o p e r a t i o n
Ein Netzwerk der nächsten Generation Das Austrian Talent Network soll ein Talentepool für Kreative mit Migrationshintergrund werden. Gemeinsam mit Monopol schreibt ATN ein Praktikum bei uns im Haus aus. Wir haben Mitgründer Geronimo-Noah Hirschal zum Interview gebeten. Ihr wollt mit ATN Kreative mit Migrationshintergrund mit der heimischen Branche vernetzen. Wie waren eure Erfahrungen bevor ihr mit ATN begonnen habt? Ich selbst arbeite in einer Werbeagentur wo die Geschäftsführung aus einer Osttirolerin und einem Indonesier besteht. Bei uns wird großer Wert darauf gelegt, dass das Team mulitkulturell ist, weil dadurch die Ideenvielfalt in der Kreation und ein spannendes Arbeitsumfeld in der Agentur gefördert wird. Außerdem studiere ich Politische Kommunikation und beschäftige mich mit dem Thema der politischen und gesellschaftlichen Integration und Partizipation. Sammy Zayed, mit dem ich die Grundidee zu diesem Projekt hatte, hat selbst ägyptische Wurzeln und weiß aus eigener Erfahrung, dass man sich als vermeintlich Fremder mindestens doppelt so stark anstrengen muss, um genauso erfolgreich wie ein Einheimischer zu sein. Daraufhin haben wir mangelnde Netzwerke als einen erschwerenden Faktor ausmachen können. Wer niemanden kennt, kommt auch nicht weiter – speziell in den Kreativbranchen, wo die Persönlichkeit oft ebenso wichtig ist wie Qualifikationen. Treffen sich hier in gewisser Weise zwei Nischen? Nicht nur Menschen mit Migrationshintergrund, auch die Creative Industries scheinen noch nicht in der »Mitte der österreichischen Gesellschaft« angekommen zu sein? Da muss man differenzieren. Auf der einen Seite reden
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wir von jungen Menschen, die durch eine strukturelle Diskriminierung – oftmals gepaart mit einem traditionellen Werte-Background, der den Weg in ein kreatives Arbeitsfeld versperrt – ausgeschlossen sind. Bei den Menschen, die unsere Zielgruppe sind, geht es darum, dass wir ihnen anhand von Rolemodels Geschichten erzählen und damit gewisse Barrieren im Kopf abbauen. Gleichzeitig versuchen wir den Menschen, die schon auf dem Weg in die Creative Industries sind, einen Kickstart zu geben. Die Frage nach der Mitte der Gesellschaft ist noch viel komplexer. Ich bin überzeugt davon, dass die Creative Industries in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind. Kunst- und Kulturförderung mit der Förderung von gesellschaftlichen Randgruppen in einen Topf zu werfen, halte ich für gefährlich. Welchen zeitlichen Horizont hat ATN und welche Ziele habt ihr euch bis dahin gesteckt? Wir haben uns im Pilotjahr hohe Ziele gesteckt. Wie wollen mindestens 20 Personen, die Hälfte davon männlich, vermitteln und dabei das Projekt in den EthnoCommunities und darüber hinaus medial bekannt machen. Wir bauen stetig den Pool unserer Talent-Botschafter aus, halten Stammtische ab und machen das Thema publik. Die Materie ist dermaßen vielfältig und spannend, sodass sich ständig neue Kooperationen und mögliche Spin-Offs auftun. Ich möchte den Platz hier auch nutzen, um Unternehmer dazu aufzurufen, sich unsere Website anzusehen und ins Netzwerk einzusteigen. Es gibt noch viel zu tun …
Monopol und ATN suchen GEMEINSAM: Praktikant (Grafik / Produktion /Design)
Ab Oktober oder November 2012, für mindestens 2 Monate. Zu tun: Printlayout, Webdesign, Anzeigen, Werbemittel für Eigenmarken und Kundenprojekte. Du kannst: Die Adobe Creative Suite (Photoshop, InDesign, …)
Kontaktaufnahme und weitere Infos:
austriantalent.net
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In »Good People, Great Nation« werden die Abbilder nationaler Identität auf luxuriösen Seiten präsentiert. Bilder von Putin und Obama, die jeweils mit Hund posieren, wechseln sich mit komplexen Infografiken und hochwertigen Texten.
Nation Design — Logos, Flaggen und Klischees
Im Schatten von Miró 044
Text peter stuiber Bild Christian Rau, Lukas Weber
Wo Nation Branding entsteht, kann der Designer nicht weit sein. Christian Rau und Lukas Weber, zwei junge deutsche Grafikdesigner, haben sich intensiv mit dem Thema »Nation Image« auseinandergesetzt.
Mit welchen Abbildern von Nationen haben Sie sich beschäftigt? lukas weber: Wir haben die drei bekanntesten grafischen Darstellungsformen von Nationen untersucht: Hoheitszeichen bzw. Wappen, Landesflagge und Tourismusmarke. Alle drei Bildzeichen verfolgen einen unterschiedlichen Anspruch. Hoheitszeichen und Wappen sieht man in einem eher politischen und staatlichen Umfeld, auf behördlichen Dokumenten, Reisepässen etc. Landesflaggen sind eher neutral und die Tourismusmarken verfolgen meist einen werblichen Zweck. Teil unserer Untersuchung waren auch die Darstellungen der Länder im politischen Umfeld, mit deren politischen Repräsentanten bei Großveranstaltungen wie G20 und G8-Gipfel, Olympische Spiele oder Weltmeisterschaften. Der richtige Titel für die Untersuchung wäre eher die visuelle Aufarbeitung von Nation Image anstelle von Nation Branding. Nation Branding ist zumeist ein marketing-strategischer Prozess – mit dem Ergebnis Tourismusmarke bzw. Tourismuslogo, einem dazugehörigen Claim, passender Bildwelt. Welches Land hatte denn das erste relevante »Nation Image«? lukas weber: Spanien. Man hat mit Joan Miró einen bedeutenden spanischen Künstler mit der Gestaltung des Logos beauftragt, der die Charakteristik und Tonalität des Landes sehr gut in ein Bildzeichen übersetzen konnte. Natürlich waren auch die zeitlichen Begleitumstände bei der Einführung sehr förderlich – 1992 fanden in Barcelona die Olympischen Spiele und in Sevilla die Weltausstellung statt. In
Kombination mit der Begeisterung und Identifikation der Bevölkerung haben viele dieser Faktoren es geschafft, ein bis dahin nicht sehr rühmliches Bild ins Positive umzukehren. Von diesem Imagewechsel profitiert Spanien nach wie vor und wirbt seit nunmehr 20 Jahren mit Mirós Bildzeichen. Das schafft ein authentisches Bild des Landes, Glaubwürdigkeit in der Welt, Begeisterung und Wertschätzung. Das Bild des Landes stimmt, abgesehen von der Wirtschaftskrise, inhaltlich und formal überein. Genau dies ist auch der Schlüssel zum Erfolg. Gibt es neuere Beispiele, die besonders gelungen sind? lukas weber: Ein recht aktuelles Beispiel ist der Markenauftritt von Peru. Hierbei setzt sich das »P« des Schriftzuges im Logo aus einer Spiralform zusammen, einem grafischen Motiv, das sich in vielen Kulturen Perus wiederfindet und sinnbildlich für Evolution, Veränderung und Transformation steht. Die Wortmarke selbst ist handschriftlicher Natur. Insgesamt ist es ein sehr simples, einprägsames und äußerst positives Zeichen, was sehr gut in die Schnittstelle zwischen abstrakter und konkreter Bildhaftigkeit trifft. Doch es gibt auch viele Nationen, die auf Klischees setzen, oder es klafft ein Loch zwischen Realität und Brand? lukas weber: Es gibt in vielen Fällen gute Ansätze, die dann aber scheitern. Als Negativbeispiele fallen mir konkret die Kampagnen einiger afrikanischer Staaten wie Uganda, Simbabwe oder Nigeria ein. Da wird den Leuten irgendwas von »Gifted by nature«, »World of wonders«, »Good people, great nation« oder sonstiger Schwachsinn erzählt. Es ist bekannt, dass die Hauptattribute dieser Länder Armut, Hunger, Arbeitslosigkeit, Energieknappheit und menschenunwürdi-
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Logos sind die simpelste Form um Länderimages zu transportieren. Erstaunlicherweise sehen sie gar nicht mal so unterschiedlich aus. Vielleicht sind sie folglich nicht die beste Form dafür.
ge Lebensbedingungen sind. An diesem Punkt sollte man sich auch fragen, ob das Geld, das man für Werbekampagnen verpulvert, an anderer Stelle nicht besser angelegt wäre. Als formale Negativbeispiele fallen einem die ganzen mediterran anmutenden Spanien-Klone ins Auge wie z. B. Albanien, Bulgarien, Kroatien, Malta, Zypern. Wie sieht es eigentlich mit den historischen Vorläufern von Nation Branding aus? lukas weber: Es gibt vergleichbare Nationeninszenierungen in der Geschichte. Als Beispiel könnte man Frankreich nennen, das sich quasi mit jeder Republik neu erfunden bzw. neu inszeniert hat. Jeder Regimewechsel brachte neue Symbole mit sich und jeder Autokrat – ob es Napoleon oder ein anderer war – hatte ein exzellentes Gespür und klares Verständnis dafür, welche Strahlkraft Zeichen und politische Symbole haben und wie diese Bilder ein Volk beeinflussen und mitreißen können – im positiven, wie auch im negativen Sinne, siehe Swastika und Nationalsozialismus. Was mit den meisten neuzeitlichen und kurzlebigen Tourismusmarken erreicht wird, ist absurderweise genau das Gegenteil, da viele Zeichen inhaltslos und uniform daherkommen. Muss die grafische Umsetzung eigentlich zwangsläufig mit den Nationalfarben oder mit Klischees arbeiten? lukas weber: Mit einem Klischee bzw. einem landestypischen Bild zu arbeiten, macht die Sache konkreter und einprägsamer. Das ist wichtig, um Länder einzuordnen, verstehen und voneinander zu differenzieren zu können. Allerdings sollte man immer wieder überprüfen, inwieweit Stereotypen mit den Interessen des Landes einhergehen. Sich gänzlich von einer bestehenden, teils über Jahrhunderte gefestigten Bild- und Farbwelt zu lösen, ist wahrscheinlich nicht möglich. Die Landesfarben sind ein guter Startpunkt für die Ausgestaltung einer Nation. Wenn man die Tourismusmarken der Länder gegenüberstellt, fällt auch schnell auf, dass sie zum Großteil sehr farbenfroh und eher bildhaft daherkommen, als dass sie z. B. nur rein typografisch umgesetzt sind. Welche Rolle kommt dem Grafikdesigner beim Nation Branding zu? Und welche Verantwortung trägt er? christian rau: Das hängt einerseits vom Gestalter und seinem Selbstverständnis in einem stark politisch beeinflussten Branding-Prozess ab, andererseits vom jeweiligen Auftraggeber und der Bereitschaft der Entscheider, das Image ihrer Nation durch einen Kommunikations-
designer prägen zu lassen. Kommunikationsdesigner sind in der Lage, greifbare Elemente, also Symbole, Farben und Stil, als auch nicht greifbare Elemente wie Werte, Kultur und Ausdrucksweise eines Staates zu einem für jedermann verständlichen Gesamtbild zu formen. Viele Beispiele lassen erkennen, wo ein »Grafikbeamter« lediglich an der Umsetzung beteiligt war, oder wo – häufig lokale – Gestalter etwas erschaffen haben, das in Form, Farbe, Typografie, Grafik- und Bildsprache ein stichhaltiges und schlüssiges Erscheinungsbild produziert hat. Heutzutage haben sicherlich große, weltweit agierende Branding-Agenturen oder Stardesigner und Strategen mehr Einfluss in solchen Prozessen. Ein einfaches Re-Design, nur um einen Staat moderner und attraktiver wirken zu lassen, ist jedenfalls keine gute Grundlage für eine ernstzunehmende Kampagne. Die eigentliche Verantwortung des Designers besteht darin, für die unterschiedlichen Kommunikationsaktivitäten eines Staates eine visuelle Klammer zu finden. Man sollte vorsichtig bei der bloßen Adaption von Konzepten aus der Kommunikationsbranche sein, um nicht versehentlich ausschließlich Corporate Branding-Muster auf das Branding eines Staates zu übertragen. Schließlich ist ein Staat nicht die von Wally oft zitierte »Büchse Bohnen«, sondern besteht aus einer Vielzahl von Individuen, die keine einheitliche Sprache sprechen. Ist es nicht bis zu einem gewissen Grad auch eine Hybris, das Wesen eines ganzen Landes in eine visuelle Botschaft übersetzen zu wollen? christian rau: Der visuelle Part des Nation Branding unterliegt gewissen Trends. Man schaue sich dazu nur die Vielzahl der bunten und austauschbaren Tourismuslogos an. Da geht es um eine Standardisierung der Kommunikation von Ländern. Es ist also keine Hybris, sondern der Versuch, in unserer Konsumkultur gegenüber neuen Formen transnationaler sozialer und politscher Organisationen wie z.B. der Europäischen Union konkurrenzfähig zu bleiben. Ob es jedoch dazu beiträgt, neue Formen der Identifizierung und des sozialen Zusammenhaltes zu erlangen, ist umstritten. »Good people – great nation«: So lautet nicht nur der Claim von Nigeria, sondern auch die Abschlussarbeit von Christian Rau und Lukas Weber an der FH Mainz / Department Design. Die beiden Grafikdesigner haben vor Kurzem in Frankfurt das Büro Made In gegründet, einen guten Einblick in ihre Arbeit zu Nation Branding erhält man unter great-nation.org 045
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florian grassl
der wortwechsel. vier personen zur frage:
Unternehmensberater, München
Was hält einen im eigenen Land? Familie und Freunde? Beruf? Ein Grundstück? Auch wenn die Lebensqualität stimmt, lassen sich viele gute Gründe finden, um Österreich zu verlassen und Fuß auf neuem Grund zu fassen. Möglicherweise ist man mit dem Bildungssystem nicht zufrieden, der Mode, dem Spielplan in Konzerthallen, dem Geschäftsklima, der Transparenz in Wirtschaft und Politik, den Kellnern, Daily Soaps, der Werbung, der Wehrpflicht, den Trainingsbedingungen im Sport, dem Liebesleben oder man hat schlicht Fernweh und eine unbändige Neugier im Herz. Laut einem Artikel in Die Presse (Ausgabe vom 16. August 2012) wandern jährlich fast 20.000 Österreicher ab und etwa 15.000 kehren wieder zurück. Ergo verlassen jedes Jahr rund 5.000 Menschen ihr Land. Gleichzeitig ist es (nicht nur) für Akademiker, die ihre Ausbildung in Österreich abschließen, nicht sehr attraktiv zu bleiben. Die Rot-Weiß-Rot Card wird nur an jene Master- und Diplomabsolventen ausgestellt, die innerhalb eines halben Jahres einen Job mit einem Bruttogehalt von 1.903,50 Euro finden. Gehälter liegen in manchen Branchen deutlich unter dem deutschen Niveau. Der sogenannte »Brain Drain« setzt ein. Natürlich will dies verhindert werden, und so greift der Staat zu Nation Branding (siehe Coverstory), um sich am Ländermarkt besser in Pose zu bringen. Ob diese Maßnahme alleine genügt, um die Auswanderung zu stoppen, ist zu bezweifeln. Viele negative Aspekte sind zu tief verwurzelt, um in den nächsten drei Jahren eine Änderung herbeizuführen. Aber was könnte das denn überhaupt sein, was müsste passieren? Noch mehr Positionen zum Auswandern und Heimkehren finden sich auf thegap.at
dokumentation Thomas Weber, Benjamin Agostini text Benjamin Agostini
Wenn die Heimat zu öde wird: Mehr als 5.000 Österreicher im Jahr denken beim Ausland an mehr als nur an Urlaub, Studium oder Stipendium. Vier Auswanderer erklären, was sie dazu bewegt hat. Und was sie zurückbringen könnte.
»Wien hat keine Berge« — Im Fall von Deutschland kann man ja nur formal vom »Auswandern« sprechen. Aber getan habe ich es jedenfalls aus beruflichen Gründen. Mittlerweile wäre der Beruf gar kein Hindernis, nach Wien zurückzukehren, ginge sogar beim gleichen Arbeitgeber ohne Nachteil. Machen würde ich es auf absehbare Zeit trotzdem nicht. Gefühlt unzählige Male habe ich in den letzten Jahren die Frage gestellt (bekommen): München oder Wien? Noch nie habe ich jemanden getroffen, der München als Stadt den Vorzug über Wien geben würde. Ich bin und bleibe wohl ein Einzelfall, aber es ist eine klare Sache: Wien ist zu sehr zubetoniert und zu weit von – ausreichend hohen – Bergen entfernt. Und einen relevanten Job außerhalb von Wien gibt es nun mal für mich in Österreich nicht. Das österreichische Politikgeschehen fördert natürlich auch nicht das Bedürfnis heimzukehren. In den ersten Jahren meiner Absenz hatte ich die heimische Politik noch regelmäßig verfolgt, heute bekomme ich nur mehr das mit, was es in die deutschen Medien schafft, es wird ja auch kaum Interessantes geboten. Und das was geboten wird, ist eher zum Wegschauen und wird dann noch von den Medien dementsprechend aufbereitet. Am Weltmeistertitel in Sachen Pressevielfalt bzw. Medienqualität muss Österreich wohl noch eine Zeit lang arbeiten. Eine Denkvariante wäre noch der Weg des Aussteigers: Sollte ich mich irgendwann zum Aussteigen aus dem Business entschließen, könnte ich es mir schon gut vorstellen, irgendwo am Berg zu wohnen – da ist man dann auch weit genug von der Wiener Politik und dem regionalpolitischen Provinztheater entfernt. Aber so bevorzuge ich es, regelmäßig von München aus in die nahen Berge zu fahren, ganz gleich ob diesseits oder jenseits der Grenze, wohne und arbeite aber gerne auf der bayerischen Seite. Florian Grassl, 37, Unternehmensberater, lebt seit sieben Jahren in Deutschland; aufgewachsen in Niederösterreich, studierte Elektrotechnik an der TU Wien, arbeitete danach bei unterschiedlichen Telekommunikations-Unternehmen in Wien, zog aus beruflichen Gründen nach München.
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MARK UNTERBERGER
IRIS KERN-FOSTER
FRANZ DRACK
Royalities Specialist, Beverly Hills
Grafik Designerin, Venice Beach
MANAGER, Stockholm
»Genug Sonne« — Ich lebe seit mehr als fünf Jahren in Venice Beach, Kalifornien und bei mir muss mittlerweile nichts mehr geschehen, damit ich nach Österreich zurückkomme. Warum? Weil ich vor Kurzem fix beschlossen habe im Juni 2013 – also dann insgesamt nach sechs Jahren – den USA den Rücken zu kehren. Meine Entscheidung basiert im Wesentlichen auf drei Gründen – soziale, freizeittechnische und gesellschafts- bzw. wirtschaftspolitische. Zum Ersten vermisse ich meine Eltern, die in der Zwischenzeit in ein »gewisses« Alter kommen, und auch meine vielen Freunde in ganz Österreich. Soziale Beziehungen mit Menschen, die man mag, werden immer wichtiger, je länger man weg ist, zumal sie in den USA auch schwerer aufzubauen sind. Zum Zweiten habe ich hier in den USA nur zwei bis drei Wochen Urlaub, die ich nutze, um ein Mal im Jahr nach Österreich zu kommen. D.h. aber genauso, dass ich sonst nicht mehr reisen kann, obwohl das Reisen meine größte Leidenschaft ist. Der dritte Grund ist, dass die USA gesellschafts- bzw. wirtschaftspolitisch nicht unbedingt mein bevorzugtes Land sind. Der Plan war, einige Jahre in der Sonne Kaliforniens zu genießen und das hat sich auch ausgezahlt, aber dieser Plan hat sich auch bis jetzt nicht geändert. Ich würde aus den genannten Gründen nie für länger oder gar für immer hier bleiben. Ein halbes Jahr in Wien und ein halbes Jahr in L.A. wäre vielleicht interessant, aber wenn man sich für einen Standort entscheiden muss, und alle Faktoren auf die Waagschale legt, gewinnt Österreich.
