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Geld wie Heu

Schleppend. Für saubere Energielösungen steht genug Geld zur Verfügung. Es wird nicht abgeschöpft, und es fehlt an Projekten.

GELD WIE HEU FÜR DIE ENERGIEWENDE

Die Finanzindustrie ist so gut gerüstet wie schon lange nicht. Die Energiewende scheitere derzeit nicht am Geld, sagen die Banken, sondern an der fehlenden Infrastruktur, den langen Genehmigungsverfahren für den Ausbau erneuerbarer Energie und am Commitment zur Standortsicherung seitens der säumigen Politik.

Die Energiewende finanziert sich weitgehend selbst, sagt Österreichs Umweltministerin Leonore Gewessler zum Börsianer Grün. Und eigentlich hat sie damit recht. Denn die Finanzindustrie, bestehend aus Banken, Versicherungen, Pensionskassen und Assetmanagern, in Deutschland, Österreich und der Schweiz ist exzellent kapitalisiert, steht Gewehr bei Fuß und sucht händeringend nach Investments. Dahinter steckt auch Eigennutz, denn die Banken wollen ihre eigenen Emissionen

aus Geschäftsbetrieb und Kreditportfolio Richtung null senken und müssen für den Regulator ihre Green Asset Ratio aufpeppen. Konkret heißt das, möglichst viele nachhaltige Projekte über grüne Anleihen und grüne Kredite oder sonstige Nachhaltigkeitsanleihen zu finanzieren, damit das Verhältnis grün gegen konventionell am Jahresende aufgehübscht ist. Insgesamt wurden 2021 bereits weltweit Anleihen mit einem Volumen von 875 Milliarden Euro begeben, mit denen grüne, soziale und nachhaltige Projekte finanziert wurden. 2022 soll diese Zahl nach Schätzungen der niederländischen Bank ING auf über eine Billion anwachsen. 35 Prozent des Volumens der grünen Anleihen floss dabei laut Climate Bonds Initiative in den Ausbau erneuerbarer Energien, gefolgt von Immobilien mit 30 Prozent und 18 Prozent in den Verkehr. Die EU-Kommission plant bis 2026 die Ausgabe von grünen Anleihen im Wert von 250 Milliarden Euro. Die Schweiz braucht etwa für eine Transition zu einer emissionsarmen Volkswirtschaft in den kommenden 30 Jahren 387,2 Milliarden Schweizer Franken. 83 Prozent des Investitionsbedarfs kann durch das Angebot von Banken finanziert werden, wie in der Studie zu Sustainable Finance der Schweizer Bankiervereinigung errechnet wurde.

Die Credit Suisse will bis 2030 300 Milliarden Schweizer Franken für nachhaltige Finanzierungen bereitstellen, 60 Milliarden davon wurden bis Jänner 2022 bereits realisiert. Außerdem hat die Schweizer Großbank ein Konzept für „Sustainable Transition Bonds „entwickelt, die einen Beitrag zur Reduzierung der globalen Emissionen leisten sollen. „Wir hoffen, dass dieser Rahmen zu einem inklusiveren Segment der öffentlichen Anleihemärkte führen wird und Emittenten, die nur begrenzten oder gar keinen Zugang zum Markt für grüne Anleihen haben, beim Übergang unterstützt“, heißt es aus der Bank zum Börsianer Grün. Die Deutsche Bank AG nimmt bis 2025 für die Transformation ihrer Kunden mindestens 500 Milliarden Euro an Sustainable-Finance-Volumen in die Hand. 2021 hatte die Deutsche Bank AG die erste grüne Anleihe für die Europäische Union in der Höhe von zwölf Milliarden Euro mit anderen Banken emittiert – das Orderbuch war 135 Milliarden Euro schwer. Der Bond dient der Finanzierung des Corona-Wiederaufbaufonds „Next Generation EU“, die Mittel fließen in Klimavorhaben wie zum Beispiel Windkraftanlagen in Litauen. Ralph Müller, Generaldirektor der Wiener Städtischen Versicherung AG, verfügt als größter Lebensversicherer Österreichs mit Kapitalanlagen von rund 23 Milliarden Euro über einen großen Hebel, um die Transformation hin zu nachhaltiger Wirtschaft mitzugestalten. Der Großteil der Neuveranlagung fließt in Green Bonds, Wind- und Solarparks sowie in Infrastrukturprojekte wie U-Bahnen und Umspannwerke. „Darüber hinaus richten wir unser Immobilienportfolio von rund 1,9 Milliarden Euro nachhaltig aus. So ist beim Immobilienerwerb das Thema des Energieverbrauchs und des CO2-Fußabdrucks zu einem wesentlichen Kriterium geworden“, sagt Müller.

„Die Banken bekommen das locker hin.“

LUKAS HAIDER

Suche nach Projekten

Die Entwicklung der Green Bonds und Emissionsvolumina ist aktuell sehr stark marktgetrieben. „Es gibt enorm viele Investoren, die unabhängig von regulatorischen Vorgaben ihre Investitionsentscheidung an ein grünes Element knüpfen und damit natürlich die Energiewende und Transformation mitfinanzieren“, sagt Stephan Pachinger, Partner der Kanzlei Freshfields, der in Deutschland und Österreich Unternehmen bei Green Bonds und bei der Erstellung von ESGFrameworks berät. Erfolgreich war die WEB Windenergie bei ihrer Kapitalerhöhung 2021. „Wir haben das öffentliche Angebot aufgrund der großen Nachfrage nach nur eineinhalb Tagen geschlossen“, sagt Finanzvorstand Michael Trcka stolz. Der Bedarf an Transformation in vielen Lebensbereichen ist enorm. Gut wären günstige und legistische Rahmenbedingungen wie etwa eine Photovoltaikpflicht für den Neubau. „Um im Gebäudesektor in Österreich bis 2040 CO2Neutralität zu erreichen, braucht es 2,6 Milliarden Euro an Investitionen pro Jahr. Das sind rund 1,8 Millionen Euro an Kreditvolumen, die jährlich hinzukommen. Das bekommen Österreichs Banken locker hin! Für sämtliche Sektoren liegt der Investitionsbedarf für die Dekarbonisierung bei 24 Milliarden Euro pro Jahr in Österreich, davon entfallen allein 17 Milliarden Euro auf den Trans-

Günstiger in

grün. Die DZ Bank beobachtet bei grünen Finanzierungen durch die hohe Investorennachfrage immer öfter den GreeniumEffekt.

#ANLEIHEN

DER MARKT FÜR NACHHALTIGE ANLEIHEN 2021

Art der Anleihe

Green Bonds

Sustainability Bonds

Social Bonds

Sustainability-linked Bonds

Transition Bonds

Volumen in Mrd. US-Dollar

522,7

200,2

223,2

118,8

4,4

Durchschnitt Volumen pro Anleihe in Mio. US-Dollar

250,0

188,0

87,0

428,8

338,5

QUELLE: CLIMATE BOND INITATIVE

portsektor“, sagt Lukas Haider, Leiter der Boston Consulting Group (BCG) in Österreich, zum Börsianer Grün.

Die Leute müssen auch wollen

In der Schweiz, wo im Vorjahr das CO2Gesetz bei einer Volksabstimmung abgelehnt wurde, versucht es der Staat jetzt mit Anreizen, damit Ölheizungen gegen Wärmepumpen ausgetauscht werden. Denn eine dezentrale Energieversorgung für Strom und Wärme oder Elemente einer dezentralen Energieversorgung sind ein ganz wesentliches Element. „Für Solarpaneele auf dem Dach gibt es Anschubfinanzierungen. Wenn jedes Haus seine eigenen Solarpaneele hat, das würde schon viel bringen. Aber dann wollen viele Leute diese Dezentralität nicht. Die Rentabilität ist nicht garantiert, was ein gewichtiger Grund für den zögerlichen Ausbau ist, wie mir dünkt“, sagt Peter Haberstich, Projektleiter für Sustainable Finance bei Greenpeace Schweiz. Dabei hat der Gebäudebestand in der Schweiz ein immenses Potenzial, um Energie zu sparen und den CO2-Ausstoß zu senken. Die Zürcher Kantonalbank belohnt Privatpersonen und Unternehmen, die umweltfreundlich bauen oder renovieren, mit dem Umweltdarlehen, das mit einer Zinsreduktion auf die Festhypothek von bis zu 0,8 Prozent während fünf Jahren einhergeht. Die Kommunalkredit Austria AG hat gemeinsam mit der EWW Anlagentechnik ein Joint Venture für die Entwicklung, den Bau und den Betrieb von Photovoltaik-Aufdachanlagen in Österreich gegründet. Lieferschwierigkeiten bei den Solarpaneelen funken hier dazwischen.

Auch immer mehr mittelständische Unternehmen überlegen eine Finanzierung über einen Green Bond. Das Entsorgungs- und Logistikunternehmen Brantner aus Niederösterreich, das aus Biomüll Kunstdünger herstellt, Verbrennungsschlacke recycliert, Lkws mit Wasserstoff testet und eine eigene künstliche Intelligenz zum Müllanalysieren entwickelt hat, kann sich für die geplante neue Sortieranlange die Finanzierung über einen Green Bond vorstellen, die Kosten für das Nachhaltigkeitsgutachten müssen jedoch gut überlegt werden. „Es muss sich wirtschaftlich auch rechnen“, sagt Geschäftsführer Josef Scheidl zum Börsianer Grün.

