The State of Things | Der Dinge Stand

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Was passiert, wenn ich den l<nopf drii cl<e? Friedrich Kirschner, P rofess o r fU r D i g i ta l e M ed i en i m P u p p e n sp i e l , u b e r l < n i:i pfe, S c h a l te r u n d i h r p a rtizi pati ves Pote n z i a l i m B u h n e n ra u m i m G esp rach m i t Tim Sandweg

Friedrich Kirschner, was haben Sie mitgebracht?

Schalter sind, losen dagegen irgendwo etwas aus. Wir

Das ist ein Tastschalter. Wir haben sehr viele davon in

sind es vielleicht gewohnt, <lass die Konsequenzen beim

,,Battle Royale" benutzt, einer Minisimulation verschiede­

Drucken von Knopfen immens sind, etwa beim Starten

ner Gesellschaftssysteme, die wir im Rahmen des Szenen­

von Raketen. Knopfe verdecken aber meistens die vielen

studi ums Hybride Formen for das Next Level Festival in

Vorgange, die <lurch sie ausgelost werden. Deswegen ist

Dortmund entwickelt haben. Man denkt ja immer, Schalter

die Erwartungshaltung so grofS: Was passiert, wenn ich

seien ganz einfach konstruiert, bis man mit ihnen arbeitet

den Knopf drucke? Obwohl er eine so einfache Art der

und feststellt, <lass es sich um ausgefeilte mechanische An­

Interaktion anbietet, ist mit dem Knopf, je nachdem, wie er

gelegenheiten handelt. In vielen unserer Inszenierungen

dramaturgisch etabliert wird, unglaublich viel moglich. Ich

spielt die Haptik eine Rolle. Bei ,,Battle Royale" begab sich

weifS aber zum Beispiel auch, <lass auf der Buhne alle mogli­

das Publikum unter anderem in die Rolle von Arbeitenden

chen Dinge passieren, weil jemand ,,da hinten einen Knopf

und sollte auf solche Knopfe drucken. Pro Klick stieg so das

druckt". Das blendet man als Zuschauer*in bestenfalls aus,

Bruttoinlandsprodukt. Dass dieser Spielvorgang als Abbild

ganz im Sinne der Theorie von der ,,Willing Suspension of

von Arbeit funktioniert hat, hangt auch mit dem Gerausch

Disbelief", also die willentliche Aussetzung der Unglau­

und vor allem der Haptik zusammen. Gemeinsam mit dem

bigkeit: Ich bin bereit zu glauben, was da passiert. Beim

Kostum, das die Arbeitenden trugen - SchweifSermasken

Theater haben wir das, zumindest in Deutschland, auf eine

und -schurzen -, hat das den Punkt getroffen zwischen ,,Wir

schizophrene Weise. Ich glaube dem Buhnengeschehen,

arbeiten" und ,,Eigentlich drucken wir nur auf Tastaturen",

und gleichzeitig weifS ich, <lass jemand dort hinten sitzt

zwischen ,,Fruher hat es noch geklickt" und ,,Heute tippe

und zur richtigen Zeit Knopfe druckt. Das birgt ganz span­

ich nur noch auf Screens". Deswegen war es wichtig, genau

nende Herausforderungen: Wie kann ich die technischen

diesen Schalter zu nehmen.

Vorgange, die auf der Buhne stattfinden, in einem Buhnen­ raum erzahlen, in dem alles passieren kann, weil jemand

Oftma.ls spielt in partizipativen Theateiformen ein Schalter auch eine Rolle, wenn es um Entscheidungen geht.

Knopfe druckt?

Schalter ist ja nicht gleich Schalter. Der eine schaltet zwi­

Mittlerweile arbeitet eine ga.nze Reihe von Produktionen mit Technik als Spielpartner. Mir scheint, je peifekter die Technik

schen zwei Zustanden hin und her. Knopfe, die ja auch

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