»Abschaffung der Kleinkariertheit« — Eigentlich habe ich in den USA eher eine Zufallsheimat als eine Wahlheimat und im direkten Vergleich kommt vor allem Wien in der Kategorie Lebensqualität auf meiner Pro-Kontra-Liste besser weg. Warum ich mir trotzdem vorstellen kann, längerfristig hier zu bleiben? Kreativität hat einen anderen Stellenwert. Ich schätze die Offenheit für Ideen und die Experimentierfreude. Auch wenn mir privat der »Positivfanatismus« an den Nerven kratzt, beruflich finde ich das Denken in Möglichkeiten statt Hindernissen großartig. In Österreich herrscht außerdem ein unausgesprochener Zwang zum linearen Lebenslauf, wer umschult, Neues probiert, oder sogar verschiedenen Tätigkeiten gleichzeitig nachgeht, gilt als unstetig oder entscheidungsunfreudig. Im Widerspruch dazu wird von Kreativen erwartet, zusätzlich gute Verkäufer und Projektmanager zu sein. Mein Wunsch an die österreichische Kreativwirtschaft und Kunstszene ist es, die Strukturen dahingehend zu verändern, dass innovativ Denkende und wirtschaftlich Begabte zusammengeführt werden, anstatt unter dem Potenzial an Kreativen diejenigen herauszupicken, die über die Vorrausetzungen verfügen, neue Projekte aus eigener Kraft zu bewerkstelligen. Konkrete Bedingungen, um permanent die Postleitzahl zu wechseln, habe ich nicht. Ich glaube, Protestauswanderer bleiben auch weg. Zu denen gehöre ich aber nicht.
»Neugier trotz Heimatstolz« — Ich glaube es wären eher private Gründe wie Familie oder Freunde, die mich zu einer Rückkehr bewegen würden. Ich habe Österreich nicht den Rücken gekehrt, weil ich mit dem Land, den Leuten, der politischen Situation, den Ladenöffnungszeiten oder der Leistung der Fußballnationalmannschaft unzufrieden war. Es war mehr der Wunsch, neue Dinge zu erleben und interessante Menschen zu treffen. Inzwischen lebe ich seit vier Jahren nicht mehr in Österreich und mit der Zeit kam ein gewisser Abstand zu meinem Heimatland. Interessanterweise ergaben sich zwei Richtungen der Veränderung meiner Einstellung. Einerseits wurde mir klar, dass Österreich in gewissen Dingen wie Gleichstellung der Frauen oder Akzeptanz von Männerkarenz gegenüber anderen Ländern konservativ, wenn nicht sogar rückständig ist. Man tut sich dann mit der Eigenwahrnehmung als progressives und modernes Land etwas schwer. Andererseits gibt es im Ausland ein Image von Österreich als kleines aber erfolgreiches Land. Eine Sichtweise, die vielen im Inland oft verwehrt bleibt. Meines Wissens hat Österreich derzeit die niedrigste Arbeitslosigkeit Europas und ein akzeptables Budget-Defizit. Wir scheinen einiges richtig zu machen. Doch diesen Stolz auf das Erreichte bekommt man bei Heimatbesuchen selten zu hören. Viel öfter verlieren sich meine Freunde oder meine Eltern in Diskussionen über die anhaltenden Korruptionsskandale oder lassen sich über die geistige Reife der derzeitigen Regierung aus. Das verwundert mich teilweise und wirft in mir die Frage auf, warum ein gewisser Stolz auf unser Land immer noch tabu zu sein scheint. Ich lebe seit vier Jahren in Schweden und bin inzwischen stolz darauf, Österreicher zu sein. Nicht, weil ich mich anderen überlegen fühle, sondern weil ich mich als »Immigrant«, als Minderheit in einem Land wo andere die Mehrheit stellen, mit meiner Herkunft, mit dem was mich und Österreich ausmacht, auseinandersetzen musste. Und da gibt es vieles Gutes und einiges, das verbesserungswürdig ist, aber weniges, was einen pessimistisch stimmen müsste.
» Das österreichische Politikgeschehen fördert nicht gerade das Bedürfnis heimzukehren.« (Florian Grassl)
Mark Unterberger, 37, ist Music- und TechLover, Royalties Specialist für die Concord Music Group in Beverly Hills, California und Gründer der Firma Alpine Music Services in Venice Beach, über die er verschiedene Musik-Serviceleistungen, aber hauptsächlich Interviews für u.a. Warner Music GSA (Green Day, Linkin Park, Red Hot Chili Peppers, Seal, usw.) durchführt.
Iris Kern-Foster ist Grafik-Designerin und Medienkünstlerin, lebt in Kalifornien und ist mit einem Surf-Fotografen verheiratet. Sie wünscht sich, dass Herr Mateschitz einen Surfwavepool in den Alpen baut.
Franz Drack, 39, ist gebürtiger Salzburger, und lebt seit 2008 in Stockholm. Er arbeitet als globaler Marketing-Manager für Absolut Vodka. 047
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Workstation — MENSCHEN AM ARBEITSPLATZ
Alfred Tatar, 49, Fußballtrainer
Diskurs kann man im österreichischen Fußball ja durchaus und nicht zu knapp haben. Glamour eher nicht so. Alfred Tatar, seit zwei Jahren Trainer des Zweitligisten First Vienna FC 1894, weiß als einer der wenigen heimischen Coaches wie es ist, wenn es anders ist. Er hat einige Jahre bei den russischen Topvereinen Amkar Perm und Lokomotive Moskau verbracht. Aber nicht nur diese Tatsache hebt ihn wohltuend vom Gros der österreichischen Fußballszene ab. Unlängst versetzte er – nicht zum ersten Mal – einen Journalisten in Sprachlosigkeit, als er dessen einigermaßen banale Frage ad absurdum führte, indem er ihm präzise und mit ernstester Miene erklärte, warum seine Mannschaft die Antithese zum FC Barcelona darstellt. Das Kurzinterview entwickelte sich zu einem veritablen Youtube-Hit. Die Persönlichkeit des Ausnahmetrainers spiegelt auch in seinem Musikgeschmack wieder, dem Soul vom Jimmy Scott kann er zum Beispiel einiges abgewinnen. Zwei Minuten später Punkrock. »In ferner Zukunft« soll der Internetauftritt von Mag. Alfred Tatar entstehen.. www.tatar.at
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fotos und text Nikolaus ostermann
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workstation — MENSCHEN AM ARBEITSPLATZ
Carola Pojer, 27, Schauspielerin
Neun Monate schwanger kann jeder sein. Also naja, fast. Für Schauspielerinnen und Schauspieler gilt das natürlich nicht, dafür muss man sich für den Zeitraum des Drehs zwischen großem und kleinem und überhaupt Bauch entscheiden. So auch Carola Pojer, die momentan mit Ankleide- und Sprechproben für den Film »Die Werkstürmer« beschäftigt ist, der in den kommenden beiden Monaten in Eisenerz und Wien gedreht wird. An der Seite von Michael Ostrowski und Hilde Dalik spielt sie in der sozialkritischen Komödie Daliks hochschwangere Freundin, die, unter der Regie von Andreas Schmied, nun ja, gewisse Fäden zieht. Dafür hat sie sogar einen Geburtsvorbereitungskurs absolviert, ohne aufzufallen. In Kinosälen, Fernsehzimmern und auf den Theaterbühnen dieses Landes ist die gebürtige Grazerin seit 2005 regelmäßig zu sehen, 2010 erhielt sie ihr Diplom am Konservatorium für Musik und Dramatische Kunst in Wien. www.carolapojer.com
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Prosa von Markus Koschuh
markus koschuh bewegt sich mit seinen texten zwischen slam und kabarett. das macht ihn momentan zu einem gern gesehenen gast auf slams und lesebühnen – und zum frischgebackenen buchautor.
Kuschelmuschel die schönheit des mai oder: frühling Frühling, endlich Frühling … Endlich hat der Schneefall ein Ende, dafür macht die Sonne nun kaum eine Pause, der Boden wird trotzdem sättigend benetzt … Hurra, der Frühling ist da. Himmelarschverreckte Pollen. Verflixtefrühweckende Vögelchen. Frühling, endlich Frühling … Zeit der Schmetterlinge im Bauch und der Silberfischchen im Bad. Zeit der Heizkostennachzahlungs- und WeihnachtsgeschenkOttoVersandInkassoMahnbriefe. Leck Arsch. Hopsend hüpfend heuchlerisch heulende Hof-Kinder. Lasst mich schlafen, saublöde Saufratzen. Geht doch Topf-Klopfen im Arlbergtunnel oder spielt Fangen auf der Autobahn, nur querlaufen ist erlaubt. Frühling, endlich Frühling … Solarium-Zeit um für den nahen Bagger-, Boden- oder Gardasee geröstet gerüstet zu sein. Anti-Zeit der Albinos wie meinereiner. Weiß ich wohlwissend, dass Weiß weißgott nicht Frühlingsmodefarbe ist. Himmelkruzifixsäckchenzementaberauch. Frühling, endlich Frühling … Zeit der ersten niederschmetternden Neujahrs-Vorsatz-Evaluierung.
Stehsätze verboten, Gegensätze geboten sind’s doch Vorboten des Widerspruchs der alles nieder bricht was bieder riecht … Es geht um den richtigen Bausatz für den züchtigen Satzbau, wow ... Ein Satz nach vor und zwar mit Vorsatz Klammer auf, Rufezeichen, Klammer zu, Absatz. Wir Wort-Wolllüstige weben Vokale konstruieren kuriose Konsonantenkombinationen entdecken, erwecken, strecken Uns nach und nach nach der Decke, saugen an uns wie eine Zecke doch Übertragen statt Hirnhautentzündung Wortlauterfindung, Netzhauterblindung. Denn ein Sinn weniger schärft die vier anderen und … Wörter kann man spüren, wenn sie verführen Wörter kann man hören, wenn sie betören Wörter kann man riechen, wenn sie lüstern in bereite Nüstern kriechen Wörter kann man schmecken, wenn sie in den Mund gelegt erschrecken. Sehen kann man Wörter nicht, da sich in ihnen das Licht nicht bricht … vogele
Frühling, hipphipphurrrraaaaa, zickezackezickezacke, olé olé olé … Endlich Frühling. poetry slam Bei einem Poetry Slam gibt es Lesekühne auf einer Bühne, ein Mikrofon für bess‘ren Ton, Applaus der Lohn. Aus Buchstabensuppen schöpfen wir nicht Hoffnung sondern Buchstabengruppen die Sinn ergeben, denen wir uns hin dann geben. Wir formen draus sehr gern für sie: Lyrik, genannt auch Poesie … Beim Schreiben, beim sich Silben einverleiben in dünnen Parmaschinkenscheiben geht es um lauter Laute, um Sätze, die Zeichen setzen indem man Satzzeichen setzt … um Sätze, die hier stehen – doch: sitzen müssen – so wie Sie.
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Ja komm Vogele, Vogele komm, schau, was ich da Gutes für dich habe, ja komm Vogele, Vogele komm, ja jetzt bist aufgeregt, was Vogele? Ja komm, schau, was ich für dich habe, Vogele schau, Gutes für dich, komm, ja das riecht gut, hm, Vogele, Vogele, hm, das riecht gut, gell, Vogele, Vogele, ja komm, Vogele, Vogele, ja Vogele komm, bist du ein schönes Vogele, hm, Vogele, so ein schönes Vogele, bist im Winter gaaanz weit gewesen, hm, Vogele, Vogele, hm, gaaanz weit weg, warst du in einem Dritte-Welt-Land, hm, Vogele, schau Vogele was ich für dich habe, und hast’ es warm gehabt, hm Vogele, gaaanz warm, so schön warm, hm, Vogele, gaaanz fein warm, hm, während ich mir im Winter den Arsch abgefroren habe, hm, Vogele, tust du einfach dem kalten Wetter davon fliegen, so Flügelen auf und flieg’ Vogele, hm, Vogele, einfach den Problemen so wegfliegen hm, Vogele, und dann wenn’s wieder schön bei uns is, dann kommst wieder, gell Vogele, bist du so ein bissi ein Asylwerber-Vogele hm, frisst unseren Vogelen die ganzen Würmer weg, hm Vogele, bist du so ein Mitesser-Vogele, hm, Vogele, komm Vogele, schau, was ich für
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Ad Personam: Markus Koschuh
Kabarettist, Slammer, Autor – Markus Koschuh, oder kürzer, der Koschuh ist ein humoristischer Schwerarbeiter. Der Tiroler, Geburtsjahrgang 1977, ist zweifacher österreichischer SlamMeister (2010, 2011), der auch auf internationalen Bühnen reüssieren kann. 2010 etwa wurde er Zweiter bei den europäischen Poetry-Slam-Meisterschaften in Frankreich. Ansonsten sieht es mit Preisen und Stipendien eher mager aus. Das liegt wohl auch daran, dass Koschuh – eigenen Angaben zu Folge – verlässlich noch jede Einreichfrist versäumt hat. Macht nix – ein Sammelband mit textlichen Perlen des Innsbruckers, der auch ein Teil der Lesebühne »Text ohne Reiter« ist, erscheint nun unter dem Titel »Voulez-vous KOSCHUH avec moi?« bei Haymon. Und wenn sich die Möglichkeit ergibt, sollte man auch sein Politkabarett »Agrargemein« ansehen. markuskoschuh.at
dich hab, Vogele, Gutes, ja komm Vogele, bist ja sonst auch nicht so wählerisch, schau, Vogele, komm, Vogele, tust du unseren Vogelen die Frauen-Vogelen wegvögelen, hm, Vogele, du böses Vogele, bist du ein Saufratz-Spatz, hm, Vogele, aber jetzt komm, Vogele, schau, Fressi, Fressi … hast du Angst vor der großen bösen schwarzen Katze, Vogele, hm, Vogele, will die schwarze Katze dich fressi, hm, Vogele, armes Vogele, isses aber selbst Schuld das Vogele, gell Vogele, wär’s halt geblieben, wo es war, im Koso oder sonst wo ... Ja da schaust, gell, Vogele, is bei dir zuhause der Wurm drin, hm, aber in der Erde kein Wurm mehr drin, Vogele, hm, uiii, das tut mir aber leid … Ob die böse schwarz Katze das versteht, Vogele? Das glaub ich nicht Vogele, weißt, Vogele, unsere schwarze Katze hat nämlich selbst ein Vogele, gell Vogele, und hat man schon ein’s dann braucht man kein’s, gell, Vogele, bist so ein armes Vogele … Aber schwarze Katzen bringen halt Unglück … auch für Vogelen, die von weit weit weg kommen, gell Vogele, weißt, Vogelen, die von weit kommen und uns kein Geldi bringen, denen kappt die Katz’ die Schwingen … Aber jetzt komm Vogele, ja braves Vogele, ja ganz braves Vogele, ja komm, komm, a bissi näher, na, komm, Vogele, ja braves Vogele, kawumm. Warst du dummes Vogele, gell Vogele, hast geglaubt, dass dieses »Willkommen in Österreich« für Touristen und AsylwerberVogelen gilt, was Vogele? Was bist du für ein naives Vogele. Jetzt kommst du in einen Käfig, Vogele, ja selbst schuld, Vogele, und dann schicken wir dich wieder nach Hause, Vogele, weil du bist ein böses Vogele, bist ein stehlendes Vogele, ein böses, stehlendes Vogele … ach, du hast noch nie gestohlen, Vogele …? Ja, dann wäre das schon noch gekommen, gell, Vogele, das machen doch alle Asylwerber-Vogelen, das schnurrt die schwarze Katze doch täglich ins Mikrofon … Weißt du Vogele, die schwarze Katze hat nämlich selbst ein Vogele, eine Meise hat sie, ja eine Meise … es ist wieder zeit Es ist wieder Zeit Es ist Nachrichtenzeit Signation ab und Bilder bilden surreale Realitäten Nichts für Ästheten Diesmal nur zehn Gut gekühlt, ausgefühlt Gefrorene Mienen in blassen Gesichtern für immer Verstummter Münder gleich Trichtern
Manfred Gram
Die Szenerie gut genug für einen 30-Sekünder 40 wären es Kinder drei Kameraschwenks zwei Zwischenschnitte ein Schwarzer der aussieht wie Morgan Freeman weil er so … schwarz ist. Die Klappe fällt das Licht geht aus Ab zur Wettervorhersagenhaftigkeit Regen aus Süd-West, Tief Klara Es wird trüb Es ist wieder Zeit Zeit für Betroffenheit Doch rasch ist sich selbst gedient und fernbedient Zapp!
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Gründerserie Lookk No 25 von Andreas Klinger.
Lookk Closer In den vergangenen Wochen gab es starke Umstrukturierungen bei lookk: Das Management stellte sich selbst auf den Kopf und die Strategie wurde gewechselt. Gründer Andreas Klinger über seinen Ausstieg und die Zukunft. Neuer Gang, neuer Plan, neuer Weg
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u Beginn von Garmz / lookk vor vier Jahren war unser Angelpunkt eCommerce – der Verkauf von Modeprodukten von sehr jungen Designern, mit dem Ziel, die richtigen früher als alle anderen zu haben. Ursprünglich hatten wir die Produkte selbst produziert – erst auf Basis von Skizzen, danach auf Basis von Samples. Das Feedback der Community lief mit und sollte uns stets helfen, nicht auf den falschen Teilen sitzen zu bleiben. Das funktionierte zwar alles »ok«, aber ok reicht leider nicht, um ein Unternehmen stabil aufzubauen. Nach einer Reihe von kleinen, laufenden Änderungen wollten wir nun einen radikalen Wechsel.
LOOKK 2.0 Was auf lookk.com heute funktioniert, ist Fans rund um Designer aufzubauen. Für den Designer bedeutet das Interaktion, Feedback und Promotion – der User kann dafür neue Trends und Teile für seinen Kleiderschrank entdecken. Auf das wollten wir fokussieren und so wird »lookk 2.0« ein dynamisches Online-Magazin, das sich Schritt für Schritt an den Modegeschmack des Lesers anpasst. Gefällt ein Stück, linkt das Portal weiter zum Webshop des Designers, wo man es direkt – ohne Zwischenhändler – kaufen kann. Es wird thematisch näher an Fotostrecken in der Vogue als an Fashion-Webshops wie net-a-porter.com sein. Die ersten Elemente in diese Richtung kann man bereits online sehen, in den nächsten Monaten werden Schritt für Schritt neue Aspekte hinzukommen.
Das neue lookk ist, was es für viele schon immer war: Eine Entdecker-Plattform für zeitgenössische Modedesigner aus aller Welt. Auch wenn ich glaube, dass dieser Strategiewechsel das Beste ist, was lookkhat passieren können, sah ich mich persönlich nicht mehr in dieser Konstellation. Selbst wenn ich bleiben würde, wäre ich kaum nutzvoller als ein mittelmäßig passender Angestellter, da meine Skills kaum mit neuen kommenden Rollen überlappen, meine besten Ideen aufgebraucht sind und meine Motivation nach vier Jahren Fashionindustrie zu Neige geht. Als ich das realisierte, war mir klar – I need to go. Mit meinem Ausscheiden bei lookk wird dies auch meine letzte Kolumne an dieser Stelle. Wer am Laufenden bleiben möchte, macht dies von nun an am besten direkt an der Quelle auf www.lookk.com oder via Twitter unter @lookk
Die letzten Worte – Start-ups in Österreich … Als wir mit Garmz vor vier Jahren in Österreich anfingen, gab es kaum etwas, auf das wir zurückgreifen konnten. Wir wurden auf klassische staatliche Förderungen verwiesen und kaum jemand konnte internationale Erfahrung austauschen. Heute boomt die österreichische Web-Start-upLandschaft und hat ein starkes Netzwerk nach London, San Francisco und Berlin. Eine eigene Szene baute sich über Landesgrenzen hinweg auf. Dies ist nicht zuletzt auch dank Medien wie The Gap möglich gewesen. Die vergangenen zwei Jahre hab ich monatlich für The Gap im übelsten Gonzo-Stil schreiben dürfen und den Lektor am österreichischen Schulsystem und dem Konzept von Deadlines zweifeln
lassen. Zu meiner Überraschung wurde meine Kolumne offenbar doch regelmäßig gelesen und als Anstoßlektüre zum Thema Start-ups wahrgenommen. Danke an die Leser, User und Redaktion hierfür :) Liebe Grüsse, @andreasklinger Wen die Thematik Web- und Tech-Start-ups interessiert, dem sei das Pioneers Festival vom 29.–31. Oktober in der Wiener Hofburg empfohlen. Mehr Informationen gibt es unter www.pioneersfestival.com.
Andreas Klinger @andreasklinger
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Heinz Cibulka
Veranstaltungen
Im Takt von Hell und Dunkel
8. September 2012, 17.00
13. Oktober 2012, 18.00 Exklusives Abendessen für Mensch und Tier inmitten der Ausstellung | 3-gängiges Menü | Tischmusik | live-elektronische Bearbeitung der Tafelgeräusche durch Daniel Lerchner
10. November 2012, 17.00 Filmische Portraits über den Künstler aus verschiedenen Dekaden treffen auf neuere Videoarbeiten.
Waldstraße 44 - 46, 2130 Mistelbach, 02572/207 19, office@mzmistelbach.at
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SFI
REIZEND Super-Fi ist digital, sozial, klassisch – und 10 Jahre alt. super-fi.eu
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AB HIER: REZENS ONEN
Swans The Seer (Young God)
Kassandra! Vergiss deine beschissene Ironie. Swans blicken ins Gesicht der Gegenwart, ihren vernichtenden Lärm, ihre Lügen, ihre Schönheit. Der Ton wird rauer, dunkler, grimmiger. Nach den letzten paar Jahren zurückgezogen im Strandhaus und endlosem Sommer, im Idyll vergilbter Bilderalben und rauschender Memory Tapes, dämmerte es so langsam, dass Marktwirtschaft nicht mehr das ist, was sie mal war. Und man merkt, das Leben geht ja weiter, nur irgendwie ohne die geile Zuversicht von früher, stattdessen härter, verbissener. Der Titelsong allein ist ein halbstündiges, besinnungsloses Mantra, ein Monster, ein Killer, ein Zerstörer, ein Untergeher, ärger als jeder Film von Michael Bay. Mit dem Ende der Welt 2012 hat das trotzdem nichts zu tun, sondern viel mehr mit der verzweifelten Suche nach einem anderen Bewusstsein für die Dinge, nach etwas, was dahinter liegt. Ob man dort überhaupt ankommt, spielt dabei erst einmal gar keine Rolle. Musik ist wieder auf der Suche nach ihrer Transzendenz, das zählt, nach ihren Möglichkeiten, als Wegweiser, als Sprungbrett, meditative Gondel, ganz hin zur Ekstase geradewegs. Das braucht natürlich Zeit. Hier zwei Stunden. »The Seer« von Swans ist deswegen so überzeugend, weil man den Willen eine andere Welt aufzustoßen selten so deutlich gehört hat. Die Fähigkeiten dazu hat die Band 30 Jahre nach ihrer Gründung sowieso. Ein viel unwahrscheinlicheres Comeback hat es allerdings kaum einmal gegeben. Zum Album nach dem Comeback nämlich. Die einschlägigen Tumblr und Webzines überschlagen sich geradezu, das Feuilleton wird folgen. Swans lassen die Füße baumeln; und die Köpfe hoch hängen. Auf »Song For Warrior« – einem sehr klassischen Song, der nur dann nicht zum Rest des Albums passt, wenn man ihn nicht als Auftakt zum zweiten Teil versteht – singt Karen O vom Heimkommen, Vernichtung und einem Neuanfang. Auf »Lunacy« steuern Low ihre Stimmen bei – noch so Zusammendenker von Hass und Liebe. Immer wieder wiederholt sich wieder holt sich wieder holt sich der Irrsinn wieder, die Kindheit ist endgültig vorüber. Und damit wohl auch die Ironie. Nun, vielleicht. Manches bleibt auf dem Album kryptisch, unnahbar und sperrig ... als würde Kassandra ihre Warnungen mit dem Nebelhorn eines Supertankers morsen. Um die Signale zu hören, und sie auszukosten, sollte man doch eher etwas für existenzielle Schwere, dröhnende Hybris und 20-minütigen Space Rock übrig haben. Sonst bleiben die sehr dichten und erschreckenden Visionen auf »The Seer« einfach nur langatmiges Gebrabbel alter Männer. 08/10 Stefan Niederwieser 057
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Conduits Conduits (Beep! Beep! Back Up The Truck)
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Flying Lotus Until The Quiet Comes (Warp)
Lava und Gänsehaut
Jazz aus der Zukunft
Wenn sich ein paar gute Künstler zu einer All-Star-Band zusammenschließen, kann das Ergebnis eigentlich nur eins sein – besser. Conduits bilden gar den Superlativ.
FlyLo is back. Auf seinem Album »Until The Quiet Comes« hat Steven Ellison die 80er gegen die 90er getauscht und liefert sachte Beats. Ein gemütlicher Gegenentwurf zu den hyperaktiven Kollegen von A$AP Rocky oder Death Grips.
Als Freund der gepflegten Popmusik stellt man sich ab und an vor, wie es wäre, wenn sich liebgewonnene Künstler einfach zu einer größeren Formation zusammenschließen würden. Potenzierte Kreativität natürlich. Conduits machen diesen Fan-Traum mit ihrem selbstbetitelten Album wahr. The Good Life, Eagle Seagull, Neva Dinova, Cursive, Son Ambulance und The Golden Age – Nebraskas Saddle Creek-Elite lädt zum kollektiven Shoegazing. Hört man die ersten Sekunden von »Top Of The Hill« und den Einsatz der glasklaren Stimme von Frontfrau Jenna Morrison, muss man fast unweigerlich an Warpaint denken – zärtliche, fast flüsterleise Vocals, getragen von kraftvollen Gitarren und einem zeitlupenartigen Schlagzeug. Laut, aber doch mit Akkorden, die man so ähnlich aber noch nie genau so gehört hat, geht der erste Song des insgesamt fantastischen Albums über die Bühne. »Misery Train« löst ganz ähnliche Regungen in Kopf und Hüften aus. Die lasziven, verzerrten Akkorde und aufregend ruhigen Keyboards in »Limbs And Leaves« versprühen Horrorfilm-Charme, wie ihn Robert Smith nicht besser hätte umsetzen können. Ah genau, so geht das mit Nightmare Pop, liebe Esben Witches, liebe 2:54. »The Wonder« – mitunter eines der besten Stücke (neben fast allen anderen halt) – bringt mit drum-lastigen PostRock-Instrumentals und engelsgleichen Vocals, die scheinbar unbeeindruckt von all dem über den Soundwellen thronen, das Herz zum Schmelzen. Wenn gegen Mitte des Songs die Lava mit einem Schrei übergeht, weiß man gar nicht mehr wohin mit den ganzen Emotionen. Boah. Spätestens jetzt stellt man sich diese sechsköpfige Band der Superlative auf einer Festivalbühne vor und ist überzeugt, dass sie sogar während eines ungünstigen Nachmittagsslots die Meute zum Staunen und sämtliches Blut in Wallung bringen können. Und dann – »Well«. Tun wir einfach so, als hätten wir diese seltsame ScorpionsHommage nicht gehört. Weiterschalten und jaaa, alles noch einmal von vorne. Und noch einmal. Und … 08/10 Nicole Schöndorfer
Manchmal braucht es nur einen Beat und ein paar Percussions und die Welt ist wieder in Ordnung. Die Hexereien von Flying Lotus dürften weithin bekannt sein, mit Alben wie »1983« und »Los Angeles« hat er vor ein paar Jahren mit dem 2000er RetroRad schön Wasser gegeben. Mit seinem letzten Album »Cosmogramma« ist er dann schon ein wenig ernster geworden und jetzt, immerhin schon 2012, geht die Entwicklung langsam Richtung Alterswerk. Nicht dröge gemeint, das Album wirkt einfach aufgeräumt und es sitzt jedes Break. Allerorten kritzeln nervöse Cloud-Rapper ihre eckigen Beat-Entwürfe unter kurzlebige zeitgeistige Storys und HipHop wird zur Pastebin-Übung. Flying Lotus hingegen schraffiert mit Bleistift schöne Schatten auf schön abgesessene Drumpatterns und holt sich mit Erykah Badu die elegante und unerwartete Variante des 90er-Revivals auf die Platte. Die hier an ihren Hit »On And On« von Anno ’97 anknüpft und Stimme gibt. Thom Yorke hat schon wieder eingecheckt, ist mehr Beat-Schamane als Eraser. Und natürlich hat sich die eine oder andere Synth-Kaskade, die man aus Sets von Dorian Concept kennt, auf das Album des großen Bruders von über dem Teich verirrt. Zwar hatte Ellison im Vorfeld angekündigt, das Album würde mehr »knallen« als das letzte, doch das merkt man gar nicht so sehr. Es ist mehr wie eine fraktale Reise durch zerschossene Muster. Gemütlich eingeraucht, ein wenig nervös aufgeregt doch immer wieder vertraut durch schöne Nostalgiewellen. Zwar ist Peak Retro schon lange erreicht, doch das spielerische Ineinanderschieben von Ge- und Bekannten mit neuen Produktions- und Lesarten interveniert da, wo es am Schönsten ist: an krachigen Beats, asymmetrischen Rhythmen und kann fast als Drogen-Soul der 70er oder aufgebretzeltes TripHop-Experiment durchgehen. Sly Stone, Tricky anyone? Hudson Mohawke darf auch ran und überbügelt die jazzigen Arrangments mit Full-On Gegenwart. 07/10 Michael Aniser
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JJ Doom Key To The Kuffs (Lex Records / Cooperative Music / Universal)
Iamamiwhoami Kin (Coop)
Doom Hop Winterwelt Konventioneller Electropop randvoll mit mysteriösen Bildern – manchmal ist Kunst so einfach. Das Team für die Optik ist mit vier Leuten doppelt so groß wie das für die Musik. Dem schwedischen Multimedia-Projekt Iamamiwhoami sind Videos offenbar ziemlich wichtig. Macht ja nichts, verfilmte Alben gab es früher schon, nach MTV schrumpften zwar die Budgets, bewegte Bilder wurden durch Youtube allerdings nicht eben unwichtiger. Und dieses Spiel haben Iamamiwhoami konsequent zu Ende gedacht. Noch vor dem Album wurden alle Songs einzeln als Videos veröffentlicht. Zusammen geben sie eine Geschichte, die noch viel mehr von der Atmosphäre lebt als etwa Daft Punks »Interstella 55555« oder Falcos »Junge Römer«. Die Sängerin wirkt da rin aus der Zeit gefallen, zu solidem Electropop wandeln Fellkreaturen durch Wälder und kalte Architektur, weiße Socken, Birken, Nebel, helle Farben und reichlich Tiefenschärfe spielen wichtige Nebenrollen. Am Ende hat man die Weite und Einsamkeit der Welt gesehen. In Skandinavien gab es in letzter Zeit gleich ein paar Songwriterinnen, die mit schwer verständlichen Bildern und fiebrigen Stimmen in andere Welten hinüber glitten. Sie alle haben sich ein paar Akkorde von Fever Ray und Bat For Lashes abgesehen. Sie heißen Susanne Sundfør, Hanne Kolstø, Hanne Hukkelberg, Jennie Abrahamson oder jetzt eben Iamamiwhoami. Letztere bauen noch mehr als die anderen auf die Macht der Bilder. Selbst das Datum der Albumveröffentlichung wird nicht per Mail, Twitter, Tumblr oder Facebook verlautbart, nein, ein kurzes Video musste her. Wenn sonst auch nur sehr wenige Informationen im Umlauf sind, verbreitet sich der Name eines solchen Debütalbums schnell über die diversen Netzkanäle. Der Song »Idle Talk« ist darauf so cirka der Gipfelpunkt, ein eisiger, bewegter Beat treibt die erwartungsvolle Stimme vor sich her. Er ist wie der Rest des Albums glasklar produziert und guter, aber gängiger Elektropop. Wer vierzig Minuten Zeit hat, sollte sich dennoch auf audiovisuelle Astralreise durch »Kin« machen. 07/10 Stefan Niederwieser
Doom überrascht seine Fans mit einer weiteren Gratwanderung. »Key To The Kuffs« bringt Rap von den Rändern der Galaxis Latveria auf den Punkt. Doom ist einer dieser Untergrundhelden des US-HipHop, auf den sich fast alle einigen können, die ihn kennen. Der Rapper mit der Maske ist nicht Sido, sondern MF Doom, das textete der Kölner MC Retrogott kürzlich und stellte damit für alle Zu-Spät-Gekommenen klar, wie weit der Einfluss von Doom eigentlich reicht. Er war Anfang der 90er Teil der legendären New Yorker K.M.D., tauchte nach dem Tod seines Bruders unter und 1999 mit »Operation: Doomsday« wieder auf. Seither verbirgt er seine Narben unter einer Metallmaske, ähnlich wie der Super-Bösewicht Doktor Doom in den Marvel Comics, und veröffentlicht reihenweise Klassiker: sein Solowerk »Mm.. Food« sowie Kollaborationen mit Madlib (»Madvillainy«) oder Danger Mouse (»The Mouse And The Mask«) – und selbstverständlich war das nur ein Ausschnitt. Zahlreiche seiner verschobenen Beats hat er über die Jahre selbst gebaut und sich auch als Produzent einen Namen gemacht. Für sein jüngstes Werk »Key To The Kuffs« hat er auf Jneiro Jarel vertraut. JJ plus Doom. Macht JJ Doom. Der Alternative-HipHop-Produzent ließ sich für diese Zusammenarbeit besonders von britischem 80er New Wave wie Duran Duran, Tears For Fears oder Gary Newman beeinflussen. Die vielschichtigen Songs, in die er seinen Rapper einwickelt, fallen besonders durch ihre unüberschaubaren Einzelteile und ihren Groove auf. So manövriert das Konzept zwischen IDM-HipHop, verzerrtem Trip Hop, ausgefranstem Electro und einem Jazz-Erbe, das psychoaktiv durchschimmert. Von hier aus ist Flying Lotus ähnlich weit entfernt wie der große Tricky. Doom etabliert derweil seine Sätze zu elementaren Sounds. Grob überlagern sich lyrische Experimente, politische Krisenkommentare (»Gov’nor«), Befindlichkeiten und Stimmungsbilder zu Sex (groß: »Winter Blues«) oder seine Verbindung zur Geburtsstadt London. Er wollte eine Atmosphäre, die man nicht von ihm erwartet hätte. Das hat er bekommen und wird durch Features wie Damon Albarn (»Bite The Thong«) und Beth Gibbons (»GMO«) bestätigt. JJ Doom ist durch und durch aufregend geworden, ein avantgardistischer Eckpfeiler in einer ohnehin randvollen Karriere. 08/10 Klaus Buchholz 059
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The Killers Battle Born (Island / Vertigo)
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Jacob Korn You & Me (Uncanny Valley)
Wille zur Totalen Das vierte Album der Killers ist eine Rückkehr zum ur-amerikanischen Bombast-Pop und festigt den Anspruch auf die Stadien dieser Welt. Dass Musiker und die dahinterstehende Industrie ihr Geld mittlerweile eher mit Konzerten als mit dem Verkauf von Tonträgern verdienen, ist eine Binsenweisheit. Doch auch dieses Geschäftsmodell ist gefährdet. Wer füllt die leeren Stadien, wenn die Stones und U2s dieser Welt endgültig pensioniert werden? Im Bereich der Gitarrenmusik wächst bis auf wenige Ausnahmen (Coldplay, Muse) nichts in kritischer Größe nach. Mit ihrem vierten Album machen The Killers allerdings einen gewaltigen Schritt in diese Richtung. Die Band aus Las Vegas hat den gemeinsamen Nenner von Stadionacts wie Lady Gaga, Rammstein und den Scorpions erkannt: den unbedingten Willen zur Totalen. Vor einigen Wochen geisterte der Begriff des Maximalpops durch die Presse. Ein (angeblicher) Trend, immer mehr verschiedene Hooklines in einem Song unterbringen zu müssen und den Breitwandsound immer breiter werden zu lassen. Selbst wer das für Schmafu hält (The XX, anyone?), muss anerkennen, dass der Begriff die Musik der Killers eigentlich perfekt beschreibt. Die Band hat Lead-Ins, die anderswo einen Song tragen würden. Und wenige andere beherrschen die Steigerung so gut. Killers-Songs starten leise und reduziert, blasen sich Spur um Spur auf. Am Ende werden alle Riffs und Gesangsmelodien zu einem furiosen Finale gegen- und übereinander gelegt, während der Drummer auf seine Becken einprügelt. Das Prinzip zeigt sich idealtypisch an ihrem Über-Hit »Read My Mind«, auf der neuen Platte an Tracks wie »Miss Atomic Bomb« oder »Flesh & Bone«. Von der »britischsten Band der USA«, wie die Killers zur Zeit ihres Debüts genannt wurden, ist wenig übrig geblieben. »Battle Born« ist ein durch und durch amerikanisches Album. In Instrumentierung, Themen und Attitüde. Die Platte kehrt mit ihren bombastischen Arrangements aus Synthies, Streichern, simplen Gitarren und noch simpleren Drums wieder zu Sound von »Sam’s Town«-Zeiten zurück. Nur von »Wohowoho!«Chören wie in »Matter Of Time« sollte die Band Abstand nehmen. Mit 30 plus sieht man in der Indiedisco nämlich ein bisschen verloren aus. Dafür fällt man im Stadion kaum mehr auf. 06/10 Jonas Vogt
Mein House ist dein House Aus dem Elbtalkessel hinaus katapultiert Jacob Korn sein Debütalbum. »You & Me« ist gespickt mit Kollaborationen. Da ist ein House für jeden dabei. Jacob Korn ist kein unbeschriebenes Blatt. Als Granufunk beackerte er die Gefilde Techno und HipHop samt jazzigem Unterton. Als Jacob Grain verpasste er Cluesos »Kein Bock zu gehn« ein schickes Minimal-Tutu. 2009 erschien dann die erste Platte unter seinem bürgerlichen Namen samt Prins Thomas-Remix. Es folgten zwei Platten auf dem Label des Panorama Bar-Residents Steffi. »She«, sein erster Track für Uncanny Valley, landete unter den Top 20 der Resident Advisor- und De:bug-Jahrescharts, Auftritte bei Sonar und Sound:frame folgten, das DVD-Magazin Slices widmete ihm ein Feature. Fehlte nur noch ein Album, das nun Anfang September erscheint. Die elf Tracks auf »You & Me« handeln in doppelter Hinsicht von dir und mir. Jeder Track ist kollaborativ und konspirativ entstanden. Mal lud sich Korn Künstler ins eigene Studio ein, die musikalisch in ähnlichen Beatregionen wie er wildern. Unterwegs wechselte er dann die Seiten und kam zur gemeinsamen Feldforschung vorbei. So geschah dies auch mit dem Halleiner Swede:Art, in dessen Zuhause der Track »Shock Me« entstand. Natürlich klingen die Freunde so unterschiedlich wie Freunde eben sind, Korn bringt sich jedoch auf einen gemeinsamen Nenner und führt dich und mich zusammen, unter ein gemeinsames Dach. House wird zu deinem und meinem House, wird von innen aufgebrochen, bekommt neue Ausbuchtungen, neue Gucklöcher, Anbauten, Kammern, Stimmen und Farben. Zum Vorschein kommen schillernde Pads, sanft pluckernde Tracks, pastorale Stimmungen, originelle Breaks, Lust auf Chicago, Detroit und Düsseldorf. Manchmal scheint es schwer, all den verschiedenen Ansätzen und ihren Vektoren kreuz und quer folgen zu können. Jakob Korn macht den künstlerischen Kontrollverlust zum Konzept und bleibt doch der gemeinsame Nenner in der Gleichung Du + Ich. Beide zusammen ergeben ein Album, in der jeder Liebhaber elektronischer Musik eine Paarung finden wird, ein Album voller Anziehungskräfte – oder wie Tabitha Xavier auf dem Titeltrack singt: »You and me, sometimes you make me smile, sometimes you make me cry!« 08/10 Johannes Piller
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Levek Look A Little Closer (Lefse)
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Sofa Surfers Superluminal (Monoscope Productions / Rough Trade)
Alles schön, alles falsch
Lawinös
Der endlose Sommer der unerfüllbaren Träume: Bossa Nova-Folk mit Südsee-Melancholie.
