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JOHANN STROBL
DIE ÖKOLOGISCHE TRANSFORMATION
VITA JOHANN STROBL
Vorstandsvorsitzender Raiffeisen Bank International AG
Der promovierte Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler und Vater dreier Kinder feierte kürzlich seinen 62. Geburtstag. Seit März 2017 lenkt der gebürtige Burgenländer die Geschickte der Raiffeisen Bank International AG. In der Finanzbranche ist er für seine ruhige, bedachte Art und schnelle Auffassungsgabe geschätzt.
Gut 30 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs steht Zentral- und Osteuropa (CEE) einmal mehr vor einem gewaltigen Umbruch: die Transformation zu nachhaltigen und klimaschonenden Marktwirtschaften. Dieser Umbruch wird vermutlich keine ikonischen Bilder produzieren wie im Jahr 1989. In seiner Dimension kann er allerdings höchstens unterschätzt werden. Es handelt sich um einen historischen Kraftakt, der das Zusammenspiel von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik, grenzüberschreitende Kooperationen und nicht zuletzt einen langen Atem erfordert. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, welchen Beitrag wir als Bank bei der ökologischen Transformation in CEE leisten können. Die RBI hat seinerzeit in CEE beim Umbau der sozialistischen Planwirtschaften zu freiheitlichen Marktwirtschaften eine Pionierrolle eingenommen. Unsere Ambition muss sein, dass sich unsere Bank auch diesmal frühzeitig und konsequent positioniert. Wir wollen bis 2025 in den Märkten, in denen wir tätig sind, das meistempfohlene Finanzinstitut sein. Voraussetzung dafür sind nicht nur innovative und kundenfreundliche digitale Produkte und Dienstleistungen, sondern auch die gesellschaftliche Akzeptanz als ein verantwortungsbewusstes Unternehmen. Das Bewusstsein für das Thema Klimaschutz ist in vielen Märkten in CEE ausgeprägter, als man es in Westeuropa gemeinhin vermutet, wo man CEE oft als Region wahrnimmt, die nach wie vor sehr stark auf fossile Energieträger setzt und in der Klimaschutz eine untergeordnete Rolle spielt. Unsere Studien und Analysen zeigen allerdings ein sehr viel differenzierteres Bild. Unsere Kunden in CEE beschäftigen sich sehr wohl intensiv mit dem Thema ESG, setzen sich Nachhaltigkeitsziele und implementieren die dazu notwendigen Prozesse. Erste greifbare Ergebnisse sehen wir beispielsweise bei der stark steigenden Nachfrage nach grünen Finanzierungen. Wir haben in den vergangenen Jahren als größte österreichische Emittentin von Green Bonds ein umfangreiches Know-how aufgebaut, das wir nun in CEE ausrollen und unseren Kunden zur Verfügung stellen. Wir stehen bei den grünen Finanzierungen am Beginn eines Megatrends, der grundsätzlich zu begrüßen ist. Ohne massiven privaten Kapitaleinsatz werden sich die notwendigen Investitionen in den Klimaschutz nicht finanzieren lassen. Allerdings muss sichergestellt werden, dass die Nachfrage nach grünen Investments nicht durch Greenwashing beschädigt wird. Es hat sehr lange gedauert, bis sich grüne Investments von einem Nischenprodukt zu einem Standardprodukt entwickeln konnten. Das Vertrauen der Investoren – ob private oder institutionelle – darf nicht zerstört werden. Wo Grün draufsteht, muss auch Grün enthalten sein. Vor diesem Hintergrund ist die Initiative der EU-Kommission zur Schaffung eines „Goldstandards“ für Green Bonds grundsätzlich zu begrüßen. Stichwort Regulierung: Klimarisiken werden beim Bankenstresstest 2022 eine zentrale Rolle spielen. Es wäre wünschenswert, wenn dann Aufwand und Erkenntnisgewinn in einem besseren Verhältnis stünden, als das bei den Stresstests der vergangenen Jahre der Fall war. n