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theaterliebe

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Das kleine, feine Schwarz-Kabinett in der Villa Schindler ist dem Telfer Künstler Sepp Schwarz gewidmet. Mäzenin Annemarie Fisch-Schindler

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Fotos: Marktgemeinde Telfs

Heimat für Kunst &Kultur

Orte brauchen Kultur, um lebendig zu bleiben – und Kultur braucht Orte, wo sie lebendig werden kann. In Telfs finden Kunst, Kultur und Volkskultur gleich mehrere Heimatstätten mit Flair und Charakter. Sie rahmen den Spirit der jeweiligen Events –Ausstellungen, Lesungen, Konzerte oder Aufführungen – stimmig ein.

In der Schindler-Villa finden hochkarätige Kunst-Ausstellungen und kulturhistorische Schauen einen gediegenen Rahmen. Das Noaflhaus (oben rechts) beherbert neben Heimat- und Fasnachtsmuseen auch wechselnde Ausstellungen und andere kulturelle Veranstaltungen.

Ein ganz besonderer Ort, der Telfer Geschichte spürbar macht, ist die Schindler-Villa im Obermarkt. Sie entstand Ende des 19. Jahrhunderts als repräsentativer Wohnsitz der Industriellenfamilie Schindler, fast ein Jahrhundert lang führende Arbeitgeberin in der einstigen Textilindustrie-Hochburg Telfs. Schon zur Zeit, als die Fabrikherren hier lebten, war die Villa Ort vielfältiger kultureller Aktivitäten. Nach dem Untergang der Textilindustrie in den 1970er-Jahren und nach langem Leerstand des herrschaftlichen Ansitzes setzte Erbin Annemarie Fisch-Schindler ein Zeichen. Die in Paris und fortan auch wieder in Telfs lebende ausgebildete Pianistin renovierte das Haus von Grund auf, führte die kulturelle Tradition fort und veranstaltete ab den 1990er- bis in die 2010er-Jahren viel beachtete Konzerte mit arrivierten und jungen, aufstrebenden Musiker/-innen aus dem Klassik-Genre.

Ein großes Geschenk

2014 schenkte die Mäzenin ihr Elternhaus der Marktgemeinde Telfs, verbunden mit dem Wunsch, die Villa im Sinne ihrer früheren Bewohner/-innen zu erhalten und damit auch die Erinnerung an die Familie Schindler zu bewahren. So entstand ein gediegenes und exquisites Kulturzentrum für hochkarätige, überregional bedeutende Ausstellungen und ganz besondere Events. Und trotz der corona-bedingten Unterbrechung kann die Villa Schindler bereits auf einige viel beachtete Ausstellungen zurückblicken. Großen Anklang fand eine Walter-Pichler-Schau, bei der die Werke des international renommierten Künstlers und Documenta-Teilnehmers erstmals in seiner Heimatgemeinde präsentiert wurden. Weitere Ausstellungen würdigten Gonn Mosny und Paul Flora, den großen Karikaturisten und Grafiker. Ebenfalls große Resonanz fand die kulturhistorische Schau »Von wandernden Frauenzimmern« im Herbst 2022, die neben Historischem zum Thema »Frauen am Berg« Werke bergsteigender Künstlerinnen in Szene setzte. Nicht unerwähnt darf im Zusammenhang mit der Villa Schindler Sepp Schwarz bleiben, der zu den bedeutendsten Holzschneidern und Grafikern Österreichs zählt. Dem 2013 verstorbenen Meister, der den Großteil seines Lebens in Telfs verbrachte, ist in der Villa das kleine, aber feine Sepp-SchwarzKabinett gewidmet, das Besucher/-innen ständig wechselnde Einblicke ins reiche 

Die Villa Schindler wurde Ende des 19. Jahrhunderts als repräsentativer Ansitz der Industriellenfamilie Schindler errichtet. Anfang der 1990er Jahre erlebte das altehrwürdige Haus eine Renaissance als kulturelles Zentrum.