Die Sofas surfen auf der Schneewelle. Alte Elektronikpfade sind sowieso schon lange weggewischt, übrig bleibt eine starke Rockplatte.
Was für ein trauriger Kitsch: »Black Mold Grow« beginnt mit Mickey Mouse-Vocals, einem Pianospiel wie von den Beach Boys und jeder Menge tenderness – und plötzlich schießen dem Song sexy SoulHarmonien und ein lethargischer Disco-Groove wie Tränen aus den Augen. Der aus Florida stammende David Levesque spielt unter dem Künstlernamen Levek seine eigene Interpretation des niemals endenden Sommers nach. Dabei verliert er sich oft in leichtfüßigen Reminiszenzen. Wie Morgentau perlt das Glück von den Blättern. Das wunderhübsche Folk-Kleinod »Canterbury Bell« klingt wie Nick Drake, wenn er aus Südamerika gekommen und statt todgeweihtem Blues den Bossa Nova im Blut gehabt hätte: »Perfection of a moment, you see the dirt you’re dragging inside«. Lyrisch geht es meist um die ganz üblichen, klein-großen Dramen: Geschichten über verwelkende Liebe, Freundschaft und Verrat, über poetische Verstrickungen und pubertäre Romantik. Es sind die großen, ernst gemeinten Gesten in den süß-bitteren Tönen, die »Look A Little Closer« stark und schwach zugleich machen. »Terra Treasures« überschwemmt die Bühne mit einem sorgenfrei schwingenden Karibik-Pop. Es ist ein Kopfkino fürs Herz, nicht für den Verstand. Das dringlich schön durchkomponierte Bossa NovaFolk-Konzept von »Girl In The Fog« schmeichelt den Südseeassoziationen unter dem Zeichen des vergehenden Sommers. Es kommt aber kein »Healing« auf einen zu, auch wenn das Licht noch so dringlich auf die Spuren im Sand deutet. Sie verlaufen ins Vergangene, in die Unmöglichkeit, dieses eine Gefühl, das man so vermisst, wieder zu erreichen. Doch statt daraus eine Prozession zu machen, überführt Levek die diversen menschlichen Hoffnungs-Mäkel in Melodien, die so durchtränkt von der verführerischsten aller naiven Sehnsüchte sind – jene Unmöglichkeiten, die man aus DisneyZeichentrickfilmen der Jugend ins Älterwerden mitgenommen hat. Es ist alles da und alles so schön und alles falsch. Doch Levek erzählt diese Lügen mit einer so tragenden Begeisterung, das man sich aus ihnen ein Schaumbad machen und darin bis zum Kopf versinken möchte. 07/10 Michael Kirchdorfer
Weißes Rauschen, grollend und bedrohlich: Vor der Lawine, mit der die Sofa Surfers den Zuhörer überzieht, gibt es kein Entkommen. Unaufhaltsam und bedrohlich marschieren die Bässe und glänzen die Gitarrenriffs, ätzen sich in die Lasur der Lautsprecher, die sie ausspucken. Fast paradox scheint es dabei, dass die Platte »Superluminal« heißt – »Überlichtgeschwindigkeit«. Dabei macht die Fixgröße unter den österreichischen Raumgleitern das, was sie schon bei ihrem Debüt vor fünfzehn Jahren gemacht hat und über sieben Alben hinweg variiert und verfeinert haben, auf Tempo Largo immer neue, eindringliche Groove-Patterns entdecken. Die Rohentwürfe zu »Superluminal« schlummerten schon vor eineinhalb Jahren in den Nachtkastln der Herren, man hatte sich dafür am Linzer Pöstlingberg in einem Studio getroffen und in zehn Tagen zehn Songskizzen angefertigt. Dann kam ein unvorhergesehener Ausflug in die Hochkultur. Immer wieder arbeiten die einzelnen Sofa Surfers an Soundtracks, für Theaterstücke, Ballet, Festivals und Kulturtanker. Im Sommer 2011 widmeten sie sich der Musik zum Nestroy’schen »Lumpazivagabundus« im Theater in der Josefstadt. Wolfgang Schlögl findet neben all dem noch Zeit für ein Soloalbum, ein Albumduett mit Franz Reisecker und I-Wolf. So macht der Albumtitel doch wieder Sinn – Arbeiten mit Präzision und rauschender Geschwindigkeit. Mani Obeya schreit sich derweil die Seele aus dem Leib, auf »Out Damn Light«, während hinter ihm die Lichtschwerter zurren. Seine Stimme ist ein fein balanciertes Gegengewicht zu der Macht, die ihm ins Genick bläst. Neben ihm schmückt sich »Superluminal« auch mit neuem Sänger, Jonny Sass, ein junger Wiener mit amerikanischen Wurzeln. Weitere Sternstunden von Österreichs allerliebster Ausnahmeband sind auf »Word In A Matchbox« zu hören, dem starken Flow von »Broken Together«, oder dem mantrischen »In Vain«. Schon lange sind die Sofas nicht mehr die darken Dubber aus den 90ern. Die Lawine, die sie mit ihrem Postrock losgetreten haben, rollt weiter, bringt sie Stück um Stück voran. Das ist zwar nicht neu, aber in dieser Form immer für einen Amadeus gut. 07/10 Martin Riedl 061
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Animal Collective Centipede Hz (Domino / Paw Tracks) — Freak Folk adé: Das Animal Collective tauscht auf seinem neuen Longplayer die Hippiegitarre mit Electropop aus. Eine unerfreulich unglückliche Neuorientierung.
Bassnectar Vava Voom (Amorphous Music) — Man kennt das, Dubstep muss bluten. Aber Bassnectar ist anders. Er hat einen beeindruckenden Pool an Einflüssen, Hooks und sogar ein bisschen Weltverbesserung.
05/10 michael kirchdorfer
05/10 stefan niederwieser
Adrian Crowley I See Three Birds Flying (Chemikal Underground) — Eine irische Medizin gegen Erkältung, karg und reichhaltig zugleich, mit starkem Abgang im Storytelling.
Deadbeat Eight (Blkrtz) — Warmer, dicker runder Dub-Techno / TechnoDub, der die Kombi noch etwas cleverer ausspielt als der Genredurchschnitt.
Dinosaur Jr. I Bet On Sky (Play It Again Sam) — Eh nett – mehr aber auch nicht. Dinosaur Jr. langweilen sich offensichtlich. Und somit auch uns.
05/10 juliane fischer
06/10 thomas wieser
03/10 nicole schöndorfer
Kid Kopphausen I (Trocadero) — Die deutschen Liedermacher Nils Koppruch und Gisbert zu Knyphausen liefern mit hoher Hitdichte mehr als die Summe ihrer beiden Teile.
Kreidler Den (Bureau B) — Sanft entrückte, aber ein wenig leidenschaftslose Krautrockerei als Bildungsbürgeralternative zur eskapistischen Clubabfahrt. 05/10 thomas wieser
07/10 rainer krispel
Becoming Real Solar Dreams / Neon Decay (Note Even) — Bassmusik hat selten bleicher geklungen. Und der verkrampfte Versuch es experimenteller anzugehen, erhöht den Spaßfaktor auch nicht gerade.
John Cale Shifty Adventures in Nookie Wood (Domino) — Eine Legende kehrt nach mehrjähriger Studiopause mit äußerst gelungenem Album zurück. 08/10 gerald c. stocker
04/10 thomas wieser
Lianne La Havas Is Your Love Big Enough? (Warner) — Eine wunderbare Stimme versinkt in belanglos arrangierten Soulballaden. Für Jools Holland mag das reichen, aber das ist eh kein Maßstab. 05/10 gerald c. stocker
Chronotpimist Ruhetag (Shash Records) — Mit HipHop als Grundgerüst liefert Chronotpimist eine organische und wunderbare Instrumental-EP, die an Robot Koch erinnert. 07/10 jonas vogt
Hurray For The Riff Raff Look Out Mama (Loose Music) Tochter eines Vietnam-Veteranen macht von New Orleans aus zugängliche und gefällige Americana-Songs mit Charakter. Mit Jodeln!
Ivvvo Occult (Moun10) — Der Portugiese Ivvvo schraubt die bpm runter und liefert ein düsteres, reduziertes und langsames Stück Musik ab. Eine Downtempo-Renaissance?
05/10 rainer krispel
06/10 jonas vogt
Laibach An Introduction To … Laibach / Reproduction Prohibited (Mute) — 15 Werkstücke des musikalischen Arms des Kunst-Kollektivs NSK. Ideen und Implikationen sind dabei interessanter als die eigentliche Musik.
Mala Mala In Cuba (Brownswood Recordings) — Mala bringt Sub-BassSound mit kubanischen Grooves in Einklang und zeichnet so eine wunderschöne Landschaft zwischen Kingston und South London. 08/10 kevin reiterer
07/10 rainer krispel
Sepalot Chasing Beats (Eskapaden Musik) — Gestandener HipHop-Beatbauer dringt weiter in poppiges Soul-, Funk- und Clubterritorium vor und landet erfolgreich im Durchschnitt.
Adrian Sherwood Survival & Resistance (On U Sound) Nu-DubOberzampano macht NuDub-Album nach seiner eigenen 30 Jahre alten Formel, ohne sich auch nur irgendwie um den Zeitgeist zu scheren.
05/10 thomas wieser
06/10 thomas wieser
Six Organs Of Admittance Ascent (Drag City) — Ben Chasny reuniert mit seiner Ex-Band Comets On Fire. Rock-out-Level dreimal auf Anschlag, dazwischen gewohnte Raffinesse in okkult folkigen Settings. 08/10 david mochida krispel
John Tejada The Predicting Machine (Kompakt) — John Tejada versucht an die übermächtige Größe von »Parabolas« anzuknüpfen und scheitert, bis auf wenige Lichtblicke, an sich selbst. 04/10 kevin reiterer
Various Artists Shades Of Grey – Das Klassikalbum (EMI) — Sie spürte den Schmelz der Geigen langsam über ihre Pobacke rinnen. Auch wenn sie Klassik früher nervte, war sie jetzt dem Klang von Geld und Macht hoffnungslos verfallen. 03/10 stefan niederwieser
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Jon Convex Idoru (Convex Industries) — Instra:mental-Head Damon Kirkham versucht sich als Jon Convex auf neuem Terrain – gelungener Hybrid aus Drum ’n’ Bass und Techno. 07/10 kevin reiterer
07/10 werner reiter
I’m Not A Band Band Band (ADP Records) — Geigerin und Elektroniker machen gemeinsam Musik. Elektroniker baut auf Schema F und versaut es bedauerlicherweise. 03/10 thomas wieser
Kid Koala 12bit Blues (Ninja Tune) — Ein Turntable-Derwisch macht humpelnde, rumpelnde und eiernde Collagen, die eine ganz eigenwillige Sampler- und Turntable-Romatik versprühen. 06/10 thomas wieser
Sigi Maron & The Rocksteady Allstars Es is ned ollas ans (Mad Butcher) — Wer den großen Sigi Maron noch nie live erleben durfte, dem sei dieses Album als kleines Substitut ans Herz und seine Venen gelegt.
Scams Add & Subtract (Devial Duck Records / Indigo) — Man darf ja immer skeptisch sein bei neuen UK-Indie-Bands. Bei Scams aus Leeds weicht diese oft berechtigte Skepsis jedoch Wohlgefallen. Juhu!
07/10 gerald c. stocker
06/10 nicole schöndorfer
Various Artists Totally Wired Sampler (Totally Wired) Das frisch geschlüpfte Label Totally Wired scheißt auf Hochglanz und will dies mit seinem ersten Labelsampler beweisen. Aber: Bedeutet Lo-Fi Narrenfreiheit?
Robag Wruhme Olgamikks (Nachdigital) — Querdenker Robag Wruhme liefert mit »Olgamikks« eine rundum perfekte Mix-CD ab, dunkle Beats und helle Flächen für den sommerlichen Ausklang.
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08/10 kevin reiterer
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01/10 grottig 02/10 schlecht 03/10 naja 04/10 ok, passt eh 05/10 guter Durchschnitt 06/10 sehr gut 07/10 super 08/10 ein Top-Album des Jahres, Genre-Klassiker 09/10 absolutes Meisterwerk
Crime And The City Solution A History Of Crime – Berlin 1987–1991 (Mute) — Blues, Punk, Weltschmerz und große Erzählungen: Reissue aus den Berliner Jahren einer großen Band, der es daheim in Australien zu sonnig war.
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R ez Mama Illegal (von Ed Moschitz) — Achtung Missstand: Das dokumentarische Kinodebüt des Journalisten Ed Moschitz handelt von drei illegalen moldawischen Immigrantinnen in Österreich und deren Familien im Heimatland. In der Hoffnung auf ein besseres Leben zahlen viele Frauen Unsummen an Schlepper, um in Europa als Putzfrauen und Kindermädchen zu arbeiten. Sie leben am Existenzminimum und schicken den Großteil ihres Erwerbs nach Hause. Doch bei der Rückkehr zerbrechen ihre Träume an der Realität. Sie sind sowohl von ihren Familien als auch von den dortigen Lebensverhältnissen entfremdet. Moschitz’ Blick bleibt naturgemäß einer von außen, ist dabei aber schonungslos und einfühlsam zugleich. Immer wieder wird deutlich, dass die ständig präsente Kamera für die Protagonistinnen sowohl Belastung als auch Hoffnung darstellt. Das über einen Zeitraum von sieben Jahren angesammelte Material wird von »Mama Illegal« schlüssig aufbereitet und erzählt. Zudem kommt es – im Vergleich zu seinen bisherigen TV-Arbeiten – ohne Off-Kommentar aus. Ein zweifellos wichtiger Film, der aufzeigt, statt zu mahnen. 08/10 Artemis Linhart Nachtlärm (von Christoph Schaub; mit Alexandra Maria Lara, Sebastian Blomberg, Carol Schuler, Georg Friedrich) — Noch entrinnt Georg Friedrich dem TypeCasting nicht. In »Nachtlärm« spielt er abermals den halb wahnsinnigen, aber doch liebenswürdigen Kleinganoven. Friedrich ist zwar nicht Protagonist dieser Roadmovie-Komödie des Schweizers Chrisoph Schaub, aber die mit Abstand noch interessanteste, weil rätselhafteste Figur. Das übrige Ensemble muss auf einer langweiligen Oberfläche eine dünne Handlung mittragen: Livia (Lara) und Marco (Blomberg) haben ein Baby, das nächtelang schreit und nur bei ausgiebigen Autofahrten zur Ruhe kommen will. Bei einer dieser Fahrten wird plötzlich das Auto samt Kind gestohlen. Daraus entwickelt sich wiederum eine fade Verfolgungsjagd, in der die beiden Hauptfiguren ihre brachliegende Beziehung analysieren, während sie gestresst durch die Nacht rasen. Wenig überraschend warten allerlei skurrile Pannen auf die schlaflosen Eltern und die Entführer (Schuler und Friedrich), die wiederum alle von einem dubiosen Kriminellen verfolgt werden. Beim Versuch, spannend und lustig zu sein, verfährt sich »Nachtlärm« leider zu sehr in seinen müden Nebenschauplätzen und flachen Figuren. So verfliegt die düstere Atmosphäre sehr schnell. 03/10 Klaus Buchholz The Expendables 2 (von Simon West; mit Silvester Stallone, Jason Statham, Arnold Schwarzenegger) — Die Entbehrlichen sind zurück – und dieses Mal sind sie auf einem persönlichen Rachefeldzug. Wie sein Vorgänger hat »The Expendables 2« den Vorteil, dass er auf mehreren Ebenen funktioniert. Auf der einen Seite war es ein solider Actionfilm für die aktuell 15-Jährigen, auf der anderen durch seine Besetzung ein Referenzpunkt für alle, die irgendwann mal 15 waren. Der Film kommt deutlich selbstironischer daher als der erste Teil, mit den erwartbaren Terminator- und Chuck Norris-Facts-Witzen. Man hat das Gefühl, einem Klassentreffen beizuwohnen, bei dem die Stimmung ungetrübt ist, weil alle erfolgreich geworden sind und niemand zugenommen hat. Und natürlich ist eine Szene, in der sich mit Stallone, Willis, Schwarzenegger und Norris gefühlte 500 Jahre Actionfilmgeschichte durch eine Flughafenhalle schießen, amüsant. Van Damme als der dämonische Gegenspieler der Bande bleibt allerdings blass. Klar ist die Story dünn, aber der Film unterhält solide. Das muss dann auch reichen. 05/10 Jonas Vogt
Film
To Rome With Love (von Woody Allen; mit Ellen Page, Jesse Eisenberg, Alec Baldwin, Roberto Benigni, Penélope Cruz)
