3 minute read

Im Bann der Inflationsentwicklung

Next Article
Vorsorgeprodukt

Vorsorgeprodukt

Die Teuerung bremst sich in vielen Regionen ein, zudem ist heuer ein Ende der Zinsanhebungen in der Eurozone und den USA in Sicht. Die Schwellenländer dürften Industrienationen beim Wachstum erneut abhängen.

TEXT RAJA KORINEK

Die Inflationsentwicklung sorgte 2022 für viele Schlagzeilen. Sie schnellte überall nach oben, Notenbanken mussten daraufhin weltweit ihre lockere Geldpolitik beenden. Noch im Juli 2022 erreichte die US-Inflation im Jahresvergleich 8,5 Prozent, in der Eurozone 8,9 Prozent. Wesentliche Treiber waren steigende Energiekosten und die sinkende Arbeitslosenquote.

Zuletzt war die Teuerung rückläufig, vor allem wegen der stark gesunkenen Öl- und Gaspreise. So stieg die Inflation binnen Jahresfrist in der Eurozone um „nur“ noch 8,5 Prozent. Dennoch wurde der EZB-Leitzins Anfang Februar 2023 um 0,50 Prozentpunkte auf drei Prozent angehoben, auch deshalb, weil die Kerninflation auf 5,2 Prozent weiter gestiegen ist. Der Europäischen Zentralbank (EZB) ist die Entwicklung ein Dorn im Auge.

Zudem begann die EZB im März mit der Schrumpfung ihrer Bilanz, die US-

Notenbank Federal Reserve (Fed) war damit schon früher dran. Derzeit beträgt die EZB-Bilanz fast acht Billionen Euro. Nun sollen die hohen Anleihebestände stückweise abgebaut werden: „Bis Ende Juni werden monatlich 15 Milliarden Euro aus aktuellen Beständen weniger investiert. Danach wird die Summe wahrscheinlich erhöht werden“, prognostiziert Finanzmarktanalyst Peter Brezinschek (Seite 64).

EZB WIRD WEITER STRAFFEN Doch wie könnte es mit den Leitzinsen weitergehen? Auf der Februar-Sitzung hatte EZB-Präsidentin Christine Lagarde eine weitere Anhebung von 0,50 Prozentpunkten in der Sitzung vom 16. März angedeutet. Aktuell liegt der Leitzins bei drei Prozent. Die weitere Entwicklung werde dann von der jeweils aktuellen Datenlage abhängen, konstatiert Jan Viebig, Chief Investment Officer der

Oddo BHF SE. „Wahrscheinlich werden die Leitzinsen in der Eurozone bis Juli um insgesamt einen Prozentpunkt steigen.“ Der Leitzins würde dann bei vier Prozent liegen. Danach ist für den Marktexperten eine Pause denkbar.

Dean Turner, UBS-Ökonom, hält den Spielraum nach oben ohnedies für begrenzt und meint, dass die straffere Geldpolitik schon jetzt auf der Wirtschaftsaktivität in der Eurozone lastet. Turner verweist auf die Verlangsamung der Kreditvergabe seitens der Geschäftsbanken. Und so dürften die Maßnahmen der EZB ihre Wirkung zur Inflationsbekämpfung nicht verfehlen. Laut UBS-Schätzungen wird die Jahresteuerung im Dezember

2023 auf 2,3 Prozent sinken, nach zehn Prozent im Vorjahr. 2024 dürften es 2,2 Prozent sein.

US-INFLATIONSRÜCKGANG GERING

In den USA sind die Zinsschritte der Fed bereits kleiner geworden. Anfang Februar hob die Notenbank die Leitsätze um nur noch 0,25 Prozentpunkte auf eine Spanne von 4,5 bis 4,75 Prozent an. Jedoch sank die Inflationsrate im Jänner im Jahresvergleich auf „nur“ 6,4 Prozent und damit weniger als erwartet. „Schuld an der weiterhin hohen Teuerung sind die anhaltend hohen Kosten für Mieten, die im Jänner fast die Hälfte des Gesamtanstiegs ausmachten. Zudem stiegen die Preise für

GASTKOMMENTAR

Verkraftet Italien die Zinswende?

