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Bluegrass: Heimkehrer Béla Fleck

Der universelle BanjoSpieler debütiert im Wiener Konzerthaus und kehrt dabei zurück zu seinen musikalischen Wurzeln – dem Bluegrass

VON STEFAN HENTZ

»Wow«, sucht der YouTube-GitarrenPapst Rick Beato nach passenden Worten für ein besonderes Konzerterlebnis. »Béla Fleck? Das hat mich einfach umgehauen. Das war unglaublich.« Höchste Anerkennung für einen Banjo-Spieler, der in seiner Brillanz und Musikalität allen stilistischen Einordnungen entwachsen ist. Fleck ist der Virtuose unter den Virtuosen seiner Zunft. Sein Instrument hat er in eine universelle Klangmaschine verwandelt, er bedient die stilistische Palette von Country bis Jazz, Pop bis Crossover-Klassik – 15 gewonnene Grammys und 36 Nominierungen zeugen davon.

Das Banjo ist ein Bastard unter den Saiteninstrumenten, ein Penny-Instrument, dessen Grundform sich aus einem ausgehöhlten Kürbis, einem Fell und einem mit Saiten bespannten länglichen Stück Holz ohne großen Aufwand zusammenschustern lässt. In die Sklaverei verschleppte Afrikaner brachten die Grundidee über den Atlantik, zogen dem Hals des Instruments Bünde ein und passten es an die diatonische Tonalität an: Fertig war das Banjo. Im 18. Jahrhundert war es auf den Plantagen der amerikanischen Südstaaten verbreitet, später tourte es mit den Minstrel-Shows durch die USA und prägte die Vor- und Frühgeschichte des Jazz. Nachdem der Swing seinen Platz im Jazz gestrichen hatte, fand es Asyl in einer ländlichen Instrumentalmusik hinter den Bergen der Appalachen, im Bluegrass.

An diesen musikalischen Kontinent dockte Béla Fleck an, als er mit fünfzehn sein erstes Banjo in die Hand nahm. Hier fand er neue Freude am Spiel mit den musikalischen Formen und Farben, an Improvisation und Gemeinsamkeit, an der Offenheit einer Musikform, die ihre leuchtendsten Blüten im weitgehend Verborgenen austreibt, und in einer verschworenen Gemeinschaft von Musiker:innen, für die die Musik erst dort wirklich anfängt, wo sie über sich selbst hinauswächst.

Auch im Bereich des Bluegrass ist Béla Anton Leoš Fleck, geboren 1958 in New York, eine Randfigur geblieben. Benannt nach den europäischen Komponisten Bartók, Webern und Janáček, drei Vertretern der musikalischen Moderne mit engen Verbindungen zu musikalischen Formen, die im Kanon der europäischen Musik selten thematisiert werden, steht sein Name für die permanente Revolution auch in diesem musikalischen Feld. »Ich komme aus New York, habe osteuropäische und russische Vorfahren und keine natürliche Verbindung zu Folk oder Bluegrass«, erklärte er kürzlich in einem Interview. »Ich definiere mich über eine Musik, die nicht mein Erbe ist, aber dass ich von außen in diese Kultur komme, macht es mir leichter, neue Elemente in dieses Idiom einzubringen. Ich kann losziehen, indische Musik studieren und dann ein Album aufnehmen, in dem indische rhythmische Wendungen vorkommen. Ich finde es sehr befriedigend, einen Weg zu finden, Elemente von indischer Musik oder von Jazz oder klassischer Musik in den Bluegrass zu bringen.«

Nachdem ich viel experimentiert habe, ist mir klar, dass Bluegrass immer noch das Element ist, das mich bestimmt.

Fleck war lange unterwegs und hat sein Instrument in vielen musikalischen Zusammenhängen erprobt, doch »irgendwann kommen alle nach Hause zurück«, zitiert er eine Redewendung, die auch und vor allem auf Bluegrassmusiker:innen zuzutreffen scheint. Béla Fleck jedenfalls hält sich daran und kehrt immer wieder zum Bluegrass zurück, und zweierlei ist bei jeder Rückkehr gewiss: die unbändige Freude am Zusammenspiel und eine Folge von Wow-Momenten.

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So, 18/02/24, 19.30 Uhr · Großer Saal

Béla Fleck

»My bluegrass heart«

Béla Fleck, Banjo
Michael Cleveland, Violine
Sierra Hull, Mandoline
Justin Moses, Bryan Sutton, Gitarre
Mark Schatz, Kontrabass

Karten: https://konzerthaus.at/konzert/eventid/61040

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