Nächster Halt: Rom Woody Allen packt für »To Rome With Love« gleich vier neue Filmideen ein und überlädt damit das Gepäck mit einem Durcheinander aus Geschichten. An Woody Allens filmischem Output lässt sich ja gut messen, wie die Zeit vergeht. Wieder ist ein Jahr vergangen. Während man eben noch in Paris war, so führt uns Allen 2012 nach Rom. Mit zunehmendem Alter scheint es ihm keineswegs an Ideen zu mangeln. Vielmehr wirkt es, als geriete er langsam in Torschlusspanik, um seine Unmengen an Geschichten noch um jeden Preis an den Mann zu bringen. Passend dazu steht er nun erstmals seit »Scoop« (2006) wieder selbst vor der Kamera. Er spielt einen pensionierten Opernregisseur, der – in der gewohnt zappeligen Allen-Manier – den Ruhestand mit dem Tod gleichsetzt und mit aller Gewalt noch einen Hit draufsetzen will. Parallel dazu entspinnen sich allerlei Liebeswickel, fantastische Wirrungen und Skurrilitäten um vier Konstellationen: Ein Liebesdreieck um Ellen Page und Jesse Eisenberg mit Alec Baldwin als geisterhafter Erscheinung; Roberto Benigni als Otto-Normalbürger, der über Nacht zum Star wird; dem künftigen Schwiegervater seiner Tochter, bei dem Woody Allen eine Opernstimme entdeckt; und nicht zuletzt: Penélope Cruz als fehlgeleitete Prostituierte, die versehentlich eine junge Ehe aufwirbelt. So wirkt »To Rome With Love« mit seinen unzusammenhängenden Erzählsträngen etwas überladen. Zwar ist der Film durch die Vielfalt an Figuren und Anekdoten etwas kurzweiliger als vorangegangene Ausflüge nach Barcelona, Paris oder London. Gleichzeitig wirkt er allerdings konfus und konturlos, was zusammen mit dem laschen Titel einen etwas lieblosen oder gehetzten Eindruck hinterlässt. Was fehlt, ist nicht nur ein roter Faden, sondern auch eine homogene zeitliche Verankerung der vier Erzählstränge. Diese Willkür macht das Kinoerlebnis unstimmig. Gelegentlich entlockt der Film dennoch ein freudiges Schmunzeln, wenn zwischendurch schemenhaft der Charme des alten Allen-Oevres aufblitzt. Mit einer zwanglosen Mischung aus plausiblen und surrealen Elementen offenbart er, dass der Geschichte ein subtiler Irrsinn innewohnt und feiert diesen ungeniert ab. Letztlich fehlen dem Film aber Zusammenhang und Pepp. Solcherart gliedert sich »To Rome With Love« dann auch in in die postkartenhafte Reihe von Allens EuropaFilmen ein. 06/10 Artemis Linhart
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Film
Cabin In The Woods (von Drew Goddard; mit Kristen Connolly, Chris Hemsworth, Anna Hutchison)
Horror ist tot, es lebe das Horror Wie keine andere Filmsparte muss sich die des Horrorfilms immer wieder Berechenbarkeit und Bedienung sämtlicher Klischees vorwerfen lassen. Cabin in the Woods nutzt genau das für sich: ein kurioses Spektakel für Spartenfans, das durch seine Gerissenheit aber an Intensität einbüßt. »You think you know the story?« lautet die Catch-Phrase, mit der »Cabin In The Woods« seinen Marketing-Auftakt im Netz bestritten hat. Und im Vorfeld schon konnte der Film auf ganzer Linie punkten: Noch vor Filmstart wurde da vom besten Film im Genre seit Jahren gesprochen. Horrorfilm-Fans hüpften auf und ab wie Höllenhunde auf Ecstasy. Die Story des Films ist tatsächlich eine, die man zu kennen glauben: Jugendliche machen einen Trip zu einer abgelegenen Waldhütte und werden dann im klassischen Dezimierungsverfahren getötet. Hinzu kommt, dass die Hütte ständig mit Kameras von Wissenschaftlern beobachtet wird. Diese analysieren das Verhalten ihrer Bewohner akribisch und beeinflussen außerdem, was in diesem Experiment passiert. Ihre Bandbreite reicht von der Regulierung der Temperatur in der Hütte bis zur Auswahl der Killermaschinen, welche die unwissenden Jugendlichen fortan terrorisieren. So wird über den typischen Horrorfilmplot ein absurdes Meta-Universum gespannt; einen Plot-Twist gibt es dabei aber nicht. Von Anfang an spielt der Film mit offenen Karten, anstatt sein Publikum lange im Dunkeln tappen zu lassen. »Cabin In The Woods« punktet mit ausgereiftem Humor und seinen sympathischen, mehrdimensionalen Charakteren, die für das Genre tendenziell unüblich sind. Das wirkt, obwohl sie dazu verdonnert werden, nach gängigen Horror-Klischees zu agieren. Denn »Cabin In The Woods« funktioniert als Satire, als fachgerechte Demontage des Genres. Der Film ist doppelbödig wie die »Scream«-Reihe, beinahe so bizarr komisch wie »Evil Dead 2«. Gleichzeitig ist er eine Würdigung und Leistungsschau des Horrorgenres. Trotz all dieser vielen guten Ansätze, bleibt die erhoffte Intensität auf halber Strecke liegen. Die Tatsache, dass der Film von Beginn an sein Rezept verrät, drängt die Zuseher vorneweg in eine zu überlegene Rolle. Der Film lässt nicht zu, was das Genre so reizvoll macht – auf Augenhöhe mit den Gejagten zu stehen. »Cabin In The Woods« ist definitiv ein Spektakel, witzig und gerissen. Auf Kosten der Intensität gehrt der Film aber leider in keinem Moment wirklich unter die Haut. 06/10 Jan Hestmann
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Chronicle (Fox) von Josh Trank; mit Dane DeHaan, Axel Russel, Michael B. Jordan auf DVD und Blu-Ray
Introducing Noboru Iguchi Noboru Iguchi ist ein Rohdiamant des zeitgenössischen Films. Sein trashiges Attraktionskino ist ein großer Crossover-Spaß. Angefangen hat der Irrsinn mit den schießenden Brüsten von Pornodarstellerin Nana Natsume. Aus ihrem Busen stießen Kanonenläufe und begannen nach dem Orgasmus auf ihre Gegenüber zu feuern. Was wie ein geiler Gag klingt, beschreibt die Schlüsselszenen des preisgekrönten Streifens »Final Pussy« von Noboru Iguchi. Das war 2005, als sich Iguchi mit seinen außergewöhnlichen, Genrespreizenden Experimenten noch einen Namen im Porno machte. So humorvoll, brachial und kunstvoll der B-Movie-Charme seiner Filme ist, so groß ist sein Output. Dabei sprechen schon die Titel, für den Aberwitz seiner Arbeit:. »The Machine Girl« (2008), »RoboGeisha« (2009), »Mutant Girls Squad« (2010), »Karate-Robo Zaborgar« (2011), »Zombie Ass« (2011) oder »Dead Sushi« (2012) werden weltweit von Geeks oder Cineasten bestaunt. Ihre Gemeinsamkeit ist der wüste Mix unterschiedlichster Genres, Themen und Sujets. Elemente aus Pornografie klatschen auf Action, Splatter-Horror, Comedy, Science-Fiction, Martial Arts und was sonst gerade für den Humor von Noboru Iguchi dienlich ist. Die Storylines bleiben zugunsten der krachenden Figuren auf der Strecke. Aus allen Körperöffnungen wird geschossen und gerotzt. Menschen verwandeln sich in Maschinen oder Monster. Kunstblut überflutet literweise die Leinwand, liebevoll billige Special-Effects strapazieren Augen und Lachmuskeln. Das Wahnsinnskino von Iguchi steht auf der Seite seines Publikums. Es will die Sitzreihen mit ausgelassenem Attraktionskino aufbrechen: während Tabus und Klischees ad Absurdum geführt werden, stilisiert sich der Kinoraum zu einer Pointen-Schleuder, bei der alle mitlachen, staunen oder zumindest verstört werden sollen. Selten stellt sich Film so wunderbar blöd. »Zombie Ass« und »Dead Sushi« sind beim Slash Filmfestival in Wien zu sehen. TEXT Klaus Buchholz BILD Slash Filmfestival
The Inbetweeners / Sex on the Beach (Universum Film) von Ben Palmer; mit Simon Bird, Joe Thomas, James Buckley, Blake Harrison auf DVD
Rampart (Ascot Elite) von Oren Moverman; mit Woody Harrelson, Ben Foster, Sigourney Weaver auf DVD und Blu-Ray
Shameless Season 1 (Warner) von Paul Abbott; mit William H. Macy, Emmy Rossum, Justin Chatwin auf DVD und Blu-Ray
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»Chronicle – Wozu bist du fähig?« versucht ein paar ungewöhnliche Stunts – von denen die meisten beeindruckend gut gelingen. Auch wenn der Film nicht ganz so kickt, wie er vielleicht müsste. Hier trifft – filmisch geerdete – Digitalvideo-Ästhetik auf sehenswerte Effekte. In der ungewöhnlichen Story bekommen drei späte US-Teenagern telekinetische Fähigkeiten verliehen, die diese aber nicht nutzen, um als Helden Gutes zu tun. Vielmehr wird gerade der im Mittelpunkt stehende Andrew, der anfangs eher ein sympathischer Underdog ist, zur Gefahr für sich und seine Umwelt. Die Hauptfiguren sind keine souveränen Charaktere, die von der neuen Fähigkeit profitieren, sondern allzu menschliche Jugendliche, mit offensichtlich fehlender Reife. Der Film macht dies – obwohl es der dramatische Kern ist – in seiner Größe nur bedingt spürbar. Trotzdem ist »Chronicle« weit mehr als das Experiment ein paar junger Filmemacher, sondern mit seinen ungewöhnlichen Ideen und Tricks unbedingt sehenswert. 08/10 Martin Mühl
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»Sex on the Beach« hat das fast schon klassische Problem von SerienVerfilmungen: Das Ausgangsmaterial überschattet den Weiterdreh, weil die Formatverschiebung dem ursprünglichen Witz nicht gerecht wird. Als TV-Serie rund um pubertierende Vorstadt-Teenager funktioniert »The Inbetweeners« hervorragend. Die ungeschönte Sprache, der unverkrampfte Umgang mit Sex – und Drehbücher, die direkt von den klebrigen Bauchnabeln Heranwachsender weg erzählen, gaben dem Erfolg drei Staffeln lang Recht. Das funktioniert nun auch auf DVD hervorragend. »Sex on the Beach« wirkt hingegen bloß wie eine Weiterführung eines Fernseherfolgs, die es nicht unbedingt gebraucht hätte. Der Film handelt vom rauschenden Sommerurlaub nach der Schule, von der Mannwerdung mit Sonnenbrand und Katerstimmung. Auch als Destillat hebt sich das humoristisch aber von vergleichbaren Coming-of-Age-Komödien im Kino nicht ab. So fern einer originellen Handlung überzeugen die Charaktere aber nur das alte Fernsehpublikum. 07/10, 05/10 Klaus Buchholz Ein Team rund um Regisseur Oren Moverman (»I’m Not There«) und Schauspieler und Produzent Ben Foster hat sich nach »The Messenger« noch mal zusammengetan, um mit Woody Harrelson in der Hauptrolle »Rampart« zu verfilmen. Im Gegensatz zum Originaldrehbuch von James Ellroy ist der Film weniger narrativ und dafür Atmosphärisch noch dichter. Harrelson gibt in der auf ihn konzentrierten Show den ziemlich brutalen Cop Dave Brown mit rassistischen Untertönen. Ein kaputter Typ, der mit allen Probleme hat und dem seine Gewaltausbrüche gegen Kriminelle immer mehr zum Verhängnis werden. Seine Liebe für seine (Ex-)Familie und seine Töchter bleibt hier ein schmaler Lichtblick, der den Charakter nur bedingt positiver zeichnet. Harrelson füllt diese Rolle erwartbar perfekt aus, die Nebenrollen sind mit Ice Cube, Ben Foster (als obdachloser Rollstuhlfahrer) oder Sigourney Weaver großartig besetzt und der Film in seiner dunklen Intensität ein Ereignis, dass den Wegfall einer Story verschmerzen lässt. Interessantes Kino zwischen großer Leidenschaft und einem Rest-Respekt vor Kino-Konventionen. 08/10 Martin Mühl Das Leben der Gallaghers ist hart. Als alleinerziehender Vater mit sechs Kindern hat man's nun mal schwer. Außer man schert sich einen Dreck um Verantwortung, so wie es Vater Frank (William H. Macy) macht. Weil er mit Vorliebe sein ganzes Geld für Alkohol verschleudert und überhaupt immer betrunken zu sein scheint, fällt er seinen Kindern ordentlich zur Last. Mit Gelegenheitsjobs und der einen oder anderen Gaunerei kommen diese gerade mal so über die Runden. Probleme des alltäglichen Lebens werden ebenso humorvoll und sarkastisch besprochen wie so manches Spezialproblem, das einer der Gallaghers gerade eingeschleppt hat. Ärger gibt’s ja innerhalb solch maroder Familienstrukturen fast immer; und falls dann doch mal alles im Lot scheint, bringt mit Sicherheit der soeben aus dem Vollrausch erwachte Vater neues Ungemach. So lustig und leichtfüßig erzählt, so berührend kann die Handlung stellenweise sein: Die mit viel Tempo vorgetragene Geschichte überrascht immer wieder mit kleinen, geradezu beiläufig eingestreuten Höhepunkten, während einem langsam die gesamte wilde Horde unaufhaltsam ans Herz wächst. 08/10 Stefan Kluger Auf www.thegap.at außerdem Reviews zu »Meeting Evil« (Sony), »Science Busters 1–8« (Hoanzl), »Sleepless Night« (Sunfilm), »Strafpark« (Kino Kontrovers), »Die Tribute von Panem« (Studiocanal), »Das Todespiel« (Universum), »Verblendung (Sony), »Zorn Der Titanen 3D« (Warner), …
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R ez Martin Amis Die schwangere Witwe 01 (Hanser) — Martin Amis ist ein vielseitiger und vor allem ein verlässlicher Autor. Zu seinen Lieblingsthemen zählt die verschenkte Jugend, das langsame Älterwerden, das schlussendliche Scheitern – also alles Themen, mit denen man als Autor nicht zwingend breitenwirksam ankommen, wenn es nicht Martin Amis wäre, der ziemlich böse über alles schreiben kann und bei aller Eitelkeit sich auch selber nicht schont. Sein aktuelles Opfer ist die englische Boheme im Jahre 1970 und deren allzu freier Umgang mit der Libido. Über Erotik schreiben können nicht viele Autoren. Meistens steht der Leser vor ziemlich peinlicher »Erlebnisliteratur«. Die Namen der Autoren sind relativ beliebig und austauschbar, aber dennoch in den Bestsellerlisten zu finden, warum auch immer, gleichwohl sie meist nach einem kurzen Höhenflug auf Nimmerwiedersehen verschwinden. Martin Amis macht hier die Ausnahme: Der Autor schreibt nicht über Sex, er philosophiert darüber, typisch britisch, leicht unterkühlt, den Zynismus auf der Zunge, und notgedrungen die historische Entwicklung bis heute im Blickfeld. Der Autor lässt an der sexuellen Revolution, trotz allem Verständnis, kein gutes Haar, aber das auf doch sehr hohem Niveau: »Was tut man in einer Revolution? Man trauert um das was geht, man billigt, was bleibt, man begrüßt, was kommt.« Kurz zum Inhalt: Der Autor setzt die extravagante englische Boheme in den Sommerferien auf ein kleines Anwesen in der Toskana, und lässt zumindest Lily und Keith einmal nachdenken. Trotz manch atemberaubendem Augenschmaus rutscht der Autor nie ins Triviale ab und das ist ja das eigentliche Spiel, das er treibt. In der Londoner Clubszene und in Intellektuellenzirkeln ist Martin Amis eine große Nummer, dort wird man viel gelacht und gescherzt haben – hinter verschlossenen Türen versteht sich. 08/10 Martin G. Wanko Charles Bukowski Ende der Durchsage – Gedichte 02 (KiWi) — Wenige Autoren haben Leser und Literaturkritik so polarisiert wie Charles Bukowski: Für den Boston Globe waren seine Texte nichts weiter als »rüder onanistischer Neon-Schmutz«, für die L.A. Times hingegen war er der »bedeutendste Dichter seiner Generation«. Anfang der 70er, als er auch in Deutschland erstmals veröffentlicht wurde, glaubten die Menschen noch an den Amerikanischen Traum. Dieses Weltbild wurde von Bukowski in einer nicht versiegenden Kette aus Romanen, Kurzgeschichten und Gedichtbänden mit schonungsloser, bis zur völligen Selbstentblößung gehender autobiografischer Aufrichtigkeit konsequent zerstört. Großes Verdienst an seinem Erfolg in Europa hatte der Übersetzer Carl Weissner, der fast alle seine Gedichte ins Deutsche übertragen hat. Er fand eine kongeniale Sprache, mit der er Bukowskis oft brutale, slanghafte Direktheit in ein sinnlich aufgeladenes, vulgärsprachlich geschliffenes Idiom umschmolz. Dies zeigt sich auch bei der Wiederbegegnung in der Bukowski-Anthologie »Ende der Durchsage«. Die 365 enthaltenen Gedichte, eigentlich komprimierte Kurzgeschichten, umfassen eine Zeitspanne von knapp 50 Jahren. Sie schildern das Leben in den Randzonen der Gesellschaft, im Milieu der Alkoholiker, Prostituierten, Obdachlosen und Kriminellen. Eine Mischung aus anti-intellektueller Literatur und persönlichem Sozialreport, zugleich von zarter Melancholie und beißender Satire, in der Bukowskis Vorliebe für Triebe und Süchte und seine ewige Sinnsuche bis zum Schluss den roten Faden bilden. Seit seinem Tod 1994 sind unzählige literarische Abhandlungen über ihn erschienen, in denen er u.a.