Giorgia Meloni ist die 31. Ministerpräsidentin Italiens und bildete im vergangenen Oktober die 70. Regierung in der Nachkriegszeit. Italien ist Gründungsmitglied der EU und mit der drittgrößten Wirtschaftsleistung in der Eurozone ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor in Europa. Aus Sicht eines Investors waren Aktien wie Anleihen bis zur Eurokrise 2011 sehr ähnlich der Perfor- mance anderer europäischer Länder. In der Krise haben dann die Länder der Peripherie deutlich verloren und damit auch Italien. Italienische Aktien konnten sich seitdem gemessen am Euro Stoxx 50 ähnlich der europäischen Konkurrenz entwickeln, holten die Verluste von 2007 bis 2011 aber nicht wieder auf.

Anders bei Staatsanleihen. So erzielten italienische Staatsanleihen seit An-

Lebensmittel, Benzin und Erdgas“, sagt Konstantin Oldenburger, Marktanalyst CMC Markets. Auch die Kerninflation mit 5,6 Prozent liege deutlich über dem FedZiel von zwei Prozent.

Der Markt rechnet deshalb mit weiteren zwei Zinserhöhungen. Die Wahrscheinlichkeit für weitere 0,25 Prozentpunkte am 22. März liege bei 94 Prozent, so Oldenburger. Er meint auch, Konsens herrsche über den möglichen Höhepunkt der Leitzinsen in einer Spanne von fünf bis 5,25 Prozent. „Demzufolge würde im Mai mit einem weiteren kleinen Schritt nach oben der Zyklus beendet – wohlgemerkt Stand jetzt.“

Ähnlich verhalten sind die Einschätzungen für die Schwellenländer. Die Inflationsraten stabilisierten sich auf hohem Niveau und dürften noch über weite Strecken des Jahres 2023 deutlich über den Zentralbankzielen bleiben, sodass eine schnelle geldpolitische Lockerung nicht zu erwarten sei, konstatiert Ulrich fang 2008 rund 3,4 Prozent per annum und österreichische Pendants 2,4 Prozent Ertrag. Als Manager eines europäischen Staatsanleihefonds bin ich der Meinung, dass Italien in einem gut diversifizierten Anleihenportfolio immer einen großen Anteil am Fondsvermögen haben sollte, da die Renditen attraktiv sind und Italien nicht auf Europa und Europa nicht auf Italien verzichten kann.

„Leitzinsen in der Eurozone könnten bis Juli um einen Prozentpunkt steigen.“

„Im Mai ist mit einem weiteren Schritt der US-Zinszyklus beendet.“

Kater, Chefökonom der Deka Bank. Für das Gesamtjahr 2023 rechnen die DekaExperten mit einer Inflation von durchschnittlich 7,3 Prozent in den Schwellenländern.

KOMMT DIE REZESSION?

Doch was bedeuten all diese Entwicklungen für die globale Konjunkturentwicklung? „Für die Weltwirtschaft ist keine Rezession in Sicht“, betont Bernd Spittaler, Marktexperte bei der Schoellerbank Invest AG. Der Internationale Währungs- fonds prognostiziert für das Jahr 2023 ein Weltwirtschaftswachstum von 2,7 Prozent. Angesichts der zahlreichen Unsicherheiten sei dies eine ermutigende Zahl, meint Spittaler.

WIR MACHT’S MÖGLICH.

Am höchsten dürfte das Plus in Asien (ohne Japan) mit einem Plus von fünf Prozent ausfallen, so die weiteren Deka-Schätzungen. Chinas Wiedereröffnung könnte dabei eine maßgebliche Rolle spielen. Schließlich wird der innerasiatische Handel immer wichtiger. Rohstofflastige Länder wie Brasilien und an- dere Länder aus der Region dürften zudem mehr Commoditys nach China exportieren. Insgesamt wird für die Emerging Markets ein BIP-Plus von 3,6 Prozent prognostiziert. Für die Eurozone dürfte es laut Deka Bank einen Zuwachs von 0,6 Prozent geben, in den USA von 0,5 Prozent.

Schoellerbank-Invest-Experte Spittaler mahnt dennoch davor, Risiken außer Acht zu lassen. Er verweist auf die Unsicherheiten rund um den Ukraine-Krieg sowie die wachsenden Spannungen zwischen China und Taiwan. n

This article is from: