Digital Future topsoft Fachmagazin 21-2
Remote bleiben oder nicht? Es heisst, die Pandemie habe die Digitalisierung und Flexibilisierung der Arbeit um mehr als 20 Jahre beschleunigt. Viele KMU haben gelernt, komplett aus dem Homeoffice zu funktionieren. Treffen in den Firmenräumen finden nur noch mit guter Begründung statt. Mit der schrittweisen Erleichterung der Pandemievorschriften kann jetzt jedes KMU entscheiden, welche Form der virtuellen Zusammenarbeit es auf Dauer installieren möchte. Dieser Fachbeitrag zeigt Möglichkeiten auf und erklärt, wie diese praktisch umgesetzt werden können. >> Ursula Teubert | cross-ING AG; Innovation World Network Switzerland
folgen, wird heute kleiner. Mit der jüngeren Generation und berufstätigen Eltern, die beide ihre Kinder aufwachsen sehen wollen, wird die Frage von Remote Arbeitsplätzen, asynchronen Arbeitszeiten und Teilzeit für Unternehmen zur Chefsache. Der Lockdown hat uns gezwungen, Remote-Arbeit im Team zu üben. Jetzt können wir entscheiden, ob wir das remote Arbeiten in unseren Firmenalltag gezielt integrieren.
Vorteil des «work from anywhere»
Die Pandemievorschriften haben eine Mehrheit der KMU vom Status «no remote» oder «remote-allowed» seit dem ersten Lockdown 2020 in die Arbeitsweise «all remote» gezwungen. Produktion und Testbetriebe laufen bis dato auf Stufe «hybrid-remote»: Nur Aufgaben, die ortsabhängig sind – Tests, Produktion, Lagerarbeiten und Versand – werden vor Ort durchgeführt.
Was hat sich geändert? Miete und Fahrtkosten sind seit März 2020 im Budget vieler KMU geschrumpft. Mitarbeitende können sich die tägliche Fahrtzeit ins Büro sparen, Arbeitszeiten werden flexibel gestaltet. Wir haben begonnen, Fragen via Chat zu stellen statt zu telefonieren. So können die Empfänger antworten, wann es für sie in ihren Tagesrhythmus passt. Zu unterscheiden, welche Informationen sofort oder einfach im Laufe des Tages benötigt werden, erlaubt es uns, zeitlich versetzt zu arbeiten. Dadurch können sich alle ihre Arbeitszeiten über den 30
Tag frei organisieren. Trotzdem laufen die Projekte in der Firma erfolgreich weiter. Verfügt ein Intranet über einen Ort für Fachinformationen, zum Beispiel eine Diskussionsgruppe, dokumentieren die Kollegen Fragen und Antworten direkt im Intranet. Dadurch entwickeln sich firmeninterne Manuals wie von selbst. Kommt eine neue Mitarbeiterin in die Firma, wird sie die meisten Antworten auf ihre Fragen im Onboarding-Manual finden.
Die Karriere individuell aufbauen Das Thema «Karriere um die Familie herumbauen» wurde im Lockdown erstmals über die Generationen- und Geschlechtergrenzen hinweg «salonfähig». Noch vor 20 Jahren war der Eintritt ins Berufsleben ganz anders: Entweder gab es einen Vollzeitjob mit Karrieremöglichkeiten, ganztags im Büro, am Wochenende mit Familie und Freundeskreis – oder dann war es ein Teilzeitjob, mit Homeoffice, ohne Beförderungsmöglichkeiten. Der Talentpool von Fachleuten, die dem traditionellen Arbeitsmodell
Ganz zurück ins «no remote»? Sicherlich eine Option für KMU, die sich ganz auf die Region konzentrieren. Es liegt im Trend, Handwerk und Dienstleistung lokal einzukaufen. Aber wie sieht das bei grösseren KMU aus? Viele Führungs- und Arbeitskräfte haben sich an die Vorteile des «work from anywhere» gewöhnt. Allgemein wird der tägliche Pendler-Verkehr entzerrt und die gesellschaftliche Infrastruktur entlastet. Auch die Gewissheit einer pandemiesicheren Arbeitsstruktur ist angenehm. Ganz zu schweigen von den verringerten Kosten für Büromiete und -nutzung. Die Frage «wie finde und halte ich meine besten Mitarbeitenden?» beschäftigt viele Firmen. Wer kennt ihn nicht, den jungen ETH-Absolventen, der seiner Lebenspartnerin, die in einem internationalen Konzern bereits Karriere macht, nach Shanghai oder Sao Paulo folgt? Oder die
Die Autorin Dipl. Ing. MBA Ursula Teubert ist Senior Principal Consultant bei der cross-ING AG und strategischer Fachbeirat der Innovationworld.ch. Sie schreibt zu Innovation und begleitet Firmen in den Bereichen Marktpositionierung und Innovationsmanagement. Als Expertin in Industrie und Forschung & Entwicklung verfügt sie über 20 Jahre Erfahrung in der Produktentwicklung. www.cross-ing.ch | www.innovationworld.ch