Buch Paul Auster Sunset Park (Rowohlt)
Wo die Sonne untergeht Paul Auster rechnet in »Sunset Park« mit der Wirtschaftskrise ab. Eine literarische Spurensuche im Trümmerhaufen des Kapitalismus. 2008, als Obama Hoffungsträger wurde, die Immobilienblase platzte und tausende Amerikaner ihr Zuhause verloren hatten, stellt sich Paul Auster ein Foto von einer dieser verlassenen Bruchbuden auf den Schreibtisch und beginnt erstmals einen Roman des verbitterten Realismus zu schreiben. Erstaunlich geerdet klingt der Schriftsteller hier, obwohl es immer noch Paul Auster ist, den man für gewöhnlich experimenteller kennt. Der neue Realismus beinhaltet in seinem Fall noch immer die klassischen Auster-Protagonisten: Suchende, die sich der scheinbaren Unordnung der Welt und dem Chaos der Ereignisse ausgeliefert fühlen. In seinem jüngsten Werk behält er Surreales im Talon. Auch die angesprochene Unordnung der Welt ist wie gewöhnlich eine von den Protagonisten Erschriebene. Sie ist dem Autor näher als gedacht und wirklicher als ihm lieb ist: Die amerikanische Wirtschaftskrise. »Aber wenn man wirklich etwas erreichen will, ganz besonders in der Kunst, muss man die Courage haben, sich an innere Orte zu begeben, die man gar nicht gern aufsucht. Orte in uns selbst, die Angst und Trauer hervorrufen«, sagte der Schriftsteller in einem Interview. Im konkreten Fall heißt das, Paul Auster spaziert von seinem hübschen Viertel Park Slope in die tristen Teile von Sunset Park hinüber. Dort ist Amerika ein Trümmerhaufen, eine Nation, die ihre Schlachten nicht nur im Irak verliert, sondern auch in der Heimat. Die Lost Generation wird verkörpert von einer Kleingruppe Großstadtguerilleros, jeder ein Widerstandskämpfer auf seine eigene Art. Gemeinsam hausen sie in einer abbruchreifen Hütte im titelgebenden Sunset Park, einem der hoffnungsloseren Teile Brooklyns. Die Hausbesetzer sehen sich als Stellvertreter der Jugend Amerikas mit ihrer Zukunft konfrontiert, die ebenso hoffnungslos ist, wie lebendig begraben. Allesamt sind sie intelligente, engagierte, gut ausgebildete Menschen, die nicht mal die Miete zahlen können, eine chancenlose, um ihre Zukunft betrogene Generation. Nach wie vor legt der Autor viel eigenes Gedankengut in seine Figuren, die ihm ähneln. Als allwissende Erzähler taucht er immer wieder in die Geschichten der Figuren ein. Als sich die Spannung der Haupthandlung zuspitzt, fällt der Erzählstil geschickt auf die Seite des Dramas und schreibt Regiehandlungen zum bildnerischen Verständnis. Spannung entsteht weniger durch die Handlung als durch die genaue Figurenzeichnung. Dabei ist Austers Versuch, die verschiedenen Lebensgeschichten zur großen Parabel nicht nur auf den wirtschaftlichen, sondern den moralischen Bankrott der USA hochzuziehen, etwas überfrachtet und unscharf. »Sunset Park« stellt sich als ein Sammelbecken heraus, in dem all die Mühsal und Schwermut Unterschlupf finden. Austers halboffener Schluss ist kühl und ernüchternd wie die Realität. Paul Auster hat sich den Zorn über jüngste Entwicklungen von der Seele geschrieben. Die Konstante, auf der Amerika aufgebaut ist – die Hoffnung –, ist zerbröckelt. 08/10 Juliane Fischer 01
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mit Beckett, Camus, Nietzsche, Sartre und Schopenhauer verglichen wird. Als Autor der Subkultur steht Bukowski auch heute vor allem für eins: permanente Opposition zu versteinerten Verhältnissen. 10/10 Wolfgang Smejkal Massimo Carlotto Tödlicher Staub 03 (Tropen) — Bei Massimo Carlotto scheint immer die Sonne. Klingt blöd, wenn man Krimis schreibt, aber »das Böse unter der Sonne« hat ja bekanntlich seit Agatha Christie immer Saison. Der Vielschreiber Carlotto schreibt seine Krimis auch gerne mal zu zweit. Für seinen Roman »Tödlicher Staub« hat er sich gleich mit einem integrativen Autorenkollektiv zusammengetan, das unter dem Künstlernamen »Mama Sabot« in Sardinien als Aufdecker arbeitet. Sie stehen also für den realen Hintergrund des Krimis. Knapp hinter den idyllischen Küsten Sardiniens geht man mit der Landschaft nicht sehr gut um, nichts Neues, aber illegale Lagerungen von radioaktivem Müll bis hin zu nicht genehmigten Versuchssprengungen diverser militärischer Geschosse erinnern eher an afrikanische Krimischauplätze und sind sogar für Italien harter Tobak. Die Tierärztin Nina Tola kommt den Verbrechern auf die Schliche, da sie Missbildungen bei Schafen erkennt. Ziemlich unangenehm für den Armeedissidenten Pierre Nazzari, hier hineingezogen zu werden, der zum einen darauf abgestellt ist, die Tierärztin zu ermorden, sie aber liebend gerne würde beschützen wollen. Okay, dass Verbrechen an der Natur abscheulich sind und geahndet werden müssen, ist selbstredend. Um die journalistischen Tatsachen zu erklären und einen halbwegs vernünftigen Plot drum herum aufzubauen, verbraucht Carlotto schon den halben Roman. Ziemlich viele Namen dürfte das journalistische Projekt auch mit sich gebracht haben. Eine kleine Namensliste zahlt sich also aus. Wie üblich im guten Hardboiled-Stil, sowie Carlottos gewohnt feuchtfröhlicher Umgang mit Cocktails passt zu heißen Tagen und lauen Sommerabenden. Dabei lässt sich auch sinnieren: Kult hin, Kult her, Carlotto muss wieder ein bisserl mehr selber arbeiten. 07/10 Martin G. Wanko Helmut Krausser Nicht ganz schlechte Menschen 04 (Dumont) — In seinem neuen Roman, ein stattlicher Ziegel von 600 Seiten übrigens, geht Krausser auf historische Spurensuche in die Zwischenkriegszeit. Im Berlin zur Zeit der Machtübernahme durch die Nazis, wächst das ungleiche Zwillingsbrüderpaar Max und Karl Loew heran. Beide hochbegabt und privilegiert. Der eine ist Kommunist und staubtrockener Intellektueller. Der andere ein unpolitischer Lebemann, der es in einschlägigen Lokalen ordentlich Krachen lässt. Koks und Nutten und ein bisschen Schwänze lutschen, schließlich müssen sexuelle Freiheiten in alle Richtungen hin ausgelotet werden. Als sich die politische Situation unter den Nazis verschärft, entschließen sich die jungen Männer zur Emigration. Begleitet werden sie von Max Freundin, die jüdische Prostituierte Ellie. Es geht nach Paris. Das Leben an der Seine wird erkundet und zwar definitiv nicht abseits gängiger Zwischenkriegsklischees. Später verschlägt es dann Karl auch noch nach Barcelona, direkt rein in die unübersichtlichen Wirren des Bürgerkriegs. Krausser hat sich für seinen historischen Roman viel vorgenommen. Allein, es gelingt dem ansonsten ja mit schöner Regelmäßigkeit großartigen Autor nicht ganz, die Versprechen der ersten 150 Seiten tatsächlich einzulösen. Ja, es scheint streckenweise gar, als entgleite ihm sein Stoff um die zwei merkwürdigen Brüder und der Autor käme selbst unter die Mühlen der Vergangenheit. Da helfen auch die eingeschobenen Geschichtsreferate nichts mehr. 06/10 Manfred Gram Yanick Lahens Morgenröte 05 (Rotpunkt) — Es ist eine dunkle Vorahnung, die sich durch diesen Roman zieht. An ein Happy End zu glauben, wäre – bei dem wenigen, das die Welt von Haiti weiß – einfach nur naiv. Fignolé, der kleine Bruder, ist diese Nacht nicht nach Hause gekommen. Als Rastafari hat er gegen das Regime aufbegehrt. Wie seine Schwestern Angélique und Joyeuse (und alle anderen Kreaturen dieser Insel) ist er ein »Besiegter«. Resignieren, sich mit dem herrschenden Recht des Brutaleren arrangieren, wollte er allerdings nicht. Abwechselnd schildern die beiden jungen Frauen ihre Sicht der Dinge. Jede hat ihre Überlebensstategie gewählt, hält die der anderen für unangemessen und falsch.»Joyeuse hatte bereits begriffen, nach welcher Musik die Männer tanzen, und war fest entschlossen, sie geschickt zu spielen.« Liebe lässt sie nicht zu, aus Furcht schwach zu werden. Hass ist »ein erhabenes Gefühl, das mich wie Alkohol wärmt«. Angélique wiederum – jung Mutter und naiv geschwängert – hat sich in die Gottesfurcht geflüchtet. Männer sind ohnehin unstet, Väter abwesend. »Auf dieser Insel gibt es nur Mütter und Söhne«. Yanick Lahens’ bildreiche Sprache hat Jutta Himmelreich behutsam aus dem Französischen übertragen. Sätze wie »Die Angst hing über der Stadt wie die weiten Schwingen eines riesigen Raubvogels« entfachen in ihrer Einfachheit eine bedrohliche Unmittelbarkeit. 07/10 thomas weber
#11: User Interface 2020. Beyond Touchscreen Keynote Martin Kaltenbrunner: „Tangible Music“ Martin Kaltenbrunner ist Professor für Interface Culture an der Kunstuni Linz Bei guten Produkten stimmt alles: Marketing, Design, Interaktionsmöglichkeiten und nachgelagerte Serviceleistungen bieten ein konsistentes Gesamterlebnis. Soweit die Theorie. Vor allem, wenn es um neue Technologien geht, sieht die Praxis oft anders aus. Zwar ist man mit Touchscreens dem Ideal einer intuitiven Bedienung ein ganzes Stück näher gekommen. Sprachsteuerung wird tatsächlich anwendbar und Konzepte wie Kinect zeigen, wie auch Komplexes mit Gesten koordiniert werden kann. Doch der Mensch ist längst nicht im Zentrum aller Überlegungen angekommen. Was kommt? Was fehlt? Was braucht’s? Martin Kaltenbrunner wird unter anderem auch „Reactable“ vorstellen, ein von ihm entwickeltes elektronisches Musikinstrument, das einen ganz neuen Weg bei der Bedienung von Geräten aufzeigt.
20.09.2012 – Einlass 18:30 Uhr – Beginn 19:00 Uhr The Hub Vienna, vienna.the-hub.net Wien 7., Lindengasse 56/ Top 18 –19 Die Veranstaltungsreihe twenty.twenty widmet sich als offene Diskussionsplattform Zukunftsszenarien einer Welt 2020. Denn: Zukunft kann nicht gepredigt oder verordnet werden. Sie gehört diskutiert und gestaltet.
www.twentytwenty.at | www.facebook.com / exploring2020 | www.twitter.com / exploring2020
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Jeff Lemire The Underwater Welder 01 (Top Shelf Productions) — Jeff Lemire schrieb und zeichnete sich mit der Essex County Trilogie in die Herzen vieler Comicliebhaber. Auch beim Marktgiganten DC, für den er zurzeit eine Reihe von Serien schreibt und teilweise auch selbst illustriert, blieb seine Stimme einzigartig. Erfreulich, dass sich das junge, melancholische Talent zwischen den straffen Abgabeterminen etwas Zeit verschaffen konnte, um »The Underwater Welder« zu vollenden. In seinem typisch krakelig-expressiven Stil führt er uns in ein kleines Küstenstädtchen, wo ein junges Ehepaar in Kürze ihr erstes Kind erwartet. Aber am werdenden Vater nagen Ängste und Schatten seiner Kindheit. Er flüchtet sich in Arbeit, bis er schließlich bei einem Unfall, der ihn fast sein Leben kostet, eine geisterhafte Begegnung hat, die alles verändern wird. Milieustudie, psychologisches Drama und ein bisschen Geisterstory – Lemire spielt seine Stärken aus. Trotzdem bleibt »The Underwater Welder« weit hinter seinen früheren Werken zurück. Wir sollten es ihm verzeihen und auf seinen überlasteten Terminkalender schieben, denn sogar ein schlechter Lemire ist immer noch ein erstaunlich gutes Comic. 07/10 Nuri Nurbachsch Michel Rabagliati The Song Of Roland 02 (Conundrum Press / BDANG) — »Sterben müssen wir alle«, heißt es. Pauls Schwiegervater Roland erliegt fortgeschrittenem Bauchspeicheldrüsenkrebs. Während seiner letzten paar Wochen sieht sich die ganze Familie gezwungen, mit seinem bevorstehenden Tod umgehen zu lernen. Rabagliatis Erzählung ist menschlich. Der Tod kommt leise, unspektakulär und hält das Leben nicht auf. »The Song Of Roland« ist somit nicht harte Konfrontation mit einem unabwendbaren Ende, sondern bemüht sich um die Einsicht, dass es zu jeder Person ein Leben und eine Narration gibt. Abschied nehmen nämlich die Hinterbliebenen und nicht die sterbende Person. Einfühlend unterstreicht Rabagliati auch die Wichtigkeit dieser kleinen Bauernweisheit, in komischen, tragischen und immer humanen Zeichnungen. 09/10 Nuri Nurbachsch Yoshihiro Tatsumi Fallen Words 03 (Drawn + Quarterly) — Japan könnte durchaus als das Land der Spezialisten beschrieben werden. Scheinbar jedes Handwerk, jede Fähigkeit und Talent wird dort zur Zeremonie und bis zur Perfektion getrieben. Anzunehmen, dass so auch »Rakugo« seinen Anfang nahm. Rakugo ist orales Geschichtenerzählen in beinahe ritueller Form, in der ein einzelner Erzähler die Geschichte wiedergibt und dabei selbst alle Figuren spielt. Wortwörtlich übersetzt bedeutet Rakugo »gefallene Worte«. Yoshihiro Tatsumi, einer der Initiatoren der Gekiga (der »ernsthaften Manga«), versucht sich an der Verschmelzung dieser traditionellen Kunstform mit Manga. Auf den ersten Blick kein besonderes Unterfangen, immerhin fällt die größte Schwierigkeit des Rakugo (im Alleingang alle Facetten in der entsprechenden tradierten Form wiederzugeben) in der gezeichneten Form weg. Für den Kenner jedoch ist ersichtlich, wie gekonnt Tatsumi eben jene Codes und Regeln des Rakugo befolgt und in »Fallen Words« einbettet. So interpretiert er acht populäre und unterhaltsame Stücke des Rakugo als Manga neu und beweist mit über 70 Jahren Pioniergeist. 07/10 Nuri Nurbachsch
Co m i c s Josh Simmons The Furry Trap (Fantagraphics Books)
Es kommt zurück Josh Simmons öffnet die Tür zu einer lichtlosen Welt voller Angst. Exquisiter Horror ohne Grenzen für diejenigen, die in »Gut« und »Böse« nur zwei Worte sehen. Das Bild auf dem Cover von »The Furry Trap« trägt den Titel »The Dead Are Alive«. Blutige, ominöse Fußspuren ziehen durch eine Wohnung. Drei Handabdrücke markieren den Weg, vorbei an einem dampfenden Topf. Ja, klar, die Toten sind untot und schleppen sich ins Leben, um an den Lebenden Rache zu nehmen. Kennen wir schon. Doch dann sehen wir es. Die Spuren kommen von oben, vom Dachboden. Dort sollte es keine wiederzubelebenden Leichen geben, vor denen wir uns in die Schatten flüchten und sie an uns vorbeischlurfen sehen müssten. Josh Simmons schuf mit brutal einfachen Kniffen aus klassischen Horrortropen die unbehaglichsten Momente existentiellen Terrors, die es vielleicht je in Comic Books gab. Zum Beispiel der Tagelöhner, dessen Stolz ihn davon abhält, seine Kollegen um Hilfe zu bitten. Im Dunklen der Nacht kommt der kindhafte Dämon, erzählt ihm, wie sie seine Familie und ihn zu Tode vergewaltigen werden. Zu Hause angekommen, warten sie auch schon auf ihn, um ihr Werk zu beginnen. Mit diesem Gefühl überwältigender Ohnmacht und Unabwendbarkeit lässt Simmons uns zurück und beendet hier die Story. Der Rest ist ohnehin nur Fleisch. Oder das Elfenpärchen, das in die dunklen Wälder wandert, wo der böse Zauberer und sein Hundedrache ihnen auflauern. Aber das Gute siegt natürlich. Lothar besiegt den üblen Hexerich und ergeht sich dann in einem gewaltsam sexuellen Blutrausch am dahinsiechenden Körper seines Gegners. Und droht schließlich seiner Liebsten indirekt auch Gewalt an, denn schließlich liebt er sie. Auch die Wiederkehr Jesu Christi sieht aus Simmons Blickwinkel anders aus. Ein verrückter Halbgott, gigantischer Kentaur und abrahamische Allmachtsvorstellung zugleich, wütet vernichtend auf der Erde, erbarmungslos und nicht im Mindesten christlich. Und dann sind auch die Momente, in denen Simmons die unbequemen Ideen von Charles Burns oder David Cronenberg zu schlammigen Essenzen destilliert. Albtraumhafte Momente der Andersartigkeit des Selbst oder der Berührung Fremder. »The Furry Trap« ist wie ein Werkzeug, an dem man testen kann, wie weit sich der Verstand dehnen lässt. Beim erstmaligen Lesen halten sich Schock und Furcht in Grenzen, es kann sich ein leichtes Gefühl der Abscheu entwickeln. Aber je öfter man »The Furry Trap« in die Hand nimmt, desto näher rückt es an die eigene Psyche. Das ist wie in den Gruselstorys, in denen sich das Monster nur, wenn du nicht hinsieht, langsam auf dich zubewegt. Erst ist es noch weit weg, du kümmerst dich um andere Sachen. Dann schaust du wieder hin und kräuselst besorgt die Stirn, aber noch ist genug Zeit, um davonzukommen. Nach einer Weile siehst du wieder hin. Jetzt ist es fast da und du darfst nicht wegsehen, sonst kriegt es dich, aber du kannst nur entkommen, wenn du der Gefahr den Rücken zuwendest … so in etwa wirkt »The Furry Trap«. Josh Simmons entfaltet sich bereits seit einigen Jahren als grandioses Ausnahmetalent, als bisherige Werkbeschau ist der Band essentiell. 10/10 Nuri Nurbachsch
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Ein fahles Pferd, auf ihm der Tod »Darksiders 2« verlässt sich nicht nur auf sein bodenständiges Gameplay, sondern erzählt daneben eine bemerkenswert fesselnde Geschichte. Tod und Verzweiflung ziehen durchs Land. Doch anstatt den drohenden Untergang der Welt gänzlich zu besiegeln, wollen sie die Apokalypse aufhalten. Die Rede ist von Tod, einem der vier apokalyptischen Reiter, der auf seinem Ross Verzweiflung Rettung gelobt. Rettung für die Welt und nicht zuletzt für Bruder Krieg, der bei den Göttern in Ungnade fiel (siehe »Darksiders«). Bei »Darksiders 2« gefällt erneut die gelungene Kombination populärer Spielelelemente: die actiongeladenen Kämpfe erinnern an »God Of War«, während das Rätsel- und DungeonDesign offensichtlich von »The Legend of Zelda« beeinflusst wurde; hinzukommen bei Teil 2 noch ein erfrischend simpler Rollenspielaspekt in Form von Charakterindividualisierung und Sammellust. Gelungen auch der Wechsel der Protagonisten, weil Antiheld Tod nicht nur ikonischer ist, sondern auch interessanteres Gameplay bietet. Statt gegnerische Angriffe zu blocken wird nun ausgewichen und gekontert; auch ungeahnte Klettertouren sind mit dem deutlich agileren Reiter möglich.Und obgleich keiner der wesentlichen Spielelemente (Kämpfen, Klettern & Erkunden, Rätseln) an die der großen Vorbilder für sich gesehen heranreicht, gab es schon lange kein klassisches Action-Adventure mehr, das so stimmig und atmosphärisch war wie »Darksiders 2«. Weitläufige malerische bis hin zu düster-verwinkelten Gebieten wecken Entdeckungslust; die Geschichte rund im die vier apokalyptischen Reiter, ihren Sinneswandel und all die schrecklichen Gestalten, die sich Tod in den Weg stellen, wirkt persönlich und dadurch sehr nah dran am Geschehen; Links Abenteuer oder Kampfsau Kratos mögen die spielerisch ausgefeilteren Mechaniken besitzen, emotional wirken ihre Erzählungen vergleichsweise beschämend flach. Wie schon im Vorgänger kommt auch hier wieder der einprägsame Stil von Comiczeichner Joe Madureira zum Einsatz, der vielleicht nicht jedermanns Sache ist, aber ohne Zweifel mit seinen Arbeiten aus der breiten Masse heraussticht. Technisch hat sich nicht viel getan: verwaschene Texturen und allgemeine Polygonarmut sind kein Grund zur Freude, ebenso wenig die phasenweise ungünstige Kameraperspektive; richtig schwer ins Gewicht fallen diese Mängel jedoch nicht. Apropos schwer: viele der Bossgegner sind beeindruckend riesige und schwere Brocken, deren Vernichtung erwartungsgemäß spezielle Taktiken erfordern. Der angeschlagene Entwickler und Publisher THQ hat mit »Darksiders 2« eine erstaunlich starke Franchise etabliert, die einen Platz neben altgedienten Videospielgrößen redlich verdient. Lange ist es her, dass ein Action-Adventure die Balance zwischen Narration und Gameplay ähnlich gut hinbekommen hat wie »Darksiders 2«. 08/10 Stefan Kluger
