Zeitung Vinschgerwind 11-22 vom 01.06.2022 Bezirk Vinschgau Südtirol

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Vinschgerwind 11-22

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Mut zur Innovation Mut zur Innovation hat der dynamische 28-jährige Chefkoch Thomas Ortler, der trotz beruflichen Aufwind am Boden geblieben ist. Ortler hat einen Master in Wirtschafts- und Sozialgeschichte und verbindet sein Studium mittlerweile mit seiner Leidenschaft - dem Kochen.

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chon beim ersten Schritt in das Lokal überrascht ein besonderes Ambiente. Gekonnt wurde mit Licht, Farben und Stoffen dem historischen Gewölbe des „Flurinsturm“ neues Leben eingehaucht. Man hat das Gefühl zu Hause zu sein und dies ist das Ziel des jungen Gastronomen und Chefkochs Thomas Ortler. Der Gast soll sich als Teil des Hauses fühlen. Von Gault & Millau als Entdeckung des Jahres 2021/2022 ausgezeichnet, bereitet er im Restaurant „Flurin“ in Glurns seit drei Jahren individuelle Menükreationen zu. Als Vierjähriger stellte er sich einen Stuhl an den Herd und mit elf Jahren bekochte er seine ganze Familie. Diese lebt in dritter Generation in Glurns und kommt nicht aus der Gastronomie. Nach dem Besuch des Realgymnasiums in Schlanders und einem Auslandsjahr in England studierte er Geschichte in Berlin und Wien. Dort machte er seinen Master in Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Bei einem Sommerjob in einer Berliner Küche merkte er, welch tolle Dynamik und Energie hinter dem Kochen steckt. Er meldete sich bei einer Agentur für Köche und wirkte neben seinem Studium bei Aufträgen verschiedenster Catering Services mit. Per Zufall sah Paco Pérez das Können und bot Thomas eine freie Stelle in seinem Sternelokal in Berlin an. So kam er zum Kochen. In Wien arbeitete er im Fine Dining Restaurant von Konstantin Filippou. Thomas dachte daran, noch mehrere solcher Stationen in den verschiedensten Lokalen zu machen. Doch es kam anders als gedacht. Leonard Prieth, ein Kollege von Thomas Vater, bot ihnen den „Flurinsturm“ zum Kauf an. Thomas hat als Student der Geschichte eine Vorliebe für die historische Struktur und so nahm er die Gelegenheit und Herausforderung an. Das Gesamtprojekt Flurin startete 2018. Thomas und sein Vater arbeiteten eng mit den Architekten zusammen, brachten eigene Ideen ein und viele Vorhaben konnten Schritt für Schritt umgesetzt werden. So befindet sich im Erdgeschoss die Bar mit Restaurant. Im ersten und zweiten Stock finden zwei Zimmer und vier Suiten Platz. Im noch fertig zu stellenden Turm finden immer wieder Events wie Konzerte und Lesungen statt. Seine Leidenschaft lebt Thomas in der Küche aus. In dieser werden regionale und saisonale Produkte aus nächster Umgebung zu Degustationsmenüs

zeitintensiven und nervenaufreibenden Aufgaben ist. Seine wenige freie Zeit verbringt er mit seiner Freundin und Familie. Er ist leidenschaftlicher Fußballfan. Er selbst spielte in einer Mannschaft. Seine zwei älteren Brüder und sein Vater nehmen die Spiele der Lieblingsmannschaft auf, warten bis nach Feierabend auf Thomas, um sie sich gemeinsam im Trikot, mit Fahnen und einem Bier anzusehen. Gerne geht er in die Berge oder fährt mit seiner Freundin irgendwohin. „Wenn es oft auch nur für kurze Zeit, so ist es wichtig sich aus dem Alltag herauszunehmen“, meint Thomas. Er spielt Gitarre und lässt es die Zeit zu, befasst er sich mit der Rolle als Historiker. Momentan arbeitet er mit dem Fotograf Udo Bernhart und dem Christian Verlag an einem Kochbuch. Im bereits erschienenen Kochbuch „Südtirol; die junge Bergküche“ des Christian Verlags findet man Rezepte von Thomas. Die heutige Zeit der vielen Thomas Ortler aus Glurns: Möglichkeiten, sich beruflich Ein sympathischer junger zu verwirklichen, schafft auch Mann, der klare Ideen Verwirrung. Für Thomas war gewissenhaft verfolgt. die Entscheidung zum Lebensprojekt „Flurin“ und damit ein klares Ziel vor Augen zu haben, eher eine Erleichterung. Ist der Weg auch schwierig, so appelliert Thomas verarbeitet. Die Speisekarte wird den vorräan die junge Generation, den Mut zu haben, tigen Nahrungsmitteln angepasst. Thomas das zu tun, was Freude bereitet. „Manchist es ein Anliegen, die zur Jahreszeit vormal ist es gut, mit dem Kopf durch die Wand handenen Lebensmittel zu verwenden. Er zu gehen und sein Ziel zu verfolgen “, meint kocht mit dem, was da ist. Man sieht und Thomas. In der nicht immer einfachen Zeit spürt die positive Energie, die Thomas und in Wien, lernte er mit den gegebenen Reasein Team in das Gesamtprojekt „Flurin“ litäten umzugehen, dafür zu kämpfen, um stecken. Das Team ist jung, er selbst, von sich die positive Energie zu bewahren. Die seiner Familie abgesehen, ist der Älteste. Leidenschaft, die der junge Mann und sein Als unerfahrener junger Mann hat er die Team in die alltägliche Arbeit der GastronoHerausforderung angenommen und sich mie legt, wird im ganzen Haus und in der in die verschiedensten neuen Aufgaben der monatlich wechselnden Speisekarte sichtGastronomie eingearbeitet. Nach Thomas bar. Thomas zitiert das Korrnerliad von Luis ist der richtige Moment eine Entscheidung Stefan Stecher „Die Liab tuat guat und oft umzusetzen, wenn man den Mut dafür hat. ah wea“ und meint, dass wahres Glück und Trotz seines jungen Alters hatte er den Mut Hingabe auch immer einen Preis haben. und nahm die neue Herausforderung an. Er Freuen wir uns auf noch viele innovative denkt, dass sein Alter ihm ein Vorteil für die Ideen im und aus dem „Flurinsturm“. fordernde Zeit des Umbaus und den jetzigen Foto: Christine Weithaler

von Christine Weithaler


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