„CO2-Steuer sollte nicht infrage gestellt werden.“

WOLFGANG HRIBERNIK

Günstiger, weil grün

In diesem Punkt sieht Lukas Haider von BCG bald Erleichterung: „Wir leben in einem kompetitiven System. Eine grüne Finanzierung wird durch den starken Wettbewerb der Banken einen anderen Preis haben, also einen niedrigeren Zinssatz beanspruchen, als eine der weniger grünen Finanzierungen. Die Regulierungsbehörde wird genau auf das Kreditportfolio der Banken schauen, also auf die Green Asset Ratio, und wird vielleicht sagen: Auf den nichtgrünen Teil des Portfolios erwarte ich in Zukunft höhere Kapitalhinterlegungen.“ Den sogenannten Greenium-Effekt bei einigen grünen Finanzierungen beobachtet auch die

Sonnenenergie. Der größte Solarpark Portugals, der Solara 4, wurde von der Kommunalkredit Austria AG mitfinanziert.

© IM ENERGY

deutsche DZ Bank. „In der Regel weisen diese eine höhere Investorennachfrage auf, die sich in stärker überzeichneten Orderbüchern widerspiegelt. Dieser Nachfragevorteil im Vergleich zu konventionellen Anleihen kann sich auch in einem preislichen Vorteil widerspiegeln, wenn die Preissensitivität der Investoren gering ist“, heißt es aus der Bank.

Noch fehlt es aber an Infrastruktur, Standardisierung und Daten, um eine effiziente Abwicklung grüner Finanzierungen sicherzustellen. „Daran arbeiten die Banken bereits intensiv, denn der Regulator wird genau wissen wollen, wie die Kreditportfolios segmentiert sind, etwa welche Energiegüteklassen die einzelnen Projekte haben“, fügt Lukas Haider an. Ralph Müller würde sich Erleichterungen vonseiten der Regulatorik wünschen, „denn aktuell müssen Investments in Infrastrukturprojekte mit viel Eigenkapital unterlegt werden“.

Absurde Ziele

Nicht alles lässt sich schnell und einfach lösen, wäre aber schlau. „Derzeit gibt es weit mehr Geld als Investitionstargets. Was die Notwendigkeit angeht, würde ich mir wünschen, dass die Umsetzung nicht nur diskutiert wird, sondern auch gemacht wird. Wenn nicht jetzt angezogen wird bei den Effekten, die wir jetzt sehen, wie bei der hohen Inflation und explodierenden Kosten für Energie, wann dann?“, fragt sich Bernd Fislage, Vorstandschef der Kommunalkredit Austria AG. Geld warte schließlich nicht auf den Regulator. Die Bank ist ein großer Infrastrukturfinanzierer in Europa, das Finanzierungsvolumen betrug im Vorjahr 1,9 Milliarden Euro und floss in Windkraftwerke in Skandinavien, SolarPhotovoltaik-Parks in Südeuropa sowie Glasfaserprojekte in Deutschland. Bei Projekten der Datenkommunikation werde es in Zukunft darum gehen, Energieträger in Datenzentren von fossilen zu erneuerbaren zu konvertieren.

Im Zentrum der Energiewende steht die Versorgungssicherheit, die mit dem Krieg in der Ukraine eine neue Bedeutung bekommen hat. „Österreich braucht für die Energiewende einen Paradigmenwechsel, damit unter anderem auch die Eigenversorgung leichter darstellbar wird. Das ist eine Machtfrage, denn durch Liberalisierung gebe ich Macht auf. Wenn man die Abhängigkeit von russischem Gas in Österreich kompensieren möchte, heißt das, 70.000 neue Windräder aufsetzen oder 1.500 neue Wasserkraftwerke in Betrieb nehmen zu müssen – an diesen Zahlen können Sie die Absurdität herauslesen. Wo sind die Handwerker, wie ist die Freizügigkeit, Arbeiter aus dem Ausland ins Land zu holen, wo bekomme ich meine Materialien her, wie diversifiziert bin ich in der Materialfrage?“, zählt Bernd Fislage auf. Und er legt seinen Finger gleich noch auf einen weiteren wunden Punkt: „Für die Erzeugung von grünem Wasserstoff brauche ich zusätzliche Genehmigungen. Das betrifft im Wesentlichen Solar oder Wind. Genehmigungsverfahren gehören beschleunigt, die Infrastruktur für den Energietransport fehlt.“ Von langen Genehmigungsverfahren kann Michael Strugl, Boss der in Wien börsennotierten Verbund AG, ein Lied singen. „Die längste Phase von Einreichung zu Genehmigung hatten wir bei einem sehr großen und wichtigen Projekt, der 380-kV-Salzburgleitung. Die Einreichung erfolgte im September 2012, die finale Genehmigung im Okto-