Darksiders 2 (THQ); Xbox 360 getestet, PS3; www.darksiders.com 071
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Harvest Moon 3D – Geschichten zweier Städte 01 (Rising Star Games); 3DS (getestet), DS; www.natsume.com — Die traditionsreiche Bauern-Simulation geht – wie gewohnt über die Maßen entspannt –in die nächste Runde. Ohne Grundlegendes zu verändern. 04/10 Harald Koberg Mad Riders 02 (Techland / Ubisoft); Xbox Live Arcade, PS3, PC; www.ubisoft.de — Schnelle Offroad-Action mit ein paar netten Ideen, die aber in den Basics Grafik und Fahrphysik hinter der Konkurrenz zurück bleibt. 05/10 Martin Mühl
SUBOTRON/WKW pro games Veranstaltungsreihe zur Praxis von digitalen Spielen im MuseumsQuartier / quartier21 / Raum D, 1070 Wien subotron.com/veranstaltungen/pro-games/
Do. 06.09.12 pro games global
Bye bye Konsole, hello Free-to-Play? Aktuelle Trends in der Games-Branche
Jan-Michel Saaksmeier Executive Producer Bigpoint GmbH Harald Riegler Co-Founder & CEO Sproing GmbH
Do. 20.09.12 pro games local
Märkte der Games-Industrie: Smartphone / Tablet Markus Hofer Blackish Josef Ortner Allcivilizedplanets Fatih Olcaydu Conquering Bytes Franz Hess spielwerk
Do. 04.10.12 pro games global
Crowd-Funding: Finanzierungsalternative oder Marketingtool? Denis Bartelt Gründer Startnext Anna Theil Kuratorin co:funding Konferenz Ido Yehieli tametick Michael Paeck Cliffhanger Productions Katharina Norden Three Coins Martin Langhammer Cyber Arena
Do. 18.10.12 pro games local
Projektanalyse österreichischer Games: Bongfish GmbH – Avatar Motocross Madness
Mo. 29.10.12 pro games gobal x Pioneers-Festival Insert coin! Live-Pitching österreichischer Game-Startups
Do. 15.11.12 pro games local
Märkte der Games-Industrie: Social / Browser Alex Seifert pro3games Wolfie Christl Data Dealer Peter Purgathofer yourturn.fm
Unterstützt von www.creativespace.at – Die Kreativplattform der Wirtschaftskammer Wien
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Q.U.B.E. 03 (Toxic Games), PC, qube-game.com — Klinisch weiße Wände, dreidimensionale Rätsel und keine Erklärung für die eigene Anwesenheit – wer „Portal" kennt, kennt auch das Setting von »Q.U.B.E.«. Doch während wir beim Verschießen unserer Portale noch das Gefühl hatten, begleitet zu werden, bleibt die anfängliche Einsamkeit in »Q.U.B.E.« aufrecht und begleitet den Spieler durch strahlend weiße und stockdunkle Level, die nie mehr als ein paar farbige Würfel und den ein oder anderen Schalter aufweisen. Was in gut ausgeleuchteten Räumen einen recht kurzweiligen Anfang findet, nimmt schnell an Fahrt auf und wirft Puzzelfreunde bald in einige höchst diffizile Rätsel, irgendwo in der Dunkelheit eines Testgeländes. Ähnlich dem bekannten Vorbild sind die Grundprinzipien denkbar einfach, doch die Aneinanderreihung von Denkschritten erfordert schon bald höchste Konzentration und stellt den Spieler vor Herausforderungen, die aufgrund der schwammigen Steuerung auch immer wieder kurz frustrieren können. Spielenswert ist das Ganze auf jeden Fall. Genialitäten, wie sie die „Portal“-Handlungen aufweisen, lassen sich hier zwar nicht entdecken, . 06/10 Harald Koberg Rune Factory: Oceans 04 (Rising Star Games); PS3 (getestet), Wii; www.risingstargames.com — Wenn ein Junge und seine beste Freundin nach einem ungewollten Zeitsprung im selben Körper gefangen sind und sich nun mittels fleißiger Landarbeit, kleinen Romanzen und eines riesenhaften Golems in einem unbekannten Dorf nützlich machen, dann ist klar, dass hier Japaner aktiv waren – lange bevor man die androgynen Manga-Augen zu Gesicht bekommt. »Rune Factory« ist seit 2009 (und lange davor schon in Japan) der Fantasy-Ausleger der erfolgreichen »Harvest Moon«-Serie. Neben dem entspannten Landleben geht es hier auch im Kampf gegen verschiedenste Monster zur Sache; Monster, die auch zahm gebürstet und zu Nutztieren transformiert werden können. Die »Oceans«-Ausgabe der Serie, die jetzt auch die PS3 erreicht hat, ist so etwas wie die Seefahrer-Edition. Mehr noch als in »Harvest Moon« geht es hier aber auch darum, die Dorfbewohner für sich zu gewinnen. Um Freunde zu finden, Romanzen zu initiieren und irgendwann in der lieblichen Hochzeitskapelle des schwulen Priesters Gerard zu heiraten. Objektiv betrachtet ist das Spiel weder Fisch noch Fleisch und die Handlung verliert sich in der Monotonie des Bauernalltags. Dazu kommt eine PS3-Grafik, die der Wii nicht recht entwachsen ist. Und trotzdem hat die Mixtur einen Charme, dem sicherlich erlegen werden kann. Ein Nischenprodukt. 05/10 Harald Koberg Sleeping Dogs 05 (Square Enix); Xbox 360 getestet, PS3, PC; www.sleepingdogs.net — Seine Wurzeln als »True Crime: Hong Kong«, einem stillgelegten Videospielprojekt, kann »Sleeping Dogs« nicht vollständig verleugnen. Das Open World-Game wirft den Spieler als Undercover-Cop in Hong Kong zwischen alle Stühle. Damit seine Deckung nicht auffliegt, muss er Aufträge für die Triaden erfüllen und seine alten Kontakte als heimatloser Jugendlicher in der asiatischen Großstadt spielen lassen. Gleichzeitig gilt es auf das Gesetz zu achten und die kriminellen Tätigkeiten der alten Freunde langfristig zu unterbinden. Wie für Sandbox-Games üblich, gibt es viel zu tun: Rennen fahren, Leuten helfen, Aufträge erfüllen und natürlich immer wieder Kämpfe ausfechte. »Sleeping Dogs« legt auf diese (Faust-)Kämpfe viel wert und hat sie tendenziell mit Spieltiefe versehen. Das führt bei all jenen – wie mir –, die ihre Skills ungern trainieren und die spieleigenen Timings nicht lernen wollen, zu Frust, weil manche Passagen öfter in Angriff genommen werden müssen. »Sleeping Dogs« ist als Sandbox Game weniger eigenständig als das im Spiel zitierte »Just Cause«, sondern näher als »GTA«. Klassischerweise ähneln sich die Aufträge, es gibt ein paar feine Ideen – nur Interesse für spielerisch gar nicht so einfache Faustkämpfe muss man eben auf jeden Fall mitbringen. 07/10 Martin Mühl 01
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Nach Neustrukturierung und Terminverlegung in den Herbst liegt der diesjährige Programmschwerpunkt der größten österreichischen Messe für Gegenwartskunst auf einer Abkehr von traditionellen geopolitischen sowie kulturellen Gegensatzpaaren wie Ost–West, Nord–Süd, kapitalistisch–kommunistisch. 20.–23. September Wien, Messe Wien, Hall A, Entrance A, Messeplatz 1; www.viennafair.at
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TEXT Andreea Dosa BILD Viennafair, Paul Takeuchi, Margit M. Marnul, MSF Austria (Médecins Sans Frontières), Bruno Klomfar, Vienna Sneakerness, Ryuichi Maruo
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Alex Katz Alex Katz, einer der angesehensten lebenden amerikanischen Künstler, wird anlässlich seines 85. Geburtstags mit einer der bisher größten Malerei-Ausstellungen Österreichs geehrt. Katz, der seine Darstellungen reduzierte, indem er Flächen betonte, ist in erster Linie für seine Porträts bekannt. Das Essl Museum zeigt eine Auswahl an Gemälden, Entwurfszeichnungen, vorbereitende Ölskizzen und Kartons des Künstlers. Eröffnung: 14. September, 19.30 Uhr; 15. September 2012–6. Januar 2013 Klosterneuburg bei Wien, Essl Museum, An der Donau-Au 1; www.essl.museum
Literatursalon im Gemeindebau
TEXT Andreea Dosa BILD Viennafair, Paul Takeuchi, Margit M. Marnul, MSF Austria (Médecins Sans Frontières), Bruno Klomfar, Vienna Sneakerness, Ryuichi Maruo
Das Theater Rabenhof startet eine neue Saison der Erfolgsreihe »Literatursalon im Gemeindebau«. Régis Jauffret, Julya Rabinowich, Roger Willemsens und viele andere, werden bis 24. November ihre Neuerscheinungen vorgestellen. Abgeschlossen wird die Serie mit der Langen Nacht der Kolumnisten. 13., 21., 24., 26. September, 6., 24. Oktober, jeweils 20.00 Uhr Wien, Rabenhof Theater, Rabengasse 3; www.rabenhoftheater.com
Leben auf der Flucht Die internationale Hilfsorganisation »Ärzte ohne Grenzen« zeigt ab 26. September die interaktive Wanderausstellung »Leben auf der Flucht« am Wiener Karlsplatz. Ziel der Ausstellung ist es, »be-greifbar« zu machen, wie Lebensumstände von Flüchtlingen aussehen. In rund zehn Zelten können die Besucher der Ausstellung begleitet von erfahrenen Mitarbeitern Aufbau und Infrastruktur eines Flüchtlingslagers kennenlernen. 26. September–7. Oktober Wien, Karlsplatz (Resselpark); www.aerzte-ohne-grenzen.at
Vlow Vom 4. bis 6. Oktober 2012 findet im Festspielhaus Bregenz der dritte Architektur-Kongress Vlow statt. Star unter den Gastrednern wird Daniel Libeskind (Jüdisches Museum Berlin, World Trade Center Rekonstruktion etc.) sein: Der US-amerikanische Architekt spricht über den »Brückenschlag von der Architektur zur Kommunikation«. 4.–6. Oktober Bregenz, Bregenzer Festspiel- und Kongresshaus, Platz der Wiener Symphoniker 1; vlow.net
Vienna Sneakerness Am 16. September 2012 ist mit der Sneakerness Europas größte Sneaker Convention bereits zum vierten Mal zu Gast in Wien. Die Sneakerness ist eine pulsierende Convention und keine klassische Messe. Die besten Privatsammlungen, Präsentationen der führenden Sneaker Brands, ein Art Corner und natürlich ein Musik-Programm gibt’s heuer in der Media Opera Neu Marx. 16. September, 11.00–19.00 Uhr Wien, Media Opera, Karl Farkas Gasse 19; sneakerness.com
Ars Electronica: Seiko Mikami – Desire of Codes Unter dem Motto »The Big Picture« findet ab 30. August das Medienkunst festival Ars Electronica statt. Ein Schwerpunkt wird auf der Arbeit von Seiko Mikami liegen. Ihre Großinstallation »Desire of Codes« im Lentos Museum zeigt, wie Grenzen zwischen Datenkörper in der virtuellen und Körper in der realen Welt verschwimmen. 30. August–30. September Linz, Lentos Kunstmuseum Linz, Ernst-Koref-Promenade 1; www.lentos.at 075
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kontraste festival
12.–14. oktober 2012 krems
Kontraste wagt mit spannenden audiovisuellen Experimenten einen Sprung ins Ungewisse. Eine Reise durch das elektromagnetische Spektrum, die unsere Sinne für die Erkundung dunkler und rätselhafter kosmologischer Welten schärft. Das Festival präsentiert ein vielfältiges Programm von Live-Performances, Soundwalks, Installationen, Filmen und Vorträgen. Mit: Synchronatorchestra featuring Gert-Jan Prins, Bas van Koolwijk, Jérôme Noetinger, Justin Bennett, Billy Roisz & Robin Fox Sandra Gibson, Luis Recorder & Olivia Block Maja Ratke & HC Gilje Bruce McClure Makino Takashi Optical Machines Raviv Ganchrow Matthew Biederman und viele mehr Infos und Tickets unter www.kontraste.at
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© ZINE*FAIR 2012, KUNSTHALLE wien, Grafik: Dan Solbach
TEXT Franziska Wildförster BILD Projektraum Viktor Bucher, Bernd Kugler Galerie
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Dora Garcia, Today I Wrote Nothing, Hommage an Daniil Kharms, 2009, Filzstift auf Papier, 21 × 29 cm
André Butzer, Gefährliches Pilzefinden als Kind, 2009, Öl auf Leinwand, 90 � 100 cm
curated by Niekolaas Johannes Lekkerkerk
André Butzer
Der Niederländer Niekolaas Johannes Lekkerkerk gehört zu den jüngsten Vertretern aller Kuratoren bei »curated by«. 24 Jahre jung lässt Lekkerkerrks Auswahl auf eine abwechslungsreiche Vielfalt hoffen. Gemeinsamen Nenner der Arbeiten stellt, neben der auffallend konzeptuellen Ausrichtung, die Frage des Individuums in sozialen Hierarchien und Mechanismen dar. Die Finnin Pilvi Takala sucht nach Rissen in der labilen, aufrechterhaltenen Ordnung, die spanische Künstlerin Dora Garcia möchte das Individuum aus der Masse herauslösen, das dänische Duo Beier und Lund durch Interventionen »abnormale« Situationen innerhalb solcher Konventionen schaffen oder durch minimalistische Arrangements soziale und ökonomische Bedingungen der Kunstinstitutionen hinterfragen. Vielversprechend. ab 20. September Projektraum Viktor Bucher
Die Welt von André Butzers Malereien ist bunt und chaotisch, die Farbe presst der deutsche Künstler direkt auf die Leinwand. Seine abstrakten bis Cartoon-artigen Bilder haben eine starke, optische Wirkung, doch die Message bleibt offen. Butzer bezeichnet seinen Stil selbst als Science-FictionExpressionismus. Seine Bilder sind quasi gattungslos. Alles ist bewusst offen gehalten. Es werden keine linearen Geschichten erzählt, stattdessen sind sie voll von historischen und kulturellen Referenzen – einer Kultur der industrialisierten Massenproduktion, von Pop und Spektakel. Formal allerdings meint Butzer der Frage nach bildnerischen Gesetzmäßigkeiten hinterher und so auf der Spur seiner großen Vorgänger Cézanne oder Mondrian zu sein. Erfolg hat er damit jedenfalls auf dem Kunstmarkt: Zuletzt waren seine nicht klar kategorisierbaren Werke in der Londoner Saatchi Gallery zu sehen. Ab September auch in Innsbruck. 11. September bis 13. Oktober Bernd Kugler Galerie
Kärnten
Wien
Galerie Judith Walker bis 30. September Michael Kos
Oberösterreich
Galerie 422 Margund Lössl 1. September bis 7. Oktober Junge Kunst
Salzburg
Galerie Thaddeus Ropac bis 31. Oktober Michael Sailstorfer
Steiermark
Galerie Eugen Lendl 17. September bis 20. Oktober Klaus Wanker
Tirol
Galerie Elisabeth & Klaus Thoman 15. September bis 17. November Florian Kompatscher
Vorarlberg
Galerie Lisi Hämmerle ab 1. September Bernhard Buhmann
Charim Galerie Wien curated by Felicitas Thun-Hohenstein ab 20. September Roberta Lima Georg Kargl Fine Arts curated by Thomas Locher ab 20. September Yael Bartana / Gianfranco Baruchello / Clegg&Guttmann / Peter Fend / Matt Mullican / Henrik Olesen / Anna Oppermann / Katya Sander / Dierk Schmidt / Andreas Siekmann / Costa Vece / Stephen Willats Galerie Martin Janda curated by Thomas D. Trummer ab 20. September Alina Szapocznikow / Ryan Gander Knoll Galerie curated by Simina Neagu ab 20. September Anca Benera&Arnold Estefan, Olga Chernysheva, Berry Patten, Antje Peters Galerie Christine König curated by Marius Babias ab 20. September Thomas Klipper / Jimmie Durham Krobath Wien curated by Karel Císař ab 20. September Dominik Lang Galerie Emanuel Layr curated by Florence Derieux ab 20. September Agnes Denes / Lili Reynaud Dewar / Clément Rodzielski / Emily Wardill Galerie nächst St. Stephan curated by Agata Jastrzabek / Dirk Snauwaert ab 20. September Ruth Buchanan / Theo Cowley / Simon Hempel / Imi Knoebel / Olga Raciborska / Joëlle Tuerlinckx
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3rd Independent Publishers and Artzine Fair Vienna Sa 22. + So 23. September jeweils von 13 – 21 Uhr
«Inexpensively produced and sold, self-published, small circulation, passionate!» Kuratiert von Rita Vitorelli und Cathérine Hug With an extensive art, discourse and film program, drinks, party and friendly people! With over 60 Publishers and Artzines such as A-B Books (Zurich); Bad Day Magazine (Toronto); Create & Detroy Presss (Vienna); Edition Taube (Stuttgart); EINE (Vienna); Gloria Glitzer (Berlin); innen (Budapest); Klorofill (Budapest); Look Back and Laugh books (Ljubljana); Rokko’s Adventure (Vienna); many stuff (Paris); Un Demi (Berlin, Paris, Amsterdam and Vienna), and many more… With Special Artists’ Interventions by such as Heinrich Dunst (Vienna), Søren Engsted (Stockholm), Ruth Ewan (London), Jakob Lena Knebl (Vienna), Hans Scheirl (Vienna), Jean-Michel Wicker (Berlin), etc.
© ZINE*FAIR 2011, KUNSTHALLE wien, Photo: Marlies Surtmann, Vienna
tägl. 10 bis 19 Uhr, Do. 10 bis 21 Uhr Museumsplatz 1, A–1070 Wien www.kunsthallewien.at
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TERMINE
FESTIVALS
4 Fragen an Elke Rauth (Urbanize Festival) Verknappt gesagt lädt Urbanize zum Stadterkunden ein. Braucht man dafür ein eigenes Festival? Nein und Ja. Auf eigene Faust loszuziehen, möglichst abseits der Reiseführer-Routen und ohne vorher viel zu wissen, ist sicher eine der besten Arten, sich einer Stadt zu nähern. Um aber einzutauchen in Phänomene und Zusammenhänge, die eine Stadt als gesellschaftspolitischen und sozialen Raum formen, braucht es eine vielschichtige Auseinandersetzung. Könntest du das Programm kurz umreißen? Wir wollen in Vorträgen, Diskussionen, Workshops und Führungen, mit Spaziergangsforschung und künstlerischen Interventionen im öffentlichen Raum, mit Ausstellungen, Filmen und Literatur der Frage nachgehen, wie unsere Städte lebendige und attraktive Lebensräume für alle Bewohnerinnen sein können. Damit Wissensaustausch und Vernetzung so richtig in Gang kommen kann, richten wir heuer auch erstmals eine Festivalzentrale ein, mit einem täglichen Nightline-Programm ab 21 Uhr. Forscht ihr bloß oder handelt ihr auch? Wir verstehen uns weder als Forschungsinstitut noch als Aktionistinnengruppe. Eine unserer selbstauferlegten Aufgaben ist die Vermittlung von Wissen zu urbanen Fragen, sowie die Kritik und die Diskussion von Standpunkten. Wie sieht es mit der Freiraumschaffung in Wien aus? Wien besitzt viel öffentlichen Raum, aber er ist stark reguliert – ein Zurückschrauben der Bestimmungen wäre ein echter Gewinn für die Stadt. In Berlin ist das sehr schön zu beobachten – dort gibt es eine weitaus höhere Selbstverständlichkeit der Nutzung von Gehsteigen, Baubrachen, Plätzen oder Hinterhöfen. Das schafft Lebensqualität für den Einzelnen und auch mehr Toleranz und sozi ales Miteinander. Urbanize! Int. Festival für urbane Erkundungen 5.–14. Oktober 2012 Wien, diverse Locations; www.urbanize.at
Imaginäres Gespräch: »Um was geht’s?« »Design.« »Genauer?« »Eh alles.« »Aha!«
Vienna Design Week Möbel-, Grafik-, Industrie- und Produktdesign will nicht nur betrachtet werden, man soll es benutzen, diskutieren und feiern. Ein Schwerpunkt wird auch dieses Jahr wieder auf Social Design liegen (bereits Coverstory The Gap 120). Es geht also nicht nur um die Schönheit der Dinge, sondern auch um Nutzen für die Gesellschaft. Das reicht von den Produktionsbedingungen über die Materialien bis dahin wessen Leben es überhaupt verbessern soll. Nachhaltigkeit ist das Stichwort, selbst wenn mit dem Begriff derzeit einiges Schindluder betrieben wurde. In über hundert Veranstaltungen, die von Ausstellungen, ortsspezifischen Installationen über Gesprächen und Diskussionsrunden bis zu hippen Partys reichen, kann man netzwerken, sich inspirieren lassen, staunen oder auch einkaufen. 28. September bis 7. Oktober 2012 Wien, diverse Locations
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FESTIVALS
TEXT Benjamin Agostini BILD Urbanize Festival, Silvio Teixeira & Christof Nardin, Eckhart Derschmidt, Marcelina Wellmer
Wie diese Anordnung klingen wird, wissen wir selbst nicht. Sicherlich aber neu und eigen. Um es heraus zu finden, muss man schon in die Wiener Rinderhalle pilgern.
