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Interview: „Wir sind selbst schuld“
VITA GERALD GROHMANN
Vorstandsvorsitzender Schoeller-Bleckmann Oilfield Equipment AG
Der passionierte Segler (69) ist seit 2001 Vorstandsvorsitzender des Ölfeldausrüsters SBO und wird nicht müde zu betonen, dass er immer noch mit Begeisterung Manager ist. Für den geplanten Geschäftszweig der Green Technology sowie Energiesicherung reist er aktuell mit Elan durch die Welt und sucht nach der Stecknadel im Heuhaufen. Eine Atlantiküberquerung in einem Segelboot gehört zu seinen spannendsten Abenteuern.
„WIR SIND SELBST SCHULD“
SCHOELLER-BLECKMANN AG
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Quelle: baha
Die Ölindustrie hat die Erschließung neuer Ölquellen verabsäumt und zahlt jetzt die Zeche, sagt SBO-Vorstandschef Gerald Grohmann, dessen Unternehmen sich vor Aufträgen kaum retten kann.
INTERVIEW INGRID KRAWARIK
Gerald Grohmann erlebt mit seiner Schoeller-Bleckmann Oilfield Equipment AG (SBO) derzeit eine Sonderkonjunktur. Der Ölfeldausrüster ist gut im Geschäft, gerade weil in den vergangenen zwei Jahren viel zu wenig in die Exploration von Öl- und Gasfeldern investiert wurde. Die Energiekrise, ausgelöst durch den Ukraine-Krieg und die Sanktionen gegen Russland, gibt den Aufträgen der SBO einen zusätzlichen Schub. Es gehe um Energiesicherheit, betont Grohmann, der die Energiewende zwar unterstützt, „sie geht aber nach hinten los. Man will Kohle nicht abstellen, beschafft jetzt im Nahen Osten Öl.“ Die Moral: Ein Despot wird durch den anderen ersetzt. Der Gaspreis sei nur im Werk in Ternitz in Niederösterreich ein Thema – dort wird jetzt eine Solaranlage gebaut -, die anderen großen Werke in Vietnam oder jene in Houston, Texas, seien von der Energiekrise kaum betroffen. Grohmann, dessen SBO stark mit dem Ölpreis korreliert, freut sich über einen Ölpreis über 60 bis 70 US-Dollar, „100 US-Dollar ist auch gut, aber das brauchen wir gar nicht.“ Der Börsianer sprach mit dem Vorstandschef am Rande der Börsianer Roadshow in Wien über Zuversicht, den fehlenden Weitblick der Ölindustrie und das neue Geschäftsfeld rund um Green Technology.
Herr Grohmann, Sie sind im Gegensatz zu vielen anderen CEOs in Österreich aktuell sehr positiv für die nächsten Wochen und Monate gestimmt. Viele sprechen vom perfekten Sturm, bestehend aus
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Gasreserven. Österreich hätte Gas im Weinviertel und anderen Gegenden, mit dem man die Versorgung auf 20, 30 Jahre sichern kann, sagte Gerald Grohmann bei der Börsianer Roadshow in Wien, wo er seine Investmentstory präsentierte.
GERALD GROHMANN
Energiekrise, Arbeitskräftemangel, Lieferkettenproblemen, hoher
Inflation und drohender Rezession. Woher kommt Ihre Zuversicht? – Gerald Grohmann: Bei uns gibt es einen perfekten Sturm auf die Auftragsbücher. Ich habe bereits vor eineinhalb Jahren gesagt, dass es einen Nachholbedarf in der Erschließung neuer Öl- und Gasquellen gibt, weil während Corona zu wenig investiert wurde. Den Ukraine-Krieg konnte man nicht vorhersehen, das ist natürlich ein zusätzlicher Sondereffekt im Energiebereich. Aber die Energieverknappung und Verteuerung hat schon vor dem 24. Februar 2022 begonnen. Die Investitionen in Exploration und Produktion sind heuer weltweit um 22 Prozent gestiegen, nächstes Jahr wird geschätzt, dass sie noch einmal um zehn Prozent steigen. Damit braucht es unser Equipment.
Wieso gibt es diese Verknappung? Könnte nicht mehr gefördert wer-
den? - Natürlich. Aber was heute in Projekte investiert wird und wohin wir aktuell Tools liefern, das kommt erst in den nächsten Jahren auf den Markt. Ende 2014 gab es eine Opec-Entscheidung, den Markt mit Öl zu fluten. Damals wurde der Preis auf 30 US-Dollar je Barrel gedrückt, weil man damit das US-Fracking unrentabel machen wollte. Das hat nicht funktioniert. Aber in dieser Zeit ist auch nichts investiert worden. Dann kam Corona: Da sind praktisch keine Flugzeuge geflogen, Autos blieben in den Garagen, es wurde weniger Benzin gebraucht, die Industrie ging in den Lockdown, weil Mitarbeiter krank zu Hause waren. Jetzt, wo der Bedarf hoch ist, kann man aber nicht einfach einen Schalter umlegen. Es ist ja nicht so, dass man heute investiert und morgen fließt das Öl. Das dauert zwischen sechs Monaten und zwei bis drei Jahren.
Der Ukraine-Krieg hat die Lage damit noch verschärft. – Genau. Wir wollen vom russischen Öl und Gas unabhängig werden, und darum wird in Regionen wie im Nahen Osten und in den USA besonders viel nach Öl und Gas gebohrt. Es geht da einfach um Energiesicherheit. Aber wir hätten es selbst in der Hand, etwas dafür zu tun.
Inwiefern? - Österreich hätte Gas im Weinviertel und in anderen Gegenden, wo man auf 20, 30 Jahre die Gasversorgung in Österreich sichern könnte. Aber das wollen wir nicht, und das ist total legitim. Doch wir brauchen die Energie, weil frieren wollen wir auch nicht. Und die erneuerbaren Energien sind noch lange nicht ausreichend. Also müssen wir als Konsequenz akzeptieren, dass wir entweder Russland oder Saudi-Arabien reich machen.
Eine Rezession befürchten Sie nicht? - In Europa vielleicht. Aber Europa ist nicht der Nabel der Welt. Wir haben leider keine führende Rolle in der Weltwirtschaft mehr, da gibt es andere Länder wie Indien und USA, wo das kein Thema ist. Global soll die Welt 2023 um drei Prozent wachsen.
Was ist für Sie aktuell die größte Herausforderung? – Das Spannendste für mich ist, das neue Geschäftsfeld rund um Green Technology und Energiewende zu finden und aufzubauen, da bin ich mit Herz und Seele dabei. Und es ist sehr herausfordernd, denn ich muss hier die Stecknadel im Heuhaufen finden. Es gibt viele Unternehmen der Green Technology, die machen noch nicht einmal Umsatz und verlangen bereits ein paar 100 Millionen Euro, weil sie ein tolles Patent haben. Solche Start-ups sind völlig überbewertet. Wir sind keine Spekulanten, da kann ich gleich ins Kasino gehen. Wir suchen auf der ganzen Welt und haben uns mit dem Fraunhofer-Institut für die Suche in Europa und Deutschland verstärkt. In den USA bin ich gerade dabei, jemanden zu finden, der das Know-how hat. Ich bin überzeugt, dass im Wasserstoff die Musik der Zukunft spielt. n