ber 2020. Das sind lange Wartefristen – einen solchen zeitlichen Luxus sollten wir uns angesichts der Dringlichkeit nicht erlauben dürfen. Zudem muss uns bewusst sein, dass Forschung und Entwicklung auch bei den Erneuerbaren laufend Fortschritte machen. Die Verfahren müssen so ausgestaltet sein, dass nach Abschluss auch stets der modernste Anlagentyp zum Einsatz kommen kann, etwa bei der Genehmigung von Windkraftanlagen“, sagt Strugl zum Börsianer Grün.

Was kann der Staat beitragen?

Für den Verbund-Vorstandschef Strugl sind derzeit die fehlenden Netze der limitierende Faktor, ein Ausbau müsse im Gleichklang mit den neuen erneuerbaren Energien und der Speicher passieren. Die Verbund-Tochter Austrian Power Grid (APG) investiert laut Netzentwicklungsplan 3,5 Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren. „Bei der Wasserkraft legen wir den Fokus auf Effizienzsteigerungen, bei Wind- und vor allem Sonnenkraft gibt es das größte Wachstumspotenzial, sofern hier auch Flächen zur Verfügung gestellt werden und Genehmigungen zügig erfolgen. Ich wage eine Prognose: Wir werden die Energiewende sehen und spüren – wenn wir das nicht wollen, können wir es gleich bleiben lassen“, meint Strugl lakonisch.

Das heißt: Derzeit scheitert eine zügigere Energiewende nicht am Geld, sondern an der fehlenden Infrastruktur und an den politischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen zum Ausbau alternativer Energieformen. „Die Technologien im Einsatz für die Energiewende sind im Wesentlichen fertig mit gewissen Optimierungen, die ein paar Jahre dauern werden. Aber das Problem sind hier die fehlende Energieinfrastruktur, die Beschlussfassungen und die Bauzeit, was bestimmte Prozesse betrifft“, sagt Wolfgang Hribernik, der im Austrian Institute of Technology (AIT) das Center of Energy leitet.

Das AIT beschäftigt sich mit technischen, systemischen und regulatorischen Lösungen zur Dekarbonisierung des Energiesystems mit speziellem Fokus auf Industrie. Theoretisch ist der

„Viele Leute wollen diese Dezentralität nicht.“

PETER HABERSTICH

Wir scha en mehr Wert.

hypo _ blue. Nachhaltigkeit beginnt mit unseren Mitarbeiter*innen.

Nachhaltigste Bank Österreichs*

Sandra Böck, zertifi zierte Expertin für nachhaltige Geldanlagen.

Beraterin in der HYPO Filiale Linz Eisenhand

www.hypo.at/hypoblue

„Die Infrastruktur für den Energietransport fehlt.“

BERND FISLAGE

Wille der Politik, die Energiewende mit Erleichterungen zu begleiten, auch da. So sagt etwa der österreichische Finanzminister Magnus Brunner zum Börsianer Grün: „Die Aufgabe der Bundesregierung ist es, mittels gesetzlicher Regelungen den Rahmen für eine erfolgreiche Energiewende zu schaffen – und gleichzeitig die finanziellen Fördermittel für die kosteneffektivsten Projekte bereitzustellen. Mit der Begebung des Green Bonds gehen wir als Staat den nächsten Schritt. Dieser wird noch im ersten Halbjahr 2022 kommen.“ Ein Green Bond wird das Kraut aber nicht fett machen. „Allein um die Stahlindustrie in Richtung Emissionsfreiheit umzustellen, brauche ich einen Gegenwert von elektrischer Energie von zusätzlich 30 Terawattstunden, das ist zirka die Hälfte des österreichischen Gesamtstromverbrauchs. Diese Volumina sind technisch möglich, als Volkswirtschaft können wir uns das auch leisten, aber das geht nicht von heute auf morgen“, sagt Hribernik. Um diese Investitionen zu stemmen, brauche es jetzt Lenkungsmaßnahmen: „Da geht es um eine volkswirtschaftliche Transformation, die braucht entsprechende Incentivierungen. Aus der Sicht der Forschung ist es sehr kontraproduktiv, angesichts der aktuellen Krise die CO2-Steuer infrage zu stellen. Denn dieses Geld ist sofort in die Wirtschaft investierbar. Mit gezielten Lenkungsmaßnahmen können die Einnahmen der CO2-Besteuerung in die Transformation des Energie- und Wirtschaftssystems investiert werden. Das braucht Österreich jetzt und vor allem wirkungsvoll.“

