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Resonanzen: Die Planeten
Die »Resonanzen« begeben sich ins Weltall
VON PETER REICHELT
»Mein Vater erklärt mir jeden Sonntag unseren Nachthimmel.« Mit diesem Sprüchlein bauten sich Generationen von Schüler:innen eine Jakobsleiter in den Planetenreigen von Merkur – Venus – Erde – Mars – Jupiter – Saturn – Uranus und Neptun. 1930 begann das Interregnum des Pluto. Aber seit dieser 2006 – als Zwergplanet verunglimpft – aus unserem Sonnensystem ausgestoßen wurde, kann der Merksatz wieder memoriert werden.
Wenn sich ein Festival der Alten Musik der Planeten annimmt, stellen sich ein paar grundlegende dramaturgische Fragen:
1. Welches Weltbild legen wir zugrunde? Wenn das alte geozentrische – sollen die Planeten dann auch den nach ihnen benannten Wochentagen zugeordnet werden? Was zweifellos subtil, aber nicht ohne praktische Verwirrung anzurichten, möglich wäre. Denn so hätte das Festival an einem Sonntag mit der Sonne beginnen und nach sieben Tagen (und ohne Erde natürlich!) an einem Samstag mit Saturn enden müssen.
2. Wenn das moderne heliozentrische – soll dann die natürliche Ordnung der Planeten strikt befolgt oder kann da und dort davon abgewichen werden? Und wie »modern« darf es sein? Inklusive Uranus und Neptun? Noch mit oder schon ohne Pluto?
Wir haben uns für eine Mischform entschieden: Die Sonne ist zwar als Reminiszenz an den Geozentrismus als Planet inbegriffen, steht jedoch allein mit einem Artikel versehen und so prominent an erster Stelle, dass sie ihre zentrale Stellung im heliozentrischen Weltbild mühelos behauptet. Ohne Pluto geht sich dann auch alles fast wunderbar aus, und wir erleben acht mit himmlischer Musik erfüllte Tage im Wiener Konzerthaus, dem Tanz der acht Planeten um die Sonne auf der Spur.
Der spielfreie Dienstag bedingt allerdings, dass an einem Tag zwei Planeten behandelt werden. Und er bringt es mit sich, dass ein »Vorspiel« in den Rang eines Hauptkonzerts erhoben wird; die einmalige Chance für das junge britische Ensemble Apollo’s Cabinet, gleichsam aus dem Stand das Publikum mit einem halbszenischen Programm zu Merkur auf dem Podium des Großen Saals zu begeistern – genau dort, wo am Vorabend Les Talens Lyriques die erste vollständige Aufführung einer Tragédie en musique Lullys im Wiener Konzerthaus feiern.
»Atys«, des Sonnenkönigs nachmalige Lieblingsoper, bildet also die massige Lichtquelle im »Resonanzen«-Universum und zwingt die ihr nachgeordneten Abende auf ihre Bahn. Auf Merkur lässt das britische Sopran-Duo Fair Oriana mit sinnlichen Erzählungen Amors Venus folgen, ehe Romina Lischka zu den Klängen geistlicher Musik des protestantischen Nordens Mutter Erde aufgreift. Mars marschiert mit Säbelrasseln und klingendem Spiel durch das Programm von Giulia Geninis Concerto Scirocco, und Jupiter thront über der virtuosen »ars subtilior« von Guillermo Pérez’ Tasto Solo.
Saturn herrscht – himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt – im »Haus« des Prager Vokalensembles Cappella Mariana, und zum diesjährigen Essenskonzert huldigt die fulminante Opera Settecento Uranus, dem Vater der Furien, mit musikalischem Sturm und Drang. Dessen äußerer Nachbar, Neptun, ist schließlich bestens aufgehoben bei Václav Luks’ Collegium 1704, das erstmals seit fast drei Jahrhunderten Johann David Heinichens Serenata »Le nozze di Nettuno e di Teti« zu Gehör bringen wird.
Das 'Resonanzen'-Festival ist ein leuchtender Stern auf der Festivalkarte Europas.
VÁCLAV LUKS
Eine Reihe an Begleitveranstaltungen umgibt – bei überwiegend freiem Eintritt – die neun Hauptkonzerte wie Monde ihre Planeten. Neben der traditionellen Ausstellung Historischer Instrumentenbau am Eröffnungswochenende sind dies themenbezogene Filme im Neuen Salon, musikalische Vorspiele im Schubert-Saal, Margit Leglers Barocktanzkurs im Großen Saal und – ebendort – eine Art Kolloquium mit Christophe Rousset zu den Besonderheiten der französischen Barockoper.
Der Ö1 KlassikTreffpunkt zu den »Resonanzen« kommt aus dem frisch renovierten Radio-Café im Radiokulturhaus, und die fortgesetzte Kooperation zwischen Wiener Konzerthaus und Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien, UNIkate, führt zur Begegnung mit einem vergessenen Oratorium Nicola Antonio Porporas. Am zweiten Wochenende nimmt das Ensemble infiammabile junges Publikum ab neun Jahren mit auf seine »Mission Weltall«, während das Ensemble Acanthus Baroque rund um die österreichische Blockflötistin Magdalena Spielmann das sonntägliche »Werkstattkonzert« für Familien bestreitet.
