ART ATTACK
Das mit der Schönheit ist so eine Sache. Was für den einen wunderschön, ist für den anderen grottenhässlich. Dass diese beiden scheinbar gegensätzlichen Pole aber auch gemeinsam die Schlacht der Kunst für eine bessere Welt bestreiten können, beweisen die Bilder der 33-jährigen Amerikanerin Sarah Miller. Hässlichkeit, das grundsätzlich Böse und den Weltuntergang gibt es sowieso nicht. Warum? Hört gut zu ... TOXIC SUSHI: Was ich an Deinen großartigen Arbeiten faszinierend finde, ist dieser Kontrast zwischen oft leuchtenden Farben und einer sehr düsteren Stimmung. Erstaunlicherweise können sich viele Menschen schnell darauf einigen, was sie hässlich finden. Wenn es darum geht, „Schönheit“ zu beschreiben, gehen die Meinungen oft weit auseinander. Gibt es Schönheit im Hässlichen und umgekehrt? SARAH MILLER: Auf jeden Fall! Zumindest für mich ist das so. Schönheit mag subjektiv sein, aber im Kern gibt es auch eine universelle, unausgesprochene und tief verwurzelte Sprache, die unsere ästhetischen Vorlieben leitet. Wir fühlen uns kollektiv zu Symmetrie, zu Symbolen für Gesundheit und Fruchtbarkeit, zur Natur und sogar zum Tod hingezogen. Bilder, die biologische und psychologische Reaktionen auslösen, die so tief in uns verwurzelt sind, dass wir uns ihrer oft nicht einmal bewusst sind. Das Gleiche gilt für die Abstoßung, die eher durch Angst und das Unbekannte motiviert ist. „Schönheit“ und „Hässlichkeit“ sind eigentlich nur Maßstäbe für Gefühle und Assoziationen. Und obwohl sie oft im Widerspruch zueinander stehen, kann das eine nicht ohne das andere existieren und sie können auch nebeneinander bestehen. Es gibt nur wenige Dinge, die ich schöner finde als unsere eigene Hässlichkeit. 58
TOXIC SUSHI: Im Zuge der Corona-Pandemie wurde in Deutschland eine Umfrage über die gesellschaftliche Relevanz von Berufen durchgeführt. Der „Künstler“ war einer der letzten auf der Rangliste. Welche „Funktion“ hat die Kunst für Dich und welche Bedeutung könnte oder sollte sie in einer Gesellschaft haben? SARAH MILLER: Wenn Kunst eine universelle Sprache ist, die dank der Evolution und des Ausdrucks tief in uns verankert ist, dann wage ich zu behaupten, dass sie genauso wichtig ist wie die Sprache selbst, wenn nicht sogar noch wichtiger. Stell Dir eine Welt ohne jede Art von Kunst vor - Malerei, Grafik, Architektur, Illustration, Film, Mode, Musik, Tanz, Literatur - und was übrig bleibt, ist eine Leere, die unvorstellbar ist, weil der Ausdruck so wichtig für das Leben ist. Dank der Unterhaltungsindustrie und der Massenmedien wird „Kunst“ oft als Luxus oder Privileg abgetan. Kunst sollte jedoch mit größerer Ehrfurcht behandelt werden. Sie sollte praktiziert, geteilt und gefeiert werden - zugänglich, unabhängig von der Klasse, gewachsen und gepflegt, unabhängig von dem „Wert“, den die eigenen Fähigkeiten der Gesellschaft bieten. TOXIC SUSHI: Ich habe auf Deiner Website gelesen, dass Du Japanisch sprichst!? Hast Du eine Verbindung zur Anime/Manga-Kultur Japans? SARAH MILLER: Oh ja, ich bin ein großer Nerd für Anime und Manga! Ich bin mit Fantasy, Comics und Anime aufgewachsen und war auch ein großer Sprachfanatiker (bevor ich mich für ein Kunststudium entschied, wollte ich unter anderem Linguistik studieren), also war es für mich unvermeidlich, Japanisch zu lernen. Ich träume schon lange davon, eines Tages Japan zu besuchen und mehr über die Kultur und die Menschen dort aus erster Hand zu erfahren! TOXIC SUSHI: Wenn Du die böseste Person auf diesem Planeten treffen würdest, was würdest Du sie fragen? SARAH MILLER: Ich glaube nicht, dass ein Mensch von Natur aus gut