Die börsennotierte Voestalpine AG investiert in den nächsten Jahren eine Milliarde Euro in die Energiewende und Transformation ihres Geschäftsmodells und setzt auf grünen Stahl, auch die Schweizer Swiss Steel Group ist auf diesen Zug aufgesprungen. Das Ziel ist ein Umstieg von kohlebasierter Hochofentechnologie auf die grünstrombetriebene Elektrolichtbogenofentechnologie.

Wasserstoff als Fata Morgana

Die Hoffnung der Stahl- und Technologieunternehmen ruht dabei weitgehend auf Wasserstoff. 2024 soll bei der Voestalpine AG mit dem Bau in Linz und in Donawitz bei Graz begonnen werden. „Die Elektrolichtbogenöfen werden in einem ersten Schritt installiert, und allein für die braucht der Standort Linz ein Upgrade der Stromversorgung hin zu einer 220-kV-Versorgung. Aber die Trasse ist noch nicht gebaut“, gibt Hribernik zu bedenken. Dazu kommt, dass Wasserstoff als Energieträger und Rohstoff nur dann wirksam ist, wenn Wasserstoff klimaneutral hergestellt wird. „Das kann ich im Wesentlichen nur über Elektrolyse machen. Bei der Erzeugung mit Strom brauchen wir zusätzliche Kapazitäten an erneuerbarer Stromerzeugung. Diese braucht Anlagen und Netze – ohne Stromnetze können wir das nicht betreiben. Das heißt, was wir auf jeden Fall brauchen, ist das Maximum an erneuerbarer Erzeugungskapazität von Wind und Photovoltaik, da müssen wir schnell sein, bauen und realisieren, da gibt nicht so viele Lock-in-Effekte. Und natürlich einen vorausschauenden Netzausbau, der mit großer Konsequenz durchgezogen wird. Ohne diese Schritte geht es nicht“, erklärt Wolfgang Hribernik.

In der Schweiz soll die Förderung für alle Technologien mittels Investitionsbeiträgen erfolgen. Bei großen Photovoltaikanlagen soll es Ausschreibungen geben. „Die Investitionsbeiträge als auch die Ausschreibungen sind die richtigen Förderinstrumente. Die Vorteile liegen auf der Hand: Das Modell hat sich bereits bewährt, es ist wettbewerbsorientiert, und die Handhabung ist einfach. Die Energiewende kann aber nur gelingen, wenn auch der Ausbau und die Kosten der Netze berücksichtigt werden. Die Quersubventionierung des Erneuerbaren-Ausbaus über Netztarife, wie sie die heutige Regulierung in der Schweiz herbeiführt, muss abgeschafft werden. Mit leistungsbasierten Netztarifen ist die Verursachergerechtigkeit der Kostentragung durch die Netznutzer zu stärken“, heißt es aus der Schweizer BKW Energie AG zum Börsianer Grün.

„Die Energiewende finanziert sich weitgehend selbst.“

LEONORE GEWESSLER

Industrielle Abwärme als Trumpf

Ein weiteres Steckenpferd der Energiewende ist die Nutzung industrieller Abwärme, mit der man die Wärmeversorgung von Haushalten und Gewerbe sichern kann. „Speist man die industrielle Abwärme in ein Nah- oder Fernwärmenetz ein oder nutzt die Niedertemperaturabwärme über Wärmepumpen, könnte man damit ganze Städte heizen. Mit der Abwärme der Voestalpine AG am Standort Linz könnte man die ganze Stadt Linz heizen und den Kühlbedarf decken, oder mit dem Standort Donawitz Graz bedienen. Dafür brauchen die Industrieunternehmen aber eine Standortsicherung“, sagt Wolfgang Hribernik.

% MEINE GRÜNE RENDITE

Geld für die Energiewende gibt es im D-A-CH-Raum mehr als genug. Es wird derzeit aber nicht abgeschöpft, denn es fehlt an Investitionszielen. In der Theorie muss die gesamte Energiewirtschaft neu aufgestellt werden: Es braucht vor allem stärkere und deutlich mehr Stromleitungen sowie Speicher für Energie. n

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Grüne Finanzierungen: Bin grün, suche Geld

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