Neu im Angebot ist der barocke Brunch im Hernalser Vorstadtgasthaus Brandstetter, zu dem Václav Luks am letzten Sonntagvormittag mit Mitgliedern seines Collegium 1704 aufspielen wird. Wenn Sie auf den Geschmack gekommen sind, machen Sie sich am besten gleich an die Lösung des planetarischen Kreuzworträtsels auf Seite 39 dieser Konzerthaus Nachrichten und gewinnen Sie u. a. zwei Eintrittskarten für das Eröffnungskonzert mit Les Talens Lyriques.
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BEGLEITENDE VERANSTALTUNGEN
Sa, 20/01/24, 13.00 – 18.00 Uhr · Säle & Foyers
So, 21/01/24, 10.00 – 17.00 Uhr · Säle & Foyers
30. Ausstellung Historischer Instrumentenbau
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»Resonanzen«-Lounge
Eine Plattform für exzellente Nachwuchskünstler:innen und eine lebendige Begegnungszone: Gespräche, musikalische Vorspiele, Filme im Resonanzen-Kino, Barocktanzkurs und ein Kolloquium sowie Konzertformate für Kinder
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Zyklus »Resonanzen«
Abonnements ab € 165,- (für Mitglieder ab € 148,50)
4er-Zyklus »Resonanzen«
Abonnements ab € 69,- (für Mitglieder ab € 62,10)
Detaillierte Informationen zum umfangreichen Programm des Festivals sowie zum Zyklus bzw. 4er-Zyklus »Resonanzen« unter https://konzerthaus.at/resonanzen
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HAUPTVERANSTALTUNGEN RESONANZEN 2024
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Sa, 20/01/24, 19.00 Uhr · Großer Saal
Die Sonne
Les Talens Lyriques
Choeur de Chambre de Namur
Reinoud Van Mechelen, Atys
Céline Scheen, Flore, Sangaride u. a.
Christophe Rousset, Cembalo, Leitung
Karten: https://konzerthaus.at/konzert/eventid/60777
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![](https://assets.isu.pub/document-structure/231120155403-86dbc76d180ed5f14a9a59914f640fd2/v1/111ca7df59e305e2aac3e2a61488b77b.jpeg?width=2160&quality=85%2C50)
So, 21/01/24, 16.30 Uhr · Großer Saal
Merkur
»Charles Burney –Barocker Reiseblogger«
Apollo’s Cabinet
Karten: https://konzerthaus.at/konzert/eventid/61465
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So, 21/01/24, 18.00 Uhr · Mozart-Saal
Venus
»Amor’s Tellings«
Fair Oriana
Karten: https://konzerthaus.at/konzert/eventid/61466
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![](https://assets.isu.pub/document-structure/231120155403-86dbc76d180ed5f14a9a59914f640fd2/v1/bf77b226828052245d0f901743287660.jpeg?width=2160&quality=85%2C50)
Mo, 22/01/24, 19.30 Uhr · Mozart-Saal
Erde
»Erde – Mensch«
Hathor Consor
Romina Lischka, Viola da gamba, Leitung
Karten: https://konzerthaus.at/konzert/eventid/61469
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Mi, 24/01/24, 19.30 Uhr · Mozart-Saal
Mars
Concerto Scirocco
Giulia Genini, Blockflöten, Dulzian, Leitung
Karten: https://konzerthaus.at/konzert/eventid/61471
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Do, 25/01/24, 19.30 Uhr · Mozart-Saal
Jupiter
Tasto solo
Guillermo Pérez, Organetto, Leitung
Karten: https://konzerthaus.at/konzert/eventid/61473
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Fr, 26/01/24, 19.30 Uhr · Mozart-Saal
Saturn
Cappella Mariana
Vojtěch Semerád, Tenor, Leitung
Karten: https://konzerthaus.at/konzert/eventid/61475
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Sa, 27/01/24, 19.30 Uhr · Mozart-Saal
Essenskonzert
Uranus
»Uranus – Father of The Furies«
Opera Settecento
Leo Duarte, Oboe, Leitung
Karten: https://konzerthaus.at/konzert/eventid/61477
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![](https://assets.isu.pub/document-structure/231120155403-86dbc76d180ed5f14a9a59914f640fd2/v1/0d8e189de6cbd5fdc7afa1a8975df440.jpeg?width=2160&quality=85%2C50)
So, 28/01/24, 19.30 Uhr · Großer Saal
Neptun
Collegium 1704
Roberta Mameli, Sopran
Lucile Richardot, Contralto
Krystian Adam, Tenor
Andreas Wolf, Bass
Václav Luks, Dirigent
Karten: https://konzerthaus.at/konzert/eventid/60787
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