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Moozak Festival
Geschätzt so viele europäische Muslime sollen beim Steirischen Herbst neu vermarktet werden. Das Image ist schlecht und benötigt dringend Aufwertung. In Wahrheit ist die Kampagne natürlich Kunst und führt Branding-Wahn und Angst vor dem Fremden auf einen grandiosen Nenner.
Das noch sehr junge Moozak Festival springt zum zweiten Mal in die audio visuelle und vor allem experimentelle Bresche. Neben Audio- und Videoinstallationen wird auch gewagte Musik mit Visuals live auf der Bühne dargeboten. Das österreichische Moozak-Label beschäftigt sich laufend mit genau solchen Spielarten und wählte als Austragungsort die Rinderhallen bei St. Marx. Das Gebiet rund um das alte Schlachthaus will sich als Medien- und IT-Standort etablieren. Mit Noise-Kalibern wie dem ehemaligen Phonotaktik-Festival kann das Festival nicht ganz mithalten, da das Festival durchaus leistbar ist, sollte man zumindest von Jahr zu Jahr wachen. 21. bis 22. September Wien, Rinderhallen
Steirischer Herbst
In digitalen Archiven steckt ganz schön viel Wissen drin. Es herauszuholen und zu verbessern, hat sich Paraflows zum Zeil gesetzt.
Die Welt wäre eine schlechtere, würde sich Kunst nicht mit Politik auseinandersetzen und öffentlichkeitswirksam Missstände aufzeigen. Der Steirische Herbst nimmt sich dieser Aufgabe an und hat ganz im Zeichen des Arabischen Frühlings, Occupy und der Euro-Krise eine Menge an Künstlern geladen, die mittels ihres Schaffens darauf aufmerksam machen. 21. September bis 14. Oktober Graz, diverse Locations
Graphinale
Das biblische Alter von 120 Jahren zu erreichen ist schon etwas Besonderes. Die Graphische, hat es geschafft und feiert sich selbst mit der Gründung des Festivals für Kurz- und Animationsfilme im Media Quarter Marx. Es wird geschaut und geplaudert. Wer will, kann sich bekehren lassen. 5. September Wien, Media Quarter Marx
Curated By
Paraflows Nimm ein iPhone, mach es auf, lern draus und mach es besser. Ungefähr so funktioniert Reverse Engineering, das Leitthema des siebten Paraflows ist. Beim Verbessern der bestehenden Technik geht es nicht nur darum, das ganze Potenzial von Erfindungen auszuschöpfen, sondern auch essenziell um die Demokratisierung von Wissen. Warum auch sollte das Wissen, das in einem iPhone steckt, oder jedem anderen Gerät oder Software, nur ein paar auserwählten Konzernen zu mehr Profit verhelfen? Paraflows geht es darum dieses Wissen an die Gesellschaft weiterzugeben. Natürlich ist dabei ein laborartiges Symposium zentraler Programmpunkt, der passenderweise »Open, Disect, Rebuild« heißt. Kino und Konzerte vervollständigen das Programm. 13. September bis 20. Oktober Wien, diverse Locations
Wie stark ist dein Privatleben von deiner Arbeit getrennt? Curated By fragt in Wien nach. Das Festival stellt die Frage in den künstlerischen Kontext und lässt in 22 Galerien Ausstellungen zum Thema »Kunst oder Leben. Ästhetik und Biopolitik« von internationalen Künstlern kuratieren. 20. September bis 25. Oktober Wien, diverse Locations
Shnit
Die Manifestation unserer Kurzweiligkeit ist der Kurzflim. Beim international tourenden Shnit-Festival werden über 300 Filme vorgestellt und Preise vergeben. Da dürfen natürlich auch die Partys nicht fehlen. Wer nicht genug von den knappen Sequenzen bekommt, dem sei das Shnit ans Herz gelegt. 3. bis 7. Oktober Wien, diverse Locations 079
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MUSIK
Bo Candy And His Broken Hearts Do | 20:00 Einlass | 20:30 Beginn VVK: EUR 12,– | AK: EUR 14,–
Thomas Pronai Gesang, Gitarre, Keyboard Patrick Stürböth Gitarre Julian Schneeberger Gitarre Judith Filimónova Bass Ivo Thomann Schlagzeug Rhythm & Blues der alten Schule, mit einer Prise Country und Gospel – jedoch aus dem Burgenland statt aus den Südstaaten!
Einmal pro Monat in der GARAGE X
Bei so viel Brille wird einem ja schwindelig. Bei den psychedelischen Dancetracks von Caribou auch.
Caribou Das kanadische Rentier namens Caribou stoppt seinen Schlitten dieses Mal vor den Toren der Arena. Spätestens seit dem letzten Album »Swim« – bitte die Vorgänger nicht vernachlässigen – und den Hits »Odessa« und »Sun« ist er in aller Munde. Kürzlich als Tour-Support für Radiohead bestätigt, darf sich das unscheinbare Nerd-Chamäleon Daniel Victor Snaith bereits als weltberühmt bezeichnen. Der Träger von Sportsandalen hat noch zwei weitere Projekte nebenbei laufen und veröffentlicht munter qualitativ hochwertiges Material. Live eine uneingeschränkte Empfehlung! 27. September Wien, Arena
Weitere Highlights 2012|13 … Violetta Parisini … Fatima Spar Quartett … Großmütterchen Hatz Salon Orkestar … Christoph Pepe Auer Group … Alma … und viele mehr! Termine auf www.jeunesse.at und auf facebook
Waves Vienna
GARAGE X, Petersplatz 1, 1010 Wien
saison
klassik
jazz
world
neue musik
Früher hat sie bei der Band Of Horses die Drums gebangt, zum Waves Vienna bringt Sera Cahoone ein brandneues Soloalbum mit.
2012|13
kinderkonzerte
Das Wiener Knallbonbon unter den Showcase-Festivals lässt zum zweiten Mal den zweiten Bezirk wassern. Letztes Jahr hat man bereits ein gutes Händchen für Künstler am internationalen Sprungbrett bewiesen, heuer will man es mit Acts wie Rangleklods, Tu Fawning und Housse de Racket weiter treiben. Die Waves Music Conference stellt den Kontakt von Ost nach West her und die LCD-Soundsystem-Dokumentation erlebt auch ihre Österreichpremiere. Zum letzten Mal hierzulande weil auf Abschiedstournee wird man die schwedischen Headliner The Soundtrack Of Our Lives zu sehen bekommen. 4. bis 10. Oktober Wien, diverse Locations
TEXT Benjamin Agostini BILD Jason Evans, Molly Landreth, Steve Gullick, Patrice Jackson, dennis Bloomberg, Bernd Preiml, Matador Records
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TEXT Benjamin Agostini BILD Jason Evans, Molly Landreth, Steve Gullick, Patrice Jackson, dennis Bloomberg, Bernd Preiml, Matador Records
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MUSIK
Richard Hawley Was eine Haartolle alles ausmachen kann. Richard Hawley ist Musikheld der britischen Inseln. Der ehemalige Pulp-Tourgitarrist geistert seit gut elf Jahren solo durch die Musikwelt und will beweisen, dass er aus mehr besteht als seiner Frisur. Gefühlsbetont und mit Einflüssen von Elvis bis Sinatra, kann man mit ihm eine Zeitreise erleben. Leicht zugängliche Gitarrenmusik für Rotwein-Kenner. 6. Oktober Wien, Theater Akzent
highlights september /oktober Mi. 12.09. // 20:00 Indie / Rock ’n’ Roll
Dum Dum Girls / Dirty Beaches / Killed By 9V Batteries
Dum Dum Girls / Crocodiles Vier stoische Gesichter, lärmende Gitarren und doch herzerwärmende Songs. Die Dum Dum Girls verkörpern zwar sehr gut die coolen Rockerbräute, allerdings ist ihre mit Noise angehauchte Pop-Musik zu durchdacht, um sie bloß auf das Aussehen zu reduzieren. Gemeinsam mit den Crocodiles – Sängerin und Sänger der beiden Bands sind übrigens verheiratet – verspricht das einen Konzertabend mit viel Leder und langen Beinen (jetzt ist es doch passiert). 10. September Wien, Arena
Refused Warum gibt eine Band, die sich vor 14 Jahren auflöste, Reunion-Konzerte? Am offensichtlichsten wäre natürlich der finanzielle Aspekt. Im Falle der Hardcore-Punkband Refused lässt sich darüber streiten. Revolutionäre Ideen stehen dabei ebenso auf der Agenda wie die einfache Lust, wieder zu spielen. Spätestens im Moshpit werden sich aber alle wieder verstehen und Fragen keine Rolle mehr spielen. 1. Oktober Wien, Arena
Fr. 21.09. // 20:00 Wave / Punk-Rock
Fehlfarben / Seven Sioux / Mittekill
Mo. 24.09. // 20:00 LiteraturSalon
Vea Kaiser: Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam
Mi. 03.10. // 20:00 Theater
Königlich Flämisches Theater (BEL): „Mission“ mit Bruno Vanden Broecke
Do. 04.10. // 20:00 Vocal Groove
Sofa Surfers
Bauchklang
Mit neuem Album unterm Arm – zwei Jahre haben sie sich dafür Zeit gelassen – und zusätzlichem Sänger, kehren die Wandlungskünstler aus Wien zurück. Sie verstehen es, sich mit jedem Album neu zu erfinden und dabei stets ein Auge auf ihre Vergangenheit zu werfen. Die Vorabsingle »Word In A Matchbox« lässt sich bereits auf ihrer Homepage probehören. 6. Oktober Wien, WUK
Maria Fliri / Barbara Herold: Von Hollywood nach Uganda
Sa. 06.10. // 20:00 Theater
Perfume Genius Musik, die in die Seele des Komponisten blicken lässt. Songs, die so fragil wirken, wie Mike Hadreas aka Perfume Genius selbst. Melancholie als Katalysator der Schönheit. Ein Musikprojekt, das selbst die hartgesottensten unter den abgebrühten Indie-Hörern zum Nachdenken bewegen sollte. Wer da nicht zumindest einmal berührt wird, hat kein Herz. 16. September Wien, Flex
Fr. 12.10. // 20:00 Rap / Rock
Casper: Der Druck steigt Tour 2012
Mi. 17.10. // 20:00 LiteraturSalon
Robert Menasse: Der Europäische Landbote
Di. 23.10. – Mi. 24.10. // 20:00 Kabarett
Alfred Dorfer: bisjetzt
Mi. 31.10. – Sa. 03.11. // 20:00 Pop
Ahoi! Pop 2012
XXYYXX Gebrochenes und Zerstückeltes. Die Beats erinnern an einen jüngeren und mutigeren James Blake. Schnell jetzt noch hingehen. In ein paar Jahren, wenn der 16-jährige Marcel Everett alias XXYYXX, alleine unterwegs sein darf, wird der Hype ihn bereits überrollt haben. 2. Oktober Wien, Rhiz
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Hype!: The Fabrique wird 10 Helmut Bergers Wenn es ein kleines Label schafft, zehn Jahre alt zu werden, sollte das natürlich gefeiert werden. Fabrique beschenkt sich selber mit einer Geburtstagsparty. Mit von der Partie sind alle aktuellen Acts, darunter Mauracer, Wolventrix, Ping Ping, Lovecat und Hans-Joachim Roedelius. Alles Gute! 28. September Wien, Porgy & Bess
Der Hype Club lädt jeden Monat eine Band ins Fluc, die einen Hype wert ist. Zahlen kann der Gast dafür, so viel er will. Diesen Monat dürfen The Helmut Bergers ihr Liedgut zum Besten geben. Die Salzburger Indiepopper mit dem klingenden Namen werden wohl für das ein oder andere geschwungene Tanzbein sorgen. 4. September Wien, Fluc
Musikfestival mit The Divine Comedy / The Pains Of Being Pure At Heart / A.G. Trio / Kraftklub / Nicole Willis / Awolnation u.v.a. Das komplette Programm gibt’s auf www.posthof.at POSTHOF – Zeitkultur am Hafen, Posthofstraße 43, A – 4020 Linz Info + Tickets: 0732 / 78 18 00, www.posthof.at
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Know-Nothing-Gesellschaft von Illbilly The K.I.T.T.
Freunderlwirtschaft
E
illustration Jakob Kirchmayr
s ist wieder Zeit für kleine Auszüge aus meinem Tagebuch. Diesmal steht der Monat August an. Leider ist es so, dass ich mit diesen Teilveröffentlichungen gleich gegen mehrere meiner Prinzipien verstoße. Erstens mache ich nämlich dabei implizit Werbung für die Veranstaltung »Dogma. Chronik.Arschtritt«, eine Lesebühne, die jeden 13. des Monats in der Adria Wien beinahe unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet und bei der mein Alter Ego mitwirkt. Zweitens mache ich auch implizit Werbung für den Roman »Mia Messer« von Mieze Medusa. Die ist bei besagter Lesebühne auch dabei, ja hat sie eigentlich mit Markus Köhle und Nadja Bucher erfunden. Es riecht also alles ein bisschen nach Eigengefälligkeitsjournalismus und Freunderlwirtschaft. Wobei, was die High-End-Checker bei The Gap mit ihren hochtalentierten Elektro- und DJ-Wapplern hinkriegen, kann ich schon lange, vor allem aber zu meinem Gaudium, um ein Hauseck weniger subtil. 1 . august: Habe gerade für die Lesebühne am 13. August abgesagt. Bin nämlich auf Urlaub in New York. Eine glatte Lüge. Zwar hab ich Ferien, bin aber in Wien. Will nur nicht schon wieder dort hin. Mieze Medusa war gar nicht enttäuscht ob der Absage. Sie und Köhle sind nämlich auch nicht da. Sie leiten einen Poetry-Slam-Förderkurs oder Workshop in Griechenland. 4 . august: War gestern auf einem Konzert von Thurston Moore, der sich von seiner Frau Kim Gordon scheiden hat lassen und deswegen momentan solo und nicht mit Stammband Sonic Youth unterwegs ist. Konzert war ziemlich na ja. Ich dachte vorwiegend an andere Menschen, die auch Moore heißen. Roger Moore, Michael Moore, Demi Moore, Julianne Moore. Aber auch mein Steuerberater Herr Muhr und Murauer Bier fielen mir ein. Ich hatte das Gefühl, Thurstons Midlife Crisis mit aussaufen zu müssen. Jemand sollte dem Mann ein Fax schicken, dass die 90er vorbei sind. Am Heimweg bin ich ein bisschen mit dem Rad gestolpert. Beim Aufwachen war das Bett voller Blut und auf meinem ganzen linken Oberschenkel
ist ein blauer Fleck in Form und Farbe des Bodensees. Lebensabschnittsdingsbums schimpfte sehr, als ich ihr die Schwellung in meiner Unterhose zeigte. 5 . august: Ich schmiere mir Topfen aufs Hämatom. Es kühlt, stinkt und schwillt noch mehr an. Liege hauptsächlich herum und versuche »Mia Messer« von Mieze Medusa zu lesen. Ich ärgere mich grün und blau. 6 . august: Lebensabschnittsdingsbums wirft mich raus. »Blöd auf der Couch herumliegen kannst du bei deiner Mutter auch. Um 13.27 Uhr fährt ein Zug. Und nimm das Kind mit.« 8 . august: Ich weigere mich ins Krankenhaus zu gehen. Stattdessen bestehe ich auf Parkemed, die ich mit Bier runterspüle. Ich muss sagen: Der beste Urlaub seit Langem. 10 . august: Langsam geht die Schwellung an Hüfte und Oberschenkel zurück. Kann das ziemlich genau beurteilen, da ich täglich zur gleichen Zeit ein Foto mit dem Handy mache. Mittlerweile sieht man von der Seite sogar meine Eier wieder. 11 . august: Wieder in Wien. Der Schaffner im Zug war aus Kärnten. Er sagte nicht »Vorteilscard« sondern »VC«, eigentlich reibelautverweichlicht »Fo-cee«. »Ihre Fo-cee ist abgelaufen und Sie sitzen im Damenabteil.« Ich muss lachen und entschließe mich, eine neue Sprache zu lernen. Serbisch vielleicht? Lebensabschnittsdingsbums kommentiert mein Vorhaben lapidar: Lern besser gescheiteres Deutsch. 15 . august: Komme bei »Mia Messer« nicht weiter. Aber die Suppe hab ich mir im Juli selbst eingebrockt, weil ich nicht gleich gemerkt habe, wie mich diese Mieze Medusa böse reingelegt hat. »Warum bespricht bei The Gap eigentlich niemand mein Buch. Und das vom Markus auch nicht?« »Weil niemand will«, war zwar die korrekte Antwort, aber die Medusa weiß, wie sie mich nehmen muss. Sie erzählte mir, dass nicht einmal die Weiber vom feministischen Anschläge-Magazin ihr Buch rezensieren. Und das, obwohl es um eine Kunstdiebin geht, die ausschließlich Werke von Feministinnen aus den Museen stiehlt. Ich schimpfte, Mieze wies mich aber darauf hin, dass »verbitterte Neidfotzen« etwas überzogen ist. Ich sagte, es sei im Rahmen der Kolumne Platz für ein Buch. Sie solle entscheiden, ob ihres, oder
t das ihres Mannes. »Meines«, sagte Medusa. Nun, jetzt haben wir den Salat. 17 . august: Das wird was mit dem Serbischen. Scheint eine sympathische Sprache zu sein. Kleine Kotkügelchen, die im Arschhaar hängen bleiben, nennt man Tarzancic – »der kleine Tarzan«. Wie schön – ich seh’ die Bröckerl direkt vor mir, wie sie sich in der engen, verwucherten Schlucht von Liane zu Liane hangeln und dabei tosende Urwaldlaute ausstoßen. Da können wir mit unseren Winterkirschen echt einpacken. 19 . august: Habe Notiz auf einem Einkaufszettel entdeckt: »Kolumne schreiben, über einen, der eine Gurke am Naschmarkt kauft, die 1:1 aussieht wie sein Pimmel.« Stutzig macht mich aber die Notiz zur Notiz: »0676 54 xxx xx, O. K. einholen.« Rufe an, hebt niemand ab. Kann auch nicht, ist meine eigene Nummer. 22 . august: Ich werde von Frauen verfolgt, die in der Öffentlichkeit den Sadomasosoftschmarren »Shades Of Grey« lesen. Ich frage mich, ob es denen und mir besser ginge, wenn ich mal ordentlich hinlangte. 25 . august: Habe bald meine erste Million geknackt. Allerdings nicht so, wie man sich das vorstellt. Mein Buch (hier kann man sich einen Link denken), rangiert bei Amazon auf Verkaufsrang 954.576. 27 . august: Habe gerade eine Liste unverfänglicher Verkaufsempfehlungen angefertigt. Weiß aber nicht warum. 1. »Dieser Kauf ist wie Buttermilch, die man im Kühlschrank hat, aber nicht trinkt. Nur ohne Ablaufdatum.« 2. »Dieses Buch ist ein Milieuzeichen, schon der Besitz zeichnet einen aus und man kann es ›denen da unten‹ damit ordentlich zeigen.« 3. »Lest dieses Buch. Und dann gleich noch einmal. Schafft ihr eh nicht.«
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Illbilly The K.I.T.T. www.facebook.com/ illbilly
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the souNdtrack of our lives (se) gold paNda (uk) paNtha du priNce (de) rustie (uk) lucy rose (uk) the weddiNg preseNt (uk) housse de racket (fr) kaviNsky (fr) dilloN (de) ghostpoet (uk) miloopa (pl) tu fawNiNg (us) viNNie who (dk) graveNhurst (uk) scout Niblett (us) b.fleischmaNN (at) uma (de) team me (No) mujuice (ru) paula & karol (pl) mieux (at) eiNar stray (No) sex jams (at) bloom (sk) mario & vidis (lt) aNNa aaroN (ch) mile me deaf (at) … aNd maNy more …
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