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Sandsteinverwendung in Baukomplexen
Pferdeschwemmen mit Wasser gefüllt. Am Abend, nach getaner Arbeit wurden die völlig verschlammten Ackergäule in die Schwemme getrieben, die Tiere konnten gesäubert werden. Doch die schweren massigen Gäule sind längst aus der Landschaft verschwunden und durch diesel angetriebene Traktoren ersetzt worden. Die Schwemmen dienen heute manchmal als Ententeich, die meisten liegen jedoch ungenutzt trocken.
Gehen wir weiter in die Außenbereiche einer solch herrschaftlichen Anlage, stoßen wir auf eine Vielzahl unterschied
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Oben: Plattenzaun im Kloster Amelungsborn
Rechte Seite von oben:
Pfosten auf dem Gutshof in Deensen
Blick von der Zufahrt zum Gut Westerbrak auf das alte Forsthaus
Pferdekoppel auf dem Gut Fürstenberg
Rosenbusch an der Klosterkirche Lippoldsberg
licher Umzäunungen, die von gewaltigen Trockenmauern aus Solling-Sandstein über schmiedeeiserne Umzäunungen mit starken Sandsteinpfosten bis zu Staketenzäunen mit schmalen, länglichen Sandsteinpfosten reichen. Selbst außerhalb der Anlagen, in den Fluren können wir unsere Augen-Reise fortsetzen. Der ausgetretene Pfad führt über eine gebogene Brücke aus mühevoll behauenen
Sandsteinen, über einen mit Sandsteinbruchmauerwerk befestigten Bach oder Mühlengraben. Auf den Feldern und in den umliegenden Wäldern erinnern vereinzelt immer wieder Grenz- oder Kreuzsteine und halb verfallene Steinscheunen an das vielseitig verwendete Material.
Oben: Kapelle in Neuhaus
Wohnhaus auf dem Gut Westerbrak
Links außen: Plattenzaun im Kloster Amelungsborn
Links: Gutshaus in Deensen
DAS WESERBERGLAND
Verwenden wir heute den Begriff Kultur, wird meist ein Gegensatz zur Natur beschrieben. Kultur bedeutet häufig eine Abkehr, manchmal sogar eine Überwindung des Naturzustandes.
Der traditionelle Begriff Kultur ist schon im Altertum zu finden — dort bezieht er sich auf die „Agri- oder Agrarkultur“, also auf die Gestaltung des Lebendigen in der richtigen Bewirtschaftung und Pflege des Bodens und der damit verbundenen Pflanzen und Tiere. Hieraus gingen bestimmte Wirtschaftsweisen hervor, deren Grundsätze auch das soziale Leben der Menschen, die in einer Region lebten, bestimmten. Durch naturgegebene Voraussetzungen bildeten die Menschen Lebensformen, die zu bestimmten Kulturräumen — „Kulturlandschaften“ führten. Lange bevor der Mensch die Kultur in die Städte getragen hat, ist Kultur durch den Menschen in die Natur gebracht worden. Also dort, wo man Natur vermutet, nämlich auf dem Lande, gibt es keine ursprüngliche Natur mehr, sondern eine vom Menschen hervorgebrachte Kulturlandschaft.
Die von Trockenmauern aus Sandstein gestützten Terrassengärten am Schloss Fürstenberg wurden für den Anbau von wärmeliebendem Obst geschaffen.
Dies hat dazu geführt, dass Mitteleuropa nach der letzten Eiszeit nicht nur von Buchenwäldern bedeckt ist, sondern dass sich die ehemalige Naturlandschaft — wenigstens bis in das letzte Jahrhundert hinein — in ihrer ganzen Eigenart, Vielfalt und Schönheit zu einer vom Menschen gestalteten Kulturlandschaft entwickeln konnte. Zu einer? Natürlich nicht, da die naturgegebenen Voraussetzungen von Region zu Region verschieden sind. Zu ganz vielen, je nach natürlichen Gegebenheiten sehr unterschiedlich ausfallenden Kulturlandschaften von der Küste über die Lüneburger Heide bis in die Alpen.
Die Grenze der Kulturlandschaft
Wir wollen Ihnen in diesem Buch eine Kulturlandschaft näher bringen, die räumlich schwer abzugrenzen ist. An vielen Orten in Mitteleuropa gibt es ähnlich naturgegebene Voraussetzungen wie beispielsweise das Klima, die Bodenverhältnisse und den Wasserhaushalt. Die Menschen, die hier früher lebten, waren Siedler, wie sie in alle Bereiche von Mitteleuropa vorgestoßen sind.
Etwas gibt es aber doch, was das Weserbergland von den anderen Landschaften in Mitteleuropa unterscheidet: Den meist nur von einer dünnen Erdschicht überdeckten Stein — den sogenannten Solling-Sandstein. Dieser Stein, der sich in Millionen von Jahren entwickelt hat, wurde als brauchbar entdeckt und an vielen Stellen abgebaut. Zahlreiche tiefe Steinbrüche hat der Mensch in der Landschaft hinterlassen, die heute von der Natur zurückerobert sind und mit ih rem ganz eigenen Reiz ihren Platz in der Kulturlandschaft gefunden haben. Das Vorkommen und die Verwendung des Steines beschreibt also die Grenze der Kulturlandschaft, um die es in diesem Buch geht. Sie deckt sich in weiten Teilen mit der politischen Grenze des ehemaligen „Braunschweigischen Weserdistricts“.
Pferde im Rumohrtal