Fasnacht- und Heimatmuseum

Untermarktstraße 20, Telfs Tel. 05262 69611340 kultur@telfs.gv.at noaflhaus.telfs.at Do 14-17 h, Fr 17-20 h, Sa 9-12 h

Für Gruppen auch außerhalb der Öffnungszeiten bei Anmeldung möglich: kultur@telfs.gv.at

Kunst-Highlights 2023

Noaflhaus Feber – April: Heinrich Tilly (1931 –

2022) Werkschau zum ersten Todestag des bekannten Telfer Künstlers

Mai – Juni: Florian Pöschl

Dreidimensionale Linoldrucke zur Telfer Fasnacht

August – Oktober: Ewald Hinteregger

Kunst im Dunkeln – mit einer Taschenlampe

November – Jänner 2024: Engel

Weihnachtsausstellung zu den mystischen Wesen und ihrer Wirkung

Villa Schindler April – Juli: Mein Lieblingsbild

Vielzahl und Vielfältigkeit der Künstler/-innen in einer Ausstellung

September – Oktober: Junge Künstler – Kunst heute

Villa Einberger August: Telfer G´sichter

Andreas Einberger (1878 – 1952) und seine Porträts der Menschen in der Region

Mariahilfkapelle am Birkenberg

Juli: Arik Brauer – in Kooperation mit den Tiroler Volksschauspielen 2023 Werke von Arik Brauer (1929 – 2021), Allroundkünstler und einer der Hauptvertreter der Phantastischen Schule des Wiener Realismus Alle Infos zu den geplanten Ausstellungsterminen folgen rechtzeitig auf: noaflhaus.telfs.at und

villaschindler.telfs.at

Ur- und Frühgeschichte, lebendiges Brauchtum, Volks- und moderne Kunst bilden im Telfer Noaflhaus einen Spannungsbogen, der für mehrere Besuche reicht. Sehenswert sind u.a. die modernen Krippen großer, international renommierter Telfer Künstler.

Schaffen des Künstlers näherbringt. Das Schwarzkabinett kann auf Anfrage (+43 0676 83038 316) mit kompetenter Führung gegen einen Unkostenbeitrag besichtigt werden.

Gestern, heute, morgen

Schon etwas länger als die Villa Schindler bereichert das Noaflhaus den Kultursektor in Telfs. Die Ursprünge dieses Kulturzentrums gehen auf die Zeit um die Jahrtausendwende zurück. Damals erwarb die Marktgemeinde das einstige Bürgerhaus in der Untermarktstraße und begann in Zusammenarbeit mit dem Heimatbund Hörtenberg mit dem Umund Ausbau. Mit dem Einzug des Heimat- und Fasnachtsmuseums sowie der Ortschronik wurde das 20er-Haus (wegen der Hausnummer) so etwas wie das Gedächtnis der Gemeinde. Die Objekte im Heimatmuseum im zweiten Stock beleuchten die Vergangenheit von Telfs. Archäologische Funde zeugen von der bronzezeitlichen Urnenfelderkultur bis zu den bairischen Adeligen im Mittelalter, Alltagsgegenstände wie ein originales Kochbuch von 1793 vom Leben vergangener Zeiten. Aufwändige Krippenkompositionen und Votivbilder berichten eindrucksvoll von der Gläubigkeit der Menschen. Neben dem Ausstellungsbetrieb sind die engagierten Mitarbeiterinnen der Kulturabteilung intensiv damit beschäftigt, den Museumsbereich immer wieder neu zu akzentuieren. In naher Zukunft soll das Heimatmuseum unter anderem um das Thema der für die jüngere Geschichte von Telfs prägenden Textilindustrie und ihrer historischen Bedeutung erweitert werden.

Volkskultur multimedial

Der erste Stock ist einem großen Thema der Region gewidmet – dem Telfer Schleicherlaufen. Alle fünf Jahre – das nächste Mal 2025 – wird die große Telfer Fasnacht wieder tausende Menschen aus nah und fern anlocken. Bis dahin kann man sich in einer modern und multimedial aufbereiteten Schau gut in das Treiben der Traditionsgruppen Sonne, Herolde, Schleicher, Bären & Exoten, Wilden, Laninger und modernerer Gruppierungen versetzen. Der Lebendigkeit und der Aktualität des Brauchtums wird in der Ausstellung breiter Raum gegeben. Auch kulturelle Veranstaltungen, Vorträge und Ausstellungen beherbergt das Noafl haus im Jahreslauf. Aufgrund all dieser Aktivitäten und der hoher hohen Qualität der Schauen wurde dem Noaflhaus 2022 erneut das Museumsgütesiegel der Republik Österreich verliehen. Vor allem große Themen-Ausstellungen finden im Noaflhaus den passenden Rahmen. Diese Aktivitäten wurden in jüngster Zeit nach der Aufstockung und Aufwertung der Kulturabteilung der Marktgemeinde Telfs mit einem starken Frauenpower-Team noch verstärkt. Das Team der Historikerin Christine Gamper mit der Kunsthistorikerin Sandra Marsoun-Kaindl, der Büchereileiterin Nadja Fenneberg und der Historikerin Lena Burgstaller als Chronistin wird 2023 auch viel Input für eine eigene KunstImagekampagne der Marktgemeinde Telfs liefern. Diese Kampagne soll ab Frühjahr 2023 allerorten sicht- und spürbar sein. Gäste und Einheimische dürfen sich gerne von der bunten Vielfalt des künstlerischen Lebens und Schaffens in Tirols drittgrößter Gemeinde überraschen und inspirieren lassen. n

Kunst

ist immer & überall

Wer bewusst darauf achtet, stößt im öffentlichen Raum von Telfs auf eine Fülle von Wandmalereien, Skulpturen, künstlerisch gestalteten Brunnen und Bildstöcken. Ein Spaziergang, der Augen und Fenster zur Kulturszene öffnet.

Schon im 19. Jahrhundert war Telfs als Dorf der Wandmalereien bekannt. Viele dieser Bilder, die meist Heilige darstellen, sind heute noch an alten Bauern- und Bürgerhäusern zu bewundern [1]. Im 20. Jahrhundert wurden die Werke thematisch vielfältiger. Ein Künstler, die sich gleich mehrfach im Ort verewigt hat, ist Andreas Einberger (1878-1952). Er schuf unter anderem das eindrucksvolle Kriegerdenkmal beim Franziskanerkloster und den kleinen steinernen Bären [2] auf dem Brunnen bei der Volksschule. In der 2. Jahrhunderthälfte traten Martin Gundolf und vor allem Heinrich Tilly mit Werken für den öffentlichen Raum hervor. Allein von Tilly lassen sich mehr als ein Dutzend Werke entdecken – vom Hl. Nepomuk an der Innbrücke über die Sagengestalt des „Mundenschafers“ in St. Georgen bis zum Schamanen beim Sportzentrum und den Fasnacht-Bronzereliefs beim Stiegenaufgang der Pfarrkirche Peter und Paul. Apropos Fasnacht: Das Telfer Schleicherlaufen, das alle fünf Jahre in der Marktgemeinde stattfindet, ist im Ortsbild allgegenwärtig. Im Kreisverkehr im Obermarkt grüßt etwa ein überdimensionaler „Wilder“ [8] von Bernhard Dietl (der auch den Hl. Sebastian [5] beim Kreisverkehr Telfs-West erschaffen hat), gleich daneben, an der Einfahrt zum Umfahrungstunnel, ein buntes Wandbild mit Fasnachtsgestalten von Heinrich Tilly [7]. In der Kirchstraße präsentiert der vom „Laterntrager“ gekrönte Fasnachtsbrunnen von Martin Gundolf den gesamten Zug des Schleicherlaufens als Bronzerelief [3+4] und im Zentrum winkt der „Naz“, das Kind der vagabundierenden Laninger, von Roland und Wolfgang Krismer [6]. Bei der jüngsten Generation heimischer Künstler ragt Metallkünstler und „Rostbaron“ Bernhard Witsch mit seinen originellen Skulpturen hervor. Sein augenzwinkerndes Statement und Liebling vieler TelferInnen ist der „Steinbeißer“, eine kleine, witzige Figur, die provokant auf einem Felsbrocken im Kreisverkehr an der östlichen Ortseinfahrt thront [9]. Manche in zentrumsferneren Ortsteilen aufgestellten Werke von Witsch gehören noch zu den Geheimtipps. Ebenso wie ein Kunstwerk, das – flächenmäßig – das größte der Marktgemeinde, durch seine versteckte Lage aber kaum bekannt ist: Seit 2017 schmückt das riesige Wandbild [10] des mexikanischen Künstlers Altair Lopes die Rückwand des Einkaufszentrums Telfspark. Es zeigt zwei Kinder, die mit einer Seilbahngondel spielen, und entstand im Auftrag der Firma „Leitner Ropeways“, deren Gebäudekomplex sich gegenüber der Wand erstreckt. n

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